Oberlandesgericht München Beschluss, 15. Feb. 2018 - 17 U 116/18

bei uns veröffentlicht am15.02.2018
vorgehend
Landgericht München II, 1 O 1392/17, 12.09.2017

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 12.09.2017, Az. 1 O 1392/17, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 522 Abs. 2 ZPO hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Die Parteien streiten um einen Kostenvorschussanspruch des Klägers zur Beseitigung von Mängeln an einer Einbauküche.

Die Berufung des Klägers gegen das seine Klage abweisende Endurteil des Landgerichts München II vom 12.09.2017 hat keinen Erfolg.

1. Zwischen den Parteien wurde allenfalls ein Werklieferungsvertrag über eine unvertretbare Sache (wenn nicht ein Kaufvertrag) mit Einbauverpflichtung des Beklagten geschlossen (§ 651 Sätze 1 und 3 BGB in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung; künftig a.F.; Art. 229 § 22 Abs. 2, § 39 EGBGB):

a) Bei einem Werkvertrag steht die Herstellung einer Sache aufgrund aufwendiger handwerklicher Installations- und Anpassungsarbeiten als dem Vertrag die maßgebliche Prägung gebende Kriterien im Vordergrund (vgl. BGH, Urteil vom 02.06.2016, VII ZR 348/13, WM 2016, 1806, 1807, Randziffer 11), bei einem Werklieferungsvertrag hingegen sind die vereinbarten Montageleistungen im Vergleich zum Gesamtkaufpreis von untergeordneter Bedeutung (BGH, Urteil vom 13.07.2016, VIII ZR 49/15, NJW 2016, 3654, 3654, Randziffer 22), weshalb der Kauf einer Einbauküche mit Montageverpflichtung bei entsprechender untergeordneter Bedeutung der Montageleistung grundsätzlich dem Werklleferungsvertragsrecht und nicht dem Werkvertragsrecht zuzuordnen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2016, VIII ZR 49/15, NJW 2016, 3654, 3654, Randziffer 22).

b) Im vorliegenden Fall beträgt der Kostenanteil der Montageverpflichtung zum Gesamtpreis laut Anlage K 1 16,6 %. Es ist für den Senat nicht ersichtlich, inwiefern dies eine Schwerpunktbildung bei der Montage darstellen soll, selbst wenn man den vom Erstgericht unangegriffen festgestellten (aber bestrittenen) Sachvortrag des Klägers zu umfangreichen Installationsarbeiten des Beklagten als richtig unterstellt.

2. Selbst bei Vorliegen eines Werkvertrages läge kein Bauwerk im Sinne des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. vor, weshalb auch insoweit nur eine zweijährige Verjährungsfrist (§ 634 a Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F.) gegeben wäre (und auch eine fünfjährige Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. nicht in Betracht kommt):

a) Das Werk stellt dann ein Bauwerk dar, wenn es in der Errichtung oder der grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes oder eines anderen Bauwerks besteht, wobei unter grundlegender Erneuerung Arbeiten zu verstehen sind, die insgesamt einer ganzen oder teilweisen Neuerrichtung gleich zu achten sind. Erfasst sind auch Umbauarbeiten an einem bereits errichteten Bauwerk, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und wenn die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden werden. Für die Zuordnung einer Werkleistung zu den Arbeiten bei Bauwerken ist neben der Bestimmung zur dauernden Nutzung die für Bauwerke typische Risikolage entscheidend, welche der Grund für die längere Verjährungsfrist ist. In den Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuch ist als Begründung für die fünfjährige Verjährung angegeben, dass Mängel bei Bauwerken häufig erst spät erkennbar werden, jedoch regelmäßig innerhalb von fünf Jahren auftauchen. Es geht dabei typischerweise um die späte Erkennbarkeit von Mängeln aus Gründen der Verdeckung durch aufeinanderfolgende Arbeiten einerseits sowie der Witterung und Nutzung andererseits (BGH, Urteil vom 02.06.2016, VII ZR 348/13, WM 2016, 1806, 1808, Randziffer 19). Der Ausdruck Bauwerk beschreibt dabei nach der Auslegung, die er durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 638 Abs. 1 BGB a.F. erfahren hat, nicht nur die Ausführung des Baus als Ganzem, sondern auch die Herstellung der einzelnen Bauteile und Bauglieder, und zwar unabhängig davon, ob sie äußerlich als hervortretende, körperlich abgesetzte Teile in Erscheinung treten. Daraus folgt, dass eine Kaufsache aus verschiedenen Gründen als für ein Bauwerk verwendet angesehen werden kann, nämlich dann, wenn sie selbst als Bauwerk einzustufen ist, oder wenn sie Bauteil oder Bauglied einer Sache ist, die ihrerseits die Kriterien eines Bauwerks erfüllt, und schließlich, wenn die Sache, deren Teil oder Glied die Kaufsache ist, zwar selbst kein Bauwerk ist, jedoch ihrerseits Bauteil oder Bauglied eines Bauwerks ist (BGH, Urteil vom 24.02.2016, VIII ZR 38/15, NJW 2016, 2645, 2648 f., Randziffer 45).

b) Hier muss zunächst beachtet werden, dass die Rechtsprechung zu § 638 Abs. 1 BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung nicht mehr uneingeschränkt herangezogen werden kann, da diese Vorschrift auch Arbeiten bei Bauwerken einschließt, was bei § 634 a Abs. 1 Nr. 2 und § 438 Abs. 1 Nr. 2 a BGB jeweils in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung nicht mehr ohne Weiteres der Fall ist.

c) Selbständiges Bauwerk ist die Einbauküche nach obigen Grundsätzen nicht.

d) Sie ist aber auch kein Bauteil oder Bauglied eines Bauwerks: Die Einbauküche mag über Wasserzulaufleitungen, Abwasserrohr, Elektroanschlüsse (hier schon nicht zwingend) und gegebenenfalls über Zierleisten fest mit dem Mauerwerk des Anwesens des Klägers verbunden sein. Sie kann aber ohne großen Aufwand von diesem wieder getrennt werden, so dass es an einem Bauglied des Anwesens des Klägers fehlt. Ferner treten typische Fehler kaum erst, wie bei Bauwerken, nach 5 Jahren auf (je nach Nutzungsintensität unterliegt eine Küche innerhalb von 5 Jahren im Wesentlichen einem nicht unbeträchtlichen Verschleiß).

3. Dem steht das Urteil des BGH vom 15.02.1990 (VII ZR 175/89, WM 1990, 996) nicht entgegen, da § 651 BGB in der seit 01.01.2002 geltenden Fassung einen anderen Regelungsbereich umfasst als die bis 31.12.2001 geltende Vorgängervorschrift (vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2009, VII ZR 151/08, WM 2009, 1901, 1902, Randziffer 15).

4. Damit sind etwaige Gewährleistungsansprüche an der spätestens 2013 eingebrachten Arbeitsplatte bei Klageeingang am 11.04.2017 längst verjährt gewesen (§ 214 Abs. 1 BGB).

Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Beschluss, 15. Feb. 2018 - 17 U 116/18

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 214 Wirkung der Verjährung


(1) Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern. (2) Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden i

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 638 Minderung


(1) Statt zurückzutreten, kann der Besteller die Vergütung durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung. (2) Sind auf der Seite des Bestellers oder auf der Seite des Unterne
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 438 Verjährung der Mängelansprüche


(1) Die in § 437 Nr. 1 und 3 bezeichneten Ansprüche verjähren1.in 30 Jahren, wenn der Mangela)in einem dinglichen Recht eines Dritten, auf Grund dessen Herausgabe der Kaufsache verlangt werden kann, oderb)in einem sonstigen Recht, das im Grundbuch ei

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Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juli 2016 - VIII ZR 49/15

bei uns veröffentlicht am 13.07.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 49/15 Verkündet am: 13. Juli 2016 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 437 Nr. 2, § 32

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Juni 2016 - VII ZR 348/13

bei uns veröffentlicht am 02.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 348/13 Verkündet am: 2. Juni 2016 Boppel, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Feb. 2016 - VIII ZR 38/15

bei uns veröffentlicht am 24.02.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 38/15 Verkündet am: 24. Februar 2016 Ermel Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Referenzen

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 348/13 Verkündet am:
2. Juni 2016
Boppel,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die (lange) Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB von fünf Jahren für
Arbeiten bei Bauwerken findet für die nachträgliche Errichtung einer Photovoltaikanlage
auf dem Dach einer Tennishalle Anwendung, wenn die Photovoltaikanlage
zur dauernden Nutzung fest eingebaut wird, der Einbau eine grundlegende
Erneuerung der Tennishalle darstellt, die einer Neuerrichtung gleich zu achten
ist, und die Photovoltaikanlage der Tennishalle dient, indem sie eine Funktion
für diese erfüllt.
ECLI:DE:BGH:2016:020616UVIIZR348.13.0

Eine auf dem Dach einer Tennishalle nachträglich errichtete Photovoltaikanlage erfüllt eine Funktion für die Tennishalle, wenn die Tennishalle aufgrund einer Funktionserweiterung zusätzlich Trägerobjekt einer Photovoltaikanlage sein soll. Unerheblich ist, dass die Photovoltaikanlage der Stromversorgung der Tennishalle nicht dient (Fortführung von BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - VII ZR 287/95, BauR 1997, 1018; Abweichung von BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12, NJW 2014, 845 = NZBau 2014, 558). BGH, Urteil vom 2. Juni 2016 - VII ZR 348/13 - OLG München LG Passau
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier, Dr. Kartzke und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Wimmer
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. Dezember 2013 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin betreibt auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück in N. eine Tennishalle. Sie beauftragte 2004 die Beklagte mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Tennishalle. Die Beklagte führte die Arbeiten aus, stellte den vereinbarten Betrag von 286.461,12 € unter dem 29. Mai 2004 in Rechnung und erhielt diesen von der Klägerin bezahlt.
2
Die Photovoltaikanlage besteht unter anderem aus 335 gerahmten Modulen. Jedes Modul ist 1237 mm lang, 1082 mm breit, 38 mm hoch und hat ein Gewicht von 18 kg. Um die Module auf dem Dach anzubringen, errichtete die Beklagte eine Unterkonstruktion, die mit dem Dach fest verbunden wurde. Un- terkonstruktion und Module waren so anzubringen, dass die Statik des Dachs durch das Eigengewicht der Anlage nicht beeinträchtigt wird und die Anlage sturmsicher ist. Zudem mussten die Montageelemente dauerhaft regendicht in die bestehende Dachdeckung eingefügt sein. Die Beklagte verkabelte die Module mit insgesamt ca. 500 m Kabeln, unter anderem um die Module mit im Innern der Halle angebrachten Wechselrichtern zu verbinden. Hierfür legte die Beklagte Kabelkanäle in das Innere der Halle. Die dafür notwendige Durchdringung des Dachs bzw. der Gebäudeaußenhaut musste dauerhaft witterungsbeständig und dicht sein. Von den Wechselrichtern legte die Beklagte Stromleitungen zu einem außerhalb der Halle befindlichen Zählerverteilungskasten. Hierfür waren Grabungsarbeiten in erheblichem Umfang notwendig. Ebenfalls im Innern der Halle errichtete die Beklagte eine Kontroll- und Steuerungsanlage , die sie mit den Wechselrichtern und den Modulen verkabelte und programmierte.
3
Mit Schreiben von April 2005 rügte die Klägerin die zu geringe Leistung der Anlage. Dazu erklärte der Geschäftsführer der Beklagten, man müsse die Anlage noch zwei Jahre beobachten und danach die Ursache einer eventuellen Minderleistung feststellen. Damit war die Klägerin einverstanden und wandte sich mit Schreiben vom 9. Oktober 2007 erneut an die Beklagte. Im Mai 2010 beantragte die Klägerin wegen einer Minderleistung der Anlage die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. Der Sachverständige erstellte im April 2011 sein Ergänzungsgutachten, zu dem die Parteien keine Fragen mehr einreichten.
4
Im Juli 2011 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie auf der Grundlage einer Minderung von 25 % der Nettovergütung die Rückzahlung von 71.615,28 € begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Beru- fung der Klägerin hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.

