Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 08. Nov. 2016 - 17 U 185/15

bei uns veröffentlicht am08.11.2016

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 09.10.2015, Az. 7 O 126/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 680,88 festgesetzt. In Abänderung der Festsetzung durch das Landgericht vom 23.10.2015 wird der Streitwert für den ersten Rechtszug ebenfalls auf EUR 680,88 festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Kläger verlangen die Feststellung des Fortbestehens ihres von der Beklagten gekündigten Bausparvertrags (Anlage K 1), den die Parteien am 16.04.1991 über eine Bausparsumme von 23.000 DM (11.759,71 EUR) im Tarif T 1 auf der Grundlage der als Anlage B 3 vorgelegten Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für Bausparverträge (ABB) abgeschlossen haben. Die Mindestansparung beträgt 40 % der Bausparsumme (=4.703,89 EUR) bei einem monatlichen Regelsparbeitrag von 95,91 DM (= 49,04 EUR).
Die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für Bausparverträge (im Folgenden ABB) enthalten auszugsweise folgende Bestimmungen:
§ 1 Vertragszweck
Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweistellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen ….
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,17 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jedes Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 12 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparverträge zu entrichten, länger als zwei Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. Im Fall der Kündigung gilt § 9 Abs. 2 entsprechend.
(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Vertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge zu kürzen.
10 
§ 6 Verzinsung des Bausparguthabens
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(1) Das Bausparguthaben wird mit 2,5 vom Hundert jährlich verzinst.
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(2) Die Verzinsung beginnt für Sparzahlungen mit dem Tag nach Zahlungseingang. Sie endet mit Ablauf des Tages vor der 1. Auszahlung des Sparguthabens, spätestens jedoch mit Ablauf des Monats, in dem die Bausparsumme bereitgestellt wird…
13 
(3) Die Zinsen werden dem Bausparguthaben jeweils am Ende des Kalenderjahres gutgeschrieben. …
14 
(4) Die Zinsen werden nicht gesondert ausgezahlt.
15 
§ 10 Zuteilung
16 
(1) Die Sparzahlungen, die gutgeschriebenen Zinsen, die Tilgungszahlungen und die von der Bausparkasse zur beschleunigten Zuteilung etwa aufgenommenen Mittel fließen in die für alle Vertragsarten gemeinsame Zuteilungsmasse.
17 
§ 11 Voraussetzungen und Reihenfolge der Zuteilung
18 
(1) Die Bausparsumme eines Vertrages wird zugeteilt, wenn an dem jeweiligen Zuteilungstermin zugehörigen Bewertungsstichtag
19 
a) das Bausparguthaben des Vertrages mindestens 40 vom Hundert der Bausparsumme (Mindestsparguthaben) betragen hat
und wenn
b) die Bewertungszahl - auf drei Stellen nach dem Komma auf- bzw. abgerundet - mindestens 14,400 (Mindestbewertungszahl) beträgt. …
20 
§ 12 Zuteilungsnachricht
21 
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
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(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.
23 
§ 14 Vertragsfortsetzung
24 
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Vertrag fortgesetzt.
25 
(2) Setzt der Bausparer seinen Vertrag fort, kann er seine Rechte aus der Zuteilung je-derzeit wieder geltend machen. …
26 
§ 32 Bedingungsänderungen
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(2) Ohne Einverständnis des Bausparers, aber mit Zustimmung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen können die Bestimmungen der §§ 5 bis 11, 14, 20 und 33(2) mit Wirkung für bestehende Verträge geändert werden. Sonstige Änderungen bedürfen des Einverständnisses des Bausparers…
28 
Unstreitig ist die Bausparsumme aus dem Bausparvertrag der Kläger gemäß § 11 Abs. 1 lit.a) ABB seit dem 15.04.2002 zuteilungsreif. Die Kläger erhielten Zuteilungsnachricht, haben diese jedoch nicht angenommen, sondern den Vertrag fortgesetzt. Die vereinbarte Bausparsumme ist bislang nicht angespart worden.
29 
Mit Schreiben vom 16.02.2015 erklärte die Beklagte die Kündigung des Bausparvertrags zum 20.08.2015 unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Anlage K 2).
30 
Die Kläger sind der Auffassung, die Voraussetzungen für eine Kündigung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lägen nicht vor, da ein vollständiger Empfang des Darlehens auf Seiten der Beklagten nicht etwa schon mit Zuteilungsreife der Bausparsumme gegeben sei, sondern erst dann, wenn der Bausparer die vereinbarte Bausparsumme vollständig angespart habe. Durch die Kündigung würde der Bausparer in seinem vertraglichen Recht auf Erhalt eines Bauspardarlehens unzulässig beschnitten. Nach den von der Beklagten selbst vorgegebenen Vertragsbedingungen sei der Bausparer schließlich berechtigt, den Bausparvertrag auch nach Zuteilungsreife fortzusetzen. Ein Kündigungsrecht für die vorliegende Fallkonstellation habe die Beklagte in ihren ABB gerade nicht vorgesehen.
31 
Demgegenüber ist die Beklagte der Auffassung, sie sei nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Kündigung des Bausparvertrags berechtigt gewesen. Ab Zuteilungsreife liege ein vollständiger Empfang des Darlehens auf Seiten der Beklagten in ihrer Rolle als Darlehensnehmerin im Sinne dieser Vorschrift vor. Das Kündigungsrecht aus § 489 BGB könne den Bausparkassen auch deshalb nicht abgeschnitten werden, weil aufgrund des Kollektivcharakters des Bausparens die Gesamtinteressen der Bauspargemeinschaft zu berücksichtigen seien.
32 
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Anträge wird auf die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
33 
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Ein Kündigungsrecht der Beklagten ergebe sich weder aus den dem Vertrag zu Grunde liegenden ABB - die gemäß § 1 Abs. 1 einen Rückgriff auf das dispositive gesetzliche Kündigungsrecht nach § 488 Abs. 3 BGB vor Vollansparung der Bausparsumme ausschlössen - noch aus der unabdingbaren Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB noch aus § 314 BGB. Der Anwendungsbereich von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei nicht eröffnet, da die Bausparkasse vor der Zuteilung des Bauspardarlehens nicht nur Darlehensnehmerin, sondern zugleich Darlehensgeberin bezüglich des von ihr künftig zur Verfügung zu stellenden Bauspardarlehens sei, also eine vertragsimmanente „Doppelrolle“ innehabe. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift sei nicht gerechtfertigt. Denn die Ausdehnung des Anwendungsbereichs von § 489 BGB zugunsten der Bausparkassen würde einen Eingriff in die vertragliche Risikoverteilung bedeuten, da nach den Bedingungen des Bausparvertrags jede Partei das Risiko einer ihr ungünstigen Zinsentwicklung trage. Der von der Beklagten angesprochene Schutz der Kollektivinteressen sei bereits dadurch gewährleistet, dass die vorgelegten ABB unter bestimmten Voraussetzungen eine Änderung der Bedingungen - z.B. die Senkung der Verzinsung des Bausparguthabens - auch für bestehende Verträge zulassen (§ 32 ABB). Dass die BaFin einer entsprechenden Bedingungsänderung gemäß § 9 BSpkG bisher nicht zugestimmt hat, lasse darauf schließen, dass eine Gefährdung der Belange des Bausparerkollektivs derzeit nicht vorliege.
34 
Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausführungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
35 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihren Klagabweisungsantrag weiterverfolgt.
36 
Die Kläger beantragen Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigen das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
37 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
38 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
39 
Die dem Vertrag zugrunde liegenden ABB stützen die Kündigungsbefugnis der Beklagten nicht. Auch ein gesetzliches Kündigungsrecht steht ihr nicht zu. Auf das Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Die maßgebenden Vorschriften rechtfertigen nicht die von der Beklagten erklärte Kündigung.
40 
Ein Grund für die von der Beklagten erklärte Kündigung kann weder dem § 488 Abs. 3 BGB (a) noch der Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB entnommen werden (b); auch aus §§ 490 Abs. 3, 314, 313 Abs. 3 S. 2 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht (c).
41 
a) Auf das ordentliche Kündigungsrecht gemäß § 488 Abs. 3 BGB kann sich die Beklagte nicht berufen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
42 
Zwar kann nach der herrschenden Meinung zu § 488 Abs. 3 BGB ein Bausparvertrag gekündigt werden, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn während der Ansparphase ist der Bausparvertrag ein Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Nach § 1 Abs. 1 ABB ist im Einklang mit dem in § 1 BausparKG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens eine Besparung des Bausparvertrages über die Bausparsumme hinaus ist nicht zulässig. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 33 mit Hinweis auf OLG Köln, Beschluss vom 23.03.2015 - 13 U 104/14, juris; erneut OLG Stuttgart, Urteil vom 04.05.2016 - 9 U 230/15 Rn. 40; OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.10.2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert, BGB 2015, § 488 548).
43 
Im Streitfall ist die Bausparsumme nach den Feststellungen des Landgerichts jedoch noch nicht vollständig angespart, lediglich Zuteilungsreife ist seit geraumer Zeit eingetreten. Eine sogenannte Vollbesparung liegt damit nicht vor.
44 
b) Einen Kündigungsgrund liefert entgegen der Auffassung der Berufung auch nicht die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, auf welche die Beklagte die Kündigung primär stützt.
45 
Dabei braucht die Streitfrage, ob die Bestimmung von ihrem Sinn und Zweck her auf Sparverträge überhaupt Anwendung findet, bei denen Einlagen an sogenannte „professionelle Darlehensnehmer“ geleistet werden, nicht beantwortet zu werden (zum Meinungsstand OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 40 m.w.N.; OLG Stuttgart, Urteil vom 04.05.2016 - 9 U 230/15 Rn. 68 ff.). Denn es fehlt jedenfalls an der Voraussetzung des „vollständigen Empfangs“ des vom Bausparer an die Bausparkasse gegebenen Darlehens, dem der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife des Bauspardarlehens nicht gleichgestellt werden kann (aa). Auch eine analoge Anwendung der Vorschrift kommt nicht in Betracht (bb).
46 
aa) Nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
47 
Das im Rahmen der Ansparphase eines Bausparvertrages vom Bausparer (Darlehensgeber) gewährte und von der Bausparkasse in Anspruch genommene Darlehen weist die Besonderheit auf, dass für die Rückerstattung der Spareinlagen eine Zeit nicht bestimmt und auch der Zeitpunkt für den vollständigen Darlehensempfang nicht festgelegt ist. Solange die Valutierungsphase andauert, ist das Darlehen vollständig erst mit der letzten vertragsgemäßen Teilzahlung des Darlehensgebers empfangen (näher OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 43 und OLG Bamberg, Urteil vom 10.08.2016 - 8 U 24/16 Rn. 60 f.; a.A. OLG Hamm, Urteil vom 22.06.2016 - 31 U 271/15 Rn. 32, OLG Köln, Urteil vom 11.01.2016 - 13 U 151/15 Rn. 7 und OLG Celle, Urteil vom 14.09.2016 - 3 U 230/15 Rn. 68; ).
48 
Dieser Zeitpunkt ist entgegen der Rechtsauffassung der Berufung im Streitfall nicht erreicht. Das Stadium der Zuteilungsreife ist hierfür ohne Bedeutung (Beck-Online-Großkommentar/Weber, Stand 01.02.2016, BGB, § 489 Rn. 49.1). Vielmehr kann der Bausparer nach dem hier maßgebenden § 12 Abs. 2 ABB sogar eine eventuell angenommene Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat. Dann wird ebenso wie in dem Fall, dass der Bausparer die Zuteilung nicht fristgemäß angenommen hat, nach § 14 Abs. 1 ABB „der Vertrag fortgesetzt“, d.h. er wird in das Sparstadium zurückversetzt, wobei dem Bausparer die aus der Zuteilung eingeräumten Rechte prinzipiell aufrechterhalten werden (§ 14 Abs. 2 ABB). Nach Sinn und Zweck des Bausparvertrages ist lediglich eine Besparung über die Bausparsumme hinaus unzulässig. Wenn das Bausparguthaben die Bausparsumme erreicht, unterliegt der Bausparvertrag der ordentlichen Kündigung durch die Bausparkasse.
49 
Aus der Vereinbarung des Mindestsparguthabens für die Zuteilung (hier i.H.v. 40 % der Bausparsumme) folgt daher nicht eine Begrenzung des Nettodarlehensbetrags in der Ansparphase. Da der Bausparer unabhängig von dem Erreichen der Zuteilungsreife zur Fortführung der Teilvalutierung im Rahmen des Ansparmodus berechtigt ist, tritt nach dem Vertragsmechanismus eine immanente Limitierung des Darlehens erst durch die Bausparsumme selbst ein. Damit tragen die ABB der Beklagten auch den Interessen der Zweckgemeinschaft der Bausparer Rechnung, weil der stetige Zufluss von Spareinlagen die Zuteilungsmasse vergrößert. Schon mit Rücksicht hierauf verbietet sich, das Tatbestandsmerkmal des „vollständigen Empfangs“ gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB allein aus der Sicht der Beklagten auszulegen (OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 52).
50 
bb) Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu Gunsten der Beklagten kommt nicht in Betracht (so zutreffend OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 53 ff.; gegen OLG Celle, Beschluss vom 3. Februar 2016 - 3 U 192/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016 - 5 O 38/15; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016 - 13 U 151/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30.12.2015 - 31 U 191/15).
51 
Eine planwidrige Gesetzeslücke in Bezug auf die von den gewöhnlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträge liegt nicht vor. Abgesehen von der Gesetzgebungsgeschichte (dazu ausführlich OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 55 - 57), fehlt es auch wegen der Besonderheiten bei Bausparverträgen an einem vergleichbaren Sachverhalt, der eine analoge Anwendung dieser Vorschrift mit Eintritt der bloßen Zuteilungsreife des Bausparvertrages rechtfertigen würde.
52 
Anders als in gewöhnlichen Darlehensrechtsbeziehungen erschöpft sich das Bauspargeschäft nicht in der Erlangung des Anspruchs auf Zuteilung eines zinsgünstigen (Bauspar-) Darlehens. Eine solche Betrachtungsweise greift zu kurz, weil sie die bausparvertragstypischen Ansparleistungen im Kontext mit den Sparleistungen des Kollektivs außer Acht lässt. Vielmehr handelt es sich hier um ein geschlossenes System der Bausparzweckgemeinschaft, bei der das einzelne Mitglied zunächst auf einen marktüblichen Anlagezins verzichtet, um später nach Zuteilung der Bausparsumme von einem günstigen - marktunabhängigen - Darlehenszins zu profitieren (Senat, Urteil vom 16.06.2015 - 17 U 5/14, WM 2015, 2039, Rn. 47). Dieser Vertragszweck kann nur erreicht werden, wenn dem Bausparkollektiv kontinuierlich neue Mittel zugeführt werden und die Bausparer zugleich auf einen marktgerechten Einlagezins verzichten.
53 
Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die mit den Besonderheiten des Verfahrens verbundene Ungewissheit der Zuteilung eines Bausparvertrages und die Beschränkung des Darlehens auf den wohnungswirtschaftlichen Zweck dazu führen können, dass die Inanspruchnahme des Darlehens zu einem bestimmten Zeitpunkt den Interessen des Bausparers zuwiderlaufen kann, weil sich der Verwendungszweck (noch) nicht oder nicht (mehr) realisieren lässt oder bereits auf eine spätere Zeit verschoben wurde (oder verschoben werden musste).
54 
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass eine übermäßig lange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Zuteilungsreife, regelmäßig nur aufgrund einer Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge durch den Bausparer entsteht. Das muss die Bausparkasse freilich nicht hinnehmen. Sie hat demgegenüber einen Anspruch auf Weiterzahlung der Einlagen bis zur Höhe der Bausparsumme. Ist diese erreicht, besteht, wie ausgeführt, in jedem Fall ein Kündigungsrecht der Beklagten gemäß § 488 Abs. 3 BGB (vgl. auch § 15 Abs. 4 b der Muster-ABB). Leistet der Bausparer den Regelsparbeitrag nicht (mehr), so kann die Beklagte ebenfalls ordentlich kündigen, § 5 Abs. 3 ABB. Damit verschafft der Eintritt der Zuteilungsreife dem Bausparer nicht etwa einen Vorteil dahingehend, dass er die Beklagte unangemessen lange an den vertraglichen Guthabenszins binden kann. Die Dauer der Ansparphase wird nämlich keineswegs in das „uneingeschränkte Belieben des Bausparers“ (so OLG Köln, Urteil vom 11.01.2016 - 13 U 151/15 Rn. 11) gestellt: Gemäß § 5 Abs. 1 ABB ist der Bausparer bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme - mithin auch im Fall der Vertragsfortsetzung nach Zuteilungsreife der Bausparsumme - verpflichtet, fortlaufend den vertraglich vereinbarten monatlichen Bausparbeitrag an die Bausparkasse zu entrichten. Kommt der Bausparer dieser vertraglichen Verpflichtung nach, so tritt zwangsläufig zu einem bestimmten Zeitpunkt Vollbesparung ein und ein Kündigungsrecht der Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB besteht. Kommt der Bausparer seiner vertraglichen Zahlungspflicht nicht nach, so besteht für die Bausparkasse ein Kündigungsrecht gemäß § 5 Abs. 3 ABB. Nach alledem ist eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht gerechtfertigt.
55 
c) Der Beklagten steht auch kein außerordentliches Recht zur Kündigung gemäß § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 BGB zu.
56 
aa) Zu Recht beruft sich die Beklagte nicht auf ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3, § 314 Abs. 1 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung aus wichtigem Grundzulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Nichtabnahme des Bauspardarlehens stellt indes kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge steht der Beklagten vielmehr ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB zu, dessen Voraussetzungen im Streitfall jedoch nicht vorliegen.
57 
bb) Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB ergibt sich ein Recht der Beklagten zur Kündigung nicht. Nach diesen Bestimmungen kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist.
58 
Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 28.03.2006 - XI ZR 425/04, BGHZ 167, 25 Rn. 24). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben. Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (BGHZ 167, 25 Rn. 30 m.w.N.). Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (OLG Stuttgart, 30.03.2016 - 9 U 171/15 Rn. 78). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
59 
Selbst wenn die Kläger ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätten, wäre die Geschäftsgrundlage nicht entfallen. Nach seinem Sinn und Zweck dient der Bausparvertrag zwar der Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung, vgl. § 1 BausparKG und § 1 ABB des streitigen Bausparvertrages. Dennoch kann der Wegfall dieser Grundlage für den Abschluss des Bausparvertrages nicht allein daraus abgeleitet werden, dass der Kläger seit über zehn Jahre das Bauspardarlehen nicht abgerufen hat. Das kann angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens viele persönliche oder wirtschaftliche Gründe haben. Unabhängig von den hierfür maßgebenden Gründen im Einzelfall sehen die Vertragsbedingungen der ABB der Beklagten die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vor, die damit eine verbindliche Risikoverteilung treffen.
60 
Mit Rücksicht auf diese Vertragsordnung kann vom Wegfall der Geschäftsgrundlage selbst dann keine Rede sein, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21.02.2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben. Zu diesen vertraglich vereinbarten Rechten gehört im Übrigen - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - auch die Möglichkeit, gemäß § 32 ABB i. V. m. § 9 BSpkG die Genehmigung der Bundesaufsichtsbehörde zu einer Absenkung des Zinssatzes zu erwirken und somit über einen vertraglich vorgesehenen Mechanismus eine Vertragsanpassung zu erreichen.
III.
61 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
62 
Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. In der obergerichtlichen Rechtsprechung besteht, wie ausgeführt, keine einheitliche Meinung zur Frage, ob § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Kündigung eines Bausparvertrages durch die Bausparkasse 10 Jahre nach Eintritt von Zuteilungsreife rechtfertigt.
63 
Gemäß § 63 Abs. 2 GKG war der Streitwert des Berufungsverfahrens festzusetzen. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es der Klagepartei hinsichtlich des Bausparguthabens nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages in Höhe des Guthabens an, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung. Maßstab für die Festsetzung des Streitwerts ist folglich das objektive wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses der Parteien. Maß und Richtung des wirtschaftlichen Interesses des Klägers orientieren sich dabei grundsätzlich an den in der Klageschrift dargelegten objektiven Erwartungen des Klägers, wenn sich hierfür hinreichend objektive Anhaltspunkte ergeben (BGH NJW 2006, 3060, juris Rn. 8). Zu bewerten ist vorliegend daher das Interesse der Kläger, den Bausparvertrag weiterhin in der Ansparphase zu belassen und unter Inanspruchnahme der vereinbarten Guthabenverzinsung fortführen zu können. Das erklärte wirtschaftliche Interesse der Kläger besteht hier darin, sich auch für die Zukunft die - gegenüber dem aktuellen Markt höheren - vertraglich vereinbarten Guthabenzinsen auf das Bausparguthaben zu sichern (Senat, Beschluss vom 16.02.2016 - 17 W 3/16, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.06.2015 - 9 W 25/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 20.08.2015 - 8 W 536/15). Im Rahmen der Feststellungsklage ist zudem der Rechtsgedanke des § 9 S. 1 ZPO zu berücksichtigen, wonach sich das wirtschaftliche Interesse der Klagepartei aus dem dreieinhalbfachen Wert der einjährigen Zinserwartung berechnet (BGH NVwZ-RR 2008, 741; Münch-Komm/Wöstmann, ZPO, 4. Aufl., § 9 Rn. 2).
64 
Bei einem Bausparguthaben zum Zeitpunkt der Klageeinreichung von 9.726,79 EUR ist bei einem Zinssatz von 2,5 % von einem jährlichen Zinsertrag von 243,17 EUR auszugehen. Der dreieinhalbfache Betrag beläuft sich auf 851,09 EUR, der Wert des Feststellungsbegehrens damit - abzüglich 20 % - auf 680,88 EUR.
65 
Entgegen der Rechtsprechung des OLG Stuttgart (Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15, Rn. 85) sieht der Senat davon ab, zusätzlich den bestehenden Anspruch des Klägers auf Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens zu berücksichtigen. Nach den maßgeblichen, in der Klageschrift dokumentierten und objektiv nachvollziehbaren Umständen des konkreten Falls erschöpft sich das wirtschaftliche Interesse der Kläger am Fortbestand des Bausparvertrages im Streitfall nämlich in der Guthabenverzinsung. Das Bauspardarlehen wollen sie dagegen gerade nicht in Anspruch nehmen. Eine schematische Einbeziehung des theoretisch bestehenden Anspruchs auf Ausreichung eines Bauspardarlehens gegen den erklärten Willen der Anspruchsberechtigten ist daher nicht vorzunehmen, zumal sich das wirtschaftliche Interesse des Bausparers am Fortbestand seines Bausparvertrages nicht für den gleichen Zeitraum sowohl auf die Guthabenverzinsung als auch auf die Ausreichung der Bauspardarlehens richten kann, beides in insoweit sich vielmehr in einem Alternativverhältnis befindet.
66 
Die Abänderung des erstinstanzlichen Streitwerts erfolgt gemäß § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 08. Nov. 2016 - 17 U 185/15

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Kapitalmarktrecht: Bausparkasse darf Bausparvertrag nicht vor Zuteilungsreife kündigen

31.01.2017

Eine Bausparkasse darf einen Bausparvertrag nicht vor dessen Zuteilungsreife kündigen. Das gilt auch, wenn der Vertrag bereits zuteilungsreif ist. Tut sie es doch, ist die Kündigung unwirksam.
Anlegerrecht
1 Artikel zitieren Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 08. Nov. 2016 - 17 U 185/15.

Kapitalmarktrecht: Bausparkasse darf Bausparvertrag nicht vor Zuteilungsreife kündigen

31.01.2017

Eine Bausparkasse darf einen Bausparvertrag nicht vor dessen Zuteilungsreife kündigen. Das gilt auch, wenn der Vertrag bereits zuteilungsreif ist. Tut sie es doch, ist die Kündigung unwirksam.
Anlegerrecht

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 08. Nov. 2016 - 17 U 185/15 zitiert 18 §§.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Zivilprozessordnung - ZPO | § 513 Berufungsgründe


(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 546 Begriff der Rechtsverletzung


Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 488 Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag


(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit da

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 314 Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund


(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 9 Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen


Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 489 Ordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers


(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,1.wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 490 Außerordentliches Kündigungsrecht


(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 548 Verjährung der Ersatzansprüche und des Wegnahmerechts


(1) Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält. Mit der Verjährung des Anspruchs des Vermiete

Gesetz über Bausparkassen - BauSparkG | § 1 Begriffsbestimmungen


(1) Bausparkassen sind Kreditinstitute, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, Einlagen von Bausparern (Bauspareinlagen) entgegenzunehmen und aus den angesammelten Beträgen den Bausparern für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Gelddarlehen (Baus

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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 08. Nov. 2016 - 17 U 185/15 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 08. Nov. 2016 - 17 U 185/15 zitiert 10 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 28. März 2006 - XI ZR 425/04

bei uns veröffentlicht am 28.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 425/04 Verkündet am: 28. März 2006 Weber, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja _________

Oberlandesgericht Bamberg Urteil, 10. Aug. 2016 - 8 U 24/16

bei uns veröffentlicht am 10.08.2016

Tenor Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 04.02.2016, Az.: 63 O 1317/15, abgeändert. 1. Es wird festgestellt, dass die Kündigungen der Bausparverträge der Kläger mit der Beklagten Nrn. 001, 002 und

Oberlandesgericht Hamm Urteil, 22. Juni 2016 - 31 U 271/15

bei uns veröffentlicht am 22.06.2016

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.11.2015 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin d

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 04. Mai 2016 - 9 U 230/15

bei uns veröffentlicht am 04.05.2016

Tenor I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 19.11.2015, Az. 6 O 76/15, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Part

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 30. März 2016 - 9 U 171/15

bei uns veröffentlicht am 30.03.2016

Tenor 1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015, Az. 25 O 89/15, teilweise abgeändert: 1. Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag Nr. 1 938

Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 16. Feb. 2016 - 17 W 3/16

bei uns veröffentlicht am 16.02.2016

Tenor Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 27. November 2015 - 10 O 452/15 - aufgehoben und der Streitwert von Amts wegen für die erste Instanz auf 1.548,80 EUR festgesetzt. Gründe   I. 1 Die

Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 30. Dez. 2015 - 31 U 191/15

bei uns veröffentlicht am 30.12.2015

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das am 20.08.2015 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster (14 O 130/15) wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheit

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 19. Juni 2015 - 9 W 25/15

bei uns veröffentlicht am 19.06.2015

Tenor Die Beschwerde des Klägervertreters gegen die Festsetzung des Streitwerts in der Entscheidung der 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 12.03.2015, Az 12 O 502/14, wird zurückgewiesen. Gründe   1 Die gem. § 68 Abs. 1 GKG statthaf

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 16. Juni 2015 - 17 U 5/14

bei uns veröffentlicht am 16.06.2015

Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 06.12.2013 - 10 O 36/13 - wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil s

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2014 - V ZR 176/12

bei uns veröffentlicht am 21.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 176/12 Verkündet am: 21. Februar 2014 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ve
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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juni 2017 - XI ZR 716/16

bei uns veröffentlicht am 20.06.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 716/16 Verkündet am: 20. Juni 2017 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2017:200617UXIZR716.16.0 Der X

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2017 - XI ZR 272/16

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 272/16 Verkündet am: 21. Februar 2017 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2017:210217UXIZR272.16.0 De

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2017 - XI ZR 185/16

bei uns veröffentlicht am 21.02.2017

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. März 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung der Klägerin

Referenzen

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Bausparkassen sind Kreditinstitute, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, Einlagen von Bausparern (Bauspareinlagen) entgegenzunehmen und aus den angesammelten Beträgen den Bausparern für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Gelddarlehen (Bauspardarlehen) zu gewähren (Bauspargeschäft). Das Bauspargeschäft darf nur von Bausparkassen betrieben werden.

(2) Bausparer ist, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Ein Bausparvertrag kann auch als Altersvorsorgevertrag im Sinne des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310, 1322), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 8 des Gesetzes vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), in der jeweils geltenden Fassung abgeschlossen werden. Jeder Bausparer einer Bausparkasse ist Mitglied einer Zweckspargemeinschaft (Kollektiv).

(3) Wohnungswirtschaftliche Maßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Errichtung, Beschaffung, Erhaltung und Verbesserung von überwiegend zu Wohnzwecken bestimmten Gebäuden und von Wohnungen, insbesondere von Eigenheimen und Eigentumswohnungen, sowie der Erwerb von Rechten zur dauernden Nutzung von Wohnraum,
2.
die Errichtung, Beschaffung, Erhaltung und Verbesserung von anderen Gebäuden, soweit sie Wohnzwecken dienen,
3.
der Erwerb von Bauland und Erbbaurechten zur Errichtung von überwiegend zu Wohnzwecken bestimmten Gebäuden,
4.
der Erwerb von Bauland und Erbbaurechten zur Errichtung anderer Gebäude hinsichtlich des Anteils, der dem Verhältnis des zu Wohnzwecken bestimmten Teils des auf dem Grundstück zu errichtenden Gebäudes zum Gesamtgebäude entspricht,
5.
Maßnahmen zur Erschließung und zur Förderung von Wohngebieten,
6.
die Ablösung von Verbindlichkeiten, die zur Durchführung von Maßnahmen nach den Nummern 1 bis 5 eingegangen worden sind,
7.
die Ablösung von Verbindlichkeiten, die auf einem überwiegend Wohnzwecken dienenden Grundstück ruhen.
Als wohnungswirtschaftliche Maßnahmen gelten die Ablösung von Verbindlichkeiten, die zur Leistung von Bauspareinlagen eingegangen worden sind, sowie gewerbliche Bauvorhaben und der Erwerb gewerblicher Bauwerke, wenn sie dazu bestimmt sind, zur Versorgung von Wohngebieten beizutragen.

(4) Die kollektiv bedingte Zinsspanne ist der Quotient aus dem kollektiv bedingten Zinsüberschuss und dem Jahresdurchschnittsbestand an Bauspareinlagen. Der kollektiv bedingte Zinsüberschuss ist die Summe der Erträge aus Bauspardarlehen und der nicht in Bauspardarlehen angelegten Bauspareinlagen abzüglich des Zinsaufwands für Bauspareinlagen.

(5) Zuteilung ist die Bereitstellung des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens aus der zur Verfügung stehenden Zuteilungsmasse nach Erreichen der vertraglich vereinbarten Zuteilungsvoraussetzungen.

(6) Zuteilungsmasse ist die Summe aus den Bauspareinlagen, den Mitteln, die zur Gewährung von Bauspardarlehen zugeführt worden sind, und dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung im Sinne des § 6 Absatz 2, abzüglich der Summe der gewährten Bauspardarlehen.

(7) Kollektivmittel sind die Summe aus Bauspareinlagen und dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung im Sinne des § 6 Absatz 2.

(8) Wartezeit ist der Zeitraum vom Beginn des Bausparvertrages bis zur Zuteilung.

(9) Aufsichtsbehörde ist die Behörde im Sinne des § 1 Absatz 5 des Kreditwesengesetzes.

(10) Das Recht der Länder, den öffentlich-rechtlichen Bausparkassen besondere Aufgaben für den Wohnungsbau oder sonstige öffentliche Aufgaben zu übertragen, bleibt unberührt.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015, Az. 25 O 89/15, teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag Nr. 1 938 … vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten in Höhe von 413,64 EUR freizustellen.

2. Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

5. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf bis zu 4.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages, den sie am 13. September 1978 über die Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 EUR) abgeschlossen hat. Die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II (im Folgenden ABB) enthalten folgende Bestimmungen:
§ 1 Vertragszweck
(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. (…)
(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.
§ 12 Zuteilungsnachricht
10 
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.
12 
§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme
13 
(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.
(2) (…)
14 
§ 14 Vertragsfortsetzung
15 
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
16 
(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. (…)
17 
Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3 % p.a. zu verzinsen und gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5 % p.a. zu gewähren.
18 
Der Vertrag wurde am 1. April 1993 zuteilungsreif. Am 1. Januar 2015 bestand ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR. Die Beklagte kündigte am 12. Januar 2015 den Bausparvertrag unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 24. Juli 2015.
19 
Auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
20 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Bausparkasse könne sich auf das Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Das Tatbestandsmerkmal des vollständigen Empfangs des Darlehens sei mit der eingetretenen Zuteilungsreife erfüllt.
21 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Auffassung, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien nicht erfüllt. Sie beabsichtige, das Bauspardarlehen in zwei bis drei Jahren für ihre Kinder in Anspruch zu nehmen.
22 
Wegen der Nebenforderung hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen.
23 
Die Klägerin beantragt:
24 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart Az. 25 O 89/15, verkündet am 15. September 2015, wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag mit der Nummer „1 938 …“ vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
25 
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 571,44 EUR freizustellen.
26 
Die Beklagte beantragt:
27 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
28 
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.
II.
29 
Die gemäß § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig und - mit Ausnahme eines geringfügigen Teils der Nebenforderung - begründet. Der Beklagten steht kein Kündigungsrecht zu.
30 
1. Die dem Vertrag zugrundeliegenden ABB vermögen die erklärte Kündigung nicht zu rechtfertigen; das macht die Beklage auch nicht geltend. Sie geht zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen der Bestimmung des § 5 Abs. 3 ABB nicht vorliegen.
31 
2. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, sie sei kraft Gesetzes berechtigt, den Vertrag zu kündigen, muss ihr der Erfolg versagt werden. Auf das Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Die von der Beklagten erklärte Kündigung findet ihre Rechtfertigung weder in § 488 Abs. 3 BGB (a.) noch ist hier die Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB direkt (b.) oder entsprechend (c.) anwendbar. Auch aus § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 Satz 2 BGB, ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht (d.).
32 
a. Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB liegen nicht vor.
33 
aa. Allerdings entspricht es der herrschenden Meinung, dass ein Bausparvertrag durch die Bausparkasse dann gemäß § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden kann, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn beim Bausparvertrag handelt es sich während der Ansparphase um einen Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Der Bausparvertrag dient dem in § 1 ABB i. V. m. § 1 BauSparkG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen Bausparsumme und Bauspareinlagen. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris; OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2015 - 13 U 104/14, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488 Rn. 548).
34 
bb. Eine Vollbesparung liegt jedoch nicht vor.
35 
(1) Unstreitig betrug das angesparte Bausparguthaben des über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR abgeschlossenen Vertrages zum Zeitpunkt der Kündigung 15.772,48 EUR.
36 
(2) Die Auffassung der Beklagten, die rückständigen Beiträge würden die Differenz zwischen dem aktuellen Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, so dass kein Bauspardarlehen mehr ausgezahlt werden müsste und daher ein Kündigungsrecht wie bei einer Vollbesparung bestehe, trifft nicht zu. Die Bestimmung des § 5 Abs. 4 ABB führt nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht ist. Nach dieser Vorschrift tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Bausparvertrag im Falle der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge gemäß § 5 Abs. 3 ABB zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13 ABB) oder bereitzustellende (§ 14 ABB) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen. Es kann dahinstehen, in welcher Höhe Rückstände aufgelaufen sind. Denn das Vorliegen dieser Voraussetzungen macht die Beklagte, die sich für die Berechtigung ihrer Kündigung gerade nicht auf § 5 Abs. 3 ABB stützt, weder geltend, noch sind sie sonst ersichtlich. § 5 Abs. 3 ABB erfordert eine vorherige schriftliche, erfolglose Aufforderung der Bausparkasse, die nicht geleisteten Bausparbeiträge zu entrichten; dazu ist nichts vorgetragen.
37 
Im Übrigen findet § 5 Abs. 4 ABB nur bei zugeteilten Bausparverträgen Anwendung. Die Zuteilung nach § 1 Abs. 5 BauSparkG liegt erst mit ihrer Annahme durch den Bausparer gemäß § 12 Abs. 1 ABB vor. Erst dann wird das Bauspardarlehen nach § 13 Abs. 1 ABB bereitgestellt oder ist es im Fall des § 14 Abs. 2 ABB bereitzustellen.
38 
Deshalb kann offen bleiben, ob eine Bausparkasse, die jahrelang die Nichtzahlung von Regelsparbeiträgen hinnimmt, ihr Kündigungsrecht verwirkt und es erst nach erneuter Zahlungsaufforderung bei zukünftigen Rückständen ausüben kann (so Weber, ZIP 2015, 961 [966]).
39 
cc. Die ordentliche Kündigung lässt sich auch nicht mit dem Argument des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin rechtfertigen, weil diese das Ziel des Erhalts eines Bauspardarlehens aufgegeben habe, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung gemeint hat. Aus der gegenwärtigen Niedrigzinsphase lässt sich nicht ableiten, die Klägerin habe endgültig ihr Interesse an ein Bauspardarlehen verloren. Die weitere Zinsentwicklung lässt sich nicht sicher prognostizieren und die gegenwärtige Markteinschätzung der Beklagten erlaubt keine Feststellungen über die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen auf keinen Fall mehr in Anspruch nehmen zu wollen. Ein offenkundig rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin liegt nicht vor. Sie hat die Niedrigzinsphase nicht zu verantworten und macht aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen die Rechte aus der Zuteilung nicht geltend.
40 
b. Die Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung durch die Bausparkasse gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen nicht vor. Es kann dahinstehen, ob die Bestimmung von ihrem Sinn und Zweck her auf Sparverträge Anwendung findet, bei denen Einlagen an sogenannte „professionelle Darlehensnehmer“ geleistet werden (vgl. zum Meinungsstand: Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, juris, Rn. 101; Weber, ZIP 2015, 961; ders., beck-Online.Großkommentar [BeckOGK]/Weber, Stand 1. Februar 2016, BGB, § 489 Rn. 9.1, Rn. 13ff.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800). Jedenfalls ist der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife des Bauspardarlehens an den Bausparer nicht der vollständige Empfang des von dem Bausparer an die Bausparkasse gegebenen Darlehens.
41 
aa. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
42 
(1) Allerdings handelt es sich bei einem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit gebundenen Sollzinssatz, der die Besonderheit aufweist, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris, und Beschluss vom 4. Februar 2014 - 9 U 202/13; Mülbert/Schmitz FS Horn (2006), S. 777; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800; Weber, BB 2015, 961).
43 
(2) Der Zeitpunkt des vollständigen Darlehensempfangs unterliegt jedoch grundsätzlich der Disposition der Parteien, die privatautonom die Auszahlungsmodalitäten vereinbaren können. Denn die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begrenzt nicht die Privatautonomie der Parteien bezüglich der Regelung des Zeitpunkts des Darlehensempfangs und der Höhe des Darlehensbetrages. Bereits die in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. enthaltene Vorgängernorm diente nach der Gesetzesbegründung dem Schuldnerschutz vor überlangen Zinsbindungen. Sie geht auf § 18 Abs. 2 Hypothekenbankgesetz (HypBG, RGBl I 1899, 375) zurück, die für Hypothekendarlehen dieses zwingende Kündigungsrecht schon seit vielen Jahren enthielt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22 f.). Weder diese Vorschrift noch § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. oder § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lassen den Schutz bereits in der Valutierungsphase beginnen. Ein Darlehen ist vollständig empfangen, wenn der Darlehensgeber es dem Darlehensnehmer entsprechend der darlehensvertraglichen Vereinbarung in Höhe des Darlehensnettobetrages zur Verfügung gestellt hat. Werden mehrere Teilzahlungen vereinbart, liegt ein vollständiger Empfang erst mit dem Eingang der letzten Teilzahlung vor (MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 43 m.w.N; Herberger/Martinek/Rüßmann/Schwintowski, jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 489 BGB Rn. 9; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 5). Somit kommt es entscheidend darauf an, welche Teilzahlungen die Parteien vereinbart haben. Erst wenn diese Vereinbarung erfüllt und keine weiteren Teilzahlungen mehr offen sind, ist das gesamte Darlehen empfangen.
44 
bb. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife liegt kein vollständiger Empfang des Darlehens i.S.v. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor.
45 
(1) Der Eintritt der Zuteilungsreife (§ 11 ABB) hat gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB auf die Verpflichtung zur Entrichtung des Regelsparbeitrags, also zur Valutierung des vom Bausparer der Bausparkasse zu gewährenden Darlehens, keinen Einfluss, weshalb er zur Bestimmung der vereinbarten Darlehenshöhe nicht geeignet ist (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 49.1).
46 
Nach § 14 Abs. 1 ABB wird der Bausparvertrag im Falle einer Nichtannahme der Zuteilung oder einer nicht fristgemäß abgegebenen Annahmeerklärung fortgesetzt. Die vertragliche Pflicht zur Zahlung des Regelsparbeitrages gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB gilt weiter.
47 
(2) Die Höhe der vereinbarten Darlehenssumme ist durch Auslegung der Allgemeinen Bausparbedingungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages zu bestimmen. Der einzige im Vertrag konkret bestimmte Betrag ist die Bausparsumme von 20.154,68 EUR, die allerdings nach § 2 ABB sowohl das Bausparguthaben als auch das Bauspardarlehen umfasst. Das Bausparguthaben ist das Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse. Aus § 11 Abs. 1 lit. a und b der ABB ergibt sich eine Mindestlaufzeit von 18 Monaten und ein Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme, also von 8.061,87 EUR. Daraus lässt sich jedoch die Vereinbarung eines Nettodarlehensbetrages noch nicht ableiten. Aus den § 13 Abs. 1, § 11 Abs. 1 lit. b ABB i. V. m. § 1 ABB ist lediglich erkennbar, dass dieser durch die Bausparsumme begrenzt ist, also zwischen dem Mindestsparguthaben von 40 % und 100 % der Bausparsumme liegt. Bei dem Bausparvertrag und damit auch bei dem Bausparguthaben sind zudem die Ungewissheit sowohl des Zeitpunkts des Eintritts der Zuteilungsreife als auch des Abrufs des Bauspardarlehens seitens des Bausparers, der zur Auszahlung führt, zu berücksichtigen. Den ersten Zeitpunkt hat der Bausparer nicht allein in der Hand. Der zweite Zeitpunkt, der von dem ersten abhängig ist, kann von dem Bausparer bestimmt werden. Daher lässt sich die Höhe des Darlehens allenfalls nach dem Umfang der Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Sparbeiträge des Bausparers ermitteln (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 47ff.).Zudem ist die Bausparkasse nicht berechtigt, den vertraglichen Zinsanspruch des Bausparers durch Verweigerung der Annahme der vereinbarten Sparbeiträge zu vereiteln.
48 
(3) Auch aus den Bestimmungen über die Regelsparbeiträge lässt sich die vereinbarte Nettodarlehenssumme indessen nicht ermitteln:
49 
Nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB ist der Bausparer berechtigt und verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zu entrichten. Daher ist die volle Ansparphase bis zum Auszahlungszeitpunkt eine Phase der fortlaufenden Teilvalutierungen. Da der Bausparer weder zur Annahme der Zuteilung noch zum Auszahlungsverlangen des Darlehens verpflichtet ist (arg. e § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 18 ABB) und der Bausparvertrag dann nach § 14 Abs. 1 ABB fortgesetzt wird, ist die maximale Höhe des „Darlehens“ des Bausparers durch die Höhe der Bausparsumme begrenzt. Im Fall der erfolgten Zuteilung steht es dem Bausparer als Darlehensgeber folglich durch sein Auszahlungsverlangen frei, die Darlehenssumme zu begrenzen.
50 
(4) Das erhellt zugleich, dass auch die Zuteilungsnachricht (§ 12 ABB) als Wissens- und Willenserklärung der Bausparkasse (Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 781) und selbst die Annahme der Zuteilung auf die vereinbarte Darlehenssumme keinen Einfluss hat. Gemäß § 13 Abs. 1 ABB führt die Annahme der Zuteilung lediglich zur Verpflichtung der Bausparkasse, die Bausparsumme in der Form des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens bereitzuhalten. Die Auszahlung hängt zusätzlich von dem Abruf durch den Bausparer ab. Bis dahin bleibt er nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB zur Zahlung der Regelsparbeiträge berechtigt und verpflichtet.
51 
(5) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus § 489 Abs. 1 Nr. 2, 2. Hs. BGB nichts anderes. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann, wie bereits ausgeführt, der Vertrag nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens gekündigt werden. Nach dem 2. Halbsatz dieser Regelung tritt dann, wenn nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen wird, der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Empfangs. Damit setzt die dort geregelte Maßgeblichkeit der Vereinbarung für den Fristbeginn voraus, dass diese nach dem vollständigen Darlehensempfang getroffen wurde. Auf die Vollständigkeit des Empfangs des Darlehens wird nicht verzichtet. Der 2. Halbsatz des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stellt mit der Vereinbarung vielmehr eine zusätzliche Voraussetzung für die Möglichkeit der Kündigung auf, die im Vergleich zum 1. Halbsatz der Bestimmung, der ausschließlich auf den vollständigen Erhalt des Darlehens abstellt, zu einem weiteren Hinausschieben der Kündigungsmöglichkeit führt (Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 45).
52 
cc. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lässt sich auch nicht dahingehend auslegen, dass der „vollständige Empfang“ den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife mit erfasst (so aber Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 51, sowie Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 [1803]). Sinn und Zweck der Vorschrift erfordern eine solche Auslegung auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages nicht. Diesen werden vielmehr durch die ABB und sonstigen gesetzlichen Bestimmungen Rechnung getragen. Die gegenteilige Auslegung widerspricht dem Wesen des Bausparvertrages. Ob ein Darlehen vollständig empfangen ist, ist nicht nur aus Sicht des Schuldners des Darlehens zu beurteilen, wie die Beklagte meint, sondern auch aus Sicht der Bausparkasse, die insoweit die Interessen der Zweckgemeinschaft der Bausparer wahrzunehmen hat. Diese hat ein Interesse, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen. Der Erwerb eines bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen während der Ansparphase setzt die im Wechselverhältnis stehenden vertraglichen Hauptleistungspflichten von Leistung der Sparbeiträge und Gewährung eines Bauspardarlehens nicht außer Kraft.
53 
c. Eine rechtsentsprechende Anwendung der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife bei Bausparverträgen kommt nicht in Betracht. Der Meinung der Beklagten, eine normzweckorientierte Anwendung der Vorschrift unter Berücksichtigung der für Bausparverträge charakteristischen Interessen- und Pflichtenlage der Vertragsparteien rechtfertige die Gleichstellung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife (so auch Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; daran anknüpfend Edelmann/Suchowerskyj, WM 2015, 1800; sowie Rollberg, EWiR 2016, 3; Simon, EWiR 2015, 723; OLG Celle, Beschluss vom 3. Februar 2016 - 3 U 192/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016 - 5 O 38/15; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016 - 13 U 151/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015 - 31 U 191/15, juris), vermag der Senat nicht zu folgen.
54 
Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Vorliegen der vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassenen Lücke und ihre Planwidrigkeit muss dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers - und das ist der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte. Für eine Analogie ist weiter erforderlich, dass der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Beschluss vom 20. November 2014 - IX ZB 16/14, WM 2015, 131).
55 
aa. Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit liegt nicht vor. Dass vom Gesetz mit der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei von herkömmlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträgen auch der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife erfasst werden sollte, lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. Der historische Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., der Vorgängerbestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, von der zu diesem Zeitpunkt schon seit langem geltenden Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG a.F. leiten lassen (BT-Drucks. 10/4741, S. 23, s. bereits oben unter II.2.b.aa [2]). Nach § 18 Abs. 2 S. 1 HypBG a.F. durfte das Recht der Rückzahlung nur bis zu einem Zeitraume von zehn Jahren ausgeschlossen werden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung begann dieser Zeitraum mit der Auszahlung des Darlehens, im Falle der Auszahlung in Teilbeträgen mit der letzten Zahlung. Der 2. Halbsatz entspricht § 489 Abs. 1 Nr. 2 2. Hs. BGB.
56 
Nach der Gesetzesbegründung zur Einführung der Kündigungsrechte in § 609a BGB a.F. wollte der Gesetzgeber die zu weite Schuldnerschutzvorschrift des § 247 Abs. 1 BGB a.F. auf ein angemessenes Maß zurückführen und insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite das Prinzip der vertraglichen Bindung und Risikozuweisung durchsetzen. Dem widersprach das freie Kündigungsrecht nach § 247 BGB a.F. bei einem Zinssatz von mehr als 6 % unabhängig von der Marktentwicklung. Der Gesetzgeber hat bei dieser Gelegenheit - ohne nähere Begründung - die Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG auf sämtliche festverzinslichen Kredite ausgedehnt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22). Ziel war also im Wesentlichen nicht die von der Beklagten vertretene Ausweitung, sondern die Begrenzung der Kündigungsmöglichkeiten.
57 
Dass insoweit nicht eine vom Gesetzgeber nicht geplante, sondern vielmehr eine bewusste Regelungslücke vorliegt, ist insbesondere an der durch Gesetz vom 21. Dezember 2015 erfolgten Änderung des Bausparkassengesetzes ersichtlich. In Kenntnis der Kleine[n] Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 4. Februar 2015 (BT-Drucks. 18/3944) sowohl bezüglich der Kündigungen von Bausparkassen infolge der durch die Niedrigzinsphase bedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten als auch bezüglich eines Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zehn Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife (Nr. 9), hat die Bundesregierung im Oktober 2015 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes der Bausparkassen vorgelegt (BT-Drucks. 18/6418). Dieser - durch den Gesetzgeber am 21. Dezember 2015 insoweit umgesetzte - Entwurf sah trotz der bestehenden Rechtsunsicherheit eine klarstellende oder verdeutlichende Ausweitung des „vollständigen Empfangs“ eines Darlehens auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht vor, obwohl Ziel u. a. die Verbesserung der Reaktionsmöglichkeiten auf die anhaltende Niedrigzinsphase war (BT-Drucks. 18/6418, S. 1). Die Bundesregierung sah ausweislich ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage vom 4. Februar 2015 bzgl. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinen - klarstellenden - Handlungsbedarf (vgl. BT-Drucks. 18/4195, S. 3 zu Nr. 9).
58 
bb. Gleichfalls ist der rechtlich hier zu beurteilende Sachverhalt nicht mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar. Das ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte den Schutz der Bausparergemeinschaft bemüht, einer Gemeinschaft, die gerade im Vergleich zu herkömmlichen Darlehensverträgen im Rahmen rechtlicher Beurteilungen andere Schlussfolgerungen zulässt (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360).
59 
cc. Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen, weil die Interessenabwägung keine Analogie rechtfertigt.
60 
(1) Der Zweck des Bausparvertrages ist aus Sicht des Bausparers der Erhalt eines zinsgünstigen, nur nachrangig zu besichernden Darlehens unterhalb des Marktniveaus. Die Voraussetzungen hierfür hat er durch die Leistung der vertraglichen Regelsparbeiträge an die Zweckgemeinschaft der Bausparer zu schaffen, für die er - nach der herkömmlichen Ausgestaltung - eine unterhalb des Marktniveaus liegende Habenverzinsung in Kauf zu nehmen hat. Dieses sich gegenseitig bedingende Wechselverhältnis zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen innerhalb der beschränkten Personengruppe der Bausparer ist maßgebend für das Bauspargeschäft und wird in § 1 Abs. 1 und 2 BauSparkG definiert (Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz, 5. Aufl. § 1 Anm. 1). Die charakteristische Prägung des Bauspargeschäfts ergibt sich zusätzlich aus der Vertragszweckbestimmung des § 1 ABB sowie den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II, die auf das zinsgünstige Bauspardarlehen auf Grund von bedingungsgemäßen Ansparleistungen hinweisen.
61 
(2) Es lässt sich nicht mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang bringen, das „charakteristische gemeinsame Sparziel“ des Bausparvertrages lediglich mit der Erlangung der „Möglichkeit der Ausübung der Option zur Erlangung eines Bauspardarlehens“ zu definieren, wie die Beklagte meint.
62 
(a) Aus § 1 Abs. 2 BauSparkG ergibt sich keine einschränkende Zweckbestimmung. Zwar ist nach der dort enthaltenen Legaldefinition Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Diese Vorschrift darf aber nicht isoliert als allein Zweck bestimmend herangezogen werden (so aber Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 550). Mit der Formulierung, der Bausparer erwerbe einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, bringt der Gesetzgeber vielmehr zum Ausdruck, dass, anders als bei einem gewöhnlichen Darlehen oder einem Forward-Darlehen, der Darlehensauszahlungsanspruch nicht bereits mit Vertragsschluss begründet wird, sondern von der bausparvertragstypischen Ansparleistung des Bausparers und den Sparleistungen des Kollektivs abhängig ist. Insbesondere ist § 1 Abs. 2 BauSparkG im Zusammenhang mit der zentralen Begriffsbestimmung des Bauspargeschäfts in § 1 Abs. 1 BauSparkG (s.o.) sowie der damit bezweckten Wohnungsbauförderung (§ 1 Abs. 3 BauSparkG) zu sehen. Er ergänzt lediglich die tatsächlich begriffsprägende Vorschrift des § 1 Abs. 1 BauSparkG.
63 
Auch die Gesetzesmaterialien geben für die einschränkende Zweckbestimmung keinen Anhaltspunkt. Die Gesetzesbegründung zum Bauspargesetz (BT-Drucks. VI/1900, S. 9 ff.) beschreibt das Wesen des Bauspargeschäfts in der Ansammlung von Kapital zur nachstelligen Finanzierung des Wohnungsbaus. Als charakteristisch wird das Kollektiv, also die Geschlossenheit des Personenkreises beschrieben, deren Mitglieder zunächst bis zur Auszahlung des Bausparguthabens Gläubiger und später nach Zuteilung des Bauspardarlehens Schuldner der Bausparkasse werden. Dabei betont der Gesetzgeber das Wechselverhältnis von Verzicht auf einen nicht marktgerechten Einlagenzins zu Gunsten eines niedrigen Darlehenszinses. Das Entstehen des bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen nach Eintritt der Zuteilungsreife wird nicht als Zwischenziel erwähnt. Es wird auf den Auszahlungszeitpunkt abgestellt. Dem entspricht § 5 Abs. 1 S. 2 ABB.
64 
(b) Die Auffassung der Beklagten, Zweck des Bauspargeschäfts sei lediglich die Erlangung des Optionsrechts, anstelle des Darlehens selbst, widerspricht zudem dem von ihr in § 1 ABB selbst definierten Vertragszweck. Ihre Auffassung beachtet nicht die Nachteile des Bausparers bei der Hinnahme einer unterhalb des Marktniveaus liegenden Verzinsung des Bausparguthabens. Hierzu ist der Bausparer bereit, weil ihm die daraus resultierenden Vorteile der Zweckgemeinschaft der Bausparer zugutekommen. Anschließend kann er ein zinsgünstiges Bauspardarlehen unterhalb des Marktniveaus nutzen. Der Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrages selbst stellt daher noch nicht den wirtschaftlichen Ausgleich für die bereits in der Ansparphase hingenommenen wirtschaftlichen Nachteile dar.
65 
(c) Der Erhalt eines Anspruchs auf ein Darlehen ist lediglich ein notwendiges Zwischenziel. Dem kommt entgegen der Auffassung der Beklagten (so auch Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800) keine überragende Bedeutung im Sinne einer Zweckerreichung zu. Dies folgt aus den Besonderheiten der Vergabe der Bauspardarlehen aus den begrenzten Mitteln des Kollektivs der Bausparer.
66 
Gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG können sich Bausparkassen vor Zuteilung eines Bausparvertrages nicht verpflichten, die Bausparsumme zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuzahlen. Die Bausparkasse kann erst dann Bauspardarlehen ausreichen, wenn ihr von den Mitgliedern des Bausparkollektivs ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Die Mindestwartezeit lässt sich anhand der Bausparbedingungen errechnen. Bei dem vertraglich vereinbarten Regelsparbeitrag in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme (§ 5 Abs. 1 S. 1 ABB) sowie einem Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme als Zuteilungsvoraussetzung (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) dauert die Ansparphase auch unter Berücksichtigung der Guthabenzinsen von 3 % p.a. (§ 6 Abs. 1 ABB) etwas mehr als sieben Jahre. Diese bausparvertragstypische, regelmäßig mehrjährige Wartezeit bringt es mit sich, dass der Bausparer bei Vertragsabschluss noch nicht absehen kann, wann ihm ein Bauspardarlehen gewährt werden kann (BT-Drucks. VI/1900, S. 10ff.). Ihm ist eine verlässliche Planung nicht möglich.
67 
Zudem besteht eine auf wohnungswirtschaftliche Maßnahmen beschränkte Verwendungsmöglichkeit des Darlehens, § 1 Abs. 2 ABB. Für den Bausparer besteht somit das Risiko, dass ihm die angebotene Zuteilung der Bausparsumme zeitlich ungelegen kommt, weil sein geplanter Verwendungszweck sich zwischenzeitlich erledigt hat oder erst später ansteht. Daher besteht keine Pflicht zur Annahme der Zuteilung, worauf in den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bausparbedingungen ausdrücklich hingewiesen wird.
68 
(3) Der Eintritt der Zuteilungsreife verschafft dem Bausparer nicht eine besondere Rechtsposition, mit der er die Bausparkasse unangemessen lange an einen bereits bei Vertragsschluss fest vereinbarten Guthabenzinssatz binden kann.
69 
Fehl geht das Argument der Beklagten, mit Erreichen der Zuteilungsreife könne der Bausparer seine Sparleistungen einstellen, aber gleichzeitig die Bausparkasse an die bei Vertragsabschluss fest vereinbarten Guthabenzinsen binden. Die ABB sehen kein Recht des Bausparers vor, die Regelsparbeiträge einzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). § 5 Abs. 1 ABB enthält die Verpflichtung des Bausparers, über den Eintritt der Zuteilungsreife hinaus und sogar noch nach der Annahme der Zuteilung die Regelsparbeiträge bis zum ersten Auszahlungszeitpunkt zu bezahlen. Die vereinzelt vertretene Auffassung, es bestehe keine Pflicht zur Zahlung der Regelsparbeiträge, der Sparer könne vielmehr die Zahlungen aussetzen oder der Höhe nach variieren (Laux, VW 1996, 328; Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen [BAKred], ZIP 1995, 691 [695]; Oiwoh, Zur Kündigung von Bausparverträgen im deutschen und österreichischen Recht, Diplomarbeit 2016, Graz, S. 9), trifft nicht zu. Bei der Zweckspargemeinschaft der Bausparer ist die Einzahlung der Sparbeiträge Hauptleistungspflicht der Bausparer (Schäfer/Cirpka/Zehnder, aaO, § 5 Anm. 27; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 542). Nur durch ihre Einlagenzahlungen ist die Ausreichung der Bauspardarlehen an andere Mitglieder möglich. Sie sind prägend für das Kollektivsystem zwischen Bausparern und Kreditnehmern (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 46; Schimansky/Bunte/Lwowski/Rümker/Winterfeld, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 124 Rn. 167). Die Regelung über die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrags in den ABB der Beklagten ist nach dem Wortlaut eindeutig als Vertragspflicht ausgestaltet (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). Systematisch regelt § 5 Abs. 1 ABB die Leistungspflicht. § 5 Abs. 2 ABB enthält die Möglichkeit des Bausparers, über den Regelsparbeitrag hinaus mit Zustimmung der Bausparkasse freiwillig höhere Sonderzahlungen zu leisten. § 5 Abs. 3 ABB enthält das Kündigungsrecht der Bausparkasse bei Nichtzahlung der Raten. Dadurch hat die Bausparkasse ein wirkungsvolles Instrument, die mit dem Vertrag vereinbarte Risikoverteilung hinsichtlich der Zinsentwicklung sowie der Verwendungseignung aufrechtzuerhalten. Das Recht des Bausparers, niedrigere Sparbeiträge zu zahlen oder die Zahlung einzustellen, ist in den ABB nicht vorgesehen und wäre mit dem ausdrücklich geregelten Kündigungsrecht der Bausparkasse unvereinbar. Von einer echten Leistungspflicht geht im Übrigen auch das Bausparkassengesetz aus. Nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 BauSparkG müssen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen über die Höhe und Fälligkeit der Leistungen des Bausparers sowie über die Rechtsfolgen, die bei Leistungsverzug eintreten, enthalten.
70 
(4) Eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB scheidet hier zudem aus, weil selbst bei fiktiver Gleichstellung des Darlehensempfangs mit dem Zeitpunkt der ersten Zuteilungsreife nach der bausparvertragstypischen Vertragsgestaltung eine überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nicht gegen ihren Willen eintreten kann.
71 
(a) Bei der vertragskonformen Durchführung des Bausparvertrages ist eine Bindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nach erstmaliger Erlangung der Zuteilungsreife ausgeschlossen. Die längste vertragliche Laufzeit nach Zuteilungsreife für das hier als Darlehen zu wertende Bausparguthaben lässt sich anhand der Höhe des Regelsparbeitrags, des Habenzinssatzes und des Mindestsparguthabens ermitteln. Bei der geschuldeten monatlichen Sparzahlung in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 ABB und einem Habenzinssatz von 3 % p.a. gemäß § 6 Abs. 1 ABB beträgt die maximale Laufzeit bis zur Vollbesparung der Bausparsumme ca. 16 Jahre. Die Zuteilungsreife bei einem vertraglichen Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) tritt nach etwas mehr als sieben Jahren ein. Die Bausparkasse ist bei vertragsmäßiger Durchführung ab Zuteilungsreife längstens neun Jahre gebunden. Im Falle einer vorherigen Annahme der Zuteilung endet die Verzinsungspflicht gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 ABB vorzeitig spätestens mit Ablauf des Monats der Bereitstellung. Damit ist das Darlehen zinslos.
72 
(b) Die von der Beklagten zur Begründung der Analogie angeführte überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren kann nur bei einer Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge entstehen. Diese stellt aber ein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, welches die Bausparkasse nach § 5 Abs. 3 ABB zur Kündigung berechtigt. Die eigenmächtige Abweichung des Bausparers vom Vertrag ist kein bausparvertragstypisches Risiko, dem mit einer analogen Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begegnet werden müsste.
73 
(aa) Das Ruhenlassen eines zuteilungsreifen Bausparvertrages ist nicht charakteristisch für das Bauspargeschäft. Es lässt sich weder den gesetzlichen Vorschriften noch den ABB entnehmen. Die Einsammlung von Kapital, um den Bausparern schnellstmöglich Bauspardarlehen aus Mitteln des Kollektivs zur Verfügung stellen zu können, gehört zum Wesen des Bausparvertrages (BT-Drucks. IV/1900, S. 11). Die Einstellung der Sparleistungen widerspricht dem. Es mag zwar ständige Praxis der Bausparkassen sein, die Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge nach erstmaliger Zuteilungsreife hinzunehmen. Hieraus lassen sich aber keine rechtlichen Schlüsse ziehen. Diese Praxis kann der Bausparkasse mangels Vertragsänderung nicht einseitig aufgedrängt werden. Sie hat vielmehr einen Anspruch auf Zahlung der Regelsparbeiträge (vgl. bereits oben unter II.2.b.bb [3]).
74 
(bb) Allerdings entsprach die Einstellung der Regelsparbeiträge in der Vergangenheit dem Interesse der Bausparkassen. Außerhalb der gegenwärtigen Niedrigzinsphase war das Ruhenlassen der zuteilungsreifen Bausparverträge für die Bausparkasse günstig, da ihr die Mittel zur Zuteilung anderer Bauspardarlehen zur Verfügung blieben und sie aus der Zinsdifferenz zu den Zinssätzen der ausgereichten Bauspardarlehen risikolos Erträge erwirtschaften konnte. Lange Zeit lagen zudem die Habenzinssätze unterhalb des Marktniveaus. Zudem dürfte diese Praxis die Attraktivität des Bausparens gesteigert und die Werbung neuer Bausparer erleichtert haben.
75 
Weiter war während des Ruhens des Bausparvertrages für die Bausparkasse das noch bestehende Zinsrisiko für die Restlaufzeit im Falle der Wiederaufnahme der Einzahlungen jederzeit überschaubar. Sie war dadurch in der Lage, durch Aufforderung des Bausparers, seinen Einzahlungspflichten wieder nachzukommen, den Vertrag wieder in Vollzug zu setzen. Damit konnte sie das mit dem Vertrag von vornherein übernommene Zinsänderungsrisiko und die faktische Verlängerung der Zinsbindung jederzeit steuern. Sie hatte es also in der Hand, eine Zinsbindung von mehr als zehn Jahren zu vermeiden.
76 
d. Die Beklagte kann die Kündigung auch nicht auf § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 BGB stützen (zum Verhältnis der Bestimmungen zueinander vgl. Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, WM 2016, 311, Rn. 147).
77 
aa. Zu Recht beruft sich die Beklagte in der Berufung nicht mehr auf ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung zulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Wie bereits ausgeführt, stellt die Nichtabnahme des Bauspardarlehens kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge hat die Bausparkasse ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB, dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Schaffung der Kündigungsvoraussetzungen und die sich daran anschließende Möglichkeit der Ausübung dieses Kündigungsrechts ist ihr zuzumuten. Die Nichtausübung in der Vergangenheit beruhte auf einer eigenen freien Entscheidung.
78 
bb. Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht. Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 235/09, juris). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10, WM 2014, 134). Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 210/12 NZG 2014, 1036). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
79 
(1) Die Geschäftsgrundlage wäre nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätte. Zwar war Vertragszweck nach § 1 BauSparkG, § 1 ABB die Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung (s. bereits oben unter II.2.c.cc.[2][c]). Doch ist zum einen die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben. Zum anderen ist der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden nicht erfolgten Inanspruchnahme des Bauspardarlehens abzuleiten. Schon der seit Abschluss des Bausparvertrages bis zur Zuteilungsreife vergehende Zeitraum legt es angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens nahe, dass aufgrund veränderter Umstände das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wird. Auch für diesen Fall ist nach der vertraglichen Vereinbarung die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorgesehen, mithin eine Risikoverteilung vorgenommen worden.
80 
(2) Die Geschäftsgrundlage wäre auch nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und -darlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben.
81 
3. a. Die Verpflichtung zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB, weil die Beklagte durch die unberechtigte Kündigung ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat.
82 
b. Die notwendigen Rechtsverfolgungskosten betragen unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr, einer Auslagenpauschale von 20,00 EUR und der Umsatzsteuer insgesamt 413,64 EUR, weil für die Gebührenrechnung ein Gegenstandswert von 3.167,66 EUR anzusetzen ist.
83 
aa. Der Gegenstandswert für die vorgerichtlichen Anwaltskosten ist gemäß § 23 Abs. 3 RVG i. V. m. § 48 GKG, § 3 ZPO nach dem maßgeblichen wahren Interesse der Klägerin an dem Urteil (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 1976 - VI ZR 154/75) zu schätzen.
84 
bb. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es dem Kläger hinsichtlich des Bausparguthabens nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages in Höhe des Guthabens an, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung. Im Rahmen der Feststellungsklage kann zudem der Gedanke des § 9 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZR 202/07, juris, Rn. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl. 2013, § 9 Rn. 2). Soweit § 9 ZPO voraussetzt, dass das Stammrecht selbst im Streit ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 9 Rn. 1; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. April 2005 - 17 W 21/05), ist diese Voraussetzung hier erfüllt, da die Feststellung des Fortbestands des Bausparvertrages die des Bezugsrechts des Bausparers für die künftigen Zinsen umfasst. Diesbezüglich ist daher der 3,5-fache Jahreszins aus dem Bausparguthaben bei Mandatierung anzusetzen.
85 
cc. Neben dem Zinsinteresse ist auch das mögliche Interesse des Klägers am Erhalt des Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen der Bausparsumme und dem angesparten Guthaben zu berücksichtigen. Dieses besteht alternativ zum Zinsinteresse, weil die Inanspruchnahme des Darlehens die Verzinsungspflicht des Bausparguthabens entfallen lässt. Wegen des Alternativverhältnisses der Interessen des Bausparers und der Ungewissheit, ob das Bauspardarlehen in Anspruch genommen wird, hält es der Senat im Rahmen der Feststellungsklage für gerechtfertigt, das wirtschaftliche Interesse beider Ansprüche zu kumulieren und sie mit einem Abschlag von 50% zu berücksichtigen.
86 
dd. Die Zinserwartung aus dem zum Zeitpunkt der Mandatierung bestehenden Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR betrug bei einem Zinssatz von 3 % p.a. für einen Zeitraum von 3,5 Jahren 1.656,11 EUR. Diese ist mit einem 50-prozentigen Abschlag mit einem Betrag von 828,06 EUR anzusetzen.
87 
Zum Zeitpunkt der Mandatierung bestand ein Darlehensanspruch in Höhe von 4.679,20 EUR, der ebenfalls mit 50 %, also 2.339,60 EUR, anzusetzen ist, woraus sich der Gegenstandswert von 3.167,66 EUR errechnet.
III.
88 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2, § 269 Abs. 3 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Hinsichtlich der Streitwertbemessung wird auf die oben stehenden Ausführungen zum Gegenstandswert der vorgerichtlichen Anwaltskosten Bezug genommen. Durch den Instanzenzug haben sich keine wesentlichen Wertveränderungen ergeben.
89 
2. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von den Hinweisbeschlüssen und Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm, Koblenz, Köln und Celle ab, die eine auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung des Bausparvertrages für rechtmäßig halten.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 19.11.2015, Az. 6 O 76/15, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 10.03.1999 geschlossene Bausparvertrag, Vertragsnummer: 441 …, Tarif: IDEAL-Bausparen, über eine Bausparsumme von 81.806,70 EUR (160.000,00 DM) durch die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 zum 24.07.2015 nicht beendet worden ist.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Bausparvertrag, Vertragsnummer: 441 …, Tarif: IDEAL-Bausparen, vor Ansparung der vollständigen Bausparsumme von 81.806,70 EUR (160.000,00 DM) ordentlich zu kündigen.

3. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 25.03.1999 geschlossene Bausparvertrag, Vertragsnummer: 42 9…, Tarif: IDEAL-Bausparen, über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR (40.000,00 DM) durch die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 zum 24.07.2015 nicht beendet worden ist.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Bausparvertrag, Vertragsnummer: 42 9…, Tarif: IDEAL-Bausparen, vor Ansparung der vollständigen Bausparsumme von 20.451,68 EUR (40.000,00 DM) ordentlich zu kündigen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwaltskanzlei K., L. und Kollegen in Höhe von 1.171,67 EUR freizustellen.

II. Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

V. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin, die zugleich Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes ist, wehrt sich gegen die Kündigung von zwei Bausparverträgen. Sie und ihr Mann schlossen gemeinsam am 10.03.1999 einen Bausparvertrag über 160.000 DM (81.806,70 EUR), der am 31.12.2014 ein Guthaben von 52.632,46 EUR aufwies und am 25.03.1999 einen Bausparvertrag über 40.000 DM (20.451,68 EUR), der am 31.12.2014 ein Guthaben von 13.028,89 EUR hatte. Mit Schreiben vom 12.01.2015 kündigte die Beklagte beide Verträge unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB.
Die den Bausparverträgen zu Grunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) haben auszugsweise folgenden Wortlaut:
§ 1 Vertragszweck
(1) Der Abschluss des Bausparvertrags dient der Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen. (…)
§ 2 Bausparsumme
(…)
(3) Beträge, die die Bausparsumme übersteigen, werden für die Verzinsung zunächst wie das Bausparguthaben behandelt; auf Wunsch des Bausparers können diese Guthaben auf einen neu abzuschließenden Bausparvertrag umgebucht werden.
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 5 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zum Erreichen des gewählten Mindestguthabens (§ 11 Abs. 1) zum Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
10 
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
11 
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. Im Fall der Kündigung gilt § 9 Abs. 2 entsprechend.
12 
§ 6 Verzinsung des Bausparguthabens, Zinsbonus, Bonuskonto
13 
(1) Das Bausparguthaben wird mit 2,5 vom Hundert jährlich auf der Grundlage taggenauer Berücksichtigung aller Zahlungseingänge verzinst. Die Verzinsung des Bausparguthabens endet mit der ersten Auszahlung nach der Zuteilung. (…)
14 
(2) Die Zinsen und der Zinsbonus sind jeweils am Ende des Kalenderjahres fällig, bei Beginn der Auszahlung aus dem Bausparguthaben zu diesem Zeitpunkt. Die Zinsen werden dem Bausparkonto, der Zinsbonus einem Bonuskonto zu den vorgenannten Fälligkeitsterminen gutgeschrieben. (…)
15 
(3) Die Zinsen und der Zinsbonus werden nicht gesondert ausgezahlt.
16 
§ 11 Voraussetzungen und Reihenfolge der Zuteilung
17 
(1) Die Bausparsumme eines Bausparvertrages wird zugeteilt, wenn
18 
a) an dem (…) Bewertungsstichtag (…) seit Vertragsbeginn 24 Monate verflossen sind (Mindestsparzeit).
19 
b) an dem (…) Bewertungsstichtag (…) das Bausparguthaben des Bausparvertrages im Regelfall mindestens 50 vom Hundert der Bausparsumme (Mindestsparguthaben) betragen hat. (…)
20 
c) die für die Zuteilung verfügbaren Mittel ausreichen, den Bausparvertrag in der durch die Höhe der Bewertungszahl - die zu diesem Bewertungsstichtag mindestens 240 betragen muss - gegebenen Zuteilungsreihenfolge zu erfassen.
21 
§ 12 Zuteilungsnachricht
22 
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
23 
(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme oder der Teilbausparsumme noch nicht begonnen hat.
24 
§ 14 Vertragsfortsetzung
25 
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
26 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Bausparverträge wirksam gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gekündigt. Der Bausparvertrag sei in der Ansparphase als Darlehensvertrag des Bausparers zu beurteilen, bei dem dieser bis zur Zuteilungsreife ein Guthaben anspare. Die Vorschrift sei nicht auf Verbraucher als Darlehensnehmer beschränkt. Auf diesen sei die Vorschrift auch nicht teleologisch zu reduzieren. Die Kündigungsvoraussetzungen lägen vor. Die Bausparkasse habe das Darlehen im Sinne von § 489 Abs. 1 BGB vollständig empfangen. Die Klägerin habe die Mindestbausparsumme erbracht. Durch die Einstellung der Zahlungen hätte sie mit ihrem Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass die eigentliche Ansparphase für sie beendet sei. Sofern die Beklagte Zinsen auf die Bausparguthabenkonten gutgeschrieben habe, ändere dies nichts an dem vollständigen Darlehensempfang. Selbst wenn nicht von einem vollständigen Darlehensempfang ausgegangen werden könne, sei § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB dahingehend auszulegen, dass der vollständige Empfang der Darlehensvaluta der eintretenden Zuteilungsreife gleichstehe. Mit Eintritt der Zuteilungsreife sei das für den Bausparvertrag charakteristische gemeinsame Ziel der Vertragsparteien erreicht, dem Bausparer einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu verschaffen.
27 
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfang weiter und wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen.
28 
Die Klägerin beantragt:
29 
1. Unter Abänderung des am 19.11.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Aktenzeichen 6 O 76/15, wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 10.03.1999 geschlossene Bausparvertrag, Vertragsnummer: 441 …, Tarif: IDEAL-Bausparen, über eine Bausparsumme von 81.806,70 EUR (160.000,00 DM) durch die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 zum 24.07.2015 nicht beendet worden ist.
30 
2. Unter Abänderung des am 19.11.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Aktenzeichen 6 O 76/15, wird festgestellt, dass die Beklagte und Berufungsbeklagte nicht berechtigt ist, den mit den Klägern geschlossenen Bausparvertrag, Vertragsnummer: 441 …, Tarif: IDEAL-Bausparen, vor Ansparung der vollständigen Bausparsumme von 81.806,70 EUR (160.000,00 DM) ordentlich zu kündigen.
31 
3. Unter Abänderung des am 19.11.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Aktenzeichen 6 O 76/15, wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 25.03.1999 geschlossene Bausparvertrag, Vertragsnummer: 42 9…, Tarif: IDEAL-Bausparen, über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR (40.000,00 DM) durch die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 zum 24.07.2015 nicht beendet worden ist.
32 
4. Unter Abänderung des am 19.11.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Aktenzeichen 6 O 76/15, wird festgestellt, dass die Beklagte und Berufungsbeklagte nicht berechtigt ist, den mit den Klägern geschlossenen Bausparvertrag, Vertragsnummer: 42 9…, Tarif: IDEAL-Bausparen, vor Ansparung der vollständigen Bausparsumme von 20.451,68 EUR (40.000,00 DM) ordentlich zu kündigen.
33 
5. Unter Abänderung des am 19.11.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Az. 6 O 76/15, wird die Beklagte und Berufungsbeklagte verurteilt, die Kläger und Berufungskläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwaltskanzlei K., L. und Kollegen in Höhe von 2.348,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit freizustellen.
34 
Die Beklagte beantragt:
35 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
36 
Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
II.
37 
Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig und mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderungen begründet. Die Kündigungen der beiden Bausparverträge sind unwirksam (1.). Der Beklagten steht auch in Zukunft bis zur Vollbesparung auf der Grundlage der gegenwärtigen Bedingungen kein ordentliches Kündigungsrecht zu (2.). Schließlich hat die Klägerin einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten (3.).
38 
1. Die Kündigungen der beiden Bausparverträge waren unwirksam. Auf das jeweilige Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Ein Kündigungsrecht ergibt sich nicht aus § 488 Abs. 3 BGB (a.), § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (b.), § 490 Abs. 3 i.V.m. § 314 BGB (c.) oder § 490 Abs. 3 i.V.m. § 313 BGB (d.).
39 
a. Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB liegen nicht vor.
40 
aa. Allerdings entspricht es der herrschenden Meinung, dass ein Bausparvertrag durch die Bausparkasse dann gemäß § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden kann, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn beim Bausparvertrag handelt es sich während der Ansparphase um einen Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Der Bausparvertrag dient dem in § 1 ABB i. V. m. § 1 BSpKG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen Bausparsumme und Bauspareinlagen. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (Senat, Urteil vom 30. März 2016 - 9 U 171/15, juris; OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2015 - 13 U 104/14, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488 Rn. 548).
41 
bb. Eine Vollbesparung liegt jedoch unstreitig nicht vor.
42 
cc. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Verzicht eines Bausparers auf sein Bauspardarlehen die Bausparkasse zur Kündigung gemäß § 488 Abs. 3 BGB berechtigt. Ein Verzicht der Klägerin auf das Bauspardarlehen liegt nicht vor und wird von der Beklagten auch nicht konkret behauptet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an die Annahme eines Verzichts strenge Anforderungen zu stellen. In der Regel ist eine insoweit eindeutige Willenserklärung erforderlich, weil ein Rechtsverzicht niemals zu vermuten ist (BGH, Urteil vom 04. Dezember 2015 - V ZR 22/15 -, Rn. 44, juris). Die langjährige Nichtinanspruchnahme eines Bauspardarlehens kann nicht als Verzicht interpretiert werden. Gleiches gilt für die Einschätzung, eine Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens werde im Hinblick auf die voraussichtlich noch länger andauernde Niedrigzinsphase nicht erfolgen. Wenn ein Bausparer ein Bauspardarlehen im Hinblick auf die gegenwärtige Unwirtschaftlichkeit nicht in Anspruch nimmt, lässt sich daraus kein Rechtsbindungswille herleiten. Deshalb kommt es nicht darauf an, dass entgegen der Darstellung der Beklagten der Senat eine derartige Auffassung nicht in seinem Hinweisbeschluss vom 14.10.2011 (9 U 151/11) vertreten hat.
43 
b. Die Beklagte kann ihre Kündigung nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen. Allerdings kann nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen. Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen, insbesondere ein vollständiger Darlehensempfang, in den Fällen vorliegen, in denen der Bausparer, so wie hier, lediglich zur Ansparung eines Mindestsparguthabens verpflichtet ist, kann indes offen bleiben. Hiergegen könnten insoweit Bedenken bestehen, als die Pflicht zur Leistung von Einlagen nicht auf die Zahlung der Sparbeiträge gemäß § 5 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 ABB beschränkt ist. Nach § 6 Abs. 2, 3 ABB muss der Bausparer zusätzlich zu seinen Sparleistungen die ihm zustehenden Zinsen als weitere Einlagen erbringen und kann sie sich nicht auszahlen lassen. Die Verzinsung des jeweils jährlich um die Zinszahlungen erhöhten Bausparguthabens war bis zum Zeitpunkt der ersten Auszahlung aus der Bausparsumme festgelegt (zum fehlenden vollständigen Darlehensempfang bei unbegrenzter Regelsparbeitragspflicht vgl Senat, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15).
44 
Die Vorschrift ist jedenfalls nicht auf das Einlagengeschäft von Bausparkassen anwendbar. Dies ergibt die Auslegung der Gesetzesvorschrift, die teleologisch zu reduzieren ist.
45 
aa. Ausgangspunkt für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt (BGH, Urteil vom 30. Juni 1966 - KZR 5/65, BGHZ 46, 74, 76). Dem Ziel, den im Gesetz objektivierten Willen des Gesetzgebers zu erfassen, dienen die nebeneinander zulässigen, sich gegenseitig ergänzenden Methoden der Auslegung aus dem Wortlaut der Norm, ihrem Sinnzusammenhang, ihrem Zweck sowie aus den Gesetzgebungsmaterialien und der Entstehungsgeschichte (BGH, Urteil vom 07. Dezember 2011 - IV ZR 105/11 -, BGHZ 192, 67, Rn. 14). Wenn es Sinn und Zweck einer Vorschrift erfordern, ist eine teleologische Reduktion vorzunehmen. Diese setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Eine Unvollständigkeit liegt auch vor, wenn eine nach dem Sinn und Zweck einer Regelung notwendige Einschränkung fehlt (Larenz, Methodenlehre, 6. Aufl., S. 370). Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrundeliegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Gesetz muss also, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig sein (BGH, Urteil vom 30. September 2014 - XI ZR 168/13 -, BGHZ 202, 302-309, Rn. 13).
46 
bb. Allerdings spricht die Auslegung nach dem Wortlaut für eine Anwendung der Vorschrift auf die Einlagengeschäfte der Bausparkasse, wenn auch das Auslegungsergebnis nicht so eindeutig ist, wie die Beklagte meint.
47 
(1) Die Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB verwendet die Begriffe „Darlehensnehmer“, „Darlehensvertrag“ und „Darlehen“, die in § 488 Abs. 1 BGB näher definiert werden. Nach § 488 Abs. 1 wird durch den Darlehensvertrag der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das „Darlehen“ zurückzuzahlen.
48 
Der Begriff des Darlehens wurde ursprünglich in § 607 BGB a.F. mit der dortigen Formulierung „Wer Geld oder andere vertretbare Sachen als Darlehen empfangen hat“ vorausgesetzt, weil er sich im Rechtsleben so eingebürgert hatte (Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich [1899], Motive, Bd. II, S.170). Im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung wurden die Vorschriften bezüglich des Sachdarlehens und des Gelddarlehens getrennt und die Hauptpflichten beim Darlehensvertrag in § 488 Abs. 1 BGB erstmalig definiert. Mit „Darlehen“ ist der Geldbetrag gemeint, während die schuldrechtliche Vereinbarung als Darlehensvertrag bezeichnet wird (BT-Drucks. 14/6040, S. 253).
49 
(2) Eine ausdrückliche Unterscheidung zwischen Gelddarlehen im engeren Sinne, wie sie typischerweise von Kreditinstituten gewährt werden, und Spareinlagen, ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm nicht. Auch wird bei den allgemeinen Darlehensvorschriften nicht nach der Verbrauchereigenschaft einer beteiligten Person oder der Gewerbsmäßigkeit ihres Handelns unterschieden (Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079 [3080]).
50 
(3) Allerdings spricht die neue Definition des Darlehensvertrages in § 488 Abs. 1 BGB mit der Verpflichtung zur Darlehenszahlung gegen eine generelle Subsumtion von Sparverträgen unter den Begriff des Darlehensvertrages. Bei Sparverträgen steht typischerweise die freiwillige Ansammlung von Vermögen des Sparers im Vordergrund (so früher ausdrücklich § 21 Abs. 2 S. 1 KWG a.F.). Der Sparer ist auf Grund des Sparvertrages nicht zur Einzahlung der Einlagen verpflichtet, sondern kann im Regelfall nach Belieben einzahlen. Die Sparkasse oder das Kreditinstitut haben keinen Anspruch auf die Spareinlagen (anders, ohne nähere Begründung: Großkommentar HGB/Renner, 5. Aufl., Bankvertragsrecht, 4. Teil., Rn. 38).
51 
Das gilt jedoch nicht für Bausparbeiträge. Sie sind grundsätzlich Bauspareinlagen gemäß § 1 Abs. 1 BSpKG. Bei diesen hat sich der Bausparer zur Leistung der Regelsparbeiträge als Einlagen verpflichtet, § 5 Abs. 1 S. 2 ABB. Zwar wird vertreten, der Anspruch der Bausparkasse auf Sparleistungen sei nicht klagbar (Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz, 5. Aufl., Einl. Ziff. IV, § 5 Anm. 27, 29). Aus den ABB ergibt sich aber eine eindeutige Vertragspflicht zur Zahlung der Regelsparbeiträge. Sie ist jedenfalls insofern durchsetzbar, als die Bausparkasse bei Nichtbezahlung unter bestimmten Voraussetzungen kündigen und damit dem Bausparer seinen Anspruch auf ein Bauspardarlehen nehmen kann (Senat, Urteil vom 30. März 2016 - 9 U 171/15 -, Rn. 69, juris). Dieser Umstand rechtfertigt die Würdigung der Bauspareinlagen als Darlehen (vgl. a. Schäfer/Cirpka/Zehnder, aaO., § 1 Anm. 3) und unterscheidet sie von gewöhnlichen Spareinlagen.
52 
cc. Nach der systematischen Auslegung erfasst der Darlehensvertrag auch Spareinlagen, sofern sie nicht die Qualität von Sichteinlagen haben. Bei der systematischen Auslegung sind die auszulegende Norm des Darlehensrechts und ihre Anwendung auf den Sparvertrag im Zusammenhang mit weiteren gesetzlichen Regelungen zu betrachten. Zu berücksichtigen ist die Stellung der Vorschrift im Gesetz [1] sowie die Einordnung, die sie durch die Rechtsprechung und Literatur [2] erfahren hat. Dabei ist zu beachten, dass der Sparvertrag als Einlagengeschäft im BGB und im KWG nur ansatzweise geregelt ist [3].
53 
(1) Aus der Stellung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB im Gesetz ergeben sich keine Zweifel an der Anwendbarkeit auf Sparverträge.
54 
Die Einstellung im allgemeinen Teil des Darlehensrechts spricht für eine Anwendung auf sämtliche Schuldverhältnisse, auf die das Darlehensrecht Anwendung findet. Dies legt den Schluss nahe, die Vorschrift auch auf Bausparverträge anzuwenden, soweit sie in der Ansparphase als Darlehensverträge mit der Bausparkasse als Darlehensnehmerin zu werten sind
55 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Übernahme dieser Vorschrift in das allgemeine Darlehensrecht im Zusammenhang mit der Abschaffung des in § 247 BGB a.F. geregelten allgemeinen Kündigungsrechts bei Überschreitung eines bestimmten Zinssatzes erfolgt ist. Diese aufgehobene Vorschrift befand sich noch im Allgemeinen Teil des Schuldrechts und betraf damit sämtliche Schuldverhältnisse. Mit der Verortung im allgemeinen Teil des Darlehensrechts erfolgte eine systematische Einschränkung des Anwendungsbereichs, die auch als Einschränkung auf das Aktivgeschäft verstanden werden könnte.
56 
(2) Darüber hinaus entspricht es herrschender Meinung (auch zum Zeitpunkt des Erlasses des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F.), dass bei der zivilrechtlichen Einordnung von Sparverträgen nach der Fälligkeit zu differenzieren ist. Sogenannte Sichteinlagen, die jederzeit fällig sind, werden als unregelmäßige Verwahrung im Sinne von § 700 BGB eingestuft, auf die das Darlehensrecht nur kraft Verweisung teilweise Anwendung findet. Bei Termingeldern (Festgelder oder Kündigungsgelder), die entweder nach einer bestimmten Laufzeit oder erst nach einer Kündigung rückzahlbar sind, wird das unmittelbare Vorliegen von Darlehensverträgen ebenso angenommen, wie bei Spareinlagen (BGH, Urteil vom 09. März 1995 - III ZR 55/94 -, BGHZ 129, 90-98; MünchKommBGB/ Westermann (1980) vor § 607 Rn. 26ff.; Soergel/Lippisch/Häuser, BGB, 11. Aufl. (1980), vor § 607, Rn. 55; Schwintowski, Bankrecht, 4. Aufl., § 5 Rn. 21 ff.). Dies gilt auch für die Einlagen der Bausparer, die, anders als im Falle von Spareinlagen im Sinne von § 21 Abs. 4 RechKredVO (bzw. §§ 21 ff. KWG a.F.), in vollem Umfang erst nach einer Kündigung zur Rückzahlung fällig werden. Die Auffassung zur Rechtsnatur des Sparvertrages als Darlehensvertrages war und ist allerdings nicht unumstritten. Insbesondere Vallenthin (MünchKommBGB, 1. Aufl. [1980], § 808 Rn. 4) vertrat die Auffassung, dass der Sparvertrag als Verwahrvertrag i.S.v. § 700 BGB einzuordnen sei (vgl. a. zum Streitstand: Staudinger/Marburger [2015] BGB § 808 Rn. 41 m.w.N.; MünchKommBGB/Henssler, 6. Aufl., § 700 Rn. 16; Palandt/Sprau, aaO, § 808 Rn. 6).
57 
(3) Der Sparvertrag ist im Bürgerlichen Gesetzbuch und im Gesetz über das Kreditwesen nur ansatzweise und unvollständig geregelt.
58 
(a) Das Bürgerliche Gesetzbuch verwendet den für Sparverträge typischen Begriff der Einlage an einer einzigen Stelle, nämlich bei § 248 Abs. 2 S. 1 BGB. Er wird dort nicht definiert, knüpft aber an die bankwirtschaftliche Verwendung und Interpretation an (MünchKommBGB/Grundmann, BGB, 7. Aufl., § 248 Rn. 11; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 248 Rn. 3). Nach dieser Vorschrift können Kreditinstitute, als Ausnahme vom Zinseszinsverbot in § 248 Abs. 1 BGB, nicht erhobene Zinsen von Einlagen als neue verzinsliche Einlagen behandeln. Die Norm bezieht sich insoweit allein auf das Passivgeschäft der Kreditinstitute als Einlagengeschäft und führt dieses einer Sonderregelung zu. In § 248 Abs. 2 S. 2 BGB wird der Darlehensbegriff nur auf das Aktivgeschäft der Kreditinstitute bezogen (MünchKommBGB/Grundmann, aaO; Erman/Schaub, BGB, 14. Aufl., § 248 BGB, Rn. 4).
59 
Dagegen lässt sich aus § 808 BGB, der einen Teilaspekt des Sparvertrages regelt und das Sparbuch als so genanntes qualifiziertes Legitimationspapier bzw. hinkendes Inhaberpapier ausgestaltet (Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 808 Rn. 1), für die hier in Rede stehende Frage eines Kündigungsrechts nichts herleiten.
60 
(b) Im Bereich des KWG wird zwischen dem Gelddarlehen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG und dem Einlagengeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG, zu dem der Sparvertrag gehört (Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, KWG, 4. Aufl., § 1 Rn. 39), deutlich unterschieden. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., der Vorgängervorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, existierte zudem für Spareinlagen in §§ 21 ff. KWG a.F. eine besondere Regelung. Insbesondere die dafür maßgebenden Kündigungsvorschriften in § 22 KWG a.F. waren nicht nur aufsichtsrechtlicher, sondern materiell-rechtlicher Natur und regelten somit die Sparverträge über Spareinlagen außerhalb des BGB (BGH, Urteil vom 24. April 1975 - III ZR 147/72 -, BGHZ 64, 278-288, Rn. 15; Bähre/Schneider, KWG, 3. Aufl., § 22 Anm. 1). Gem. § 22a KWG a.F. fanden die Vorschriften allerdings auf Bauspareinlagen keine Anwendung. Sie wurden gesondert im Bausparkassengesetz einer Regelung unterworfen. Nach Aufhebung der die Spareinlagen betreffenden Regelung der §§ 21 ff. KWG sind die Kündigungsregelungen in § 21 Abs. 4 RechKredVO ausschließlich aufsichtsrechtlicher Natur (vgl. BT-Drucks. 12/4876 S. 6). Für eine enge Anlehnung der Gesetzesauslegung an das KWG mit seiner Trennung zwischen Gelddarlehen einerseits und Spareinlagen andererseits spricht trotz dessen aufsichtsrechtlichem Charakter der Umstand, dass Sparverträge außerhalb von Bankgeschäften praktisch nicht vorkommen, weil sie in gewerbsmäßiger Form Kreditinstituten vorbehalten sind, § 3 KWG.
61 
dd. Aus der historischen Auslegung folgt hingegen die Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Der Gesetzgeber wollte mit der Kündigungsvorschrift allenfalls Gelddarlehensverträge im engeren Sinne, insbesondere diejenigen von Kreditinstituten als Darlehensgeber erfassen, nicht jedoch Sparverträge, auch wenn und soweit sie von der herrschenden Meinung als Darlehensverträge qualifiziert werden.
62 
Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber ausschließlich das Aktivgeschäft der Kreditinstitute regeln wollte [1] und das Bausparkassengeschäft in der Ansparphase nicht vom beabsichtigten Schutzzweck der Norm umfasst ist [2].
63 
(1) Aus der Gesetzesbegründung geht eindeutig hervor, dass der Gesetzgeber ausschließlich das Aktivgeschäft der Kreditinstitute für regelungsbedürftig gehalten hat und das Passivgeschäft, insbesondere das Spargeschäft, nicht erfassen wollte.
64 
(a) Nach der Problembeschreibung im Gesetzentwurf zur Aufhebung des § 247 BGB und zur Einführung des § 609a BGB (BT-Drucks. 10/4741, S. 1) wollte der Gesetzgeber zwei Missstände beheben, die allein das Aktivgeschäft der Kreditinstitute betrafen: Zum einen war das Kündigungsrecht des Schuldners bei Verträgen mit einem Zinssatz von mehr als 6 % p.a. von einem Ausnahmebehelf zu einem voraussetzungslosen allgemeinen Kündigungsrecht geworden, so dass langfristige Darlehensverträge der Kreditinstitute und professionellen Darlehensgeber, wie Versicherungen, gekündigt werden konnten. Dadurch entstand der Kreditwirtschaft und den Versicherungen ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden (BT-Drucks. 10/4741, S. 20). Zum anderen wurde dieses Kündigungsrecht faktisch ausgehöhlt durch privilegierte Kreditinstitute, die es gemäß § 247 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. ausschließen konnten, wenn das Darlehen zu einer auf Grund gesetzlicher Vorschriften gebildeten Deckungsmasse für Schuldverschreibungen gehörte oder gehören sollte. Das Vorliegen dieses Ausnahmetatbestands war für die Darlehensnehmer nicht erkennbar, was Rechtsunsicherheit hervorrief. Zudem galt die Ausnahme nicht für Kreditinstitute, die keine Deckungsmasse für Schuldverschreibungen bilden mussten. Diese hatten dadurch ungerechtfertigte Wettbewerbsnachteile. Eine problematische Sachverhaltskonstellation mit Bezug zu Sparverträgen wird in der Gesetzesbegründung nicht angedeutet.
65 
(b) Ein Schutzbedürfnis zu Gunsten der Kreditinstitute als Schuldner bei der Durchführung von Passivgeschäften hat der Gesetzgeber weder in der Vergangenheit noch im Zusammenhang mit der Aufhebung des § 247 BGB a.F. und Einführung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. wahrgenommen. Bereits in seiner ursprünglichen Fassung galt das Kündigungsrecht aus § 247 Abs. 1 BGB a.F. nicht für Inhaberschuldverschreibungen und (später) für Orderschuldverschreibungen. Bei diesen Passivgeschäften konnten sich die Kreditinstitute als Emittenten ohne zeitliche Begrenzung zur Zahlung eines bestimmten Zinssatzes verpflichten. Der Gesetzgeber hat damit dem Anlagecharakter von Schuldverschreibungen Rechnung getragen und den Schutz des Gläubigers als Kapitalanleger über den Schutz des Schuldners vor Zinsänderungen infolge langer Zinsbindung gestellt. Dies erfolgte mit der Erwägung, dass bei solchen Kapitalanlagegeschäften der Emittent die Emissionsbedingungen selbst gestaltet und daher nicht schutzbedürftig ist (BGH, Urteil vom 12. November 1981 - III ZR 2/80 -, BGHZ 82, 182-188, Rn. 15; Staudinger/Schmidt, 12. Aufl. [1983], § 247 BGB Rn. 41; Weber, BB 2015, 2185 [2187]).
66 
(c) Der Gesetzgeber wollte den Schuldnerschutz auf den von ihm dargestellten Anwendungsbereich zurückführen und begrenzen. Er hat von der ersatzlosen Aufhebung des § 247 BGB abgesehen, es aber für erforderlich gehalten,„den Schuldnerschutz nur dort auf ein angemessenes Maß zurückzuführen, wo er sich in der Vergangenheit als besonders störend erwiesen hat. Dies [war] der Bereich der festverzinslichen Kredite, wo das Kündigungsrecht in seiner [damaligen] Form im scharfen Widerspruch [stand] zum Prinzip beiderseitiger vertraglicher Bindung und Risikozuweisung“ (BT-Drucks. 10/4741, S. 21). Aus dem Zusammenhang des Problemaufrisses ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff der festverzinslichen Kredite ausschließlich solche gemeint hat, die von professionellen Kreditgebern ausgereicht werden.
67 
Die Kündigungsvorschrift wollte der Gesetzgeber nicht auf andere Sachverhaltskonstellationen anwenden. In der Begründung hat er ausgeführt, dass der wesentliche Anwendungsbereich des § 247 BGB mit der Neuregelung einer „spezialgesetzlichen Regelung“ zugeführt werde. Zu diesem Zweck hat er die im Allgemeinen Teil des Schuldrechts verankerte Kündigungsvorschrift in das Darlehensrecht verlagert. Dabei hat er ausdrücklich festgestellt, dass andere praktische Anwendungsfälle, die der umfassend geltende § 247 Abs. 1 BGB theoretisch abdeckte, nicht erkennbar geworden seien (BT-Drucks. 10/4741, S. 22, rechte Spalte). Die Beschränkung des Anwendungsbereichs kommt weiter durch die Verlagerung der nur Realkredite betreffenden Regelung des § 18 Abs. 2 HypBG a.F zu § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. zum Ausdruck.
68 
(2) Der Schutz der Bausparkassen in der Ansparphase ist nicht von den vom Gesetzgeber verfolgten Schutzzwecken umfasst. Der Gesetzgeber wollte einerseits Darlehensschuldner vor der Verpflichtung zur Zahlung eines nicht marktgerechten Zinssatzes schützen [a] und andererseits die Refinanzierungsmöglichkeiten der Kreditinstitute [b]. Die Bausparkassen werden von diesem Schutzziel nicht erfasst [c].
69 
(a) Ein wesentliches Ziel des Gesetzgebers mit der Einführung der Kündigungsvorschriften in § 609a BGB a.F. war der Schutz des Darlehensnehmers vor der Verpflichtung zur Zahlung eines nicht marktgerechten Zinssatzes. Ursache für eine solche vom Gesetzgeber missbilligte Verpflichtung war nach dessen Auffassung das Zinsbestimmungsrecht des Darlehensgebers gegenüber einem wirtschaftlich schwächeren Schuldner (Weber ZIP 2015, 961 [965]).
70 
(aa) Bereits die im Zuge der Einführung des § 609a Abs. 1 Nr. 1-3 BGB a.F. aufgehobene Vorschrift des § 247 BGB a.F. sollte den wirtschaftlich schwachen Schuldner schützen. Nach den Gesetzesmaterialien wurde dies wie folgt begründet: „Das (…) Kündigungsrecht des Schuldners bei hohen Zinsen sei, jedenfalls seiner Wirkung nach, ein Mittel gegen den Missbrauch der wirtschaftlichen Übermacht des Gläubigers gegenüber dem Schuldner. Bei der herrschenden starken Strömung, welcher auf eine Verstärkung des Schutzes des wirtschaftlich Schwächeren gehe und die auch in der Kritik des Entwurfs zum Ausdruck gelangt sei, empfehle es sich nicht, dieses bestehende Schutzmittel für den Schuldner fallen zu lassen“ (Mugdan II, aaO, Protokolle, S. 628f., Denkschrift, S. 1234; s.a. Staudinger/Schmidt, 12. Aufl. (1983), § 247 Rn. 2; MünchKommBGB/von Maydell, 2. Aufl., § 247 Rn. 1).
71 
Soweit der ursprüngliche Schutzzweck vor absolut überhöhten Zinsen infolge des „Wandels der Normsituation“ wegen des zwischenzeitlich gestiegenen Zinsniveaus auf dem Kapitalmarkt gegenstandslos geworden ist, wurde der Norm als weiterer Zweck beigemessen, ein Mittel zur Anpassung an Senkungen des marktüblichen Zinses zu sein (Canaris NJW 1978, 686 [688]; Staudinger/Schmidt, 12. Aufl. (1983), § 247 Rn. 3; MünchKommBGB/von Maydell, 2. Aufl., § 247 Rn. 1). Letztendlich läuft diese Schutzzweckbestimmung auf das gleiche Ziel hinaus. Eine „Anpassung an Senkungen des marktüblichen Zinses“ stellt nämlich keinen Zweck dar, sondern eine Rechtsfolge. Hinter der missverständlich formulierten Zweckbestimmung steht der Gedanke, dass die Anpassung einer schutzbedürftigen Partei zugutekommen soll. Diese soll auf Grund ihrer schwächeren und daher schutzbedürftigen Position vor einer Zinsbestimmung geschützt werden, die ihr dauerhaft die Anpassung des Zinssatzes an einen niedrigeren Marktzinssatz verwehrt.
72 
(bb) Auch bei der Einführung des § 609a BGB a.F. sollte mit den Kündigungsvorschriften ein „wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers“ geschaffen werden (BT-Drucks. 10/4741, S. 22).
73 
Dieses Schutzziel scheint insbesondere bei der Kündigungsregelung für Darlehensverträge mit veränderlichem Zinssatz auf. Doch gilt es gleichermaßen für das Kündigungsrecht bei langfristigen festverzinslichen Verträgen (a.A.: Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079 [3082]). Bei beiden Fallvarianten wird eine freie Zinsanpassung durch eine variable oder feste Zinsbestimmung für eine bestimmte Laufzeit ausgeschlossen. Die Zinsbestimmung erfolgt bereits bei Vertragsschluss, indem für die Laufzeit entweder ein Mechanismus für Zinsanpassungen vereinbart (§ 609a Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F., § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB) oder eine Zinsanpassung ausgeschlossen wird (§ 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB).
74 
Der Wille des Gesetzgebers, den Darlehensnehmer schon bei Vertragsschluss zu schützen, folgt bereits aus § 247 BGB a.F. Er macht den Schutz von der absoluten Höhe des Zinssatzes abhängig. Dieser wird beim Vertragsschluss festgelegt. Der historische Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Vereinbarung eines Zinssatzes in einer Höhe von mehr als 6 % das Ergebnis einer wirtschaftlichen Übermacht des Gläubigers sein kann (s.o.).
75 
Das vom Gesetzgeber als regelungsbedürftig angesehene Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers darf nicht nur als Recht zur Bestimmung der absoluten Höhe des Zinssatzes gesehen werden. Ihre Bedeutung erhält die Bestimmung des Zinssatzes erst in Verbindung mit der vereinbarten Laufzeit. Wenn neben dem Zinssatz eine Laufzeit gewählt wird, wird der Zinssatz und gegebenenfalls seine Anpassungsmechanismen mit den daraus resultierenden Zinssätzen für diese Zeit festgeschrieben. Der Schuldner kann während der Bindungsfrist eine Anpassung an den Marktzins nicht erreichen. Diese Situation besteht bei sowohl bei Zinsfestschreibungen und als auch bei der Vereinbarung von laufenden Zinsbestimmungs- oder -anpassungsrechten einer Vertragspartei.
76 
(cc) Bausparkassen, die während der Ansparphase als Darlehensnehmer anzusehen sind (s.o.) befinden sich nicht in der Position des schwächeren Schuldners, der einem Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers hinsichtlich Zinssatz und Laufzeit der Zinsbindung ausgesetzt ist. Im Gegenteil weist ihnen der Gesetzgeber in § 5 Abs. 3 Nr. 2 BSpKG die Aufgabe zu, in ihren ABB einseitig die Verzinsung der Spareinlagen festzulegen. Ebenso haben sie gem. § 5 Abs. 3 Nr. 7 BSpKG die Bedingungen aufzustellen, unter denen ein Bausparvertrag - auch von der Bausparkasse - gekündigt werden kann. Damit hat es die Bausparkasse in der Hand, die Laufzeit von Bausparverträgen, die nicht in Anspruch genommen werden, durch Einräumung eines Kündigungsrechts, festzulegen. Der Bausparer als Gläubiger ist hingegen dem Zinsbestimmungsrecht der Bausparkasse ausgeliefert. Er befindet sich in der wirtschaftlich schwächeren Position.
77 
(dd) Die Argumentation der Beklagten, der Bausparer erhalte ab Zuteilungsreife durch die Nichtinanspruchnahme des Bauspardarlehens ein einseitiges Zinsbestimmungsrecht, geht fehl. Wie dargelegt, hat die Bausparkasse ihr Zinsbestimmungsrecht gem. § 5 Abs. 3 Nr. 2, 7 BSpKG durch die Festlegung des maßgeblichen Festzinssatzes und der bedingungsgemäß maximal möglichen Laufzeit in ihren ABB ausgeübt. Wenn sie in ihren Bedingungen auf ein Kündigungsrecht bei Nichtinanspruchnahme des Bauspardarlehens verzichtet, bewegt sich der Bausparer in dem von der Bausparkasse eingeräumten Rahmen und übt nicht gegen den Willen der Bausparkasse ein eigenes Zinsbestimmungsrecht aus.
78 
(b) Das zweite wesentliche Ziel der Einführung der Kündigungsvorschriften war der Schutz der Kreditinstitute durch die Sicherstellung einer laufzeit- und zinskongruenten Refinanzierung. Gleichzeitig sollte damit die Verteuerung der Kredite durch Kostenzuschläge vermieden werden, die ohne Kündigungsschutz zur Absicherung des Ausfallrisikos von den Kreditinstituten einkalkuliert worden wären (BT-Drucks. 10/4741, S. 21).
79 
(aa) Dieses Ziel hat der Gesetzgeber bereits bei Erlass der Vorgängervorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ausdrücklich verfolgt. Die Norm geht direkt auf § 18 Abs. 2 HypBG a.F. zurück (BT-Drucks. 10/4741, S. 23), dessen Wortlaut sinngemäß mit § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., der Vorgängerbestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB übereinstimmt. Der Gesetzgeber hat bei Erlass des Hypothekenbankgesetzes davon abgesehen, dem Hypothekendarlehensnehmer eine kürzere Kündigungsfrist als 10 Jahre einzuräumen. Er wollte die Refinanzierung der Hypothekenbanken über Pfandbriefe nicht gefährden, die auf eine Laufzeitkongruenz von Aktiv- und Passivgeschäft angewiesen waren. Eine kürzere Kündigungsfrist hätte dieses Modell gefährdet (Reichstagsprotokolle 1898/1900 Anl. Bd II Nr. 106, S. 924 ff. [943]). Mit der gleichen Zielsetzung hatte der Gesetzgeber später bei Erlass des § 247 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. das Kündigungsrecht für Darlehen ausgeschlossen, die zur Deckungsmasse von Schuldverschreibungen gehören sollten. Damit sollte die Laufzeitkongruenz der Aktiv- und Passivgeschäfte dieser Kreditinstitute sichergestellt werden (Staudinger/Schmidt, 12. Aufl. [1983], § 247, Rn. 49).
80 
(bb) Bei Bausparverträgen besteht kein Bedürfnis nach Laufzeitkongruenz von Aktiv- und Passivgeschäft. Die Bausparkassen gewähren die Bauspardarlehen aus der verfügbaren Zuteilungsmasse. Das sind vor allem die Bauspareinlagen der anderen Bausparer und die Tilgungsleistungen der Bauspardarlehensnehmer, § 10 Abs. 1 ABB. Das lange Stehenlassen der Bauspareinlage verursacht bei der Bausparkasse keine Refinanzierungsschwierigkeiten. Zwar kann der Bausparer nach den vertraglichen Bedingungen jederzeit seinen Bausparvertrag kündigen, doch gefährdet sein Rückzahlungsverlangen nicht die ausgereichten Bauspardarlehen. Die Rückzahlung erfolgt gem. § 9 Abs. 2 ABB aus der bei der Bausparkasse vorhandenen Zuteilungsmasse. Bei Liquiditätsschwierigkeiten muss der Bausparer eine verzögerte Rückzahlung in Kauf nehmen.
81 
Die in dem einzelnen Bausparvertrag enthaltene Koppelung von Haben- und Darlehenszinssatz wirkt nur indirekt für das Verhältnis von Aktiv- und Passivgeschäft. Die Bausparkassen müssen die bei Abschluss des Bausparvertrages zu einem festen Zinssatz versprochenen Bauspardarlehen auf der Grundlage der Zuteilungsmasse refinanzieren, die ihr Jahre später zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Darlehen von den Bausparern auf Grund der bei diesen aktuell vereinbarten Tarifen zur Verfügung gestellt wird. Mit diesen Bausparern kann sie andere Zinskonditionen vereinbart haben. Dieses Geschäftsmodell funktioniert insbesondere bei einem vom Marktniveau unabhängigen, geschlossenen Markt.
82 
Allerdings kommt eine Bausparkasse in Ertragsschwierigkeiten, wenn sie die von ihr geschuldete Verzinsung der Bauspareinlagen mangels ausreichender Nachfrage an Bauspardarlehen nicht in vollem Umfang über das Aktivgeschäft erwirtschaften kann. Einen Schutz der Bausparkassen davor bezweckte der Gesetzgeber jedoch nicht. Er ging im Gegenteil davon aus, dass die Soll- und Habenzinsen marktunabhängig sind, weil durch das Bausparsystem ein in sich geschlossener Markt geschaffen wird (BT-Drucks. VI/1900, S. 10.). Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber diese Einschätzung des Bausparsystems im Zusammenhang mit den Kündigungsregelungen des § 609a Abs. 1 BGB a.F. nicht mehr teilte.
83 
Zudem beruht das Verlustrisiko beim Stehenlassen des verzinslichen Bausparguthabens nicht auf einem einseitigen vertragswidrigen Verhalten des Bausparers, das dieser gegen den Willen der Bausparkasse durchsetzt, sondern auf der Ausnützung des von der Bausparkasse privatautonom bestimmten Handlungsrahmens. Die Bausparkasse hätte dieses Verlustrisiko durch geeignete Kündigungsregelungen, wie sie beispielsweise ab 2013 in § 15 Muster-ABB des Verbandes der privaten Bausparkassen e.V. enthalten sind, ausschließen können. Für den Gesetzgeber bestand hingegen kein Anlass, die Ertragssituation der Bausparkassen vor Risiken zu schützen, die sie auf Grund ihrer eigenen Vertragsgestaltung freiwillig eingehen oder fahrlässig selbst verursachen (Weber, BB 2015, 2185 [2187]).
84 
ee. Die teleologische Auslegung führt ebenso wie die historische Auslegung zu dem Ausschluss der Bausparkassen von dem Anwendungsbereich der Norm. Zweck der Norm ist der Schutz des schwächeren Schuldners vor dem Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers und die Sicherung der Refinanzierung der Aktivgeschäfte der Kreditinstitute und professionellen Kreditgeber. Diese Zwecke werden auch mit den Begriffen Schuldnerschutz und Herstellung einer inneren Vertragsgerechtigkeit umschrieben. Dem Schuldner soll die Anpassung an marktgerechte Zinsen ermöglicht und die Umschuldung erleichtert werden (MünchKommBGB/Berger, aaO, § 489 Rn. 2; Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 7; beck-Online.Großkommentar [BeckOGK]/Weber, Stand 1. Februar 2016, BGB, § 489 Rn. 7ff.; Palandt/Weidenkaff, aaO., § 489 Rn. 1). Wie dargestellt, hatten die seit Beginn des 20. Jahrhunderts geltenden Vorschriften des § 18 Abs. 2 HypBG a.F. und des § 247 Abs. 1 BGB a.F. diese beiden Schutzrichtungen schon zum Gegenstand.
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(1) Die Möglichkeiten des Schuldners zur erleichterten Umschuldung nach einer bestimmten Mindestlaufzeit sowie zur Anpassung an marktgerechte Zinsen sind allerdings keine Selbstzwecke im Interesse der Allgemeinheit. Dies widerspräche den Grundsätzen der Privatautonomie (BeckOGK/Weber, Stand 1. Februar 2016, BGB, § 489 Rn. 8 kritisiert insoweit den „paternalistischen Schutz“). Wie dargestellt, soll damit die wirtschaftlich schwächere Partei geschützt werden. Zudem ist der Schutz einseitig auf den Schuldner begrenzt. Der Gläubiger wird vor langfristigen Zinsbindungen nicht geschützt, obwohl er das gegenläufige Risiko der steigenden Zinsen auf dem Kapitalmarkt trägt.
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Die Schutzbedürftigkeit kann durch die wirtschaftliche Übermacht des Darlehensgebers oder die fehlende Möglichkeit, die langfristigen Risiken abzuschätzen, abzusichern, oder zu tragen, begründet sein. Zwar dient § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auch dem Erhalt eines Kernbestand wirtschaftlicher Bewegungsfreiheit (Staudinger/Mülbert, aaO, § 489, Rn. 11, 45). Dieser Zweck gilt aber nicht umfassend, sondern nur bezogen auf den Darlehensnehmer. Der fehlende Schutz des Darlehensgebers, der ebenfalls durch eine zu langfristige Zinsbindung seine Bewegungsfreiheit verlieren könnte, führt den Schutzzweck auf die Schutzbedürftigkeit des Darlehensnehmers zurück.
87 
Wie dargestellt, besteht hinsichtlich der Verzinsung der Bauspareinlage weder ein Zinsbestimmungsrecht des Bausparers als Gläubiger noch befindet sich die Bausparkasse als Schuldnerin in einer wirtschaftlich schwächeren Position. Weder sie noch das Kollektiv der Bausparer haben ein Interesse an einer Umschuldung ihrer Verbindlichkeiten. Im Gegenteil besteht grundsätzlich ein Interesse an einem stetigen Neugeschäft und an einer ausreichenden Zuteilungsmasse, um möglichst frühzeitig Bauspardarlehen zuteilen zu können. Eine Anpassung an Marktzinsen ist dem Bauspargeschäft von seiner Konzeption her fremd, weil es davon ausgeht, einen marktunabhängigen Haben- und Sollzinssatz bieten zu können. Schließlich besteht kein Schutzbedürfnis für einen Schuldners, der ein Zinsänderungsrisiko durch eine eigene Vertragsgestaltung im Rahmen seines Geschäftsbetriebes professionell übernommen und somit selbst die Zinsbestimmung zu verantworten hat (Weber, BB 2015, 2185 [2187]).
88 
(2) Der Schutzzweck der inneren Vertragsgerechtigkeit zielt auf einen Gleichlauf der Zinsbindung ab. Grundsätzlich sollen während der Laufzeit beide Seiten an die Zinsvereinbarung gebunden sein und diese nicht, wie früher im Fall des § 247 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. einseitig kündigen dürfen. Dadurch ist insbesondere der professionelle Darlehensgeber in der Lage, das langfristige Aktivgeschäft laufzeitkongruent zu refinanzieren.
89 
Bei den Bausparkassen dienen die Kündigungsvorschriften nicht dem Schutz der Refinanzierung ihres Aktivgeschäfts (s.o.). Im Gegenteil stellen nach der Konzeption des Bausparvertrages Sparleistungen des Bausparers Leistungen an die Bausparkasse dar, von denen sie und das Bausparkollektiv profitieren (Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz, 5. Aufl., Einl. V.2, § 5 Anm. 28a).
90 
(3)(a) Der Anwendungsbereich des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist vor dem Hintergrund des oben dargestellten Regelungsplans des Gesetzgebers teleologisch zu reduzieren, denn die Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist unvollständig. Es fehlt der Ausschluss der Passivgeschäfte der Kreditinstitute, jedenfalls derjenigen der Bausparkassen, weil die Interessenlage mit dem von der Norm zu regelnden Sachverhalt nicht vergleichbar ist.
91 
(b) Die Unvollständigkeit ist gemessen an der objektiv feststellbaren Regelungsabsicht des Gesetzgebers planwidrig.
92 
Der Gesetzgeber wollte ausweislich der Gesetzesbegründung die Passivgeschäfte der Kreditinstitute nicht regeln (s.o.). Zudem sind die Interessenlage und die Schutzbedürftigkeit anders gelagert (so auch MünchKommBGB/Berger, aaO., § 489 Rn. 2). Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber hätte Sparverträge, insbesondere das Einlagengeschäft der Bausparkassen, der Vorschrift unterworfen, hätte er die mögliche Tragweite seiner Regelung erkannt.
93 
(aa) Das Schutzbedürfnis des Schuldners ist beim Passivgeschäft der Kreditinstitute anders als bei deren Aktivgeschäften.
94 
(aaa) Beim Gelddarlehen im engeren Sinne, dem Aktivgeschäft der Kreditinstitute, sind deren Schuldner regelmäßig auf die Finanzierungsmittel angewiesen, weil sie einen Investitionszweck verfolgt, den sie aus eigenen, vorhandenen Mitteln nicht erreichen können oder wollen. Sie müssen den aus Tilgung und Zinsen bestehenden Kapitaldienst aus den Erträgen der Investition erwirtschaften oder aus sonstigen Einkünften und Vermögen leisten. Bei einer langen Zinsbindung von mehr als 10 Jahren kann zwischen dem Vertragszins und dem dann marktüblichen Zins eine hohe Diskrepanz entstehen, die die fortbestehende Zinslast als nicht mehr angemessen erscheinen lässt. Häufig korrelieren die Renditen aus der Investition mit den Marktbedingungen, da die Geld- und Kapitalmarktzinssätze Auswirkungen auf die Preisentwicklung haben. Vor diesem Hintergrund ist die Begrenzung des Zinsänderungsrisikos des Schuldners gerechtfertigt.
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(bbb) Bei Sparverträgen und anderen Passivgeschäften, bei denen die Kreditinstitute die Schuldnerrolle innehaben, fehlt ein vergleichbares Schutzbedürfnis. Zwar übernehmen auch sie partiell das Zinsänderungsrisiko. Sie sind aber diesem nicht im gleichen Maße ausgeliefert wie der Schuldner bei einem langfristigen Investitionsdarlehen. Die Kreditinstitute betreiben sowohl das Aktivgeschäft als auch das Passivgeschäft professionell und treten auf dem Markt als Anbieter einmal in der Rolle des Gläubigers und das andere Mal in der Rolle des Schuldners auf. Sie sind auf das einzelne konkrete Geschäft nicht angewiesen. In beiden Fällen können sie selbst die Bedingungen der Geschäfte gestalten und insbesondere die Bedingungen der Passivgeschäfte an diejenigen der Aktivgeschäfte anpassen. Dadurch sind sie in der Lage, ihre Zinsrisiken aus dem Passivgeschäft abzusichern und zu steuern, so dass die Gefahr der Inkongruenz von Aktiv- und Passivgeschäfte nicht besteht (BGH, Urteil vom 12. November 1981 - III ZR 2/80 -, BGHZ 82, 182, Rn. 15).
96 
(bb) Der Gesetzgeber hält den Schuldner für schutzbedürftig, weil er ihn regelmäßig in einer schwächeren Position sieht. Diese Situation besteht beim Passivgeschäft der Kreditinstitute, bei denen diese als professionelle Schuldner auftreten, nicht (s.o.). Der Sparer als Gläubiger hat keine Übermacht, sondern die Bausparkassen als Anbieter geben die Bedingungen vor. Wenn sie es lediglich versäumt haben, sich ein Kündigungsrecht für den Fall der Nichtinanspruchnahme des Bauspardarlehens einzuräumen und damit eine Vollbesparung nicht ausschließen, begründet dies kein Schutzbedürfnis.
97 
Die Argumentation der Beklagten, der Bausparer verhalte sich vertragswidrig, weil er entgegen dem Zweck des Bausparvertrages das Bauspardarlehen nicht in Anspruch nehme, geht fehl. Allerdings ist richtig, dass der Zweck des Bausparens auf die Gewährung eines zinsgünstigen Bauspardarlehens ausgerichtet ist, § 1 Abs. 1 ABB, § 1 Abs. 1, 2 BSpKG. Jedoch folgt aus den Bausparbedingungen, dass die Nichtinanspruchnahme des Bausparvertrages nicht vertragswidrig ist. Gem. § 14 Abs. 1 ABB führt die Nichtannahme der Zuteilung zu einer Fortsetzung des Bausparvertrages. In § 2 Abs. 3 ABB wird ausdrücklich der Fall geregelt, dass der Bausparer die Bausparsumme vollständig anspart und eine Regelung für die Verzinsung getroffen. Wäre die Nichtinanspruchnahme des Bauspardarlehens, wozu begriffsnotwendig auch der Fall der Vollbesparung gehört, ein von der Bausparkasse nicht als vertragsmäßig angesehenes Verhalten, hätte die Bausparkasse keinen Anlass gehabt, diesen Fall in einem für den Bausparer günstigen Sinn (Weiterverzinsung) zu regeln.
98 
(cc) Einen generellen Schutz vor dem Zinsänderungsrisiko hat der Gesetzgeber zu keiner Zeit für erforderlich gehalten. Neben dem Zinsänderungsrisiko des Schuldners trägt bei langfristigen Verträgen auch der Gläubiger das umgekehrte Risiko von steigenden Zinsen, die er bei langfristiger Zinsbindung nicht realisieren kann. Der Gesetzgeber hat den Schutz jedoch nur auf den Schuldner beschränkt (§ 18 Abs. 2 HypBG a.F., § 247 Abs. 1 BGB a.F., § 609a Abs. 1 BGB a.F., § 489 Abs. 1 BGB a.F.). Ein Darlehensgläubiger hat hingegen bei einer Fehleinschätzung der Zinsentwicklung auch bei Verträgen von längerer Dauer als 10 Jahren kein besonderes Kündigungsrecht und bleibt gebunden. Wenn der Gesetzgeber keinen Anlass gesehen hat, die professionellen Kreditgeber vor der Übernahme eines unbegrenzten Zinsänderungsrisikos zu schützen, ist kein Grund ersichtlich, warum er dies bei den Passivgeschäften der Kreditinstitute hätte anders sehen sollen. In beiden Fällen besteht der Nachteil nicht in der absoluten Höhe des Zinssatzes, sondern in der Abweichung des Vertragszinssatzes von dem marktüblichen Zinssatz und den damit verbundenen Verlustrisiken.
99 
(dd) Aus der Behandlung der allein verbraucherdarlehensrechtlichen Kündigungsvorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F., jetzt § 500 Abs. 1 BGB, lässt sich nicht schließen, der Gesetzgeber habe es bewusst bei der Anwendung der übrigen darlehensrechtlichen Kündigungsvorschriften des § 489 Abs. 1, 2 BGB auf Sparverträge belassen wollen. Der Gesetzgeber hat die Änderung allein aus systematischen Gründen vorgenommen, weil die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. im allgemeinen Teil des Darlehensrechts deplaziert und bei den besonderen Vorschriften des Verbraucherdarlehens einzuordnen war (BT-Drucks. 16/11643 S. 74).
100 
(ee) Entgegen der Auffassung der Beklagten hindert die Unabdingbarkeit des Kündigungsschutzes gem. § 609a Abs. 3 BGB a.F. bzw. § 489 Abs. 4 BGB die teleologische Reduktion nicht. Ist die Bestimmung nicht anwendbar, muss sie nicht abbedungen werden. Die Unabdingbarkeit ist mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Schutzzweck verbunden. Für die Unabdingbarkeit von Normanwendungen, die der Gesetzgeber nicht regeln wollte, besteht kein Grund. Der Zweck der teleologischen Reduktion erlaubt gerade die Einschränkung einer Norm über ihren Wortlaut hinaus (BGH, Urteil vom 07. Dezember 2011 - IV ZR 105/11 -, BGHZ 192, 67, Rn. 16).
101 
c. Die Beklagte hat kein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3 i.V.m. § 314 Abs. 1 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung zulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Nichtabnahme des Bauspardarlehens stellt kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, sondern ist im Bausparvertrag ausdrücklich vorgesehen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Bausparer bei Abschluss des Bausparvertrages nicht absehen kann, ob er zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife noch oder schon einen von den Zweckbestimmungen der ABB gedeckten Darlehensbedarf hat (Senat, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15).
102 
d. Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht. Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 235/09, juris). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10, WM 2014, 134). Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 210/12, NZG 2014, 1036). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
103 
aa. Die Geschäftsgrundlage wäre nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätte. Zwar war Vertragszweck nach § 1 BSpKG, § 1 ABB die Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung. Doch ist zum einen die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben. Zum anderen ist der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden nicht erfolgten Inanspruchnahme des Bauspardarlehens abzuleiten. Schon der seit Abschluss des Bausparvertrages bis zur Zuteilungsreife vergehende Zeitraum legt es angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens nahe, dass aufgrund veränderter Umstände das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wird. Auch für diesen Fall ist nach der vertraglichen Vereinbarung die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorgesehen, mithin eine Risikoverteilung vorgenommen worden. Zudem regelt § 2 Abs. 3 ABB ausdrücklich einen Fall der Nichtinanspruchnahme des Bauspardarlehens bis zur Vollbesparung.
104 
bb. Die Geschäftsgrundlage wäre auch nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und -darlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben. Auch gestatten ihr § 9 Abs. 1 S. 2 BSpKG, § 32 ABB die Änderung von Bedingungen unter bestimmten Voraussetzungen. Dass der Beklagten dieser, der Gleichbehandlung aller Bausparer besser dienende Weg verschlossen sei, macht die Beklagte nicht geltend.
105 
2. Die Anträge der Klägerin auf Feststellung, dass der Beklagten kein ordentliches Kündigungsrecht bezüglich der beiden Bausparverträge zusteht, solange die Bausparverträge nicht in vollem Umfang angespart sind, sind zulässig (a.) und begründet (b.).
106 
a. Die Klägerin hat das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse an der Feststellung. Die Beklagte hat die Kündigung des Bausparvertrages ausschließlich auf die Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützt. Im Laufe des Prozesses hat sie sich jedoch auch auf andere Kündigungsrechte, insbesondere aus § 488 Abs. 3 BGB gestützt. Die Klägerin hat daher ein Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte auch in Zukunft nicht sich auf ein ordentliches Kündigungsrecht beruft.
107 
b. Die Feststellungsklagen sind begründet. Der Beklagten steht auf der Grundlage der gegenwärtig dem Vertrag zu Grunde liegenden ABB kein ordentliches Kündigungsrecht vor Vollbesparung zu. Ein vertragliches, ordentliches Kündigungsrecht hat sich die Beklagte nicht ausbedungen. Insbesondere betrifft § 9 ABB ausschließlich das Kündigungsrecht des Bausparers.
108 
Nach ganz herrschender Meinung ist das ordentliche Kündigungsrecht der Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, solange eine Gewährung des Bauspardarlehens noch möglich ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11 -, Rn. 10, juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488, Rn. 548; Mülbert/Schmitz, FS Horn [2006], S. 782; in diesem Sinne wohl auch Schäfer/Cirpka/Zehnder, aaO, § 5 Anm. 37). Ein Anlass, der Bausparkasse ein Kündigungsrecht vor Vollbesparung zu geben, besteht nicht.
109 
Wie dargestellt, ist auch in Zukunft ein ordentliches Kündigungsrecht der Bausparkasse gem. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ausgeschlossen. Das ordentliche Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB oder § 489 Abs. 2 BGB ist bereits tatbestandlich ausgeschlossen, weil keine veränderlichen Zinssätze vereinbart wurden.
110 
3. Die Verpflichtung zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB, weil die Beklagte durch die unberechtigte Kündigung ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat. Die Kündigung stellt eine Form der endgültigen Leistungsverweigerung durch die Beklagte als Schuldnerin der Zinsverpflichtungen sowie als Verwahrerin der Sparbeiträge dar, die die Klägerin berechtigte, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Pflichtwidrigkeit ihres Handelns hätte die Beklagte erkennen müssen, da sie der Klägerin einseitig Ansprüche entziehen wollte, die sie ihr zuvor mit ihren ABB versprochen hatte. Gem. § 5 Abs. 3 Nr. 7 BSpKG war die Beklagte verpflichtet, die Voraussetzungen zu regeln, unter denen ein Bausparvertrag gekündigt werden kann. Sie wusste, dass sie sich kein Kündigungsrecht ausbedungen hat und der Bausparer hiervon ausgehen durfte. Ebenso konnte sie anhand ihrer eigenen Bedingungen erkennen, dass der Bausparer nicht zu der Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens verpflichtet ist und die Vollbesparung aufgrund eigener Sparbeiträge ein vertragskonformes Verhalten darstellte.
111 
Die Klägerin ist als Inhaberin des Freistellungsanspruchs bezüglich der Anwaltskosten aktivlegitimiert. Dies ergibt sich bereits aus ihrer Stellung als geschädigter Vertragspartnerin und Auftraggeberin ihrer Prozessbevollmächtigten. Die Beklagte hat die rechtsvernichtende Einwendung des Verlustes der Aktivlegitimation durch einen gesetzlichen Forderungsübergang gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG, für die sie die Darlegungs- und Beweislast trägt (BAG, Urteil vom 31. März 2004 - 10 AZR 191/03 -, Rn. 19, juris; KG Berlin, Urteil vom 17. September 1996 - 5 U 3157/96 -, Rn. 23, juris) nicht konkret dargelegt. Wer eine Einwendung geltend macht, muss ausreichend substantiiert diejenigen Tatsachen vortragen, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Die Beklagte hat hingegen lediglich ins Blaue hinein vermutet, dass die Klägerin eine Rechtsschutzversicherung habe, auf die „aller Wahrscheinlichkeit nach“ der Anspruch übergegangen sei. Zwar ist es zulässig, vermutete Tatsachen als Behauptung in einen Prozess einzuführen, ohne gegen die Wahrheitspflicht gem. § 138 Abs. 1 ZPO zu verstoßen (BGH, Urteil vom 10. Januar 1995 - VI ZR 31/94 -, BGHR ZPO § 138 Abs 1 Darlegungslast 4; BGH, Urteil vom 20. Juni 2002 - IX ZR 177/99 -, Rn. 17, juris). Hierzu ist es jedoch erforderlich, nicht die Wahrscheinlichkeit einer Tatsache, sondern die Tatsache selbst zu behaupten. Dies hat die Beklagte nicht getan, weshalb die Klägerin sich hierzu nicht näher einlassen musste. Im Übrigen hat die Klägerin mit ihrem Freistellungsantrag indirekt vorgetragen, die Kosten noch nicht bezahlt zu haben. Die Beklagte behauptet ebenfalls nicht, die Voraussetzungen für einen Forderungsübergang gem. § 86 Abs. 1 VVG, nämlich die Bezahlung der Anwaltsrechnung durch die Rechtsschutzversicherung, sei erfolgt.
112 
Der Freistellungsanspruch besteht jedoch nur in Höhe von 1.171,67 EUR. Ausgehend von einem Gegenstandswert von 21.567,00 EUR, wie ihn das Landgericht zutreffend festgesetzt hat, sind eine 1,3-fache Geschäftsgebühr (wie in der Klageschrift geltend gemacht) in Höhe von 964,60 EUR nebst Auslagenpauschale (20,00 EUR) und Umsatzsteuer (187,07 EUR) entstanden.
113 
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zinsen ab Rechtshängigkeit gem. § 288 BGB oder § 291 BGB. Nach diesen Vorschriften sind nur Geldschulden zu verzinsen. Freistellungsansprüche fallen nicht darunter (Staudinger/ Löwisch/Feldmann [2014] BGB § 288, Rn. 8).
114 
4. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision der Beklagten wird gem. § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen, weil die Frage der teleologischen Reduktion des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat mit seiner Entscheidung von Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte (insbes. OLG Hamm, Beschluss vom 29. Februar 2016 - 31 U 175/15 -, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015 -31 U 191/15 -, ZIP 2016, 306) abweicht, die die Vorschrift auf die Kündigung der Bausparverträge durch Bausparkassen für anwendbar halten.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält. Mit der Verjährung des Anspruchs des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache verjähren auch seine Ersatzansprüche.

(2) Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses.

(3) (aufgehoben)

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015, Az. 25 O 89/15, teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag Nr. 1 938 … vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten in Höhe von 413,64 EUR freizustellen.

2. Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

5. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf bis zu 4.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages, den sie am 13. September 1978 über die Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 EUR) abgeschlossen hat. Die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II (im Folgenden ABB) enthalten folgende Bestimmungen:
§ 1 Vertragszweck
(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. (…)
(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.
§ 12 Zuteilungsnachricht
10 
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.
12 
§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme
13 
(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.
(2) (…)
14 
§ 14 Vertragsfortsetzung
15 
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
16 
(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. (…)
17 
Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3 % p.a. zu verzinsen und gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5 % p.a. zu gewähren.
18 
Der Vertrag wurde am 1. April 1993 zuteilungsreif. Am 1. Januar 2015 bestand ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR. Die Beklagte kündigte am 12. Januar 2015 den Bausparvertrag unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 24. Juli 2015.
19 
Auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
20 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Bausparkasse könne sich auf das Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Das Tatbestandsmerkmal des vollständigen Empfangs des Darlehens sei mit der eingetretenen Zuteilungsreife erfüllt.
21 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Auffassung, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien nicht erfüllt. Sie beabsichtige, das Bauspardarlehen in zwei bis drei Jahren für ihre Kinder in Anspruch zu nehmen.
22 
Wegen der Nebenforderung hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen.
23 
Die Klägerin beantragt:
24 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart Az. 25 O 89/15, verkündet am 15. September 2015, wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag mit der Nummer „1 938 …“ vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
25 
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 571,44 EUR freizustellen.
26 
Die Beklagte beantragt:
27 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
28 
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.
II.
29 
Die gemäß § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig und - mit Ausnahme eines geringfügigen Teils der Nebenforderung - begründet. Der Beklagten steht kein Kündigungsrecht zu.
30 
1. Die dem Vertrag zugrundeliegenden ABB vermögen die erklärte Kündigung nicht zu rechtfertigen; das macht die Beklage auch nicht geltend. Sie geht zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen der Bestimmung des § 5 Abs. 3 ABB nicht vorliegen.
31 
2. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, sie sei kraft Gesetzes berechtigt, den Vertrag zu kündigen, muss ihr der Erfolg versagt werden. Auf das Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Die von der Beklagten erklärte Kündigung findet ihre Rechtfertigung weder in § 488 Abs. 3 BGB (a.) noch ist hier die Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB direkt (b.) oder entsprechend (c.) anwendbar. Auch aus § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 Satz 2 BGB, ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht (d.).
32 
a. Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB liegen nicht vor.
33 
aa. Allerdings entspricht es der herrschenden Meinung, dass ein Bausparvertrag durch die Bausparkasse dann gemäß § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden kann, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn beim Bausparvertrag handelt es sich während der Ansparphase um einen Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Der Bausparvertrag dient dem in § 1 ABB i. V. m. § 1 BauSparkG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen Bausparsumme und Bauspareinlagen. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris; OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2015 - 13 U 104/14, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488 Rn. 548).
34 
bb. Eine Vollbesparung liegt jedoch nicht vor.
35 
(1) Unstreitig betrug das angesparte Bausparguthaben des über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR abgeschlossenen Vertrages zum Zeitpunkt der Kündigung 15.772,48 EUR.
36 
(2) Die Auffassung der Beklagten, die rückständigen Beiträge würden die Differenz zwischen dem aktuellen Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, so dass kein Bauspardarlehen mehr ausgezahlt werden müsste und daher ein Kündigungsrecht wie bei einer Vollbesparung bestehe, trifft nicht zu. Die Bestimmung des § 5 Abs. 4 ABB führt nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht ist. Nach dieser Vorschrift tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Bausparvertrag im Falle der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge gemäß § 5 Abs. 3 ABB zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13 ABB) oder bereitzustellende (§ 14 ABB) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen. Es kann dahinstehen, in welcher Höhe Rückstände aufgelaufen sind. Denn das Vorliegen dieser Voraussetzungen macht die Beklagte, die sich für die Berechtigung ihrer Kündigung gerade nicht auf § 5 Abs. 3 ABB stützt, weder geltend, noch sind sie sonst ersichtlich. § 5 Abs. 3 ABB erfordert eine vorherige schriftliche, erfolglose Aufforderung der Bausparkasse, die nicht geleisteten Bausparbeiträge zu entrichten; dazu ist nichts vorgetragen.
37 
Im Übrigen findet § 5 Abs. 4 ABB nur bei zugeteilten Bausparverträgen Anwendung. Die Zuteilung nach § 1 Abs. 5 BauSparkG liegt erst mit ihrer Annahme durch den Bausparer gemäß § 12 Abs. 1 ABB vor. Erst dann wird das Bauspardarlehen nach § 13 Abs. 1 ABB bereitgestellt oder ist es im Fall des § 14 Abs. 2 ABB bereitzustellen.
38 
Deshalb kann offen bleiben, ob eine Bausparkasse, die jahrelang die Nichtzahlung von Regelsparbeiträgen hinnimmt, ihr Kündigungsrecht verwirkt und es erst nach erneuter Zahlungsaufforderung bei zukünftigen Rückständen ausüben kann (so Weber, ZIP 2015, 961 [966]).
39 
cc. Die ordentliche Kündigung lässt sich auch nicht mit dem Argument des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin rechtfertigen, weil diese das Ziel des Erhalts eines Bauspardarlehens aufgegeben habe, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung gemeint hat. Aus der gegenwärtigen Niedrigzinsphase lässt sich nicht ableiten, die Klägerin habe endgültig ihr Interesse an ein Bauspardarlehen verloren. Die weitere Zinsentwicklung lässt sich nicht sicher prognostizieren und die gegenwärtige Markteinschätzung der Beklagten erlaubt keine Feststellungen über die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen auf keinen Fall mehr in Anspruch nehmen zu wollen. Ein offenkundig rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin liegt nicht vor. Sie hat die Niedrigzinsphase nicht zu verantworten und macht aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen die Rechte aus der Zuteilung nicht geltend.
40 
b. Die Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung durch die Bausparkasse gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen nicht vor. Es kann dahinstehen, ob die Bestimmung von ihrem Sinn und Zweck her auf Sparverträge Anwendung findet, bei denen Einlagen an sogenannte „professionelle Darlehensnehmer“ geleistet werden (vgl. zum Meinungsstand: Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, juris, Rn. 101; Weber, ZIP 2015, 961; ders., beck-Online.Großkommentar [BeckOGK]/Weber, Stand 1. Februar 2016, BGB, § 489 Rn. 9.1, Rn. 13ff.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800). Jedenfalls ist der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife des Bauspardarlehens an den Bausparer nicht der vollständige Empfang des von dem Bausparer an die Bausparkasse gegebenen Darlehens.
41 
aa. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
42 
(1) Allerdings handelt es sich bei einem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit gebundenen Sollzinssatz, der die Besonderheit aufweist, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris, und Beschluss vom 4. Februar 2014 - 9 U 202/13; Mülbert/Schmitz FS Horn (2006), S. 777; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800; Weber, BB 2015, 961).
43 
(2) Der Zeitpunkt des vollständigen Darlehensempfangs unterliegt jedoch grundsätzlich der Disposition der Parteien, die privatautonom die Auszahlungsmodalitäten vereinbaren können. Denn die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begrenzt nicht die Privatautonomie der Parteien bezüglich der Regelung des Zeitpunkts des Darlehensempfangs und der Höhe des Darlehensbetrages. Bereits die in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. enthaltene Vorgängernorm diente nach der Gesetzesbegründung dem Schuldnerschutz vor überlangen Zinsbindungen. Sie geht auf § 18 Abs. 2 Hypothekenbankgesetz (HypBG, RGBl I 1899, 375) zurück, die für Hypothekendarlehen dieses zwingende Kündigungsrecht schon seit vielen Jahren enthielt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22 f.). Weder diese Vorschrift noch § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. oder § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lassen den Schutz bereits in der Valutierungsphase beginnen. Ein Darlehen ist vollständig empfangen, wenn der Darlehensgeber es dem Darlehensnehmer entsprechend der darlehensvertraglichen Vereinbarung in Höhe des Darlehensnettobetrages zur Verfügung gestellt hat. Werden mehrere Teilzahlungen vereinbart, liegt ein vollständiger Empfang erst mit dem Eingang der letzten Teilzahlung vor (MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 43 m.w.N; Herberger/Martinek/Rüßmann/Schwintowski, jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 489 BGB Rn. 9; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 5). Somit kommt es entscheidend darauf an, welche Teilzahlungen die Parteien vereinbart haben. Erst wenn diese Vereinbarung erfüllt und keine weiteren Teilzahlungen mehr offen sind, ist das gesamte Darlehen empfangen.
44 
bb. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife liegt kein vollständiger Empfang des Darlehens i.S.v. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor.
45 
(1) Der Eintritt der Zuteilungsreife (§ 11 ABB) hat gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB auf die Verpflichtung zur Entrichtung des Regelsparbeitrags, also zur Valutierung des vom Bausparer der Bausparkasse zu gewährenden Darlehens, keinen Einfluss, weshalb er zur Bestimmung der vereinbarten Darlehenshöhe nicht geeignet ist (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 49.1).
46 
Nach § 14 Abs. 1 ABB wird der Bausparvertrag im Falle einer Nichtannahme der Zuteilung oder einer nicht fristgemäß abgegebenen Annahmeerklärung fortgesetzt. Die vertragliche Pflicht zur Zahlung des Regelsparbeitrages gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB gilt weiter.
47 
(2) Die Höhe der vereinbarten Darlehenssumme ist durch Auslegung der Allgemeinen Bausparbedingungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages zu bestimmen. Der einzige im Vertrag konkret bestimmte Betrag ist die Bausparsumme von 20.154,68 EUR, die allerdings nach § 2 ABB sowohl das Bausparguthaben als auch das Bauspardarlehen umfasst. Das Bausparguthaben ist das Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse. Aus § 11 Abs. 1 lit. a und b der ABB ergibt sich eine Mindestlaufzeit von 18 Monaten und ein Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme, also von 8.061,87 EUR. Daraus lässt sich jedoch die Vereinbarung eines Nettodarlehensbetrages noch nicht ableiten. Aus den § 13 Abs. 1, § 11 Abs. 1 lit. b ABB i. V. m. § 1 ABB ist lediglich erkennbar, dass dieser durch die Bausparsumme begrenzt ist, also zwischen dem Mindestsparguthaben von 40 % und 100 % der Bausparsumme liegt. Bei dem Bausparvertrag und damit auch bei dem Bausparguthaben sind zudem die Ungewissheit sowohl des Zeitpunkts des Eintritts der Zuteilungsreife als auch des Abrufs des Bauspardarlehens seitens des Bausparers, der zur Auszahlung führt, zu berücksichtigen. Den ersten Zeitpunkt hat der Bausparer nicht allein in der Hand. Der zweite Zeitpunkt, der von dem ersten abhängig ist, kann von dem Bausparer bestimmt werden. Daher lässt sich die Höhe des Darlehens allenfalls nach dem Umfang der Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Sparbeiträge des Bausparers ermitteln (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 47ff.).Zudem ist die Bausparkasse nicht berechtigt, den vertraglichen Zinsanspruch des Bausparers durch Verweigerung der Annahme der vereinbarten Sparbeiträge zu vereiteln.
48 
(3) Auch aus den Bestimmungen über die Regelsparbeiträge lässt sich die vereinbarte Nettodarlehenssumme indessen nicht ermitteln:
49 
Nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB ist der Bausparer berechtigt und verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zu entrichten. Daher ist die volle Ansparphase bis zum Auszahlungszeitpunkt eine Phase der fortlaufenden Teilvalutierungen. Da der Bausparer weder zur Annahme der Zuteilung noch zum Auszahlungsverlangen des Darlehens verpflichtet ist (arg. e § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 18 ABB) und der Bausparvertrag dann nach § 14 Abs. 1 ABB fortgesetzt wird, ist die maximale Höhe des „Darlehens“ des Bausparers durch die Höhe der Bausparsumme begrenzt. Im Fall der erfolgten Zuteilung steht es dem Bausparer als Darlehensgeber folglich durch sein Auszahlungsverlangen frei, die Darlehenssumme zu begrenzen.
50 
(4) Das erhellt zugleich, dass auch die Zuteilungsnachricht (§ 12 ABB) als Wissens- und Willenserklärung der Bausparkasse (Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 781) und selbst die Annahme der Zuteilung auf die vereinbarte Darlehenssumme keinen Einfluss hat. Gemäß § 13 Abs. 1 ABB führt die Annahme der Zuteilung lediglich zur Verpflichtung der Bausparkasse, die Bausparsumme in der Form des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens bereitzuhalten. Die Auszahlung hängt zusätzlich von dem Abruf durch den Bausparer ab. Bis dahin bleibt er nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB zur Zahlung der Regelsparbeiträge berechtigt und verpflichtet.
51 
(5) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus § 489 Abs. 1 Nr. 2, 2. Hs. BGB nichts anderes. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann, wie bereits ausgeführt, der Vertrag nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens gekündigt werden. Nach dem 2. Halbsatz dieser Regelung tritt dann, wenn nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen wird, der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Empfangs. Damit setzt die dort geregelte Maßgeblichkeit der Vereinbarung für den Fristbeginn voraus, dass diese nach dem vollständigen Darlehensempfang getroffen wurde. Auf die Vollständigkeit des Empfangs des Darlehens wird nicht verzichtet. Der 2. Halbsatz des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stellt mit der Vereinbarung vielmehr eine zusätzliche Voraussetzung für die Möglichkeit der Kündigung auf, die im Vergleich zum 1. Halbsatz der Bestimmung, der ausschließlich auf den vollständigen Erhalt des Darlehens abstellt, zu einem weiteren Hinausschieben der Kündigungsmöglichkeit führt (Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 45).
52 
cc. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lässt sich auch nicht dahingehend auslegen, dass der „vollständige Empfang“ den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife mit erfasst (so aber Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 51, sowie Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 [1803]). Sinn und Zweck der Vorschrift erfordern eine solche Auslegung auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages nicht. Diesen werden vielmehr durch die ABB und sonstigen gesetzlichen Bestimmungen Rechnung getragen. Die gegenteilige Auslegung widerspricht dem Wesen des Bausparvertrages. Ob ein Darlehen vollständig empfangen ist, ist nicht nur aus Sicht des Schuldners des Darlehens zu beurteilen, wie die Beklagte meint, sondern auch aus Sicht der Bausparkasse, die insoweit die Interessen der Zweckgemeinschaft der Bausparer wahrzunehmen hat. Diese hat ein Interesse, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen. Der Erwerb eines bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen während der Ansparphase setzt die im Wechselverhältnis stehenden vertraglichen Hauptleistungspflichten von Leistung der Sparbeiträge und Gewährung eines Bauspardarlehens nicht außer Kraft.
53 
c. Eine rechtsentsprechende Anwendung der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife bei Bausparverträgen kommt nicht in Betracht. Der Meinung der Beklagten, eine normzweckorientierte Anwendung der Vorschrift unter Berücksichtigung der für Bausparverträge charakteristischen Interessen- und Pflichtenlage der Vertragsparteien rechtfertige die Gleichstellung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife (so auch Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; daran anknüpfend Edelmann/Suchowerskyj, WM 2015, 1800; sowie Rollberg, EWiR 2016, 3; Simon, EWiR 2015, 723; OLG Celle, Beschluss vom 3. Februar 2016 - 3 U 192/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016 - 5 O 38/15; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016 - 13 U 151/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015 - 31 U 191/15, juris), vermag der Senat nicht zu folgen.
54 
Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Vorliegen der vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassenen Lücke und ihre Planwidrigkeit muss dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers - und das ist der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte. Für eine Analogie ist weiter erforderlich, dass der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Beschluss vom 20. November 2014 - IX ZB 16/14, WM 2015, 131).
55 
aa. Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit liegt nicht vor. Dass vom Gesetz mit der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei von herkömmlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträgen auch der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife erfasst werden sollte, lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. Der historische Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., der Vorgängerbestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, von der zu diesem Zeitpunkt schon seit langem geltenden Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG a.F. leiten lassen (BT-Drucks. 10/4741, S. 23, s. bereits oben unter II.2.b.aa [2]). Nach § 18 Abs. 2 S. 1 HypBG a.F. durfte das Recht der Rückzahlung nur bis zu einem Zeitraume von zehn Jahren ausgeschlossen werden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung begann dieser Zeitraum mit der Auszahlung des Darlehens, im Falle der Auszahlung in Teilbeträgen mit der letzten Zahlung. Der 2. Halbsatz entspricht § 489 Abs. 1 Nr. 2 2. Hs. BGB.
56 
Nach der Gesetzesbegründung zur Einführung der Kündigungsrechte in § 609a BGB a.F. wollte der Gesetzgeber die zu weite Schuldnerschutzvorschrift des § 247 Abs. 1 BGB a.F. auf ein angemessenes Maß zurückführen und insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite das Prinzip der vertraglichen Bindung und Risikozuweisung durchsetzen. Dem widersprach das freie Kündigungsrecht nach § 247 BGB a.F. bei einem Zinssatz von mehr als 6 % unabhängig von der Marktentwicklung. Der Gesetzgeber hat bei dieser Gelegenheit - ohne nähere Begründung - die Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG auf sämtliche festverzinslichen Kredite ausgedehnt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22). Ziel war also im Wesentlichen nicht die von der Beklagten vertretene Ausweitung, sondern die Begrenzung der Kündigungsmöglichkeiten.
57 
Dass insoweit nicht eine vom Gesetzgeber nicht geplante, sondern vielmehr eine bewusste Regelungslücke vorliegt, ist insbesondere an der durch Gesetz vom 21. Dezember 2015 erfolgten Änderung des Bausparkassengesetzes ersichtlich. In Kenntnis der Kleine[n] Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 4. Februar 2015 (BT-Drucks. 18/3944) sowohl bezüglich der Kündigungen von Bausparkassen infolge der durch die Niedrigzinsphase bedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten als auch bezüglich eines Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zehn Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife (Nr. 9), hat die Bundesregierung im Oktober 2015 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes der Bausparkassen vorgelegt (BT-Drucks. 18/6418). Dieser - durch den Gesetzgeber am 21. Dezember 2015 insoweit umgesetzte - Entwurf sah trotz der bestehenden Rechtsunsicherheit eine klarstellende oder verdeutlichende Ausweitung des „vollständigen Empfangs“ eines Darlehens auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht vor, obwohl Ziel u. a. die Verbesserung der Reaktionsmöglichkeiten auf die anhaltende Niedrigzinsphase war (BT-Drucks. 18/6418, S. 1). Die Bundesregierung sah ausweislich ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage vom 4. Februar 2015 bzgl. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinen - klarstellenden - Handlungsbedarf (vgl. BT-Drucks. 18/4195, S. 3 zu Nr. 9).
58 
bb. Gleichfalls ist der rechtlich hier zu beurteilende Sachverhalt nicht mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar. Das ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte den Schutz der Bausparergemeinschaft bemüht, einer Gemeinschaft, die gerade im Vergleich zu herkömmlichen Darlehensverträgen im Rahmen rechtlicher Beurteilungen andere Schlussfolgerungen zulässt (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360).
59 
cc. Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen, weil die Interessenabwägung keine Analogie rechtfertigt.
60 
(1) Der Zweck des Bausparvertrages ist aus Sicht des Bausparers der Erhalt eines zinsgünstigen, nur nachrangig zu besichernden Darlehens unterhalb des Marktniveaus. Die Voraussetzungen hierfür hat er durch die Leistung der vertraglichen Regelsparbeiträge an die Zweckgemeinschaft der Bausparer zu schaffen, für die er - nach der herkömmlichen Ausgestaltung - eine unterhalb des Marktniveaus liegende Habenverzinsung in Kauf zu nehmen hat. Dieses sich gegenseitig bedingende Wechselverhältnis zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen innerhalb der beschränkten Personengruppe der Bausparer ist maßgebend für das Bauspargeschäft und wird in § 1 Abs. 1 und 2 BauSparkG definiert (Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz, 5. Aufl. § 1 Anm. 1). Die charakteristische Prägung des Bauspargeschäfts ergibt sich zusätzlich aus der Vertragszweckbestimmung des § 1 ABB sowie den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II, die auf das zinsgünstige Bauspardarlehen auf Grund von bedingungsgemäßen Ansparleistungen hinweisen.
61 
(2) Es lässt sich nicht mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang bringen, das „charakteristische gemeinsame Sparziel“ des Bausparvertrages lediglich mit der Erlangung der „Möglichkeit der Ausübung der Option zur Erlangung eines Bauspardarlehens“ zu definieren, wie die Beklagte meint.
62 
(a) Aus § 1 Abs. 2 BauSparkG ergibt sich keine einschränkende Zweckbestimmung. Zwar ist nach der dort enthaltenen Legaldefinition Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Diese Vorschrift darf aber nicht isoliert als allein Zweck bestimmend herangezogen werden (so aber Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 550). Mit der Formulierung, der Bausparer erwerbe einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, bringt der Gesetzgeber vielmehr zum Ausdruck, dass, anders als bei einem gewöhnlichen Darlehen oder einem Forward-Darlehen, der Darlehensauszahlungsanspruch nicht bereits mit Vertragsschluss begründet wird, sondern von der bausparvertragstypischen Ansparleistung des Bausparers und den Sparleistungen des Kollektivs abhängig ist. Insbesondere ist § 1 Abs. 2 BauSparkG im Zusammenhang mit der zentralen Begriffsbestimmung des Bauspargeschäfts in § 1 Abs. 1 BauSparkG (s.o.) sowie der damit bezweckten Wohnungsbauförderung (§ 1 Abs. 3 BauSparkG) zu sehen. Er ergänzt lediglich die tatsächlich begriffsprägende Vorschrift des § 1 Abs. 1 BauSparkG.
63 
Auch die Gesetzesmaterialien geben für die einschränkende Zweckbestimmung keinen Anhaltspunkt. Die Gesetzesbegründung zum Bauspargesetz (BT-Drucks. VI/1900, S. 9 ff.) beschreibt das Wesen des Bauspargeschäfts in der Ansammlung von Kapital zur nachstelligen Finanzierung des Wohnungsbaus. Als charakteristisch wird das Kollektiv, also die Geschlossenheit des Personenkreises beschrieben, deren Mitglieder zunächst bis zur Auszahlung des Bausparguthabens Gläubiger und später nach Zuteilung des Bauspardarlehens Schuldner der Bausparkasse werden. Dabei betont der Gesetzgeber das Wechselverhältnis von Verzicht auf einen nicht marktgerechten Einlagenzins zu Gunsten eines niedrigen Darlehenszinses. Das Entstehen des bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen nach Eintritt der Zuteilungsreife wird nicht als Zwischenziel erwähnt. Es wird auf den Auszahlungszeitpunkt abgestellt. Dem entspricht § 5 Abs. 1 S. 2 ABB.
64 
(b) Die Auffassung der Beklagten, Zweck des Bauspargeschäfts sei lediglich die Erlangung des Optionsrechts, anstelle des Darlehens selbst, widerspricht zudem dem von ihr in § 1 ABB selbst definierten Vertragszweck. Ihre Auffassung beachtet nicht die Nachteile des Bausparers bei der Hinnahme einer unterhalb des Marktniveaus liegenden Verzinsung des Bausparguthabens. Hierzu ist der Bausparer bereit, weil ihm die daraus resultierenden Vorteile der Zweckgemeinschaft der Bausparer zugutekommen. Anschließend kann er ein zinsgünstiges Bauspardarlehen unterhalb des Marktniveaus nutzen. Der Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrages selbst stellt daher noch nicht den wirtschaftlichen Ausgleich für die bereits in der Ansparphase hingenommenen wirtschaftlichen Nachteile dar.
65 
(c) Der Erhalt eines Anspruchs auf ein Darlehen ist lediglich ein notwendiges Zwischenziel. Dem kommt entgegen der Auffassung der Beklagten (so auch Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800) keine überragende Bedeutung im Sinne einer Zweckerreichung zu. Dies folgt aus den Besonderheiten der Vergabe der Bauspardarlehen aus den begrenzten Mitteln des Kollektivs der Bausparer.
66 
Gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG können sich Bausparkassen vor Zuteilung eines Bausparvertrages nicht verpflichten, die Bausparsumme zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuzahlen. Die Bausparkasse kann erst dann Bauspardarlehen ausreichen, wenn ihr von den Mitgliedern des Bausparkollektivs ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Die Mindestwartezeit lässt sich anhand der Bausparbedingungen errechnen. Bei dem vertraglich vereinbarten Regelsparbeitrag in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme (§ 5 Abs. 1 S. 1 ABB) sowie einem Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme als Zuteilungsvoraussetzung (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) dauert die Ansparphase auch unter Berücksichtigung der Guthabenzinsen von 3 % p.a. (§ 6 Abs. 1 ABB) etwas mehr als sieben Jahre. Diese bausparvertragstypische, regelmäßig mehrjährige Wartezeit bringt es mit sich, dass der Bausparer bei Vertragsabschluss noch nicht absehen kann, wann ihm ein Bauspardarlehen gewährt werden kann (BT-Drucks. VI/1900, S. 10ff.). Ihm ist eine verlässliche Planung nicht möglich.
67 
Zudem besteht eine auf wohnungswirtschaftliche Maßnahmen beschränkte Verwendungsmöglichkeit des Darlehens, § 1 Abs. 2 ABB. Für den Bausparer besteht somit das Risiko, dass ihm die angebotene Zuteilung der Bausparsumme zeitlich ungelegen kommt, weil sein geplanter Verwendungszweck sich zwischenzeitlich erledigt hat oder erst später ansteht. Daher besteht keine Pflicht zur Annahme der Zuteilung, worauf in den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bausparbedingungen ausdrücklich hingewiesen wird.
68 
(3) Der Eintritt der Zuteilungsreife verschafft dem Bausparer nicht eine besondere Rechtsposition, mit der er die Bausparkasse unangemessen lange an einen bereits bei Vertragsschluss fest vereinbarten Guthabenzinssatz binden kann.
69 
Fehl geht das Argument der Beklagten, mit Erreichen der Zuteilungsreife könne der Bausparer seine Sparleistungen einstellen, aber gleichzeitig die Bausparkasse an die bei Vertragsabschluss fest vereinbarten Guthabenzinsen binden. Die ABB sehen kein Recht des Bausparers vor, die Regelsparbeiträge einzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). § 5 Abs. 1 ABB enthält die Verpflichtung des Bausparers, über den Eintritt der Zuteilungsreife hinaus und sogar noch nach der Annahme der Zuteilung die Regelsparbeiträge bis zum ersten Auszahlungszeitpunkt zu bezahlen. Die vereinzelt vertretene Auffassung, es bestehe keine Pflicht zur Zahlung der Regelsparbeiträge, der Sparer könne vielmehr die Zahlungen aussetzen oder der Höhe nach variieren (Laux, VW 1996, 328; Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen [BAKred], ZIP 1995, 691 [695]; Oiwoh, Zur Kündigung von Bausparverträgen im deutschen und österreichischen Recht, Diplomarbeit 2016, Graz, S. 9), trifft nicht zu. Bei der Zweckspargemeinschaft der Bausparer ist die Einzahlung der Sparbeiträge Hauptleistungspflicht der Bausparer (Schäfer/Cirpka/Zehnder, aaO, § 5 Anm. 27; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 542). Nur durch ihre Einlagenzahlungen ist die Ausreichung der Bauspardarlehen an andere Mitglieder möglich. Sie sind prägend für das Kollektivsystem zwischen Bausparern und Kreditnehmern (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 46; Schimansky/Bunte/Lwowski/Rümker/Winterfeld, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 124 Rn. 167). Die Regelung über die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrags in den ABB der Beklagten ist nach dem Wortlaut eindeutig als Vertragspflicht ausgestaltet (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). Systematisch regelt § 5 Abs. 1 ABB die Leistungspflicht. § 5 Abs. 2 ABB enthält die Möglichkeit des Bausparers, über den Regelsparbeitrag hinaus mit Zustimmung der Bausparkasse freiwillig höhere Sonderzahlungen zu leisten. § 5 Abs. 3 ABB enthält das Kündigungsrecht der Bausparkasse bei Nichtzahlung der Raten. Dadurch hat die Bausparkasse ein wirkungsvolles Instrument, die mit dem Vertrag vereinbarte Risikoverteilung hinsichtlich der Zinsentwicklung sowie der Verwendungseignung aufrechtzuerhalten. Das Recht des Bausparers, niedrigere Sparbeiträge zu zahlen oder die Zahlung einzustellen, ist in den ABB nicht vorgesehen und wäre mit dem ausdrücklich geregelten Kündigungsrecht der Bausparkasse unvereinbar. Von einer echten Leistungspflicht geht im Übrigen auch das Bausparkassengesetz aus. Nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 BauSparkG müssen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen über die Höhe und Fälligkeit der Leistungen des Bausparers sowie über die Rechtsfolgen, die bei Leistungsverzug eintreten, enthalten.
70 
(4) Eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB scheidet hier zudem aus, weil selbst bei fiktiver Gleichstellung des Darlehensempfangs mit dem Zeitpunkt der ersten Zuteilungsreife nach der bausparvertragstypischen Vertragsgestaltung eine überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nicht gegen ihren Willen eintreten kann.
71 
(a) Bei der vertragskonformen Durchführung des Bausparvertrages ist eine Bindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nach erstmaliger Erlangung der Zuteilungsreife ausgeschlossen. Die längste vertragliche Laufzeit nach Zuteilungsreife für das hier als Darlehen zu wertende Bausparguthaben lässt sich anhand der Höhe des Regelsparbeitrags, des Habenzinssatzes und des Mindestsparguthabens ermitteln. Bei der geschuldeten monatlichen Sparzahlung in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 ABB und einem Habenzinssatz von 3 % p.a. gemäß § 6 Abs. 1 ABB beträgt die maximale Laufzeit bis zur Vollbesparung der Bausparsumme ca. 16 Jahre. Die Zuteilungsreife bei einem vertraglichen Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) tritt nach etwas mehr als sieben Jahren ein. Die Bausparkasse ist bei vertragsmäßiger Durchführung ab Zuteilungsreife längstens neun Jahre gebunden. Im Falle einer vorherigen Annahme der Zuteilung endet die Verzinsungspflicht gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 ABB vorzeitig spätestens mit Ablauf des Monats der Bereitstellung. Damit ist das Darlehen zinslos.
72 
(b) Die von der Beklagten zur Begründung der Analogie angeführte überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren kann nur bei einer Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge entstehen. Diese stellt aber ein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, welches die Bausparkasse nach § 5 Abs. 3 ABB zur Kündigung berechtigt. Die eigenmächtige Abweichung des Bausparers vom Vertrag ist kein bausparvertragstypisches Risiko, dem mit einer analogen Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begegnet werden müsste.
73 
(aa) Das Ruhenlassen eines zuteilungsreifen Bausparvertrages ist nicht charakteristisch für das Bauspargeschäft. Es lässt sich weder den gesetzlichen Vorschriften noch den ABB entnehmen. Die Einsammlung von Kapital, um den Bausparern schnellstmöglich Bauspardarlehen aus Mitteln des Kollektivs zur Verfügung stellen zu können, gehört zum Wesen des Bausparvertrages (BT-Drucks. IV/1900, S. 11). Die Einstellung der Sparleistungen widerspricht dem. Es mag zwar ständige Praxis der Bausparkassen sein, die Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge nach erstmaliger Zuteilungsreife hinzunehmen. Hieraus lassen sich aber keine rechtlichen Schlüsse ziehen. Diese Praxis kann der Bausparkasse mangels Vertragsänderung nicht einseitig aufgedrängt werden. Sie hat vielmehr einen Anspruch auf Zahlung der Regelsparbeiträge (vgl. bereits oben unter II.2.b.bb [3]).
74 
(bb) Allerdings entsprach die Einstellung der Regelsparbeiträge in der Vergangenheit dem Interesse der Bausparkassen. Außerhalb der gegenwärtigen Niedrigzinsphase war das Ruhenlassen der zuteilungsreifen Bausparverträge für die Bausparkasse günstig, da ihr die Mittel zur Zuteilung anderer Bauspardarlehen zur Verfügung blieben und sie aus der Zinsdifferenz zu den Zinssätzen der ausgereichten Bauspardarlehen risikolos Erträge erwirtschaften konnte. Lange Zeit lagen zudem die Habenzinssätze unterhalb des Marktniveaus. Zudem dürfte diese Praxis die Attraktivität des Bausparens gesteigert und die Werbung neuer Bausparer erleichtert haben.
75 
Weiter war während des Ruhens des Bausparvertrages für die Bausparkasse das noch bestehende Zinsrisiko für die Restlaufzeit im Falle der Wiederaufnahme der Einzahlungen jederzeit überschaubar. Sie war dadurch in der Lage, durch Aufforderung des Bausparers, seinen Einzahlungspflichten wieder nachzukommen, den Vertrag wieder in Vollzug zu setzen. Damit konnte sie das mit dem Vertrag von vornherein übernommene Zinsänderungsrisiko und die faktische Verlängerung der Zinsbindung jederzeit steuern. Sie hatte es also in der Hand, eine Zinsbindung von mehr als zehn Jahren zu vermeiden.
76 
d. Die Beklagte kann die Kündigung auch nicht auf § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 BGB stützen (zum Verhältnis der Bestimmungen zueinander vgl. Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, WM 2016, 311, Rn. 147).
77 
aa. Zu Recht beruft sich die Beklagte in der Berufung nicht mehr auf ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung zulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Wie bereits ausgeführt, stellt die Nichtabnahme des Bauspardarlehens kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge hat die Bausparkasse ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB, dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Schaffung der Kündigungsvoraussetzungen und die sich daran anschließende Möglichkeit der Ausübung dieses Kündigungsrechts ist ihr zuzumuten. Die Nichtausübung in der Vergangenheit beruhte auf einer eigenen freien Entscheidung.
78 
bb. Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht. Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 235/09, juris). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10, WM 2014, 134). Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 210/12 NZG 2014, 1036). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
79 
(1) Die Geschäftsgrundlage wäre nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätte. Zwar war Vertragszweck nach § 1 BauSparkG, § 1 ABB die Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung (s. bereits oben unter II.2.c.cc.[2][c]). Doch ist zum einen die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben. Zum anderen ist der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden nicht erfolgten Inanspruchnahme des Bauspardarlehens abzuleiten. Schon der seit Abschluss des Bausparvertrages bis zur Zuteilungsreife vergehende Zeitraum legt es angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens nahe, dass aufgrund veränderter Umstände das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wird. Auch für diesen Fall ist nach der vertraglichen Vereinbarung die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorgesehen, mithin eine Risikoverteilung vorgenommen worden.
80 
(2) Die Geschäftsgrundlage wäre auch nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und -darlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben.
81 
3. a. Die Verpflichtung zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB, weil die Beklagte durch die unberechtigte Kündigung ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat.
82 
b. Die notwendigen Rechtsverfolgungskosten betragen unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr, einer Auslagenpauschale von 20,00 EUR und der Umsatzsteuer insgesamt 413,64 EUR, weil für die Gebührenrechnung ein Gegenstandswert von 3.167,66 EUR anzusetzen ist.
83 
aa. Der Gegenstandswert für die vorgerichtlichen Anwaltskosten ist gemäß § 23 Abs. 3 RVG i. V. m. § 48 GKG, § 3 ZPO nach dem maßgeblichen wahren Interesse der Klägerin an dem Urteil (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 1976 - VI ZR 154/75) zu schätzen.
84 
bb. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es dem Kläger hinsichtlich des Bausparguthabens nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages in Höhe des Guthabens an, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung. Im Rahmen der Feststellungsklage kann zudem der Gedanke des § 9 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZR 202/07, juris, Rn. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl. 2013, § 9 Rn. 2). Soweit § 9 ZPO voraussetzt, dass das Stammrecht selbst im Streit ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 9 Rn. 1; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. April 2005 - 17 W 21/05), ist diese Voraussetzung hier erfüllt, da die Feststellung des Fortbestands des Bausparvertrages die des Bezugsrechts des Bausparers für die künftigen Zinsen umfasst. Diesbezüglich ist daher der 3,5-fache Jahreszins aus dem Bausparguthaben bei Mandatierung anzusetzen.
85 
cc. Neben dem Zinsinteresse ist auch das mögliche Interesse des Klägers am Erhalt des Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen der Bausparsumme und dem angesparten Guthaben zu berücksichtigen. Dieses besteht alternativ zum Zinsinteresse, weil die Inanspruchnahme des Darlehens die Verzinsungspflicht des Bausparguthabens entfallen lässt. Wegen des Alternativverhältnisses der Interessen des Bausparers und der Ungewissheit, ob das Bauspardarlehen in Anspruch genommen wird, hält es der Senat im Rahmen der Feststellungsklage für gerechtfertigt, das wirtschaftliche Interesse beider Ansprüche zu kumulieren und sie mit einem Abschlag von 50% zu berücksichtigen.
86 
dd. Die Zinserwartung aus dem zum Zeitpunkt der Mandatierung bestehenden Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR betrug bei einem Zinssatz von 3 % p.a. für einen Zeitraum von 3,5 Jahren 1.656,11 EUR. Diese ist mit einem 50-prozentigen Abschlag mit einem Betrag von 828,06 EUR anzusetzen.
87 
Zum Zeitpunkt der Mandatierung bestand ein Darlehensanspruch in Höhe von 4.679,20 EUR, der ebenfalls mit 50 %, also 2.339,60 EUR, anzusetzen ist, woraus sich der Gegenstandswert von 3.167,66 EUR errechnet.
III.
88 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2, § 269 Abs. 3 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Hinsichtlich der Streitwertbemessung wird auf die oben stehenden Ausführungen zum Gegenstandswert der vorgerichtlichen Anwaltskosten Bezug genommen. Durch den Instanzenzug haben sich keine wesentlichen Wertveränderungen ergeben.
89 
2. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von den Hinweisbeschlüssen und Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm, Koblenz, Köln und Celle ab, die eine auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung des Bausparvertrages für rechtmäßig halten.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 19.11.2015, Az. 6 O 76/15, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 10.03.1999 geschlossene Bausparvertrag, Vertragsnummer: 441 …, Tarif: IDEAL-Bausparen, über eine Bausparsumme von 81.806,70 EUR (160.000,00 DM) durch die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 zum 24.07.2015 nicht beendet worden ist.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Bausparvertrag, Vertragsnummer: 441 …, Tarif: IDEAL-Bausparen, vor Ansparung der vollständigen Bausparsumme von 81.806,70 EUR (160.000,00 DM) ordentlich zu kündigen.

3. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 25.03.1999 geschlossene Bausparvertrag, Vertragsnummer: 42 9…, Tarif: IDEAL-Bausparen, über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR (40.000,00 DM) durch die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 zum 24.07.2015 nicht beendet worden ist.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Bausparvertrag, Vertragsnummer: 42 9…, Tarif: IDEAL-Bausparen, vor Ansparung der vollständigen Bausparsumme von 20.451,68 EUR (40.000,00 DM) ordentlich zu kündigen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwaltskanzlei K., L. und Kollegen in Höhe von 1.171,67 EUR freizustellen.

II. Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

V. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin, die zugleich Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes ist, wehrt sich gegen die Kündigung von zwei Bausparverträgen. Sie und ihr Mann schlossen gemeinsam am 10.03.1999 einen Bausparvertrag über 160.000 DM (81.806,70 EUR), der am 31.12.2014 ein Guthaben von 52.632,46 EUR aufwies und am 25.03.1999 einen Bausparvertrag über 40.000 DM (20.451,68 EUR), der am 31.12.2014 ein Guthaben von 13.028,89 EUR hatte. Mit Schreiben vom 12.01.2015 kündigte die Beklagte beide Verträge unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB.
Die den Bausparverträgen zu Grunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) haben auszugsweise folgenden Wortlaut:
§ 1 Vertragszweck
(1) Der Abschluss des Bausparvertrags dient der Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen. (…)
§ 2 Bausparsumme
(…)
(3) Beträge, die die Bausparsumme übersteigen, werden für die Verzinsung zunächst wie das Bausparguthaben behandelt; auf Wunsch des Bausparers können diese Guthaben auf einen neu abzuschließenden Bausparvertrag umgebucht werden.
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 5 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zum Erreichen des gewählten Mindestguthabens (§ 11 Abs. 1) zum Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
10 
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
11 
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. Im Fall der Kündigung gilt § 9 Abs. 2 entsprechend.
12 
§ 6 Verzinsung des Bausparguthabens, Zinsbonus, Bonuskonto
13 
(1) Das Bausparguthaben wird mit 2,5 vom Hundert jährlich auf der Grundlage taggenauer Berücksichtigung aller Zahlungseingänge verzinst. Die Verzinsung des Bausparguthabens endet mit der ersten Auszahlung nach der Zuteilung. (…)
14 
(2) Die Zinsen und der Zinsbonus sind jeweils am Ende des Kalenderjahres fällig, bei Beginn der Auszahlung aus dem Bausparguthaben zu diesem Zeitpunkt. Die Zinsen werden dem Bausparkonto, der Zinsbonus einem Bonuskonto zu den vorgenannten Fälligkeitsterminen gutgeschrieben. (…)
15 
(3) Die Zinsen und der Zinsbonus werden nicht gesondert ausgezahlt.
16 
§ 11 Voraussetzungen und Reihenfolge der Zuteilung
17 
(1) Die Bausparsumme eines Bausparvertrages wird zugeteilt, wenn
18 
a) an dem (…) Bewertungsstichtag (…) seit Vertragsbeginn 24 Monate verflossen sind (Mindestsparzeit).
19 
b) an dem (…) Bewertungsstichtag (…) das Bausparguthaben des Bausparvertrages im Regelfall mindestens 50 vom Hundert der Bausparsumme (Mindestsparguthaben) betragen hat. (…)
20 
c) die für die Zuteilung verfügbaren Mittel ausreichen, den Bausparvertrag in der durch die Höhe der Bewertungszahl - die zu diesem Bewertungsstichtag mindestens 240 betragen muss - gegebenen Zuteilungsreihenfolge zu erfassen.
21 
§ 12 Zuteilungsnachricht
22 
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
23 
(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme oder der Teilbausparsumme noch nicht begonnen hat.
24 
§ 14 Vertragsfortsetzung
25 
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
26 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Bausparverträge wirksam gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gekündigt. Der Bausparvertrag sei in der Ansparphase als Darlehensvertrag des Bausparers zu beurteilen, bei dem dieser bis zur Zuteilungsreife ein Guthaben anspare. Die Vorschrift sei nicht auf Verbraucher als Darlehensnehmer beschränkt. Auf diesen sei die Vorschrift auch nicht teleologisch zu reduzieren. Die Kündigungsvoraussetzungen lägen vor. Die Bausparkasse habe das Darlehen im Sinne von § 489 Abs. 1 BGB vollständig empfangen. Die Klägerin habe die Mindestbausparsumme erbracht. Durch die Einstellung der Zahlungen hätte sie mit ihrem Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass die eigentliche Ansparphase für sie beendet sei. Sofern die Beklagte Zinsen auf die Bausparguthabenkonten gutgeschrieben habe, ändere dies nichts an dem vollständigen Darlehensempfang. Selbst wenn nicht von einem vollständigen Darlehensempfang ausgegangen werden könne, sei § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB dahingehend auszulegen, dass der vollständige Empfang der Darlehensvaluta der eintretenden Zuteilungsreife gleichstehe. Mit Eintritt der Zuteilungsreife sei das für den Bausparvertrag charakteristische gemeinsame Ziel der Vertragsparteien erreicht, dem Bausparer einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu verschaffen.
27 
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfang weiter und wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen.
28 
Die Klägerin beantragt:
29 
1. Unter Abänderung des am 19.11.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Aktenzeichen 6 O 76/15, wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 10.03.1999 geschlossene Bausparvertrag, Vertragsnummer: 441 …, Tarif: IDEAL-Bausparen, über eine Bausparsumme von 81.806,70 EUR (160.000,00 DM) durch die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 zum 24.07.2015 nicht beendet worden ist.
30 
2. Unter Abänderung des am 19.11.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Aktenzeichen 6 O 76/15, wird festgestellt, dass die Beklagte und Berufungsbeklagte nicht berechtigt ist, den mit den Klägern geschlossenen Bausparvertrag, Vertragsnummer: 441 …, Tarif: IDEAL-Bausparen, vor Ansparung der vollständigen Bausparsumme von 81.806,70 EUR (160.000,00 DM) ordentlich zu kündigen.
31 
3. Unter Abänderung des am 19.11.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Aktenzeichen 6 O 76/15, wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 25.03.1999 geschlossene Bausparvertrag, Vertragsnummer: 42 9…, Tarif: IDEAL-Bausparen, über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR (40.000,00 DM) durch die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 zum 24.07.2015 nicht beendet worden ist.
32 
4. Unter Abänderung des am 19.11.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Aktenzeichen 6 O 76/15, wird festgestellt, dass die Beklagte und Berufungsbeklagte nicht berechtigt ist, den mit den Klägern geschlossenen Bausparvertrag, Vertragsnummer: 42 9…, Tarif: IDEAL-Bausparen, vor Ansparung der vollständigen Bausparsumme von 20.451,68 EUR (40.000,00 DM) ordentlich zu kündigen.
33 
5. Unter Abänderung des am 19.11.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Az. 6 O 76/15, wird die Beklagte und Berufungsbeklagte verurteilt, die Kläger und Berufungskläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwaltskanzlei K., L. und Kollegen in Höhe von 2.348,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit freizustellen.
34 
Die Beklagte beantragt:
35 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
36 
Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
II.
37 
Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig und mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderungen begründet. Die Kündigungen der beiden Bausparverträge sind unwirksam (1.). Der Beklagten steht auch in Zukunft bis zur Vollbesparung auf der Grundlage der gegenwärtigen Bedingungen kein ordentliches Kündigungsrecht zu (2.). Schließlich hat die Klägerin einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten (3.).
38 
1. Die Kündigungen der beiden Bausparverträge waren unwirksam. Auf das jeweilige Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Ein Kündigungsrecht ergibt sich nicht aus § 488 Abs. 3 BGB (a.), § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (b.), § 490 Abs. 3 i.V.m. § 314 BGB (c.) oder § 490 Abs. 3 i.V.m. § 313 BGB (d.).
39 
a. Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB liegen nicht vor.
40 
aa. Allerdings entspricht es der herrschenden Meinung, dass ein Bausparvertrag durch die Bausparkasse dann gemäß § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden kann, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn beim Bausparvertrag handelt es sich während der Ansparphase um einen Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Der Bausparvertrag dient dem in § 1 ABB i. V. m. § 1 BSpKG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen Bausparsumme und Bauspareinlagen. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (Senat, Urteil vom 30. März 2016 - 9 U 171/15, juris; OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2015 - 13 U 104/14, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488 Rn. 548).
41 
bb. Eine Vollbesparung liegt jedoch unstreitig nicht vor.
42 
cc. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Verzicht eines Bausparers auf sein Bauspardarlehen die Bausparkasse zur Kündigung gemäß § 488 Abs. 3 BGB berechtigt. Ein Verzicht der Klägerin auf das Bauspardarlehen liegt nicht vor und wird von der Beklagten auch nicht konkret behauptet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an die Annahme eines Verzichts strenge Anforderungen zu stellen. In der Regel ist eine insoweit eindeutige Willenserklärung erforderlich, weil ein Rechtsverzicht niemals zu vermuten ist (BGH, Urteil vom 04. Dezember 2015 - V ZR 22/15 -, Rn. 44, juris). Die langjährige Nichtinanspruchnahme eines Bauspardarlehens kann nicht als Verzicht interpretiert werden. Gleiches gilt für die Einschätzung, eine Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens werde im Hinblick auf die voraussichtlich noch länger andauernde Niedrigzinsphase nicht erfolgen. Wenn ein Bausparer ein Bauspardarlehen im Hinblick auf die gegenwärtige Unwirtschaftlichkeit nicht in Anspruch nimmt, lässt sich daraus kein Rechtsbindungswille herleiten. Deshalb kommt es nicht darauf an, dass entgegen der Darstellung der Beklagten der Senat eine derartige Auffassung nicht in seinem Hinweisbeschluss vom 14.10.2011 (9 U 151/11) vertreten hat.
43 
b. Die Beklagte kann ihre Kündigung nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützen. Allerdings kann nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen. Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen, insbesondere ein vollständiger Darlehensempfang, in den Fällen vorliegen, in denen der Bausparer, so wie hier, lediglich zur Ansparung eines Mindestsparguthabens verpflichtet ist, kann indes offen bleiben. Hiergegen könnten insoweit Bedenken bestehen, als die Pflicht zur Leistung von Einlagen nicht auf die Zahlung der Sparbeiträge gemäß § 5 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 ABB beschränkt ist. Nach § 6 Abs. 2, 3 ABB muss der Bausparer zusätzlich zu seinen Sparleistungen die ihm zustehenden Zinsen als weitere Einlagen erbringen und kann sie sich nicht auszahlen lassen. Die Verzinsung des jeweils jährlich um die Zinszahlungen erhöhten Bausparguthabens war bis zum Zeitpunkt der ersten Auszahlung aus der Bausparsumme festgelegt (zum fehlenden vollständigen Darlehensempfang bei unbegrenzter Regelsparbeitragspflicht vgl Senat, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15).
44 
Die Vorschrift ist jedenfalls nicht auf das Einlagengeschäft von Bausparkassen anwendbar. Dies ergibt die Auslegung der Gesetzesvorschrift, die teleologisch zu reduzieren ist.
45 
aa. Ausgangspunkt für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt (BGH, Urteil vom 30. Juni 1966 - KZR 5/65, BGHZ 46, 74, 76). Dem Ziel, den im Gesetz objektivierten Willen des Gesetzgebers zu erfassen, dienen die nebeneinander zulässigen, sich gegenseitig ergänzenden Methoden der Auslegung aus dem Wortlaut der Norm, ihrem Sinnzusammenhang, ihrem Zweck sowie aus den Gesetzgebungsmaterialien und der Entstehungsgeschichte (BGH, Urteil vom 07. Dezember 2011 - IV ZR 105/11 -, BGHZ 192, 67, Rn. 14). Wenn es Sinn und Zweck einer Vorschrift erfordern, ist eine teleologische Reduktion vorzunehmen. Diese setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Eine Unvollständigkeit liegt auch vor, wenn eine nach dem Sinn und Zweck einer Regelung notwendige Einschränkung fehlt (Larenz, Methodenlehre, 6. Aufl., S. 370). Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrundeliegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Gesetz muss also, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig sein (BGH, Urteil vom 30. September 2014 - XI ZR 168/13 -, BGHZ 202, 302-309, Rn. 13).
46 
bb. Allerdings spricht die Auslegung nach dem Wortlaut für eine Anwendung der Vorschrift auf die Einlagengeschäfte der Bausparkasse, wenn auch das Auslegungsergebnis nicht so eindeutig ist, wie die Beklagte meint.
47 
(1) Die Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB verwendet die Begriffe „Darlehensnehmer“, „Darlehensvertrag“ und „Darlehen“, die in § 488 Abs. 1 BGB näher definiert werden. Nach § 488 Abs. 1 wird durch den Darlehensvertrag der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das „Darlehen“ zurückzuzahlen.
48 
Der Begriff des Darlehens wurde ursprünglich in § 607 BGB a.F. mit der dortigen Formulierung „Wer Geld oder andere vertretbare Sachen als Darlehen empfangen hat“ vorausgesetzt, weil er sich im Rechtsleben so eingebürgert hatte (Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich [1899], Motive, Bd. II, S.170). Im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung wurden die Vorschriften bezüglich des Sachdarlehens und des Gelddarlehens getrennt und die Hauptpflichten beim Darlehensvertrag in § 488 Abs. 1 BGB erstmalig definiert. Mit „Darlehen“ ist der Geldbetrag gemeint, während die schuldrechtliche Vereinbarung als Darlehensvertrag bezeichnet wird (BT-Drucks. 14/6040, S. 253).
49 
(2) Eine ausdrückliche Unterscheidung zwischen Gelddarlehen im engeren Sinne, wie sie typischerweise von Kreditinstituten gewährt werden, und Spareinlagen, ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm nicht. Auch wird bei den allgemeinen Darlehensvorschriften nicht nach der Verbrauchereigenschaft einer beteiligten Person oder der Gewerbsmäßigkeit ihres Handelns unterschieden (Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079 [3080]).
50 
(3) Allerdings spricht die neue Definition des Darlehensvertrages in § 488 Abs. 1 BGB mit der Verpflichtung zur Darlehenszahlung gegen eine generelle Subsumtion von Sparverträgen unter den Begriff des Darlehensvertrages. Bei Sparverträgen steht typischerweise die freiwillige Ansammlung von Vermögen des Sparers im Vordergrund (so früher ausdrücklich § 21 Abs. 2 S. 1 KWG a.F.). Der Sparer ist auf Grund des Sparvertrages nicht zur Einzahlung der Einlagen verpflichtet, sondern kann im Regelfall nach Belieben einzahlen. Die Sparkasse oder das Kreditinstitut haben keinen Anspruch auf die Spareinlagen (anders, ohne nähere Begründung: Großkommentar HGB/Renner, 5. Aufl., Bankvertragsrecht, 4. Teil., Rn. 38).
51 
Das gilt jedoch nicht für Bausparbeiträge. Sie sind grundsätzlich Bauspareinlagen gemäß § 1 Abs. 1 BSpKG. Bei diesen hat sich der Bausparer zur Leistung der Regelsparbeiträge als Einlagen verpflichtet, § 5 Abs. 1 S. 2 ABB. Zwar wird vertreten, der Anspruch der Bausparkasse auf Sparleistungen sei nicht klagbar (Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz, 5. Aufl., Einl. Ziff. IV, § 5 Anm. 27, 29). Aus den ABB ergibt sich aber eine eindeutige Vertragspflicht zur Zahlung der Regelsparbeiträge. Sie ist jedenfalls insofern durchsetzbar, als die Bausparkasse bei Nichtbezahlung unter bestimmten Voraussetzungen kündigen und damit dem Bausparer seinen Anspruch auf ein Bauspardarlehen nehmen kann (Senat, Urteil vom 30. März 2016 - 9 U 171/15 -, Rn. 69, juris). Dieser Umstand rechtfertigt die Würdigung der Bauspareinlagen als Darlehen (vgl. a. Schäfer/Cirpka/Zehnder, aaO., § 1 Anm. 3) und unterscheidet sie von gewöhnlichen Spareinlagen.
52 
cc. Nach der systematischen Auslegung erfasst der Darlehensvertrag auch Spareinlagen, sofern sie nicht die Qualität von Sichteinlagen haben. Bei der systematischen Auslegung sind die auszulegende Norm des Darlehensrechts und ihre Anwendung auf den Sparvertrag im Zusammenhang mit weiteren gesetzlichen Regelungen zu betrachten. Zu berücksichtigen ist die Stellung der Vorschrift im Gesetz [1] sowie die Einordnung, die sie durch die Rechtsprechung und Literatur [2] erfahren hat. Dabei ist zu beachten, dass der Sparvertrag als Einlagengeschäft im BGB und im KWG nur ansatzweise geregelt ist [3].
53 
(1) Aus der Stellung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB im Gesetz ergeben sich keine Zweifel an der Anwendbarkeit auf Sparverträge.
54 
Die Einstellung im allgemeinen Teil des Darlehensrechts spricht für eine Anwendung auf sämtliche Schuldverhältnisse, auf die das Darlehensrecht Anwendung findet. Dies legt den Schluss nahe, die Vorschrift auch auf Bausparverträge anzuwenden, soweit sie in der Ansparphase als Darlehensverträge mit der Bausparkasse als Darlehensnehmerin zu werten sind
55 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Übernahme dieser Vorschrift in das allgemeine Darlehensrecht im Zusammenhang mit der Abschaffung des in § 247 BGB a.F. geregelten allgemeinen Kündigungsrechts bei Überschreitung eines bestimmten Zinssatzes erfolgt ist. Diese aufgehobene Vorschrift befand sich noch im Allgemeinen Teil des Schuldrechts und betraf damit sämtliche Schuldverhältnisse. Mit der Verortung im allgemeinen Teil des Darlehensrechts erfolgte eine systematische Einschränkung des Anwendungsbereichs, die auch als Einschränkung auf das Aktivgeschäft verstanden werden könnte.
56 
(2) Darüber hinaus entspricht es herrschender Meinung (auch zum Zeitpunkt des Erlasses des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F.), dass bei der zivilrechtlichen Einordnung von Sparverträgen nach der Fälligkeit zu differenzieren ist. Sogenannte Sichteinlagen, die jederzeit fällig sind, werden als unregelmäßige Verwahrung im Sinne von § 700 BGB eingestuft, auf die das Darlehensrecht nur kraft Verweisung teilweise Anwendung findet. Bei Termingeldern (Festgelder oder Kündigungsgelder), die entweder nach einer bestimmten Laufzeit oder erst nach einer Kündigung rückzahlbar sind, wird das unmittelbare Vorliegen von Darlehensverträgen ebenso angenommen, wie bei Spareinlagen (BGH, Urteil vom 09. März 1995 - III ZR 55/94 -, BGHZ 129, 90-98; MünchKommBGB/ Westermann (1980) vor § 607 Rn. 26ff.; Soergel/Lippisch/Häuser, BGB, 11. Aufl. (1980), vor § 607, Rn. 55; Schwintowski, Bankrecht, 4. Aufl., § 5 Rn. 21 ff.). Dies gilt auch für die Einlagen der Bausparer, die, anders als im Falle von Spareinlagen im Sinne von § 21 Abs. 4 RechKredVO (bzw. §§ 21 ff. KWG a.F.), in vollem Umfang erst nach einer Kündigung zur Rückzahlung fällig werden. Die Auffassung zur Rechtsnatur des Sparvertrages als Darlehensvertrages war und ist allerdings nicht unumstritten. Insbesondere Vallenthin (MünchKommBGB, 1. Aufl. [1980], § 808 Rn. 4) vertrat die Auffassung, dass der Sparvertrag als Verwahrvertrag i.S.v. § 700 BGB einzuordnen sei (vgl. a. zum Streitstand: Staudinger/Marburger [2015] BGB § 808 Rn. 41 m.w.N.; MünchKommBGB/Henssler, 6. Aufl., § 700 Rn. 16; Palandt/Sprau, aaO, § 808 Rn. 6).
57 
(3) Der Sparvertrag ist im Bürgerlichen Gesetzbuch und im Gesetz über das Kreditwesen nur ansatzweise und unvollständig geregelt.
58 
(a) Das Bürgerliche Gesetzbuch verwendet den für Sparverträge typischen Begriff der Einlage an einer einzigen Stelle, nämlich bei § 248 Abs. 2 S. 1 BGB. Er wird dort nicht definiert, knüpft aber an die bankwirtschaftliche Verwendung und Interpretation an (MünchKommBGB/Grundmann, BGB, 7. Aufl., § 248 Rn. 11; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 248 Rn. 3). Nach dieser Vorschrift können Kreditinstitute, als Ausnahme vom Zinseszinsverbot in § 248 Abs. 1 BGB, nicht erhobene Zinsen von Einlagen als neue verzinsliche Einlagen behandeln. Die Norm bezieht sich insoweit allein auf das Passivgeschäft der Kreditinstitute als Einlagengeschäft und führt dieses einer Sonderregelung zu. In § 248 Abs. 2 S. 2 BGB wird der Darlehensbegriff nur auf das Aktivgeschäft der Kreditinstitute bezogen (MünchKommBGB/Grundmann, aaO; Erman/Schaub, BGB, 14. Aufl., § 248 BGB, Rn. 4).
59 
Dagegen lässt sich aus § 808 BGB, der einen Teilaspekt des Sparvertrages regelt und das Sparbuch als so genanntes qualifiziertes Legitimationspapier bzw. hinkendes Inhaberpapier ausgestaltet (Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 808 Rn. 1), für die hier in Rede stehende Frage eines Kündigungsrechts nichts herleiten.
60 
(b) Im Bereich des KWG wird zwischen dem Gelddarlehen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG und dem Einlagengeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG, zu dem der Sparvertrag gehört (Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, KWG, 4. Aufl., § 1 Rn. 39), deutlich unterschieden. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., der Vorgängervorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, existierte zudem für Spareinlagen in §§ 21 ff. KWG a.F. eine besondere Regelung. Insbesondere die dafür maßgebenden Kündigungsvorschriften in § 22 KWG a.F. waren nicht nur aufsichtsrechtlicher, sondern materiell-rechtlicher Natur und regelten somit die Sparverträge über Spareinlagen außerhalb des BGB (BGH, Urteil vom 24. April 1975 - III ZR 147/72 -, BGHZ 64, 278-288, Rn. 15; Bähre/Schneider, KWG, 3. Aufl., § 22 Anm. 1). Gem. § 22a KWG a.F. fanden die Vorschriften allerdings auf Bauspareinlagen keine Anwendung. Sie wurden gesondert im Bausparkassengesetz einer Regelung unterworfen. Nach Aufhebung der die Spareinlagen betreffenden Regelung der §§ 21 ff. KWG sind die Kündigungsregelungen in § 21 Abs. 4 RechKredVO ausschließlich aufsichtsrechtlicher Natur (vgl. BT-Drucks. 12/4876 S. 6). Für eine enge Anlehnung der Gesetzesauslegung an das KWG mit seiner Trennung zwischen Gelddarlehen einerseits und Spareinlagen andererseits spricht trotz dessen aufsichtsrechtlichem Charakter der Umstand, dass Sparverträge außerhalb von Bankgeschäften praktisch nicht vorkommen, weil sie in gewerbsmäßiger Form Kreditinstituten vorbehalten sind, § 3 KWG.
61 
dd. Aus der historischen Auslegung folgt hingegen die Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Der Gesetzgeber wollte mit der Kündigungsvorschrift allenfalls Gelddarlehensverträge im engeren Sinne, insbesondere diejenigen von Kreditinstituten als Darlehensgeber erfassen, nicht jedoch Sparverträge, auch wenn und soweit sie von der herrschenden Meinung als Darlehensverträge qualifiziert werden.
62 
Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber ausschließlich das Aktivgeschäft der Kreditinstitute regeln wollte [1] und das Bausparkassengeschäft in der Ansparphase nicht vom beabsichtigten Schutzzweck der Norm umfasst ist [2].
63 
(1) Aus der Gesetzesbegründung geht eindeutig hervor, dass der Gesetzgeber ausschließlich das Aktivgeschäft der Kreditinstitute für regelungsbedürftig gehalten hat und das Passivgeschäft, insbesondere das Spargeschäft, nicht erfassen wollte.
64 
(a) Nach der Problembeschreibung im Gesetzentwurf zur Aufhebung des § 247 BGB und zur Einführung des § 609a BGB (BT-Drucks. 10/4741, S. 1) wollte der Gesetzgeber zwei Missstände beheben, die allein das Aktivgeschäft der Kreditinstitute betrafen: Zum einen war das Kündigungsrecht des Schuldners bei Verträgen mit einem Zinssatz von mehr als 6 % p.a. von einem Ausnahmebehelf zu einem voraussetzungslosen allgemeinen Kündigungsrecht geworden, so dass langfristige Darlehensverträge der Kreditinstitute und professionellen Darlehensgeber, wie Versicherungen, gekündigt werden konnten. Dadurch entstand der Kreditwirtschaft und den Versicherungen ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden (BT-Drucks. 10/4741, S. 20). Zum anderen wurde dieses Kündigungsrecht faktisch ausgehöhlt durch privilegierte Kreditinstitute, die es gemäß § 247 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. ausschließen konnten, wenn das Darlehen zu einer auf Grund gesetzlicher Vorschriften gebildeten Deckungsmasse für Schuldverschreibungen gehörte oder gehören sollte. Das Vorliegen dieses Ausnahmetatbestands war für die Darlehensnehmer nicht erkennbar, was Rechtsunsicherheit hervorrief. Zudem galt die Ausnahme nicht für Kreditinstitute, die keine Deckungsmasse für Schuldverschreibungen bilden mussten. Diese hatten dadurch ungerechtfertigte Wettbewerbsnachteile. Eine problematische Sachverhaltskonstellation mit Bezug zu Sparverträgen wird in der Gesetzesbegründung nicht angedeutet.
65 
(b) Ein Schutzbedürfnis zu Gunsten der Kreditinstitute als Schuldner bei der Durchführung von Passivgeschäften hat der Gesetzgeber weder in der Vergangenheit noch im Zusammenhang mit der Aufhebung des § 247 BGB a.F. und Einführung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. wahrgenommen. Bereits in seiner ursprünglichen Fassung galt das Kündigungsrecht aus § 247 Abs. 1 BGB a.F. nicht für Inhaberschuldverschreibungen und (später) für Orderschuldverschreibungen. Bei diesen Passivgeschäften konnten sich die Kreditinstitute als Emittenten ohne zeitliche Begrenzung zur Zahlung eines bestimmten Zinssatzes verpflichten. Der Gesetzgeber hat damit dem Anlagecharakter von Schuldverschreibungen Rechnung getragen und den Schutz des Gläubigers als Kapitalanleger über den Schutz des Schuldners vor Zinsänderungen infolge langer Zinsbindung gestellt. Dies erfolgte mit der Erwägung, dass bei solchen Kapitalanlagegeschäften der Emittent die Emissionsbedingungen selbst gestaltet und daher nicht schutzbedürftig ist (BGH, Urteil vom 12. November 1981 - III ZR 2/80 -, BGHZ 82, 182-188, Rn. 15; Staudinger/Schmidt, 12. Aufl. [1983], § 247 BGB Rn. 41; Weber, BB 2015, 2185 [2187]).
66 
(c) Der Gesetzgeber wollte den Schuldnerschutz auf den von ihm dargestellten Anwendungsbereich zurückführen und begrenzen. Er hat von der ersatzlosen Aufhebung des § 247 BGB abgesehen, es aber für erforderlich gehalten,„den Schuldnerschutz nur dort auf ein angemessenes Maß zurückzuführen, wo er sich in der Vergangenheit als besonders störend erwiesen hat. Dies [war] der Bereich der festverzinslichen Kredite, wo das Kündigungsrecht in seiner [damaligen] Form im scharfen Widerspruch [stand] zum Prinzip beiderseitiger vertraglicher Bindung und Risikozuweisung“ (BT-Drucks. 10/4741, S. 21). Aus dem Zusammenhang des Problemaufrisses ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff der festverzinslichen Kredite ausschließlich solche gemeint hat, die von professionellen Kreditgebern ausgereicht werden.
67 
Die Kündigungsvorschrift wollte der Gesetzgeber nicht auf andere Sachverhaltskonstellationen anwenden. In der Begründung hat er ausgeführt, dass der wesentliche Anwendungsbereich des § 247 BGB mit der Neuregelung einer „spezialgesetzlichen Regelung“ zugeführt werde. Zu diesem Zweck hat er die im Allgemeinen Teil des Schuldrechts verankerte Kündigungsvorschrift in das Darlehensrecht verlagert. Dabei hat er ausdrücklich festgestellt, dass andere praktische Anwendungsfälle, die der umfassend geltende § 247 Abs. 1 BGB theoretisch abdeckte, nicht erkennbar geworden seien (BT-Drucks. 10/4741, S. 22, rechte Spalte). Die Beschränkung des Anwendungsbereichs kommt weiter durch die Verlagerung der nur Realkredite betreffenden Regelung des § 18 Abs. 2 HypBG a.F zu § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. zum Ausdruck.
68 
(2) Der Schutz der Bausparkassen in der Ansparphase ist nicht von den vom Gesetzgeber verfolgten Schutzzwecken umfasst. Der Gesetzgeber wollte einerseits Darlehensschuldner vor der Verpflichtung zur Zahlung eines nicht marktgerechten Zinssatzes schützen [a] und andererseits die Refinanzierungsmöglichkeiten der Kreditinstitute [b]. Die Bausparkassen werden von diesem Schutzziel nicht erfasst [c].
69 
(a) Ein wesentliches Ziel des Gesetzgebers mit der Einführung der Kündigungsvorschriften in § 609a BGB a.F. war der Schutz des Darlehensnehmers vor der Verpflichtung zur Zahlung eines nicht marktgerechten Zinssatzes. Ursache für eine solche vom Gesetzgeber missbilligte Verpflichtung war nach dessen Auffassung das Zinsbestimmungsrecht des Darlehensgebers gegenüber einem wirtschaftlich schwächeren Schuldner (Weber ZIP 2015, 961 [965]).
70 
(aa) Bereits die im Zuge der Einführung des § 609a Abs. 1 Nr. 1-3 BGB a.F. aufgehobene Vorschrift des § 247 BGB a.F. sollte den wirtschaftlich schwachen Schuldner schützen. Nach den Gesetzesmaterialien wurde dies wie folgt begründet: „Das (…) Kündigungsrecht des Schuldners bei hohen Zinsen sei, jedenfalls seiner Wirkung nach, ein Mittel gegen den Missbrauch der wirtschaftlichen Übermacht des Gläubigers gegenüber dem Schuldner. Bei der herrschenden starken Strömung, welcher auf eine Verstärkung des Schutzes des wirtschaftlich Schwächeren gehe und die auch in der Kritik des Entwurfs zum Ausdruck gelangt sei, empfehle es sich nicht, dieses bestehende Schutzmittel für den Schuldner fallen zu lassen“ (Mugdan II, aaO, Protokolle, S. 628f., Denkschrift, S. 1234; s.a. Staudinger/Schmidt, 12. Aufl. (1983), § 247 Rn. 2; MünchKommBGB/von Maydell, 2. Aufl., § 247 Rn. 1).
71 
Soweit der ursprüngliche Schutzzweck vor absolut überhöhten Zinsen infolge des „Wandels der Normsituation“ wegen des zwischenzeitlich gestiegenen Zinsniveaus auf dem Kapitalmarkt gegenstandslos geworden ist, wurde der Norm als weiterer Zweck beigemessen, ein Mittel zur Anpassung an Senkungen des marktüblichen Zinses zu sein (Canaris NJW 1978, 686 [688]; Staudinger/Schmidt, 12. Aufl. (1983), § 247 Rn. 3; MünchKommBGB/von Maydell, 2. Aufl., § 247 Rn. 1). Letztendlich läuft diese Schutzzweckbestimmung auf das gleiche Ziel hinaus. Eine „Anpassung an Senkungen des marktüblichen Zinses“ stellt nämlich keinen Zweck dar, sondern eine Rechtsfolge. Hinter der missverständlich formulierten Zweckbestimmung steht der Gedanke, dass die Anpassung einer schutzbedürftigen Partei zugutekommen soll. Diese soll auf Grund ihrer schwächeren und daher schutzbedürftigen Position vor einer Zinsbestimmung geschützt werden, die ihr dauerhaft die Anpassung des Zinssatzes an einen niedrigeren Marktzinssatz verwehrt.
72 
(bb) Auch bei der Einführung des § 609a BGB a.F. sollte mit den Kündigungsvorschriften ein „wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers“ geschaffen werden (BT-Drucks. 10/4741, S. 22).
73 
Dieses Schutzziel scheint insbesondere bei der Kündigungsregelung für Darlehensverträge mit veränderlichem Zinssatz auf. Doch gilt es gleichermaßen für das Kündigungsrecht bei langfristigen festverzinslichen Verträgen (a.A.: Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079 [3082]). Bei beiden Fallvarianten wird eine freie Zinsanpassung durch eine variable oder feste Zinsbestimmung für eine bestimmte Laufzeit ausgeschlossen. Die Zinsbestimmung erfolgt bereits bei Vertragsschluss, indem für die Laufzeit entweder ein Mechanismus für Zinsanpassungen vereinbart (§ 609a Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F., § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB) oder eine Zinsanpassung ausgeschlossen wird (§ 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB).
74 
Der Wille des Gesetzgebers, den Darlehensnehmer schon bei Vertragsschluss zu schützen, folgt bereits aus § 247 BGB a.F. Er macht den Schutz von der absoluten Höhe des Zinssatzes abhängig. Dieser wird beim Vertragsschluss festgelegt. Der historische Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Vereinbarung eines Zinssatzes in einer Höhe von mehr als 6 % das Ergebnis einer wirtschaftlichen Übermacht des Gläubigers sein kann (s.o.).
75 
Das vom Gesetzgeber als regelungsbedürftig angesehene Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers darf nicht nur als Recht zur Bestimmung der absoluten Höhe des Zinssatzes gesehen werden. Ihre Bedeutung erhält die Bestimmung des Zinssatzes erst in Verbindung mit der vereinbarten Laufzeit. Wenn neben dem Zinssatz eine Laufzeit gewählt wird, wird der Zinssatz und gegebenenfalls seine Anpassungsmechanismen mit den daraus resultierenden Zinssätzen für diese Zeit festgeschrieben. Der Schuldner kann während der Bindungsfrist eine Anpassung an den Marktzins nicht erreichen. Diese Situation besteht bei sowohl bei Zinsfestschreibungen und als auch bei der Vereinbarung von laufenden Zinsbestimmungs- oder -anpassungsrechten einer Vertragspartei.
76 
(cc) Bausparkassen, die während der Ansparphase als Darlehensnehmer anzusehen sind (s.o.) befinden sich nicht in der Position des schwächeren Schuldners, der einem Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers hinsichtlich Zinssatz und Laufzeit der Zinsbindung ausgesetzt ist. Im Gegenteil weist ihnen der Gesetzgeber in § 5 Abs. 3 Nr. 2 BSpKG die Aufgabe zu, in ihren ABB einseitig die Verzinsung der Spareinlagen festzulegen. Ebenso haben sie gem. § 5 Abs. 3 Nr. 7 BSpKG die Bedingungen aufzustellen, unter denen ein Bausparvertrag - auch von der Bausparkasse - gekündigt werden kann. Damit hat es die Bausparkasse in der Hand, die Laufzeit von Bausparverträgen, die nicht in Anspruch genommen werden, durch Einräumung eines Kündigungsrechts, festzulegen. Der Bausparer als Gläubiger ist hingegen dem Zinsbestimmungsrecht der Bausparkasse ausgeliefert. Er befindet sich in der wirtschaftlich schwächeren Position.
77 
(dd) Die Argumentation der Beklagten, der Bausparer erhalte ab Zuteilungsreife durch die Nichtinanspruchnahme des Bauspardarlehens ein einseitiges Zinsbestimmungsrecht, geht fehl. Wie dargelegt, hat die Bausparkasse ihr Zinsbestimmungsrecht gem. § 5 Abs. 3 Nr. 2, 7 BSpKG durch die Festlegung des maßgeblichen Festzinssatzes und der bedingungsgemäß maximal möglichen Laufzeit in ihren ABB ausgeübt. Wenn sie in ihren Bedingungen auf ein Kündigungsrecht bei Nichtinanspruchnahme des Bauspardarlehens verzichtet, bewegt sich der Bausparer in dem von der Bausparkasse eingeräumten Rahmen und übt nicht gegen den Willen der Bausparkasse ein eigenes Zinsbestimmungsrecht aus.
78 
(b) Das zweite wesentliche Ziel der Einführung der Kündigungsvorschriften war der Schutz der Kreditinstitute durch die Sicherstellung einer laufzeit- und zinskongruenten Refinanzierung. Gleichzeitig sollte damit die Verteuerung der Kredite durch Kostenzuschläge vermieden werden, die ohne Kündigungsschutz zur Absicherung des Ausfallrisikos von den Kreditinstituten einkalkuliert worden wären (BT-Drucks. 10/4741, S. 21).
79 
(aa) Dieses Ziel hat der Gesetzgeber bereits bei Erlass der Vorgängervorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ausdrücklich verfolgt. Die Norm geht direkt auf § 18 Abs. 2 HypBG a.F. zurück (BT-Drucks. 10/4741, S. 23), dessen Wortlaut sinngemäß mit § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., der Vorgängerbestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB übereinstimmt. Der Gesetzgeber hat bei Erlass des Hypothekenbankgesetzes davon abgesehen, dem Hypothekendarlehensnehmer eine kürzere Kündigungsfrist als 10 Jahre einzuräumen. Er wollte die Refinanzierung der Hypothekenbanken über Pfandbriefe nicht gefährden, die auf eine Laufzeitkongruenz von Aktiv- und Passivgeschäft angewiesen waren. Eine kürzere Kündigungsfrist hätte dieses Modell gefährdet (Reichstagsprotokolle 1898/1900 Anl. Bd II Nr. 106, S. 924 ff. [943]). Mit der gleichen Zielsetzung hatte der Gesetzgeber später bei Erlass des § 247 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. das Kündigungsrecht für Darlehen ausgeschlossen, die zur Deckungsmasse von Schuldverschreibungen gehören sollten. Damit sollte die Laufzeitkongruenz der Aktiv- und Passivgeschäfte dieser Kreditinstitute sichergestellt werden (Staudinger/Schmidt, 12. Aufl. [1983], § 247, Rn. 49).
80 
(bb) Bei Bausparverträgen besteht kein Bedürfnis nach Laufzeitkongruenz von Aktiv- und Passivgeschäft. Die Bausparkassen gewähren die Bauspardarlehen aus der verfügbaren Zuteilungsmasse. Das sind vor allem die Bauspareinlagen der anderen Bausparer und die Tilgungsleistungen der Bauspardarlehensnehmer, § 10 Abs. 1 ABB. Das lange Stehenlassen der Bauspareinlage verursacht bei der Bausparkasse keine Refinanzierungsschwierigkeiten. Zwar kann der Bausparer nach den vertraglichen Bedingungen jederzeit seinen Bausparvertrag kündigen, doch gefährdet sein Rückzahlungsverlangen nicht die ausgereichten Bauspardarlehen. Die Rückzahlung erfolgt gem. § 9 Abs. 2 ABB aus der bei der Bausparkasse vorhandenen Zuteilungsmasse. Bei Liquiditätsschwierigkeiten muss der Bausparer eine verzögerte Rückzahlung in Kauf nehmen.
81 
Die in dem einzelnen Bausparvertrag enthaltene Koppelung von Haben- und Darlehenszinssatz wirkt nur indirekt für das Verhältnis von Aktiv- und Passivgeschäft. Die Bausparkassen müssen die bei Abschluss des Bausparvertrages zu einem festen Zinssatz versprochenen Bauspardarlehen auf der Grundlage der Zuteilungsmasse refinanzieren, die ihr Jahre später zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Darlehen von den Bausparern auf Grund der bei diesen aktuell vereinbarten Tarifen zur Verfügung gestellt wird. Mit diesen Bausparern kann sie andere Zinskonditionen vereinbart haben. Dieses Geschäftsmodell funktioniert insbesondere bei einem vom Marktniveau unabhängigen, geschlossenen Markt.
82 
Allerdings kommt eine Bausparkasse in Ertragsschwierigkeiten, wenn sie die von ihr geschuldete Verzinsung der Bauspareinlagen mangels ausreichender Nachfrage an Bauspardarlehen nicht in vollem Umfang über das Aktivgeschäft erwirtschaften kann. Einen Schutz der Bausparkassen davor bezweckte der Gesetzgeber jedoch nicht. Er ging im Gegenteil davon aus, dass die Soll- und Habenzinsen marktunabhängig sind, weil durch das Bausparsystem ein in sich geschlossener Markt geschaffen wird (BT-Drucks. VI/1900, S. 10.). Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber diese Einschätzung des Bausparsystems im Zusammenhang mit den Kündigungsregelungen des § 609a Abs. 1 BGB a.F. nicht mehr teilte.
83 
Zudem beruht das Verlustrisiko beim Stehenlassen des verzinslichen Bausparguthabens nicht auf einem einseitigen vertragswidrigen Verhalten des Bausparers, das dieser gegen den Willen der Bausparkasse durchsetzt, sondern auf der Ausnützung des von der Bausparkasse privatautonom bestimmten Handlungsrahmens. Die Bausparkasse hätte dieses Verlustrisiko durch geeignete Kündigungsregelungen, wie sie beispielsweise ab 2013 in § 15 Muster-ABB des Verbandes der privaten Bausparkassen e.V. enthalten sind, ausschließen können. Für den Gesetzgeber bestand hingegen kein Anlass, die Ertragssituation der Bausparkassen vor Risiken zu schützen, die sie auf Grund ihrer eigenen Vertragsgestaltung freiwillig eingehen oder fahrlässig selbst verursachen (Weber, BB 2015, 2185 [2187]).
84 
ee. Die teleologische Auslegung führt ebenso wie die historische Auslegung zu dem Ausschluss der Bausparkassen von dem Anwendungsbereich der Norm. Zweck der Norm ist der Schutz des schwächeren Schuldners vor dem Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers und die Sicherung der Refinanzierung der Aktivgeschäfte der Kreditinstitute und professionellen Kreditgeber. Diese Zwecke werden auch mit den Begriffen Schuldnerschutz und Herstellung einer inneren Vertragsgerechtigkeit umschrieben. Dem Schuldner soll die Anpassung an marktgerechte Zinsen ermöglicht und die Umschuldung erleichtert werden (MünchKommBGB/Berger, aaO, § 489 Rn. 2; Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 7; beck-Online.Großkommentar [BeckOGK]/Weber, Stand 1. Februar 2016, BGB, § 489 Rn. 7ff.; Palandt/Weidenkaff, aaO., § 489 Rn. 1). Wie dargestellt, hatten die seit Beginn des 20. Jahrhunderts geltenden Vorschriften des § 18 Abs. 2 HypBG a.F. und des § 247 Abs. 1 BGB a.F. diese beiden Schutzrichtungen schon zum Gegenstand.
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(1) Die Möglichkeiten des Schuldners zur erleichterten Umschuldung nach einer bestimmten Mindestlaufzeit sowie zur Anpassung an marktgerechte Zinsen sind allerdings keine Selbstzwecke im Interesse der Allgemeinheit. Dies widerspräche den Grundsätzen der Privatautonomie (BeckOGK/Weber, Stand 1. Februar 2016, BGB, § 489 Rn. 8 kritisiert insoweit den „paternalistischen Schutz“). Wie dargestellt, soll damit die wirtschaftlich schwächere Partei geschützt werden. Zudem ist der Schutz einseitig auf den Schuldner begrenzt. Der Gläubiger wird vor langfristigen Zinsbindungen nicht geschützt, obwohl er das gegenläufige Risiko der steigenden Zinsen auf dem Kapitalmarkt trägt.
86 
Die Schutzbedürftigkeit kann durch die wirtschaftliche Übermacht des Darlehensgebers oder die fehlende Möglichkeit, die langfristigen Risiken abzuschätzen, abzusichern, oder zu tragen, begründet sein. Zwar dient § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auch dem Erhalt eines Kernbestand wirtschaftlicher Bewegungsfreiheit (Staudinger/Mülbert, aaO, § 489, Rn. 11, 45). Dieser Zweck gilt aber nicht umfassend, sondern nur bezogen auf den Darlehensnehmer. Der fehlende Schutz des Darlehensgebers, der ebenfalls durch eine zu langfristige Zinsbindung seine Bewegungsfreiheit verlieren könnte, führt den Schutzzweck auf die Schutzbedürftigkeit des Darlehensnehmers zurück.
87 
Wie dargestellt, besteht hinsichtlich der Verzinsung der Bauspareinlage weder ein Zinsbestimmungsrecht des Bausparers als Gläubiger noch befindet sich die Bausparkasse als Schuldnerin in einer wirtschaftlich schwächeren Position. Weder sie noch das Kollektiv der Bausparer haben ein Interesse an einer Umschuldung ihrer Verbindlichkeiten. Im Gegenteil besteht grundsätzlich ein Interesse an einem stetigen Neugeschäft und an einer ausreichenden Zuteilungsmasse, um möglichst frühzeitig Bauspardarlehen zuteilen zu können. Eine Anpassung an Marktzinsen ist dem Bauspargeschäft von seiner Konzeption her fremd, weil es davon ausgeht, einen marktunabhängigen Haben- und Sollzinssatz bieten zu können. Schließlich besteht kein Schutzbedürfnis für einen Schuldners, der ein Zinsänderungsrisiko durch eine eigene Vertragsgestaltung im Rahmen seines Geschäftsbetriebes professionell übernommen und somit selbst die Zinsbestimmung zu verantworten hat (Weber, BB 2015, 2185 [2187]).
88 
(2) Der Schutzzweck der inneren Vertragsgerechtigkeit zielt auf einen Gleichlauf der Zinsbindung ab. Grundsätzlich sollen während der Laufzeit beide Seiten an die Zinsvereinbarung gebunden sein und diese nicht, wie früher im Fall des § 247 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. einseitig kündigen dürfen. Dadurch ist insbesondere der professionelle Darlehensgeber in der Lage, das langfristige Aktivgeschäft laufzeitkongruent zu refinanzieren.
89 
Bei den Bausparkassen dienen die Kündigungsvorschriften nicht dem Schutz der Refinanzierung ihres Aktivgeschäfts (s.o.). Im Gegenteil stellen nach der Konzeption des Bausparvertrages Sparleistungen des Bausparers Leistungen an die Bausparkasse dar, von denen sie und das Bausparkollektiv profitieren (Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz, 5. Aufl., Einl. V.2, § 5 Anm. 28a).
90 
(3)(a) Der Anwendungsbereich des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist vor dem Hintergrund des oben dargestellten Regelungsplans des Gesetzgebers teleologisch zu reduzieren, denn die Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist unvollständig. Es fehlt der Ausschluss der Passivgeschäfte der Kreditinstitute, jedenfalls derjenigen der Bausparkassen, weil die Interessenlage mit dem von der Norm zu regelnden Sachverhalt nicht vergleichbar ist.
91 
(b) Die Unvollständigkeit ist gemessen an der objektiv feststellbaren Regelungsabsicht des Gesetzgebers planwidrig.
92 
Der Gesetzgeber wollte ausweislich der Gesetzesbegründung die Passivgeschäfte der Kreditinstitute nicht regeln (s.o.). Zudem sind die Interessenlage und die Schutzbedürftigkeit anders gelagert (so auch MünchKommBGB/Berger, aaO., § 489 Rn. 2). Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber hätte Sparverträge, insbesondere das Einlagengeschäft der Bausparkassen, der Vorschrift unterworfen, hätte er die mögliche Tragweite seiner Regelung erkannt.
93 
(aa) Das Schutzbedürfnis des Schuldners ist beim Passivgeschäft der Kreditinstitute anders als bei deren Aktivgeschäften.
94 
(aaa) Beim Gelddarlehen im engeren Sinne, dem Aktivgeschäft der Kreditinstitute, sind deren Schuldner regelmäßig auf die Finanzierungsmittel angewiesen, weil sie einen Investitionszweck verfolgt, den sie aus eigenen, vorhandenen Mitteln nicht erreichen können oder wollen. Sie müssen den aus Tilgung und Zinsen bestehenden Kapitaldienst aus den Erträgen der Investition erwirtschaften oder aus sonstigen Einkünften und Vermögen leisten. Bei einer langen Zinsbindung von mehr als 10 Jahren kann zwischen dem Vertragszins und dem dann marktüblichen Zins eine hohe Diskrepanz entstehen, die die fortbestehende Zinslast als nicht mehr angemessen erscheinen lässt. Häufig korrelieren die Renditen aus der Investition mit den Marktbedingungen, da die Geld- und Kapitalmarktzinssätze Auswirkungen auf die Preisentwicklung haben. Vor diesem Hintergrund ist die Begrenzung des Zinsänderungsrisikos des Schuldners gerechtfertigt.
95 
(bbb) Bei Sparverträgen und anderen Passivgeschäften, bei denen die Kreditinstitute die Schuldnerrolle innehaben, fehlt ein vergleichbares Schutzbedürfnis. Zwar übernehmen auch sie partiell das Zinsänderungsrisiko. Sie sind aber diesem nicht im gleichen Maße ausgeliefert wie der Schuldner bei einem langfristigen Investitionsdarlehen. Die Kreditinstitute betreiben sowohl das Aktivgeschäft als auch das Passivgeschäft professionell und treten auf dem Markt als Anbieter einmal in der Rolle des Gläubigers und das andere Mal in der Rolle des Schuldners auf. Sie sind auf das einzelne konkrete Geschäft nicht angewiesen. In beiden Fällen können sie selbst die Bedingungen der Geschäfte gestalten und insbesondere die Bedingungen der Passivgeschäfte an diejenigen der Aktivgeschäfte anpassen. Dadurch sind sie in der Lage, ihre Zinsrisiken aus dem Passivgeschäft abzusichern und zu steuern, so dass die Gefahr der Inkongruenz von Aktiv- und Passivgeschäfte nicht besteht (BGH, Urteil vom 12. November 1981 - III ZR 2/80 -, BGHZ 82, 182, Rn. 15).
96 
(bb) Der Gesetzgeber hält den Schuldner für schutzbedürftig, weil er ihn regelmäßig in einer schwächeren Position sieht. Diese Situation besteht beim Passivgeschäft der Kreditinstitute, bei denen diese als professionelle Schuldner auftreten, nicht (s.o.). Der Sparer als Gläubiger hat keine Übermacht, sondern die Bausparkassen als Anbieter geben die Bedingungen vor. Wenn sie es lediglich versäumt haben, sich ein Kündigungsrecht für den Fall der Nichtinanspruchnahme des Bauspardarlehens einzuräumen und damit eine Vollbesparung nicht ausschließen, begründet dies kein Schutzbedürfnis.
97 
Die Argumentation der Beklagten, der Bausparer verhalte sich vertragswidrig, weil er entgegen dem Zweck des Bausparvertrages das Bauspardarlehen nicht in Anspruch nehme, geht fehl. Allerdings ist richtig, dass der Zweck des Bausparens auf die Gewährung eines zinsgünstigen Bauspardarlehens ausgerichtet ist, § 1 Abs. 1 ABB, § 1 Abs. 1, 2 BSpKG. Jedoch folgt aus den Bausparbedingungen, dass die Nichtinanspruchnahme des Bausparvertrages nicht vertragswidrig ist. Gem. § 14 Abs. 1 ABB führt die Nichtannahme der Zuteilung zu einer Fortsetzung des Bausparvertrages. In § 2 Abs. 3 ABB wird ausdrücklich der Fall geregelt, dass der Bausparer die Bausparsumme vollständig anspart und eine Regelung für die Verzinsung getroffen. Wäre die Nichtinanspruchnahme des Bauspardarlehens, wozu begriffsnotwendig auch der Fall der Vollbesparung gehört, ein von der Bausparkasse nicht als vertragsmäßig angesehenes Verhalten, hätte die Bausparkasse keinen Anlass gehabt, diesen Fall in einem für den Bausparer günstigen Sinn (Weiterverzinsung) zu regeln.
98 
(cc) Einen generellen Schutz vor dem Zinsänderungsrisiko hat der Gesetzgeber zu keiner Zeit für erforderlich gehalten. Neben dem Zinsänderungsrisiko des Schuldners trägt bei langfristigen Verträgen auch der Gläubiger das umgekehrte Risiko von steigenden Zinsen, die er bei langfristiger Zinsbindung nicht realisieren kann. Der Gesetzgeber hat den Schutz jedoch nur auf den Schuldner beschränkt (§ 18 Abs. 2 HypBG a.F., § 247 Abs. 1 BGB a.F., § 609a Abs. 1 BGB a.F., § 489 Abs. 1 BGB a.F.). Ein Darlehensgläubiger hat hingegen bei einer Fehleinschätzung der Zinsentwicklung auch bei Verträgen von längerer Dauer als 10 Jahren kein besonderes Kündigungsrecht und bleibt gebunden. Wenn der Gesetzgeber keinen Anlass gesehen hat, die professionellen Kreditgeber vor der Übernahme eines unbegrenzten Zinsänderungsrisikos zu schützen, ist kein Grund ersichtlich, warum er dies bei den Passivgeschäften der Kreditinstitute hätte anders sehen sollen. In beiden Fällen besteht der Nachteil nicht in der absoluten Höhe des Zinssatzes, sondern in der Abweichung des Vertragszinssatzes von dem marktüblichen Zinssatz und den damit verbundenen Verlustrisiken.
99 
(dd) Aus der Behandlung der allein verbraucherdarlehensrechtlichen Kündigungsvorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F., jetzt § 500 Abs. 1 BGB, lässt sich nicht schließen, der Gesetzgeber habe es bewusst bei der Anwendung der übrigen darlehensrechtlichen Kündigungsvorschriften des § 489 Abs. 1, 2 BGB auf Sparverträge belassen wollen. Der Gesetzgeber hat die Änderung allein aus systematischen Gründen vorgenommen, weil die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. im allgemeinen Teil des Darlehensrechts deplaziert und bei den besonderen Vorschriften des Verbraucherdarlehens einzuordnen war (BT-Drucks. 16/11643 S. 74).
100 
(ee) Entgegen der Auffassung der Beklagten hindert die Unabdingbarkeit des Kündigungsschutzes gem. § 609a Abs. 3 BGB a.F. bzw. § 489 Abs. 4 BGB die teleologische Reduktion nicht. Ist die Bestimmung nicht anwendbar, muss sie nicht abbedungen werden. Die Unabdingbarkeit ist mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Schutzzweck verbunden. Für die Unabdingbarkeit von Normanwendungen, die der Gesetzgeber nicht regeln wollte, besteht kein Grund. Der Zweck der teleologischen Reduktion erlaubt gerade die Einschränkung einer Norm über ihren Wortlaut hinaus (BGH, Urteil vom 07. Dezember 2011 - IV ZR 105/11 -, BGHZ 192, 67, Rn. 16).
101 
c. Die Beklagte hat kein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3 i.V.m. § 314 Abs. 1 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung zulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Nichtabnahme des Bauspardarlehens stellt kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, sondern ist im Bausparvertrag ausdrücklich vorgesehen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Bausparer bei Abschluss des Bausparvertrages nicht absehen kann, ob er zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife noch oder schon einen von den Zweckbestimmungen der ABB gedeckten Darlehensbedarf hat (Senat, Urteil vom 30.03.2016 - 9 U 171/15).
102 
d. Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht. Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 235/09, juris). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10, WM 2014, 134). Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 210/12, NZG 2014, 1036). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
103 
aa. Die Geschäftsgrundlage wäre nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätte. Zwar war Vertragszweck nach § 1 BSpKG, § 1 ABB die Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung. Doch ist zum einen die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben. Zum anderen ist der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden nicht erfolgten Inanspruchnahme des Bauspardarlehens abzuleiten. Schon der seit Abschluss des Bausparvertrages bis zur Zuteilungsreife vergehende Zeitraum legt es angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens nahe, dass aufgrund veränderter Umstände das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wird. Auch für diesen Fall ist nach der vertraglichen Vereinbarung die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorgesehen, mithin eine Risikoverteilung vorgenommen worden. Zudem regelt § 2 Abs. 3 ABB ausdrücklich einen Fall der Nichtinanspruchnahme des Bauspardarlehens bis zur Vollbesparung.
104 
bb. Die Geschäftsgrundlage wäre auch nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und -darlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben. Auch gestatten ihr § 9 Abs. 1 S. 2 BSpKG, § 32 ABB die Änderung von Bedingungen unter bestimmten Voraussetzungen. Dass der Beklagten dieser, der Gleichbehandlung aller Bausparer besser dienende Weg verschlossen sei, macht die Beklagte nicht geltend.
105 
2. Die Anträge der Klägerin auf Feststellung, dass der Beklagten kein ordentliches Kündigungsrecht bezüglich der beiden Bausparverträge zusteht, solange die Bausparverträge nicht in vollem Umfang angespart sind, sind zulässig (a.) und begründet (b.).
106 
a. Die Klägerin hat das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse an der Feststellung. Die Beklagte hat die Kündigung des Bausparvertrages ausschließlich auf die Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützt. Im Laufe des Prozesses hat sie sich jedoch auch auf andere Kündigungsrechte, insbesondere aus § 488 Abs. 3 BGB gestützt. Die Klägerin hat daher ein Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte auch in Zukunft nicht sich auf ein ordentliches Kündigungsrecht beruft.
107 
b. Die Feststellungsklagen sind begründet. Der Beklagten steht auf der Grundlage der gegenwärtig dem Vertrag zu Grunde liegenden ABB kein ordentliches Kündigungsrecht vor Vollbesparung zu. Ein vertragliches, ordentliches Kündigungsrecht hat sich die Beklagte nicht ausbedungen. Insbesondere betrifft § 9 ABB ausschließlich das Kündigungsrecht des Bausparers.
108 
Nach ganz herrschender Meinung ist das ordentliche Kündigungsrecht der Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, solange eine Gewährung des Bauspardarlehens noch möglich ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11 -, Rn. 10, juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488, Rn. 548; Mülbert/Schmitz, FS Horn [2006], S. 782; in diesem Sinne wohl auch Schäfer/Cirpka/Zehnder, aaO, § 5 Anm. 37). Ein Anlass, der Bausparkasse ein Kündigungsrecht vor Vollbesparung zu geben, besteht nicht.
109 
Wie dargestellt, ist auch in Zukunft ein ordentliches Kündigungsrecht der Bausparkasse gem. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ausgeschlossen. Das ordentliche Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB oder § 489 Abs. 2 BGB ist bereits tatbestandlich ausgeschlossen, weil keine veränderlichen Zinssätze vereinbart wurden.
110 
3. Die Verpflichtung zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB, weil die Beklagte durch die unberechtigte Kündigung ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat. Die Kündigung stellt eine Form der endgültigen Leistungsverweigerung durch die Beklagte als Schuldnerin der Zinsverpflichtungen sowie als Verwahrerin der Sparbeiträge dar, die die Klägerin berechtigte, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Pflichtwidrigkeit ihres Handelns hätte die Beklagte erkennen müssen, da sie der Klägerin einseitig Ansprüche entziehen wollte, die sie ihr zuvor mit ihren ABB versprochen hatte. Gem. § 5 Abs. 3 Nr. 7 BSpKG war die Beklagte verpflichtet, die Voraussetzungen zu regeln, unter denen ein Bausparvertrag gekündigt werden kann. Sie wusste, dass sie sich kein Kündigungsrecht ausbedungen hat und der Bausparer hiervon ausgehen durfte. Ebenso konnte sie anhand ihrer eigenen Bedingungen erkennen, dass der Bausparer nicht zu der Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens verpflichtet ist und die Vollbesparung aufgrund eigener Sparbeiträge ein vertragskonformes Verhalten darstellte.
111 
Die Klägerin ist als Inhaberin des Freistellungsanspruchs bezüglich der Anwaltskosten aktivlegitimiert. Dies ergibt sich bereits aus ihrer Stellung als geschädigter Vertragspartnerin und Auftraggeberin ihrer Prozessbevollmächtigten. Die Beklagte hat die rechtsvernichtende Einwendung des Verlustes der Aktivlegitimation durch einen gesetzlichen Forderungsübergang gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG, für die sie die Darlegungs- und Beweislast trägt (BAG, Urteil vom 31. März 2004 - 10 AZR 191/03 -, Rn. 19, juris; KG Berlin, Urteil vom 17. September 1996 - 5 U 3157/96 -, Rn. 23, juris) nicht konkret dargelegt. Wer eine Einwendung geltend macht, muss ausreichend substantiiert diejenigen Tatsachen vortragen, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Die Beklagte hat hingegen lediglich ins Blaue hinein vermutet, dass die Klägerin eine Rechtsschutzversicherung habe, auf die „aller Wahrscheinlichkeit nach“ der Anspruch übergegangen sei. Zwar ist es zulässig, vermutete Tatsachen als Behauptung in einen Prozess einzuführen, ohne gegen die Wahrheitspflicht gem. § 138 Abs. 1 ZPO zu verstoßen (BGH, Urteil vom 10. Januar 1995 - VI ZR 31/94 -, BGHR ZPO § 138 Abs 1 Darlegungslast 4; BGH, Urteil vom 20. Juni 2002 - IX ZR 177/99 -, Rn. 17, juris). Hierzu ist es jedoch erforderlich, nicht die Wahrscheinlichkeit einer Tatsache, sondern die Tatsache selbst zu behaupten. Dies hat die Beklagte nicht getan, weshalb die Klägerin sich hierzu nicht näher einlassen musste. Im Übrigen hat die Klägerin mit ihrem Freistellungsantrag indirekt vorgetragen, die Kosten noch nicht bezahlt zu haben. Die Beklagte behauptet ebenfalls nicht, die Voraussetzungen für einen Forderungsübergang gem. § 86 Abs. 1 VVG, nämlich die Bezahlung der Anwaltsrechnung durch die Rechtsschutzversicherung, sei erfolgt.
112 
Der Freistellungsanspruch besteht jedoch nur in Höhe von 1.171,67 EUR. Ausgehend von einem Gegenstandswert von 21.567,00 EUR, wie ihn das Landgericht zutreffend festgesetzt hat, sind eine 1,3-fache Geschäftsgebühr (wie in der Klageschrift geltend gemacht) in Höhe von 964,60 EUR nebst Auslagenpauschale (20,00 EUR) und Umsatzsteuer (187,07 EUR) entstanden.
113 
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zinsen ab Rechtshängigkeit gem. § 288 BGB oder § 291 BGB. Nach diesen Vorschriften sind nur Geldschulden zu verzinsen. Freistellungsansprüche fallen nicht darunter (Staudinger/ Löwisch/Feldmann [2014] BGB § 288, Rn. 8).
114 
4. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision der Beklagten wird gem. § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen, weil die Frage der teleologischen Reduktion des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat mit seiner Entscheidung von Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte (insbes. OLG Hamm, Beschluss vom 29. Februar 2016 - 31 U 175/15 -, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015 -31 U 191/15 -, ZIP 2016, 306) abweicht, die die Vorschrift auf die Kündigung der Bausparverträge durch Bausparkassen für anwendbar halten.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015, Az. 25 O 89/15, teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag Nr. 1 938 … vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten in Höhe von 413,64 EUR freizustellen.

2. Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

5. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf bis zu 4.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages, den sie am 13. September 1978 über die Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 EUR) abgeschlossen hat. Die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II (im Folgenden ABB) enthalten folgende Bestimmungen:
§ 1 Vertragszweck
(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. (…)
(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.
§ 12 Zuteilungsnachricht
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(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
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(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.
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§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme
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(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.
(2) (…)
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§ 14 Vertragsfortsetzung
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(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
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(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. (…)
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Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3 % p.a. zu verzinsen und gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5 % p.a. zu gewähren.
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Der Vertrag wurde am 1. April 1993 zuteilungsreif. Am 1. Januar 2015 bestand ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR. Die Beklagte kündigte am 12. Januar 2015 den Bausparvertrag unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 24. Juli 2015.
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Auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Bausparkasse könne sich auf das Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Das Tatbestandsmerkmal des vollständigen Empfangs des Darlehens sei mit der eingetretenen Zuteilungsreife erfüllt.
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Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Auffassung, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien nicht erfüllt. Sie beabsichtige, das Bauspardarlehen in zwei bis drei Jahren für ihre Kinder in Anspruch zu nehmen.
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Wegen der Nebenforderung hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen.
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Die Klägerin beantragt:
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1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart Az. 25 O 89/15, verkündet am 15. September 2015, wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag mit der Nummer „1 938 …“ vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
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2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 571,44 EUR freizustellen.
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Die Beklagte beantragt:
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Die Berufung wird zurückgewiesen.
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Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.
II.
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Die gemäß § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig und - mit Ausnahme eines geringfügigen Teils der Nebenforderung - begründet. Der Beklagten steht kein Kündigungsrecht zu.
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1. Die dem Vertrag zugrundeliegenden ABB vermögen die erklärte Kündigung nicht zu rechtfertigen; das macht die Beklage auch nicht geltend. Sie geht zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen der Bestimmung des § 5 Abs. 3 ABB nicht vorliegen.
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2. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, sie sei kraft Gesetzes berechtigt, den Vertrag zu kündigen, muss ihr der Erfolg versagt werden. Auf das Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Die von der Beklagten erklärte Kündigung findet ihre Rechtfertigung weder in § 488 Abs. 3 BGB (a.) noch ist hier die Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB direkt (b.) oder entsprechend (c.) anwendbar. Auch aus § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 Satz 2 BGB, ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht (d.).
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a. Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB liegen nicht vor.
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aa. Allerdings entspricht es der herrschenden Meinung, dass ein Bausparvertrag durch die Bausparkasse dann gemäß § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden kann, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn beim Bausparvertrag handelt es sich während der Ansparphase um einen Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Der Bausparvertrag dient dem in § 1 ABB i. V. m. § 1 BauSparkG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen Bausparsumme und Bauspareinlagen. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris; OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2015 - 13 U 104/14, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488 Rn. 548).
34 
bb. Eine Vollbesparung liegt jedoch nicht vor.
35 
(1) Unstreitig betrug das angesparte Bausparguthaben des über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR abgeschlossenen Vertrages zum Zeitpunkt der Kündigung 15.772,48 EUR.
36 
(2) Die Auffassung der Beklagten, die rückständigen Beiträge würden die Differenz zwischen dem aktuellen Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, so dass kein Bauspardarlehen mehr ausgezahlt werden müsste und daher ein Kündigungsrecht wie bei einer Vollbesparung bestehe, trifft nicht zu. Die Bestimmung des § 5 Abs. 4 ABB führt nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht ist. Nach dieser Vorschrift tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Bausparvertrag im Falle der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge gemäß § 5 Abs. 3 ABB zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13 ABB) oder bereitzustellende (§ 14 ABB) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen. Es kann dahinstehen, in welcher Höhe Rückstände aufgelaufen sind. Denn das Vorliegen dieser Voraussetzungen macht die Beklagte, die sich für die Berechtigung ihrer Kündigung gerade nicht auf § 5 Abs. 3 ABB stützt, weder geltend, noch sind sie sonst ersichtlich. § 5 Abs. 3 ABB erfordert eine vorherige schriftliche, erfolglose Aufforderung der Bausparkasse, die nicht geleisteten Bausparbeiträge zu entrichten; dazu ist nichts vorgetragen.
37 
Im Übrigen findet § 5 Abs. 4 ABB nur bei zugeteilten Bausparverträgen Anwendung. Die Zuteilung nach § 1 Abs. 5 BauSparkG liegt erst mit ihrer Annahme durch den Bausparer gemäß § 12 Abs. 1 ABB vor. Erst dann wird das Bauspardarlehen nach § 13 Abs. 1 ABB bereitgestellt oder ist es im Fall des § 14 Abs. 2 ABB bereitzustellen.
38 
Deshalb kann offen bleiben, ob eine Bausparkasse, die jahrelang die Nichtzahlung von Regelsparbeiträgen hinnimmt, ihr Kündigungsrecht verwirkt und es erst nach erneuter Zahlungsaufforderung bei zukünftigen Rückständen ausüben kann (so Weber, ZIP 2015, 961 [966]).
39 
cc. Die ordentliche Kündigung lässt sich auch nicht mit dem Argument des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin rechtfertigen, weil diese das Ziel des Erhalts eines Bauspardarlehens aufgegeben habe, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung gemeint hat. Aus der gegenwärtigen Niedrigzinsphase lässt sich nicht ableiten, die Klägerin habe endgültig ihr Interesse an ein Bauspardarlehen verloren. Die weitere Zinsentwicklung lässt sich nicht sicher prognostizieren und die gegenwärtige Markteinschätzung der Beklagten erlaubt keine Feststellungen über die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen auf keinen Fall mehr in Anspruch nehmen zu wollen. Ein offenkundig rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin liegt nicht vor. Sie hat die Niedrigzinsphase nicht zu verantworten und macht aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen die Rechte aus der Zuteilung nicht geltend.
40 
b. Die Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung durch die Bausparkasse gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen nicht vor. Es kann dahinstehen, ob die Bestimmung von ihrem Sinn und Zweck her auf Sparverträge Anwendung findet, bei denen Einlagen an sogenannte „professionelle Darlehensnehmer“ geleistet werden (vgl. zum Meinungsstand: Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, juris, Rn. 101; Weber, ZIP 2015, 961; ders., beck-Online.Großkommentar [BeckOGK]/Weber, Stand 1. Februar 2016, BGB, § 489 Rn. 9.1, Rn. 13ff.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800). Jedenfalls ist der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife des Bauspardarlehens an den Bausparer nicht der vollständige Empfang des von dem Bausparer an die Bausparkasse gegebenen Darlehens.
41 
aa. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
42 
(1) Allerdings handelt es sich bei einem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit gebundenen Sollzinssatz, der die Besonderheit aufweist, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris, und Beschluss vom 4. Februar 2014 - 9 U 202/13; Mülbert/Schmitz FS Horn (2006), S. 777; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800; Weber, BB 2015, 961).
43 
(2) Der Zeitpunkt des vollständigen Darlehensempfangs unterliegt jedoch grundsätzlich der Disposition der Parteien, die privatautonom die Auszahlungsmodalitäten vereinbaren können. Denn die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begrenzt nicht die Privatautonomie der Parteien bezüglich der Regelung des Zeitpunkts des Darlehensempfangs und der Höhe des Darlehensbetrages. Bereits die in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. enthaltene Vorgängernorm diente nach der Gesetzesbegründung dem Schuldnerschutz vor überlangen Zinsbindungen. Sie geht auf § 18 Abs. 2 Hypothekenbankgesetz (HypBG, RGBl I 1899, 375) zurück, die für Hypothekendarlehen dieses zwingende Kündigungsrecht schon seit vielen Jahren enthielt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22 f.). Weder diese Vorschrift noch § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. oder § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lassen den Schutz bereits in der Valutierungsphase beginnen. Ein Darlehen ist vollständig empfangen, wenn der Darlehensgeber es dem Darlehensnehmer entsprechend der darlehensvertraglichen Vereinbarung in Höhe des Darlehensnettobetrages zur Verfügung gestellt hat. Werden mehrere Teilzahlungen vereinbart, liegt ein vollständiger Empfang erst mit dem Eingang der letzten Teilzahlung vor (MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 43 m.w.N; Herberger/Martinek/Rüßmann/Schwintowski, jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 489 BGB Rn. 9; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 5). Somit kommt es entscheidend darauf an, welche Teilzahlungen die Parteien vereinbart haben. Erst wenn diese Vereinbarung erfüllt und keine weiteren Teilzahlungen mehr offen sind, ist das gesamte Darlehen empfangen.
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bb. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife liegt kein vollständiger Empfang des Darlehens i.S.v. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor.
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(1) Der Eintritt der Zuteilungsreife (§ 11 ABB) hat gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB auf die Verpflichtung zur Entrichtung des Regelsparbeitrags, also zur Valutierung des vom Bausparer der Bausparkasse zu gewährenden Darlehens, keinen Einfluss, weshalb er zur Bestimmung der vereinbarten Darlehenshöhe nicht geeignet ist (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 49.1).
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Nach § 14 Abs. 1 ABB wird der Bausparvertrag im Falle einer Nichtannahme der Zuteilung oder einer nicht fristgemäß abgegebenen Annahmeerklärung fortgesetzt. Die vertragliche Pflicht zur Zahlung des Regelsparbeitrages gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB gilt weiter.
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(2) Die Höhe der vereinbarten Darlehenssumme ist durch Auslegung der Allgemeinen Bausparbedingungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages zu bestimmen. Der einzige im Vertrag konkret bestimmte Betrag ist die Bausparsumme von 20.154,68 EUR, die allerdings nach § 2 ABB sowohl das Bausparguthaben als auch das Bauspardarlehen umfasst. Das Bausparguthaben ist das Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse. Aus § 11 Abs. 1 lit. a und b der ABB ergibt sich eine Mindestlaufzeit von 18 Monaten und ein Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme, also von 8.061,87 EUR. Daraus lässt sich jedoch die Vereinbarung eines Nettodarlehensbetrages noch nicht ableiten. Aus den § 13 Abs. 1, § 11 Abs. 1 lit. b ABB i. V. m. § 1 ABB ist lediglich erkennbar, dass dieser durch die Bausparsumme begrenzt ist, also zwischen dem Mindestsparguthaben von 40 % und 100 % der Bausparsumme liegt. Bei dem Bausparvertrag und damit auch bei dem Bausparguthaben sind zudem die Ungewissheit sowohl des Zeitpunkts des Eintritts der Zuteilungsreife als auch des Abrufs des Bauspardarlehens seitens des Bausparers, der zur Auszahlung führt, zu berücksichtigen. Den ersten Zeitpunkt hat der Bausparer nicht allein in der Hand. Der zweite Zeitpunkt, der von dem ersten abhängig ist, kann von dem Bausparer bestimmt werden. Daher lässt sich die Höhe des Darlehens allenfalls nach dem Umfang der Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Sparbeiträge des Bausparers ermitteln (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 47ff.).Zudem ist die Bausparkasse nicht berechtigt, den vertraglichen Zinsanspruch des Bausparers durch Verweigerung der Annahme der vereinbarten Sparbeiträge zu vereiteln.
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(3) Auch aus den Bestimmungen über die Regelsparbeiträge lässt sich die vereinbarte Nettodarlehenssumme indessen nicht ermitteln:
49 
Nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB ist der Bausparer berechtigt und verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zu entrichten. Daher ist die volle Ansparphase bis zum Auszahlungszeitpunkt eine Phase der fortlaufenden Teilvalutierungen. Da der Bausparer weder zur Annahme der Zuteilung noch zum Auszahlungsverlangen des Darlehens verpflichtet ist (arg. e § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 18 ABB) und der Bausparvertrag dann nach § 14 Abs. 1 ABB fortgesetzt wird, ist die maximale Höhe des „Darlehens“ des Bausparers durch die Höhe der Bausparsumme begrenzt. Im Fall der erfolgten Zuteilung steht es dem Bausparer als Darlehensgeber folglich durch sein Auszahlungsverlangen frei, die Darlehenssumme zu begrenzen.
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(4) Das erhellt zugleich, dass auch die Zuteilungsnachricht (§ 12 ABB) als Wissens- und Willenserklärung der Bausparkasse (Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 781) und selbst die Annahme der Zuteilung auf die vereinbarte Darlehenssumme keinen Einfluss hat. Gemäß § 13 Abs. 1 ABB führt die Annahme der Zuteilung lediglich zur Verpflichtung der Bausparkasse, die Bausparsumme in der Form des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens bereitzuhalten. Die Auszahlung hängt zusätzlich von dem Abruf durch den Bausparer ab. Bis dahin bleibt er nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB zur Zahlung der Regelsparbeiträge berechtigt und verpflichtet.
51 
(5) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus § 489 Abs. 1 Nr. 2, 2. Hs. BGB nichts anderes. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann, wie bereits ausgeführt, der Vertrag nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens gekündigt werden. Nach dem 2. Halbsatz dieser Regelung tritt dann, wenn nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen wird, der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Empfangs. Damit setzt die dort geregelte Maßgeblichkeit der Vereinbarung für den Fristbeginn voraus, dass diese nach dem vollständigen Darlehensempfang getroffen wurde. Auf die Vollständigkeit des Empfangs des Darlehens wird nicht verzichtet. Der 2. Halbsatz des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stellt mit der Vereinbarung vielmehr eine zusätzliche Voraussetzung für die Möglichkeit der Kündigung auf, die im Vergleich zum 1. Halbsatz der Bestimmung, der ausschließlich auf den vollständigen Erhalt des Darlehens abstellt, zu einem weiteren Hinausschieben der Kündigungsmöglichkeit führt (Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 45).
52 
cc. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lässt sich auch nicht dahingehend auslegen, dass der „vollständige Empfang“ den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife mit erfasst (so aber Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 51, sowie Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 [1803]). Sinn und Zweck der Vorschrift erfordern eine solche Auslegung auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages nicht. Diesen werden vielmehr durch die ABB und sonstigen gesetzlichen Bestimmungen Rechnung getragen. Die gegenteilige Auslegung widerspricht dem Wesen des Bausparvertrages. Ob ein Darlehen vollständig empfangen ist, ist nicht nur aus Sicht des Schuldners des Darlehens zu beurteilen, wie die Beklagte meint, sondern auch aus Sicht der Bausparkasse, die insoweit die Interessen der Zweckgemeinschaft der Bausparer wahrzunehmen hat. Diese hat ein Interesse, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen. Der Erwerb eines bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen während der Ansparphase setzt die im Wechselverhältnis stehenden vertraglichen Hauptleistungspflichten von Leistung der Sparbeiträge und Gewährung eines Bauspardarlehens nicht außer Kraft.
53 
c. Eine rechtsentsprechende Anwendung der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife bei Bausparverträgen kommt nicht in Betracht. Der Meinung der Beklagten, eine normzweckorientierte Anwendung der Vorschrift unter Berücksichtigung der für Bausparverträge charakteristischen Interessen- und Pflichtenlage der Vertragsparteien rechtfertige die Gleichstellung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife (so auch Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; daran anknüpfend Edelmann/Suchowerskyj, WM 2015, 1800; sowie Rollberg, EWiR 2016, 3; Simon, EWiR 2015, 723; OLG Celle, Beschluss vom 3. Februar 2016 - 3 U 192/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016 - 5 O 38/15; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016 - 13 U 151/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015 - 31 U 191/15, juris), vermag der Senat nicht zu folgen.
54 
Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Vorliegen der vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassenen Lücke und ihre Planwidrigkeit muss dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers - und das ist der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte. Für eine Analogie ist weiter erforderlich, dass der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Beschluss vom 20. November 2014 - IX ZB 16/14, WM 2015, 131).
55 
aa. Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit liegt nicht vor. Dass vom Gesetz mit der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei von herkömmlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträgen auch der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife erfasst werden sollte, lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. Der historische Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., der Vorgängerbestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, von der zu diesem Zeitpunkt schon seit langem geltenden Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG a.F. leiten lassen (BT-Drucks. 10/4741, S. 23, s. bereits oben unter II.2.b.aa [2]). Nach § 18 Abs. 2 S. 1 HypBG a.F. durfte das Recht der Rückzahlung nur bis zu einem Zeitraume von zehn Jahren ausgeschlossen werden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung begann dieser Zeitraum mit der Auszahlung des Darlehens, im Falle der Auszahlung in Teilbeträgen mit der letzten Zahlung. Der 2. Halbsatz entspricht § 489 Abs. 1 Nr. 2 2. Hs. BGB.
56 
Nach der Gesetzesbegründung zur Einführung der Kündigungsrechte in § 609a BGB a.F. wollte der Gesetzgeber die zu weite Schuldnerschutzvorschrift des § 247 Abs. 1 BGB a.F. auf ein angemessenes Maß zurückführen und insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite das Prinzip der vertraglichen Bindung und Risikozuweisung durchsetzen. Dem widersprach das freie Kündigungsrecht nach § 247 BGB a.F. bei einem Zinssatz von mehr als 6 % unabhängig von der Marktentwicklung. Der Gesetzgeber hat bei dieser Gelegenheit - ohne nähere Begründung - die Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG auf sämtliche festverzinslichen Kredite ausgedehnt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22). Ziel war also im Wesentlichen nicht die von der Beklagten vertretene Ausweitung, sondern die Begrenzung der Kündigungsmöglichkeiten.
57 
Dass insoweit nicht eine vom Gesetzgeber nicht geplante, sondern vielmehr eine bewusste Regelungslücke vorliegt, ist insbesondere an der durch Gesetz vom 21. Dezember 2015 erfolgten Änderung des Bausparkassengesetzes ersichtlich. In Kenntnis der Kleine[n] Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 4. Februar 2015 (BT-Drucks. 18/3944) sowohl bezüglich der Kündigungen von Bausparkassen infolge der durch die Niedrigzinsphase bedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten als auch bezüglich eines Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zehn Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife (Nr. 9), hat die Bundesregierung im Oktober 2015 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes der Bausparkassen vorgelegt (BT-Drucks. 18/6418). Dieser - durch den Gesetzgeber am 21. Dezember 2015 insoweit umgesetzte - Entwurf sah trotz der bestehenden Rechtsunsicherheit eine klarstellende oder verdeutlichende Ausweitung des „vollständigen Empfangs“ eines Darlehens auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht vor, obwohl Ziel u. a. die Verbesserung der Reaktionsmöglichkeiten auf die anhaltende Niedrigzinsphase war (BT-Drucks. 18/6418, S. 1). Die Bundesregierung sah ausweislich ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage vom 4. Februar 2015 bzgl. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinen - klarstellenden - Handlungsbedarf (vgl. BT-Drucks. 18/4195, S. 3 zu Nr. 9).
58 
bb. Gleichfalls ist der rechtlich hier zu beurteilende Sachverhalt nicht mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar. Das ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte den Schutz der Bausparergemeinschaft bemüht, einer Gemeinschaft, die gerade im Vergleich zu herkömmlichen Darlehensverträgen im Rahmen rechtlicher Beurteilungen andere Schlussfolgerungen zulässt (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360).
59 
cc. Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen, weil die Interessenabwägung keine Analogie rechtfertigt.
60 
(1) Der Zweck des Bausparvertrages ist aus Sicht des Bausparers der Erhalt eines zinsgünstigen, nur nachrangig zu besichernden Darlehens unterhalb des Marktniveaus. Die Voraussetzungen hierfür hat er durch die Leistung der vertraglichen Regelsparbeiträge an die Zweckgemeinschaft der Bausparer zu schaffen, für die er - nach der herkömmlichen Ausgestaltung - eine unterhalb des Marktniveaus liegende Habenverzinsung in Kauf zu nehmen hat. Dieses sich gegenseitig bedingende Wechselverhältnis zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen innerhalb der beschränkten Personengruppe der Bausparer ist maßgebend für das Bauspargeschäft und wird in § 1 Abs. 1 und 2 BauSparkG definiert (Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz, 5. Aufl. § 1 Anm. 1). Die charakteristische Prägung des Bauspargeschäfts ergibt sich zusätzlich aus der Vertragszweckbestimmung des § 1 ABB sowie den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II, die auf das zinsgünstige Bauspardarlehen auf Grund von bedingungsgemäßen Ansparleistungen hinweisen.
61 
(2) Es lässt sich nicht mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang bringen, das „charakteristische gemeinsame Sparziel“ des Bausparvertrages lediglich mit der Erlangung der „Möglichkeit der Ausübung der Option zur Erlangung eines Bauspardarlehens“ zu definieren, wie die Beklagte meint.
62 
(a) Aus § 1 Abs. 2 BauSparkG ergibt sich keine einschränkende Zweckbestimmung. Zwar ist nach der dort enthaltenen Legaldefinition Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Diese Vorschrift darf aber nicht isoliert als allein Zweck bestimmend herangezogen werden (so aber Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 550). Mit der Formulierung, der Bausparer erwerbe einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, bringt der Gesetzgeber vielmehr zum Ausdruck, dass, anders als bei einem gewöhnlichen Darlehen oder einem Forward-Darlehen, der Darlehensauszahlungsanspruch nicht bereits mit Vertragsschluss begründet wird, sondern von der bausparvertragstypischen Ansparleistung des Bausparers und den Sparleistungen des Kollektivs abhängig ist. Insbesondere ist § 1 Abs. 2 BauSparkG im Zusammenhang mit der zentralen Begriffsbestimmung des Bauspargeschäfts in § 1 Abs. 1 BauSparkG (s.o.) sowie der damit bezweckten Wohnungsbauförderung (§ 1 Abs. 3 BauSparkG) zu sehen. Er ergänzt lediglich die tatsächlich begriffsprägende Vorschrift des § 1 Abs. 1 BauSparkG.
63 
Auch die Gesetzesmaterialien geben für die einschränkende Zweckbestimmung keinen Anhaltspunkt. Die Gesetzesbegründung zum Bauspargesetz (BT-Drucks. VI/1900, S. 9 ff.) beschreibt das Wesen des Bauspargeschäfts in der Ansammlung von Kapital zur nachstelligen Finanzierung des Wohnungsbaus. Als charakteristisch wird das Kollektiv, also die Geschlossenheit des Personenkreises beschrieben, deren Mitglieder zunächst bis zur Auszahlung des Bausparguthabens Gläubiger und später nach Zuteilung des Bauspardarlehens Schuldner der Bausparkasse werden. Dabei betont der Gesetzgeber das Wechselverhältnis von Verzicht auf einen nicht marktgerechten Einlagenzins zu Gunsten eines niedrigen Darlehenszinses. Das Entstehen des bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen nach Eintritt der Zuteilungsreife wird nicht als Zwischenziel erwähnt. Es wird auf den Auszahlungszeitpunkt abgestellt. Dem entspricht § 5 Abs. 1 S. 2 ABB.
64 
(b) Die Auffassung der Beklagten, Zweck des Bauspargeschäfts sei lediglich die Erlangung des Optionsrechts, anstelle des Darlehens selbst, widerspricht zudem dem von ihr in § 1 ABB selbst definierten Vertragszweck. Ihre Auffassung beachtet nicht die Nachteile des Bausparers bei der Hinnahme einer unterhalb des Marktniveaus liegenden Verzinsung des Bausparguthabens. Hierzu ist der Bausparer bereit, weil ihm die daraus resultierenden Vorteile der Zweckgemeinschaft der Bausparer zugutekommen. Anschließend kann er ein zinsgünstiges Bauspardarlehen unterhalb des Marktniveaus nutzen. Der Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrages selbst stellt daher noch nicht den wirtschaftlichen Ausgleich für die bereits in der Ansparphase hingenommenen wirtschaftlichen Nachteile dar.
65 
(c) Der Erhalt eines Anspruchs auf ein Darlehen ist lediglich ein notwendiges Zwischenziel. Dem kommt entgegen der Auffassung der Beklagten (so auch Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800) keine überragende Bedeutung im Sinne einer Zweckerreichung zu. Dies folgt aus den Besonderheiten der Vergabe der Bauspardarlehen aus den begrenzten Mitteln des Kollektivs der Bausparer.
66 
Gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG können sich Bausparkassen vor Zuteilung eines Bausparvertrages nicht verpflichten, die Bausparsumme zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuzahlen. Die Bausparkasse kann erst dann Bauspardarlehen ausreichen, wenn ihr von den Mitgliedern des Bausparkollektivs ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Die Mindestwartezeit lässt sich anhand der Bausparbedingungen errechnen. Bei dem vertraglich vereinbarten Regelsparbeitrag in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme (§ 5 Abs. 1 S. 1 ABB) sowie einem Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme als Zuteilungsvoraussetzung (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) dauert die Ansparphase auch unter Berücksichtigung der Guthabenzinsen von 3 % p.a. (§ 6 Abs. 1 ABB) etwas mehr als sieben Jahre. Diese bausparvertragstypische, regelmäßig mehrjährige Wartezeit bringt es mit sich, dass der Bausparer bei Vertragsabschluss noch nicht absehen kann, wann ihm ein Bauspardarlehen gewährt werden kann (BT-Drucks. VI/1900, S. 10ff.). Ihm ist eine verlässliche Planung nicht möglich.
67 
Zudem besteht eine auf wohnungswirtschaftliche Maßnahmen beschränkte Verwendungsmöglichkeit des Darlehens, § 1 Abs. 2 ABB. Für den Bausparer besteht somit das Risiko, dass ihm die angebotene Zuteilung der Bausparsumme zeitlich ungelegen kommt, weil sein geplanter Verwendungszweck sich zwischenzeitlich erledigt hat oder erst später ansteht. Daher besteht keine Pflicht zur Annahme der Zuteilung, worauf in den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bausparbedingungen ausdrücklich hingewiesen wird.
68 
(3) Der Eintritt der Zuteilungsreife verschafft dem Bausparer nicht eine besondere Rechtsposition, mit der er die Bausparkasse unangemessen lange an einen bereits bei Vertragsschluss fest vereinbarten Guthabenzinssatz binden kann.
69 
Fehl geht das Argument der Beklagten, mit Erreichen der Zuteilungsreife könne der Bausparer seine Sparleistungen einstellen, aber gleichzeitig die Bausparkasse an die bei Vertragsabschluss fest vereinbarten Guthabenzinsen binden. Die ABB sehen kein Recht des Bausparers vor, die Regelsparbeiträge einzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). § 5 Abs. 1 ABB enthält die Verpflichtung des Bausparers, über den Eintritt der Zuteilungsreife hinaus und sogar noch nach der Annahme der Zuteilung die Regelsparbeiträge bis zum ersten Auszahlungszeitpunkt zu bezahlen. Die vereinzelt vertretene Auffassung, es bestehe keine Pflicht zur Zahlung der Regelsparbeiträge, der Sparer könne vielmehr die Zahlungen aussetzen oder der Höhe nach variieren (Laux, VW 1996, 328; Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen [BAKred], ZIP 1995, 691 [695]; Oiwoh, Zur Kündigung von Bausparverträgen im deutschen und österreichischen Recht, Diplomarbeit 2016, Graz, S. 9), trifft nicht zu. Bei der Zweckspargemeinschaft der Bausparer ist die Einzahlung der Sparbeiträge Hauptleistungspflicht der Bausparer (Schäfer/Cirpka/Zehnder, aaO, § 5 Anm. 27; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 542). Nur durch ihre Einlagenzahlungen ist die Ausreichung der Bauspardarlehen an andere Mitglieder möglich. Sie sind prägend für das Kollektivsystem zwischen Bausparern und Kreditnehmern (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 46; Schimansky/Bunte/Lwowski/Rümker/Winterfeld, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 124 Rn. 167). Die Regelung über die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrags in den ABB der Beklagten ist nach dem Wortlaut eindeutig als Vertragspflicht ausgestaltet (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). Systematisch regelt § 5 Abs. 1 ABB die Leistungspflicht. § 5 Abs. 2 ABB enthält die Möglichkeit des Bausparers, über den Regelsparbeitrag hinaus mit Zustimmung der Bausparkasse freiwillig höhere Sonderzahlungen zu leisten. § 5 Abs. 3 ABB enthält das Kündigungsrecht der Bausparkasse bei Nichtzahlung der Raten. Dadurch hat die Bausparkasse ein wirkungsvolles Instrument, die mit dem Vertrag vereinbarte Risikoverteilung hinsichtlich der Zinsentwicklung sowie der Verwendungseignung aufrechtzuerhalten. Das Recht des Bausparers, niedrigere Sparbeiträge zu zahlen oder die Zahlung einzustellen, ist in den ABB nicht vorgesehen und wäre mit dem ausdrücklich geregelten Kündigungsrecht der Bausparkasse unvereinbar. Von einer echten Leistungspflicht geht im Übrigen auch das Bausparkassengesetz aus. Nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 BauSparkG müssen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen über die Höhe und Fälligkeit der Leistungen des Bausparers sowie über die Rechtsfolgen, die bei Leistungsverzug eintreten, enthalten.
70 
(4) Eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB scheidet hier zudem aus, weil selbst bei fiktiver Gleichstellung des Darlehensempfangs mit dem Zeitpunkt der ersten Zuteilungsreife nach der bausparvertragstypischen Vertragsgestaltung eine überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nicht gegen ihren Willen eintreten kann.
71 
(a) Bei der vertragskonformen Durchführung des Bausparvertrages ist eine Bindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nach erstmaliger Erlangung der Zuteilungsreife ausgeschlossen. Die längste vertragliche Laufzeit nach Zuteilungsreife für das hier als Darlehen zu wertende Bausparguthaben lässt sich anhand der Höhe des Regelsparbeitrags, des Habenzinssatzes und des Mindestsparguthabens ermitteln. Bei der geschuldeten monatlichen Sparzahlung in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 ABB und einem Habenzinssatz von 3 % p.a. gemäß § 6 Abs. 1 ABB beträgt die maximale Laufzeit bis zur Vollbesparung der Bausparsumme ca. 16 Jahre. Die Zuteilungsreife bei einem vertraglichen Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) tritt nach etwas mehr als sieben Jahren ein. Die Bausparkasse ist bei vertragsmäßiger Durchführung ab Zuteilungsreife längstens neun Jahre gebunden. Im Falle einer vorherigen Annahme der Zuteilung endet die Verzinsungspflicht gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 ABB vorzeitig spätestens mit Ablauf des Monats der Bereitstellung. Damit ist das Darlehen zinslos.
72 
(b) Die von der Beklagten zur Begründung der Analogie angeführte überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren kann nur bei einer Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge entstehen. Diese stellt aber ein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, welches die Bausparkasse nach § 5 Abs. 3 ABB zur Kündigung berechtigt. Die eigenmächtige Abweichung des Bausparers vom Vertrag ist kein bausparvertragstypisches Risiko, dem mit einer analogen Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begegnet werden müsste.
73 
(aa) Das Ruhenlassen eines zuteilungsreifen Bausparvertrages ist nicht charakteristisch für das Bauspargeschäft. Es lässt sich weder den gesetzlichen Vorschriften noch den ABB entnehmen. Die Einsammlung von Kapital, um den Bausparern schnellstmöglich Bauspardarlehen aus Mitteln des Kollektivs zur Verfügung stellen zu können, gehört zum Wesen des Bausparvertrages (BT-Drucks. IV/1900, S. 11). Die Einstellung der Sparleistungen widerspricht dem. Es mag zwar ständige Praxis der Bausparkassen sein, die Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge nach erstmaliger Zuteilungsreife hinzunehmen. Hieraus lassen sich aber keine rechtlichen Schlüsse ziehen. Diese Praxis kann der Bausparkasse mangels Vertragsänderung nicht einseitig aufgedrängt werden. Sie hat vielmehr einen Anspruch auf Zahlung der Regelsparbeiträge (vgl. bereits oben unter II.2.b.bb [3]).
74 
(bb) Allerdings entsprach die Einstellung der Regelsparbeiträge in der Vergangenheit dem Interesse der Bausparkassen. Außerhalb der gegenwärtigen Niedrigzinsphase war das Ruhenlassen der zuteilungsreifen Bausparverträge für die Bausparkasse günstig, da ihr die Mittel zur Zuteilung anderer Bauspardarlehen zur Verfügung blieben und sie aus der Zinsdifferenz zu den Zinssätzen der ausgereichten Bauspardarlehen risikolos Erträge erwirtschaften konnte. Lange Zeit lagen zudem die Habenzinssätze unterhalb des Marktniveaus. Zudem dürfte diese Praxis die Attraktivität des Bausparens gesteigert und die Werbung neuer Bausparer erleichtert haben.
75 
Weiter war während des Ruhens des Bausparvertrages für die Bausparkasse das noch bestehende Zinsrisiko für die Restlaufzeit im Falle der Wiederaufnahme der Einzahlungen jederzeit überschaubar. Sie war dadurch in der Lage, durch Aufforderung des Bausparers, seinen Einzahlungspflichten wieder nachzukommen, den Vertrag wieder in Vollzug zu setzen. Damit konnte sie das mit dem Vertrag von vornherein übernommene Zinsänderungsrisiko und die faktische Verlängerung der Zinsbindung jederzeit steuern. Sie hatte es also in der Hand, eine Zinsbindung von mehr als zehn Jahren zu vermeiden.
76 
d. Die Beklagte kann die Kündigung auch nicht auf § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 BGB stützen (zum Verhältnis der Bestimmungen zueinander vgl. Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, WM 2016, 311, Rn. 147).
77 
aa. Zu Recht beruft sich die Beklagte in der Berufung nicht mehr auf ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung zulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Wie bereits ausgeführt, stellt die Nichtabnahme des Bauspardarlehens kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge hat die Bausparkasse ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB, dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Schaffung der Kündigungsvoraussetzungen und die sich daran anschließende Möglichkeit der Ausübung dieses Kündigungsrechts ist ihr zuzumuten. Die Nichtausübung in der Vergangenheit beruhte auf einer eigenen freien Entscheidung.
78 
bb. Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht. Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 235/09, juris). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10, WM 2014, 134). Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 210/12 NZG 2014, 1036). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
79 
(1) Die Geschäftsgrundlage wäre nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätte. Zwar war Vertragszweck nach § 1 BauSparkG, § 1 ABB die Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung (s. bereits oben unter II.2.c.cc.[2][c]). Doch ist zum einen die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben. Zum anderen ist der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden nicht erfolgten Inanspruchnahme des Bauspardarlehens abzuleiten. Schon der seit Abschluss des Bausparvertrages bis zur Zuteilungsreife vergehende Zeitraum legt es angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens nahe, dass aufgrund veränderter Umstände das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wird. Auch für diesen Fall ist nach der vertraglichen Vereinbarung die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorgesehen, mithin eine Risikoverteilung vorgenommen worden.
80 
(2) Die Geschäftsgrundlage wäre auch nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und -darlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben.
81 
3. a. Die Verpflichtung zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB, weil die Beklagte durch die unberechtigte Kündigung ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat.
82 
b. Die notwendigen Rechtsverfolgungskosten betragen unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr, einer Auslagenpauschale von 20,00 EUR und der Umsatzsteuer insgesamt 413,64 EUR, weil für die Gebührenrechnung ein Gegenstandswert von 3.167,66 EUR anzusetzen ist.
83 
aa. Der Gegenstandswert für die vorgerichtlichen Anwaltskosten ist gemäß § 23 Abs. 3 RVG i. V. m. § 48 GKG, § 3 ZPO nach dem maßgeblichen wahren Interesse der Klägerin an dem Urteil (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 1976 - VI ZR 154/75) zu schätzen.
84 
bb. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es dem Kläger hinsichtlich des Bausparguthabens nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages in Höhe des Guthabens an, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung. Im Rahmen der Feststellungsklage kann zudem der Gedanke des § 9 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZR 202/07, juris, Rn. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl. 2013, § 9 Rn. 2). Soweit § 9 ZPO voraussetzt, dass das Stammrecht selbst im Streit ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 9 Rn. 1; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. April 2005 - 17 W 21/05), ist diese Voraussetzung hier erfüllt, da die Feststellung des Fortbestands des Bausparvertrages die des Bezugsrechts des Bausparers für die künftigen Zinsen umfasst. Diesbezüglich ist daher der 3,5-fache Jahreszins aus dem Bausparguthaben bei Mandatierung anzusetzen.
85 
cc. Neben dem Zinsinteresse ist auch das mögliche Interesse des Klägers am Erhalt des Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen der Bausparsumme und dem angesparten Guthaben zu berücksichtigen. Dieses besteht alternativ zum Zinsinteresse, weil die Inanspruchnahme des Darlehens die Verzinsungspflicht des Bausparguthabens entfallen lässt. Wegen des Alternativverhältnisses der Interessen des Bausparers und der Ungewissheit, ob das Bauspardarlehen in Anspruch genommen wird, hält es der Senat im Rahmen der Feststellungsklage für gerechtfertigt, das wirtschaftliche Interesse beider Ansprüche zu kumulieren und sie mit einem Abschlag von 50% zu berücksichtigen.
86 
dd. Die Zinserwartung aus dem zum Zeitpunkt der Mandatierung bestehenden Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR betrug bei einem Zinssatz von 3 % p.a. für einen Zeitraum von 3,5 Jahren 1.656,11 EUR. Diese ist mit einem 50-prozentigen Abschlag mit einem Betrag von 828,06 EUR anzusetzen.
87 
Zum Zeitpunkt der Mandatierung bestand ein Darlehensanspruch in Höhe von 4.679,20 EUR, der ebenfalls mit 50 %, also 2.339,60 EUR, anzusetzen ist, woraus sich der Gegenstandswert von 3.167,66 EUR errechnet.
III.
88 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2, § 269 Abs. 3 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Hinsichtlich der Streitwertbemessung wird auf die oben stehenden Ausführungen zum Gegenstandswert der vorgerichtlichen Anwaltskosten Bezug genommen. Durch den Instanzenzug haben sich keine wesentlichen Wertveränderungen ergeben.
89 
2. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von den Hinweisbeschlüssen und Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm, Koblenz, Köln und Celle ab, die eine auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung des Bausparvertrages für rechtmäßig halten.

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 04.02.2016, Az.: 63 O 1317/15, abgeändert.

1. Es wird festgestellt, dass die Kündigungen der Bausparverträge der Kläger mit der Beklagten Nrn. 001, 002 und 003 vom 16.02.2015 unwirksam sind.

2. Die Beklagte trägt die Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung i. H. v. 958,19 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 04.08.2015.

II.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.

III.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Tatbestand

I. Die Parteien streiten über den Fortbestand von drei Bausparverträgen und die Wirksamkeit von Kündigungen der Beklagten, die diese mehr als zehn Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife, gestützt auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, erklärt hat.

Die Kläger schlossen mit der Beklagten, einer Bausparkasse, die nachfolgenden drei Bausparverträge:

1. Bausparvertrag Nr. 001; Laufzeitbeginn: 30.03.1985 mit einem festen Guthabenszins von 3% p.a.

Mit der Währungsumstellung wurde die Bausparsumme/Zuteilungssumme auf 10.225,84 Euro umgerechnet. Die Mindestansparung von 4.090,34 Euro wurde im Juli 1996 erreicht. Der Saldo betrug zum 31.12.2014 6.955,65 Euro.

2. Bausparvertrag Nr. 002; Laufzeitbeginn: 25.04.1996 mit einem festen Guthabenszins von 2,5% p.a.

Mit der Währungsumstellung wurde die Bausparsumme auf 5.112,92 Euro umgerechnet. Die Mindestansparung/Zuteilungssumme von 2.045,17 Euro wurde im Dezember 2002 erreicht. Der Saldovortrag zum 31.12.2014 betrug 2.760,88 Euro.

3. Bausparvertrag Nr. 003; Laufzeitbeginn: 18.12.1987 mit einem festen Guthabenszins von 3% p.a.

Mit der Währungsumstellung wurde die Bausparsumme auf 15.338,76 Euro umgerechnet. Die Mindestansparung/Zuteilungssumme von 6.135,50 Euro wurde Ende 1997 erreicht. Der Saldovortrag zum 31.12.2014 betrug 12.622,88 Euro.

Die dem Vertrag zugrunde liegenden allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) enthalten u. a. folgende Bedingungen:

§ 1 Vertragszweck

(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.

§ 5 Sparzahlungen

(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,17 (Tarif 1) bzw. 4,2 (Tarif 2) vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.

(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.

(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. Im Fall der Kündigung gilt § 9 Abs. 2 entsprechend.

(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.

§ 12 Zuteilungsnachricht

(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.

(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.

§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme

(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.

(2) (...)

§ 14 Vertragsfortsetzung

(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.

(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. (...)

Die Kläger nahmen das Recht, das Bauspardarlehen zu erhalten, bei keinem der drei Verträge in Anspruch. Die Kläger stellten mit Erreichen der Mindestansparung die Zahlung der Regelsparbeiträge ein. Die Beklagte schrieb seither den Klägern jährlich die vereinbarten Zinsen auf ihr bereits angespartes Guthaben gut, wodurch sich das von den Klägern Angesparte im dargestellten Umfang

erhöht hat, ohne jedoch die Bausparsumme zu erreichen.

Die Beklagte kündigte die drei Verträge mit Schreiben vom 16.02.2015 gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit einer Frist von 6 Monaten zum20.08.2015.

Die Kläger sind der Ansicht, dass die Kündigungen unwirksam seien. Der Beklagten stehe ein Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zu. Bei § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB handele es sich um eine Verbraucherschutzvorschrift, auf die sich die Beklagte als Unternehmerin nicht berufen könne. Außerdem setze § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB den vollständigen Empfang des Darlehens voraus. Daran fehle es.

Die Beklagte vertritt hingegen die Ansicht, sie sei gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Kündigung der Bausparverträge berechtigt gewesen. Der Eintritt der Zuteilungsreife sei bei seither unterbliebenen Einzahlungen des Bausparers als der vollständige Empfang des Darlehens i. S. d. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB anzusehen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, bei den Bausparverträgen handele es sich während der Ansparphase um Darlehensverträge. Die Kläger seien Darlehensgeber und die Beklagte sei Darlehensnehmerin. Die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gelte für alle Arten von Darlehensverträgen, also auch für die hier vorliegenden. Die Ausübung des Kündigungsrechts stehe bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht allein Verbrauchern zu. Auf die Regelungen zu einer Kündigung nach den ABB der Beklagten komme es nicht an, da das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht abdingbar sei. Auch sei mit eingetretener Zuteilungsreife das Darlehen vollständig empfangen i. S. d. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 75 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen das Urteil des Landgerichts wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Sie sind der Auffassung, § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei aufgrund teleologischer Reduktion einschränkend dahin auszulegen, dass diese Norm nicht auf das Passivgeschäft von Banken, also die Verzinsung von Kundenanlagen, anwendbar sei, und verweisen insoweit insbesondere auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Stuttgart, Urteil vom 23.09.2015, Az.: 9 U 31/15, sowie einen Aufsatz von Weber, BB 2015, 2185 ff. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berufungsangriffe wird auf die Berufungsbegründung vom 22.03.2016 (Bl. 96 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Kläger stellen folgende Anträge:

1. Das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 04.02.2016 - 63 O 1317/15 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass die Kündigungen der Bausparverträge der Kläger mit der Beklagten Nrn. 001, 002 und 003 vom 16.02.2015 unwirksam sind.

3. Es wird festgestellt, dass die Bausparverträge der Kläger mit der Beklagten Nrn. 001, 002 und 003 über den 20.08.2015 ungekündigt fortbestehen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung i. H. v. 2.217,45 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie vertritt die Ansicht, zu Recht stelle der ganz überwiegende Teil der Rechtsprechung die grundsätzliche Berechtigung einer Bausparkasse, Bausparverträge in der Ansparphase gemäß § 489 Abs. 1 S. 2 BGB zu kündigen, nicht in Zweifel. Sie verweist auf den Sinn und Zweck sowie den Kollektivcharakter des Bausparens. Dass der Bausparer bei Zuteilungsreife das bereitgestellte Bauspardarlehen nicht in Anspruch nehmen müsse, sei eine Privilegierung des Bausparers, gebe diesem aber nicht das Recht, zu dem festgesetzten Zinssatz faktisch „ewig“ zu sparen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Ausführungen der Beklagtenseite wird auf die Berufungserwiderung vom 25.04.2016 (Bl. 117 ff. d. A.) und den weiteren Schriftsatz vom 23.06.2016 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 29.06.2016 (Bl. 145 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gründe

II. Die gemäß § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig.

In der Sache hat sie Erfolg. Die Kündigungen der Bausparverträge vom 16.02.2015 sind nicht wirksam (Tenor Ziffer I 1), weil der Beklagten ein Kündigungsrecht fehlt.

Dem Berufungsantrag Ziffer 3 kommt keine eigenständige Bedeutung zu. Die Beklagte hat sich weder in der vorgerichtlichen Korrespondenz (Anlage K 10 und K 11) noch im Rechtsstreit je eines anderen Vertragsbeendigungsgrundes berühmt als den der Kündigungen vom 16.02.2015. Die Kläger behaupten in der Klage vom 17.07.2015, wie die dortigen Ausführungen zur Zulässigkeit der Feststellungsklage belegen, solches auch nicht. Der Berufungsantrag Ziffer 3 spricht folgerichtig nur von „ungekündigten“ Verträgen. Die Auslegung des klägerischen Begehrens ergibt somit, dass die Kläger eine eigenständige Fortbestandsklage, über die gesondert zu entscheiden wäre, nicht erhoben haben.

1. Die dem Vertrag zugrundeliegenden ABB vermögen die erklärten Kündigungen nicht zu rechtfertigen. Die Voraussetzungen der Bestimmung des § 5 (3) ABB liegen nicht vor. Denn die Beklagte hat die Kläger vor den mit Schreiben vom 16.02.2015 jeweils erklärten Kündigungen nicht erfolglos aufgefordert, die bei den streitgegenständlichen Bausparverträgen noch rückständigen Regelsparbeiträge an sie zu entrichten.

