Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 18. Juli 2017 - 2 Rv 8 Ss 348/17
Tenor
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 01.03.2017 wird als unbegründet verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
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Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 18. Juli 2017 - 2 Rv 8 Ss 348/17
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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 18. Juli 2017 - 2 Rv 8 Ss 348/17 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Die Berufung kann auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Ist dies nicht geschehen oder eine Rechtfertigung überhaupt nicht erfolgt, so gilt der ganze Inhalt des Urteils als angefochten.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Es hat zudem bestimmt, dass für die "überlange Verfahrensdauer" vier Monate Freiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Gegen die Verurteilung richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- 1. Da die Revision mit der Sachrüge hinsichtlich des Strafausspruchs durchdringt, bedarf es keiner Entscheidung über die nicht weitergehenden Verfahrensrügen.
- 3
- 2. Das Urteil unterliegt im Strafausspruch der Aufhebung. Die getroffenen Feststellungen belegen (nur) die Voraussetzungen einer gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB, nicht hingegen gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB.
- 4
- Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass ein Straßenschuh von üblicher Beschaffenheit regelmäßig als gefährliches Werkzeug anzusehen sei, wenn damit einem Menschen gegen den Kopf getreten wird (vgl. auch BGH, Urteile vom 11. Februar 1982 - 4 StR 689/81, BGHSt 30, 375, 376 und vom 15. September 2010 - 2 StR 395/10, NStZ-RR 2011, 337 [fester Turnschuh]; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 224 Rn. 9c mwN). Ob diese Voraussetzungen hier gegeben sind, lässt sich den Urteilsgründen nicht zweifelsfrei entnehmen. Einerseits stellt die Strafkammer ohne weitere Beschreibung (lediglich) fest, der Angeklagte habe der nach vorn gebeugten Geschädigten mit dem "beschuhten Fuß" ins Gesicht getreten, worauf sie nach hinten umgefallen sei; andererseits führt das Landgericht im Rahmen der rechtlichen Würdigung aus, dass "davon auszugehen" sei, die Schuhe des Angeklagten "in Form von Lederslippern" hätten "die Gefährlichkeit des wuchtigen Tritts mit dem Fuß noch erhöht […], weil das schwungvolle Auftreten der festen Sohle auf das Gesicht/den Kopf […] geeignet ist, gefährliche Verletzungen hervorzurufen". Weder die Beschaffenheit der vom Angeklagten getragenen Schuhe noch deren konkreter Einsatz ist somit nachvollziehbar belegt.
- 5
- Auf den Schuldspruch wirkt sich dieser Rechtsfehler nicht aus. Das Landgericht hat den Angeklagten rechtsfehlerfrei der gefährlichen Körperverlet- zung - gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB - schuldig gesprochen. Da die Strafkammer jedoch sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafe zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, beide Tatbestandsvarianten der gefährlichen Körperverletzung verwirklicht zu haben, ist das Urteil im Strafausspruch aufzuheben.
- 6
- 3. Die Kompensationsentscheidung, die keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen lässt, wird von der Teilaufhebung des Urteils nicht erfasst (BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135, 138).
- 7
- 4. Ein die Zuständigkeit des Schwurgerichts begründender Tatvorwurf steht nicht mehr in Frage; der Senat verweist die Sache entsprechend § 354 Abs. 3 StPO deshalb an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück. Fischer Roggenbuck Eschelbach Zeng Bartel
Die Berufung kann auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Ist dies nicht geschehen oder eine Rechtfertigung überhaupt nicht erfolgt, so gilt der ganze Inhalt des Urteils als angefochten.
(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:
- 1.
der Revision gegen - a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters; - b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern; - c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
- 2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist; - 3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes; - 4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.
(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung
- 1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung, - 2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung, - 3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder - 4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.
(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.
(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, so ist für die Strafaussetzung nach § 56 die Höhe der Gesamtstrafe maßgebend.
(2) Ist in den Fällen des § 55 Abs. 1 die Vollstreckung der in der früheren Entscheidung verhängten Freiheitsstrafe ganz oder für den Strafrest zur Bewährung ausgesetzt und wird auch die Gesamtstrafe zur Bewährung ausgesetzt, so verkürzt sich das Mindestmaß der neuen Bewährungszeit um die bereits abgelaufene Bewährungszeit, jedoch nicht auf weniger als ein Jahr. Wird die Gesamtstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt, so gilt § 56f Abs. 3 entsprechend.