I.

6
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in BauR 2014, 720 = NZBau 2014, 177 veröffentlicht ist, führt im Wesentlichen aus:
7
Die Errichtung der Photovoltaikanlage sei vorliegend nach Werkvertragsrecht zu beurteilen. Die Beklagte habe nicht nur einzelne Teile liefern, sondern diese zu einer individuell dimensionierten Anlage zusammenfügen und funktionsfähig auf und in der Tennishalle der Klägerin einbauen sollen.
8
Die von der Beklagten errichtete Anlage sei mangelhaft. Dies folge aus dem ergänzenden Gutachten des Sachverständigen vom 17. Juni 2013. Danach sei davon auszugehen, dass sämtliche 335 Module ein markant reduziertes Leistungsbild aufwiesen, was einen Minderungsbetrag von zumindest 25 % rechtfertige.
9
Der Anspruch sei nicht verjährt. Bei der geschuldeten Photovoltaikanlage handele es sich um ein Bauwerk, so dass Mängelrechte in einer Frist von fünf Jahren ab der Abnahme im Mai 2004 verjährten. Diese Frist sei durch die Verhandlungen der Parteien von April 2005 bis Dezember 2007 und die Klageerhebung im Juli 2011 gehemmt.

II.

10
Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
11
1. Das Vertragsverhältnis der Parteien ist als Werkvertrag (§ 631BGB) und nicht als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung (§§ 651, 434 Abs. 2 BGB) zu qualifizieren. Die Beklagte schuldete die Herstellung einer funktionstauglichen Photovoltaikanlage auf dem Dach der Tennishalle unter Beachtung ihrer Tragfähigkeit. Die Verpflichtungen der Beklagten zur Durchführung aufwendiger , handwerklicher Installations- und Anpassungsarbeiten an der Tennishalle geben dem Vertrag die maßgebliche Prägung (vgl. BGH, Urteile vom 7. März 2013 - VII ZR 162/12, BauR 2013, 946 Rn. 18 = NZBau 2013, 297; vom 22. Dezember 2005 - VII ZR 183/04, BGHZ 165, 326, 328, juris Rn. 11 ff.; Rudolph, BauR 2012, 557, 567 ff.).
12
2. In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht festgestellt, dass sämtliche Module der Photovoltaikanlage ein reduziertes Leistungsbild aufweisen und deshalb mangelhaft sind.
13
a) Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten; das Revisionsgericht kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkge- setze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 14. Mai 2014 - VII ZR 334/12, BauR 2014, 1303 Rn. 16 = NZBau 2014, 494).
14
Solche Fehler liegen nicht vor.
15
b) Entgegen der Rüge der Revision hat das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, die Module seien durch den später erfolgten Einbau und den Betrieb der Schneeräumanlage beschädigt worden, nicht außer Acht gelassen. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag vielmehr zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht und festgestellt, dass eine entsprechende Schädigung nicht vorgelegen hat.
16
c) Die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht hätte nicht von elf defekten Modulen auf die Mangelhaftigkeit aller Module schließen dürfen, ist ebenfalls unbegründet. Das Berufungsgericht hat aufgrund der insgesamt stark reduzierten Leistungsfähigkeit der Anlage und des Ergebnisses der Untersuchung von elf Modulen entsprechend den sachverständigen Ausführungen auf die Mangelhaftigkeit aller Module geschlossen. Das verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze.
17
3. Das Berufungsgericht hat einen Minderwert in Höhe von 25 % der Nettovergütung festgesetzt. Das nimmt die Revision hin; Rechtsfehler sind nicht erkennbar.
18
4. Die Minderung ist nicht nach § 634a Abs. 5, § 218 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Nach diesen Vorschriften ist die Minderung unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich hierauf beruft. Der Anspruch der Klägerin auf Nacherfüllung verjährt nach § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB in fünf Jahren, da die Werkleistungen der Beklagten an der Tennishalle der Klägerin, und damit für ein Bauwerk erbracht wurden.
19
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 638 Abs. 1 BGB a.F. gilt die fünfjährige Verjährung "bei Bauwerken", wenn das Werk in der Errichtung oder der grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes oder eines anderen Bauwerks besteht, wobei unter grundlegender Erneuerung Arbeiten zu verstehen sind, die insgesamt einer ganzen oder teilweisen Neuerrichtung gleich zu achten sind. Erfasst sind auch Umbauarbeiten an einem bereits errichteten Bauwerk, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und wenn die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden werden. Für die Zuordnung einer Werkleistung zu den Arbeiten bei Bauwerken ist neben der Bestimmung zur dauernden Nutzung die für Bauwerke typische Risikolage entscheidend, welche der Grund für die längere Verjährungsfrist ist. In den Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuch ist als Begründung für die fünfjährige Verjährung angegeben , dass Mängel bei Bauwerken häufig erst spät erkennbar werden, jedoch regelmäßig innerhalb von fünf Jahren auftauchen (Motive II 489). Es geht dabei typischerweise um die späte Erkennbarkeit von Mängeln aus Gründen der Verdeckung durch aufeinanderfolgende Arbeiten einerseits sowie der Witterung und Nutzung andererseits (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - VII ZR 182/10, BauR 2013, 596 Rn. 17 f. m.w.N. = NZBau 2013, 161; BT-Drucks. 14/6040, S. 227).
20
Die Installation einer technischen Anlage zählt zu diesen Arbeiten, wenn die Anlage nicht bloß in dem Gebäude untergebracht wird, sondern der Errichtung oder der grundlegenden Erneuerung des Gebäudes dient, in das sie ein- gefügt wird (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - VII ZR 287/95, BauR 1997, 1018, 1019, juris Rn. 8 = NJW-RR 1998, 89).
21
Diese Rechtsprechung gilt unter Anwendung des durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I 3138) mit Wirkung zum 1. Januar 2002 eingeführten § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB fort (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 227, 263).
22
b) aa) Die von der Beklagten gelieferte Photovoltaikanlage wurde nicht nur aufgestellt, sondern auf und in der Tennishalle zur dauernden Nutzung fest eingebaut (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1998 - VII ZR 109/97, BauR 1999, 670, 671, juris Rn. 11 ff.). Durch die Vielzahl der verbauten Komponenten ist die Photovoltaikanlage so mit der Tennishalle verbunden, dass eine Trennung von dem Gebäude nur mit einem erheblichen Aufwand möglich ist. Ob die Photovoltaikanlage damit ein wesentlicher Bestandteil des Gebäudes wurde (§ 94 Abs. 2 BGB), ist ohne Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - VII ZR 182/10, BauR 2013, 596 Rn. 20 = NZBau 2013, 161).
23
bb) Der Einbau der Photovoltaikanlage stellt eine grundlegende Erneuerung der Tennishalle dar, die insgesamt einer ganzen oder teilweisen Neuerrichtung gleich zu achten ist. Das folgt aus den erheblichen Eingriffen in das Dach und in die Gebäudeaußenhaut, die notwendig waren, um die Photovoltaikanlage windsicher einzubauen sowie die Witterungsbeständigkeit und Statik des Gebäudes zu sichern. Durch die Vielzahl der Eingriffe in die Gebäudesubstanz , die schwere Erkennbarkeit von Mängeln durch aufeinander abgestimmte Arbeiten und die der Witterung ausgesetzte Nutzung liegt die typische Risikolage vor, die den Gesetzgeber veranlasst hat, für Arbeiten bei einem Bauwerk eine Verjährungsfrist von fünf Jahren vorzusehen.
24
cc) Schließlich dient der Einbau der Photovoltaikanlage der Tennishalle.
25
Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn die technische Anlage nicht nur in dem Gebäude untergebracht ist, sondern für dieses eine Funktion erfüllt. Das hat der Senat für den Fall einer Abwasser-Kreislaufanlage verneint, die zwar im Rahmen der Errichtung eines Gebäudes fest installiert worden war, jedoch nur den Zweck hatte, Abwässer eines anderen Gebäudes aufzubereiten (BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - VII ZR 287/95, BauR 1997, 1018, 1019, juris Rn. 8 ff. = NJW-RR 1998, 89).
26
Auf dieser Grundlage hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass eine auf einer Scheune angebrachte Photovoltaikanlage nicht dem Zweck der Scheune diene. Die Solaranlage diene vielmehr dem eigenen Zweck der Stromerzeugung. Sie sei deshalb für Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit der Scheune nicht von (wesentlicher) Bedeutung (Urteil vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12, NJW 2014, 845 Rn. 21 = NZBau 2014, 558).
27
Diese Auffassung teilt der erkennende Senat nicht. Zwar entspricht es der Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass bei der Errichtung eines Gebäudes eine eingebaute technische Anlage der Funktion des Gebäudes dienen muss, damit die lange Verjährungsfrist für Arbeiten bei Bauwerken Anwendung findet. Der Senat hat indes bereits entschieden, dass es zur Beantwortung der Frage, ob Arbeiten der grundlegenden Erneuerung dienen, nicht darauf ankommt , ob das Bauwerk auch ohne die Arbeiten funktionstüchtig geblieben wäre (Urteil vom 3. Dezember 1998 - VII ZR 109/97, BauR 1999, 670, 671, juris Rn. 11). Entscheidend ist vielmehr der Vergleich mit der Neuerrichtung. Es kommt daher darauf an, ob der Einbau einer Photovoltaikanlage, wie sie die Beklagte schuldete, bei der Neuerrichtung eines Gebäudes als Arbeiten bei einem Bauwerk zu qualifizieren ist. Das ist zu bejahen, da das Gebäude, unab- hängig von seinen sonstigen Zwecken, jedenfalls auch dazu gedient hätte, Trägerobjekt für eine Photovoltaikanlage zu sein. Nichts anderes gilt für die grundlegende Erneuerung eines Gebäudes, die auf einer (teilweisen) Veränderung oder Erweiterung der Funktion beruht. Wenn nunmehr die Tennishalle der Klägerin auch dazu dienen sollte, Trägerobjekt einer Photovoltaikanlage zu sein, lag darin eine Funktionserweiterung, die, unter Beachtung der übrigen Voraussetzungen , dazu führt, die lange Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB anzuwenden (so auch Grabe, BauR 2015, 1, 4). Unerheblich ist, dass die Photovoltaikanlage der Stromversorgung der Tennishalle nicht dient.
28
c) Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass eine Photovoltaikanlage zudem selbst als Bauwerk zu qualifizieren sein kann.
29
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats können technische Anlagen selbst als Bauwerk angesehen werden. Das setzt voraus, dass die technische Anlage mit dem Erdboden unmittelbar oder mittelbar über ein Gebäude fest verbunden ist, ohne dass es sich um wesentliche Bestandteile (§§ 93, 94 BGB) handeln muss. Es genügt eine Verbindung der Anlage mit dem Erdboden oder dem Gebäude allein durch ihr Gewicht, so dass eine Trennung nur mit einem größeren Aufwand möglich ist. Schließlich muss eine dauernde Nutzung der technischen Anlage beabsichtigt sein. Für die Beurteilung dieser Voraussetzungen ist entscheidend darauf abzustellen, ob Vertragszweck die Erstellung einer größeren ortsfesten Anlage mit den spezifischen Bauwerksrisiken ist, die der gesetzlichen Regelung zur langen Verjährungsfrist zugrunde liegen (vgl. BGH, Urteile vom 3. Dezember 1998 - VII ZR 109/97, BauR 1999, 670, 671, juris Rn. 15 ff.; vom 20. Februar 1997 - VII ZR 288/94, BauR 1997, 640, 641, juris Rn. 12).
30
Soweit der VIII. Zivilsenat ausgeführt hat, die auf dem Dach einer Scheune angebrachte Photovoltaikanlage sei mangels Verbindung mit dem Erdboden selbst kein Bauwerk (Urteil vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12, NJW 2014, 845 Rn. 21 = NZBau 2014, 558), entspricht dies nicht der Rechtsprechung des erkennenden Senats. Dieser hat entschieden, dass mit einem Gebäude fest verbundene technische Anlagen ein Bauwerk darstellen können (für eine Elektro-Hängebahn in einer Werkhalle: Urteil vom 20. Februar 1997 - VII ZR 288/94, BauR 1997, 640, 641, juris Rn. 12).
31
d) Wegen der unterschiedlichen Rechtsausführungen des VIII. Zivilsenats und des erkennenden Senats zur Funktion einer Photovoltaikanlage für ein errichtetes Gebäude bedarf es nicht der Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen , § 132 Abs. 2 GVG.
32
Einer Vorlage bedarf es nur, wenn die Beantwortung der Rechtsfrage sowohl für die abweichende Vorentscheidung als auch für die beabsichtigte Entscheidung ergebnisrelevant und deshalb erheblich ist (ständige Rechtsprechung , siehe nur BGH, Beschluss vom 17. März 2015 - GSSt 1/14, NJW 2015, 3800 Rn. 15).
33
Diese Voraussetzung liegt nicht vor. Der VIII. Zivilsenat hat in seiner Entscheidung vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12 (aaO Rn. 1) zum Sachverhalt Folgendes ausgeführt:
34
"Der Landwirt S. kaufte am 22. April 2004 von der Klägerin sämtliche Komponenten (Einzelteile) einer Photovoltaikanlage. Vertragsgegenstand war nur die Lieferung der Teile, die die Klägerin ihrerseits im April 2004 bei der Beklagten erwarb und noch im April 2004 direkt von der Beklagten an den Land- wirt S. liefern ließ, der sie in der Folgezeit auf dem vorhandenen Dach einer auf seinem Grundstück stehenden Scheune montierte."
35
Nach diesem Sachverhalt ist die Bauwerkseigenschaft bereits zu verneinen , weil es an einer hinreichend festen Verbindung der dort zur Beurteilung stehenden Photovoltaikanlage mit dem Gebäude fehlte und der Einbau der Photovoltaikanlage keine grundlegende Erneuerung der Scheune darstellte.