2. Die Voraussetzungen für ordentliche Kündigungen der Bausparverträge durch die Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB liegen ebenfalls nicht vor.

Zwar entspricht es der herrschenden Rechtsprechung, dass ein Bausparvertrag durch die Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden kann, wenn er vollständig, d. h. bis zur Bausparsumme, angespart ist.

Dies beruht darauf, dass ein Bausparvertrag dem in § 1 ABB i. V. m. § 1 BauSparkG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens durch den Kunden in Höhe der Differenz zwischen Bausparsumme und Bauspareinlagen dient. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden. Für das fortbestehende Darlehen, das der Bausparer der Bausparkasse gewährt, eröffnet § 488 Abs. 3 BGB eine Kündigungsmöglichkeit (OLG Stuttgart, Beschlüssevom 14.10.2011, Az.: 9 U 151/11 und vom 30.03.2012, Az.: 9 U 171/15, Rn. 33 m. w. N., zitiert nach juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488 Rn. 548).

Allerdings wurde bei keinem der drei streitgegenständlichen Bausparverträge die volle Bausparsumme eingezahlt. Ebenso wenig haben die Zinsgutschriften die Guthabensalden der Kläger auf diesen Betrag angehoben.

3. Auch die Voraussetzungen für ordentliche Kündigungen der Bausparverträge durch die Bausparkasse gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen nicht vor.

Zwar ist die Beklagte im Rahmen der streitgegenständlichen Bausparverträge als Darlehensnehmerin anzusehen. Denn in der Ansparphase liegt die Darlehensgeberrolle beim Bausparer und die des Darlehensnehmers bei der Bausparkasse. Erst nach Zuteilung und Inanspruchnahme des Bauspardarlehens kehrt sich dies um und der Bausparer erhält die Differenz zwischen der vereinbarten Bausparsumme und dem angesparten Betrag als Darlehen ausgereicht, auf das er bereits bei Abschluss des Bausparvertrages eine Anwartschaft erworben hat (BGH, Urt. v. 07.12.2010, XI ZR 3/10).

Zudem kann dahinstehen, ob § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nach seinem Sinn und Zweck auf Sparverträge Anwendung findet, bei denen Einlagen an sogenannte „professionelle Darlehensnehmer“ geleistet werden (vgl. zum Meinungsstand: OLG Stuttgart, Urteil vom 23. September 2015, Az.: 9 U 31/15, juris, Rn. 101).

Denn jedenfalls ist der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife des Bauspardarlehens an den Bausparer nicht als vollständiger Empfang des von dem Bausparer der Bausparkasse gewährten Darlehens anzusehen. Auch eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kommt nicht in Betracht.

3.1 Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen. Ein Darlehen ist vollständig empfangen, wenn der Darlehensgeber es dem Darlehensnehmer entsprechend der darlehensvertraglichen Vereinbarung in Höhe des Darlehensnettobetrages zur Verfügung gestellt hat. Werden mehrere Teilzahlungen vereinbart, liegt ein vollständiger Empfang erst mit dem Eingang der letzten Teilzahlung vor (Münchner Kommentar zum BGB /Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, BGB [2015], § 489 Rn. 43 m.w.N; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 5).

Somit kommt es entscheidend darauf an, welche Zahlungen die Parteien vereinbart haben. Erst wenn nach dieser Vereinbarung keine weitere Teilzahlung mehr erfolgen soll, ist das gesamte Darlehen „empfangen“.

3.11 Der Zeitpunkt des vollständigen Empfangs wird nicht durch das Erreichen des Mindestbausparguthabens in Höhe von 40% der Bausparsumme (§ 11 (1) a) ABB) und auch nicht durch die erstmalige Zuteilungsreife des Bauspardarlehens bestimmt. Denn die Verpflichtung und der Anspruch des Bausparers zur Entrichtung weiterer Regelsparbeträge kommen durch keines der beiden Ereignisse in Wegfall.

Ausweislich § 11 (1) ABB ist die tatsächliche Zuteilung und damit die Bereitstellung von Bausparguthaben und Bauspardarlehen gemäß § 13 (1) ABB von weiteren Voraussetzungen abhängig. Das der Bausparkasse gewährte Darlehen bleibt vorerst schon deshalb nur teilvalutiert, weil der Bausparer weitere Sparleistungen erbringen darf und gemäß der Vereinbarung auch zu erbringen verpflichtet ist. Zudem sind die jährlich fälligen Zinsen auf das Bausparguthaben gemäß § 6 (3) und (4) ABB nicht auszuzahlen, sondern dem Bausparguthaben gutzuschreiben. Beides führt auf der Seite der Bausparkasse zu einem fortwährenden Empfang weiterer darlehensweise geleisteter Beträge. Es ist zwar zutreffend, dass die Kläger nach dem Erreichen der Zuteilungsreife bzw. nach erfolgter Zuteilung den Bausparvertrag tatsächlich nicht mehr aktiv bespart haben. Den Vertragsvereinbarungen der Parteien ist jedoch nicht zu entnehmen, dass damit seitens der Beklagten das gesamte Darlehen empfangen wäre. Die Zahlungseinstellung kann zudem zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen und vom Bausparer einseitig wieder beendet werden, indem er weitere Sparleistungen erbringt. § 6 (3) ABB führt ohnehin, worauf schon hingewiesen wurde, zu einem - wenn auch geringfügigen - Weiterbesparen.

Das vom Bausparer der Bausparkasse gewährte Darlehen erhöht sich damit fortlaufend. In dieser Situation kann für keinen Betrag unterhalb der vollen Bausparsumme und für keinen konkreten Zeitpunkt festgestellt werden, dass das Nettodarlehen vollständig und endgültig erbracht sei.

Entscheidend für die Bestimmung des vollständigen Empfangs des Darlehensbetrages ist die vertragliche Vereinbarung der Parteien, die als bestimmten Betrag lediglich die Bausparsumme ausweist. Solange diese nicht erreicht ist, hat der Eintritt der Zuteilungsreife keinen Einfluss auf die Verpflichtung und das Recht des Bausparers zur Entrichtung weiterer Regelsparbeträge. Zutreffend weist der 9. Senat des Oberlandesgerichts Stuttgart darauf hin, dass die Bausparkasse jedenfalls nicht dazu berechtigt ist, die Annahme ihr gemäß § 5 (1) Satz 2 ABB weiter angedienter Regelsparbeiträge mit Hinweis auf das Erreichen der Mindestsparsumme zu verweigern (OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2015, a. a. O., Rn. 47, zitiert nach juris).

Weil der Bausparer somit nach § 5 (1) Satz 2 ABB über die Zuteilung hinaus Regelsparbeiträge bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zu entrichten hat und leisten darf sowie der Darlehensvaluta jährlich eine Zinsgutschrift zugeschlagen wird, ist die Phase bis zum Auszahlungszeitpunkt des gesparten Geldes an den Bausparer eine Phase der fortbestehenden Teilvalutierung. Im Anschluss an die Zuteilung steht es dem Bausparer als Darlehensgeber zwar frei, durch die Annahme der Zuteilung und das damit verbundene Auszahlungsverlangen die Rolle des Darlehensgebers mit der des Darlehensnehmers zu tauschen und damit die Zeit, in der er der Bausparkasse ein Darlehen gewährt, zu beenden. Nicht aber steht der Bausparkasse dieses Recht zu. Denn die Annahme der Zuteilung von Seiten des Bausparers ist Voraussetzung dafür, dass ihm das Bausparguthaben zusammen mit dem Bauspardarlehen zur Verfügung gestellt wird, § 13 (1) ABB. 3.12

Für die vorliegenden drei Bausparverträge steht fest, dass die Kläger die jeweiligen Zuteilungen nicht angenommen haben und die vereinbarten Bausparsummen trotz weiterer Gutschriften nicht erreicht wurden. Sämtliche Verträge befinden sich nach wie vor in der Ansparphase. Die Voraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lagen deshalb bei keiner der Kündigungen vor.

3.2 Eine analoge Anwendung der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife bei Bausparverträgen scheidet zur Überzeugung des Senats ebenfalls aus. Eine normzweckorientierte Anwendung der Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB unter Berücksichtigung der für Bausparverträge charakteristischen Interessen- und Pflichtenlage der Vertragsparteien rechtfertigt nicht, eine Gleichstellung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife vorzunehmen. Die Beklagte beruft sich insoweit auf den Sinn und Zweck des Bausparens, auf den Kollektivgedanken bei Bausparverträgen und auf den Umstand, dass es vor dem Hintergrund fehlender vertraglicher Regelungen bei einer Verneinung der Kündigungsmöglichkeit in analoger Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB faktisch zu einem „ewigen“ Sparrecht des Bausparers (bei unveränderlichem und nicht (mehr) marktgerechtem Zins) käme. Diese von zahlreichen Obergerichten (bspw. OLG Celle, Beschluss vom 17.02.2016, 3 U 208/15; OLG Köln, Urteil vom 15.02.2016, 13 U 151/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30.12.2015, 31 U 191/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 18.01.2016, 8 U 1064/15) und von Teilen der Literatur (vgl. u. a. Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 ff.) für eine analoge Anwendung herangezogenen Argumente überzeugen den Senat nicht. Er schließt sich der vom 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart (a. a. O., Rn. 68 ff., zitiert nach juris) vertretenen Auffassung an, die keinen durchgreifenden Grund für eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf Fälle wie die vorliegenden anerkennt.

Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Vorliegen der vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassenen Lücke und ihre Planwidrigkeit müssen dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können. Für eine Analogie ist weiter erforderlich, dass der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Beschluss vom 20. November 2014, Az.: IX ZB 16/14, WM 2015, 131).

3.21 Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit liegt nicht vor.

Wie das Oberlandesgericht Stuttgart überzeugend festgestellt hat, lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen, dass mit der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei von herkömmlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträgen auch der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife erfasst werden sollte (OLG Stuttgart, a. a. O., Rn. 55). Zudem spricht das bewusste Unterlassen der Schaffung einer Regelung zur vorzeitigen Kündigung seitens der Bausparkassen bei der letzten Änderung des Bausparkassengesetzes vom 21.12.2015 gegen eine planwidrige Gesetzeslücke. Dem Gesetzgeber waren die Probleme der Bausparkassen bekannt, die daraus resultieren, dass in der bestehenden Niedrigzinsphase die Besparung von Bausparverträgen von Bausparern als lukrativ und die Inanspruchnahme von bereitgestellten Baudarlehen als unattraktiv angesehen werden. Ebenso war ihm die bestehende Rechtsunsicherheit im Bezug auf das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bekannt. Gleichwohl hat er es unterlassen, eine klarstellende oder verdeutlichende Änderung des Gesetzeswortlautes herbeizuführen. Dies spricht gegen das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke (OLG Stuttgart, a. a. O., Rn. 57).

3.22 Auch eine Interessenabwägung führt nicht zu dem von der Beklagten gewünschten Ergebnis.

Zweck eines Bausparvertrages ist aus Sicht des Bausparers der Erhalt eines zinsgünstigen, nachrangig zu besichernden Darlehens unterhalb des Marktzinsniveaus. Die Voraussetzungen hierfür hat er durch die Leistung der vertraglichen Regelsparbeiträge an die Zweckgemeinschaft der Bausparer zu schaffen, für die er - nach der herkömmlichen Ausgestaltung - eine unterhalb des Marktniveaus liegende Habenverzinsung in Kauf zu nehmen hat. Dieses sich gegenseitig bedingende Wechselverhältnis zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen innerhalb der beschränkten Personengruppe der Bausparer ist maßgebend für das Bauspargeschäft und wird in § 1 Abs. 1 und 2 BauSparkG definiert.

Auch die Bausparkasse macht dem Kunden im Hinblick auf den Zeitpunkt einer Auszahlung keine feste Zusage, sondern setzt bei Vertragsabschluss - für den jeweiligen Kunden erkennbar - voraus, dass ihr für eine Darlehenszuteilung die Mitglieder des Bausparkollektivs ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt haben.

Der Bausparer seinerseits schließt den Bausparvertrag nicht selten (noch) ohne eine konkrete Bauabsicht und in diesem Fall im Hinblick darauf, dass er in einigen Jahren trotz einer Hochzinsphase die Möglichkeit hat bzw. behält, eine überwiegend fremdfinanzierte Immobilie zu erwerben. In Zeiten von Niedrigzinsen kann der Zweck des Bausparvertrages, ein Darlehen mit Zinsen unter dem Marktzinsniveau zu erhalten, für den Bausparer unter diesem Gesichtspunkt oft nicht erreicht werden. Ein Zinsniveau kann sich jedoch in den dann folgenden Jahren wieder ändern. Es kann sich dahin verändern, dass die Annahme des Darlehens für den Bausparer wieder attraktiv wird. Das Zuwarten ist für einen solchen Fall ein systemgerechtes Verhalten und auch durch die anfänglich unterhalb des Marktniveaus liegende Habenverzinsung vom Bausparer erkauft.

Der Eintritt der Zuteilungsreife verschafft dem Bausparer also nicht jene von der Beklagten behauptete besondere Rechtsposition, mit der er die Bausparkasse unangemessen lange an einen bereits bei Vertragsschluss fest vereinbarten Guthabenzinssatz binden kann. Die ABB sehen kein Recht des Bausparers vor, die Regelbesparung bei Zuteilungsreife oder Zuteilung einzustellen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 17.02.2016, Az.: 9 U 137/15, und Urteil vom 30.03.2016, Az.: 9 U 171/15, dort Rn. 68 f., zitiert nach juris). § 5 (1) 1 ABB enthält die Verpflichtung des Bausparers, über den Eintritt der Zuteilungsreife hinaus und sogar noch nach der Annahme der Zuteilung die Regelsparbeiträge bis zum ersten Auszahlungszeitpunkt zu bezahlen. Kommt er dem nicht nach, so verhält er sich vertragswidrig und gibt der Bausparkasse gemäß § 5 (3) ABB die Möglichkeit, sich nach erfolgloser Aufforderung zur Zahlung durch Kündigung vom Vertrag zu lösen. Der Bausparkasse steht somit ein wirksames Instrument zur Verfügung, mit dem sie den Kunden zur Einhaltung der Leistungspflichten anhalten kann. Die Beklagte hätte somit in den drei streitgegenständlichen Verträgen entweder bereits die Voraussetzungen für eine Kündigung gemäß § 5 (3) ABB herbeiführen können, falls die Kläger trotz Aufforderung ihren Leistungspflichten nicht nachgekommen wären, oder andernfalls eine Kündigung gemäß § 488 Abs. 3 BGB wegen erfolgter Vollbesparung aussprechen können (vgl. Teil II. 1.). Es lag und es liegt noch in der Hand der Bausparkasse, das faktische Ruhen des Vertrages durch die Aufforderung zur Wiederaufnahme der Zahlungen und durch Ausgleichung von Rückständen zu beenden. Dies hätte nach einer Zeit von ca. 10 Jahren nach Zuteilung zur Beendigung der Verpflichtung zur Zinszahlung und Rückführung des Kapitals an den Bausparer geführt.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann nicht davon gesprochen werden, dass die vertraglichen Regelungen in den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) die Interessen einer Partei, hier der Beklagten, nicht hinreichend berücksichtigen. Die Beklagte hatte und hat auch jetzt noch die Möglichkeit, der von ihr als unabwendbar bezeichneten Folge „ewiger“ Festverzinsung des überlassenen Kapitals oberhalb des Marktzinses in Anwendung der konkret vereinbarten vertraglichen Bedingungen ein absehbares Ende zu bereiten.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Argumentation nimmt der Senat auf die auch insoweit überzeugenden und detaillierten Ausführungen des Oberlandesgerichts Stuttgart im Urteil vom 30.03.2016 (a. a. O., Rn. 53 bis 75; zitiert nach juris) Bezug.

4. Die Verpflichtung zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB. Durch die unberechtigte Kündigung hat die Beklagte ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt. Die notwendigen Rechtsverfolgungskosten betragen unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr, einer Auslagenpauschale von 20,00 € und der Umsatzsteuer in Höhe von 19% insgesamt 958,19 €. Für die Gebührenrechnung ist ein Gegenstandswert von 10.635,42 € anzusetzen. Insoweit wird auf den Beschluss des Senats vom 29.06.2016 verwiesen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen.

Die Frage, ob Bausparverträge nach Eintritt der Zuteilungsreife die seit mehr als 10 Jahren nicht mehr (mit Ausnahme der Zinsgutschriften) bespart wurden, in (analoger) Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB von der Bausparkasse gekündigt werden können, beantworten Obergerichte unterschiedlich (wie hier: OLG Stuttgart, a. a. O.; abweichend zu hiesiger Entscheidung: OLG Köln, Urteil vom 15.02.2016, Az.: 13 U 151/15; OLG Celle, Beschlüsse vom 15.02.2016, Az.: 3 U 163/15, und vom 17.02.2016, Az.: 3 U 208/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30.12.2015, Az.: 31 U 191/15). Die Revision war daher zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Die aufgeworfene Rechtsfrage ist wegen der Vielzahl gleichartig gelagerter Fälle auch von grundsätzlicher Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.11.2015 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.


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(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015, Az. 25 O 89/15, teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag Nr. 1 938 … vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten in Höhe von 413,64 EUR freizustellen.

2. Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

5. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf bis zu 4.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages, den sie am 13. September 1978 über die Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 EUR) abgeschlossen hat. Die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II (im Folgenden ABB) enthalten folgende Bestimmungen:
§ 1 Vertragszweck
(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. (…)
(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.
§ 12 Zuteilungsnachricht
10 
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.
12 
§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme
13 
(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.
(2) (…)
14 
§ 14 Vertragsfortsetzung
15 
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
16 
(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. (…)
17 
Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3 % p.a. zu verzinsen und gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5 % p.a. zu gewähren.
18 
Der Vertrag wurde am 1. April 1993 zuteilungsreif. Am 1. Januar 2015 bestand ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR. Die Beklagte kündigte am 12. Januar 2015 den Bausparvertrag unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 24. Juli 2015.
19 
Auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
20 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Bausparkasse könne sich auf das Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Das Tatbestandsmerkmal des vollständigen Empfangs des Darlehens sei mit der eingetretenen Zuteilungsreife erfüllt.
21 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Auffassung, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien nicht erfüllt. Sie beabsichtige, das Bauspardarlehen in zwei bis drei Jahren für ihre Kinder in Anspruch zu nehmen.
22 
Wegen der Nebenforderung hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen.
23 
Die Klägerin beantragt:
24 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart Az. 25 O 89/15, verkündet am 15. September 2015, wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag mit der Nummer „1 938 …“ vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
25 
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 571,44 EUR freizustellen.
26 
Die Beklagte beantragt:
27 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
28 
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.
II.
29 
Die gemäß § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig und - mit Ausnahme eines geringfügigen Teils der Nebenforderung - begründet. Der Beklagten steht kein Kündigungsrecht zu.
30 
1. Die dem Vertrag zugrundeliegenden ABB vermögen die erklärte Kündigung nicht zu rechtfertigen; das macht die Beklage auch nicht geltend. Sie geht zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen der Bestimmung des § 5 Abs. 3 ABB nicht vorliegen.
31 
2. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, sie sei kraft Gesetzes berechtigt, den Vertrag zu kündigen, muss ihr der Erfolg versagt werden. Auf das Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Die von der Beklagten erklärte Kündigung findet ihre Rechtfertigung weder in § 488 Abs. 3 BGB (a.) noch ist hier die Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB direkt (b.) oder entsprechend (c.) anwendbar. Auch aus § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 Satz 2 BGB, ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht (d.).
32 
a. Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB liegen nicht vor.
33 
aa. Allerdings entspricht es der herrschenden Meinung, dass ein Bausparvertrag durch die Bausparkasse dann gemäß § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden kann, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn beim Bausparvertrag handelt es sich während der Ansparphase um einen Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Der Bausparvertrag dient dem in § 1 ABB i. V. m. § 1 BauSparkG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen Bausparsumme und Bauspareinlagen. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris; OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2015 - 13 U 104/14, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488 Rn. 548).
34 
bb. Eine Vollbesparung liegt jedoch nicht vor.
35 
(1) Unstreitig betrug das angesparte Bausparguthaben des über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR abgeschlossenen Vertrages zum Zeitpunkt der Kündigung 15.772,48 EUR.
36 
(2) Die Auffassung der Beklagten, die rückständigen Beiträge würden die Differenz zwischen dem aktuellen Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, so dass kein Bauspardarlehen mehr ausgezahlt werden müsste und daher ein Kündigungsrecht wie bei einer Vollbesparung bestehe, trifft nicht zu. Die Bestimmung des § 5 Abs. 4 ABB führt nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht ist. Nach dieser Vorschrift tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Bausparvertrag im Falle der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge gemäß § 5 Abs. 3 ABB zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13 ABB) oder bereitzustellende (§ 14 ABB) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen. Es kann dahinstehen, in welcher Höhe Rückstände aufgelaufen sind. Denn das Vorliegen dieser Voraussetzungen macht die Beklagte, die sich für die Berechtigung ihrer Kündigung gerade nicht auf § 5 Abs. 3 ABB stützt, weder geltend, noch sind sie sonst ersichtlich. § 5 Abs. 3 ABB erfordert eine vorherige schriftliche, erfolglose Aufforderung der Bausparkasse, die nicht geleisteten Bausparbeiträge zu entrichten; dazu ist nichts vorgetragen.
37 
Im Übrigen findet § 5 Abs. 4 ABB nur bei zugeteilten Bausparverträgen Anwendung. Die Zuteilung nach § 1 Abs. 5 BauSparkG liegt erst mit ihrer Annahme durch den Bausparer gemäß § 12 Abs. 1 ABB vor. Erst dann wird das Bauspardarlehen nach § 13 Abs. 1 ABB bereitgestellt oder ist es im Fall des § 14 Abs. 2 ABB bereitzustellen.
38 
Deshalb kann offen bleiben, ob eine Bausparkasse, die jahrelang die Nichtzahlung von Regelsparbeiträgen hinnimmt, ihr Kündigungsrecht verwirkt und es erst nach erneuter Zahlungsaufforderung bei zukünftigen Rückständen ausüben kann (so Weber, ZIP 2015, 961 [966]).
39 
cc. Die ordentliche Kündigung lässt sich auch nicht mit dem Argument des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin rechtfertigen, weil diese das Ziel des Erhalts eines Bauspardarlehens aufgegeben habe, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung gemeint hat. Aus der gegenwärtigen Niedrigzinsphase lässt sich nicht ableiten, die Klägerin habe endgültig ihr Interesse an ein Bauspardarlehen verloren. Die weitere Zinsentwicklung lässt sich nicht sicher prognostizieren und die gegenwärtige Markteinschätzung der Beklagten erlaubt keine Feststellungen über die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen auf keinen Fall mehr in Anspruch nehmen zu wollen. Ein offenkundig rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin liegt nicht vor. Sie hat die Niedrigzinsphase nicht zu verantworten und macht aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen die Rechte aus der Zuteilung nicht geltend.
40 
b. Die Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung durch die Bausparkasse gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen nicht vor. Es kann dahinstehen, ob die Bestimmung von ihrem Sinn und Zweck her auf Sparverträge Anwendung findet, bei denen Einlagen an sogenannte „professionelle Darlehensnehmer“ geleistet werden (vgl. zum Meinungsstand: Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, juris, Rn. 101; Weber, ZIP 2015, 961; ders., beck-Online.Großkommentar [BeckOGK]/Weber, Stand 1. Februar 2016, BGB, § 489 Rn. 9.1, Rn. 13ff.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800). Jedenfalls ist der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife des Bauspardarlehens an den Bausparer nicht der vollständige Empfang des von dem Bausparer an die Bausparkasse gegebenen Darlehens.
41 
aa. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
42 
(1) Allerdings handelt es sich bei einem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit gebundenen Sollzinssatz, der die Besonderheit aufweist, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris, und Beschluss vom 4. Februar 2014 - 9 U 202/13; Mülbert/Schmitz FS Horn (2006), S. 777; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800; Weber, BB 2015, 961).
43 
(2) Der Zeitpunkt des vollständigen Darlehensempfangs unterliegt jedoch grundsätzlich der Disposition der Parteien, die privatautonom die Auszahlungsmodalitäten vereinbaren können. Denn die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begrenzt nicht die Privatautonomie der Parteien bezüglich der Regelung des Zeitpunkts des Darlehensempfangs und der Höhe des Darlehensbetrages. Bereits die in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. enthaltene Vorgängernorm diente nach der Gesetzesbegründung dem Schuldnerschutz vor überlangen Zinsbindungen. Sie geht auf § 18 Abs. 2 Hypothekenbankgesetz (HypBG, RGBl I 1899, 375) zurück, die für Hypothekendarlehen dieses zwingende Kündigungsrecht schon seit vielen Jahren enthielt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22 f.). Weder diese Vorschrift noch § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. oder § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lassen den Schutz bereits in der Valutierungsphase beginnen. Ein Darlehen ist vollständig empfangen, wenn der Darlehensgeber es dem Darlehensnehmer entsprechend der darlehensvertraglichen Vereinbarung in Höhe des Darlehensnettobetrages zur Verfügung gestellt hat. Werden mehrere Teilzahlungen vereinbart, liegt ein vollständiger Empfang erst mit dem Eingang der letzten Teilzahlung vor (MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 43 m.w.N; Herberger/Martinek/Rüßmann/Schwintowski, jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 489 BGB Rn. 9; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 5). Somit kommt es entscheidend darauf an, welche Teilzahlungen die Parteien vereinbart haben. Erst wenn diese Vereinbarung erfüllt und keine weiteren Teilzahlungen mehr offen sind, ist das gesamte Darlehen empfangen.
44 
bb. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife liegt kein vollständiger Empfang des Darlehens i.S.v. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor.
45 
(1) Der Eintritt der Zuteilungsreife (§ 11 ABB) hat gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB auf die Verpflichtung zur Entrichtung des Regelsparbeitrags, also zur Valutierung des vom Bausparer der Bausparkasse zu gewährenden Darlehens, keinen Einfluss, weshalb er zur Bestimmung der vereinbarten Darlehenshöhe nicht geeignet ist (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 49.1).
46 
Nach § 14 Abs. 1 ABB wird der Bausparvertrag im Falle einer Nichtannahme der Zuteilung oder einer nicht fristgemäß abgegebenen Annahmeerklärung fortgesetzt. Die vertragliche Pflicht zur Zahlung des Regelsparbeitrages gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB gilt weiter.
47 
(2) Die Höhe der vereinbarten Darlehenssumme ist durch Auslegung der Allgemeinen Bausparbedingungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages zu bestimmen. Der einzige im Vertrag konkret bestimmte Betrag ist die Bausparsumme von 20.154,68 EUR, die allerdings nach § 2 ABB sowohl das Bausparguthaben als auch das Bauspardarlehen umfasst. Das Bausparguthaben ist das Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse. Aus § 11 Abs. 1 lit. a und b der ABB ergibt sich eine Mindestlaufzeit von 18 Monaten und ein Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme, also von 8.061,87 EUR. Daraus lässt sich jedoch die Vereinbarung eines Nettodarlehensbetrages noch nicht ableiten. Aus den § 13 Abs. 1, § 11 Abs. 1 lit. b ABB i. V. m. § 1 ABB ist lediglich erkennbar, dass dieser durch die Bausparsumme begrenzt ist, also zwischen dem Mindestsparguthaben von 40 % und 100 % der Bausparsumme liegt. Bei dem Bausparvertrag und damit auch bei dem Bausparguthaben sind zudem die Ungewissheit sowohl des Zeitpunkts des Eintritts der Zuteilungsreife als auch des Abrufs des Bauspardarlehens seitens des Bausparers, der zur Auszahlung führt, zu berücksichtigen. Den ersten Zeitpunkt hat der Bausparer nicht allein in der Hand. Der zweite Zeitpunkt, der von dem ersten abhängig ist, kann von dem Bausparer bestimmt werden. Daher lässt sich die Höhe des Darlehens allenfalls nach dem Umfang der Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Sparbeiträge des Bausparers ermitteln (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 47ff.).Zudem ist die Bausparkasse nicht berechtigt, den vertraglichen Zinsanspruch des Bausparers durch Verweigerung der Annahme der vereinbarten Sparbeiträge zu vereiteln.
48 
(3) Auch aus den Bestimmungen über die Regelsparbeiträge lässt sich die vereinbarte Nettodarlehenssumme indessen nicht ermitteln:
49 
Nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB ist der Bausparer berechtigt und verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zu entrichten. Daher ist die volle Ansparphase bis zum Auszahlungszeitpunkt eine Phase der fortlaufenden Teilvalutierungen. Da der Bausparer weder zur Annahme der Zuteilung noch zum Auszahlungsverlangen des Darlehens verpflichtet ist (arg. e § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 18 ABB) und der Bausparvertrag dann nach § 14 Abs. 1 ABB fortgesetzt wird, ist die maximale Höhe des „Darlehens“ des Bausparers durch die Höhe der Bausparsumme begrenzt. Im Fall der erfolgten Zuteilung steht es dem Bausparer als Darlehensgeber folglich durch sein Auszahlungsverlangen frei, die Darlehenssumme zu begrenzen.
50 
(4) Das erhellt zugleich, dass auch die Zuteilungsnachricht (§ 12 ABB) als Wissens- und Willenserklärung der Bausparkasse (Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 781) und selbst die Annahme der Zuteilung auf die vereinbarte Darlehenssumme keinen Einfluss hat. Gemäß § 13 Abs. 1 ABB führt die Annahme der Zuteilung lediglich zur Verpflichtung der Bausparkasse, die Bausparsumme in der Form des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens bereitzuhalten. Die Auszahlung hängt zusätzlich von dem Abruf durch den Bausparer ab. Bis dahin bleibt er nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB zur Zahlung der Regelsparbeiträge berechtigt und verpflichtet.
51 
(5) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus § 489 Abs. 1 Nr. 2, 2. Hs. BGB nichts anderes. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann, wie bereits ausgeführt, der Vertrag nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens gekündigt werden. Nach dem 2. Halbsatz dieser Regelung tritt dann, wenn nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen wird, der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Empfangs. Damit setzt die dort geregelte Maßgeblichkeit der Vereinbarung für den Fristbeginn voraus, dass diese nach dem vollständigen Darlehensempfang getroffen wurde. Auf die Vollständigkeit des Empfangs des Darlehens wird nicht verzichtet. Der 2. Halbsatz des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stellt mit der Vereinbarung vielmehr eine zusätzliche Voraussetzung für die Möglichkeit der Kündigung auf, die im Vergleich zum 1. Halbsatz der Bestimmung, der ausschließlich auf den vollständigen Erhalt des Darlehens abstellt, zu einem weiteren Hinausschieben der Kündigungsmöglichkeit führt (Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 45).
52 
cc. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lässt sich auch nicht dahingehend auslegen, dass der „vollständige Empfang“ den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife mit erfasst (so aber Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 51, sowie Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 [1803]). Sinn und Zweck der Vorschrift erfordern eine solche Auslegung auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages nicht. Diesen werden vielmehr durch die ABB und sonstigen gesetzlichen Bestimmungen Rechnung getragen. Die gegenteilige Auslegung widerspricht dem Wesen des Bausparvertrages. Ob ein Darlehen vollständig empfangen ist, ist nicht nur aus Sicht des Schuldners des Darlehens zu beurteilen, wie die Beklagte meint, sondern auch aus Sicht der Bausparkasse, die insoweit die Interessen der Zweckgemeinschaft der Bausparer wahrzunehmen hat. Diese hat ein Interesse, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen. Der Erwerb eines bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen während der Ansparphase setzt die im Wechselverhältnis stehenden vertraglichen Hauptleistungspflichten von Leistung der Sparbeiträge und Gewährung eines Bauspardarlehens nicht außer Kraft.
53 
c. Eine rechtsentsprechende Anwendung der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife bei Bausparverträgen kommt nicht in Betracht. Der Meinung der Beklagten, eine normzweckorientierte Anwendung der Vorschrift unter Berücksichtigung der für Bausparverträge charakteristischen Interessen- und Pflichtenlage der Vertragsparteien rechtfertige die Gleichstellung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife (so auch Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; daran anknüpfend Edelmann/Suchowerskyj, WM 2015, 1800; sowie Rollberg, EWiR 2016, 3; Simon, EWiR 2015, 723; OLG Celle, Beschluss vom 3. Februar 2016 - 3 U 192/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016 - 5 O 38/15; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016 - 13 U 151/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015 - 31 U 191/15, juris), vermag der Senat nicht zu folgen.
54 
Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Vorliegen der vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassenen Lücke und ihre Planwidrigkeit muss dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers - und das ist der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte. Für eine Analogie ist weiter erforderlich, dass der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Beschluss vom 20. November 2014 - IX ZB 16/14, WM 2015, 131).
55 
aa. Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit liegt nicht vor. Dass vom Gesetz mit der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei von herkömmlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträgen auch der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife erfasst werden sollte, lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. Der historische Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., der Vorgängerbestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, von der zu diesem Zeitpunkt schon seit langem geltenden Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG a.F. leiten lassen (BT-Drucks. 10/4741, S. 23, s. bereits oben unter II.2.b.aa [2]). Nach § 18 Abs. 2 S. 1 HypBG a.F. durfte das Recht der Rückzahlung nur bis zu einem Zeitraume von zehn Jahren ausgeschlossen werden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung begann dieser Zeitraum mit der Auszahlung des Darlehens, im Falle der Auszahlung in Teilbeträgen mit der letzten Zahlung. Der 2. Halbsatz entspricht § 489 Abs. 1 Nr. 2 2. Hs. BGB.
56 
Nach der Gesetzesbegründung zur Einführung der Kündigungsrechte in § 609a BGB a.F. wollte der Gesetzgeber die zu weite Schuldnerschutzvorschrift des § 247 Abs. 1 BGB a.F. auf ein angemessenes Maß zurückführen und insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite das Prinzip der vertraglichen Bindung und Risikozuweisung durchsetzen. Dem widersprach das freie Kündigungsrecht nach § 247 BGB a.F. bei einem Zinssatz von mehr als 6 % unabhängig von der Marktentwicklung. Der Gesetzgeber hat bei dieser Gelegenheit - ohne nähere Begründung - die Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG auf sämtliche festverzinslichen Kredite ausgedehnt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22). Ziel war also im Wesentlichen nicht die von der Beklagten vertretene Ausweitung, sondern die Begrenzung der Kündigungsmöglichkeiten.
57 
Dass insoweit nicht eine vom Gesetzgeber nicht geplante, sondern vielmehr eine bewusste Regelungslücke vorliegt, ist insbesondere an der durch Gesetz vom 21. Dezember 2015 erfolgten Änderung des Bausparkassengesetzes ersichtlich. In Kenntnis der Kleine[n] Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 4. Februar 2015 (BT-Drucks. 18/3944) sowohl bezüglich der Kündigungen von Bausparkassen infolge der durch die Niedrigzinsphase bedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten als auch bezüglich eines Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zehn Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife (Nr. 9), hat die Bundesregierung im Oktober 2015 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes der Bausparkassen vorgelegt (BT-Drucks. 18/6418). Dieser - durch den Gesetzgeber am 21. Dezember 2015 insoweit umgesetzte - Entwurf sah trotz der bestehenden Rechtsunsicherheit eine klarstellende oder verdeutlichende Ausweitung des „vollständigen Empfangs“ eines Darlehens auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht vor, obwohl Ziel u. a. die Verbesserung der Reaktionsmöglichkeiten auf die anhaltende Niedrigzinsphase war (BT-Drucks. 18/6418, S. 1). Die Bundesregierung sah ausweislich ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage vom 4. Februar 2015 bzgl. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinen - klarstellenden - Handlungsbedarf (vgl. BT-Drucks. 18/4195, S. 3 zu Nr. 9).
58 
bb. Gleichfalls ist der rechtlich hier zu beurteilende Sachverhalt nicht mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar. Das ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte den Schutz der Bausparergemeinschaft bemüht, einer Gemeinschaft, die gerade im Vergleich zu herkömmlichen Darlehensverträgen im Rahmen rechtlicher Beurteilungen andere Schlussfolgerungen zulässt (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360).
59 
cc. Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen, weil die Interessenabwägung keine Analogie rechtfertigt.
60 
(1) Der Zweck des Bausparvertrages ist aus Sicht des Bausparers der Erhalt eines zinsgünstigen, nur nachrangig zu besichernden Darlehens unterhalb des Marktniveaus. Die Voraussetzungen hierfür hat er durch die Leistung der vertraglichen Regelsparbeiträge an die Zweckgemeinschaft der Bausparer zu schaffen, für die er - nach der herkömmlichen Ausgestaltung - eine unterhalb des Marktniveaus liegende Habenverzinsung in Kauf zu nehmen hat. Dieses sich gegenseitig bedingende Wechselverhältnis zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen innerhalb der beschränkten Personengruppe der Bausparer ist maßgebend für das Bauspargeschäft und wird in § 1 Abs. 1 und 2 BauSparkG definiert (Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz, 5. Aufl. § 1 Anm. 1). Die charakteristische Prägung des Bauspargeschäfts ergibt sich zusätzlich aus der Vertragszweckbestimmung des § 1 ABB sowie den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II, die auf das zinsgünstige Bauspardarlehen auf Grund von bedingungsgemäßen Ansparleistungen hinweisen.
61 
(2) Es lässt sich nicht mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang bringen, das „charakteristische gemeinsame Sparziel“ des Bausparvertrages lediglich mit der Erlangung der „Möglichkeit der Ausübung der Option zur Erlangung eines Bauspardarlehens“ zu definieren, wie die Beklagte meint.
62 
(a) Aus § 1 Abs. 2 BauSparkG ergibt sich keine einschränkende Zweckbestimmung. Zwar ist nach der dort enthaltenen Legaldefinition Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Diese Vorschrift darf aber nicht isoliert als allein Zweck bestimmend herangezogen werden (so aber Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 550). Mit der Formulierung, der Bausparer erwerbe einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, bringt der Gesetzgeber vielmehr zum Ausdruck, dass, anders als bei einem gewöhnlichen Darlehen oder einem Forward-Darlehen, der Darlehensauszahlungsanspruch nicht bereits mit Vertragsschluss begründet wird, sondern von der bausparvertragstypischen Ansparleistung des Bausparers und den Sparleistungen des Kollektivs abhängig ist. Insbesondere ist § 1 Abs. 2 BauSparkG im Zusammenhang mit der zentralen Begriffsbestimmung des Bauspargeschäfts in § 1 Abs. 1 BauSparkG (s.o.) sowie der damit bezweckten Wohnungsbauförderung (§ 1 Abs. 3 BauSparkG) zu sehen. Er ergänzt lediglich die tatsächlich begriffsprägende Vorschrift des § 1 Abs. 1 BauSparkG.
63 
Auch die Gesetzesmaterialien geben für die einschränkende Zweckbestimmung keinen Anhaltspunkt. Die Gesetzesbegründung zum Bauspargesetz (BT-Drucks. VI/1900, S. 9 ff.) beschreibt das Wesen des Bauspargeschäfts in der Ansammlung von Kapital zur nachstelligen Finanzierung des Wohnungsbaus. Als charakteristisch wird das Kollektiv, also die Geschlossenheit des Personenkreises beschrieben, deren Mitglieder zunächst bis zur Auszahlung des Bausparguthabens Gläubiger und später nach Zuteilung des Bauspardarlehens Schuldner der Bausparkasse werden. Dabei betont der Gesetzgeber das Wechselverhältnis von Verzicht auf einen nicht marktgerechten Einlagenzins zu Gunsten eines niedrigen Darlehenszinses. Das Entstehen des bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen nach Eintritt der Zuteilungsreife wird nicht als Zwischenziel erwähnt. Es wird auf den Auszahlungszeitpunkt abgestellt. Dem entspricht § 5 Abs. 1 S. 2 ABB.
64 
(b) Die Auffassung der Beklagten, Zweck des Bauspargeschäfts sei lediglich die Erlangung des Optionsrechts, anstelle des Darlehens selbst, widerspricht zudem dem von ihr in § 1 ABB selbst definierten Vertragszweck. Ihre Auffassung beachtet nicht die Nachteile des Bausparers bei der Hinnahme einer unterhalb des Marktniveaus liegenden Verzinsung des Bausparguthabens. Hierzu ist der Bausparer bereit, weil ihm die daraus resultierenden Vorteile der Zweckgemeinschaft der Bausparer zugutekommen. Anschließend kann er ein zinsgünstiges Bauspardarlehen unterhalb des Marktniveaus nutzen. Der Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrages selbst stellt daher noch nicht den wirtschaftlichen Ausgleich für die bereits in der Ansparphase hingenommenen wirtschaftlichen Nachteile dar.
65 
(c) Der Erhalt eines Anspruchs auf ein Darlehen ist lediglich ein notwendiges Zwischenziel. Dem kommt entgegen der Auffassung der Beklagten (so auch Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800) keine überragende Bedeutung im Sinne einer Zweckerreichung zu. Dies folgt aus den Besonderheiten der Vergabe der Bauspardarlehen aus den begrenzten Mitteln des Kollektivs der Bausparer.
66 
Gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG können sich Bausparkassen vor Zuteilung eines Bausparvertrages nicht verpflichten, die Bausparsumme zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuzahlen. Die Bausparkasse kann erst dann Bauspardarlehen ausreichen, wenn ihr von den Mitgliedern des Bausparkollektivs ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Die Mindestwartezeit lässt sich anhand der Bausparbedingungen errechnen. Bei dem vertraglich vereinbarten Regelsparbeitrag in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme (§ 5 Abs. 1 S. 1 ABB) sowie einem Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme als Zuteilungsvoraussetzung (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) dauert die Ansparphase auch unter Berücksichtigung der Guthabenzinsen von 3 % p.a. (§ 6 Abs. 1 ABB) etwas mehr als sieben Jahre. Diese bausparvertragstypische, regelmäßig mehrjährige Wartezeit bringt es mit sich, dass der Bausparer bei Vertragsabschluss noch nicht absehen kann, wann ihm ein Bauspardarlehen gewährt werden kann (BT-Drucks. VI/1900, S. 10ff.). Ihm ist eine verlässliche Planung nicht möglich.
67 
Zudem besteht eine auf wohnungswirtschaftliche Maßnahmen beschränkte Verwendungsmöglichkeit des Darlehens, § 1 Abs. 2 ABB. Für den Bausparer besteht somit das Risiko, dass ihm die angebotene Zuteilung der Bausparsumme zeitlich ungelegen kommt, weil sein geplanter Verwendungszweck sich zwischenzeitlich erledigt hat oder erst später ansteht. Daher besteht keine Pflicht zur Annahme der Zuteilung, worauf in den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bausparbedingungen ausdrücklich hingewiesen wird.
68 
(3) Der Eintritt der Zuteilungsreife verschafft dem Bausparer nicht eine besondere Rechtsposition, mit der er die Bausparkasse unangemessen lange an einen bereits bei Vertragsschluss fest vereinbarten Guthabenzinssatz binden kann.
69 
Fehl geht das Argument der Beklagten, mit Erreichen der Zuteilungsreife könne der Bausparer seine Sparleistungen einstellen, aber gleichzeitig die Bausparkasse an die bei Vertragsabschluss fest vereinbarten Guthabenzinsen binden. Die ABB sehen kein Recht des Bausparers vor, die Regelsparbeiträge einzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). § 5 Abs. 1 ABB enthält die Verpflichtung des Bausparers, über den Eintritt der Zuteilungsreife hinaus und sogar noch nach der Annahme der Zuteilung die Regelsparbeiträge bis zum ersten Auszahlungszeitpunkt zu bezahlen. Die vereinzelt vertretene Auffassung, es bestehe keine Pflicht zur Zahlung der Regelsparbeiträge, der Sparer könne vielmehr die Zahlungen aussetzen oder der Höhe nach variieren (Laux, VW 1996, 328; Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen [BAKred], ZIP 1995, 691 [695]; Oiwoh, Zur Kündigung von Bausparverträgen im deutschen und österreichischen Recht, Diplomarbeit 2016, Graz, S. 9), trifft nicht zu. Bei der Zweckspargemeinschaft der Bausparer ist die Einzahlung der Sparbeiträge Hauptleistungspflicht der Bausparer (Schäfer/Cirpka/Zehnder, aaO, § 5 Anm. 27; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 542). Nur durch ihre Einlagenzahlungen ist die Ausreichung der Bauspardarlehen an andere Mitglieder möglich. Sie sind prägend für das Kollektivsystem zwischen Bausparern und Kreditnehmern (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 46; Schimansky/Bunte/Lwowski/Rümker/Winterfeld, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 124 Rn. 167). Die Regelung über die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrags in den ABB der Beklagten ist nach dem Wortlaut eindeutig als Vertragspflicht ausgestaltet (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). Systematisch regelt § 5 Abs. 1 ABB die Leistungspflicht. § 5 Abs. 2 ABB enthält die Möglichkeit des Bausparers, über den Regelsparbeitrag hinaus mit Zustimmung der Bausparkasse freiwillig höhere Sonderzahlungen zu leisten. § 5 Abs. 3 ABB enthält das Kündigungsrecht der Bausparkasse bei Nichtzahlung der Raten. Dadurch hat die Bausparkasse ein wirkungsvolles Instrument, die mit dem Vertrag vereinbarte Risikoverteilung hinsichtlich der Zinsentwicklung sowie der Verwendungseignung aufrechtzuerhalten. Das Recht des Bausparers, niedrigere Sparbeiträge zu zahlen oder die Zahlung einzustellen, ist in den ABB nicht vorgesehen und wäre mit dem ausdrücklich geregelten Kündigungsrecht der Bausparkasse unvereinbar. Von einer echten Leistungspflicht geht im Übrigen auch das Bausparkassengesetz aus. Nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 BauSparkG müssen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen über die Höhe und Fälligkeit der Leistungen des Bausparers sowie über die Rechtsfolgen, die bei Leistungsverzug eintreten, enthalten.
70 
(4) Eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB scheidet hier zudem aus, weil selbst bei fiktiver Gleichstellung des Darlehensempfangs mit dem Zeitpunkt der ersten Zuteilungsreife nach der bausparvertragstypischen Vertragsgestaltung eine überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nicht gegen ihren Willen eintreten kann.
71 
(a) Bei der vertragskonformen Durchführung des Bausparvertrages ist eine Bindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nach erstmaliger Erlangung der Zuteilungsreife ausgeschlossen. Die längste vertragliche Laufzeit nach Zuteilungsreife für das hier als Darlehen zu wertende Bausparguthaben lässt sich anhand der Höhe des Regelsparbeitrags, des Habenzinssatzes und des Mindestsparguthabens ermitteln. Bei der geschuldeten monatlichen Sparzahlung in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 ABB und einem Habenzinssatz von 3 % p.a. gemäß § 6 Abs. 1 ABB beträgt die maximale Laufzeit bis zur Vollbesparung der Bausparsumme ca. 16 Jahre. Die Zuteilungsreife bei einem vertraglichen Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) tritt nach etwas mehr als sieben Jahren ein. Die Bausparkasse ist bei vertragsmäßiger Durchführung ab Zuteilungsreife längstens neun Jahre gebunden. Im Falle einer vorherigen Annahme der Zuteilung endet die Verzinsungspflicht gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 ABB vorzeitig spätestens mit Ablauf des Monats der Bereitstellung. Damit ist das Darlehen zinslos.
72 
(b) Die von der Beklagten zur Begründung der Analogie angeführte überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren kann nur bei einer Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge entstehen. Diese stellt aber ein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, welches die Bausparkasse nach § 5 Abs. 3 ABB zur Kündigung berechtigt. Die eigenmächtige Abweichung des Bausparers vom Vertrag ist kein bausparvertragstypisches Risiko, dem mit einer analogen Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begegnet werden müsste.
73 
(aa) Das Ruhenlassen eines zuteilungsreifen Bausparvertrages ist nicht charakteristisch für das Bauspargeschäft. Es lässt sich weder den gesetzlichen Vorschriften noch den ABB entnehmen. Die Einsammlung von Kapital, um den Bausparern schnellstmöglich Bauspardarlehen aus Mitteln des Kollektivs zur Verfügung stellen zu können, gehört zum Wesen des Bausparvertrages (BT-Drucks. IV/1900, S. 11). Die Einstellung der Sparleistungen widerspricht dem. Es mag zwar ständige Praxis der Bausparkassen sein, die Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge nach erstmaliger Zuteilungsreife hinzunehmen. Hieraus lassen sich aber keine rechtlichen Schlüsse ziehen. Diese Praxis kann der Bausparkasse mangels Vertragsänderung nicht einseitig aufgedrängt werden. Sie hat vielmehr einen Anspruch auf Zahlung der Regelsparbeiträge (vgl. bereits oben unter II.2.b.bb [3]).
74 
(bb) Allerdings entsprach die Einstellung der Regelsparbeiträge in der Vergangenheit dem Interesse der Bausparkassen. Außerhalb der gegenwärtigen Niedrigzinsphase war das Ruhenlassen der zuteilungsreifen Bausparverträge für die Bausparkasse günstig, da ihr die Mittel zur Zuteilung anderer Bauspardarlehen zur Verfügung blieben und sie aus der Zinsdifferenz zu den Zinssätzen der ausgereichten Bauspardarlehen risikolos Erträge erwirtschaften konnte. Lange Zeit lagen zudem die Habenzinssätze unterhalb des Marktniveaus. Zudem dürfte diese Praxis die Attraktivität des Bausparens gesteigert und die Werbung neuer Bausparer erleichtert haben.
75 
Weiter war während des Ruhens des Bausparvertrages für die Bausparkasse das noch bestehende Zinsrisiko für die Restlaufzeit im Falle der Wiederaufnahme der Einzahlungen jederzeit überschaubar. Sie war dadurch in der Lage, durch Aufforderung des Bausparers, seinen Einzahlungspflichten wieder nachzukommen, den Vertrag wieder in Vollzug zu setzen. Damit konnte sie das mit dem Vertrag von vornherein übernommene Zinsänderungsrisiko und die faktische Verlängerung der Zinsbindung jederzeit steuern. Sie hatte es also in der Hand, eine Zinsbindung von mehr als zehn Jahren zu vermeiden.
76 
d. Die Beklagte kann die Kündigung auch nicht auf § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 BGB stützen (zum Verhältnis der Bestimmungen zueinander vgl. Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, WM 2016, 311, Rn. 147).
77 
aa. Zu Recht beruft sich die Beklagte in der Berufung nicht mehr auf ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung zulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Wie bereits ausgeführt, stellt die Nichtabnahme des Bauspardarlehens kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge hat die Bausparkasse ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB, dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Schaffung der Kündigungsvoraussetzungen und die sich daran anschließende Möglichkeit der Ausübung dieses Kündigungsrechts ist ihr zuzumuten. Die Nichtausübung in der Vergangenheit beruhte auf einer eigenen freien Entscheidung.
78 
bb. Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht. Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 235/09, juris). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10, WM 2014, 134). Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 210/12 NZG 2014, 1036). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
79 
(1) Die Geschäftsgrundlage wäre nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätte. Zwar war Vertragszweck nach § 1 BauSparkG, § 1 ABB die Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung (s. bereits oben unter II.2.c.cc.[2][c]). Doch ist zum einen die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben. Zum anderen ist der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden nicht erfolgten Inanspruchnahme des Bauspardarlehens abzuleiten. Schon der seit Abschluss des Bausparvertrages bis zur Zuteilungsreife vergehende Zeitraum legt es angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens nahe, dass aufgrund veränderter Umstände das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wird. Auch für diesen Fall ist nach der vertraglichen Vereinbarung die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorgesehen, mithin eine Risikoverteilung vorgenommen worden.
80 
(2) Die Geschäftsgrundlage wäre auch nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und -darlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben.
81 
3. a. Die Verpflichtung zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB, weil die Beklagte durch die unberechtigte Kündigung ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat.
82 
b. Die notwendigen Rechtsverfolgungskosten betragen unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr, einer Auslagenpauschale von 20,00 EUR und der Umsatzsteuer insgesamt 413,64 EUR, weil für die Gebührenrechnung ein Gegenstandswert von 3.167,66 EUR anzusetzen ist.
83 
aa. Der Gegenstandswert für die vorgerichtlichen Anwaltskosten ist gemäß § 23 Abs. 3 RVG i. V. m. § 48 GKG, § 3 ZPO nach dem maßgeblichen wahren Interesse der Klägerin an dem Urteil (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 1976 - VI ZR 154/75) zu schätzen.
84 
bb. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es dem Kläger hinsichtlich des Bausparguthabens nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages in Höhe des Guthabens an, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung. Im Rahmen der Feststellungsklage kann zudem der Gedanke des § 9 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZR 202/07, juris, Rn. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl. 2013, § 9 Rn. 2). Soweit § 9 ZPO voraussetzt, dass das Stammrecht selbst im Streit ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 9 Rn. 1; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. April 2005 - 17 W 21/05), ist diese Voraussetzung hier erfüllt, da die Feststellung des Fortbestands des Bausparvertrages die des Bezugsrechts des Bausparers für die künftigen Zinsen umfasst. Diesbezüglich ist daher der 3,5-fache Jahreszins aus dem Bausparguthaben bei Mandatierung anzusetzen.
85 
cc. Neben dem Zinsinteresse ist auch das mögliche Interesse des Klägers am Erhalt des Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen der Bausparsumme und dem angesparten Guthaben zu berücksichtigen. Dieses besteht alternativ zum Zinsinteresse, weil die Inanspruchnahme des Darlehens die Verzinsungspflicht des Bausparguthabens entfallen lässt. Wegen des Alternativverhältnisses der Interessen des Bausparers und der Ungewissheit, ob das Bauspardarlehen in Anspruch genommen wird, hält es der Senat im Rahmen der Feststellungsklage für gerechtfertigt, das wirtschaftliche Interesse beider Ansprüche zu kumulieren und sie mit einem Abschlag von 50% zu berücksichtigen.
86 
dd. Die Zinserwartung aus dem zum Zeitpunkt der Mandatierung bestehenden Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR betrug bei einem Zinssatz von 3 % p.a. für einen Zeitraum von 3,5 Jahren 1.656,11 EUR. Diese ist mit einem 50-prozentigen Abschlag mit einem Betrag von 828,06 EUR anzusetzen.
87 
Zum Zeitpunkt der Mandatierung bestand ein Darlehensanspruch in Höhe von 4.679,20 EUR, der ebenfalls mit 50 %, also 2.339,60 EUR, anzusetzen ist, woraus sich der Gegenstandswert von 3.167,66 EUR errechnet.
III.
88 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2, § 269 Abs. 3 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Hinsichtlich der Streitwertbemessung wird auf die oben stehenden Ausführungen zum Gegenstandswert der vorgerichtlichen Anwaltskosten Bezug genommen. Durch den Instanzenzug haben sich keine wesentlichen Wertveränderungen ergeben.
89 
2. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von den Hinweisbeschlüssen und Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm, Koblenz, Köln und Celle ab, die eine auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung des Bausparvertrages für rechtmäßig halten.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015, Az. 25 O 89/15, teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag Nr. 1 938 … vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten in Höhe von 413,64 EUR freizustellen.

2. Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

5. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf bis zu 4.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages, den sie am 13. September 1978 über die Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 EUR) abgeschlossen hat. Die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II (im Folgenden ABB) enthalten folgende Bestimmungen:
§ 1 Vertragszweck
(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. (…)
(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.
§ 12 Zuteilungsnachricht
10 
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.
12 
§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme
13 
(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.
(2) (…)
14 
§ 14 Vertragsfortsetzung
15 
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
16 
(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. (…)
17 
Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3 % p.a. zu verzinsen und gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5 % p.a. zu gewähren.
18 
Der Vertrag wurde am 1. April 1993 zuteilungsreif. Am 1. Januar 2015 bestand ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR. Die Beklagte kündigte am 12. Januar 2015 den Bausparvertrag unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 24. Juli 2015.
19 
Auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
20 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Bausparkasse könne sich auf das Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Das Tatbestandsmerkmal des vollständigen Empfangs des Darlehens sei mit der eingetretenen Zuteilungsreife erfüllt.
21 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Auffassung, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien nicht erfüllt. Sie beabsichtige, das Bauspardarlehen in zwei bis drei Jahren für ihre Kinder in Anspruch zu nehmen.
22 
Wegen der Nebenforderung hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen.
23 
Die Klägerin beantragt:
24 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart Az. 25 O 89/15, verkündet am 15. September 2015, wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag mit der Nummer „1 938 …“ vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
25 
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 571,44 EUR freizustellen.
26 
Die Beklagte beantragt:
27 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
28 
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.
II.
29 
Die gemäß § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig und - mit Ausnahme eines geringfügigen Teils der Nebenforderung - begründet. Der Beklagten steht kein Kündigungsrecht zu.
30 
1. Die dem Vertrag zugrundeliegenden ABB vermögen die erklärte Kündigung nicht zu rechtfertigen; das macht die Beklage auch nicht geltend. Sie geht zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen der Bestimmung des § 5 Abs. 3 ABB nicht vorliegen.
31 
2. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, sie sei kraft Gesetzes berechtigt, den Vertrag zu kündigen, muss ihr der Erfolg versagt werden. Auf das Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Die von der Beklagten erklärte Kündigung findet ihre Rechtfertigung weder in § 488 Abs. 3 BGB (a.) noch ist hier die Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB direkt (b.) oder entsprechend (c.) anwendbar. Auch aus § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 Satz 2 BGB, ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht (d.).
32 
a. Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB liegen nicht vor.
33 
aa. Allerdings entspricht es der herrschenden Meinung, dass ein Bausparvertrag durch die Bausparkasse dann gemäß § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden kann, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn beim Bausparvertrag handelt es sich während der Ansparphase um einen Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Der Bausparvertrag dient dem in § 1 ABB i. V. m. § 1 BauSparkG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen Bausparsumme und Bauspareinlagen. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris; OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2015 - 13 U 104/14, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488 Rn. 548).
34 
bb. Eine Vollbesparung liegt jedoch nicht vor.
35 
(1) Unstreitig betrug das angesparte Bausparguthaben des über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR abgeschlossenen Vertrages zum Zeitpunkt der Kündigung 15.772,48 EUR.
36 
(2) Die Auffassung der Beklagten, die rückständigen Beiträge würden die Differenz zwischen dem aktuellen Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, so dass kein Bauspardarlehen mehr ausgezahlt werden müsste und daher ein Kündigungsrecht wie bei einer Vollbesparung bestehe, trifft nicht zu. Die Bestimmung des § 5 Abs. 4 ABB führt nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht ist. Nach dieser Vorschrift tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Bausparvertrag im Falle der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge gemäß § 5 Abs. 3 ABB zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13 ABB) oder bereitzustellende (§ 14 ABB) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen. Es kann dahinstehen, in welcher Höhe Rückstände aufgelaufen sind. Denn das Vorliegen dieser Voraussetzungen macht die Beklagte, die sich für die Berechtigung ihrer Kündigung gerade nicht auf § 5 Abs. 3 ABB stützt, weder geltend, noch sind sie sonst ersichtlich. § 5 Abs. 3 ABB erfordert eine vorherige schriftliche, erfolglose Aufforderung der Bausparkasse, die nicht geleisteten Bausparbeiträge zu entrichten; dazu ist nichts vorgetragen.
37 
Im Übrigen findet § 5 Abs. 4 ABB nur bei zugeteilten Bausparverträgen Anwendung. Die Zuteilung nach § 1 Abs. 5 BauSparkG liegt erst mit ihrer Annahme durch den Bausparer gemäß § 12 Abs. 1 ABB vor. Erst dann wird das Bauspardarlehen nach § 13 Abs. 1 ABB bereitgestellt oder ist es im Fall des § 14 Abs. 2 ABB bereitzustellen.
38 
Deshalb kann offen bleiben, ob eine Bausparkasse, die jahrelang die Nichtzahlung von Regelsparbeiträgen hinnimmt, ihr Kündigungsrecht verwirkt und es erst nach erneuter Zahlungsaufforderung bei zukünftigen Rückständen ausüben kann (so Weber, ZIP 2015, 961 [966]).
39 
cc. Die ordentliche Kündigung lässt sich auch nicht mit dem Argument des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin rechtfertigen, weil diese das Ziel des Erhalts eines Bauspardarlehens aufgegeben habe, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung gemeint hat. Aus der gegenwärtigen Niedrigzinsphase lässt sich nicht ableiten, die Klägerin habe endgültig ihr Interesse an ein Bauspardarlehen verloren. Die weitere Zinsentwicklung lässt sich nicht sicher prognostizieren und die gegenwärtige Markteinschätzung der Beklagten erlaubt keine Feststellungen über die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen auf keinen Fall mehr in Anspruch nehmen zu wollen. Ein offenkundig rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin liegt nicht vor. Sie hat die Niedrigzinsphase nicht zu verantworten und macht aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen die Rechte aus der Zuteilung nicht geltend.
40 
b. Die Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung durch die Bausparkasse gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen nicht vor. Es kann dahinstehen, ob die Bestimmung von ihrem Sinn und Zweck her auf Sparverträge Anwendung findet, bei denen Einlagen an sogenannte „professionelle Darlehensnehmer“ geleistet werden (vgl. zum Meinungsstand: Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, juris, Rn. 101; Weber, ZIP 2015, 961; ders., beck-Online.Großkommentar [BeckOGK]/Weber, Stand 1. Februar 2016, BGB, § 489 Rn. 9.1, Rn. 13ff.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800). Jedenfalls ist der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife des Bauspardarlehens an den Bausparer nicht der vollständige Empfang des von dem Bausparer an die Bausparkasse gegebenen Darlehens.
41 
aa. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
42 
(1) Allerdings handelt es sich bei einem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit gebundenen Sollzinssatz, der die Besonderheit aufweist, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris, und Beschluss vom 4. Februar 2014 - 9 U 202/13; Mülbert/Schmitz FS Horn (2006), S. 777; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800; Weber, BB 2015, 961).
43 
(2) Der Zeitpunkt des vollständigen Darlehensempfangs unterliegt jedoch grundsätzlich der Disposition der Parteien, die privatautonom die Auszahlungsmodalitäten vereinbaren können. Denn die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begrenzt nicht die Privatautonomie der Parteien bezüglich der Regelung des Zeitpunkts des Darlehensempfangs und der Höhe des Darlehensbetrages. Bereits die in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. enthaltene Vorgängernorm diente nach der Gesetzesbegründung dem Schuldnerschutz vor überlangen Zinsbindungen. Sie geht auf § 18 Abs. 2 Hypothekenbankgesetz (HypBG, RGBl I 1899, 375) zurück, die für Hypothekendarlehen dieses zwingende Kündigungsrecht schon seit vielen Jahren enthielt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22 f.). Weder diese Vorschrift noch § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. oder § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lassen den Schutz bereits in der Valutierungsphase beginnen. Ein Darlehen ist vollständig empfangen, wenn der Darlehensgeber es dem Darlehensnehmer entsprechend der darlehensvertraglichen Vereinbarung in Höhe des Darlehensnettobetrages zur Verfügung gestellt hat. Werden mehrere Teilzahlungen vereinbart, liegt ein vollständiger Empfang erst mit dem Eingang der letzten Teilzahlung vor (MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 43 m.w.N; Herberger/Martinek/Rüßmann/Schwintowski, jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 489 BGB Rn. 9; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 5). Somit kommt es entscheidend darauf an, welche Teilzahlungen die Parteien vereinbart haben. Erst wenn diese Vereinbarung erfüllt und keine weiteren Teilzahlungen mehr offen sind, ist das gesamte Darlehen empfangen.
44 
bb. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife liegt kein vollständiger Empfang des Darlehens i.S.v. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor.
45 
(1) Der Eintritt der Zuteilungsreife (§ 11 ABB) hat gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB auf die Verpflichtung zur Entrichtung des Regelsparbeitrags, also zur Valutierung des vom Bausparer der Bausparkasse zu gewährenden Darlehens, keinen Einfluss, weshalb er zur Bestimmung der vereinbarten Darlehenshöhe nicht geeignet ist (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 49.1).
46 
Nach § 14 Abs. 1 ABB wird der Bausparvertrag im Falle einer Nichtannahme der Zuteilung oder einer nicht fristgemäß abgegebenen Annahmeerklärung fortgesetzt. Die vertragliche Pflicht zur Zahlung des Regelsparbeitrages gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB gilt weiter.
47 
(2) Die Höhe der vereinbarten Darlehenssumme ist durch Auslegung der Allgemeinen Bausparbedingungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages zu bestimmen. Der einzige im Vertrag konkret bestimmte Betrag ist die Bausparsumme von 20.154,68 EUR, die allerdings nach § 2 ABB sowohl das Bausparguthaben als auch das Bauspardarlehen umfasst. Das Bausparguthaben ist das Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse. Aus § 11 Abs. 1 lit. a und b der ABB ergibt sich eine Mindestlaufzeit von 18 Monaten und ein Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme, also von 8.061,87 EUR. Daraus lässt sich jedoch die Vereinbarung eines Nettodarlehensbetrages noch nicht ableiten. Aus den § 13 Abs. 1, § 11 Abs. 1 lit. b ABB i. V. m. § 1 ABB ist lediglich erkennbar, dass dieser durch die Bausparsumme begrenzt ist, also zwischen dem Mindestsparguthaben von 40 % und 100 % der Bausparsumme liegt. Bei dem Bausparvertrag und damit auch bei dem Bausparguthaben sind zudem die Ungewissheit sowohl des Zeitpunkts des Eintritts der Zuteilungsreife als auch des Abrufs des Bauspardarlehens seitens des Bausparers, der zur Auszahlung führt, zu berücksichtigen. Den ersten Zeitpunkt hat der Bausparer nicht allein in der Hand. Der zweite Zeitpunkt, der von dem ersten abhängig ist, kann von dem Bausparer bestimmt werden. Daher lässt sich die Höhe des Darlehens allenfalls nach dem Umfang der Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Sparbeiträge des Bausparers ermitteln (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 47ff.).Zudem ist die Bausparkasse nicht berechtigt, den vertraglichen Zinsanspruch des Bausparers durch Verweigerung der Annahme der vereinbarten Sparbeiträge zu vereiteln.
48 
(3) Auch aus den Bestimmungen über die Regelsparbeiträge lässt sich die vereinbarte Nettodarlehenssumme indessen nicht ermitteln:
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Nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB ist der Bausparer berechtigt und verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zu entrichten. Daher ist die volle Ansparphase bis zum Auszahlungszeitpunkt eine Phase der fortlaufenden Teilvalutierungen. Da der Bausparer weder zur Annahme der Zuteilung noch zum Auszahlungsverlangen des Darlehens verpflichtet ist (arg. e § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 18 ABB) und der Bausparvertrag dann nach § 14 Abs. 1 ABB fortgesetzt wird, ist die maximale Höhe des „Darlehens“ des Bausparers durch die Höhe der Bausparsumme begrenzt. Im Fall der erfolgten Zuteilung steht es dem Bausparer als Darlehensgeber folglich durch sein Auszahlungsverlangen frei, die Darlehenssumme zu begrenzen.
50 
(4) Das erhellt zugleich, dass auch die Zuteilungsnachricht (§ 12 ABB) als Wissens- und Willenserklärung der Bausparkasse (Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 781) und selbst die Annahme der Zuteilung auf die vereinbarte Darlehenssumme keinen Einfluss hat. Gemäß § 13 Abs. 1 ABB führt die Annahme der Zuteilung lediglich zur Verpflichtung der Bausparkasse, die Bausparsumme in der Form des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens bereitzuhalten. Die Auszahlung hängt zusätzlich von dem Abruf durch den Bausparer ab. Bis dahin bleibt er nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB zur Zahlung der Regelsparbeiträge berechtigt und verpflichtet.
51 
(5) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus § 489 Abs. 1 Nr. 2, 2. Hs. BGB nichts anderes. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann, wie bereits ausgeführt, der Vertrag nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens gekündigt werden. Nach dem 2. Halbsatz dieser Regelung tritt dann, wenn nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen wird, der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Empfangs. Damit setzt die dort geregelte Maßgeblichkeit der Vereinbarung für den Fristbeginn voraus, dass diese nach dem vollständigen Darlehensempfang getroffen wurde. Auf die Vollständigkeit des Empfangs des Darlehens wird nicht verzichtet. Der 2. Halbsatz des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stellt mit der Vereinbarung vielmehr eine zusätzliche Voraussetzung für die Möglichkeit der Kündigung auf, die im Vergleich zum 1. Halbsatz der Bestimmung, der ausschließlich auf den vollständigen Erhalt des Darlehens abstellt, zu einem weiteren Hinausschieben der Kündigungsmöglichkeit führt (Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 45).
52 
cc. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lässt sich auch nicht dahingehend auslegen, dass der „vollständige Empfang“ den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife mit erfasst (so aber Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 51, sowie Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 [1803]). Sinn und Zweck der Vorschrift erfordern eine solche Auslegung auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages nicht. Diesen werden vielmehr durch die ABB und sonstigen gesetzlichen Bestimmungen Rechnung getragen. Die gegenteilige Auslegung widerspricht dem Wesen des Bausparvertrages. Ob ein Darlehen vollständig empfangen ist, ist nicht nur aus Sicht des Schuldners des Darlehens zu beurteilen, wie die Beklagte meint, sondern auch aus Sicht der Bausparkasse, die insoweit die Interessen der Zweckgemeinschaft der Bausparer wahrzunehmen hat. Diese hat ein Interesse, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen. Der Erwerb eines bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen während der Ansparphase setzt die im Wechselverhältnis stehenden vertraglichen Hauptleistungspflichten von Leistung der Sparbeiträge und Gewährung eines Bauspardarlehens nicht außer Kraft.
53 
c. Eine rechtsentsprechende Anwendung der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife bei Bausparverträgen kommt nicht in Betracht. Der Meinung der Beklagten, eine normzweckorientierte Anwendung der Vorschrift unter Berücksichtigung der für Bausparverträge charakteristischen Interessen- und Pflichtenlage der Vertragsparteien rechtfertige die Gleichstellung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife (so auch Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; daran anknüpfend Edelmann/Suchowerskyj, WM 2015, 1800; sowie Rollberg, EWiR 2016, 3; Simon, EWiR 2015, 723; OLG Celle, Beschluss vom 3. Februar 2016 - 3 U 192/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016 - 5 O 38/15; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016 - 13 U 151/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015 - 31 U 191/15, juris), vermag der Senat nicht zu folgen.
54 
Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Vorliegen der vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassenen Lücke und ihre Planwidrigkeit muss dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers - und das ist der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte. Für eine Analogie ist weiter erforderlich, dass der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Beschluss vom 20. November 2014 - IX ZB 16/14, WM 2015, 131).
55 
aa. Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit liegt nicht vor. Dass vom Gesetz mit der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei von herkömmlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträgen auch der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife erfasst werden sollte, lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. Der historische Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., der Vorgängerbestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, von der zu diesem Zeitpunkt schon seit langem geltenden Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG a.F. leiten lassen (BT-Drucks. 10/4741, S. 23, s. bereits oben unter II.2.b.aa [2]). Nach § 18 Abs. 2 S. 1 HypBG a.F. durfte das Recht der Rückzahlung nur bis zu einem Zeitraume von zehn Jahren ausgeschlossen werden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung begann dieser Zeitraum mit der Auszahlung des Darlehens, im Falle der Auszahlung in Teilbeträgen mit der letzten Zahlung. Der 2. Halbsatz entspricht § 489 Abs. 1 Nr. 2 2. Hs. BGB.
56 
Nach der Gesetzesbegründung zur Einführung der Kündigungsrechte in § 609a BGB a.F. wollte der Gesetzgeber die zu weite Schuldnerschutzvorschrift des § 247 Abs. 1 BGB a.F. auf ein angemessenes Maß zurückführen und insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite das Prinzip der vertraglichen Bindung und Risikozuweisung durchsetzen. Dem widersprach das freie Kündigungsrecht nach § 247 BGB a.F. bei einem Zinssatz von mehr als 6 % unabhängig von der Marktentwicklung. Der Gesetzgeber hat bei dieser Gelegenheit - ohne nähere Begründung - die Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG auf sämtliche festverzinslichen Kredite ausgedehnt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22). Ziel war also im Wesentlichen nicht die von der Beklagten vertretene Ausweitung, sondern die Begrenzung der Kündigungsmöglichkeiten.
57 
Dass insoweit nicht eine vom Gesetzgeber nicht geplante, sondern vielmehr eine bewusste Regelungslücke vorliegt, ist insbesondere an der durch Gesetz vom 21. Dezember 2015 erfolgten Änderung des Bausparkassengesetzes ersichtlich. In Kenntnis der Kleine[n] Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 4. Februar 2015 (BT-Drucks. 18/3944) sowohl bezüglich der Kündigungen von Bausparkassen infolge der durch die Niedrigzinsphase bedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten als auch bezüglich eines Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zehn Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife (Nr. 9), hat die Bundesregierung im Oktober 2015 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes der Bausparkassen vorgelegt (BT-Drucks. 18/6418). Dieser - durch den Gesetzgeber am 21. Dezember 2015 insoweit umgesetzte - Entwurf sah trotz der bestehenden Rechtsunsicherheit eine klarstellende oder verdeutlichende Ausweitung des „vollständigen Empfangs“ eines Darlehens auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht vor, obwohl Ziel u. a. die Verbesserung der Reaktionsmöglichkeiten auf die anhaltende Niedrigzinsphase war (BT-Drucks. 18/6418, S. 1). Die Bundesregierung sah ausweislich ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage vom 4. Februar 2015 bzgl. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinen - klarstellenden - Handlungsbedarf (vgl. BT-Drucks. 18/4195, S. 3 zu Nr. 9).
58 
bb. Gleichfalls ist der rechtlich hier zu beurteilende Sachverhalt nicht mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar. Das ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte den Schutz der Bausparergemeinschaft bemüht, einer Gemeinschaft, die gerade im Vergleich zu herkömmlichen Darlehensverträgen im Rahmen rechtlicher Beurteilungen andere Schlussfolgerungen zulässt (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360).
59 
cc. Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen, weil die Interessenabwägung keine Analogie rechtfertigt.
60 
(1) Der Zweck des Bausparvertrages ist aus Sicht des Bausparers der Erhalt eines zinsgünstigen, nur nachrangig zu besichernden Darlehens unterhalb des Marktniveaus. Die Voraussetzungen hierfür hat er durch die Leistung der vertraglichen Regelsparbeiträge an die Zweckgemeinschaft der Bausparer zu schaffen, für die er - nach der herkömmlichen Ausgestaltung - eine unterhalb des Marktniveaus liegende Habenverzinsung in Kauf zu nehmen hat. Dieses sich gegenseitig bedingende Wechselverhältnis zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen innerhalb der beschränkten Personengruppe der Bausparer ist maßgebend für das Bauspargeschäft und wird in § 1 Abs. 1 und 2 BauSparkG definiert (Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz, 5. Aufl. § 1 Anm. 1). Die charakteristische Prägung des Bauspargeschäfts ergibt sich zusätzlich aus der Vertragszweckbestimmung des § 1 ABB sowie den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II, die auf das zinsgünstige Bauspardarlehen auf Grund von bedingungsgemäßen Ansparleistungen hinweisen.
61 
(2) Es lässt sich nicht mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang bringen, das „charakteristische gemeinsame Sparziel“ des Bausparvertrages lediglich mit der Erlangung der „Möglichkeit der Ausübung der Option zur Erlangung eines Bauspardarlehens“ zu definieren, wie die Beklagte meint.
62 
(a) Aus § 1 Abs. 2 BauSparkG ergibt sich keine einschränkende Zweckbestimmung. Zwar ist nach der dort enthaltenen Legaldefinition Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Diese Vorschrift darf aber nicht isoliert als allein Zweck bestimmend herangezogen werden (so aber Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 550). Mit der Formulierung, der Bausparer erwerbe einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, bringt der Gesetzgeber vielmehr zum Ausdruck, dass, anders als bei einem gewöhnlichen Darlehen oder einem Forward-Darlehen, der Darlehensauszahlungsanspruch nicht bereits mit Vertragsschluss begründet wird, sondern von der bausparvertragstypischen Ansparleistung des Bausparers und den Sparleistungen des Kollektivs abhängig ist. Insbesondere ist § 1 Abs. 2 BauSparkG im Zusammenhang mit der zentralen Begriffsbestimmung des Bauspargeschäfts in § 1 Abs. 1 BauSparkG (s.o.) sowie der damit bezweckten Wohnungsbauförderung (§ 1 Abs. 3 BauSparkG) zu sehen. Er ergänzt lediglich die tatsächlich begriffsprägende Vorschrift des § 1 Abs. 1 BauSparkG.
63 
Auch die Gesetzesmaterialien geben für die einschränkende Zweckbestimmung keinen Anhaltspunkt. Die Gesetzesbegründung zum Bauspargesetz (BT-Drucks. VI/1900, S. 9 ff.) beschreibt das Wesen des Bauspargeschäfts in der Ansammlung von Kapital zur nachstelligen Finanzierung des Wohnungsbaus. Als charakteristisch wird das Kollektiv, also die Geschlossenheit des Personenkreises beschrieben, deren Mitglieder zunächst bis zur Auszahlung des Bausparguthabens Gläubiger und später nach Zuteilung des Bauspardarlehens Schuldner der Bausparkasse werden. Dabei betont der Gesetzgeber das Wechselverhältnis von Verzicht auf einen nicht marktgerechten Einlagenzins zu Gunsten eines niedrigen Darlehenszinses. Das Entstehen des bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen nach Eintritt der Zuteilungsreife wird nicht als Zwischenziel erwähnt. Es wird auf den Auszahlungszeitpunkt abgestellt. Dem entspricht § 5 Abs. 1 S. 2 ABB.
64 
(b) Die Auffassung der Beklagten, Zweck des Bauspargeschäfts sei lediglich die Erlangung des Optionsrechts, anstelle des Darlehens selbst, widerspricht zudem dem von ihr in § 1 ABB selbst definierten Vertragszweck. Ihre Auffassung beachtet nicht die Nachteile des Bausparers bei der Hinnahme einer unterhalb des Marktniveaus liegenden Verzinsung des Bausparguthabens. Hierzu ist der Bausparer bereit, weil ihm die daraus resultierenden Vorteile der Zweckgemeinschaft der Bausparer zugutekommen. Anschließend kann er ein zinsgünstiges Bauspardarlehen unterhalb des Marktniveaus nutzen. Der Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrages selbst stellt daher noch nicht den wirtschaftlichen Ausgleich für die bereits in der Ansparphase hingenommenen wirtschaftlichen Nachteile dar.
65 
(c) Der Erhalt eines Anspruchs auf ein Darlehen ist lediglich ein notwendiges Zwischenziel. Dem kommt entgegen der Auffassung der Beklagten (so auch Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800) keine überragende Bedeutung im Sinne einer Zweckerreichung zu. Dies folgt aus den Besonderheiten der Vergabe der Bauspardarlehen aus den begrenzten Mitteln des Kollektivs der Bausparer.
66 
Gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG können sich Bausparkassen vor Zuteilung eines Bausparvertrages nicht verpflichten, die Bausparsumme zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuzahlen. Die Bausparkasse kann erst dann Bauspardarlehen ausreichen, wenn ihr von den Mitgliedern des Bausparkollektivs ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Die Mindestwartezeit lässt sich anhand der Bausparbedingungen errechnen. Bei dem vertraglich vereinbarten Regelsparbeitrag in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme (§ 5 Abs. 1 S. 1 ABB) sowie einem Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme als Zuteilungsvoraussetzung (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) dauert die Ansparphase auch unter Berücksichtigung der Guthabenzinsen von 3 % p.a. (§ 6 Abs. 1 ABB) etwas mehr als sieben Jahre. Diese bausparvertragstypische, regelmäßig mehrjährige Wartezeit bringt es mit sich, dass der Bausparer bei Vertragsabschluss noch nicht absehen kann, wann ihm ein Bauspardarlehen gewährt werden kann (BT-Drucks. VI/1900, S. 10ff.). Ihm ist eine verlässliche Planung nicht möglich.
67 
Zudem besteht eine auf wohnungswirtschaftliche Maßnahmen beschränkte Verwendungsmöglichkeit des Darlehens, § 1 Abs. 2 ABB. Für den Bausparer besteht somit das Risiko, dass ihm die angebotene Zuteilung der Bausparsumme zeitlich ungelegen kommt, weil sein geplanter Verwendungszweck sich zwischenzeitlich erledigt hat oder erst später ansteht. Daher besteht keine Pflicht zur Annahme der Zuteilung, worauf in den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bausparbedingungen ausdrücklich hingewiesen wird.
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(3) Der Eintritt der Zuteilungsreife verschafft dem Bausparer nicht eine besondere Rechtsposition, mit der er die Bausparkasse unangemessen lange an einen bereits bei Vertragsschluss fest vereinbarten Guthabenzinssatz binden kann.
69 
Fehl geht das Argument der Beklagten, mit Erreichen der Zuteilungsreife könne der Bausparer seine Sparleistungen einstellen, aber gleichzeitig die Bausparkasse an die bei Vertragsabschluss fest vereinbarten Guthabenzinsen binden. Die ABB sehen kein Recht des Bausparers vor, die Regelsparbeiträge einzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). § 5 Abs. 1 ABB enthält die Verpflichtung des Bausparers, über den Eintritt der Zuteilungsreife hinaus und sogar noch nach der Annahme der Zuteilung die Regelsparbeiträge bis zum ersten Auszahlungszeitpunkt zu bezahlen. Die vereinzelt vertretene Auffassung, es bestehe keine Pflicht zur Zahlung der Regelsparbeiträge, der Sparer könne vielmehr die Zahlungen aussetzen oder der Höhe nach variieren (Laux, VW 1996, 328; Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen [BAKred], ZIP 1995, 691 [695]; Oiwoh, Zur Kündigung von Bausparverträgen im deutschen und österreichischen Recht, Diplomarbeit 2016, Graz, S. 9), trifft nicht zu. Bei der Zweckspargemeinschaft der Bausparer ist die Einzahlung der Sparbeiträge Hauptleistungspflicht der Bausparer (Schäfer/Cirpka/Zehnder, aaO, § 5 Anm. 27; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 542). Nur durch ihre Einlagenzahlungen ist die Ausreichung der Bauspardarlehen an andere Mitglieder möglich. Sie sind prägend für das Kollektivsystem zwischen Bausparern und Kreditnehmern (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 46; Schimansky/Bunte/Lwowski/Rümker/Winterfeld, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 124 Rn. 167). Die Regelung über die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrags in den ABB der Beklagten ist nach dem Wortlaut eindeutig als Vertragspflicht ausgestaltet (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). Systematisch regelt § 5 Abs. 1 ABB die Leistungspflicht. § 5 Abs. 2 ABB enthält die Möglichkeit des Bausparers, über den Regelsparbeitrag hinaus mit Zustimmung der Bausparkasse freiwillig höhere Sonderzahlungen zu leisten. § 5 Abs. 3 ABB enthält das Kündigungsrecht der Bausparkasse bei Nichtzahlung der Raten. Dadurch hat die Bausparkasse ein wirkungsvolles Instrument, die mit dem Vertrag vereinbarte Risikoverteilung hinsichtlich der Zinsentwicklung sowie der Verwendungseignung aufrechtzuerhalten. Das Recht des Bausparers, niedrigere Sparbeiträge zu zahlen oder die Zahlung einzustellen, ist in den ABB nicht vorgesehen und wäre mit dem ausdrücklich geregelten Kündigungsrecht der Bausparkasse unvereinbar. Von einer echten Leistungspflicht geht im Übrigen auch das Bausparkassengesetz aus. Nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 BauSparkG müssen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen über die Höhe und Fälligkeit der Leistungen des Bausparers sowie über die Rechtsfolgen, die bei Leistungsverzug eintreten, enthalten.
70 
(4) Eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB scheidet hier zudem aus, weil selbst bei fiktiver Gleichstellung des Darlehensempfangs mit dem Zeitpunkt der ersten Zuteilungsreife nach der bausparvertragstypischen Vertragsgestaltung eine überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nicht gegen ihren Willen eintreten kann.
71 
(a) Bei der vertragskonformen Durchführung des Bausparvertrages ist eine Bindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nach erstmaliger Erlangung der Zuteilungsreife ausgeschlossen. Die längste vertragliche Laufzeit nach Zuteilungsreife für das hier als Darlehen zu wertende Bausparguthaben lässt sich anhand der Höhe des Regelsparbeitrags, des Habenzinssatzes und des Mindestsparguthabens ermitteln. Bei der geschuldeten monatlichen Sparzahlung in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 ABB und einem Habenzinssatz von 3 % p.a. gemäß § 6 Abs. 1 ABB beträgt die maximale Laufzeit bis zur Vollbesparung der Bausparsumme ca. 16 Jahre. Die Zuteilungsreife bei einem vertraglichen Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) tritt nach etwas mehr als sieben Jahren ein. Die Bausparkasse ist bei vertragsmäßiger Durchführung ab Zuteilungsreife längstens neun Jahre gebunden. Im Falle einer vorherigen Annahme der Zuteilung endet die Verzinsungspflicht gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 ABB vorzeitig spätestens mit Ablauf des Monats der Bereitstellung. Damit ist das Darlehen zinslos.
72 
(b) Die von der Beklagten zur Begründung der Analogie angeführte überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren kann nur bei einer Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge entstehen. Diese stellt aber ein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, welches die Bausparkasse nach § 5 Abs. 3 ABB zur Kündigung berechtigt. Die eigenmächtige Abweichung des Bausparers vom Vertrag ist kein bausparvertragstypisches Risiko, dem mit einer analogen Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begegnet werden müsste.
73 
(aa) Das Ruhenlassen eines zuteilungsreifen Bausparvertrages ist nicht charakteristisch für das Bauspargeschäft. Es lässt sich weder den gesetzlichen Vorschriften noch den ABB entnehmen. Die Einsammlung von Kapital, um den Bausparern schnellstmöglich Bauspardarlehen aus Mitteln des Kollektivs zur Verfügung stellen zu können, gehört zum Wesen des Bausparvertrages (BT-Drucks. IV/1900, S. 11). Die Einstellung der Sparleistungen widerspricht dem. Es mag zwar ständige Praxis der Bausparkassen sein, die Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge nach erstmaliger Zuteilungsreife hinzunehmen. Hieraus lassen sich aber keine rechtlichen Schlüsse ziehen. Diese Praxis kann der Bausparkasse mangels Vertragsänderung nicht einseitig aufgedrängt werden. Sie hat vielmehr einen Anspruch auf Zahlung der Regelsparbeiträge (vgl. bereits oben unter II.2.b.bb [3]).
74 
(bb) Allerdings entsprach die Einstellung der Regelsparbeiträge in der Vergangenheit dem Interesse der Bausparkassen. Außerhalb der gegenwärtigen Niedrigzinsphase war das Ruhenlassen der zuteilungsreifen Bausparverträge für die Bausparkasse günstig, da ihr die Mittel zur Zuteilung anderer Bauspardarlehen zur Verfügung blieben und sie aus der Zinsdifferenz zu den Zinssätzen der ausgereichten Bauspardarlehen risikolos Erträge erwirtschaften konnte. Lange Zeit lagen zudem die Habenzinssätze unterhalb des Marktniveaus. Zudem dürfte diese Praxis die Attraktivität des Bausparens gesteigert und die Werbung neuer Bausparer erleichtert haben.
75 
Weiter war während des Ruhens des Bausparvertrages für die Bausparkasse das noch bestehende Zinsrisiko für die Restlaufzeit im Falle der Wiederaufnahme der Einzahlungen jederzeit überschaubar. Sie war dadurch in der Lage, durch Aufforderung des Bausparers, seinen Einzahlungspflichten wieder nachzukommen, den Vertrag wieder in Vollzug zu setzen. Damit konnte sie das mit dem Vertrag von vornherein übernommene Zinsänderungsrisiko und die faktische Verlängerung der Zinsbindung jederzeit steuern. Sie hatte es also in der Hand, eine Zinsbindung von mehr als zehn Jahren zu vermeiden.
76 
d. Die Beklagte kann die Kündigung auch nicht auf § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 BGB stützen (zum Verhältnis der Bestimmungen zueinander vgl. Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, WM 2016, 311, Rn. 147).
77 
aa. Zu Recht beruft sich die Beklagte in der Berufung nicht mehr auf ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung zulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Wie bereits ausgeführt, stellt die Nichtabnahme des Bauspardarlehens kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge hat die Bausparkasse ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB, dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Schaffung der Kündigungsvoraussetzungen und die sich daran anschließende Möglichkeit der Ausübung dieses Kündigungsrechts ist ihr zuzumuten. Die Nichtausübung in der Vergangenheit beruhte auf einer eigenen freien Entscheidung.
78 
bb. Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht. Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 235/09, juris). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10, WM 2014, 134). Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 210/12 NZG 2014, 1036). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
79 
(1) Die Geschäftsgrundlage wäre nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätte. Zwar war Vertragszweck nach § 1 BauSparkG, § 1 ABB die Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung (s. bereits oben unter II.2.c.cc.[2][c]). Doch ist zum einen die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben. Zum anderen ist der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden nicht erfolgten Inanspruchnahme des Bauspardarlehens abzuleiten. Schon der seit Abschluss des Bausparvertrages bis zur Zuteilungsreife vergehende Zeitraum legt es angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens nahe, dass aufgrund veränderter Umstände das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wird. Auch für diesen Fall ist nach der vertraglichen Vereinbarung die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorgesehen, mithin eine Risikoverteilung vorgenommen worden.
80 
(2) Die Geschäftsgrundlage wäre auch nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und -darlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben.
81 
3. a. Die Verpflichtung zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB, weil die Beklagte durch die unberechtigte Kündigung ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat.
82 
b. Die notwendigen Rechtsverfolgungskosten betragen unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr, einer Auslagenpauschale von 20,00 EUR und der Umsatzsteuer insgesamt 413,64 EUR, weil für die Gebührenrechnung ein Gegenstandswert von 3.167,66 EUR anzusetzen ist.
83 
aa. Der Gegenstandswert für die vorgerichtlichen Anwaltskosten ist gemäß § 23 Abs. 3 RVG i. V. m. § 48 GKG, § 3 ZPO nach dem maßgeblichen wahren Interesse der Klägerin an dem Urteil (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 1976 - VI ZR 154/75) zu schätzen.
84 
bb. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es dem Kläger hinsichtlich des Bausparguthabens nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages in Höhe des Guthabens an, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung. Im Rahmen der Feststellungsklage kann zudem der Gedanke des § 9 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZR 202/07, juris, Rn. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl. 2013, § 9 Rn. 2). Soweit § 9 ZPO voraussetzt, dass das Stammrecht selbst im Streit ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 9 Rn. 1; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. April 2005 - 17 W 21/05), ist diese Voraussetzung hier erfüllt, da die Feststellung des Fortbestands des Bausparvertrages die des Bezugsrechts des Bausparers für die künftigen Zinsen umfasst. Diesbezüglich ist daher der 3,5-fache Jahreszins aus dem Bausparguthaben bei Mandatierung anzusetzen.
85 
cc. Neben dem Zinsinteresse ist auch das mögliche Interesse des Klägers am Erhalt des Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen der Bausparsumme und dem angesparten Guthaben zu berücksichtigen. Dieses besteht alternativ zum Zinsinteresse, weil die Inanspruchnahme des Darlehens die Verzinsungspflicht des Bausparguthabens entfallen lässt. Wegen des Alternativverhältnisses der Interessen des Bausparers und der Ungewissheit, ob das Bauspardarlehen in Anspruch genommen wird, hält es der Senat im Rahmen der Feststellungsklage für gerechtfertigt, das wirtschaftliche Interesse beider Ansprüche zu kumulieren und sie mit einem Abschlag von 50% zu berücksichtigen.
86 
dd. Die Zinserwartung aus dem zum Zeitpunkt der Mandatierung bestehenden Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR betrug bei einem Zinssatz von 3 % p.a. für einen Zeitraum von 3,5 Jahren 1.656,11 EUR. Diese ist mit einem 50-prozentigen Abschlag mit einem Betrag von 828,06 EUR anzusetzen.
87 
Zum Zeitpunkt der Mandatierung bestand ein Darlehensanspruch in Höhe von 4.679,20 EUR, der ebenfalls mit 50 %, also 2.339,60 EUR, anzusetzen ist, woraus sich der Gegenstandswert von 3.167,66 EUR errechnet.
III.
88 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2, § 269 Abs. 3 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Hinsichtlich der Streitwertbemessung wird auf die oben stehenden Ausführungen zum Gegenstandswert der vorgerichtlichen Anwaltskosten Bezug genommen. Durch den Instanzenzug haben sich keine wesentlichen Wertveränderungen ergeben.
89 
2. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von den Hinweisbeschlüssen und Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm, Koblenz, Köln und Celle ab, die eine auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung des Bausparvertrages für rechtmäßig halten.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.08.2015 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster (14 O 130/15) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 1.600 EUR festgesetzt.


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Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015, Az. 25 O 89/15, teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag Nr. 1 938 … vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten in Höhe von 413,64 EUR freizustellen.

2. Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

5. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf bis zu 4.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages, den sie am 13. September 1978 über die Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 EUR) abgeschlossen hat. Die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II (im Folgenden ABB) enthalten folgende Bestimmungen:
§ 1 Vertragszweck
(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. (…)
(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.
§ 12 Zuteilungsnachricht
10 
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.
12 
§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme
13 
(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.
(2) (…)
14 
§ 14 Vertragsfortsetzung
15 
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
16 
(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. (…)
17 
Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3 % p.a. zu verzinsen und gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5 % p.a. zu gewähren.
18 
Der Vertrag wurde am 1. April 1993 zuteilungsreif. Am 1. Januar 2015 bestand ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR. Die Beklagte kündigte am 12. Januar 2015 den Bausparvertrag unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 24. Juli 2015.
19 
Auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
20 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Bausparkasse könne sich auf das Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Das Tatbestandsmerkmal des vollständigen Empfangs des Darlehens sei mit der eingetretenen Zuteilungsreife erfüllt.
21 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Auffassung, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien nicht erfüllt. Sie beabsichtige, das Bauspardarlehen in zwei bis drei Jahren für ihre Kinder in Anspruch zu nehmen.
22 
Wegen der Nebenforderung hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen.
23 
Die Klägerin beantragt:
24 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart Az. 25 O 89/15, verkündet am 15. September 2015, wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag mit der Nummer „1 938 …“ vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
25 
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 571,44 EUR freizustellen.
26 
Die Beklagte beantragt:
27 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
28 
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.
II.
29 
Die gemäß § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig und - mit Ausnahme eines geringfügigen Teils der Nebenforderung - begründet. Der Beklagten steht kein Kündigungsrecht zu.
30 
1. Die dem Vertrag zugrundeliegenden ABB vermögen die erklärte Kündigung nicht zu rechtfertigen; das macht die Beklage auch nicht geltend. Sie geht zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen der Bestimmung des § 5 Abs. 3 ABB nicht vorliegen.
31 
2. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, sie sei kraft Gesetzes berechtigt, den Vertrag zu kündigen, muss ihr der Erfolg versagt werden. Auf das Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Die von der Beklagten erklärte Kündigung findet ihre Rechtfertigung weder in § 488 Abs. 3 BGB (a.) noch ist hier die Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB direkt (b.) oder entsprechend (c.) anwendbar. Auch aus § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 Satz 2 BGB, ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht (d.).
32 
a. Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB liegen nicht vor.
33 
aa. Allerdings entspricht es der herrschenden Meinung, dass ein Bausparvertrag durch die Bausparkasse dann gemäß § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden kann, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn beim Bausparvertrag handelt es sich während der Ansparphase um einen Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Der Bausparvertrag dient dem in § 1 ABB i. V. m. § 1 BauSparkG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen Bausparsumme und Bauspareinlagen. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris; OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2015 - 13 U 104/14, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488 Rn. 548).
34 
bb. Eine Vollbesparung liegt jedoch nicht vor.
35 
(1) Unstreitig betrug das angesparte Bausparguthaben des über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR abgeschlossenen Vertrages zum Zeitpunkt der Kündigung 15.772,48 EUR.
36 
(2) Die Auffassung der Beklagten, die rückständigen Beiträge würden die Differenz zwischen dem aktuellen Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, so dass kein Bauspardarlehen mehr ausgezahlt werden müsste und daher ein Kündigungsrecht wie bei einer Vollbesparung bestehe, trifft nicht zu. Die Bestimmung des § 5 Abs. 4 ABB führt nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht ist. Nach dieser Vorschrift tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Bausparvertrag im Falle der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge gemäß § 5 Abs. 3 ABB zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13 ABB) oder bereitzustellende (§ 14 ABB) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen. Es kann dahinstehen, in welcher Höhe Rückstände aufgelaufen sind. Denn das Vorliegen dieser Voraussetzungen macht die Beklagte, die sich für die Berechtigung ihrer Kündigung gerade nicht auf § 5 Abs. 3 ABB stützt, weder geltend, noch sind sie sonst ersichtlich. § 5 Abs. 3 ABB erfordert eine vorherige schriftliche, erfolglose Aufforderung der Bausparkasse, die nicht geleisteten Bausparbeiträge zu entrichten; dazu ist nichts vorgetragen.
37 
Im Übrigen findet § 5 Abs. 4 ABB nur bei zugeteilten Bausparverträgen Anwendung. Die Zuteilung nach § 1 Abs. 5 BauSparkG liegt erst mit ihrer Annahme durch den Bausparer gemäß § 12 Abs. 1 ABB vor. Erst dann wird das Bauspardarlehen nach § 13 Abs. 1 ABB bereitgestellt oder ist es im Fall des § 14 Abs. 2 ABB bereitzustellen.
38 
Deshalb kann offen bleiben, ob eine Bausparkasse, die jahrelang die Nichtzahlung von Regelsparbeiträgen hinnimmt, ihr Kündigungsrecht verwirkt und es erst nach erneuter Zahlungsaufforderung bei zukünftigen Rückständen ausüben kann (so Weber, ZIP 2015, 961 [966]).
39 
cc. Die ordentliche Kündigung lässt sich auch nicht mit dem Argument des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin rechtfertigen, weil diese das Ziel des Erhalts eines Bauspardarlehens aufgegeben habe, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung gemeint hat. Aus der gegenwärtigen Niedrigzinsphase lässt sich nicht ableiten, die Klägerin habe endgültig ihr Interesse an ein Bauspardarlehen verloren. Die weitere Zinsentwicklung lässt sich nicht sicher prognostizieren und die gegenwärtige Markteinschätzung der Beklagten erlaubt keine Feststellungen über die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen auf keinen Fall mehr in Anspruch nehmen zu wollen. Ein offenkundig rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin liegt nicht vor. Sie hat die Niedrigzinsphase nicht zu verantworten und macht aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen die Rechte aus der Zuteilung nicht geltend.
40 
b. Die Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung durch die Bausparkasse gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen nicht vor. Es kann dahinstehen, ob die Bestimmung von ihrem Sinn und Zweck her auf Sparverträge Anwendung findet, bei denen Einlagen an sogenannte „professionelle Darlehensnehmer“ geleistet werden (vgl. zum Meinungsstand: Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, juris, Rn. 101; Weber, ZIP 2015, 961; ders., beck-Online.Großkommentar [BeckOGK]/Weber, Stand 1. Februar 2016, BGB, § 489 Rn. 9.1, Rn. 13ff.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800). Jedenfalls ist der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife des Bauspardarlehens an den Bausparer nicht der vollständige Empfang des von dem Bausparer an die Bausparkasse gegebenen Darlehens.
41 
aa. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
42 
(1) Allerdings handelt es sich bei einem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit gebundenen Sollzinssatz, der die Besonderheit aufweist, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris, und Beschluss vom 4. Februar 2014 - 9 U 202/13; Mülbert/Schmitz FS Horn (2006), S. 777; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800; Weber, BB 2015, 961).
43 
(2) Der Zeitpunkt des vollständigen Darlehensempfangs unterliegt jedoch grundsätzlich der Disposition der Parteien, die privatautonom die Auszahlungsmodalitäten vereinbaren können. Denn die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begrenzt nicht die Privatautonomie der Parteien bezüglich der Regelung des Zeitpunkts des Darlehensempfangs und der Höhe des Darlehensbetrages. Bereits die in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. enthaltene Vorgängernorm diente nach der Gesetzesbegründung dem Schuldnerschutz vor überlangen Zinsbindungen. Sie geht auf § 18 Abs. 2 Hypothekenbankgesetz (HypBG, RGBl I 1899, 375) zurück, die für Hypothekendarlehen dieses zwingende Kündigungsrecht schon seit vielen Jahren enthielt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22 f.). Weder diese Vorschrift noch § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. oder § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lassen den Schutz bereits in der Valutierungsphase beginnen. Ein Darlehen ist vollständig empfangen, wenn der Darlehensgeber es dem Darlehensnehmer entsprechend der darlehensvertraglichen Vereinbarung in Höhe des Darlehensnettobetrages zur Verfügung gestellt hat. Werden mehrere Teilzahlungen vereinbart, liegt ein vollständiger Empfang erst mit dem Eingang der letzten Teilzahlung vor (MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 43 m.w.N; Herberger/Martinek/Rüßmann/Schwintowski, jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 489 BGB Rn. 9; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 5). Somit kommt es entscheidend darauf an, welche Teilzahlungen die Parteien vereinbart haben. Erst wenn diese Vereinbarung erfüllt und keine weiteren Teilzahlungen mehr offen sind, ist das gesamte Darlehen empfangen.
44 
bb. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife liegt kein vollständiger Empfang des Darlehens i.S.v. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor.
45 
(1) Der Eintritt der Zuteilungsreife (§ 11 ABB) hat gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB auf die Verpflichtung zur Entrichtung des Regelsparbeitrags, also zur Valutierung des vom Bausparer der Bausparkasse zu gewährenden Darlehens, keinen Einfluss, weshalb er zur Bestimmung der vereinbarten Darlehenshöhe nicht geeignet ist (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 49.1).
46 
Nach § 14 Abs. 1 ABB wird der Bausparvertrag im Falle einer Nichtannahme der Zuteilung oder einer nicht fristgemäß abgegebenen Annahmeerklärung fortgesetzt. Die vertragliche Pflicht zur Zahlung des Regelsparbeitrages gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB gilt weiter.
47 
(2) Die Höhe der vereinbarten Darlehenssumme ist durch Auslegung der Allgemeinen Bausparbedingungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages zu bestimmen. Der einzige im Vertrag konkret bestimmte Betrag ist die Bausparsumme von 20.154,68 EUR, die allerdings nach § 2 ABB sowohl das Bausparguthaben als auch das Bauspardarlehen umfasst. Das Bausparguthaben ist das Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse. Aus § 11 Abs. 1 lit. a und b der ABB ergibt sich eine Mindestlaufzeit von 18 Monaten und ein Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme, also von 8.061,87 EUR. Daraus lässt sich jedoch die Vereinbarung eines Nettodarlehensbetrages noch nicht ableiten. Aus den § 13 Abs. 1, § 11 Abs. 1 lit. b ABB i. V. m. § 1 ABB ist lediglich erkennbar, dass dieser durch die Bausparsumme begrenzt ist, also zwischen dem Mindestsparguthaben von 40 % und 100 % der Bausparsumme liegt. Bei dem Bausparvertrag und damit auch bei dem Bausparguthaben sind zudem die Ungewissheit sowohl des Zeitpunkts des Eintritts der Zuteilungsreife als auch des Abrufs des Bauspardarlehens seitens des Bausparers, der zur Auszahlung führt, zu berücksichtigen. Den ersten Zeitpunkt hat der Bausparer nicht allein in der Hand. Der zweite Zeitpunkt, der von dem ersten abhängig ist, kann von dem Bausparer bestimmt werden. Daher lässt sich die Höhe des Darlehens allenfalls nach dem Umfang der Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Sparbeiträge des Bausparers ermitteln (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 47ff.).Zudem ist die Bausparkasse nicht berechtigt, den vertraglichen Zinsanspruch des Bausparers durch Verweigerung der Annahme der vereinbarten Sparbeiträge zu vereiteln.
48 
(3) Auch aus den Bestimmungen über die Regelsparbeiträge lässt sich die vereinbarte Nettodarlehenssumme indessen nicht ermitteln:
49 
Nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB ist der Bausparer berechtigt und verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zu entrichten. Daher ist die volle Ansparphase bis zum Auszahlungszeitpunkt eine Phase der fortlaufenden Teilvalutierungen. Da der Bausparer weder zur Annahme der Zuteilung noch zum Auszahlungsverlangen des Darlehens verpflichtet ist (arg. e § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 18 ABB) und der Bausparvertrag dann nach § 14 Abs. 1 ABB fortgesetzt wird, ist die maximale Höhe des „Darlehens“ des Bausparers durch die Höhe der Bausparsumme begrenzt. Im Fall der erfolgten Zuteilung steht es dem Bausparer als Darlehensgeber folglich durch sein Auszahlungsverlangen frei, die Darlehenssumme zu begrenzen.
50 
(4) Das erhellt zugleich, dass auch die Zuteilungsnachricht (§ 12 ABB) als Wissens- und Willenserklärung der Bausparkasse (Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 781) und selbst die Annahme der Zuteilung auf die vereinbarte Darlehenssumme keinen Einfluss hat. Gemäß § 13 Abs. 1 ABB führt die Annahme der Zuteilung lediglich zur Verpflichtung der Bausparkasse, die Bausparsumme in der Form des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens bereitzuhalten. Die Auszahlung hängt zusätzlich von dem Abruf durch den Bausparer ab. Bis dahin bleibt er nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB zur Zahlung der Regelsparbeiträge berechtigt und verpflichtet.
51 
(5) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus § 489 Abs. 1 Nr. 2, 2. Hs. BGB nichts anderes. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann, wie bereits ausgeführt, der Vertrag nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens gekündigt werden. Nach dem 2. Halbsatz dieser Regelung tritt dann, wenn nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen wird, der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Empfangs. Damit setzt die dort geregelte Maßgeblichkeit der Vereinbarung für den Fristbeginn voraus, dass diese nach dem vollständigen Darlehensempfang getroffen wurde. Auf die Vollständigkeit des Empfangs des Darlehens wird nicht verzichtet. Der 2. Halbsatz des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stellt mit der Vereinbarung vielmehr eine zusätzliche Voraussetzung für die Möglichkeit der Kündigung auf, die im Vergleich zum 1. Halbsatz der Bestimmung, der ausschließlich auf den vollständigen Erhalt des Darlehens abstellt, zu einem weiteren Hinausschieben der Kündigungsmöglichkeit führt (Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 45).
52 
cc. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lässt sich auch nicht dahingehend auslegen, dass der „vollständige Empfang“ den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife mit erfasst (so aber Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 51, sowie Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 [1803]). Sinn und Zweck der Vorschrift erfordern eine solche Auslegung auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages nicht. Diesen werden vielmehr durch die ABB und sonstigen gesetzlichen Bestimmungen Rechnung getragen. Die gegenteilige Auslegung widerspricht dem Wesen des Bausparvertrages. Ob ein Darlehen vollständig empfangen ist, ist nicht nur aus Sicht des Schuldners des Darlehens zu beurteilen, wie die Beklagte meint, sondern auch aus Sicht der Bausparkasse, die insoweit die Interessen der Zweckgemeinschaft der Bausparer wahrzunehmen hat. Diese hat ein Interesse, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen. Der Erwerb eines bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen während der Ansparphase setzt die im Wechselverhältnis stehenden vertraglichen Hauptleistungspflichten von Leistung der Sparbeiträge und Gewährung eines Bauspardarlehens nicht außer Kraft.
53 
c. Eine rechtsentsprechende Anwendung der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife bei Bausparverträgen kommt nicht in Betracht. Der Meinung der Beklagten, eine normzweckorientierte Anwendung der Vorschrift unter Berücksichtigung der für Bausparverträge charakteristischen Interessen- und Pflichtenlage der Vertragsparteien rechtfertige die Gleichstellung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife (so auch Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; daran anknüpfend Edelmann/Suchowerskyj, WM 2015, 1800; sowie Rollberg, EWiR 2016, 3; Simon, EWiR 2015, 723; OLG Celle, Beschluss vom 3. Februar 2016 - 3 U 192/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016 - 5 O 38/15; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016 - 13 U 151/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015 - 31 U 191/15, juris), vermag der Senat nicht zu folgen.
54 
Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Vorliegen der vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassenen Lücke und ihre Planwidrigkeit muss dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers - und das ist der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte. Für eine Analogie ist weiter erforderlich, dass der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Beschluss vom 20. November 2014 - IX ZB 16/14, WM 2015, 131).
55 
aa. Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit liegt nicht vor. Dass vom Gesetz mit der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei von herkömmlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträgen auch der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife erfasst werden sollte, lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. Der historische Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., der Vorgängerbestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, von der zu diesem Zeitpunkt schon seit langem geltenden Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG a.F. leiten lassen (BT-Drucks. 10/4741, S. 23, s. bereits oben unter II.2.b.aa [2]). Nach § 18 Abs. 2 S. 1 HypBG a.F. durfte das Recht der Rückzahlung nur bis zu einem Zeitraume von zehn Jahren ausgeschlossen werden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung begann dieser Zeitraum mit der Auszahlung des Darlehens, im Falle der Auszahlung in Teilbeträgen mit der letzten Zahlung. Der 2. Halbsatz entspricht § 489 Abs. 1 Nr. 2 2. Hs. BGB.
56 
Nach der Gesetzesbegründung zur Einführung der Kündigungsrechte in § 609a BGB a.F. wollte der Gesetzgeber die zu weite Schuldnerschutzvorschrift des § 247 Abs. 1 BGB a.F. auf ein angemessenes Maß zurückführen und insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite das Prinzip der vertraglichen Bindung und Risikozuweisung durchsetzen. Dem widersprach das freie Kündigungsrecht nach § 247 BGB a.F. bei einem Zinssatz von mehr als 6 % unabhängig von der Marktentwicklung. Der Gesetzgeber hat bei dieser Gelegenheit - ohne nähere Begründung - die Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG auf sämtliche festverzinslichen Kredite ausgedehnt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22). Ziel war also im Wesentlichen nicht die von der Beklagten vertretene Ausweitung, sondern die Begrenzung der Kündigungsmöglichkeiten.
57 
Dass insoweit nicht eine vom Gesetzgeber nicht geplante, sondern vielmehr eine bewusste Regelungslücke vorliegt, ist insbesondere an der durch Gesetz vom 21. Dezember 2015 erfolgten Änderung des Bausparkassengesetzes ersichtlich. In Kenntnis der Kleine[n] Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 4. Februar 2015 (BT-Drucks. 18/3944) sowohl bezüglich der Kündigungen von Bausparkassen infolge der durch die Niedrigzinsphase bedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten als auch bezüglich eines Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zehn Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife (Nr. 9), hat die Bundesregierung im Oktober 2015 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes der Bausparkassen vorgelegt (BT-Drucks. 18/6418). Dieser - durch den Gesetzgeber am 21. Dezember 2015 insoweit umgesetzte - Entwurf sah trotz der bestehenden Rechtsunsicherheit eine klarstellende oder verdeutlichende Ausweitung des „vollständigen Empfangs“ eines Darlehens auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht vor, obwohl Ziel u. a. die Verbesserung der Reaktionsmöglichkeiten auf die anhaltende Niedrigzinsphase war (BT-Drucks. 18/6418, S. 1). Die Bundesregierung sah ausweislich ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage vom 4. Februar 2015 bzgl. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinen - klarstellenden - Handlungsbedarf (vgl. BT-Drucks. 18/4195, S. 3 zu Nr. 9).
58 
bb. Gleichfalls ist der rechtlich hier zu beurteilende Sachverhalt nicht mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar. Das ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte den Schutz der Bausparergemeinschaft bemüht, einer Gemeinschaft, die gerade im Vergleich zu herkömmlichen Darlehensverträgen im Rahmen rechtlicher Beurteilungen andere Schlussfolgerungen zulässt (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360).
59 
cc. Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen, weil die Interessenabwägung keine Analogie rechtfertigt.
60 
(1) Der Zweck des Bausparvertrages ist aus Sicht des Bausparers der Erhalt eines zinsgünstigen, nur nachrangig zu besichernden Darlehens unterhalb des Marktniveaus. Die Voraussetzungen hierfür hat er durch die Leistung der vertraglichen Regelsparbeiträge an die Zweckgemeinschaft der Bausparer zu schaffen, für die er - nach der herkömmlichen Ausgestaltung - eine unterhalb des Marktniveaus liegende Habenverzinsung in Kauf zu nehmen hat. Dieses sich gegenseitig bedingende Wechselverhältnis zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen innerhalb der beschränkten Personengruppe der Bausparer ist maßgebend für das Bauspargeschäft und wird in § 1 Abs. 1 und 2 BauSparkG definiert (Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz, 5. Aufl. § 1 Anm. 1). Die charakteristische Prägung des Bauspargeschäfts ergibt sich zusätzlich aus der Vertragszweckbestimmung des § 1 ABB sowie den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II, die auf das zinsgünstige Bauspardarlehen auf Grund von bedingungsgemäßen Ansparleistungen hinweisen.
61 
(2) Es lässt sich nicht mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang bringen, das „charakteristische gemeinsame Sparziel“ des Bausparvertrages lediglich mit der Erlangung der „Möglichkeit der Ausübung der Option zur Erlangung eines Bauspardarlehens“ zu definieren, wie die Beklagte meint.
62 
(a) Aus § 1 Abs. 2 BauSparkG ergibt sich keine einschränkende Zweckbestimmung. Zwar ist nach der dort enthaltenen Legaldefinition Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Diese Vorschrift darf aber nicht isoliert als allein Zweck bestimmend herangezogen werden (so aber Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 550). Mit der Formulierung, der Bausparer erwerbe einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, bringt der Gesetzgeber vielmehr zum Ausdruck, dass, anders als bei einem gewöhnlichen Darlehen oder einem Forward-Darlehen, der Darlehensauszahlungsanspruch nicht bereits mit Vertragsschluss begründet wird, sondern von der bausparvertragstypischen Ansparleistung des Bausparers und den Sparleistungen des Kollektivs abhängig ist. Insbesondere ist § 1 Abs. 2 BauSparkG im Zusammenhang mit der zentralen Begriffsbestimmung des Bauspargeschäfts in § 1 Abs. 1 BauSparkG (s.o.) sowie der damit bezweckten Wohnungsbauförderung (§ 1 Abs. 3 BauSparkG) zu sehen. Er ergänzt lediglich die tatsächlich begriffsprägende Vorschrift des § 1 Abs. 1 BauSparkG.
63 
Auch die Gesetzesmaterialien geben für die einschränkende Zweckbestimmung keinen Anhaltspunkt. Die Gesetzesbegründung zum Bauspargesetz (BT-Drucks. VI/1900, S. 9 ff.) beschreibt das Wesen des Bauspargeschäfts in der Ansammlung von Kapital zur nachstelligen Finanzierung des Wohnungsbaus. Als charakteristisch wird das Kollektiv, also die Geschlossenheit des Personenkreises beschrieben, deren Mitglieder zunächst bis zur Auszahlung des Bausparguthabens Gläubiger und später nach Zuteilung des Bauspardarlehens Schuldner der Bausparkasse werden. Dabei betont der Gesetzgeber das Wechselverhältnis von Verzicht auf einen nicht marktgerechten Einlagenzins zu Gunsten eines niedrigen Darlehenszinses. Das Entstehen des bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen nach Eintritt der Zuteilungsreife wird nicht als Zwischenziel erwähnt. Es wird auf den Auszahlungszeitpunkt abgestellt. Dem entspricht § 5 Abs. 1 S. 2 ABB.
64 
(b) Die Auffassung der Beklagten, Zweck des Bauspargeschäfts sei lediglich die Erlangung des Optionsrechts, anstelle des Darlehens selbst, widerspricht zudem dem von ihr in § 1 ABB selbst definierten Vertragszweck. Ihre Auffassung beachtet nicht die Nachteile des Bausparers bei der Hinnahme einer unterhalb des Marktniveaus liegenden Verzinsung des Bausparguthabens. Hierzu ist der Bausparer bereit, weil ihm die daraus resultierenden Vorteile der Zweckgemeinschaft der Bausparer zugutekommen. Anschließend kann er ein zinsgünstiges Bauspardarlehen unterhalb des Marktniveaus nutzen. Der Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrages selbst stellt daher noch nicht den wirtschaftlichen Ausgleich für die bereits in der Ansparphase hingenommenen wirtschaftlichen Nachteile dar.
65 
(c) Der Erhalt eines Anspruchs auf ein Darlehen ist lediglich ein notwendiges Zwischenziel. Dem kommt entgegen der Auffassung der Beklagten (so auch Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800) keine überragende Bedeutung im Sinne einer Zweckerreichung zu. Dies folgt aus den Besonderheiten der Vergabe der Bauspardarlehen aus den begrenzten Mitteln des Kollektivs der Bausparer.
66 
Gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG können sich Bausparkassen vor Zuteilung eines Bausparvertrages nicht verpflichten, die Bausparsumme zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuzahlen. Die Bausparkasse kann erst dann Bauspardarlehen ausreichen, wenn ihr von den Mitgliedern des Bausparkollektivs ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Die Mindestwartezeit lässt sich anhand der Bausparbedingungen errechnen. Bei dem vertraglich vereinbarten Regelsparbeitrag in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme (§ 5 Abs. 1 S. 1 ABB) sowie einem Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme als Zuteilungsvoraussetzung (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) dauert die Ansparphase auch unter Berücksichtigung der Guthabenzinsen von 3 % p.a. (§ 6 Abs. 1 ABB) etwas mehr als sieben Jahre. Diese bausparvertragstypische, regelmäßig mehrjährige Wartezeit bringt es mit sich, dass der Bausparer bei Vertragsabschluss noch nicht absehen kann, wann ihm ein Bauspardarlehen gewährt werden kann (BT-Drucks. VI/1900, S. 10ff.). Ihm ist eine verlässliche Planung nicht möglich.
67 
Zudem besteht eine auf wohnungswirtschaftliche Maßnahmen beschränkte Verwendungsmöglichkeit des Darlehens, § 1 Abs. 2 ABB. Für den Bausparer besteht somit das Risiko, dass ihm die angebotene Zuteilung der Bausparsumme zeitlich ungelegen kommt, weil sein geplanter Verwendungszweck sich zwischenzeitlich erledigt hat oder erst später ansteht. Daher besteht keine Pflicht zur Annahme der Zuteilung, worauf in den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bausparbedingungen ausdrücklich hingewiesen wird.
68 
(3) Der Eintritt der Zuteilungsreife verschafft dem Bausparer nicht eine besondere Rechtsposition, mit der er die Bausparkasse unangemessen lange an einen bereits bei Vertragsschluss fest vereinbarten Guthabenzinssatz binden kann.
69 
Fehl geht das Argument der Beklagten, mit Erreichen der Zuteilungsreife könne der Bausparer seine Sparleistungen einstellen, aber gleichzeitig die Bausparkasse an die bei Vertragsabschluss fest vereinbarten Guthabenzinsen binden. Die ABB sehen kein Recht des Bausparers vor, die Regelsparbeiträge einzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). § 5 Abs. 1 ABB enthält die Verpflichtung des Bausparers, über den Eintritt der Zuteilungsreife hinaus und sogar noch nach der Annahme der Zuteilung die Regelsparbeiträge bis zum ersten Auszahlungszeitpunkt zu bezahlen. Die vereinzelt vertretene Auffassung, es bestehe keine Pflicht zur Zahlung der Regelsparbeiträge, der Sparer könne vielmehr die Zahlungen aussetzen oder der Höhe nach variieren (Laux, VW 1996, 328; Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen [BAKred], ZIP 1995, 691 [695]; Oiwoh, Zur Kündigung von Bausparverträgen im deutschen und österreichischen Recht, Diplomarbeit 2016, Graz, S. 9), trifft nicht zu. Bei der Zweckspargemeinschaft der Bausparer ist die Einzahlung der Sparbeiträge Hauptleistungspflicht der Bausparer (Schäfer/Cirpka/Zehnder, aaO, § 5 Anm. 27; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 542). Nur durch ihre Einlagenzahlungen ist die Ausreichung der Bauspardarlehen an andere Mitglieder möglich. Sie sind prägend für das Kollektivsystem zwischen Bausparern und Kreditnehmern (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 46; Schimansky/Bunte/Lwowski/Rümker/Winterfeld, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 124 Rn. 167). Die Regelung über die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrags in den ABB der Beklagten ist nach dem Wortlaut eindeutig als Vertragspflicht ausgestaltet (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). Systematisch regelt § 5 Abs. 1 ABB die Leistungspflicht. § 5 Abs. 2 ABB enthält die Möglichkeit des Bausparers, über den Regelsparbeitrag hinaus mit Zustimmung der Bausparkasse freiwillig höhere Sonderzahlungen zu leisten. § 5 Abs. 3 ABB enthält das Kündigungsrecht der Bausparkasse bei Nichtzahlung der Raten. Dadurch hat die Bausparkasse ein wirkungsvolles Instrument, die mit dem Vertrag vereinbarte Risikoverteilung hinsichtlich der Zinsentwicklung sowie der Verwendungseignung aufrechtzuerhalten. Das Recht des Bausparers, niedrigere Sparbeiträge zu zahlen oder die Zahlung einzustellen, ist in den ABB nicht vorgesehen und wäre mit dem ausdrücklich geregelten Kündigungsrecht der Bausparkasse unvereinbar. Von einer echten Leistungspflicht geht im Übrigen auch das Bausparkassengesetz aus. Nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 BauSparkG müssen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen über die Höhe und Fälligkeit der Leistungen des Bausparers sowie über die Rechtsfolgen, die bei Leistungsverzug eintreten, enthalten.
70 
(4) Eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB scheidet hier zudem aus, weil selbst bei fiktiver Gleichstellung des Darlehensempfangs mit dem Zeitpunkt der ersten Zuteilungsreife nach der bausparvertragstypischen Vertragsgestaltung eine überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nicht gegen ihren Willen eintreten kann.
71 
(a) Bei der vertragskonformen Durchführung des Bausparvertrages ist eine Bindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nach erstmaliger Erlangung der Zuteilungsreife ausgeschlossen. Die längste vertragliche Laufzeit nach Zuteilungsreife für das hier als Darlehen zu wertende Bausparguthaben lässt sich anhand der Höhe des Regelsparbeitrags, des Habenzinssatzes und des Mindestsparguthabens ermitteln. Bei der geschuldeten monatlichen Sparzahlung in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 ABB und einem Habenzinssatz von 3 % p.a. gemäß § 6 Abs. 1 ABB beträgt die maximale Laufzeit bis zur Vollbesparung der Bausparsumme ca. 16 Jahre. Die Zuteilungsreife bei einem vertraglichen Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) tritt nach etwas mehr als sieben Jahren ein. Die Bausparkasse ist bei vertragsmäßiger Durchführung ab Zuteilungsreife längstens neun Jahre gebunden. Im Falle einer vorherigen Annahme der Zuteilung endet die Verzinsungspflicht gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 ABB vorzeitig spätestens mit Ablauf des Monats der Bereitstellung. Damit ist das Darlehen zinslos.
72 
(b) Die von der Beklagten zur Begründung der Analogie angeführte überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren kann nur bei einer Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge entstehen. Diese stellt aber ein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, welches die Bausparkasse nach § 5 Abs. 3 ABB zur Kündigung berechtigt. Die eigenmächtige Abweichung des Bausparers vom Vertrag ist kein bausparvertragstypisches Risiko, dem mit einer analogen Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begegnet werden müsste.
73 
(aa) Das Ruhenlassen eines zuteilungsreifen Bausparvertrages ist nicht charakteristisch für das Bauspargeschäft. Es lässt sich weder den gesetzlichen Vorschriften noch den ABB entnehmen. Die Einsammlung von Kapital, um den Bausparern schnellstmöglich Bauspardarlehen aus Mitteln des Kollektivs zur Verfügung stellen zu können, gehört zum Wesen des Bausparvertrages (BT-Drucks. IV/1900, S. 11). Die Einstellung der Sparleistungen widerspricht dem. Es mag zwar ständige Praxis der Bausparkassen sein, die Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge nach erstmaliger Zuteilungsreife hinzunehmen. Hieraus lassen sich aber keine rechtlichen Schlüsse ziehen. Diese Praxis kann der Bausparkasse mangels Vertragsänderung nicht einseitig aufgedrängt werden. Sie hat vielmehr einen Anspruch auf Zahlung der Regelsparbeiträge (vgl. bereits oben unter II.2.b.bb [3]).
74 
(bb) Allerdings entsprach die Einstellung der Regelsparbeiträge in der Vergangenheit dem Interesse der Bausparkassen. Außerhalb der gegenwärtigen Niedrigzinsphase war das Ruhenlassen der zuteilungsreifen Bausparverträge für die Bausparkasse günstig, da ihr die Mittel zur Zuteilung anderer Bauspardarlehen zur Verfügung blieben und sie aus der Zinsdifferenz zu den Zinssätzen der ausgereichten Bauspardarlehen risikolos Erträge erwirtschaften konnte. Lange Zeit lagen zudem die Habenzinssätze unterhalb des Marktniveaus. Zudem dürfte diese Praxis die Attraktivität des Bausparens gesteigert und die Werbung neuer Bausparer erleichtert haben.
75 
Weiter war während des Ruhens des Bausparvertrages für die Bausparkasse das noch bestehende Zinsrisiko für die Restlaufzeit im Falle der Wiederaufnahme der Einzahlungen jederzeit überschaubar. Sie war dadurch in der Lage, durch Aufforderung des Bausparers, seinen Einzahlungspflichten wieder nachzukommen, den Vertrag wieder in Vollzug zu setzen. Damit konnte sie das mit dem Vertrag von vornherein übernommene Zinsänderungsrisiko und die faktische Verlängerung der Zinsbindung jederzeit steuern. Sie hatte es also in der Hand, eine Zinsbindung von mehr als zehn Jahren zu vermeiden.
76 
d. Die Beklagte kann die Kündigung auch nicht auf § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 BGB stützen (zum Verhältnis der Bestimmungen zueinander vgl. Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, WM 2016, 311, Rn. 147).
77 
aa. Zu Recht beruft sich die Beklagte in der Berufung nicht mehr auf ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung zulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Wie bereits ausgeführt, stellt die Nichtabnahme des Bauspardarlehens kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge hat die Bausparkasse ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB, dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Schaffung der Kündigungsvoraussetzungen und die sich daran anschließende Möglichkeit der Ausübung dieses Kündigungsrechts ist ihr zuzumuten. Die Nichtausübung in der Vergangenheit beruhte auf einer eigenen freien Entscheidung.
78 
bb. Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht. Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 235/09, juris). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10, WM 2014, 134). Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 210/12 NZG 2014, 1036). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
79 
(1) Die Geschäftsgrundlage wäre nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätte. Zwar war Vertragszweck nach § 1 BauSparkG, § 1 ABB die Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung (s. bereits oben unter II.2.c.cc.[2][c]). Doch ist zum einen die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben. Zum anderen ist der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden nicht erfolgten Inanspruchnahme des Bauspardarlehens abzuleiten. Schon der seit Abschluss des Bausparvertrages bis zur Zuteilungsreife vergehende Zeitraum legt es angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens nahe, dass aufgrund veränderter Umstände das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wird. Auch für diesen Fall ist nach der vertraglichen Vereinbarung die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorgesehen, mithin eine Risikoverteilung vorgenommen worden.
80 
(2) Die Geschäftsgrundlage wäre auch nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und -darlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben.
81 
3. a. Die Verpflichtung zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB, weil die Beklagte durch die unberechtigte Kündigung ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat.
82 
b. Die notwendigen Rechtsverfolgungskosten betragen unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr, einer Auslagenpauschale von 20,00 EUR und der Umsatzsteuer insgesamt 413,64 EUR, weil für die Gebührenrechnung ein Gegenstandswert von 3.167,66 EUR anzusetzen ist.
83 
aa. Der Gegenstandswert für die vorgerichtlichen Anwaltskosten ist gemäß § 23 Abs. 3 RVG i. V. m. § 48 GKG, § 3 ZPO nach dem maßgeblichen wahren Interesse der Klägerin an dem Urteil (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 1976 - VI ZR 154/75) zu schätzen.
84 
bb. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es dem Kläger hinsichtlich des Bausparguthabens nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages in Höhe des Guthabens an, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung. Im Rahmen der Feststellungsklage kann zudem der Gedanke des § 9 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZR 202/07, juris, Rn. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl. 2013, § 9 Rn. 2). Soweit § 9 ZPO voraussetzt, dass das Stammrecht selbst im Streit ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 9 Rn. 1; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. April 2005 - 17 W 21/05), ist diese Voraussetzung hier erfüllt, da die Feststellung des Fortbestands des Bausparvertrages die des Bezugsrechts des Bausparers für die künftigen Zinsen umfasst. Diesbezüglich ist daher der 3,5-fache Jahreszins aus dem Bausparguthaben bei Mandatierung anzusetzen.
85 
cc. Neben dem Zinsinteresse ist auch das mögliche Interesse des Klägers am Erhalt des Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen der Bausparsumme und dem angesparten Guthaben zu berücksichtigen. Dieses besteht alternativ zum Zinsinteresse, weil die Inanspruchnahme des Darlehens die Verzinsungspflicht des Bausparguthabens entfallen lässt. Wegen des Alternativverhältnisses der Interessen des Bausparers und der Ungewissheit, ob das Bauspardarlehen in Anspruch genommen wird, hält es der Senat im Rahmen der Feststellungsklage für gerechtfertigt, das wirtschaftliche Interesse beider Ansprüche zu kumulieren und sie mit einem Abschlag von 50% zu berücksichtigen.
86 
dd. Die Zinserwartung aus dem zum Zeitpunkt der Mandatierung bestehenden Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR betrug bei einem Zinssatz von 3 % p.a. für einen Zeitraum von 3,5 Jahren 1.656,11 EUR. Diese ist mit einem 50-prozentigen Abschlag mit einem Betrag von 828,06 EUR anzusetzen.
87 
Zum Zeitpunkt der Mandatierung bestand ein Darlehensanspruch in Höhe von 4.679,20 EUR, der ebenfalls mit 50 %, also 2.339,60 EUR, anzusetzen ist, woraus sich der Gegenstandswert von 3.167,66 EUR errechnet.
III.
88 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2, § 269 Abs. 3 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Hinsichtlich der Streitwertbemessung wird auf die oben stehenden Ausführungen zum Gegenstandswert der vorgerichtlichen Anwaltskosten Bezug genommen. Durch den Instanzenzug haben sich keine wesentlichen Wertveränderungen ergeben.
89 
2. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von den Hinweisbeschlüssen und Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm, Koblenz, Köln und Celle ab, die eine auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung des Bausparvertrages für rechtmäßig halten.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 06.12.2013 - 10 O 36/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 6.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, der in die Liste der qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 Unterlassungsklagegesetz (UKlaG) eingetragen ist, verlangt von der beklagten Bausparkasse die Unterlassung der Verwendung einer Klausel aus ihren Bauspardarlehensverträgen sowie einer korrespondierenden Klausel aus ihren Allgemeinen Bausparbedingungen (nachfolgend: ABB) gegenüber privaten Kunden, die jeweils „Kontogebühren“ im Rahmen eines Bauspardarlehens vorsehen, sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Die Darlehensverträge der Beklagten (Anlage K 3), welche Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen, enthalten folgende Klausel:
„I.1 Bauspardarlehen
[…]
b) Kosten des Bauspardarlehens
Über die Zinsen und Tilgung hinaus fallen bei planmäßigem Verlauf des Bauspardarlehens folgende Kosten an.
- Kontogebühr: derzeit je Konto 9,48 Euro jährlich (gemäß ABB)
[…]“
§ 17 Abs. 1 der ABB der Beklagten (Anlage K 1) lautet:
„Die Bausparer bilden eine Zweckspargemeinschaft. Ihre Verträge bilden das Bausparkollektiv. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des kollektiven Bausparens berechnet die Bausparkasse für bauspartechnische Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse eine Kontogebühr.
Die Kontogebühr wird dem Bausparer jährlich zu Jahresbeginn für jedes Konto berechnet. Im ersten Jahr wird sie bei Vertragsbeginn anteilig belastet. Wird ein Konto im Laufe eines Jahres abgerechnet, erfolgt eine anteilige Rückvergütung.
Für ein Konto in der Sparphase beträgt die Kontogebühr 9,48 Euro. Die Sparphase beginnt mit der Anlage des Bausparvertrages, sie endet mit der Auflösung des Bausparvertrages oder mit der ersten (Teil-) Auszahlung des Bauspardarlehens.
Für ein Konto in der Darlehensphase beträgt die Kontogebühr 9,48 Euro. Die Darlehensphase beginnt mit der ersten (Teil-) Auszahlung des Bauspardarlehens.“
Mit Schreiben vom 07.02.2012 (Anlage K 2) mahnte der Kläger die Beklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum 07.02.2012 ab. Die Beklagte gab eine solche nicht ab.
10 
Der Kläger hat vorgetragen,
die Klauseln genügten nicht dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Ein durchschnittlicher Kunde interpretiere eine „Kontogebühr“ als „Kontoführungsgebühr“. Für ihn sei es unverständlich und damit irreführend, dass das so bezeichnete Entgelt nicht für das Bausparkonto des jeweiligen Bausparers, sondern für Bereiche erhoben werde, die mit dem tatsächlichen Bausparkonto nichts zu tun hätten.
11 
Bei den angegriffenen Klauseln handele es sich um kontrollfähige Preisnebenabreden. Denn die Kontogebühr stelle keine vertragliche Gegenleistung für die Gewährung des Darlehens dar. In der Darlehensphase des Bauspargeschäfts gewähre die Bausparkasse dem Bausparer ein zweckgebundenes Darlehen zu den im Bausparvertrag vereinbarten Konditionen; als Gegenleistung sei der Bausparer zur Zahlung des geschuldeten Zinses verpflichtet. Es könne zwar sein, dass die bauspartechnische Verwaltung, die Kollektivsteuerung und die Führung einer Zuteilungsmasse eine Art „Geschäftsgrundlage“ des kollektiven Bausparmodells darstellten. Das beziehe sie aber noch nicht in den vertraglichen Leistungsaustausch ein. Durch die Klauseln wälze die Beklagte vielmehr allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten und Kosten für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse lägen, auf den Kunden ab. Denn ein Darlehenskonto diene in erster Linie buchhalterischen bzw. Abrechnungszwecken der Beklagten, die dabei im Eigeninteresse den jeweiligen Stand der Darlehensverbindlichkeiten dokumentiere und damit auch ihrer sich aus § 238 HGB i.V.m. §§ 21 Abs. 2, 15 Abs. 1 RechKredV ergebenden Verpflichtung nachkomme. Damit sei die von der Beklagten erhobene „Kontogebühr“ angesichts ihres Wortlautes jedenfalls unter Anwendung der Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB als Preisnebenabrede auszulegen.
12 
Die Klauseln benachteiligten die Bausparer unangemessen. Als „Kontoführungsgebühren“ seien sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung vereinbar, da nach dem gesetzlichen Leitbild für solche Tätigkeiten ein Entgelt nicht beansprucht werden könne. Auch eine Bezeichnung als „Kollektivverwaltungsgebühr“ ändere nichts an der unangemessenen Benachteiligung der Bausparer, da die Gegenleistung für bausparspezifische Leistungen der Beklagten bereits durch den Verzicht des Bausparers auf einen marktüblichen Zins in der Ansparphase erbracht sei. Darin unterscheide sich die „Kontoführungsgebühr“ von einer zulässigen „Abschlussgebühr“, die tatsächlich dem kollektiven Systemzweck des Bausparens entspreche. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur „Abschlussgebühr“ sei deshalb auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.
13 
Dem ist die Beklagte entgegengetreten und hat vorgetragen,
die Klauseln genügten dem Transparenzgebot. Denn in ihnen werde dem Bausparkunden seine Zahlungspflicht klar, einfach und präzise dargestellt. Eine darüber hinausgehende Aufklärung, etwa über die interne Kalkulation werde von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht gefordert.
14 
Die Klauseln enthielten eine Preishauptabrede, welche der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB entzogen sei. Mit der „Kontogebühr“ erbringe der Bausparer einen kollektiven Mitgliedsbeitrag im Rahmen der von der Beklagten als Bausparkasse organisierten Zweckspargemeinschaft, welcher der permanenten Planung, Steuerung und Verwaltung des Bausparkollektivs diene. Ein Verständnis als Kontoführungsgebühr sei ausgeschlossen, da sie in dem in Bezug genommenen § 17 ABB derart konkret aufgeschlüsselt werde, dass für einen solchen Sinngehalt kein Raum bleibe. Anders als bei gewöhnlichen Bankdarlehen gehe das Spar- und Bauspardarlehenskonto über die bloße Abwicklung von Zahlungsein- und -ausgängen hinaus und diene der Erfüllung originärer Hauptpflichten aus dem Bausparvertrag. Ihr stehe es als Verwenderin frei, das Entgelt für ihre Leistung auch in mehrere Preisbestandteile aufzuteilen, sodass die Entrichtung einer Kontogebühr neben der Zahlung von Zinsen ein zusätzliches Teilentgelt darstelle.
15 
Jedenfalls hielten die Klauseln einer Inhaltskontrolle stand und stellten insbesondere keine unzulässige Entgeltregelung im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar. Die der „Kontogebühr“ nach § 17 ABB zugrundeliegenden Tätigkeiten erfolgten anders als beim gewöhnlichen Darlehensvertrag nicht allein im Interesse der Bausparkasse, sondern dienten auch dem Bausparkollektiv und damit mittelbar dem einzelnen Bausparer. Die Bausparkasse beurteile anhand der in den Bausparkonten wiedergegebenen Entwicklungsstände der einzelnen Bausparverträge fortlaufend den jeweiligen Umfang der kollektiven Zuteilungsmittel und entscheide danach über die Zuteilungsreife jedes einzelnen Bausparvertrages. Der einzelne Bausparer bleibe auch in der Darlehensphase Mitglied dieses Kollektivs, da auch seine Tilgungsleistungen wiederum Einfluss auf das Zuteilungsverfahren hätten. Seinen Einzelinteressen, sich nicht an den Kosten der Verwaltung des Kollektivs zu beteiligen, stünden die Interessen des Kollektivs zumindest gleichberechtigt gegenüber.
16 
Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen, der erstinstanzlichen Anträge und näheren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
17 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klauseln verstießen nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, da dem Kunden sowohl die Höhe seiner jährlichen Zahlungspflicht, der Zeitpunkt der Belastung als auch die unterjährigen Verfahrensweisen klar dargestellt würden. Mehr könne nicht verlangt werden. Die Klauseln seien als Preishauptabreden der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB entzogen, da die Auslegung klar ergebe, dass es sich nicht um eine Kontoführungsgebühr handle, sondern damit die bauspartechnische Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse abgegolten werde, was eine vertragliche Hauptleistungspflicht der Beklagten aus dem Bausparvertrag darstelle. Selbst bei Einordnung als Preisnebenabrede hielten die Klauseln jedoch der Inhaltskontrolle stand. Aus der besonderen Systematik des kollektiven Bausparens folge, dass die Umlegung dieser Kosten nicht von wesentlichen Grundprinzipien des dispositiven Rechts abweiche. Die Abwägung zwischen den Interessen der Beklagten als Bausparkasse und den Interessen der sich in der Darlehensphase befindlichen Bausparer ergebe keine unangemessene Benachteiligung der Kunden.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausführungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
19 
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt. Die Klauseln seien intransparent, da die Bezeichnung des kollektiven Mitgliedsbeitrages als „Kontogebühr“ für den durchschnittlichen Kunden irreführend sei. Ihre Kontrollfähigkeit ergebe sich daraus, dass die „Kontogebühr“ nicht zur Abgeltung einer konkreten vertraglichen Gegenleistung der Beklagten erhoben werde, sondern die damit abgedeckten Tätigkeiten notwendige Maßnahmen zur Aufrechterhaltung und Durchführung ihres Geschäftsbetriebes darstellten. Selbst wenn eine Kollektivsteuerung Geschäftsgrundlage des Bausparmodells sei, folge daraus noch nicht ihre Einbeziehung in den vertraglichen Leistungsaustausch. Jedenfalls führe § 305c Abs. 2 BGB zur Eröffnung der Inhaltskontrolle. Dieser hielten die Klauseln nicht stand, weil die Beklagte damit die ihr gesetzlich obliegenden Pflichten - allen voran diejenige zur Verbuchung der Geschäftsvorfälle - auf die Kunden abwälze. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit der Erhebung einer Abschlussgebühr sei nicht übertragbar, da die Beklagte die angesprochenen Tätigkeiten anders als dort vor allem im eigenen Interesse erbringe, sodass die Weitergabe der dafür anfallenden Kosten zu einer unangemessenen Benachteiligung der Kunden führe. Ohne diese Tätigkeiten sei das Bauspargeschäft schlicht nicht durchführbar.
20 
Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
21 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die Parteien haben zuletzt mit Schriftsätzen vom 08.06. und 09.06.2015 vorgetragen.
II.
22 
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO. Vielmehr ist das vom Landgericht gefundene Ergebnis, dem Kläger stehe weder ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Klauseln aus §§ 1, 3, 4 UKlaG noch auf Erstattung der Abmahnkosten aus § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 1 UWG gegen die Beklagte zu, nicht zu beanstanden.
23 
Die - entgegen der Ansicht des Landgerichts kontrollfähigen (2.) - Klauseln verstoßen weder gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (1.) noch benachteiligen sie die Verbraucher unangemessen im Sinne der §§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB (3.).
24 
1. Mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass die beiden angegriffenen Klauseln nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sind, das unabhängig davon Anwendung findet, ob die Klauseln auch in sonstiger Hinsicht einer Inhaltskontrolle zugänglich sind (§ 307 Abs. 3 Satz 2 BGB).
25 
a) Danach ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen und dabei auch die wirtschaftlichen Nachteile einer Regelung für die Gegenseite so deutlich zu machen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGH, Urteile vom 28.01.2003 - XI ZR 156/02, BGHZ 153, 344, 352, vom 23.02.2005 - IV ZR 273/03, BGHZ 162, 210, 213 f., vom 15.04.2010 - Xa ZR 89/09, WM 2010, 1237 Rn. 25 und vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 20).
26 
b) Diesen Anforderungen genügen die Klauseln.
27 
aa) Dabei ist zunächst zu beachten, dass die im Bauspardarlehensvertrag enthaltene Klausel einerseits und die in den ABB befindliche Klausel andererseits nicht unabhängig voneinander einer Betrachtung unterzogen werden dürfen. Denn den in Ziffer I. 1 b) des Darlehensvertrages (Anlage K3) ausdrücklich in Bezug genommenen ABB (hier: § 17) kommt - für die Verwendergegenseite erkennbar - Ergänzungsfunktion zu. Sofern es also keine inhaltliche Unverträglichkeit der beiden Klauseln gibt und der Vertragspartner die Formularvertragsregelung auch nicht als abschließende Regelung verstehen darf, sind die Vorschriften nebeneinander anwendbar (Lindacher/Hau in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl., § 305c BGB Rn. 121; vgl. auch BGH, Urteil vom 19.10.1994 - IV ZR 159/93, NJW 1995, 56, 57 und OLG Karlsruhe, WM 1990, 1867 Rn. 37). So liegt der Fall hier. Die Beklagte wollte durch die Verweisung in der denkbar kurzen und lediglich den jährlichen Zahlbetrag ausweisenden Klausel im Darlehensvertrag auf die ausführlicheren Regelungen in § 17 ABB eine Überfrachtung des individuellen Vertrages vermeiden. Daher wird zur Beschreibung der näheren inhaltlichen Ausgestaltung des Entgeltes und der mit ihm abgegoltenen Tätigkeiten die - die konkrete „Kontogebühr“ aus dem Darlehensvertrag in ihrer Überschrift aufnehmende - Vorschrift des § 17 ABB in Bezug genommen. Ein Verständnis der Ziffer I. 1 b) des Darlehensvertrages als abschließend ist damit objektiv ausgeschlossen.
28 
bb) Wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, werden sowohl die Zahlungspflicht des Kunden (der Höhe und dem Fälligkeitszeitpunkt nach) als auch die Verrechnungsweise bei unterjähriger Aufnahme oder Beendigung eines Vertrages unmissverständlich dargestellt. Weitergehende Informationen können nicht verlangt werden. Das Transparenzgebot führt nicht dazu, dass der Klauselverwender interne Kalkulationsgrundlagen offenbaren muss. Wer über seine Zahlungspflicht hinreichend deutlich informiert wird, braucht nicht auch darüber aufgeklärt zu werden, welche Tätigkeiten und Aufwendungen die Gegenseite der Bemessung ihrer Forderung zugrunde gelegt hat. Auch über die rechtliche Einordnung seiner Zahlungspflichten muss der Kunde, dem die Voraussetzungen und die Höhe der Zahlungspflicht verdeutlicht wurden, nicht unterrichtet werden (BGH, Urteil vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 21 f. m.w.N.). Daher ist eine Bausparkasse aus Gründen der Transparenz z.B. nicht verpflichtet, offen zu legen, dass sie mit der Abschlussgebühr intern die Kosten des Vertriebs deckt (BGH, a.a.O., Rn. 21).
29 
Nichts anderes gilt im Streitfall. Soweit die Berufung nunmehr ausschließlich moniert, die Bezeichnung des Entgeltes als „Kontogebühr“ sei irreführend, weil daraus nicht klar werde, dass es sich eigentlich um einen „kollektiven Mitgliedsbeitrag“ handele, verkennt sie die Reichweite des Transparenzgebots. Wenn der Verwender nicht offenlegen muss, welche internen Kosten er mit der erhobenen Gebühr deckt, kann ein sich aus der Bezeichnung möglicherweise nicht klar ergebender Bezug zu den dahinter stehenden Kalkulationsüberlegungen nicht die Intransparenz der Bestimmung begründen. Der Regelungsgehalt der Klauseln (Höhe des Entgelts, Fälligkeit, anteilige Zahlung/Rückvergütung bei unterjährigem Beginn/Ende des Vertrags) ist auch ohne diese Information aus sich heraus klar verständlich. Die kundenbelastenden Folgen der Entgeltregelung werden dadurch nicht verschleiert. Die von der Berufung aufgeworfene Frage ist vielmehr erst im Rahmen der Inhaltskontrolle von Bedeutung.
30 
2. Im Ergebnis zu Recht beanstandet die Berufung jedoch die Annahme des Landgerichts, bei den angegriffenen Klauseln handele es sich um Preishauptabreden, die gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen seien. Die Klauseln haben vielmehr Preisnebenabreden zum Gegenstand und sind damit kontrollfähig.
31 
a) Die Klauseln sind der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht bereits deshalb entzogen, weil die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) das gesamte Tarifwerk der Beklagten geprüft und genehmigt hat. Die Besonderheiten, die sich aus der Rechtsnatur des Bausparvertrages und den Vorschriften des Bausparkassengesetzes ergeben, können die materiellen Wertungen im Rahmen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB beeinflussen. Die Spezialkontrolle der Allgemeinen Bausparbedingungen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gemäß §§ 3, 8, 9 Bausparkassengesetz (BSpkG), die auf die Berücksichtigung dieser Besonderheiten ausgerichtet ist, rechtfertigt indes keine Einschränkung der Kontrollfähigkeit nach § 307 Abs. 3 BGB (BGH, Urteil vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 17 f. m.w.N.).
32 
b) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB die Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 BGB auf solche Bestimmungen beschränkt, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Darunter fallen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weder Klauseln, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung regeln, noch solche, die das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen (BGH, Urteile vom 14.10.1997 - XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27, 30, vom 18.05.1999 - XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380, 382 f., vom 30.11.2004 - XI ZR 200/03, BGHZ 161, 189, 190 f., vom 21.04.2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257Rn. 16, vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 26 und vom 27.01.2015 - XI ZR 174/13, WM 2015, 519 Rn. 9 m.w.N.). Hat die Regelung hingegen kein Entgelt für eine Leistung, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird, zum Gegenstand, sondern wälzt der Verwender durch die Bestimmung allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden ab, so ist sie kontrollfähig (BGH, Urteile vom 30.11.1993 - XI ZR 80/93, BGHZ 124, 254, 260, vom 15.07.1997 - XI ZR 269/96, BGHZ 136, 261, 264 und 266, vom 14.10.1997 - XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27, 31, vom 18.05.1999 - XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380, 382 f. und 388 f., vom 30.11.2004 - XI ZR 200/03, BGHZ 161, 189, 190 f., vom 21.04.2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257Rn. 16, vom 17.09.2009 - Xa ZR 40/08, WM 2009, 2398Rn. 15 und vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 26 m.w.N.). Solche (Preis-)Nebenabreden werden durch § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht der AGB-Kontrolle entzogen.
33 
Ob die angegriffenen Entgeltklauseln solche Preisabreden beinhalten, ist durch Auslegung zu ermitteln. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind (st. Rspr., siehe nur BGH, Urteile vom 29.04.2008 - KZR 2/07, BGHZ 176, 244Rn. 19, vom 21.04.2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257Rn. 11, vom 28.04.2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180Rn. 21, vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 29 und vom 07.06.2011 - XI ZR 388/10, BGHZ 190, 66 Rn. 21 m.w.N.). Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Außer Betracht bleiben dabei nur solche Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fern liegend und nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (BGH, Urteile vom 30. 10.2002 - IV ZR 60/01, BGHZ 152, 262, 265, vom 21.04.2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257Rn. 11, vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 29 und vom 27.01.2015 - XI ZR 174/13, WM 2015, 519 Rn. 12 m.w.N.).
34 
c) Legt man diese Maßstäbe zugrunde, stellen sich die angegriffenen Klauseln entgegen der Rechtsansicht des Landgerichts als bloße - und damit kontrollfähige - Preisnebenabreden dar.
35 
aa) Zutreffend geht das Landgericht noch davon aus, dass die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB im Streitfall nicht eingreift, da die Auslegung der Klauseln ergibt, dass die „Kontogebühr“ nicht - wie weiterhin von der Berufung geltend gemacht - eine „Kontoführungsgebühr“ (Gebühr für das Führen des Bausparkontos; vgl. zur Unzulässigkeit der formularmäßigen Forderung einer solchen Kontoführungsgebühr für Privatkredite BGH, Urteil vom 07.06.2011 - XI ZR 388/10, BGHZ 190, 66) darstellt, sondern als Entgelt für die „bauspartechnische Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse“ erhoben wird. Die in ihrer Gesamtheit zu betrachtenden Klauseln aus dem Darlehensvertrag und § 17 ABB (dazu oben 1.) sind insoweit eindeutig. Die Führung des Bausparkontos ist demgegenüber schon Gegenstand von § 16 ABB.
36 
bb) Entgegen der Ansicht der Berufungserwiderung folgt die Kontrollfreiheit der Klauseln nicht daraus, dass die mit dem Entgelt abgedeckte Kollektivsteuerung „Voraussetzung dafür ist, dass die wechselseitigen Individualinteressen der Mitglieder des Bausparkollektivs in einer Weise aufeinander abgestimmt werden, die es überhaupt ermöglicht, den einzelnen Bausparvertrag zu führen“. Denn selbst wenn ohne Vereinnahmung der Kontogebühr das kalkulatorische Gefüge aus Guthabenzinsen, Zuteilungsverfahren und Darlehenszinsen neu ausgerichtet werden müsste, kann dies die Kontrollfreiheit einer Entgeltklausel nicht begründen. Denn das macht die Kontogebühr noch nicht zu einem Teil des Gefüges aus Leistungen und Gegenleistungen des Bausparvertrages (vgl. zur Abschlussgebühr bereits BGH, Urteil vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 28). Entscheidend hierfür ist allein, ob es sich bei der vereinnahmten Kontogebühr um die Festlegung des Preises für eine von der Beklagten angebotene vertragliche Leistung handelt (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.2011 - XI ZR 388/10, BGHZ 190, 66 Rn. 20).
37 
cc) Anders als die Berufung meint, ergibt sich die Kontrollfähigkeit der Klauseln nicht schon aus der von ihr vorgenommenen Aufspaltung des Bausparvertrages in einen Vertrag der Ansparphase einerseits - der als Hauptleistungspflichten die Zahlung der Bauspareinlagen bzw. die Verschaffung einer Anwartschaft auf ein späteres Darlehen habe - und einen späteren Darlehensvertrag andererseits - aus dem die Beklagte zur Gewährung des Darlehens und der Kunde zur Zinszahlung verpflichtet und hinsichtlich dessen die Kollektivsteuerung allenfalls „Geschäftsgrundlage“ sei. Unabhängig davon, ob man hinsichtlich der rechtlichen Konstruktion davon ausgeht, der Darlehensvertrag werde bereits mit dem Bausparvertrag aufschiebend bedingt geschlossen, oder ob man annimmt, der Bausparvertrag begründe im Sinne eines Vorvertrages nur einen Anspruch auf Abschluss eines späteren Darlehensvertrages (dazu BGH, Urteil vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 32 m.w.N.), definiert § 1 Abs. 2 BSpkG den Bausparvertrag nämlich als einen Vertrag, durch den der Bausparer nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt. Damit wird klar, dass die beiden - wenn auch rechtlich unterscheidbaren - Verträge aus den unterschiedlichen Phasen miteinander so verzahnt sind (vgl. Fandrich in von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, ABB, Neubearbeitung 2011, Rn. 5), dass der Bausparvertrag als Ganzes in den Blick genommen werden muss und nicht isoliert auf die vermeintlichen Hauptleistungspflichten eines herausgegriffenen Zeitraumes - hier der Darlehensphase - abgestellt werden kann.
38 
dd) Maßgebend ist danach allein, dass die Kontogebühr auch bei Betrachtung des Bausparvertrages als Ganzes entgegen der Berufungsantwort nicht zur Abgeltung einer konkreten vertraglichen Gegenleistung der Beklagten erhoben wird.
39 
Nach § 17 ABB deckt die Beklagte mit der Kontogebühr (hauptsächlich) die Kosten der Kollektivsteuerung und der Führung einer Zuteilungsmasse ab. Auch wenn die Kollektivsteuerung und ständige (Neu)bewertung der Zuteilungsmasse wegen der Besonderheiten des Bausparkollektivs Voraussetzung dafür sein mögen, dass den wechselseitigen Individualinteressen der Mitglieder des Bausparkollektivs am Ende - durch die Zuteilung des gewünschten Darlehens - überhaupt nachgekommen werden kann, stellen diese „Hintergrundtätigkeiten“ keine Gegenleistung der Beklagten dar, die diese auf rechtsgeschäftlicher Grundlage an den beitretenden Bausparer zu erbringen hätte. Richtig ist zwar, dass die fortlaufende Analyse des Spar- und Zuteilungsverhaltens, der Tilgungsmoral und der Tarifkalkulation auch im Interesse des Bausparers liegt, da das Bauspardarlehen nur aus den Mitteln zugeteilt werden kann, die durch die Spar- und Tilgungsleistungen der anderen Bausparer erwirtschaftet werden (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BSpkG), so dass sich die Wartezeit bis zur Zuteilung des Darlehens bei entsprechend hohem Mittelzufluss - der aufgrund der Beobachtung rechtzeitig ergriffener Steuerungsmaßnahmen sichergestellt werden kann - verkürzt. Diese Abhängigkeit macht aus der Kollektivsteuerung jedoch keine vertragliche Leistung der Bausparkasse gegenüber ihren einzelnen Kunden, auf deren Erbringung diese dann folgerichtig auch einen rechtlichen Anspruch hätten. Eine entsprechende vertragliche Einigung lässt sich dem Bausparvertrag nicht entnehmen und auch § 5 Abs. 3 Nr. 3 BSpkG ist in dieser Hinsicht unergiebig. Der Kunde kann zwar die Zuteilung eines Darlehens zu feststehenden Konditionen, nicht aber den Zeitpunkt hierfür (vgl. § 4 Abs. 5 BSpkG) oder das Ergreifen bestimmter Maßnahmen zur Erreichung dieses Vertragszwecks verlangen. Auch wenn die kontinuierliche Überwachung aller Bausparverträge in diesem Sinne "Geschäftsgrundlage" des kollektiven Bausparmodells ist, ist sie damit noch nicht in den vertraglichen Leistungsaustausch einbezogen (vgl. zu den von der Abschlussgebühr abgedeckten Kosten der Neukundenwerbung BGH, Urteil vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 34).
40 
3. Die angegriffenen Klauseln halten - wie das Landgericht zu Recht angenommen hat - bei dem Verständnis als Preisnebenabrede einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB allerdings stand.
41 
a) Die Klauseln sind nicht mit wesentlichen gesetzlichen Grundprinzipien unvereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
42 
aa) Dabei kann dahin stehen, ob sich dies - wie die Berufungsantwort meint - bereits aus § 5 Abs. 3 Nr. 3 BSpkG ergibt, der für die von den Bausparkassen zu entwerfenden ABB vorgibt, dass diese die Höhe der Kosten und Gebühren, die den Bausparern berechnet werden, aufzeigen müssen. Das Recht zur Entgelterhebung regelt die Vorschrift jedenfalls nicht (BGH, Urteil vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 39) und auch aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich die Zulässigkeit der hier in Rede stehenden Kontogebühr nicht (der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum BSpkG ist insoweit unergiebig, vgl. BT-Drucks. VI/1900 Seite 18; derjenige zur Änderung des BSpkG spricht nur die hier nicht streitgegenständlichen Abschluss-, Darlehens- und Kontoführungsgebühren an, vgl. BT-Drucks. 11/8089 Seite 15; aA wohl Fandrich in von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Banken- und Sparkassen-AGB, Neubearbeitung 2008, S. 47 Fn. 304).
43 
bb) Vielmehr ergibt sich bereits aus der besonderen Systematik des kollektiven Bausparens, dass die Umlegung der Kosten für die Kollektivsteuerung und die Führung einer Zuteilungsmasse, wie sie Ziffer I. 1 b) der Darlehensverträge und § 17 der ABB der Beklagten regeln, nicht von wesentlichen Grundprinzipien des dispositiven Rechts abweicht.
44 
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Entgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, denen keine vertragliche Gegenleistung des Verwenders zugrunde liegt, dann mit wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts unvereinbar, wenn der Verwender damit Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, zu denen er gesetzlich oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die er vorwiegend in eigenem Interesse vornimmt, ohne dabei eine Dienstleistung an den Kunden zu erbringen. Hierfür anfallender Aufwand ist nach dem gesetzlichen Leitbild nicht gesondert zu entgelten (BGH, Urteile vom 21.10.1997 - XI ZR 5/97, BGHZ 137, 43, 46 f., vom 18.05.1999 - XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380, 385 f., vom 13.02.2001 - XI ZR 197/00, BGHZ 146, 377, 380 f., vom 30.11.2004 - XI ZR 200/03, BGHZ 161, 189, 193, vom 21.04.2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 21 und vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 43).
45 
(2) Bei den angegriffenen Klauseln handelt es sich nicht um solche - regelmäßig - unzulässigen Entgeltregelungen.
46 
(a) Soweit die Berufung in diesem Zusammenhang auf die in § 238 HGB, §§ 15 Abs. 1, 21 Abs. 2 der Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung - RechKredV in der Fassung der Bekanntmachung vom 11.12.1998, BGBl. I S. 3658) niedergelegten Pflichten der Beklagten zur Verbuchung der anfallenden Geschäftsvorfälle und Ausweisung der Verbindlichkeiten gegenüber ihren Kunden abstellt und daraus eine gesetzliche Pflicht zur Vornahme der in den angegriffenen Klauseln bepreisten Tätigkeiten herleitet, greift sie zu kurz. Das erhobene Entgelt dient nicht nur der „bauspartechnischen Verwaltung“, sondern - unstreitig - vor allem der „Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse“, also der Auswertung und Beobachtung der einzelnen Bausparverträge, der Kontrolle der Kollektiventwicklung, der Steuerung der Qualität des Gesamtbestandes und der Überwachung des individuellen Sparer-Kassen-Leistungsverhältnisses (vgl. § 5 Abs. Nr. 1 und 2, § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BSpkG). Gegenüber ihren Kunden sind Bausparkassen rechtlich nicht verpflichtet, diese Tätigkeiten vorzunehmen, ohne dafür eine besondere Vergütung verlangen zu können. Eine solche Pflicht ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Vorschrift noch aus den geschlossenen Bausparverträgen. Vernachlässigt die Bausparkasse diese kontinuierliche Hintergrundkontrolle und verlängern sich aufgrund mangelhaften Controllings die Wartezeiten bis zur Zuteilung unangemessen oder erscheint die Erfüllbarkeit der Bausparverträge nicht mehr dauerhaft gewährleistet, so kann dies vielmehr Anlass für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 2 BSpkG sein.
47 
(b) Wenn die Berufung ferner meint, die Erhebung der Kontogebühr sei deshalb mit wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken nicht zu vereinbaren, weil das Bauspargeschäft ohne die bepreisten Tätigkeiten nicht durchführbar sei und die gewinnorientiert tätige Beklagte damit vor allem ihr eigenes Interesse, Gewinne zu erzielen, verfolge, greift diese Betrachtung erneut zu kurz. Eine solche Sichtweise ließe die Besonderheiten, die sich aus der Rechtsnatur des Bausparvertrages und den Vorschriften des Bausparkassengesetzes ergeben und die die materiellen Wertungen im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB beeinflussen können (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.1991 - XI ZR 72/90, WM 1991, 1452, 1454), unberücksichtigt. Beim Bausparen kommt die stetige Überwachung des Gesamtbestandes und die Führung der Zuteilungsmasse - anders als in einem bilateralen Austauschvertrag - gerade nicht nur dem Unternehmer zu Gute, sondern unmittelbar auch der Bauspargemeinschaft, so dass die Bausparkassen mit diesen durch die Kontogebühr zu vergütenden Tätigkeiten auch kollektive Gesamtinteressen wahrnehmen. Dies ergibt sich daraus, dass die Zuteilung der zinsgünstigen Bauspardarlehen nur aus den Mitteln erfolgen kann, die durch die Einlage-, Zins- und Tilgungsleistungen anderer Bausparer erwirtschaftet werden. Dabei verzichtet der Bausparer in diesem geschlossenen System zunächst auf einen marktüblichen Einlagezins, um dann später nach Zuteilung der Bausparsumme von einem günstigen - marktunabhängigen - Darlehenszins zu profitieren. Aus der Begrenzung der Zuteilungsmittel ergibt sich jedoch andererseits auch das dem Bauspargeschäft innewohnende strukturelle Risiko. Die Bausparkassen können sich nicht verpflichten, die Darlehen zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuzahlen (§ 4 Abs. 5 BSpkG). Vielmehr kann eine (zeitnahe) Zuteilung nur dann erfolgen, wenn dem Bausparkollektiv nicht nur fortlaufend neue Mittel zugeführt werden, sondern vor allem die bereits vorhandenen Mittel und Bemessungsfaktoren konstant überwacht und bei einer drohenden Nichterfüllbarkeit der Bausparverträge Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Die mit jedem Bausparvertrag bezweckte Zuteilung der Bausparsumme ist dadurch unmittelbar mit der Entwicklung der zur Verfügung stehenden Zuteilungsmittel verknüpft, so dass es dem gesetzlichen Leitbild des Bausparens nicht widerspricht, wenn die Kosten, die für Aufrechterhaltung und Pflege der Kollektivmittel anfallen, von den neu in die Gemeinschaft eintretenden und später in der Darlehensphase befindlichen Bausparern zu tragen sind (vgl. zur Abschlussgebühr BGH, Urteil vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 46 m.w.N.).
48 
b) Zutreffend ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die Bausparkunden durch die Klauseln nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werden (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
49 
aa) Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist dann anzunehmen, wenn der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen. Die Unangemessenheit ist zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch zumindest gleichwertige Interessen des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gerechtfertigt ist (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 15.04.2010 - Xa ZR 89/09, WM 2010, 1237Rn. 18, vom 27.05.2010 - VII ZR 165/09, WM 2010, 1215Rn. 23 , vom 23.09.2010 - III ZR 21/10, WM 2010, 2372 Rn. 12 und vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 48 m.w.N.). Dabei kann innerhalb kollektiver Vertragssysteme ein zu berücksichtigender Umstand darin bestehen, dass der Verwender die Gesamtinteressen des Kollektivs wahrzunehmen hat, hinter denen die Interessen einzelner gegebenenfalls zurückzutreten haben (BGH, Urteil vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 48 m.w.N.).
50 
bb) Die dabei erforderliche Interessenabwägung führt zum Ergebnis, dass die Beklagte ihre Kunden durch die in Ziffer I. 1 b) ihrer Darlehensverträge und § 17 ABB geregelte Umlegung der Kosten für die Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse nicht unangemessen benachteiligt.
51 
(1) Dass die angesprochenen Tätigkeiten auch im Interesse der Bauspargemeinschaft liegen, zieht auch die Berufung nicht in Zweifel. Sie meint jedoch, den Kollektivinteressen sei bereits durch den - nach den derzeitigen Marktverhältnissen keineswegs zu konstatierenden - Verzicht der Kunden auf eine marktübliche Verzinsung ihrer Spareinlagen in der Ansparphase sowie die Zahlung der Abschlussgebühr ausreichend Rechnung getragen. Das greift zu kurz. Denn auch wenn der genaue Zuteilungszeitpunkt beim Abschluss des Bausparvertrages noch nicht feststeht und damit risikobehaftet ist, erkauft sich der Kunde durch den anfänglichen Zinsverzicht die Option auf ein Darlehen, das später systembedingt und marktunabhängig zu einem konkreten und im Vergleich zum Marktzins regelmäßig niedrigeren Garantiezins verzinst wird. Damit hat der Verzicht auf die Verzinsung der Einlage individuelle Gründe und taugt daher nicht als Abwägungsmaterial gegen die Kollektivinteressen. Und die Entrichtung einer für sich genommen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360) nicht zu beanstandenden Abschlussgebühr - die ohnehin ganz andere Kosten abdeckt - kann ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht zur Unwirksamkeit eines anderen, ebenfalls Kollektivinteressen dienenden Entgeltes führen.
52 
(2) Soweit die Berufung durch den lediglich gegen die Kontogebühr in der Darlehensphase gerichteten Angriff zum Ausdruck bringen möchte, die gleichgerichteten Interessen der Beklagten und ihrer in der Ansparphase befindlichen Kunden einerseits müssten gegen die Interessen der sich bereits in der Darlehensphase befindenden Kunden andererseits abgewogen werden, denen die Kontogebühr ebenfalls in Rechnung gestellt werde und in deren Interesse es gerade nicht liege, im Zeitpunkt des Abrufs des Bauspardarlehens (erneut) damit belastet zu werden, trifft dies nicht zu. Ein solcher Interessengegensatz zwischen "Ansparkunden" und "Darlehenskunden" ist nicht gegeben. Auch die Sparer, die mittlerweile die Darlehensphase erreicht haben, beteiligen sich mit Abschluss des Bausparvertrages an der Gemeinschaft der Bausparer, um von den Vorteilen des kollektiven Zwecksparens zu profitieren. Damit unterwerfen sie sich bereits in diesem Zeitpunkt der gemeinschaftlichen Bindung. Auch sie profitieren von der Führung, Überwachung und Steuerung der Zuteilungsmasse, aus der sie ihr Darlehen erhalten und in die neben den Bauspareinlagen der "Ansparkunden" auch und gerade die Tilgungsleistungen der "Darlehenskunden" eingehen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BSpkG). Diesem kollektiven Systemzweck des Bausparens entspricht eine Regelung, die - wie die streitgegenständliche - die Kosten der Kollektivsteuerung durch eine gesonderte Gebühr auch in der Darlehensphase deckt (vgl. zur Abschlussgebühr BGH, Urteil vom 07.12.2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 49). Dass diese - anders als die Abschlussgebühr - nicht prozentual, sondern in einem Festbetrag erhoben wird, ändert daran entgegen der Rechtsansicht der Berufung nichts. Die von der Berufung in den Vordergrund gestellten und gegen den ursprünglichen Vertragszweck gerichteten Individualinteressen können die Unangemessenheit der Klausel daher nicht begründen.
III.
53 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
54 
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Frage der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Klauseln über den entschiedenen Einzelfall hinaus für eine Vielzahl von Bausparkassen-AGB von Bedeutung sein kann.
55 
Gemäß § 63 Abs. 2 GKG war der Streitwert festzusetzen.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