III.

36
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eick Halfmeier Kartzke Jurgeleit Wimmer

Vorinstanzen:
LG Passau, Entscheidung vom 03.01.2012 - 3 O 527/11 -
OLG München, Entscheidung vom 10.12.2013 - 9 U 543/12 Bau -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 49/15
Verkündet am:
13. Juli 2016
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Bei der Beurteilung, ob eine vom Käufer zur Nacherfüllung bestimmte Frist angemessen
ist, ist - in den Grenzen des § 475 Abs. 1 BGB - in erster Linie eine Vereinbarung
der Parteien maßgeblich (Fortführung von BGH, Urteil vom 6. Februar 1954
- II ZR 176/53, BGHZ 12, 267, 269 f.). Dabei darf der Käufer eine vom Verkäufer
selbst angegebene Frist als angemessen ansehen, auch wenn sie objektiv zu kurz
ist.

b) Für eine Fristsetzung zur Nacherfüllung gemäß § 323 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB
genügt es, wenn der Gläubiger durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher
oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare Formulierungen - hier ein Verlangen
nach schneller Behebung gerügter Mängel - deutlich macht, dass dem
Schuldner für die Erfüllung nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung
steht. Der Angabe eines bestimmten Zeitraums oder eines bestimmten (End
)Termins bedarf es nicht (Fortführung von BGH, Urteile vom 12. August 2009 - VIII
ZR 254/08, NJW 2009, 3153; vom 18. März 2015
- VIII ZR 176/14, NJW 2015, 2564). Ergibt sich dabei aus den Gesamtumständen,
ECLI:DE:BGH:2016:130716UVIIIZR49.15.0

dass ein ernsthaftes Nacherfüllungsverlangen vorliegt, schadet es nicht, dass dieses in höfliche Form einer "Bitte" gekleidet ist. BGB § 440 Satz 1 Alt. 3 Für die Beurteilung, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Zuverlässigkeit des Verkäufers oder der Umstand, dass der Verkäufer bereits bei dem ersten Erfüllungsversuch , also bei Übergabe, einen erheblichen Mangel an fachlicher Kompetenz hat erkennen lassen und das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig gestört ist (Bestätigung von BGH, Urteil vom 15. April 2015 - VIII ZR 80/14, NJW 2015, 1669). BGH, Urteil vom 13. Juli 2016 - VIII ZR 49/15 - OLG München LG München I Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterinnen Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Kosziol

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. September 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, die ein Küchenstudio betreibt, Rückzahlung des Kaufpreises für eine Einbauküche und Schadensersatz.
2
Die Klägerin erwarb für ihren Haushalt mit Vertrag vom 26. September 2008 von der Beklagten eine Einbauküche zum Gesamtpreis von 82.913,24 € brutto. Nachdem die Klägerin 74.713 € entrichtet hatte, baute die Beklagte die Küche in der Zeit vom 16. bis zum 19. Januar 2009 ein.
3
Der Ehemann der Klägerin beanstandete in einem Gespräch mit dem Inhaber der Beklagten am 29. Januar oder 2. Februar 2009, die Einbauküche sei in mehrerer Hinsicht mangelhaft. Die Klägerin behauptet, ihr Ehemann habe "unverzügliche" Beseitigung der gerügten Mängel verlangt.
4
Mit einer E-Mail vom 16. Februar 2009, die zur Vorbereitung auf ein wenige Tage später vorgesehenes Gespräch mit dem Inhaber der Beklagten diente , bezeichnete die Klägerin zahlreiche Mängel der Einbauküche, die sich im Gebrauch zusätzlich bemerkbar gemacht hätten, und äußerte die Bitte um "schnelle Behebung."
5
Mit Schreiben vom 11. März 2009 listete die Klägerin alle ihr bekannten Mängel auf und verlangte, diese bis zum 27. März 2009 zu beheben. Die Klägerin behauptet, der Inhaber der Beklagten habe in einem Telefonat vom 16. März 2009 zugesagt, die Küche werde bis zum 23. März 2009 "fix und fertig" gestellt.
6
In einer Besprechung vom 24. März 2009 erklärte der Inhaber der Beklagten seine Bereitschaft zur Mängelbeseitigung bis zum 20. April 2009. Mit anwaltlichem E-Mail-Schreiben vom 24. März 2009 lehnte die Klägerin eine Verlängerung der von ihr bis zum 27. März 2009 gesetzten Frist ab; weiteres Zuwarten komme wegen erschöpften Vertrauens nicht in Betracht. Mit Anwaltsschreiben vom 31. März 2009 erklärte sie den Rücktritt vom Vertrag.
7
In einem von der Klägerin eingeleiteten selbstständigen Beweisverfahren (34 OH 7813/08 - AG München) kam der beauftragte Sachverständige in seinem Gutachten vom 28. Juli 2009 zu dem Befund, die wichtigsten Bereiche der Küche funktionierten nicht oder nur bedingt; eine befriedigende Lösung könne nur durch deren Abbruch und Einbau einer neuen Küche gefunden werden. Nachdem die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 5. September 2009 vergeblich zum Ausbau der Küche aufgefordert hatte, nahm die Klägerin diesen im September 2012 selbst vor und ließ die Küche anschließend einlagern.
8
Die Klägerin verlangt Rückzahlung des Kaufpreises in dem von ihr ent- richteten Umfang (74.713 €), Feststellung des Annahmeverzuges sowie Kostenerstattung für den Ausbau und die Einlagerung der Küche (2.338,45 € und weitere 2.880 €) und für ein anlässlich des Ausbaus der Küche eingeholtes Pri- vatgutachten vom 8. Oktober 2012 (9.841,28 €), jeweils nebst Zinsen; ferner verlangt sie Freistellung von weiteren Kosten, die aus Anlass der Küchenein- richtung entstanden seien (3.930,44 €).
9
Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


10
Die Revision hat Erfolg.

I.