24
Abgesehen davon ist hier entgegen der Auffassung der Revision mit der Enteignung nicht die (zwangsweise) Befriedigung der Forderung verbunden gewesen. Der Eigentumsübergang stand vielmehr in keinem Zusammenhang mit der Befriedigung der Darlehensforderungen. Diese hätte wegen der grundpfandrechtlichen Absicherung der Darlehen zwar auch aus den Grundstücken erfolgen können. Dazu wäre aber die Ein- haltung des Vollstreckungsverfahrens, also der gerichtliche Verkauf des Grundstücks und die Verteilung des Erlöses notwendig gewesen (so z.B. später § 1 Abs. 3 der Verordnung über die Vollstreckung in Grundstücke und Gebäude vom 18. Dezember 1975, GBl. DDR 1976 I S. 1). Darum geht es hier nicht. Der Eigentumsübergang beruhte allein auf der Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. Juli 1952 (GBl. DDR 1952 S. 615), weil der Vater des Klägers die Deutsche Demokratische Republik verlassen hatte, ohne die polizeilichen Meldevorschriften zu beachten.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015, Az. 25 O 89/15, teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag Nr. 1 938 … vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten in Höhe von 413,64 EUR freizustellen.

2. Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

5. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf bis zu 4.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages, den sie am 13. September 1978 über die Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 EUR) abgeschlossen hat. Die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II (im Folgenden ABB) enthalten folgende Bestimmungen:
§ 1 Vertragszweck
(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. (…)
(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.
§ 12 Zuteilungsnachricht
10 
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.
12 
§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme
13 
(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.
(2) (…)
14 
§ 14 Vertragsfortsetzung
15 
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
16 
(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. (…)
17 
Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3 % p.a. zu verzinsen und gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5 % p.a. zu gewähren.
18 
Der Vertrag wurde am 1. April 1993 zuteilungsreif. Am 1. Januar 2015 bestand ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR. Die Beklagte kündigte am 12. Januar 2015 den Bausparvertrag unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 24. Juli 2015.
19 
Auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
20 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Bausparkasse könne sich auf das Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Das Tatbestandsmerkmal des vollständigen Empfangs des Darlehens sei mit der eingetretenen Zuteilungsreife erfüllt.
21 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Auffassung, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien nicht erfüllt. Sie beabsichtige, das Bauspardarlehen in zwei bis drei Jahren für ihre Kinder in Anspruch zu nehmen.
22 
Wegen der Nebenforderung hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen.
23 
Die Klägerin beantragt:
24 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart Az. 25 O 89/15, verkündet am 15. September 2015, wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag mit der Nummer „1 938 …“ vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
25 
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 571,44 EUR freizustellen.
26 
Die Beklagte beantragt:
27 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
28 
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.
II.
29 
Die gemäß § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig und - mit Ausnahme eines geringfügigen Teils der Nebenforderung - begründet. Der Beklagten steht kein Kündigungsrecht zu.
30 
1. Die dem Vertrag zugrundeliegenden ABB vermögen die erklärte Kündigung nicht zu rechtfertigen; das macht die Beklage auch nicht geltend. Sie geht zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen der Bestimmung des § 5 Abs. 3 ABB nicht vorliegen.
31 
2. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, sie sei kraft Gesetzes berechtigt, den Vertrag zu kündigen, muss ihr der Erfolg versagt werden. Auf das Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Die von der Beklagten erklärte Kündigung findet ihre Rechtfertigung weder in § 488 Abs. 3 BGB (a.) noch ist hier die Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB direkt (b.) oder entsprechend (c.) anwendbar. Auch aus § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 Satz 2 BGB, ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht (d.).
32 
a. Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB liegen nicht vor.
33 
aa. Allerdings entspricht es der herrschenden Meinung, dass ein Bausparvertrag durch die Bausparkasse dann gemäß § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden kann, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn beim Bausparvertrag handelt es sich während der Ansparphase um einen Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Der Bausparvertrag dient dem in § 1 ABB i. V. m. § 1 BauSparkG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen Bausparsumme und Bauspareinlagen. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris; OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2015 - 13 U 104/14, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488 Rn. 548).
34 
bb. Eine Vollbesparung liegt jedoch nicht vor.
35 
(1) Unstreitig betrug das angesparte Bausparguthaben des über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR abgeschlossenen Vertrages zum Zeitpunkt der Kündigung 15.772,48 EUR.
36 
(2) Die Auffassung der Beklagten, die rückständigen Beiträge würden die Differenz zwischen dem aktuellen Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, so dass kein Bauspardarlehen mehr ausgezahlt werden müsste und daher ein Kündigungsrecht wie bei einer Vollbesparung bestehe, trifft nicht zu. Die Bestimmung des § 5 Abs. 4 ABB führt nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht ist. Nach dieser Vorschrift tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Bausparvertrag im Falle der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge gemäß § 5 Abs. 3 ABB zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13 ABB) oder bereitzustellende (§ 14 ABB) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen. Es kann dahinstehen, in welcher Höhe Rückstände aufgelaufen sind. Denn das Vorliegen dieser Voraussetzungen macht die Beklagte, die sich für die Berechtigung ihrer Kündigung gerade nicht auf § 5 Abs. 3 ABB stützt, weder geltend, noch sind sie sonst ersichtlich. § 5 Abs. 3 ABB erfordert eine vorherige schriftliche, erfolglose Aufforderung der Bausparkasse, die nicht geleisteten Bausparbeiträge zu entrichten; dazu ist nichts vorgetragen.
37 
Im Übrigen findet § 5 Abs. 4 ABB nur bei zugeteilten Bausparverträgen Anwendung. Die Zuteilung nach § 1 Abs. 5 BauSparkG liegt erst mit ihrer Annahme durch den Bausparer gemäß § 12 Abs. 1 ABB vor. Erst dann wird das Bauspardarlehen nach § 13 Abs. 1 ABB bereitgestellt oder ist es im Fall des § 14 Abs. 2 ABB bereitzustellen.
38 
Deshalb kann offen bleiben, ob eine Bausparkasse, die jahrelang die Nichtzahlung von Regelsparbeiträgen hinnimmt, ihr Kündigungsrecht verwirkt und es erst nach erneuter Zahlungsaufforderung bei zukünftigen Rückständen ausüben kann (so Weber, ZIP 2015, 961 [966]).
39 
cc. Die ordentliche Kündigung lässt sich auch nicht mit dem Argument des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin rechtfertigen, weil diese das Ziel des Erhalts eines Bauspardarlehens aufgegeben habe, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung gemeint hat. Aus der gegenwärtigen Niedrigzinsphase lässt sich nicht ableiten, die Klägerin habe endgültig ihr Interesse an ein Bauspardarlehen verloren. Die weitere Zinsentwicklung lässt sich nicht sicher prognostizieren und die gegenwärtige Markteinschätzung der Beklagten erlaubt keine Feststellungen über die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen auf keinen Fall mehr in Anspruch nehmen zu wollen. Ein offenkundig rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin liegt nicht vor. Sie hat die Niedrigzinsphase nicht zu verantworten und macht aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen die Rechte aus der Zuteilung nicht geltend.
40 
b. Die Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung durch die Bausparkasse gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen nicht vor. Es kann dahinstehen, ob die Bestimmung von ihrem Sinn und Zweck her auf Sparverträge Anwendung findet, bei denen Einlagen an sogenannte „professionelle Darlehensnehmer“ geleistet werden (vgl. zum Meinungsstand: Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, juris, Rn. 101; Weber, ZIP 2015, 961; ders., beck-Online.Großkommentar [BeckOGK]/Weber, Stand 1. Februar 2016, BGB, § 489 Rn. 9.1, Rn. 13ff.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800). Jedenfalls ist der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife des Bauspardarlehens an den Bausparer nicht der vollständige Empfang des von dem Bausparer an die Bausparkasse gegebenen Darlehens.
41 
aa. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
42 
(1) Allerdings handelt es sich bei einem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit gebundenen Sollzinssatz, der die Besonderheit aufweist, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris, und Beschluss vom 4. Februar 2014 - 9 U 202/13; Mülbert/Schmitz FS Horn (2006), S. 777; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800; Weber, BB 2015, 961).
43 
(2) Der Zeitpunkt des vollständigen Darlehensempfangs unterliegt jedoch grundsätzlich der Disposition der Parteien, die privatautonom die Auszahlungsmodalitäten vereinbaren können. Denn die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begrenzt nicht die Privatautonomie der Parteien bezüglich der Regelung des Zeitpunkts des Darlehensempfangs und der Höhe des Darlehensbetrages. Bereits die in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. enthaltene Vorgängernorm diente nach der Gesetzesbegründung dem Schuldnerschutz vor überlangen Zinsbindungen. Sie geht auf § 18 Abs. 2 Hypothekenbankgesetz (HypBG, RGBl I 1899, 375) zurück, die für Hypothekendarlehen dieses zwingende Kündigungsrecht schon seit vielen Jahren enthielt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22 f.). Weder diese Vorschrift noch § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. oder § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lassen den Schutz bereits in der Valutierungsphase beginnen. Ein Darlehen ist vollständig empfangen, wenn der Darlehensgeber es dem Darlehensnehmer entsprechend der darlehensvertraglichen Vereinbarung in Höhe des Darlehensnettobetrages zur Verfügung gestellt hat. Werden mehrere Teilzahlungen vereinbart, liegt ein vollständiger Empfang erst mit dem Eingang der letzten Teilzahlung vor (MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 43 m.w.N; Herberger/Martinek/Rüßmann/Schwintowski, jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 489 BGB Rn. 9; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 5). Somit kommt es entscheidend darauf an, welche Teilzahlungen die Parteien vereinbart haben. Erst wenn diese Vereinbarung erfüllt und keine weiteren Teilzahlungen mehr offen sind, ist das gesamte Darlehen empfangen.
44 
bb. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife liegt kein vollständiger Empfang des Darlehens i.S.v. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor.
45 
(1) Der Eintritt der Zuteilungsreife (§ 11 ABB) hat gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB auf die Verpflichtung zur Entrichtung des Regelsparbeitrags, also zur Valutierung des vom Bausparer der Bausparkasse zu gewährenden Darlehens, keinen Einfluss, weshalb er zur Bestimmung der vereinbarten Darlehenshöhe nicht geeignet ist (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 49.1).
46 
Nach § 14 Abs. 1 ABB wird der Bausparvertrag im Falle einer Nichtannahme der Zuteilung oder einer nicht fristgemäß abgegebenen Annahmeerklärung fortgesetzt. Die vertragliche Pflicht zur Zahlung des Regelsparbeitrages gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB gilt weiter.
47 
(2) Die Höhe der vereinbarten Darlehenssumme ist durch Auslegung der Allgemeinen Bausparbedingungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages zu bestimmen. Der einzige im Vertrag konkret bestimmte Betrag ist die Bausparsumme von 20.154,68 EUR, die allerdings nach § 2 ABB sowohl das Bausparguthaben als auch das Bauspardarlehen umfasst. Das Bausparguthaben ist das Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse. Aus § 11 Abs. 1 lit. a und b der ABB ergibt sich eine Mindestlaufzeit von 18 Monaten und ein Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme, also von 8.061,87 EUR. Daraus lässt sich jedoch die Vereinbarung eines Nettodarlehensbetrages noch nicht ableiten. Aus den § 13 Abs. 1, § 11 Abs. 1 lit. b ABB i. V. m. § 1 ABB ist lediglich erkennbar, dass dieser durch die Bausparsumme begrenzt ist, also zwischen dem Mindestsparguthaben von 40 % und 100 % der Bausparsumme liegt. Bei dem Bausparvertrag und damit auch bei dem Bausparguthaben sind zudem die Ungewissheit sowohl des Zeitpunkts des Eintritts der Zuteilungsreife als auch des Abrufs des Bauspardarlehens seitens des Bausparers, der zur Auszahlung führt, zu berücksichtigen. Den ersten Zeitpunkt hat der Bausparer nicht allein in der Hand. Der zweite Zeitpunkt, der von dem ersten abhängig ist, kann von dem Bausparer bestimmt werden. Daher lässt sich die Höhe des Darlehens allenfalls nach dem Umfang der Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Sparbeiträge des Bausparers ermitteln (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 47ff.).Zudem ist die Bausparkasse nicht berechtigt, den vertraglichen Zinsanspruch des Bausparers durch Verweigerung der Annahme der vereinbarten Sparbeiträge zu vereiteln.
48 
(3) Auch aus den Bestimmungen über die Regelsparbeiträge lässt sich die vereinbarte Nettodarlehenssumme indessen nicht ermitteln:
49 
Nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB ist der Bausparer berechtigt und verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zu entrichten. Daher ist die volle Ansparphase bis zum Auszahlungszeitpunkt eine Phase der fortlaufenden Teilvalutierungen. Da der Bausparer weder zur Annahme der Zuteilung noch zum Auszahlungsverlangen des Darlehens verpflichtet ist (arg. e § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 18 ABB) und der Bausparvertrag dann nach § 14 Abs. 1 ABB fortgesetzt wird, ist die maximale Höhe des „Darlehens“ des Bausparers durch die Höhe der Bausparsumme begrenzt. Im Fall der erfolgten Zuteilung steht es dem Bausparer als Darlehensgeber folglich durch sein Auszahlungsverlangen frei, die Darlehenssumme zu begrenzen.
50 
(4) Das erhellt zugleich, dass auch die Zuteilungsnachricht (§ 12 ABB) als Wissens- und Willenserklärung der Bausparkasse (Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 781) und selbst die Annahme der Zuteilung auf die vereinbarte Darlehenssumme keinen Einfluss hat. Gemäß § 13 Abs. 1 ABB führt die Annahme der Zuteilung lediglich zur Verpflichtung der Bausparkasse, die Bausparsumme in der Form des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens bereitzuhalten. Die Auszahlung hängt zusätzlich von dem Abruf durch den Bausparer ab. Bis dahin bleibt er nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB zur Zahlung der Regelsparbeiträge berechtigt und verpflichtet.
51 
(5) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus § 489 Abs. 1 Nr. 2, 2. Hs. BGB nichts anderes. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann, wie bereits ausgeführt, der Vertrag nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens gekündigt werden. Nach dem 2. Halbsatz dieser Regelung tritt dann, wenn nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen wird, der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Empfangs. Damit setzt die dort geregelte Maßgeblichkeit der Vereinbarung für den Fristbeginn voraus, dass diese nach dem vollständigen Darlehensempfang getroffen wurde. Auf die Vollständigkeit des Empfangs des Darlehens wird nicht verzichtet. Der 2. Halbsatz des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stellt mit der Vereinbarung vielmehr eine zusätzliche Voraussetzung für die Möglichkeit der Kündigung auf, die im Vergleich zum 1. Halbsatz der Bestimmung, der ausschließlich auf den vollständigen Erhalt des Darlehens abstellt, zu einem weiteren Hinausschieben der Kündigungsmöglichkeit führt (Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 45).
52 
cc. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lässt sich auch nicht dahingehend auslegen, dass der „vollständige Empfang“ den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife mit erfasst (so aber Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 51, sowie Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 [1803]). Sinn und Zweck der Vorschrift erfordern eine solche Auslegung auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages nicht. Diesen werden vielmehr durch die ABB und sonstigen gesetzlichen Bestimmungen Rechnung getragen. Die gegenteilige Auslegung widerspricht dem Wesen des Bausparvertrages. Ob ein Darlehen vollständig empfangen ist, ist nicht nur aus Sicht des Schuldners des Darlehens zu beurteilen, wie die Beklagte meint, sondern auch aus Sicht der Bausparkasse, die insoweit die Interessen der Zweckgemeinschaft der Bausparer wahrzunehmen hat. Diese hat ein Interesse, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen. Der Erwerb eines bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen während der Ansparphase setzt die im Wechselverhältnis stehenden vertraglichen Hauptleistungspflichten von Leistung der Sparbeiträge und Gewährung eines Bauspardarlehens nicht außer Kraft.
53 
c. Eine rechtsentsprechende Anwendung der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife bei Bausparverträgen kommt nicht in Betracht. Der Meinung der Beklagten, eine normzweckorientierte Anwendung der Vorschrift unter Berücksichtigung der für Bausparverträge charakteristischen Interessen- und Pflichtenlage der Vertragsparteien rechtfertige die Gleichstellung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife (so auch Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; daran anknüpfend Edelmann/Suchowerskyj, WM 2015, 1800; sowie Rollberg, EWiR 2016, 3; Simon, EWiR 2015, 723; OLG Celle, Beschluss vom 3. Februar 2016 - 3 U 192/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016 - 5 O 38/15; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016 - 13 U 151/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015 - 31 U 191/15, juris), vermag der Senat nicht zu folgen.
54 
Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Vorliegen der vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassenen Lücke und ihre Planwidrigkeit muss dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers - und das ist der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte. Für eine Analogie ist weiter erforderlich, dass der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Beschluss vom 20. November 2014 - IX ZB 16/14, WM 2015, 131).
55 
aa. Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit liegt nicht vor. Dass vom Gesetz mit der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei von herkömmlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträgen auch der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife erfasst werden sollte, lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. Der historische Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., der Vorgängerbestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, von der zu diesem Zeitpunkt schon seit langem geltenden Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG a.F. leiten lassen (BT-Drucks. 10/4741, S. 23, s. bereits oben unter II.2.b.aa [2]). Nach § 18 Abs. 2 S. 1 HypBG a.F. durfte das Recht der Rückzahlung nur bis zu einem Zeitraume von zehn Jahren ausgeschlossen werden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung begann dieser Zeitraum mit der Auszahlung des Darlehens, im Falle der Auszahlung in Teilbeträgen mit der letzten Zahlung. Der 2. Halbsatz entspricht § 489 Abs. 1 Nr. 2 2. Hs. BGB.
56 
Nach der Gesetzesbegründung zur Einführung der Kündigungsrechte in § 609a BGB a.F. wollte der Gesetzgeber die zu weite Schuldnerschutzvorschrift des § 247 Abs. 1 BGB a.F. auf ein angemessenes Maß zurückführen und insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite das Prinzip der vertraglichen Bindung und Risikozuweisung durchsetzen. Dem widersprach das freie Kündigungsrecht nach § 247 BGB a.F. bei einem Zinssatz von mehr als 6 % unabhängig von der Marktentwicklung. Der Gesetzgeber hat bei dieser Gelegenheit - ohne nähere Begründung - die Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG auf sämtliche festverzinslichen Kredite ausgedehnt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22). Ziel war also im Wesentlichen nicht die von der Beklagten vertretene Ausweitung, sondern die Begrenzung der Kündigungsmöglichkeiten.
57 
Dass insoweit nicht eine vom Gesetzgeber nicht geplante, sondern vielmehr eine bewusste Regelungslücke vorliegt, ist insbesondere an der durch Gesetz vom 21. Dezember 2015 erfolgten Änderung des Bausparkassengesetzes ersichtlich. In Kenntnis der Kleine[n] Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 4. Februar 2015 (BT-Drucks. 18/3944) sowohl bezüglich der Kündigungen von Bausparkassen infolge der durch die Niedrigzinsphase bedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten als auch bezüglich eines Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zehn Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife (Nr. 9), hat die Bundesregierung im Oktober 2015 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes der Bausparkassen vorgelegt (BT-Drucks. 18/6418). Dieser - durch den Gesetzgeber am 21. Dezember 2015 insoweit umgesetzte - Entwurf sah trotz der bestehenden Rechtsunsicherheit eine klarstellende oder verdeutlichende Ausweitung des „vollständigen Empfangs“ eines Darlehens auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht vor, obwohl Ziel u. a. die Verbesserung der Reaktionsmöglichkeiten auf die anhaltende Niedrigzinsphase war (BT-Drucks. 18/6418, S. 1). Die Bundesregierung sah ausweislich ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage vom 4. Februar 2015 bzgl. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinen - klarstellenden - Handlungsbedarf (vgl. BT-Drucks. 18/4195, S. 3 zu Nr. 9).
58 
bb. Gleichfalls ist der rechtlich hier zu beurteilende Sachverhalt nicht mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar. Das ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte den Schutz der Bausparergemeinschaft bemüht, einer Gemeinschaft, die gerade im Vergleich zu herkömmlichen Darlehensverträgen im Rahmen rechtlicher Beurteilungen andere Schlussfolgerungen zulässt (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360).
59 
cc. Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen, weil die Interessenabwägung keine Analogie rechtfertigt.
60 
(1) Der Zweck des Bausparvertrages ist aus Sicht des Bausparers der Erhalt eines zinsgünstigen, nur nachrangig zu besichernden Darlehens unterhalb des Marktniveaus. Die Voraussetzungen hierfür hat er durch die Leistung der vertraglichen Regelsparbeiträge an die Zweckgemeinschaft der Bausparer zu schaffen, für die er - nach der herkömmlichen Ausgestaltung - eine unterhalb des Marktniveaus liegende Habenverzinsung in Kauf zu nehmen hat. Dieses sich gegenseitig bedingende Wechselverhältnis zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen innerhalb der beschränkten Personengruppe der Bausparer ist maßgebend für das Bauspargeschäft und wird in § 1 Abs. 1 und 2 BauSparkG definiert (Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz, 5. Aufl. § 1 Anm. 1). Die charakteristische Prägung des Bauspargeschäfts ergibt sich zusätzlich aus der Vertragszweckbestimmung des § 1 ABB sowie den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II, die auf das zinsgünstige Bauspardarlehen auf Grund von bedingungsgemäßen Ansparleistungen hinweisen.
61 
(2) Es lässt sich nicht mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang bringen, das „charakteristische gemeinsame Sparziel“ des Bausparvertrages lediglich mit der Erlangung der „Möglichkeit der Ausübung der Option zur Erlangung eines Bauspardarlehens“ zu definieren, wie die Beklagte meint.
62 
(a) Aus § 1 Abs. 2 BauSparkG ergibt sich keine einschränkende Zweckbestimmung. Zwar ist nach der dort enthaltenen Legaldefinition Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Diese Vorschrift darf aber nicht isoliert als allein Zweck bestimmend herangezogen werden (so aber Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 550). Mit der Formulierung, der Bausparer erwerbe einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, bringt der Gesetzgeber vielmehr zum Ausdruck, dass, anders als bei einem gewöhnlichen Darlehen oder einem Forward-Darlehen, der Darlehensauszahlungsanspruch nicht bereits mit Vertragsschluss begründet wird, sondern von der bausparvertragstypischen Ansparleistung des Bausparers und den Sparleistungen des Kollektivs abhängig ist. Insbesondere ist § 1 Abs. 2 BauSparkG im Zusammenhang mit der zentralen Begriffsbestimmung des Bauspargeschäfts in § 1 Abs. 1 BauSparkG (s.o.) sowie der damit bezweckten Wohnungsbauförderung (§ 1 Abs. 3 BauSparkG) zu sehen. Er ergänzt lediglich die tatsächlich begriffsprägende Vorschrift des § 1 Abs. 1 BauSparkG.
63 
Auch die Gesetzesmaterialien geben für die einschränkende Zweckbestimmung keinen Anhaltspunkt. Die Gesetzesbegründung zum Bauspargesetz (BT-Drucks. VI/1900, S. 9 ff.) beschreibt das Wesen des Bauspargeschäfts in der Ansammlung von Kapital zur nachstelligen Finanzierung des Wohnungsbaus. Als charakteristisch wird das Kollektiv, also die Geschlossenheit des Personenkreises beschrieben, deren Mitglieder zunächst bis zur Auszahlung des Bausparguthabens Gläubiger und später nach Zuteilung des Bauspardarlehens Schuldner der Bausparkasse werden. Dabei betont der Gesetzgeber das Wechselverhältnis von Verzicht auf einen nicht marktgerechten Einlagenzins zu Gunsten eines niedrigen Darlehenszinses. Das Entstehen des bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen nach Eintritt der Zuteilungsreife wird nicht als Zwischenziel erwähnt. Es wird auf den Auszahlungszeitpunkt abgestellt. Dem entspricht § 5 Abs. 1 S. 2 ABB.
64 
(b) Die Auffassung der Beklagten, Zweck des Bauspargeschäfts sei lediglich die Erlangung des Optionsrechts, anstelle des Darlehens selbst, widerspricht zudem dem von ihr in § 1 ABB selbst definierten Vertragszweck. Ihre Auffassung beachtet nicht die Nachteile des Bausparers bei der Hinnahme einer unterhalb des Marktniveaus liegenden Verzinsung des Bausparguthabens. Hierzu ist der Bausparer bereit, weil ihm die daraus resultierenden Vorteile der Zweckgemeinschaft der Bausparer zugutekommen. Anschließend kann er ein zinsgünstiges Bauspardarlehen unterhalb des Marktniveaus nutzen. Der Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrages selbst stellt daher noch nicht den wirtschaftlichen Ausgleich für die bereits in der Ansparphase hingenommenen wirtschaftlichen Nachteile dar.
65 
(c) Der Erhalt eines Anspruchs auf ein Darlehen ist lediglich ein notwendiges Zwischenziel. Dem kommt entgegen der Auffassung der Beklagten (so auch Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800) keine überragende Bedeutung im Sinne einer Zweckerreichung zu. Dies folgt aus den Besonderheiten der Vergabe der Bauspardarlehen aus den begrenzten Mitteln des Kollektivs der Bausparer.
66 
Gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG können sich Bausparkassen vor Zuteilung eines Bausparvertrages nicht verpflichten, die Bausparsumme zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuzahlen. Die Bausparkasse kann erst dann Bauspardarlehen ausreichen, wenn ihr von den Mitgliedern des Bausparkollektivs ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Die Mindestwartezeit lässt sich anhand der Bausparbedingungen errechnen. Bei dem vertraglich vereinbarten Regelsparbeitrag in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme (§ 5 Abs. 1 S. 1 ABB) sowie einem Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme als Zuteilungsvoraussetzung (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) dauert die Ansparphase auch unter Berücksichtigung der Guthabenzinsen von 3 % p.a. (§ 6 Abs. 1 ABB) etwas mehr als sieben Jahre. Diese bausparvertragstypische, regelmäßig mehrjährige Wartezeit bringt es mit sich, dass der Bausparer bei Vertragsabschluss noch nicht absehen kann, wann ihm ein Bauspardarlehen gewährt werden kann (BT-Drucks. VI/1900, S. 10ff.). Ihm ist eine verlässliche Planung nicht möglich.
67 
Zudem besteht eine auf wohnungswirtschaftliche Maßnahmen beschränkte Verwendungsmöglichkeit des Darlehens, § 1 Abs. 2 ABB. Für den Bausparer besteht somit das Risiko, dass ihm die angebotene Zuteilung der Bausparsumme zeitlich ungelegen kommt, weil sein geplanter Verwendungszweck sich zwischenzeitlich erledigt hat oder erst später ansteht. Daher besteht keine Pflicht zur Annahme der Zuteilung, worauf in den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bausparbedingungen ausdrücklich hingewiesen wird.
68 
(3) Der Eintritt der Zuteilungsreife verschafft dem Bausparer nicht eine besondere Rechtsposition, mit der er die Bausparkasse unangemessen lange an einen bereits bei Vertragsschluss fest vereinbarten Guthabenzinssatz binden kann.
69 
Fehl geht das Argument der Beklagten, mit Erreichen der Zuteilungsreife könne der Bausparer seine Sparleistungen einstellen, aber gleichzeitig die Bausparkasse an die bei Vertragsabschluss fest vereinbarten Guthabenzinsen binden. Die ABB sehen kein Recht des Bausparers vor, die Regelsparbeiträge einzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). § 5 Abs. 1 ABB enthält die Verpflichtung des Bausparers, über den Eintritt der Zuteilungsreife hinaus und sogar noch nach der Annahme der Zuteilung die Regelsparbeiträge bis zum ersten Auszahlungszeitpunkt zu bezahlen. Die vereinzelt vertretene Auffassung, es bestehe keine Pflicht zur Zahlung der Regelsparbeiträge, der Sparer könne vielmehr die Zahlungen aussetzen oder der Höhe nach variieren (Laux, VW 1996, 328; Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen [BAKred], ZIP 1995, 691 [695]; Oiwoh, Zur Kündigung von Bausparverträgen im deutschen und österreichischen Recht, Diplomarbeit 2016, Graz, S. 9), trifft nicht zu. Bei der Zweckspargemeinschaft der Bausparer ist die Einzahlung der Sparbeiträge Hauptleistungspflicht der Bausparer (Schäfer/Cirpka/Zehnder, aaO, § 5 Anm. 27; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 542). Nur durch ihre Einlagenzahlungen ist die Ausreichung der Bauspardarlehen an andere Mitglieder möglich. Sie sind prägend für das Kollektivsystem zwischen Bausparern und Kreditnehmern (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 46; Schimansky/Bunte/Lwowski/Rümker/Winterfeld, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 124 Rn. 167). Die Regelung über die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrags in den ABB der Beklagten ist nach dem Wortlaut eindeutig als Vertragspflicht ausgestaltet (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). Systematisch regelt § 5 Abs. 1 ABB die Leistungspflicht. § 5 Abs. 2 ABB enthält die Möglichkeit des Bausparers, über den Regelsparbeitrag hinaus mit Zustimmung der Bausparkasse freiwillig höhere Sonderzahlungen zu leisten. § 5 Abs. 3 ABB enthält das Kündigungsrecht der Bausparkasse bei Nichtzahlung der Raten. Dadurch hat die Bausparkasse ein wirkungsvolles Instrument, die mit dem Vertrag vereinbarte Risikoverteilung hinsichtlich der Zinsentwicklung sowie der Verwendungseignung aufrechtzuerhalten. Das Recht des Bausparers, niedrigere Sparbeiträge zu zahlen oder die Zahlung einzustellen, ist in den ABB nicht vorgesehen und wäre mit dem ausdrücklich geregelten Kündigungsrecht der Bausparkasse unvereinbar. Von einer echten Leistungspflicht geht im Übrigen auch das Bausparkassengesetz aus. Nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 BauSparkG müssen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen über die Höhe und Fälligkeit der Leistungen des Bausparers sowie über die Rechtsfolgen, die bei Leistungsverzug eintreten, enthalten.
70 
(4) Eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB scheidet hier zudem aus, weil selbst bei fiktiver Gleichstellung des Darlehensempfangs mit dem Zeitpunkt der ersten Zuteilungsreife nach der bausparvertragstypischen Vertragsgestaltung eine überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nicht gegen ihren Willen eintreten kann.
71 
(a) Bei der vertragskonformen Durchführung des Bausparvertrages ist eine Bindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nach erstmaliger Erlangung der Zuteilungsreife ausgeschlossen. Die längste vertragliche Laufzeit nach Zuteilungsreife für das hier als Darlehen zu wertende Bausparguthaben lässt sich anhand der Höhe des Regelsparbeitrags, des Habenzinssatzes und des Mindestsparguthabens ermitteln. Bei der geschuldeten monatlichen Sparzahlung in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 ABB und einem Habenzinssatz von 3 % p.a. gemäß § 6 Abs. 1 ABB beträgt die maximale Laufzeit bis zur Vollbesparung der Bausparsumme ca. 16 Jahre. Die Zuteilungsreife bei einem vertraglichen Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) tritt nach etwas mehr als sieben Jahren ein. Die Bausparkasse ist bei vertragsmäßiger Durchführung ab Zuteilungsreife längstens neun Jahre gebunden. Im Falle einer vorherigen Annahme der Zuteilung endet die Verzinsungspflicht gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 ABB vorzeitig spätestens mit Ablauf des Monats der Bereitstellung. Damit ist das Darlehen zinslos.
72 
(b) Die von der Beklagten zur Begründung der Analogie angeführte überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren kann nur bei einer Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge entstehen. Diese stellt aber ein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, welches die Bausparkasse nach § 5 Abs. 3 ABB zur Kündigung berechtigt. Die eigenmächtige Abweichung des Bausparers vom Vertrag ist kein bausparvertragstypisches Risiko, dem mit einer analogen Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begegnet werden müsste.
73 
(aa) Das Ruhenlassen eines zuteilungsreifen Bausparvertrages ist nicht charakteristisch für das Bauspargeschäft. Es lässt sich weder den gesetzlichen Vorschriften noch den ABB entnehmen. Die Einsammlung von Kapital, um den Bausparern schnellstmöglich Bauspardarlehen aus Mitteln des Kollektivs zur Verfügung stellen zu können, gehört zum Wesen des Bausparvertrages (BT-Drucks. IV/1900, S. 11). Die Einstellung der Sparleistungen widerspricht dem. Es mag zwar ständige Praxis der Bausparkassen sein, die Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge nach erstmaliger Zuteilungsreife hinzunehmen. Hieraus lassen sich aber keine rechtlichen Schlüsse ziehen. Diese Praxis kann der Bausparkasse mangels Vertragsänderung nicht einseitig aufgedrängt werden. Sie hat vielmehr einen Anspruch auf Zahlung der Regelsparbeiträge (vgl. bereits oben unter II.2.b.bb [3]).
74 
(bb) Allerdings entsprach die Einstellung der Regelsparbeiträge in der Vergangenheit dem Interesse der Bausparkassen. Außerhalb der gegenwärtigen Niedrigzinsphase war das Ruhenlassen der zuteilungsreifen Bausparverträge für die Bausparkasse günstig, da ihr die Mittel zur Zuteilung anderer Bauspardarlehen zur Verfügung blieben und sie aus der Zinsdifferenz zu den Zinssätzen der ausgereichten Bauspardarlehen risikolos Erträge erwirtschaften konnte. Lange Zeit lagen zudem die Habenzinssätze unterhalb des Marktniveaus. Zudem dürfte diese Praxis die Attraktivität des Bausparens gesteigert und die Werbung neuer Bausparer erleichtert haben.
75 
Weiter war während des Ruhens des Bausparvertrages für die Bausparkasse das noch bestehende Zinsrisiko für die Restlaufzeit im Falle der Wiederaufnahme der Einzahlungen jederzeit überschaubar. Sie war dadurch in der Lage, durch Aufforderung des Bausparers, seinen Einzahlungspflichten wieder nachzukommen, den Vertrag wieder in Vollzug zu setzen. Damit konnte sie das mit dem Vertrag von vornherein übernommene Zinsänderungsrisiko und die faktische Verlängerung der Zinsbindung jederzeit steuern. Sie hatte es also in der Hand, eine Zinsbindung von mehr als zehn Jahren zu vermeiden.
76 
d. Die Beklagte kann die Kündigung auch nicht auf § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 BGB stützen (zum Verhältnis der Bestimmungen zueinander vgl. Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, WM 2016, 311, Rn. 147).
77 
aa. Zu Recht beruft sich die Beklagte in der Berufung nicht mehr auf ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung zulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Wie bereits ausgeführt, stellt die Nichtabnahme des Bauspardarlehens kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge hat die Bausparkasse ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB, dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Schaffung der Kündigungsvoraussetzungen und die sich daran anschließende Möglichkeit der Ausübung dieses Kündigungsrechts ist ihr zuzumuten. Die Nichtausübung in der Vergangenheit beruhte auf einer eigenen freien Entscheidung.
78 
bb. Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht. Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 235/09, juris). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10, WM 2014, 134). Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 210/12 NZG 2014, 1036). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
79 
(1) Die Geschäftsgrundlage wäre nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätte. Zwar war Vertragszweck nach § 1 BauSparkG, § 1 ABB die Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung (s. bereits oben unter II.2.c.cc.[2][c]). Doch ist zum einen die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben. Zum anderen ist der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden nicht erfolgten Inanspruchnahme des Bauspardarlehens abzuleiten. Schon der seit Abschluss des Bausparvertrages bis zur Zuteilungsreife vergehende Zeitraum legt es angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens nahe, dass aufgrund veränderter Umstände das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wird. Auch für diesen Fall ist nach der vertraglichen Vereinbarung die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorgesehen, mithin eine Risikoverteilung vorgenommen worden.
80 
(2) Die Geschäftsgrundlage wäre auch nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und -darlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben.
81 
3. a. Die Verpflichtung zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB, weil die Beklagte durch die unberechtigte Kündigung ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat.
82 
b. Die notwendigen Rechtsverfolgungskosten betragen unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr, einer Auslagenpauschale von 20,00 EUR und der Umsatzsteuer insgesamt 413,64 EUR, weil für die Gebührenrechnung ein Gegenstandswert von 3.167,66 EUR anzusetzen ist.
83 
aa. Der Gegenstandswert für die vorgerichtlichen Anwaltskosten ist gemäß § 23 Abs. 3 RVG i. V. m. § 48 GKG, § 3 ZPO nach dem maßgeblichen wahren Interesse der Klägerin an dem Urteil (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 1976 - VI ZR 154/75) zu schätzen.
84 
bb. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es dem Kläger hinsichtlich des Bausparguthabens nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages in Höhe des Guthabens an, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung. Im Rahmen der Feststellungsklage kann zudem der Gedanke des § 9 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZR 202/07, juris, Rn. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl. 2013, § 9 Rn. 2). Soweit § 9 ZPO voraussetzt, dass das Stammrecht selbst im Streit ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 9 Rn. 1; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. April 2005 - 17 W 21/05), ist diese Voraussetzung hier erfüllt, da die Feststellung des Fortbestands des Bausparvertrages die des Bezugsrechts des Bausparers für die künftigen Zinsen umfasst. Diesbezüglich ist daher der 3,5-fache Jahreszins aus dem Bausparguthaben bei Mandatierung anzusetzen.
85 
cc. Neben dem Zinsinteresse ist auch das mögliche Interesse des Klägers am Erhalt des Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen der Bausparsumme und dem angesparten Guthaben zu berücksichtigen. Dieses besteht alternativ zum Zinsinteresse, weil die Inanspruchnahme des Darlehens die Verzinsungspflicht des Bausparguthabens entfallen lässt. Wegen des Alternativverhältnisses der Interessen des Bausparers und der Ungewissheit, ob das Bauspardarlehen in Anspruch genommen wird, hält es der Senat im Rahmen der Feststellungsklage für gerechtfertigt, das wirtschaftliche Interesse beider Ansprüche zu kumulieren und sie mit einem Abschlag von 50% zu berücksichtigen.
86 
dd. Die Zinserwartung aus dem zum Zeitpunkt der Mandatierung bestehenden Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR betrug bei einem Zinssatz von 3 % p.a. für einen Zeitraum von 3,5 Jahren 1.656,11 EUR. Diese ist mit einem 50-prozentigen Abschlag mit einem Betrag von 828,06 EUR anzusetzen.
87 
Zum Zeitpunkt der Mandatierung bestand ein Darlehensanspruch in Höhe von 4.679,20 EUR, der ebenfalls mit 50 %, also 2.339,60 EUR, anzusetzen ist, woraus sich der Gegenstandswert von 3.167,66 EUR errechnet.
III.
88 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2, § 269 Abs. 3 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Hinsichtlich der Streitwertbemessung wird auf die oben stehenden Ausführungen zum Gegenstandswert der vorgerichtlichen Anwaltskosten Bezug genommen. Durch den Instanzenzug haben sich keine wesentlichen Wertveränderungen ergeben.
89 
2. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von den Hinweisbeschlüssen und Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm, Koblenz, Köln und Celle ab, die eine auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung des Bausparvertrages für rechtmäßig halten.

(1) Bausparkassen sind Kreditinstitute, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, Einlagen von Bausparern (Bauspareinlagen) entgegenzunehmen und aus den angesammelten Beträgen den Bausparern für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Gelddarlehen (Bauspardarlehen) zu gewähren (Bauspargeschäft). Das Bauspargeschäft darf nur von Bausparkassen betrieben werden.

(2) Bausparer ist, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Ein Bausparvertrag kann auch als Altersvorsorgevertrag im Sinne des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310, 1322), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 8 des Gesetzes vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), in der jeweils geltenden Fassung abgeschlossen werden. Jeder Bausparer einer Bausparkasse ist Mitglied einer Zweckspargemeinschaft (Kollektiv).

(3) Wohnungswirtschaftliche Maßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Errichtung, Beschaffung, Erhaltung und Verbesserung von überwiegend zu Wohnzwecken bestimmten Gebäuden und von Wohnungen, insbesondere von Eigenheimen und Eigentumswohnungen, sowie der Erwerb von Rechten zur dauernden Nutzung von Wohnraum,
2.
die Errichtung, Beschaffung, Erhaltung und Verbesserung von anderen Gebäuden, soweit sie Wohnzwecken dienen,
3.
der Erwerb von Bauland und Erbbaurechten zur Errichtung von überwiegend zu Wohnzwecken bestimmten Gebäuden,
4.
der Erwerb von Bauland und Erbbaurechten zur Errichtung anderer Gebäude hinsichtlich des Anteils, der dem Verhältnis des zu Wohnzwecken bestimmten Teils des auf dem Grundstück zu errichtenden Gebäudes zum Gesamtgebäude entspricht,
5.
Maßnahmen zur Erschließung und zur Förderung von Wohngebieten,
6.
die Ablösung von Verbindlichkeiten, die zur Durchführung von Maßnahmen nach den Nummern 1 bis 5 eingegangen worden sind,
7.
die Ablösung von Verbindlichkeiten, die auf einem überwiegend Wohnzwecken dienenden Grundstück ruhen.
Als wohnungswirtschaftliche Maßnahmen gelten die Ablösung von Verbindlichkeiten, die zur Leistung von Bauspareinlagen eingegangen worden sind, sowie gewerbliche Bauvorhaben und der Erwerb gewerblicher Bauwerke, wenn sie dazu bestimmt sind, zur Versorgung von Wohngebieten beizutragen.