11
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
12
Die Klägerin könne nicht Rückzahlung des Kaufpreises verlangen (§ 437 Nr. 2, §§ 440, 323 Abs. 1 BGB), denn sie sei vom Vertrag, der wegen der untergeordneten Montageleistungen nach den Bestimmungen des Kaufrechts zu beurteilen sei (§ 651 Satz 1 BGB), nicht wirksam zurückgetreten.
13
Der mit Anwaltsschreiben vom 31. März 2009 erklärte Rücktritt sei unwirksam , weil die Klägerin der Beklagten hinsichtlich der zuvor gerügten Mängel - das Bestehen solcher Mängel unterstellt - keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe. Die mit Schreiben der Klägerin vom 11. März 2009 bis zum 27. März 2009 bestimmte Frist sei zu kurz bemessen gewesen. Zwar habe die Klägerin geltend gemacht, anlässlich der Termine in ihrem Haus am 29. Januar und 2. Februar 2009 seien schriftlich festgehaltene Mängel moniert worden. Dies gebiete jedoch keine andere Beurteilung, weil - wie bereits das Landgericht überzeugend ausgeführt habe - mit der (behaupteten) Forderung nach unverzüglicher Mängelbeseitigung keine angemessene Frist zur Nachbesserung gesetzt worden sei.
14
Entsprechendes gelte für das Schreiben der Klägerin vom 16. Februar 2009. Zwar habe sie eine Vielzahl von Mängeln gerügt, jedoch lediglich eine Bitte um Behebung geäußert, ohne der Beklagten eine Frist zu setzen.
15
Es sei der Klägerin nicht gemäß § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB unzumutbar gewesen, Nacherfüllung unter angemessener Fristsetzung zu verlangen. Auch aus den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen - deren Richtigkeit unterstellt -, wonach die Küche unbrauchbar und eine Mängelbeseitigung nur durch ihren Abbau zu erreichen sei, folge nicht, dass der Beklagten keine angemessene Frist zur Nachbesserung zu setzen gewesen sei.
16
Eine andere Beurteilung ergebe sich nicht aus der Behauptung der Klägerin , der Inhaber der Beklagten habe am 16. März 2009 telefonisch mitgeteilt, die Küche werde bis zum 23. März 2009 fertiggestellt. § 323 Abs. 1 BGB erfordere , wie bereits das Landgericht ausgeführt habe, das Setzen einer angemessenen Frist. Zudem habe sich der Inhaber der Beklagten am 24. März 2009 unstreitig bereit erklärt, Mängel bis zum 20. April 2009 zu beheben. Zwar habe die Klägerin geltend gemacht, die mit Schreiben vom 11. März 2009 bis zum 27. März 2009 gesetzte Frist sei im Hinblick auf die hochpreisige Küche nicht zu kurz gewesen. Ein hoher Kaufpreis entbinde den Käufer jedoch nicht von der Pflicht, dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung zu setzen.
17
Das Landgericht habe für die Mängelbeseitigung zutreffend eine Frist von vier bis sechs Wochen als angemessen erachtet. Ein Zuwarten von bis zu sechs Wochen sei der Klägerin nicht unzumutbar gewesen; trotz der nicht uneingeschränkten Nutzbarkeit hätten in der Küche Mahlzeiten zubereitet werden können.
18
Es sei auch kein Sachverhalt gegeben, bei dem das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Schuldners entfallen wäre. Die Klägerin habe nicht davon ausgehen dürfen, dass die Küche selbst bei Nacherfüllung auch zukünftig nicht über längere Zeit mangelfrei sein werde. Eine ungewöhnliche Häufung von Verstößen gegen anerkannte Regeln der Technik sei zur Zeit der Rücktrittserklärung am 31. März 2009 nicht ersichtlich gewesen.
19
Mangels wirksamer Fristsetzung bestünden auch keine Schadensersatzansprüche gemäß § 437 Nr. 3, § 281 BGB. Die Klägerin könne schließlich auch keinen Schadensersatz für die aufgewendeten Kosten des Privatgutachtens verlangen. Sie habe diese Kosten nicht für erforderlich halten dürfen, weil der Rücktritt vom Vertrag nicht wirksam gewesen sei (§ 249 BGB).

II.

20
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
21
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können der Klägerin die von ihr geltend gemachten Ansprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises wegen einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung (§ 651 Satz 1, § 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1, § 323 Abs. 1 Alt. 2, § 346 Abs. 1, § 348 BGB) und auf Schadensersatz statt der Leistung wegen einer nicht wie geschuldet erbrachten Leistung (§ 651 Satz 1, § 437 Nr. 3, § 434 Abs. 1, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB) nicht versagt werden.
22
1. Im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings darauf abgestellt, dass auf die Vereinbarung der Parteien über die Lieferung der Einbauküche die Vorschriften über den Kauf Anwendung finden (§ 651 Satz 1 BGB). Nach der nicht angegriffenen Würdigung des Berufungsgerichts sind die vereinbarten Montageleistungen, auf die unstreitig ein Anteil am Gesamtkauf- preis in Höhe von 3.860 € netto entfällt, von untergeordneter Bedeutung und bilden nicht den Schwerpunkt des Vertrages (vgl. Senatsurteil vom 3. März 2004 - VIII ZR 76/03, NJW-RR 2004, 850 unter II 1; Senatsbeschluss vom 16. April 2013 - VIII ZR 375/11, juris Rn. 6 ff. mwN; siehe auch BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 162/12, NJW 2013, 1431 Rn. 18).
23
2. Das Berufungsgericht hat, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig , keine Feststellungen zu Sachmängeln der Einbauküche getroffen. Nach dem im Revisionsverfahren - insbesondere durch Bezugnahme auf das im selbständigen Beweisverfahren eingeholte Sachverständigengutachten sowie das ergänzende, anlässlich des Ausbaus der Küche erstellte Privatgutachten - zugrunde zu legenden Vorbringen der Klägerin ist daher davon auszugehen, dass die von der Beklagten gelieferte und montierte Einbauküche behebbare Sachmängel aufwies (§ 434 Abs. 1 BGB).
24
3. Die behaupteten Sachmängel unterstellt, hat das Berufungsgericht den am 31. März 2009 erklärten Rücktritt rechtsfehlerhaft als unwirksam angesehen und das Schadensersatzverlangen zurückgewiesen, weil die Klägerin der Beklagten zuvor keine angemessene Frist zur Nachbesserung bestimmt habe.
25
Nach der Rechtsprechung des Senats genügt es im Hinblick auf den Wortlaut der § 323 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB sowie den Sinn und Zweck der Fristsetzung zur Nacherfüllung, wenn der Gläubiger durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare Formulierungen deutlich macht, dass dem Schuldner für die Erfüllung nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung steht. Der Angabe eines bestimmten Zeitraums oder eines bestimmten (End-)Termins bedarf es nicht (Senatsurteil vom 12. August 2009 - VIII ZR 254/08, NJW 2009, 3153 Rn. 10 f. [zu § 281 BGB]). Dies hat der Senat nach Erlass des Berufungsurteils bestätigt (Urteil vom 18. März 2015 - VIII ZR 176/14, NJW 2015, 2564 Rn. 11 [zu § 323 BGB]).
26
a) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht insbesondere das in der E-Mail vom 16. Februar 2009 formulierte Nachbesserungsverlangen mangels Setzung einer entsprechenden Frist rechtsfehlerhaft als unwirksam angesehen.
27
aa) Der Wirksamkeit dieses Nachbesserungsverlangens steht nicht entgegen , dass die Klägerin keinen Zeitraum oder (End-)Termin bestimmt, sondern (nur) eine Bitte um "schnelle Behebung" geäußert hat. Die Klägerin hat auf fünf Seiten zahlreiche näher konkretisierte Mängel der Einbauküche bezeichnet und sodann erklärt: "Ich bitte - sicherlich verständlich - schon jetzt um eine schnelle Behebung der Mängel, damit ich die Küche in ihrer geplanten einwandfreien Funktionsweise auch vollständig in Betrieb nehmen kann." Ein solches, auf "schnelle Behebung" gerichtetes Nachbesserungsverlangen ist einer Aufforderung , innerhalb "angemessener Frist", "unverzüglich" oder "umgehend" Abhilfe zu schaffen, vergleichbar, denn auch dadurch wird dem Verkäufer eine zeitliche Grenze gesetzt, die aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalls bestimmbar ist, und ihm vor Augen geführt, dass er die Nachbesserung nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt bewirken darf (siehe Senatsurteil vom 12. August 2009 - VIII ZR 254/08, aaO).
28
bb) Zwar darf der Gläubiger die Ernsthaftigkeit seines Nacherfüllungsverlangens nicht durch Relativierungen wie die Äußerung eines bloßen Wunsches oder einer höflichen Bitte in Zweifel ziehen (Staudinger/Schwarze, Neubearb. 2015, § 323 Rn. B 53; Soergel/Gsell, BGB, 13. Aufl., § 323 Rn. 72; Palandt/ Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 281 Rn. 9). Ein solches Verhalten kann in ent- sprechend gelagerten Ausnahmefällen dazu führen, dass der Schuldner keine Veranlassung hat, mit Rechtsfolgen, wie einem Rücktritt oder Schadensersatzforderungen , zu rechnen (BT-Drucks. 14/6040, S. 185; siehe auch BT-Drucks. 14/7052, S. 185).
29
Feststellungen, die Grundlage einer solchen Würdigung sein könnten, hat das Berufungsgericht jedoch nicht getroffen. An eine dahingehende Auslegung der Erklärung der Klägerin wäre der Senat zudem nicht gebunden, weil das Berufungsgericht wesentliche tatsächliche Umstände außer Acht gelassen hat (vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 2013 - VIII ZR 374/11, NJW 2013, 1365 Rn. 11). Der E-Mail vom 16. Februar 2009 war bereits am 29. Januar/2. Februar 2009 eine (mündliche) Nachbesserungsaufforderung vorausgegangen, deren Ernsthaftigkeit von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen werden konnte. Zudem unterstreicht es die Ernsthaftigkeit des Inhalts der E-Mail vom 16. Februar 2009, dass sie als Gesprächsunterlage für eine wenige Tage später - am 19. Februar 2009 - vorgesehene Unterredung der Parteien dienen sollte. Die Beklagte durfte deshalb nicht annehmen, der fruchtlose Ablauf einer angemessenen Frist bliebe folgenlos.
30
cc) Nach dem Zugang der E-Mail vom 16. Februar 2009 sind bis zum Rücktritt vom 31. März 2009 sechs Wochen verstrichen. Nach der insoweit rechtsfehlerfreien und nicht angegriffenen Beurteilung des Berufungsgerichts handelt es sich dabei um eine angemessene Frist zur Nachbesserung.
31
Es ist unschädlich, dass die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 11. März 2009 eine Frist bis zum 27. März 2009 gesetzt hat. Zwar endete diese Frist - bezogen auf ihren Beginn mit Zugang der E-Mail vom 16. Februar 2009 - vor Ablauf von sechs Wochen. Eine am 11. März 2009 erklärte Verkürzung der ab dem 16. Februar 2009 laufenden Sechs-Wochen-Frist berührt die Wirksamkeit der Fristsetzung jedoch nicht, weil die Klägerin den Rücktritt am 31. März 2009 jedenfalls erst nach Ablauf der (angemessenen) Sechs-Wochen-Frist erklärt hat. Das entspricht der Rechtsprechung, wonach eine zu kurz gesetzte Frist zur Nacherfüllung den Lauf einer angemessenen Frist nicht hindert (vgl. Senatsurteil vom 12. August 2009 - VIII ZR 254/08, aaO Rn. 11; siehe bereits BGH, Urteil vom 21. Juni 1985 - V ZR 134/84, NJW 1985, 2640 unter II 1 a [zu § 326 BGB aF]).
32
dd) Einer Beweiserhebung im Hinblick auf die Wirksamkeit des Nachbesserungsverlangens vom 16. Februar 2009 bedarf es nicht. Anders als es im Berufungsurteil anklingt, kommt auch eine Zurückweisung des Vorbringens in der E-Mail vom 16. Februar 2009 nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht in Betracht, weil nicht streitig geworden ist, dass die Klägerin das darin enthaltene Nachbesserungsverlangen abgegeben hat und die E-Mail zugegangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2008 - GSZ 1/08, BGHZ 177, 212 Rn. 10; Urteil vom 20. Mai 2009 - VIII ZR 247/06, NJW 2009, 2532 Rn. 15 mwN). Daran ändert nichts, dass der unstreitige Vortrag im Hinblick auf Folgefragen - wie hier das Vorliegen der behaupteten Sachmängel der Einbauküche - eine Beweisaufnahme erfordert (vgl. BGH, Urteile vom 18. November 2004 - IX ZR 229/03, BGHZ 161, 138, 144 f.; vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 135/07, NJW 2009, 685 Rn. 22; Beschluss vom 13. Januar 2015 - VI ZR 551/13, juris Rn. 5).
33
b) Unabhängig davon sind bereits die der E-Mail vom 16. Februar 2009 vorausgegangenen, der Klägerin zuzurechnenden (mündlichen) Mängelrügen ihres Ehemannes vom 29. Januar beziehungsweise 2. Februar 2009 - jedenfalls im Hinblick bei dieser Gelegenheit zur Nachbesserung gestellten Mängel (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - VIII ZR 202/10, NJW 2011, 2872 Rn. 17 mwN) - Grundlage eines tauglichen Nachbesserungsverlangens. Wie die Revision zu Recht rügt, hat das Berufungsgericht auch bei der Beurteilung dieses Nachbesserungsverlangens die Grundsätze der Senatsrechtsprechung verkannt, denn die Klägerin hat im Hinblick auf dieses Nachbesserungsverlangen behauptet und durch das Zeugnis ihres Ehemannes unter Beweis gestellt, dass er "unverzügliche" beziehungsweise "sofortige" Abhilfe verlangt habe.
34
c) Auch die Beurteilung der Nachbesserungsaufforderung vom 11. März 2009 durch das Berufungsgericht ist nicht frei von Rechtsfehlern.
35
Die Klägerin hat dieses Nachbesserungsverlangen mit der Setzung einer Frist bis zum 27. März 2009 verbunden. Zwar ist diese Frist nach objektivem Maßstab - in Anbetracht der vom Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerfrei als angemessen beurteilten Frist zur Nachbesserung von sechs Wochen - zu kurz. Nach der im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden und unter Beweis gestellten Behauptung der Klägerin, habe der Inhaber der Beklagten jedoch in einem Telefonat am 16. März 2009 zugesagt, die Einbauküche werde bis zum 23. März 2009 "fix und fertig" gestellt.
36
Dem hat das Berufungsgericht, wie die Revision zutreffend rügt, zu Unrecht keine Bedeutung zugemessen. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Frist zur Nachbesserung ist - in den Grenzen des § 475 Abs. 1 BGB - in erster Linie eine Vereinbarung der Parteien maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 1954 - II ZR 176/53, BGHZ 12, 267, 269 f.). Dabei darf der Gläubiger eine vom Schuldner selbst vorgeschlagene Frist als angemessen ansehen, auch wenn sie objektiv zu kurz ist (BGH, Urteil vom 18. Januar 1973 - VII ZR 183/70, WM 1973, 1020 unter II 2 a; MünchKommBGB/Ernst, 7. Aufl., § 323 Rn. 71; Staudinger/Schwarze, aaO, § 323 Rn. B 65).
37
4. Nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin spricht schließlich alles dafür, dass die Klägerin gemäß § 440 Satz 1 BGB auch ohne vorherige Fristsetzung zum Rücktritt berechtigt war, weil die ihr zustehende Art der Nacherfüllung unzumutbar war (§ 440 Satz 1 Alt. 3 BGB). Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts ist mit Rechtsfehlern behaftet.
38
Für die Beurteilung, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Zuverlässigkeit des Verkäufers (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 233 f.) oder der Umstand , dass der Verkäufer bereits bei dem ersten Erfüllungsversuch, also bei Übergabe, einen erheblichen Mangel an fachlicher Kompetenz hat erkennen lassen und das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig gestört ist (Senatsurteil vom 15. April 2015 - VIII ZR 80/14, NJW 2015, 1669 Rn. 22 mwN).
39
Der Prüfung anhand dieses Maßstabs hält das Berufungsurteil nicht stand. Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, dass die vorgenannten Voraussetzungen nach dem Vortrag der Klägerin - das Vorliegen der behaupteten Sachmängel unterstellt - zu bejahen sind. Zwar unterliegt die Beurteilung, ob die Nacherfüllung dem Käufer aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles im Sinne von § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB unzumutbar ist, der wertenden Betrachtung durch den Tatrichter und ist für das Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbar (Senatsurteile vom 23. Januar 2013 - VIII ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 24; vom 9. Januar 2008 - VIII ZR 210/06, NJW 2008, 1371 Rn. 15).
Das Berufungsgericht hat jedoch auch insoweit den Tatsachenvortrag der Klägerin unzureichend gewürdigt. Es hat außer Acht gelassen, dass die Klägerin eine ungewöhnliche Häufung grober Montagefehler der Beklagten beim Einbau der Küche beanstandet hat.
40
Darauf weist die Revision - insbesondere unter Bezugnahme auf das im selbständigen Beweisverfahren eingeholte Sachverständigengutachten und den Inhalt des Privatgutachtens - hin. So sei die Arbeitsplatte nicht befestigt, sondern beweglich; durch unkontrollierte Veränderungen der Position könnten Verletzungen verursacht werden. Auch die Küchentheke sei nur so befestigt, dass sie beim Abstützen in Richtung der Stühle umkippen könne. Bei der Kochstelle seien lose Unterleg-Lagerklötze verwendet worden; dies sei nicht zulässig, denn beim Verrutschen von heißen Töpfen oder Pfannen bestehe akute Verletzungsgefahr. Auch der aufklappbare Dunstabzug stelle eine erhebliche Verletzungsgefahr dar. Bei der Ausführung der Unterbauschränke bestehe die Gefahr , sich bei Betätigung der Schubladenfronten die Finger einzuklemmen. Aus der Menge der geltend gemachten Sachmängel sei ergänzend und beispielhaft angeführt, dass das Kochfeld nach dem Sachvortrag der Klägerin nicht verfugt gewesen sei; überkochende Flüssigkeit fließe daher in den Unterschrank. Das Spülbecken sei fehlerhaft konstruiert, so dass bestimmte (niedrigviskose) Flüssigkeiten nicht rückstandsfrei abflössen; es sei daher nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand sauber zu halten.

III.


41
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da das Berufungsgericht Beweis über die behaupteten Sachmängel zu erheben haben wird, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger Kosziol
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 10.03.2014 - 34 O 9440/10 -
OLG München, Entscheidung vom 30.09.2014 - 18 U 1270/14 -

(1) Die in § 437 Nr. 1 und 3 bezeichneten Ansprüche verjähren

1.
in 30 Jahren, wenn der Mangel
a)
in einem dinglichen Recht eines Dritten, auf Grund dessen Herausgabe der Kaufsache verlangt werden kann, oder
b)
in einem sonstigen Recht, das im Grundbuch eingetragen ist,
besteht,
2.
in fünf Jahren
a)
bei einem Bauwerk und
b)
bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat, und
3.
im Übrigen in zwei Jahren.

(2) Die Verjährung beginnt bei Grundstücken mit der Übergabe, im Übrigen mit der Ablieferung der Sache.

(3) Abweichend von Absatz 1 Nr. 2 und 3 und Absatz 2 verjähren die Ansprüche in der regelmäßigen Verjährungsfrist, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 2 tritt die Verjährung jedoch nicht vor Ablauf der dort bestimmten Frist ein.

(4) Für das in § 437 bezeichnete Rücktrittsrecht gilt § 218. Der Käufer kann trotz einer Unwirksamkeit des Rücktritts nach § 218 Abs. 1 die Zahlung des Kaufpreises insoweit verweigern, als er auf Grund des Rücktritts dazu berechtigt sein würde. Macht er von diesem Recht Gebrauch, kann der Verkäufer vom Vertrag zurücktreten.

(5) Auf das in § 437 bezeichnete Minderungsrecht finden § 218 und Absatz 4 Satz 2 entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 348/13 Verkündet am:
2. Juni 2016
Boppel,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die (lange) Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB von fünf Jahren für
Arbeiten bei Bauwerken findet für die nachträgliche Errichtung einer Photovoltaikanlage
auf dem Dach einer Tennishalle Anwendung, wenn die Photovoltaikanlage
zur dauernden Nutzung fest eingebaut wird, der Einbau eine grundlegende
Erneuerung der Tennishalle darstellt, die einer Neuerrichtung gleich zu achten
ist, und die Photovoltaikanlage der Tennishalle dient, indem sie eine Funktion
für diese erfüllt.
ECLI:DE:BGH:2016:020616UVIIZR348.13.0