(4) Die kollektiv bedingte Zinsspanne ist der Quotient aus dem kollektiv bedingten Zinsüberschuss und dem Jahresdurchschnittsbestand an Bauspareinlagen. Der kollektiv bedingte Zinsüberschuss ist die Summe der Erträge aus Bauspardarlehen und der nicht in Bauspardarlehen angelegten Bauspareinlagen abzüglich des Zinsaufwands für Bauspareinlagen.

(5) Zuteilung ist die Bereitstellung des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens aus der zur Verfügung stehenden Zuteilungsmasse nach Erreichen der vertraglich vereinbarten Zuteilungsvoraussetzungen.

(6) Zuteilungsmasse ist die Summe aus den Bauspareinlagen, den Mitteln, die zur Gewährung von Bauspardarlehen zugeführt worden sind, und dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung im Sinne des § 6 Absatz 2, abzüglich der Summe der gewährten Bauspardarlehen.

(7) Kollektivmittel sind die Summe aus Bauspareinlagen und dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung im Sinne des § 6 Absatz 2.

(8) Wartezeit ist der Zeitraum vom Beginn des Bausparvertrages bis zur Zuteilung.

(9) Aufsichtsbehörde ist die Behörde im Sinne des § 1 Absatz 5 des Kreditwesengesetzes.

(10) Das Recht der Länder, den öffentlich-rechtlichen Bausparkassen besondere Aufgaben für den Wohnungsbau oder sonstige öffentliche Aufgaben zu übertragen, bleibt unberührt.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 176/12
Verkündet am:
21. Februar 2014
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom
21. Februar 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter
Dr. Lemke, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter
Dr. Kazele

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 10. Juli 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist Eigentümerin zweier Grundstücke, für deren Erwerb sie Darlehen aufgenommen hat. In dem Bestreben, ihre steuerrechtlichen Verhältnisse günstig zu gestalten, schlossen die miteinander verheirateten Parteien am 16. Juli und am 10. Oktober 1996 zwei notariell beurkundete - im Wesentlichen inhaltsgleiche - Verträge. In diesen verpflichtete sich die Klägerin, über die Grundstücke nur mit Zustimmung des Beklagten zu verfügen und bei Verstoß gegen diese Abrede zur Übertragung des Eigentums auf den Beklagten. Ein Anspruch auf Übereignung sollte zudem gegeben sein bei Vorversterben der Klägerin, bei Stellung des Scheidungsantrags durch eine der Parteien, bei Vor- liegen von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das jeweilige Grundstück und bei Insolvenz der Klägerin. Die Eigentumsverschaffungsansprüche wurden vereinbarungsgemäß durch Vormerkungen gesichert. Darüber hinaus enthalten die Verträge Regelungen, nach denen der Beklagte im Falle des Übereignungsverlangens verpflichtet ist, sämtliche im Grundbuch in Abteilung II und III vor den Vormerkungen eingetragenen Belastungen zu übernehmen, „ansonsten jedoch keine weiteren Gegenleistungen zu erbringen hat, gleich welcher Art“.
2
Die Klägerin vermietete die Grundstücke im Wesentlichen an die E. GmbH bis zu deren Insolvenz im Jahr 2002; Gesellschafter der GmbH war der Beklagte. Seit 2009 ist zwischen den Parteien ein Scheidungsverfahren anhängig. Die Übereignungsansprüche wurden von einer Gläubigerin des Beklagten gepfändet. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss enthält die Anordnung, dass die Grundstücke an einen Sequester herauszugeben und aufzulassen sind.
3
Soweit hier noch von Interesse beantragt die Klägerin, die Nichtigkeit der Verträge und - hilfsweise hierzu - festzustellen, dass dem Beklagten aus den Verträgen keine Ansprüche zustehen. Darüber hinaus verlangt sie die Zustimmung des Beklagten zur Löschung der Vormerkungen. Die Verträge hält sie insbesondere deshalb für sittenwidrig, weil allein sie die Finanzierungskosten zu tragen habe, während der Beklagte letztlich ein unentgeltliches Übertragungsrecht geltend machen könne. Ein Treuhandvertrag liege insbesondere wegen des von den Parteien verfolgten Steuersparmodells nicht vor. Jedenfalls mit Blick auf die Insolvenz der E. GmbH und das laufende Scheidungsverfahren sei die Geschäftsgrundlage der Verträge entfallen. Darauf habe sie, die Klägerin, mit Rücktritts- und Kündigungserklärungen reagiert.
4
Der Beklagte tritt der Klage entgegen und beantragt widerklagend, die Klägerin zur Erklärung der Auflassung(en) an den gerichtlich bestellten Seques- ter zu verurteilen. Wegen seiner Prozessführungsbefugnis verweist er auf die Zustimmungen der Pfandgläubigerin und des Sequesters.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klagebegehren sowie den Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Das Berufungsgericht steht auf dem Standpunkt, eine zur Nichtigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB der notariellen Verträge führende sittenwidrige Übervorteilung der Klägerin liege nicht vor. Ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sei deshalb nicht gegeben, weil die Verträge Ausdruck üblicher Treuhandverhältnisse seien und der Klägerin daher nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung Aufwendungsersatzansprüche nach § 670 BGB zustünden. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage liege nicht vor.
7
Der Beklagte sei befugt, die geltend gemachten Auflassungsansprüche als gewillkürter Prozessstandschafter widerklagend geltend zu machen. Insbesondere sei das dafür erforderliche Eigeninteresse gegeben, weil die Übertragung der Grundstücke an den Sequester der Tilgung der Schulden des Beklagten diene. Die Widerklage sei auch begründet. Ein Zurückbehaltungsrecht stehe der Klägerin nicht zu. Aufwendungsersatzansprüche seien mangels Darstellung der erzielten Einnahmen nicht schlüssig dargelegt. In Bezug auf die gegenüber dem Beklagten titulierte Forderung der Klägerin von 907.245,93 € fehle es an der nach § 273 BGB erforderlichen Konnexität.

II.

8
Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
9
1. Das gilt zunächst für die Abweisung der Klage.
10
a) Allerdings geht das Berufungsgericht im rechtlichen Ausgangspunkt zu Recht davon aus, dass die Verträge bei Fehlen jeglicher kompensatorischer schuldrechtlicher Verpflichtungen des Beklagten wegen sittenwidriger Übervorteilung (dazu etwa BGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 508/12, WM 2014, 124 Rn. 15 mwN) der Klägerin nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig wären, sofern – was zu ergänzen ist – auch die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit vorliegen sollten (zur erforderlichen Darlegung Senat, Urteil vom 24. Januar 2014 – V ZR 249/12, zur Veröffentlichung vorgesehen, mwN). Da bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Vornahme der Rechtsgeschäfte abzustellen ist (vgl. nur Senat, Urteil vom 10.  Feb- ruar 2012 − V ZR 51/11, NJW 2012,1579 Rn. 13 mwN), ist die Möglichkeit in die Betrachtung einzubeziehen, dass der Übertragungsfall schon kurz nach Vertragsschluss eintreten würde. Dies wiederum hätte dazu geführt, dass die Klägerin trotz Wegfalls der Möglichkeit, aus der Vermietung des Grundstücks Einnahmen zu erzielen, zumindest im Außenverhältnis weiterhin die von ihr zur Finanzierung des Grundstücks aufgenommenen Darlehen in nahezu voller Höhe hätte bedienen müssen. Eine solche vertragliche Gestaltung stellte – da für die Annahme einer schenkweisen Eigentumsübertragung zumal im Lichte der vorgetragenen steuerrechtlichen Gestaltung nach dem sog. Wiesbadener Modell (dazu BFHE 145, 129, 132 f.) nichts ersichtlich ist – eine krasse Übervorteilung der Klägerin dar, die von der Rechtsordnung nicht hingenommen werden könnte (§ 138 Abs. 1 BGB).
11
b) Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht jedoch die Sittenwidrigkeit mit der Erwägung, der Klägerin stünden Aufwendungsersatzansprüche nach § 670 BGB zu. Zwar ist die (ergänzende) tatrichterliche Auslegung von Individualvereinbarungen revisionsrechtlich nur darauf hin überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (vgl. nur Senat , Urteil vom 22. November 2013 - V ZR 161/12, juris Rn. 15; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 546 Rn. 9 jeweils mwN). Aber auch im Rahmen dieser eingeschränkten Überprüfung kann die Herleitung von Aufwendungsersatzansprüchen keinen Bestand haben.
12
Das Berufungsgericht bejaht Ansprüche aus § 670 BGB mit der Überlegung , die Verträge seien Ausdruck üblicher Treuhandverhältnisse. Die Klägerin habe lediglich formal Eigentümerin der Grundstücke werden sollen, der Beklagte dagegen wirtschaftlicher Inhaber. Dieser Annahme stehe nicht entgegen, dass „die Parteien eines bestimmten Steuermodells“ ihre vertraglichen Rege- lungen so treffen wollten, dass der von ihnen angestrebte Steuerspareffekt eintreten könne. Denn vorliegend sei nicht zweifelhaft, dass die Parteien ein Treuhandverhältnis hätten eingehen wollen.
13
Diese Erwägung beruht denkgesetzwidrig auf einem Zirkelschluss, weil es gerade darum geht, ob die Parteien ein Treuhandverhältnis vereinbart haben. Vor diesem Hintergrund hätte sich das Berufungsgericht – was die Revision zu Recht rügt – mit dem detaillierten Vorbringen der Klägerin auseinandersetzen müssen, wonach das Steuersparmodell der Annahme eines Treuhandverhältnisses entgegensteht, weil - was zutreffend ist - nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO die Wirtschaftsgüter steuerrechtlich dem Treugeber zugerechnet würden. Unstreitig seien die Mieteinnahmen allein von der Klägerin versteuert worden. Zudem habe auch der Beklagte vorgetragen, dass in den Verträgen die Beschränkung der Eigentümerbefugnisse gerade so formuliert worden sei, dass die Immobilien nicht dem Beklagten als wirtschaftlichem Eigentümer zugerechnet würden, weil die Klägerin nicht vollumfänglich den Weisungen des Beklagten, sondern nur einem Veräußerungs- und Belastungsverbot unterworfen worden sei. Infolge der zirkelschlüssigen Annahme eines Treuhandvertrages hat sich das Berufungsgericht die gebotene Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen abgeschnitten. Dass auf dessen Grundlage die Annahme von Treuhandverhältnissen und hierauf gestützter Aufwendungsersatzansprüche ausscheidet, liegt auf der Hand. Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, dass im Zweifel derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben ist, die nicht zur Unwirksamkeit eines Vertrages führt. Das gilt jedoch dann nicht, wenn der Vereinbarung dadurch – wiehier auf der Grundlage des klägerischen Vorbringens – ein von den Vertragschließenden ersichtlich nicht gewollter Inhalt beigelegt würde.
14
c) Nach dem derzeitigen Verfahrensstand lässt sich die Sittenwidrigkeit auch nicht aus anderen Gründen verneinen.
15
Allerdings liegt eine Auslegung der Verträge nahe, dass der Beklagte im Falle der Übertragung des Grundeigentums verpflichtet ist, die Klägerin durch Ablösung der Darlehen oder durch befreiende Schuldübernahmen von den restlichen Darlehensforderungen in Höhe des bei ordnungsgemäßer Bedienung im Zeitpunkt des Eintritts des Übergabefalles noch offenen Betrages zu entlasten.
16
aa) Nach dem Wortlaut der Verträge ist der Beklagte „im Falle des Über- eignungsverlangens“ verpflichtet, sämtliche im Grundbuch in Abteilung II und III vor seiner Vormerkung eingetragenen Belastungen zu übernehmen; nur „an- sonsten“ hat er keine „weiteren Gegenleistungen“ zu erbringen.Insbesondere die Bezeichnung der Übernahmeverpflichtung als „Gegenleistung“ legt es nahe, dass der Beklagte selbst eine Leistung zu erbringen hat und er es nicht nur hinnehmen muss, dass er keine lastenfreien Grundstücke übereignet bekommt. Untermauert wird dies zudem dadurch, dass die Klägerin vor Eintritt des Über- gabefalls zwar die Darlehen bedienen muss, sie die Grundstücke aber auch durch Vermietung nutzen kann. Da diese Möglichkeit mit der Grundstücksübertragung entfällt, wäre es nicht interessengerecht, die Belastung der Klägerin mit den noch offenen Darlehensverbindlichkeiten aufrechtzuerhalten.
17
bb) Ob der Annahme einer die Sittenwidrigkeit ausschließenden Verpflichtung des Beklagten das Vorbringen der Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Berufungsgericht entgegen steht, kann in der Revisionsinstanz nicht abschließend beurteilt werden. Die Klägerin hat ausgeführt, der Beklagte habe nach den gemeinsamen Vereinbarungen der Parteien weder die für den Erwerb der Grundstücke aufgewendeten Kaufpreise erstatten noch die von ihr zur Finanzierung aufgenommenen Darlehen ablösen sollen; dies sei ausschließlich ihre Angelegenheit gewesen. Damit dürfte zwar eher nur die Ablösung der Darlehen vor Eintritt des Übergabefalls gemeint gewesen sein. Zweifelsfrei ist dies jedoch nicht, so dass der Klägerin Gelegenheit zur Klarstellung und dem Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist.
18
d) Soweit die Revision in der mündlichen Revisionsverhandlung die Auffassung vertreten hat, die Verträge seien unabhängig davon jedenfalls deshalb sittenwidrig, weil auch die Stellung eines Scheidungsantrags durch den Beklagten den Übertragungsfall auslöse, teilt der Senat diese Bewertung nicht. Nach den bislang getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Grundstücke finanziert und die hierfür aufgenommenen Darlehen, soweit bereits getilgt , vereinbarungsgemäß im Wesentlichen durch Einnahmen aus den Grundstücken zurückgeführt worden sind. Verhält es sich so, verliert die Klägerin durch die Übertragung der Grundstücke auf den Beklagten kein aus eigenen Mitteln erwirtschaftetes Vermögen. Da bei Annahme einer schuldrechtlichen Verpflichtung des Beklagten, im Übertragungsfall die restlichen Darlehensschulden abzulösen, dann ein im Kern ausgewogenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung besteht, führt die Regelung nicht dazu, dass eine verständi- ge Vertragspartei allein oder überwiegend aus wirtschaftlichen Erwägungen einen Scheidungsantrag stellt oder von der Stellung eines solchen Antrags abgehalten wird (zu Letzterem vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Dezember 1989 – IVb ZR 91/88, NJW 1990, 703, 704). Vor diesem Hintergrund führt die Gesamtwürdigung aller Abreden auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin den Beklagten unter Befreiung der Beschränkungen nach § 181 BGB die unwiderrufliche Vollmacht zur Erklärung der Auflassung(en) erteilt hat, nicht zur Nichtigkeit nach § 138 Abs.1 BGB.
19
2. Die Stattgabe der Widerklage kann ebenfalls keinen Bestand haben.
20
a) Allerdings bejaht das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Klage zu Recht. Die Prozessführungsbefugnis wird durch die Pfändung und Überweisung der Auflassungsansprüche nicht in Frage gestellt. Der Vollstreckungsschuldner bleibt beschränkt prozessführungsbefugt; er kann nur nicht mehr Leistung an sich verlangen (vgl. nur BGH, Urteil vom 25. März 1991 – II ZR 13/90, BGHZ 114, 138, 141; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., vor § 50 Rn. 29). Dem hat der Beklagte mit dem gestellten Widerklageantrag Rechnung getragen.
21
Entgegen der Auffassung der Revision wird der Klägerin durch die Führung der Widerklage durch den Beklagten nicht in rechtmissbräuchlicher Weise das Risiko aufgebürdet, im Falle des Obsiegens Kostenerstattungsansprüche nicht durchsetzen zu können (zu diesem Gesichtspunkt vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1985 – VII ZR 337/84, BGHZ 96, 151, 155; vgl. auch BGH, Urteil vom 29. September 2011 – VII ZR 162/09, NJW-RR 2011, 1690 Rn. 20). Da niemand Anspruch darauf hat, nur von einem zahlungskräftigen Kläger verklagt zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1985 – VII ZR 337/84, aaO, S. 156), kommt die Annahme eines Rechtsmissbrauchs regelmäßig nur dann in Betracht, wenn das Risiko, einen Kostenerstattungsanspruch nicht durchsetzen zu können, durch die Erhebung der (Wider-)Klage durch den Prozessstand- schafter geschaffen oder gesteigert wird. Davon kann hier jedoch keine Rede sein, weil ohne den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ebenfalls der Beklagte zur Erhebung der Widerklage befugt gewesen wäre, so dass sich die Stellung der Klägerin nicht verschlechtert hat. Besondere Umstände, die eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lassen könnten, zeigt die Revision nicht auf.
22
b) Offen ist jedoch die Begründetheit der Widerklage, weil die Frage, ob dem Beklagten Auflassungsansprüche zustehen, ebenfalls von der noch zu klärenden Sittenwidrigkeit der Verträge abhängt.

III.

23
1. Da der Rechtstreit nach allem nicht zur Endentscheidung reif ist, muss das Berufungsurteil aufgehoben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden , damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
24
2. Für die erneute Befassung mit der Sache weist der Senat für den Fall, dass das Berufungsgericht erneut zur Wirksamkeit der Verträge gelangen sollte , auf Folgendes hin:
25
a) Unbegründet wäre in diesem Fall auch der Hilfsantrag festzustellen, dass dem Beklagten aus den Verträgen keine Ansprüche zustehen. Eine Anpassung der Verträge nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) scheidet schon deshalb aus, weil sämtliche einen Übertragungsanspruch auslösenden Umstände einen Wegfall der angestrebten Steuerersparnismöglichkeit zur Folge haben und daher - ebenso wie der Fall der Stellung von Scheidungsanträgen - Gegenstand der vertraglichen Regelun- gen und nicht Vertragsgrundlage im Sinne von § 313 Abs. 1 BGB waren. Zu dieser gehören nur die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsabschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien sich aufbaut (vgl. nur Senat, Urteil vom 27. September 1991 - V ZR 191/90, NJW-RR 1992, 182 mwN). Im Übrigen belegt die Vertragsgestaltung , dass die Klägerin das Risiko, ihr Eigentum an den Grundstücken in den vertraglich geregelten Fällen an den Beklagten zu verlieren, bewusst übernommen hat. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21.September 2005 - XII ZR 66/03, NJW 2006, 899, 901; vgl. auch BGH, Urteil vom 6. Oktober 2003 - II ZR 63/02, NJW 2004, 58, 59).
26
b) Mit Blick auf die Widerklage wird Folgendes zu beachten sein:
27
aa) Soweit im Revisionsverfahren vorgetragen worden ist, sowohl der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss als auch der die Sequesterbestellung betreffende Beschluss seien mittlerweile rechtskräftig aufgehoben worden, gibt die Zurückweisung dem Beklagten Gelegenheit, ggf. seinen Widerklageantrag umzustellen.
28
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts können die der Klägerin gegen den Beklagten rechtskräftig zuerkannten Zahlungsforderungen in Höhe von 907.245,93 € dem Widerklageanspruch einredeweise nach § 273 BGB entgegen gehalten werden.
29
(1) Diesen Gegenansprüchen liegt zugrunde, dass die Klägerin während der Ehe Darlehensverbindlichkeiten beglichen hat, nachdem Geschäftsschul- den des Beklagten durch Aufnahme eines gemeinsamen Darlehens umgeschuldet worden waren. Bei dieser Sachlage kann die nach § 273 BGB erforderliche Konnexität nicht verneint werden. Hierfür genügt es, wenn den Ansprüchen ein - im weitesten Sinne zu verstehendes (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 273 Rn. 9) - innerlich zusammenhängendes Lebensverhältnis zugrunde liegt (BGH, Urteil vom 27. September 1984 – IX ZR 53/83, BGHZ 92, 194, 196). Das ist u.a. bei vermögensrechtlichen Ansprüchen zu bejahen, die aus der von Ehegatten eingegangenen Lebensgemeinschaft und der von ihnen betriebenen Lösung dieser Gemeinschaft entsprungen sind (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. September 1984 – IX ZR 53/83, aaO, mwN; Urteil vom 15. November 1989 – IVb ZR 60/88, NJW-RR 1990, 133, 134). Die Einschränkung des Berufungsgerichts, es reiche nicht aus, dass Ansprüche „unter dem Dach der Ehe“ begründet worden seien und ohne die bestehende Ehe nicht begründet worden wären, ist zumindest in dieser Allgemeinheit verfehlt. Jedenfalls genügt es, wenn Anspruch und Gegenanspruch aus Rechtsgeschäften der Eheleute resultieren, die – wie hier – das Familienvermögen als wirtschaftliche Basis der ehelichen Lebensgemeinschaft sichern oder mehren sollen.
30
(2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Regelung des § 273 Abs. 1 BGB, wonach ein Zurückbehaltungsrecht ausscheidet, sofern sich aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt. Mit Blick auf den hier – durch die Stellung des Scheidungsantrages – herbeigeführten Übertragungsfall ist diese Voraussetzung jedoch schon deshalb nicht erfüllt, weil auf die Beendigung der Ehe abzielende Anträge zumindest typischerweise auch dazu führen, dass die durch oder während der Ehe begründeten vermögensrechtlichen Beziehungen auseinandergesetzt werden. Es wäre daher bei verständiger Würdigung nicht interessengerecht, die Verträge insoweit im Sinne des Ausschlusses von Zurückbehaltungsrechten zu deuten.
31
cc) Entgegen der Auffassung der Revision steht der Klägerin darüber hinaus kein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB im Hinblick auf eine erhebliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Beklagten zu. Es begegnet bereits erheblichen Zweifeln, ob dieser synallagmatische Leistungsverhältnisse betreffende Gesichtspunkt (§ 321 BGB) überhaupt im Rahmen von nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Leistungsbeziehungen fruchtbar gemacht werden kann (vgl. nur MünchKomm-BGB/Emmerich, 6. Aufl., § 321 Rn. 3; Staudinger/Otto, BGB [2009], § 321 Rn. 8). Die Frage kann aber letztlich offen bleiben. Erachtet man die Verträge mit Blick auf die der Klägerin zustehende Ansprüche auf Entlastung von den (restlichen) Darlehensverbindlichkeiten für wirksam, kommt es auf § 273 BGB schon nicht an, weil dann bei verständiger Würdigung der Verträge davon auszugehen ist, dass diese Ansprüche und die Widerklageforderung im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen und damit der Sachbereich des § 321 BGB betroffen ist. Die Klägerin ist aber nicht vorleistungspflichtig im Sinne dieser Vorschrift; auch um die Frage der Erstreckung der Norm auf leistungsvorbereitende Handlungen (dazu MünchKommBGB /Emmerich, aaO; Staudinger/Otto, aaO) geht es hier nicht.
32
dd) Da die Klägerin mit Blick auf die titulierte Gegenforderung die Einrede nach § 273 BGB erhoben hat, kommt insoweit nur eine Zug-um-ZugVerurteilung in Betracht.
Stresemann Lemke Brückner Weinland Kazele

Vorinstanzen:
LG Zwickau, Entscheidung vom 18.10.2011 - 1 O 95/10 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 10.07.2012 - 20 U 1931/11 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 27. November 2015 - 10 O 452/15 - aufgehoben und der Streitwert von Amts wegen für die erste Instanz auf 1.548,80 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten in der Hauptsache um die Wirksamkeit der Kündigung eines Bausparvertrags.
Der Kläger schloss am 02.10.1980 mit der Beklagten, einer Bausparkasse, einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von ursprünglich 40.000 DM, welche zum 01.12.1995 auf 80.000 DM erhöht wurde. Die Guthabenverzinsung in der Ansparphase beträgt 2,5 %, der Darlehenszins für das vorgesehene Bauspardarlehen 4,5 %. Der Bausparvertrag ist seit 30.06.2002 zuteilungsreif. Zum 31.12.2014 wies der Bausparvertrag ein Bausparguthaben von 22.125,86 EUR auf.
Die Beklagte wies den Kläger ab Zuteilungsreife regelmäßig auf diese hin und bot ihm die Ausreichung eines Bauspardarlehens oder die Auszahlung des Bausparguthabens an. Mit Schreiben vom 15.03.2015 erklärte die Beklagte die Kündigung des Bausparvertrags zum 30.09.2015.
Der Kläger ist der Auffassung, sich nicht vertragswidrig verhalten zu haben. Er hält die Kündigung für unwirksam und hat die Feststellung des Fortbestehens des Bausparvertrags begehrt.
Dem ist die Beklagte entgegen getreten.
Das Landgericht hat die Klage unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit Urteil vom 27.11.2015 abgewiesen und mit Beschluss vom gleichen Tag den Streitwert auf 22.125,86 EUR festgesetzt. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11.12.2015 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf 4.305 EUR herabzusetzen. Der Wert des Feststellungsantrags bemesse sich nicht nach dem angesparten Bausparguthaben, sondern - ausgehend von der gesamten Bausparsumme - nach der Differenz zwischen dem vertraglich zugesicherten Guthabenzins und dem aktuell marktüblichen Zins, allerdings begrenzt auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23.12.2015 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Stellungnahme auf die einschlägige Rechtsprechung namentlich des Oberlandesgerichts Stuttgart hingewiesen.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat der Einzelrichter das Verfahren dem Senat zur Entscheidung übertragen (§ 68 Abs. 2 Satz 7 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG).
II.
Die Streitwertbeschwerde des Klägers, mit der dieser eine Herabsetzung des vom Landgericht auf 22.125,86 EUR festgesetzten Streitwerts begehrt, ist zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht eingelegt (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) und übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). Auch in der Sache hat die Streitwertbeschwerde Erfolg; der Streitwert ist danach gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen auf 1.548,80 EUR festzusetzen.
10 
1. Gemäß § 48 Abs. 1 GKG richtet sich der Gebührenstreitwert in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, d.h. nach §§ 3 ff. ZPO. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten hat das Gericht daher gemäß § 3 ZPO den Wert nach freiem Ermessen festzusetzen. Im Rahmen einer positiven Feststellungsklage ist grundsätzlich auf das wahre wirtschaftliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung - nach § 40 GKG im Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung - abzustellen (BGH, Beschl. v. 01.06.1976 - VI ZR 154/75, juris); dabei ist der Wert des Rechtsverhältnisses zugrunde zu legen und regelmäßig ein Abschlag von 20 % gegenüber dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage vorzunehmen (BGH, NJW-RR 2000, 1266; OLG Stuttgart, JurBüro 2007, 144; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort „Feststellungsklagen“). Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (Schneider/Herget/Onderka, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 6120 f.).
11 
2. Maßstab für die Festsetzung des Streitwerts ist folglich das objektive wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses der Parteien. Maß und Richtung des wirtschaftlichen Interesses des Klägers orientieren sich dabei grundsätzlich an den in der Klagschrift dargelegten objektiven Erwartungen des Klägers, wenn sich hierfür hinreichend objektive Anhaltspunkte ergeben (BGH, NJW 2006, 3060, juris Rn. 8). Zu bewerten ist vorliegend daher das Interesse des Klägers, den Bausparvertrag weiterhin in der Ansparphase belassen und unter Inanspruchnahme der vereinbarten Guthabenverzinsung fortführen zu können.
12 
Denn anders als in dem vom Landgericht zur Begründung der angegriffenen Entscheidung herangezogenen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 25.02.1997 (WM 1997, 741) geht es vorliegend nicht um die Kündigung eines an den Bausparer ausgereichten Bauspardarlehens durch die Bausparkasse, nach der die sofortige Rückzahlung der Darlehensvaluta in Streit steht. Das erklärte wirtschaftliche Interesse des Klägers besteht vielmehr allein darin, sich auch für die Zukunft die - gegenüber dem aktuellen Markt höheren - vertraglich vereinbarten Guthabenzinsen auf das Bausparguthaben zu sichern (OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.06.2015 - 9 W 25/15; OLG Koblenz, Beschl. v. 20.08.2015 - 8 W 536/15; Beschl. v. 21.08.2015 - 8 U 319/15). Im Rahmen der Feststellungsklage ist zudem der Rechtsgedanke des § 9 Satz 1 ZPO zu berücksichtigen, wonach sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers aus dem dreieinhalbfachen Wert der einjährigen Zinserwartung berechnet (BGH, NVwZ-RR 2008, 741; MünchKomm/Wöstmann, ZPO, 4. Aufl., § 9 Rn. 2).
13 
Bei einem Bausparguthaben zum Zeitpunkt der Klageinreichung in Höhe von 22.125,86 EUR ist bei einem Zinssatz von 2,5 % von einem jährlichen Zinsertrag von 553,15 EUR auszugehen. Der dreieinhalbfache Betrag beläuft sich auf 1.936,01 EUR, der Wert des Feststellungsbegehrens damit - abzüglich 20 % - auf 1.548,81 EUR.
14 
3. Entgegen der von der Beklagten herangezogenen jüngeren Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Stuttgart (Beschl. v. 28.10.2015 - 9 W 65/15; Beschl. v. 28.10.2015 - 9 W 66/15; Beschl. v. 10.11.2015 - 9 W 68/15; Beschl. v. 10.11.2015 - 9 W 70/15) sieht der Senat jedenfalls in dem vorliegenden Fall davon ab, zusätzlich den bestehenden Anspruch des Klägers auf Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens zu berücksichtigen. Nach den maßgeblichen, in der Klagschrift dokumentierten und objektiv nachvollziehbaren Umständen des konkreten Falls erschöpft sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Fortbestand des Bausparvertrages im Streitfall nämlich in der Guthabenverzinsung. Das - ihm von der Beklagten vorgerichtlich mehrfach angebotene - Bauspardarlehen wollte und will er dagegen gerade nicht in Anspruch nehmen. Eine schematische Einbeziehung des theoretisch bestehenden Anspruchs auf Ausreichung eines Bauspardarlehens gegen den erklärten Willen des Anspruchsberechtigten ist daher nicht vorzunehmen, zumal sich das wirtschaftliche Interesse des Bausparers am Fortbestand seines Bausparvertrags nicht für den gleichen Zeitraum sowohl auf die Guthabenverzinsung als auch auf die Ausreichung eines Bauspardarlehens richten kann, beides sich insoweit vielmehr in einem Alternativverhältnis befindet.
III.
15 
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
16 
Die Rechtsbeschwerde findet nicht statt (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Tenor

Die Beschwerde des Klägervertreters gegen die Festsetzung des Streitwerts in der Entscheidung der 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 12.03.2015, Az 12 O 502/14, wird zurückgewiesen.

Gründe

 
Die gem. § 68 Abs. 1 GKG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung, die der Senat sich zu Eigen macht, den Streitwert festgesetzt und der Beschwerde nicht abgeholfen.
Das Landgericht hat zutreffend den Streitwert auf bis zu 3.000 EUR festgesetzt, ohne dabei den Wert des bezifferten Antrags zu übergehen. Dieser übersteigt einschließlich der vom Landgericht errechneten Zinsen nicht den festgesetzten Wert.
Das Landgericht hat zu Recht das Interesse nach dem Interesse des Klägers an dem Erhalt der Verzinsung bewertet und nicht nach dem Wert des Bausparguthabens. Gem. § 48 Abs. 1, § 3 ZPO ist der Wert des Verfahrens nach freiem Ermessen zu schätzen, wobei es maßgeblich auf das Interesse des Klägers ankommt. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es ihm nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung an (vgl. für den umgekehrten Fall des Darlehenswiderrufs: OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. April 2015 - 6 W 25/15; Senat, Beschluss vom 28.1.2015 - 9 U 119/14).
Im Rahmen der Feststellungsklage kann der Gedanke des § 9 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZR 202/07 -, Rn. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl., § 9 Rn. 2). Es liegen auch im Hinblick auf die Bonuszinsregelung wirtschaftlich gleichbleibende Raten vor. Zwar erfordert die Zahlung des Bonuszinses eine Erklärung des Bausparers. Diese hat gem. § 6 Abs. 1 UAbs. 2 der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge eine rückwirkende Berechnung ab Vertragsbeginn zur Folge und steht somit einem erhöhten Zinssatz gleich.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, § 68 Abs. 3 GKG. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015, Az. 25 O 89/15, teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag Nr. 1 938 … vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten in Höhe von 413,64 EUR freizustellen.

2. Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

5. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf bis zu 4.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages, den sie am 13. September 1978 über die Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 EUR) abgeschlossen hat. Die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II (im Folgenden ABB) enthalten folgende Bestimmungen:
§ 1 Vertragszweck
(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. (…)
(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.
§ 12 Zuteilungsnachricht
10 
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.
12 
§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme
13 
(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.
(2) (…)
14 
§ 14 Vertragsfortsetzung
15 
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
16 
(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. (…)
17 
Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3 % p.a. zu verzinsen und gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5 % p.a. zu gewähren.
18 
Der Vertrag wurde am 1. April 1993 zuteilungsreif. Am 1. Januar 2015 bestand ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR. Die Beklagte kündigte am 12. Januar 2015 den Bausparvertrag unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 24. Juli 2015.
19 
Auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
20 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Bausparkasse könne sich auf das Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Das Tatbestandsmerkmal des vollständigen Empfangs des Darlehens sei mit der eingetretenen Zuteilungsreife erfüllt.
21 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Auffassung, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien nicht erfüllt. Sie beabsichtige, das Bauspardarlehen in zwei bis drei Jahren für ihre Kinder in Anspruch zu nehmen.
22 
Wegen der Nebenforderung hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen.
23 
Die Klägerin beantragt:
24 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart Az. 25 O 89/15, verkündet am 15. September 2015, wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag mit der Nummer „1 938 …“ vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
25 
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 571,44 EUR freizustellen.
26 
Die Beklagte beantragt:
27 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
28 
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.
II.
29 
Die gemäß § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig und - mit Ausnahme eines geringfügigen Teils der Nebenforderung - begründet. Der Beklagten steht kein Kündigungsrecht zu.
30 
1. Die dem Vertrag zugrundeliegenden ABB vermögen die erklärte Kündigung nicht zu rechtfertigen; das macht die Beklage auch nicht geltend. Sie geht zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen der Bestimmung des § 5 Abs. 3 ABB nicht vorliegen.
31 
2. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, sie sei kraft Gesetzes berechtigt, den Vertrag zu kündigen, muss ihr der Erfolg versagt werden. Auf das Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Die von der Beklagten erklärte Kündigung findet ihre Rechtfertigung weder in § 488 Abs. 3 BGB (a.) noch ist hier die Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB direkt (b.) oder entsprechend (c.) anwendbar. Auch aus § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 Satz 2 BGB, ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht (d.).
32 
a. Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB liegen nicht vor.
33 
aa. Allerdings entspricht es der herrschenden Meinung, dass ein Bausparvertrag durch die Bausparkasse dann gemäß § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden kann, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn beim Bausparvertrag handelt es sich während der Ansparphase um einen Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Der Bausparvertrag dient dem in § 1 ABB i. V. m. § 1 BauSparkG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen Bausparsumme und Bauspareinlagen. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris; OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2015 - 13 U 104/14, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488 Rn. 548).
34 
bb. Eine Vollbesparung liegt jedoch nicht vor.
35 
(1) Unstreitig betrug das angesparte Bausparguthaben des über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR abgeschlossenen Vertrages zum Zeitpunkt der Kündigung 15.772,48 EUR.
36 
(2) Die Auffassung der Beklagten, die rückständigen Beiträge würden die Differenz zwischen dem aktuellen Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, so dass kein Bauspardarlehen mehr ausgezahlt werden müsste und daher ein Kündigungsrecht wie bei einer Vollbesparung bestehe, trifft nicht zu. Die Bestimmung des § 5 Abs. 4 ABB führt nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht ist. Nach dieser Vorschrift tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Bausparvertrag im Falle der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge gemäß § 5 Abs. 3 ABB zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13 ABB) oder bereitzustellende (§ 14 ABB) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen. Es kann dahinstehen, in welcher Höhe Rückstände aufgelaufen sind. Denn das Vorliegen dieser Voraussetzungen macht die Beklagte, die sich für die Berechtigung ihrer Kündigung gerade nicht auf § 5 Abs. 3 ABB stützt, weder geltend, noch sind sie sonst ersichtlich. § 5 Abs. 3 ABB erfordert eine vorherige schriftliche, erfolglose Aufforderung der Bausparkasse, die nicht geleisteten Bausparbeiträge zu entrichten; dazu ist nichts vorgetragen.
37 
Im Übrigen findet § 5 Abs. 4 ABB nur bei zugeteilten Bausparverträgen Anwendung. Die Zuteilung nach § 1 Abs. 5 BauSparkG liegt erst mit ihrer Annahme durch den Bausparer gemäß § 12 Abs. 1 ABB vor. Erst dann wird das Bauspardarlehen nach § 13 Abs. 1 ABB bereitgestellt oder ist es im Fall des § 14 Abs. 2 ABB bereitzustellen.
38 
Deshalb kann offen bleiben, ob eine Bausparkasse, die jahrelang die Nichtzahlung von Regelsparbeiträgen hinnimmt, ihr Kündigungsrecht verwirkt und es erst nach erneuter Zahlungsaufforderung bei zukünftigen Rückständen ausüben kann (so Weber, ZIP 2015, 961 [966]).
39 
cc. Die ordentliche Kündigung lässt sich auch nicht mit dem Argument des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin rechtfertigen, weil diese das Ziel des Erhalts eines Bauspardarlehens aufgegeben habe, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung gemeint hat. Aus der gegenwärtigen Niedrigzinsphase lässt sich nicht ableiten, die Klägerin habe endgültig ihr Interesse an ein Bauspardarlehen verloren. Die weitere Zinsentwicklung lässt sich nicht sicher prognostizieren und die gegenwärtige Markteinschätzung der Beklagten erlaubt keine Feststellungen über die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen auf keinen Fall mehr in Anspruch nehmen zu wollen. Ein offenkundig rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin liegt nicht vor. Sie hat die Niedrigzinsphase nicht zu verantworten und macht aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen die Rechte aus der Zuteilung nicht geltend.
40 
b. Die Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung durch die Bausparkasse gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen nicht vor. Es kann dahinstehen, ob die Bestimmung von ihrem Sinn und Zweck her auf Sparverträge Anwendung findet, bei denen Einlagen an sogenannte „professionelle Darlehensnehmer“ geleistet werden (vgl. zum Meinungsstand: Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, juris, Rn. 101; Weber, ZIP 2015, 961; ders., beck-Online.Großkommentar [BeckOGK]/Weber, Stand 1. Februar 2016, BGB, § 489 Rn. 9.1, Rn. 13ff.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800). Jedenfalls ist der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife des Bauspardarlehens an den Bausparer nicht der vollständige Empfang des von dem Bausparer an die Bausparkasse gegebenen Darlehens.
41 
aa. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
42 
(1) Allerdings handelt es sich bei einem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit gebundenen Sollzinssatz, der die Besonderheit aufweist, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris, und Beschluss vom 4. Februar 2014 - 9 U 202/13; Mülbert/Schmitz FS Horn (2006), S. 777; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800; Weber, BB 2015, 961).
43 
(2) Der Zeitpunkt des vollständigen Darlehensempfangs unterliegt jedoch grundsätzlich der Disposition der Parteien, die privatautonom die Auszahlungsmodalitäten vereinbaren können. Denn die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begrenzt nicht die Privatautonomie der Parteien bezüglich der Regelung des Zeitpunkts des Darlehensempfangs und der Höhe des Darlehensbetrages. Bereits die in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. enthaltene Vorgängernorm diente nach der Gesetzesbegründung dem Schuldnerschutz vor überlangen Zinsbindungen. Sie geht auf § 18 Abs. 2 Hypothekenbankgesetz (HypBG, RGBl I 1899, 375) zurück, die für Hypothekendarlehen dieses zwingende Kündigungsrecht schon seit vielen Jahren enthielt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22 f.). Weder diese Vorschrift noch § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. oder § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lassen den Schutz bereits in der Valutierungsphase beginnen. Ein Darlehen ist vollständig empfangen, wenn der Darlehensgeber es dem Darlehensnehmer entsprechend der darlehensvertraglichen Vereinbarung in Höhe des Darlehensnettobetrages zur Verfügung gestellt hat. Werden mehrere Teilzahlungen vereinbart, liegt ein vollständiger Empfang erst mit dem Eingang der letzten Teilzahlung vor (MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 43 m.w.N; Herberger/Martinek/Rüßmann/Schwintowski, jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 489 BGB Rn. 9; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 5). Somit kommt es entscheidend darauf an, welche Teilzahlungen die Parteien vereinbart haben. Erst wenn diese Vereinbarung erfüllt und keine weiteren Teilzahlungen mehr offen sind, ist das gesamte Darlehen empfangen.
44 
bb. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife liegt kein vollständiger Empfang des Darlehens i.S.v. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor.
45 
(1) Der Eintritt der Zuteilungsreife (§ 11 ABB) hat gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB auf die Verpflichtung zur Entrichtung des Regelsparbeitrags, also zur Valutierung des vom Bausparer der Bausparkasse zu gewährenden Darlehens, keinen Einfluss, weshalb er zur Bestimmung der vereinbarten Darlehenshöhe nicht geeignet ist (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 49.1).
46 
Nach § 14 Abs. 1 ABB wird der Bausparvertrag im Falle einer Nichtannahme der Zuteilung oder einer nicht fristgemäß abgegebenen Annahmeerklärung fortgesetzt. Die vertragliche Pflicht zur Zahlung des Regelsparbeitrages gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB gilt weiter.
47 
(2) Die Höhe der vereinbarten Darlehenssumme ist durch Auslegung der Allgemeinen Bausparbedingungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages zu bestimmen. Der einzige im Vertrag konkret bestimmte Betrag ist die Bausparsumme von 20.154,68 EUR, die allerdings nach § 2 ABB sowohl das Bausparguthaben als auch das Bauspardarlehen umfasst. Das Bausparguthaben ist das Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse. Aus § 11 Abs. 1 lit. a und b der ABB ergibt sich eine Mindestlaufzeit von 18 Monaten und ein Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme, also von 8.061,87 EUR. Daraus lässt sich jedoch die Vereinbarung eines Nettodarlehensbetrages noch nicht ableiten. Aus den § 13 Abs. 1, § 11 Abs. 1 lit. b ABB i. V. m. § 1 ABB ist lediglich erkennbar, dass dieser durch die Bausparsumme begrenzt ist, also zwischen dem Mindestsparguthaben von 40 % und 100 % der Bausparsumme liegt. Bei dem Bausparvertrag und damit auch bei dem Bausparguthaben sind zudem die Ungewissheit sowohl des Zeitpunkts des Eintritts der Zuteilungsreife als auch des Abrufs des Bauspardarlehens seitens des Bausparers, der zur Auszahlung führt, zu berücksichtigen. Den ersten Zeitpunkt hat der Bausparer nicht allein in der Hand. Der zweite Zeitpunkt, der von dem ersten abhängig ist, kann von dem Bausparer bestimmt werden. Daher lässt sich die Höhe des Darlehens allenfalls nach dem Umfang der Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Sparbeiträge des Bausparers ermitteln (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 47ff.).Zudem ist die Bausparkasse nicht berechtigt, den vertraglichen Zinsanspruch des Bausparers durch Verweigerung der Annahme der vereinbarten Sparbeiträge zu vereiteln.
48 
(3) Auch aus den Bestimmungen über die Regelsparbeiträge lässt sich die vereinbarte Nettodarlehenssumme indessen nicht ermitteln:
49 
Nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB ist der Bausparer berechtigt und verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zu entrichten. Daher ist die volle Ansparphase bis zum Auszahlungszeitpunkt eine Phase der fortlaufenden Teilvalutierungen. Da der Bausparer weder zur Annahme der Zuteilung noch zum Auszahlungsverlangen des Darlehens verpflichtet ist (arg. e § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 18 ABB) und der Bausparvertrag dann nach § 14 Abs. 1 ABB fortgesetzt wird, ist die maximale Höhe des „Darlehens“ des Bausparers durch die Höhe der Bausparsumme begrenzt. Im Fall der erfolgten Zuteilung steht es dem Bausparer als Darlehensgeber folglich durch sein Auszahlungsverlangen frei, die Darlehenssumme zu begrenzen.
50 
(4) Das erhellt zugleich, dass auch die Zuteilungsnachricht (§ 12 ABB) als Wissens- und Willenserklärung der Bausparkasse (Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 781) und selbst die Annahme der Zuteilung auf die vereinbarte Darlehenssumme keinen Einfluss hat. Gemäß § 13 Abs. 1 ABB führt die Annahme der Zuteilung lediglich zur Verpflichtung der Bausparkasse, die Bausparsumme in der Form des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens bereitzuhalten. Die Auszahlung hängt zusätzlich von dem Abruf durch den Bausparer ab. Bis dahin bleibt er nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB zur Zahlung der Regelsparbeiträge berechtigt und verpflichtet.
51 
(5) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus § 489 Abs. 1 Nr. 2, 2. Hs. BGB nichts anderes. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann, wie bereits ausgeführt, der Vertrag nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens gekündigt werden. Nach dem 2. Halbsatz dieser Regelung tritt dann, wenn nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen wird, der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Empfangs. Damit setzt die dort geregelte Maßgeblichkeit der Vereinbarung für den Fristbeginn voraus, dass diese nach dem vollständigen Darlehensempfang getroffen wurde. Auf die Vollständigkeit des Empfangs des Darlehens wird nicht verzichtet. Der 2. Halbsatz des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stellt mit der Vereinbarung vielmehr eine zusätzliche Voraussetzung für die Möglichkeit der Kündigung auf, die im Vergleich zum 1. Halbsatz der Bestimmung, der ausschließlich auf den vollständigen Erhalt des Darlehens abstellt, zu einem weiteren Hinausschieben der Kündigungsmöglichkeit führt (Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 45).
52 
cc. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lässt sich auch nicht dahingehend auslegen, dass der „vollständige Empfang“ den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife mit erfasst (so aber Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 51, sowie Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 [1803]). Sinn und Zweck der Vorschrift erfordern eine solche Auslegung auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages nicht. Diesen werden vielmehr durch die ABB und sonstigen gesetzlichen Bestimmungen Rechnung getragen. Die gegenteilige Auslegung widerspricht dem Wesen des Bausparvertrages. Ob ein Darlehen vollständig empfangen ist, ist nicht nur aus Sicht des Schuldners des Darlehens zu beurteilen, wie die Beklagte meint, sondern auch aus Sicht der Bausparkasse, die insoweit die Interessen der Zweckgemeinschaft der Bausparer wahrzunehmen hat. Diese hat ein Interesse, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen. Der Erwerb eines bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen während der Ansparphase setzt die im Wechselverhältnis stehenden vertraglichen Hauptleistungspflichten von Leistung der Sparbeiträge und Gewährung eines Bauspardarlehens nicht außer Kraft.
53 
c. Eine rechtsentsprechende Anwendung der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife bei Bausparverträgen kommt nicht in Betracht. Der Meinung der Beklagten, eine normzweckorientierte Anwendung der Vorschrift unter Berücksichtigung der für Bausparverträge charakteristischen Interessen- und Pflichtenlage der Vertragsparteien rechtfertige die Gleichstellung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife (so auch Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; daran anknüpfend Edelmann/Suchowerskyj, WM 2015, 1800; sowie Rollberg, EWiR 2016, 3; Simon, EWiR 2015, 723; OLG Celle, Beschluss vom 3. Februar 2016 - 3 U 192/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016 - 5 O 38/15; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016 - 13 U 151/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015 - 31 U 191/15, juris), vermag der Senat nicht zu folgen.
54 
Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Vorliegen der vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassenen Lücke und ihre Planwidrigkeit muss dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers - und das ist der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte. Für eine Analogie ist weiter erforderlich, dass der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Beschluss vom 20. November 2014 - IX ZB 16/14, WM 2015, 131).
55 
aa. Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit liegt nicht vor. Dass vom Gesetz mit der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei von herkömmlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträgen auch der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife erfasst werden sollte, lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. Der historische Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., der Vorgängerbestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, von der zu diesem Zeitpunkt schon seit langem geltenden Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG a.F. leiten lassen (BT-Drucks. 10/4741, S. 23, s. bereits oben unter II.2.b.aa [2]). Nach § 18 Abs. 2 S. 1 HypBG a.F. durfte das Recht der Rückzahlung nur bis zu einem Zeitraume von zehn Jahren ausgeschlossen werden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung begann dieser Zeitraum mit der Auszahlung des Darlehens, im Falle der Auszahlung in Teilbeträgen mit der letzten Zahlung. Der 2. Halbsatz entspricht § 489 Abs. 1 Nr. 2 2. Hs. BGB.
56 
Nach der Gesetzesbegründung zur Einführung der Kündigungsrechte in § 609a BGB a.F. wollte der Gesetzgeber die zu weite Schuldnerschutzvorschrift des § 247 Abs. 1 BGB a.F. auf ein angemessenes Maß zurückführen und insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite das Prinzip der vertraglichen Bindung und Risikozuweisung durchsetzen. Dem widersprach das freie Kündigungsrecht nach § 247 BGB a.F. bei einem Zinssatz von mehr als 6 % unabhängig von der Marktentwicklung. Der Gesetzgeber hat bei dieser Gelegenheit - ohne nähere Begründung - die Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG auf sämtliche festverzinslichen Kredite ausgedehnt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22). Ziel war also im Wesentlichen nicht die von der Beklagten vertretene Ausweitung, sondern die Begrenzung der Kündigungsmöglichkeiten.
57 
Dass insoweit nicht eine vom Gesetzgeber nicht geplante, sondern vielmehr eine bewusste Regelungslücke vorliegt, ist insbesondere an der durch Gesetz vom 21. Dezember 2015 erfolgten Änderung des Bausparkassengesetzes ersichtlich. In Kenntnis der Kleine[n] Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 4. Februar 2015 (BT-Drucks. 18/3944) sowohl bezüglich der Kündigungen von Bausparkassen infolge der durch die Niedrigzinsphase bedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten als auch bezüglich eines Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zehn Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife (Nr. 9), hat die Bundesregierung im Oktober 2015 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes der Bausparkassen vorgelegt (BT-Drucks. 18/6418). Dieser - durch den Gesetzgeber am 21. Dezember 2015 insoweit umgesetzte - Entwurf sah trotz der bestehenden Rechtsunsicherheit eine klarstellende oder verdeutlichende Ausweitung des „vollständigen Empfangs“ eines Darlehens auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht vor, obwohl Ziel u. a. die Verbesserung der Reaktionsmöglichkeiten auf die anhaltende Niedrigzinsphase war (BT-Drucks. 18/6418, S. 1). Die Bundesregierung sah ausweislich ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage vom 4. Februar 2015 bzgl. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinen - klarstellenden - Handlungsbedarf (vgl. BT-Drucks. 18/4195, S. 3 zu Nr. 9).
58 
bb. Gleichfalls ist der rechtlich hier zu beurteilende Sachverhalt nicht mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar. Das ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte den Schutz der Bausparergemeinschaft bemüht, einer Gemeinschaft, die gerade im Vergleich zu herkömmlichen Darlehensverträgen im Rahmen rechtlicher Beurteilungen andere Schlussfolgerungen zulässt (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360).
59 
cc. Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen, weil die Interessenabwägung keine Analogie rechtfertigt.
60 
(1) Der Zweck des Bausparvertrages ist aus Sicht des Bausparers der Erhalt eines zinsgünstigen, nur nachrangig zu besichernden Darlehens unterhalb des Marktniveaus. Die Voraussetzungen hierfür hat er durch die Leistung der vertraglichen Regelsparbeiträge an die Zweckgemeinschaft der Bausparer zu schaffen, für die er - nach der herkömmlichen Ausgestaltung - eine unterhalb des Marktniveaus liegende Habenverzinsung in Kauf zu nehmen hat. Dieses sich gegenseitig bedingende Wechselverhältnis zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen innerhalb der beschränkten Personengruppe der Bausparer ist maßgebend für das Bauspargeschäft und wird in § 1 Abs. 1 und 2 BauSparkG definiert (Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz, 5. Aufl. § 1 Anm. 1). Die charakteristische Prägung des Bauspargeschäfts ergibt sich zusätzlich aus der Vertragszweckbestimmung des § 1 ABB sowie den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II, die auf das zinsgünstige Bauspardarlehen auf Grund von bedingungsgemäßen Ansparleistungen hinweisen.
61 
(2) Es lässt sich nicht mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang bringen, das „charakteristische gemeinsame Sparziel“ des Bausparvertrages lediglich mit der Erlangung der „Möglichkeit der Ausübung der Option zur Erlangung eines Bauspardarlehens“ zu definieren, wie die Beklagte meint.
62 
(a) Aus § 1 Abs. 2 BauSparkG ergibt sich keine einschränkende Zweckbestimmung. Zwar ist nach der dort enthaltenen Legaldefinition Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Diese Vorschrift darf aber nicht isoliert als allein Zweck bestimmend herangezogen werden (so aber Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 550). Mit der Formulierung, der Bausparer erwerbe einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, bringt der Gesetzgeber vielmehr zum Ausdruck, dass, anders als bei einem gewöhnlichen Darlehen oder einem Forward-Darlehen, der Darlehensauszahlungsanspruch nicht bereits mit Vertragsschluss begründet wird, sondern von der bausparvertragstypischen Ansparleistung des Bausparers und den Sparleistungen des Kollektivs abhängig ist. Insbesondere ist § 1 Abs. 2 BauSparkG im Zusammenhang mit der zentralen Begriffsbestimmung des Bauspargeschäfts in § 1 Abs. 1 BauSparkG (s.o.) sowie der damit bezweckten Wohnungsbauförderung (§ 1 Abs. 3 BauSparkG) zu sehen. Er ergänzt lediglich die tatsächlich begriffsprägende Vorschrift des § 1 Abs. 1 BauSparkG.
63 
Auch die Gesetzesmaterialien geben für die einschränkende Zweckbestimmung keinen Anhaltspunkt. Die Gesetzesbegründung zum Bauspargesetz (BT-Drucks. VI/1900, S. 9 ff.) beschreibt das Wesen des Bauspargeschäfts in der Ansammlung von Kapital zur nachstelligen Finanzierung des Wohnungsbaus. Als charakteristisch wird das Kollektiv, also die Geschlossenheit des Personenkreises beschrieben, deren Mitglieder zunächst bis zur Auszahlung des Bausparguthabens Gläubiger und später nach Zuteilung des Bauspardarlehens Schuldner der Bausparkasse werden. Dabei betont der Gesetzgeber das Wechselverhältnis von Verzicht auf einen nicht marktgerechten Einlagenzins zu Gunsten eines niedrigen Darlehenszinses. Das Entstehen des bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen nach Eintritt der Zuteilungsreife wird nicht als Zwischenziel erwähnt. Es wird auf den Auszahlungszeitpunkt abgestellt. Dem entspricht § 5 Abs. 1 S. 2 ABB.
64 
(b) Die Auffassung der Beklagten, Zweck des Bauspargeschäfts sei lediglich die Erlangung des Optionsrechts, anstelle des Darlehens selbst, widerspricht zudem dem von ihr in § 1 ABB selbst definierten Vertragszweck. Ihre Auffassung beachtet nicht die Nachteile des Bausparers bei der Hinnahme einer unterhalb des Marktniveaus liegenden Verzinsung des Bausparguthabens. Hierzu ist der Bausparer bereit, weil ihm die daraus resultierenden Vorteile der Zweckgemeinschaft der Bausparer zugutekommen. Anschließend kann er ein zinsgünstiges Bauspardarlehen unterhalb des Marktniveaus nutzen. Der Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrages selbst stellt daher noch nicht den wirtschaftlichen Ausgleich für die bereits in der Ansparphase hingenommenen wirtschaftlichen Nachteile dar.
65 
(c) Der Erhalt eines Anspruchs auf ein Darlehen ist lediglich ein notwendiges Zwischenziel. Dem kommt entgegen der Auffassung der Beklagten (so auch Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800) keine überragende Bedeutung im Sinne einer Zweckerreichung zu. Dies folgt aus den Besonderheiten der Vergabe der Bauspardarlehen aus den begrenzten Mitteln des Kollektivs der Bausparer.
66 
Gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG können sich Bausparkassen vor Zuteilung eines Bausparvertrages nicht verpflichten, die Bausparsumme zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuzahlen. Die Bausparkasse kann erst dann Bauspardarlehen ausreichen, wenn ihr von den Mitgliedern des Bausparkollektivs ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Die Mindestwartezeit lässt sich anhand der Bausparbedingungen errechnen. Bei dem vertraglich vereinbarten Regelsparbeitrag in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme (§ 5 Abs. 1 S. 1 ABB) sowie einem Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme als Zuteilungsvoraussetzung (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) dauert die Ansparphase auch unter Berücksichtigung der Guthabenzinsen von 3 % p.a. (§ 6 Abs. 1 ABB) etwas mehr als sieben Jahre. Diese bausparvertragstypische, regelmäßig mehrjährige Wartezeit bringt es mit sich, dass der Bausparer bei Vertragsabschluss noch nicht absehen kann, wann ihm ein Bauspardarlehen gewährt werden kann (BT-Drucks. VI/1900, S. 10ff.). Ihm ist eine verlässliche Planung nicht möglich.
67 
Zudem besteht eine auf wohnungswirtschaftliche Maßnahmen beschränkte Verwendungsmöglichkeit des Darlehens, § 1 Abs. 2 ABB. Für den Bausparer besteht somit das Risiko, dass ihm die angebotene Zuteilung der Bausparsumme zeitlich ungelegen kommt, weil sein geplanter Verwendungszweck sich zwischenzeitlich erledigt hat oder erst später ansteht. Daher besteht keine Pflicht zur Annahme der Zuteilung, worauf in den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bausparbedingungen ausdrücklich hingewiesen wird.
68 
(3) Der Eintritt der Zuteilungsreife verschafft dem Bausparer nicht eine besondere Rechtsposition, mit der er die Bausparkasse unangemessen lange an einen bereits bei Vertragsschluss fest vereinbarten Guthabenzinssatz binden kann.
69 
Fehl geht das Argument der Beklagten, mit Erreichen der Zuteilungsreife könne der Bausparer seine Sparleistungen einstellen, aber gleichzeitig die Bausparkasse an die bei Vertragsabschluss fest vereinbarten Guthabenzinsen binden. Die ABB sehen kein Recht des Bausparers vor, die Regelsparbeiträge einzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). § 5 Abs. 1 ABB enthält die Verpflichtung des Bausparers, über den Eintritt der Zuteilungsreife hinaus und sogar noch nach der Annahme der Zuteilung die Regelsparbeiträge bis zum ersten Auszahlungszeitpunkt zu bezahlen. Die vereinzelt vertretene Auffassung, es bestehe keine Pflicht zur Zahlung der Regelsparbeiträge, der Sparer könne vielmehr die Zahlungen aussetzen oder der Höhe nach variieren (Laux, VW 1996, 328; Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen [BAKred], ZIP 1995, 691 [695]; Oiwoh, Zur Kündigung von Bausparverträgen im deutschen und österreichischen Recht, Diplomarbeit 2016, Graz, S. 9), trifft nicht zu. Bei der Zweckspargemeinschaft der Bausparer ist die Einzahlung der Sparbeiträge Hauptleistungspflicht der Bausparer (Schäfer/Cirpka/Zehnder, aaO, § 5 Anm. 27; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 542). Nur durch ihre Einlagenzahlungen ist die Ausreichung der Bauspardarlehen an andere Mitglieder möglich. Sie sind prägend für das Kollektivsystem zwischen Bausparern und Kreditnehmern (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 46; Schimansky/Bunte/Lwowski/Rümker/Winterfeld, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 124 Rn. 167). Die Regelung über die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrags in den ABB der Beklagten ist nach dem Wortlaut eindeutig als Vertragspflicht ausgestaltet (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). Systematisch regelt § 5 Abs. 1 ABB die Leistungspflicht. § 5 Abs. 2 ABB enthält die Möglichkeit des Bausparers, über den Regelsparbeitrag hinaus mit Zustimmung der Bausparkasse freiwillig höhere Sonderzahlungen zu leisten. § 5 Abs. 3 ABB enthält das Kündigungsrecht der Bausparkasse bei Nichtzahlung der Raten. Dadurch hat die Bausparkasse ein wirkungsvolles Instrument, die mit dem Vertrag vereinbarte Risikoverteilung hinsichtlich der Zinsentwicklung sowie der Verwendungseignung aufrechtzuerhalten. Das Recht des Bausparers, niedrigere Sparbeiträge zu zahlen oder die Zahlung einzustellen, ist in den ABB nicht vorgesehen und wäre mit dem ausdrücklich geregelten Kündigungsrecht der Bausparkasse unvereinbar. Von einer echten Leistungspflicht geht im Übrigen auch das Bausparkassengesetz aus. Nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 BauSparkG müssen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen über die Höhe und Fälligkeit der Leistungen des Bausparers sowie über die Rechtsfolgen, die bei Leistungsverzug eintreten, enthalten.
70 
(4) Eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB scheidet hier zudem aus, weil selbst bei fiktiver Gleichstellung des Darlehensempfangs mit dem Zeitpunkt der ersten Zuteilungsreife nach der bausparvertragstypischen Vertragsgestaltung eine überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nicht gegen ihren Willen eintreten kann.
71 
(a) Bei der vertragskonformen Durchführung des Bausparvertrages ist eine Bindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nach erstmaliger Erlangung der Zuteilungsreife ausgeschlossen. Die längste vertragliche Laufzeit nach Zuteilungsreife für das hier als Darlehen zu wertende Bausparguthaben lässt sich anhand der Höhe des Regelsparbeitrags, des Habenzinssatzes und des Mindestsparguthabens ermitteln. Bei der geschuldeten monatlichen Sparzahlung in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 ABB und einem Habenzinssatz von 3 % p.a. gemäß § 6 Abs. 1 ABB beträgt die maximale Laufzeit bis zur Vollbesparung der Bausparsumme ca. 16 Jahre. Die Zuteilungsreife bei einem vertraglichen Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) tritt nach etwas mehr als sieben Jahren ein. Die Bausparkasse ist bei vertragsmäßiger Durchführung ab Zuteilungsreife längstens neun Jahre gebunden. Im Falle einer vorherigen Annahme der Zuteilung endet die Verzinsungspflicht gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 ABB vorzeitig spätestens mit Ablauf des Monats der Bereitstellung. Damit ist das Darlehen zinslos.
72 
(b) Die von der Beklagten zur Begründung der Analogie angeführte überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren kann nur bei einer Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge entstehen. Diese stellt aber ein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, welches die Bausparkasse nach § 5 Abs. 3 ABB zur Kündigung berechtigt. Die eigenmächtige Abweichung des Bausparers vom Vertrag ist kein bausparvertragstypisches Risiko, dem mit einer analogen Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begegnet werden müsste.
73 
(aa) Das Ruhenlassen eines zuteilungsreifen Bausparvertrages ist nicht charakteristisch für das Bauspargeschäft. Es lässt sich weder den gesetzlichen Vorschriften noch den ABB entnehmen. Die Einsammlung von Kapital, um den Bausparern schnellstmöglich Bauspardarlehen aus Mitteln des Kollektivs zur Verfügung stellen zu können, gehört zum Wesen des Bausparvertrages (BT-Drucks. IV/1900, S. 11). Die Einstellung der Sparleistungen widerspricht dem. Es mag zwar ständige Praxis der Bausparkassen sein, die Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge nach erstmaliger Zuteilungsreife hinzunehmen. Hieraus lassen sich aber keine rechtlichen Schlüsse ziehen. Diese Praxis kann der Bausparkasse mangels Vertragsänderung nicht einseitig aufgedrängt werden. Sie hat vielmehr einen Anspruch auf Zahlung der Regelsparbeiträge (vgl. bereits oben unter II.2.b.bb [3]).
74 
(bb) Allerdings entsprach die Einstellung der Regelsparbeiträge in der Vergangenheit dem Interesse der Bausparkassen. Außerhalb der gegenwärtigen Niedrigzinsphase war das Ruhenlassen der zuteilungsreifen Bausparverträge für die Bausparkasse günstig, da ihr die Mittel zur Zuteilung anderer Bauspardarlehen zur Verfügung blieben und sie aus der Zinsdifferenz zu den Zinssätzen der ausgereichten Bauspardarlehen risikolos Erträge erwirtschaften konnte. Lange Zeit lagen zudem die Habenzinssätze unterhalb des Marktniveaus. Zudem dürfte diese Praxis die Attraktivität des Bausparens gesteigert und die Werbung neuer Bausparer erleichtert haben.
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Weiter war während des Ruhens des Bausparvertrages für die Bausparkasse das noch bestehende Zinsrisiko für die Restlaufzeit im Falle der Wiederaufnahme der Einzahlungen jederzeit überschaubar. Sie war dadurch in der Lage, durch Aufforderung des Bausparers, seinen Einzahlungspflichten wieder nachzukommen, den Vertrag wieder in Vollzug zu setzen. Damit konnte sie das mit dem Vertrag von vornherein übernommene Zinsänderungsrisiko und die faktische Verlängerung der Zinsbindung jederzeit steuern. Sie hatte es also in der Hand, eine Zinsbindung von mehr als zehn Jahren zu vermeiden.
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d. Die Beklagte kann die Kündigung auch nicht auf § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 BGB stützen (zum Verhältnis der Bestimmungen zueinander vgl. Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, WM 2016, 311, Rn. 147).
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aa. Zu Recht beruft sich die Beklagte in der Berufung nicht mehr auf ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung zulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Wie bereits ausgeführt, stellt die Nichtabnahme des Bauspardarlehens kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge hat die Bausparkasse ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB, dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Schaffung der Kündigungsvoraussetzungen und die sich daran anschließende Möglichkeit der Ausübung dieses Kündigungsrechts ist ihr zuzumuten. Die Nichtausübung in der Vergangenheit beruhte auf einer eigenen freien Entscheidung.
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bb. Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht. Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 235/09, juris). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10, WM 2014, 134). Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 210/12 NZG 2014, 1036). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
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(1) Die Geschäftsgrundlage wäre nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätte. Zwar war Vertragszweck nach § 1 BauSparkG, § 1 ABB die Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung (s. bereits oben unter II.2.c.cc.[2][c]). Doch ist zum einen die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben. Zum anderen ist der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden nicht erfolgten Inanspruchnahme des Bauspardarlehens abzuleiten. Schon der seit Abschluss des Bausparvertrages bis zur Zuteilungsreife vergehende Zeitraum legt es angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens nahe, dass aufgrund veränderter Umstände das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wird. Auch für diesen Fall ist nach der vertraglichen Vereinbarung die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorgesehen, mithin eine Risikoverteilung vorgenommen worden.
80 
(2) Die Geschäftsgrundlage wäre auch nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und -darlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben.
81 
3. a. Die Verpflichtung zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB, weil die Beklagte durch die unberechtigte Kündigung ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat.
82 
b. Die notwendigen Rechtsverfolgungskosten betragen unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr, einer Auslagenpauschale von 20,00 EUR und der Umsatzsteuer insgesamt 413,64 EUR, weil für die Gebührenrechnung ein Gegenstandswert von 3.167,66 EUR anzusetzen ist.
83 
aa. Der Gegenstandswert für die vorgerichtlichen Anwaltskosten ist gemäß § 23 Abs. 3 RVG i. V. m. § 48 GKG, § 3 ZPO nach dem maßgeblichen wahren Interesse der Klägerin an dem Urteil (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 1976 - VI ZR 154/75) zu schätzen.
84 
bb. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es dem Kläger hinsichtlich des Bausparguthabens nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages in Höhe des Guthabens an, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung. Im Rahmen der Feststellungsklage kann zudem der Gedanke des § 9 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZR 202/07, juris, Rn. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl. 2013, § 9 Rn. 2). Soweit § 9 ZPO voraussetzt, dass das Stammrecht selbst im Streit ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 9 Rn. 1; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. April 2005 - 17 W 21/05), ist diese Voraussetzung hier erfüllt, da die Feststellung des Fortbestands des Bausparvertrages die des Bezugsrechts des Bausparers für die künftigen Zinsen umfasst. Diesbezüglich ist daher der 3,5-fache Jahreszins aus dem Bausparguthaben bei Mandatierung anzusetzen.
85 
cc. Neben dem Zinsinteresse ist auch das mögliche Interesse des Klägers am Erhalt des Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen der Bausparsumme und dem angesparten Guthaben zu berücksichtigen. Dieses besteht alternativ zum Zinsinteresse, weil die Inanspruchnahme des Darlehens die Verzinsungspflicht des Bausparguthabens entfallen lässt. Wegen des Alternativverhältnisses der Interessen des Bausparers und der Ungewissheit, ob das Bauspardarlehen in Anspruch genommen wird, hält es der Senat im Rahmen der Feststellungsklage für gerechtfertigt, das wirtschaftliche Interesse beider Ansprüche zu kumulieren und sie mit einem Abschlag von 50% zu berücksichtigen.
86 
dd. Die Zinserwartung aus dem zum Zeitpunkt der Mandatierung bestehenden Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR betrug bei einem Zinssatz von 3 % p.a. für einen Zeitraum von 3,5 Jahren 1.656,11 EUR. Diese ist mit einem 50-prozentigen Abschlag mit einem Betrag von 828,06 EUR anzusetzen.
87 
Zum Zeitpunkt der Mandatierung bestand ein Darlehensanspruch in Höhe von 4.679,20 EUR, der ebenfalls mit 50 %, also 2.339,60 EUR, anzusetzen ist, woraus sich der Gegenstandswert von 3.167,66 EUR errechnet.
III.
88 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2, § 269 Abs. 3 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Hinsichtlich der Streitwertbemessung wird auf die oben stehenden Ausführungen zum Gegenstandswert der vorgerichtlichen Anwaltskosten Bezug genommen. Durch den Instanzenzug haben sich keine wesentlichen Wertveränderungen ergeben.
89 
2. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von den Hinweisbeschlüssen und Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm, Koblenz, Köln und Celle ab, die eine auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung des Bausparvertrages für rechtmäßig halten.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.