Eine auf dem Dach einer Tennishalle nachträglich errichtete Photovoltaikanlage erfüllt eine Funktion für die Tennishalle, wenn die Tennishalle aufgrund einer Funktionserweiterung zusätzlich Trägerobjekt einer Photovoltaikanlage sein soll. Unerheblich ist, dass die Photovoltaikanlage der Stromversorgung der Tennishalle nicht dient (Fortführung von BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - VII ZR 287/95, BauR 1997, 1018; Abweichung von BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12, NJW 2014, 845 = NZBau 2014, 558). BGH, Urteil vom 2. Juni 2016 - VII ZR 348/13 - OLG München LG Passau
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier, Dr. Kartzke und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Wimmer
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. Dezember 2013 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin betreibt auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück in N. eine Tennishalle. Sie beauftragte 2004 die Beklagte mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Tennishalle. Die Beklagte führte die Arbeiten aus, stellte den vereinbarten Betrag von 286.461,12 € unter dem 29. Mai 2004 in Rechnung und erhielt diesen von der Klägerin bezahlt.
2
Die Photovoltaikanlage besteht unter anderem aus 335 gerahmten Modulen. Jedes Modul ist 1237 mm lang, 1082 mm breit, 38 mm hoch und hat ein Gewicht von 18 kg. Um die Module auf dem Dach anzubringen, errichtete die Beklagte eine Unterkonstruktion, die mit dem Dach fest verbunden wurde. Un- terkonstruktion und Module waren so anzubringen, dass die Statik des Dachs durch das Eigengewicht der Anlage nicht beeinträchtigt wird und die Anlage sturmsicher ist. Zudem mussten die Montageelemente dauerhaft regendicht in die bestehende Dachdeckung eingefügt sein. Die Beklagte verkabelte die Module mit insgesamt ca. 500 m Kabeln, unter anderem um die Module mit im Innern der Halle angebrachten Wechselrichtern zu verbinden. Hierfür legte die Beklagte Kabelkanäle in das Innere der Halle. Die dafür notwendige Durchdringung des Dachs bzw. der Gebäudeaußenhaut musste dauerhaft witterungsbeständig und dicht sein. Von den Wechselrichtern legte die Beklagte Stromleitungen zu einem außerhalb der Halle befindlichen Zählerverteilungskasten. Hierfür waren Grabungsarbeiten in erheblichem Umfang notwendig. Ebenfalls im Innern der Halle errichtete die Beklagte eine Kontroll- und Steuerungsanlage , die sie mit den Wechselrichtern und den Modulen verkabelte und programmierte.
3
Mit Schreiben von April 2005 rügte die Klägerin die zu geringe Leistung der Anlage. Dazu erklärte der Geschäftsführer der Beklagten, man müsse die Anlage noch zwei Jahre beobachten und danach die Ursache einer eventuellen Minderleistung feststellen. Damit war die Klägerin einverstanden und wandte sich mit Schreiben vom 9. Oktober 2007 erneut an die Beklagte. Im Mai 2010 beantragte die Klägerin wegen einer Minderleistung der Anlage die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. Der Sachverständige erstellte im April 2011 sein Ergänzungsgutachten, zu dem die Parteien keine Fragen mehr einreichten.
4
Im Juli 2011 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie auf der Grundlage einer Minderung von 25 % der Nettovergütung die Rückzahlung von 71.615,28 € begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Beru- fung der Klägerin hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.

I.

6
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in BauR 2014, 720 = NZBau 2014, 177 veröffentlicht ist, führt im Wesentlichen aus:
7
Die Errichtung der Photovoltaikanlage sei vorliegend nach Werkvertragsrecht zu beurteilen. Die Beklagte habe nicht nur einzelne Teile liefern, sondern diese zu einer individuell dimensionierten Anlage zusammenfügen und funktionsfähig auf und in der Tennishalle der Klägerin einbauen sollen.
8
Die von der Beklagten errichtete Anlage sei mangelhaft. Dies folge aus dem ergänzenden Gutachten des Sachverständigen vom 17. Juni 2013. Danach sei davon auszugehen, dass sämtliche 335 Module ein markant reduziertes Leistungsbild aufwiesen, was einen Minderungsbetrag von zumindest 25 % rechtfertige.
9
Der Anspruch sei nicht verjährt. Bei der geschuldeten Photovoltaikanlage handele es sich um ein Bauwerk, so dass Mängelrechte in einer Frist von fünf Jahren ab der Abnahme im Mai 2004 verjährten. Diese Frist sei durch die Verhandlungen der Parteien von April 2005 bis Dezember 2007 und die Klageerhebung im Juli 2011 gehemmt.

II.

10
Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
11
1. Das Vertragsverhältnis der Parteien ist als Werkvertrag (§ 631BGB) und nicht als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung (§§ 651, 434 Abs. 2 BGB) zu qualifizieren. Die Beklagte schuldete die Herstellung einer funktionstauglichen Photovoltaikanlage auf dem Dach der Tennishalle unter Beachtung ihrer Tragfähigkeit. Die Verpflichtungen der Beklagten zur Durchführung aufwendiger , handwerklicher Installations- und Anpassungsarbeiten an der Tennishalle geben dem Vertrag die maßgebliche Prägung (vgl. BGH, Urteile vom 7. März 2013 - VII ZR 162/12, BauR 2013, 946 Rn. 18 = NZBau 2013, 297; vom 22. Dezember 2005 - VII ZR 183/04, BGHZ 165, 326, 328, juris Rn. 11 ff.; Rudolph, BauR 2012, 557, 567 ff.).
12
2. In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht festgestellt, dass sämtliche Module der Photovoltaikanlage ein reduziertes Leistungsbild aufweisen und deshalb mangelhaft sind.
13
a) Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten; das Revisionsgericht kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkge- setze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 14. Mai 2014 - VII ZR 334/12, BauR 2014, 1303 Rn. 16 = NZBau 2014, 494).
14
Solche Fehler liegen nicht vor.
15
b) Entgegen der Rüge der Revision hat das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, die Module seien durch den später erfolgten Einbau und den Betrieb der Schneeräumanlage beschädigt worden, nicht außer Acht gelassen. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag vielmehr zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht und festgestellt, dass eine entsprechende Schädigung nicht vorgelegen hat.
16
c) Die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht hätte nicht von elf defekten Modulen auf die Mangelhaftigkeit aller Module schließen dürfen, ist ebenfalls unbegründet. Das Berufungsgericht hat aufgrund der insgesamt stark reduzierten Leistungsfähigkeit der Anlage und des Ergebnisses der Untersuchung von elf Modulen entsprechend den sachverständigen Ausführungen auf die Mangelhaftigkeit aller Module geschlossen. Das verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze.
17
3. Das Berufungsgericht hat einen Minderwert in Höhe von 25 % der Nettovergütung festgesetzt. Das nimmt die Revision hin; Rechtsfehler sind nicht erkennbar.
18
4. Die Minderung ist nicht nach § 634a Abs. 5, § 218 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Nach diesen Vorschriften ist die Minderung unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich hierauf beruft. Der Anspruch der Klägerin auf Nacherfüllung verjährt nach § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB in fünf Jahren, da die Werkleistungen der Beklagten an der Tennishalle der Klägerin, und damit für ein Bauwerk erbracht wurden.
19
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 638 Abs. 1 BGB a.F. gilt die fünfjährige Verjährung "bei Bauwerken", wenn das Werk in der Errichtung oder der grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes oder eines anderen Bauwerks besteht, wobei unter grundlegender Erneuerung Arbeiten zu verstehen sind, die insgesamt einer ganzen oder teilweisen Neuerrichtung gleich zu achten sind. Erfasst sind auch Umbauarbeiten an einem bereits errichteten Bauwerk, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und wenn die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden werden. Für die Zuordnung einer Werkleistung zu den Arbeiten bei Bauwerken ist neben der Bestimmung zur dauernden Nutzung die für Bauwerke typische Risikolage entscheidend, welche der Grund für die längere Verjährungsfrist ist. In den Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuch ist als Begründung für die fünfjährige Verjährung angegeben , dass Mängel bei Bauwerken häufig erst spät erkennbar werden, jedoch regelmäßig innerhalb von fünf Jahren auftauchen (Motive II 489). Es geht dabei typischerweise um die späte Erkennbarkeit von Mängeln aus Gründen der Verdeckung durch aufeinanderfolgende Arbeiten einerseits sowie der Witterung und Nutzung andererseits (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - VII ZR 182/10, BauR 2013, 596 Rn. 17 f. m.w.N. = NZBau 2013, 161; BT-Drucks. 14/6040, S. 227).
20
Die Installation einer technischen Anlage zählt zu diesen Arbeiten, wenn die Anlage nicht bloß in dem Gebäude untergebracht wird, sondern der Errichtung oder der grundlegenden Erneuerung des Gebäudes dient, in das sie ein- gefügt wird (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - VII ZR 287/95, BauR 1997, 1018, 1019, juris Rn. 8 = NJW-RR 1998, 89).
21
Diese Rechtsprechung gilt unter Anwendung des durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I 3138) mit Wirkung zum 1. Januar 2002 eingeführten § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB fort (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 227, 263).
22
b) aa) Die von der Beklagten gelieferte Photovoltaikanlage wurde nicht nur aufgestellt, sondern auf und in der Tennishalle zur dauernden Nutzung fest eingebaut (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1998 - VII ZR 109/97, BauR 1999, 670, 671, juris Rn. 11 ff.). Durch die Vielzahl der verbauten Komponenten ist die Photovoltaikanlage so mit der Tennishalle verbunden, dass eine Trennung von dem Gebäude nur mit einem erheblichen Aufwand möglich ist. Ob die Photovoltaikanlage damit ein wesentlicher Bestandteil des Gebäudes wurde (§ 94 Abs. 2 BGB), ist ohne Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - VII ZR 182/10, BauR 2013, 596 Rn. 20 = NZBau 2013, 161).
23
bb) Der Einbau der Photovoltaikanlage stellt eine grundlegende Erneuerung der Tennishalle dar, die insgesamt einer ganzen oder teilweisen Neuerrichtung gleich zu achten ist. Das folgt aus den erheblichen Eingriffen in das Dach und in die Gebäudeaußenhaut, die notwendig waren, um die Photovoltaikanlage windsicher einzubauen sowie die Witterungsbeständigkeit und Statik des Gebäudes zu sichern. Durch die Vielzahl der Eingriffe in die Gebäudesubstanz , die schwere Erkennbarkeit von Mängeln durch aufeinander abgestimmte Arbeiten und die der Witterung ausgesetzte Nutzung liegt die typische Risikolage vor, die den Gesetzgeber veranlasst hat, für Arbeiten bei einem Bauwerk eine Verjährungsfrist von fünf Jahren vorzusehen.
24
cc) Schließlich dient der Einbau der Photovoltaikanlage der Tennishalle.
25
Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn die technische Anlage nicht nur in dem Gebäude untergebracht ist, sondern für dieses eine Funktion erfüllt. Das hat der Senat für den Fall einer Abwasser-Kreislaufanlage verneint, die zwar im Rahmen der Errichtung eines Gebäudes fest installiert worden war, jedoch nur den Zweck hatte, Abwässer eines anderen Gebäudes aufzubereiten (BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - VII ZR 287/95, BauR 1997, 1018, 1019, juris Rn. 8 ff. = NJW-RR 1998, 89).
26
Auf dieser Grundlage hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass eine auf einer Scheune angebrachte Photovoltaikanlage nicht dem Zweck der Scheune diene. Die Solaranlage diene vielmehr dem eigenen Zweck der Stromerzeugung. Sie sei deshalb für Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit der Scheune nicht von (wesentlicher) Bedeutung (Urteil vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12, NJW 2014, 845 Rn. 21 = NZBau 2014, 558).
27
Diese Auffassung teilt der erkennende Senat nicht. Zwar entspricht es der Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass bei der Errichtung eines Gebäudes eine eingebaute technische Anlage der Funktion des Gebäudes dienen muss, damit die lange Verjährungsfrist für Arbeiten bei Bauwerken Anwendung findet. Der Senat hat indes bereits entschieden, dass es zur Beantwortung der Frage, ob Arbeiten der grundlegenden Erneuerung dienen, nicht darauf ankommt , ob das Bauwerk auch ohne die Arbeiten funktionstüchtig geblieben wäre (Urteil vom 3. Dezember 1998 - VII ZR 109/97, BauR 1999, 670, 671, juris Rn. 11). Entscheidend ist vielmehr der Vergleich mit der Neuerrichtung. Es kommt daher darauf an, ob der Einbau einer Photovoltaikanlage, wie sie die Beklagte schuldete, bei der Neuerrichtung eines Gebäudes als Arbeiten bei einem Bauwerk zu qualifizieren ist. Das ist zu bejahen, da das Gebäude, unab- hängig von seinen sonstigen Zwecken, jedenfalls auch dazu gedient hätte, Trägerobjekt für eine Photovoltaikanlage zu sein. Nichts anderes gilt für die grundlegende Erneuerung eines Gebäudes, die auf einer (teilweisen) Veränderung oder Erweiterung der Funktion beruht. Wenn nunmehr die Tennishalle der Klägerin auch dazu dienen sollte, Trägerobjekt einer Photovoltaikanlage zu sein, lag darin eine Funktionserweiterung, die, unter Beachtung der übrigen Voraussetzungen , dazu führt, die lange Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB anzuwenden (so auch Grabe, BauR 2015, 1, 4). Unerheblich ist, dass die Photovoltaikanlage der Stromversorgung der Tennishalle nicht dient.
28
c) Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass eine Photovoltaikanlage zudem selbst als Bauwerk zu qualifizieren sein kann.
29
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats können technische Anlagen selbst als Bauwerk angesehen werden. Das setzt voraus, dass die technische Anlage mit dem Erdboden unmittelbar oder mittelbar über ein Gebäude fest verbunden ist, ohne dass es sich um wesentliche Bestandteile (§§ 93, 94 BGB) handeln muss. Es genügt eine Verbindung der Anlage mit dem Erdboden oder dem Gebäude allein durch ihr Gewicht, so dass eine Trennung nur mit einem größeren Aufwand möglich ist. Schließlich muss eine dauernde Nutzung der technischen Anlage beabsichtigt sein. Für die Beurteilung dieser Voraussetzungen ist entscheidend darauf abzustellen, ob Vertragszweck die Erstellung einer größeren ortsfesten Anlage mit den spezifischen Bauwerksrisiken ist, die der gesetzlichen Regelung zur langen Verjährungsfrist zugrunde liegen (vgl. BGH, Urteile vom 3. Dezember 1998 - VII ZR 109/97, BauR 1999, 670, 671, juris Rn. 15 ff.; vom 20. Februar 1997 - VII ZR 288/94, BauR 1997, 640, 641, juris Rn. 12).
30
Soweit der VIII. Zivilsenat ausgeführt hat, die auf dem Dach einer Scheune angebrachte Photovoltaikanlage sei mangels Verbindung mit dem Erdboden selbst kein Bauwerk (Urteil vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12, NJW 2014, 845 Rn. 21 = NZBau 2014, 558), entspricht dies nicht der Rechtsprechung des erkennenden Senats. Dieser hat entschieden, dass mit einem Gebäude fest verbundene technische Anlagen ein Bauwerk darstellen können (für eine Elektro-Hängebahn in einer Werkhalle: Urteil vom 20. Februar 1997 - VII ZR 288/94, BauR 1997, 640, 641, juris Rn. 12).
31
d) Wegen der unterschiedlichen Rechtsausführungen des VIII. Zivilsenats und des erkennenden Senats zur Funktion einer Photovoltaikanlage für ein errichtetes Gebäude bedarf es nicht der Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen , § 132 Abs. 2 GVG.
32
Einer Vorlage bedarf es nur, wenn die Beantwortung der Rechtsfrage sowohl für die abweichende Vorentscheidung als auch für die beabsichtigte Entscheidung ergebnisrelevant und deshalb erheblich ist (ständige Rechtsprechung , siehe nur BGH, Beschluss vom 17. März 2015 - GSSt 1/14, NJW 2015, 3800 Rn. 15).
33
Diese Voraussetzung liegt nicht vor. Der VIII. Zivilsenat hat in seiner Entscheidung vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12 (aaO Rn. 1) zum Sachverhalt Folgendes ausgeführt:
34
"Der Landwirt S. kaufte am 22. April 2004 von der Klägerin sämtliche Komponenten (Einzelteile) einer Photovoltaikanlage. Vertragsgegenstand war nur die Lieferung der Teile, die die Klägerin ihrerseits im April 2004 bei der Beklagten erwarb und noch im April 2004 direkt von der Beklagten an den Land- wirt S. liefern ließ, der sie in der Folgezeit auf dem vorhandenen Dach einer auf seinem Grundstück stehenden Scheune montierte."
35
Nach diesem Sachverhalt ist die Bauwerkseigenschaft bereits zu verneinen , weil es an einer hinreichend festen Verbindung der dort zur Beurteilung stehenden Photovoltaikanlage mit dem Gebäude fehlte und der Einbau der Photovoltaikanlage keine grundlegende Erneuerung der Scheune darstellte.

III.

36
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eick Halfmeier Kartzke Jurgeleit Wimmer

Vorinstanzen:
LG Passau, Entscheidung vom 03.01.2012 - 3 O 527/11 -
OLG München, Entscheidung vom 10.12.2013 - 9 U 543/12 Bau -

(1) Statt zurückzutreten, kann der Besteller die Vergütung durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung.

(2) Sind auf der Seite des Bestellers oder auf der Seite des Unternehmers mehrere beteiligt, so kann die Minderung nur von allen oder gegen alle erklärt werden.

(3) Bei der Minderung ist die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.

(4) Hat der Besteller mehr als die geminderte Vergütung gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Unternehmer zu erstatten. § 346 Abs. 1 und § 347 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 38/15 Verkündet am:
24. Februar 2016
Ermel
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Anforderungen an die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit eines Käufers im Rahmen
eines beiderseitigen Handelsgeschäfts sind letztlich durch eine Abwägung der Interessen
des Verkäufers und des Käufers zu ermitteln (im Anschluss an BGH, Urteil vom
17. September 2002 - X ZR 248/00, BGHReport 2003, 285 unter II 1 b). Dabei ist einerseits
das Interesse des Verkäufers zu berücksichtigen, sich nicht längere Zeit nach der Ablieferung
der Sache dann nur schwer feststellbaren Gewährleistungsrechten ausgesetzt zu sehen.
Andererseits dürfen die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Untersuchung nicht
überspannt werden (Bestätigung der Senatsurteile vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68,
WM 1970, 1400 unter 3; vom 16. März 1977 - VIII ZR 194/75, NJW 1977, 1150 unter II 2 b;
vgl. auch Senatsurteil vom 24. Januar 1990 - VIII ZR 22/89, BGHZ 110, 130, 138).
BGB § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Nr. 3
Der Schuldner, der sich auf den Eintritt der Verjährung als rechtsvernichtenden Umstand
beruft, ist darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Voraussetzungen der von ihm in
Anspruch genommenen Verjährungsvorschrift vorliegen. Diese Grundsätze gelten auch
dann, wenn das Gesetz für einen bestimmten Anspruch je nach Fallgestaltung verschieden
lange Verjährungsfristen vorsieht (im Anschluss an BGH, Urteile vom 19. Januar 2006
- III ZR 105/05, BGHZ 166, 29, 33 ff.; vom 20. Mai 2003 - X ZR 57/02, NJW-RR 2003, 1320
unter 2 b mwN). Daher trägt der Verkäufer einer Sache, der sich auf den Ablauf der zweijährigen
Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB beruft, die primäre Darlegungslast und die
Beweislast dafür, dass kein Verjährungstatbestand vorliegt (hier: § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst.
b BGB), der eine längere Verjährungsfrist vorsieht.
BGH, Urteil vom 24. Februar 2016 - VIII ZR 38/15 - OLG Dresden
LG Dresden
ECLI:DE:BGH:2016:240216UVIIIZR38.15.0

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Februar 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider, die Richterin Dr. Fetzer und den Richter Dr. Bünger
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. Januar 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin hinsichtlich des auf Sachmängelgewährleistung gestützten Freistellungsantrags in Höhe von 81.125 € nebst Zinsen und hinsichtlich des auf Er- stattung außergerichtlicher Anwaltskosten gerichteten Zahlungsantrags in Höhe von 1.680,10 € nebst Zinsen zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerde - und des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen behaupteter Mängel an mittels eines Reibschweißverfahrens zusammengefügten und an die Klägerin ausgelieferten Ronden und Achsstummeln geltend, die für Spannwalzen bestimmt waren.
2
Dem Unternehmen H. (im Folgenden: H. ) war im Jahr 2008 ein Großauftrag zum Bau einer Trocknungsanlage für Klärschlamm in China erteilt worden, bei der Klärschlamm auf Transportbändern befördert werden sollte. Für die Transportbänder wurden nach ursprünglicher Planung jeweils 20 Antriebs- und 20 Spannwalzen benötigt, mit deren Anfertigung H. die Klägerin beauftragte. Bei den Walzen handelt es sich um beschichtete Metallrohre, die seitlich mit Ronden verschlossen werden, in die wiederum Achsstummel eingeschweißt sind. Diesbezüglich erhielt die Beklagte am 6. Mai 2008 von der Klägerin den Auftrag, für jede Walze zwei - aus Stahl zu fertigende - Ronden und zwei - aus Edelstahl herzustellende - Achsstummel zu fertigen und diese im Reibschweißverfahren jeweils zu sogenannten Walzenzapfen zusammenzufügen. Die Beklagte lieferte am 3. Juni 2008 die von ihr im Reibschweißverfahren gefertigten 80 Walzenzapfen (Ronden mit Achsstummel) an die Klägerin aus. Diese stellte unter Verwendung von 64 Walzenzapfen jeweils 16 Antriebs- und 16 Spannwalzen her und lieferte diese an H. , die sie längere Zeit später in China in die Trocknungsanlage für Klärschlamm einbaute.
3
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie habe die für China benötigten Walzen hergestellt und ausgeliefert und nun unter Verwendung überzähliger Zapfen eine weitere Rolle (Walze) hergestellt , bei der ohne jegliche mechanische Beanspruchung ein Zapfenbruch aufgetreten sei. Die von der Beklagten daraufhin veranlasste Untersuchung ergab, dass durch das Reibschweißen eine sichere Bauteilverbindung gewährleistet sei und der aufgetretene Zapfenbruch andere Ursachen, etwa eine nicht ausreichend entfernte Oxidschicht, habe. Vom Untersuchungsergebnis wurde die Klägerin am 6. Februar 2009 unterrichtet.
4
Am 4. Februar 2010 kam es im Rahmen eines Probebetriebs in der Anlage in China zu einem Zapfenbruch an einer Spannwalze. Bei einer Besprechung bei H. am 10. Februar 2010 kamen die Parteien und H. überein, dass die Ursache für den Bruch untersucht werden, die Klägerin aber in der Zwischenzeit gegen erneute Vergütung 16 neue Spannwalzen liefern und die Beklagte ihrerseits - auf Kosten der Klägerin - die hierfür benötigten 32 Walzenzapfen herstellen sollte. Im März 2010 brachen an den in China eingebauten Spannwalzen weitere drei Walzenzapfen.
5
Nach anschließender Fertigung von 32 neuen reibgeschweißten Walzenzapfen durch die Beklagte, die diese vor der Auslieferung einer Ultraschalluntersuchung durch einen Fachbetrieb unterziehen ließ, stellte die Klägerin 16 neue Spannwalzen her und lieferte sie an H. . Diese tauschte in der Trocknungsanlage die bisherigen Spannwalzen durch die neu gelieferten Walzen aus.
6
H. , die der Klägerin die Neulieferung vergütet hatte, verlangte von der Klägerin unter anderem Ersatz der für die Neulieferung und den Austausch der 16 Spannwalzen angefallenen Kosten, die sie mit 81.125 € beziffert. Die Klägerin nimmt mit der vorliegenden Klage die Beklagte auf Freistellung von dieser Forderung und auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, in Anspruch. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat beschränkt zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren weiter, stützt ihren Freistellungsantrag nun aber ausschließlich auf eine Sachmängelhaftung und nicht mehr - wie in den Vorinstanzen - auch auf Beratungsfehler.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat Erfolg.

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
9
Der Klägerin stehe der geltend gemachte Freistellungsanspruch schon deswegen nicht zu, weil ein möglicher Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz statt der Leistung verjährt sei.
10
Die Beklagte habe zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben. Nach § 651 Satz 1, § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB belaufe sich die Verjährungsfrist für Sachmängelansprüche vorliegend auf zwei Jahre und beginne mit der Ablieferung der Sache (§ 438 Abs. 2 BGB). Da nach dem Vorbringen der Parteien die letzten Werkstücke am 3. Juni 2008 bei der Klägerin angeliefert worden seien, sei die Verjährungsfrist regulär spätestens am 3. Juni 2010 abgelaufen gewesen. Die Klageschrift sei indes erst am 1. März 2012 bei Gericht eingegangen.
11
Entgegen der Auffassung der Klägerin unterliege der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch nicht der für Sachen, die entsprechend ihrer üblichen Verwendung für ein Bauwerk verwendet worden sind, geltenden fünfjährigen Verjährung nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB. Die zweijährige Verjäh- rungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB bilde die Regel. Daher trage der Käufer, der sich auf eine längere Verjährungsfrist berufe, hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Dieser Darlegungs- und Beweislast sei die Klägerin nicht nachgekommen. Sie habe schriftsätzlich lediglich pauschal vorgetragen, bei der Trocknungsanlage in China handele es sich um ein Bauwerk, was nicht näher ausgeführt werden müsse. Die von der Beklagten gelieferten und von der Klägerin in Antriebs- und Spannwalzen eingebauten Ronden mit Achsstummeln seien dazu bestimmt gewesen, in eine Trocknungsanlage für Klärschlamm eingebaut zu werden, und seien deshalb entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden. Dem sei die Beklagte indes entgegengetreten. In der mündlichen Berufungsverhandlung habe die Klägerin schließlich erklärt, die Ronden mit Achsstummel seien ihrer Dimension nach ausschließlich für den Einbau in ortsfeste, mit dem Boden verbundene Transportanlagen bestimmt gewesen; insoweit seien aber keine erläuternde Angaben zur genauen Beschaffenheit der in China errichteten Trocknungsanlage gemacht worden. Außerdem habe die Beklagte auch dieses Vorbringen bestritten.
12
Die danach maßgebliche Verjährungsfrist von zwei Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB) sei nicht ausreichend gehemmt (§ 209 BGB) und auch nicht neu in Gang gesetzt (§ 212 BGB) worden. Zwar sei aufgrund der Anzeige eines Zapfenbruchs mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 und der anschließend von der Beklagten veranlassten Untersuchung der Lauf der Verjährung bis zur Mitteilung des Untersuchungsergebnisses am 6. Februar 2009 gehemmt worden. Eine weitere Hemmung sei nach dem Bruch eines weiteren Zapfens am 4. Februar 2010 in China aufgrund der am 10. Februar 2010 einberufenen Besprechung eingetreten, die dann aber spätestens mit der endgültigen Ablehnung einer Regulierung durch das Schreiben des Haftpflichtversicherers der Beklagten vom 20. September 2010 geendet habe. Durch die beschriebenen Hemmungszeiträume sei die zweijährige Verjährung um höchstens 293 Tage bis zum 22. März 2011 verlängert worden. Eine weitere Hemmung sei vor Verjährungsablauf dagegen nicht erfolgt.
13
Auch ein Neubeginn der Verjährung habe nicht stattgefunden. Die Neulieferung von 32 Ronden und Achsstummeln für 16 neue Spannwalzen habe die Verjährung deswegen nicht neu in Gang gesetzt, weil es sich hierbei nicht um eine Nacherfüllung durch Ersatzlieferung (§ 439 BGB) gehandelt habe. Vielmehr habe die Klägerin eingeräumt, der Beklagten diese Nachbestellung gesondert vergütet zu haben.
14
Abgesehen von der eingetretenen Verjährung scheide ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz statt der Leistung auch deswegen aus, weil die von der Beklagten gelieferten Werkstücke gemäß § 377 Abs. 2, 3, § 381 Abs. 2 HGB als genehmigt anzusehen seien. Die Klägerin, die mit der Beklagten ein Handelsgeschäft (§ 343 Abs. 1 HGB) abgeschlossen habe, habe die Obliegenheit getroffen, die Ware unverzüglich nach Ablieferung zu untersuchen, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich sei, und einen sich dabei zeigenden Mangel unverzüglich anzuzeigen. Die Vorschriften über die Mängelrüge beim Handelskauf trügen in erster Linie den Belangen des Verkäufers Rechnung, der davor bewahrt werden solle, sich noch längere Zeit nach der Ablieferung Ansprüchen wegen etwaiger dann nur schwer feststellbarer Mängel ausgesetzt zu sehen, wodurch zugleich dem allgemeinen Interesse an einer raschen Abwicklung des Rechtsverkehrs im Handelsverkehr entsprochen werde.
15
Ihrer danach bestehenden Rügeobliegenheit sei die Klägerin nicht ausreichend nachgekommen. Nach der Auslieferung der Werkstücke am 6. Juni 2008 habe sie erstmals mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 einen Mangel (Zapfenbruch) angezeigt, den sie bei der Kontrolle eines der nicht an H.
gelieferten Werkstücke festgestellt habe. Unter diesen Umständen sei davon auszugehen, dass die Klägerin die Ware nach deren Anlieferung nicht unverzüglich gemäß § 377 Abs. 1 HGB untersucht und damit den mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 gerügten Mangel nicht mehr rechtzeitig angezeigt habe. Sie habe sich nach eigenem Vorbringen bei Eingang der Ware mit einer reinen Sichtprüfung begnügt und sich auf den Standpunkt gestellt, von ihr sei keine aufwendige Materialprüfung zu verlangen gewesen. Der von ihr behauptete Mangel sei aber, wie bei der im Schreiben vom 5. Dezember 2008 beschriebenen Kontrolle geschehen, ohne aufwendige Materialprüfung durch einen Sachverständigen feststellbar gewesen. Zum anderen hätte die Klägerin - wie nach dem Bruch des Werkstücks in China am 4. Februar 2010 von der Beklagten hinsichtlich der Neulieferung von 32 Walzenzapfen veranlasst - eine Ultraschallprüfung durch einen Fachbetrieb in Auftrag geben können. Eine solche über eine bloße (Eingangs-)Sichtprüfung hinausgehende Untersuchung sei hinsichtlich der Erstlieferung bereits deswegen geboten gewesen, weil die Antriebs - und Spannwalzen Teil eines Auftrags zum Bau eines überregional bedeutsamen Prestige- und Pilotprojekts gewesen seien.
16
Wenn man gleichwohl eine Sichtprüfung als Eingangsuntersuchung ausreichen lassen wollte, hätte die Ware ebenfalls als genehmigt zu gelten, weil die Klägerin nicht hinreichend dargetan habe, dass sie die schriftliche Mitteilung vom 5. Dezember 2008 unverzüglich nach Entdeckung des behaupteten Mangels (§ 377 Abs. 3 HGB) abgesandt habe. Sie habe weder vorgetragen, wann sie die Rolle (Walze) mit den bei ihr verbliebenen Zapfen hergestellt habe, noch zu welchem Zeitpunkt der Zapfenbruch aufgetreten sei.

II.

17
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin gemäß §§ 651, 434 Abs. 1, § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 3, §§ 281, 249 Abs. 1 BGB auf Freistellung von der Schadensersatzforderung der H. in Höhe von 81.125 € und ein aus § 280 Abs. 2, § 286 Abs. 1, § 288 Abs.4 BGB folgender Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.680,10 €, jeweils nebst Zinsen, nicht verneint werden. Das Berufungsgericht hat - wie die Revision zu Recht rügt - bei seinen Erwägungen zu Art und Ausmaß der von der Klägerin nach § 377 HGB zu verlangenden Untersuchung wesentliche Gesichtspunkte im Klägervortrag unberücksichtigt gelassen. Weiter hat es unter Verkennung allgemeiner Rechtsgrundsätze der Klägerin die Darlegungs- und Beweislast dafür aufgebürdet, dass der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht der zweijährigen Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB, sondern der - zum Zeitpunkt der Klageeinreichung (§ 167 ZPO, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) noch nicht verstrichenen - fünfjährigen Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB unterliegt.
18
1. Das Berufungsgericht hat bislang nicht geklärt, ob die von der Beklagten gelieferten Walzenzapfen (Ronden und Achsstummel) bei Übergabe mit einem von der Beklagten zu vertretenden Mangel behaftet waren. Für das Revisionsverfahren ist daher vom Vorliegen eines solchen Mangels auszugehen.
19
2. Anders als das Berufungsgericht - der Beklagten folgend - meint, kann auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden, die Klägerin habe gegen ihre Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten nach § 377 Abs. 1, 3 HGB verstoßen mit der Folge, dass die zuerst gelieferten Walzenzapfen als genehmigt zu gelten hätten. Zwar findet § 377 HGB im Streit- fall grundsätzlich Anwendung, weil es sich bei dem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien um ein beiderseitiges Handelsgeschäft (§§ 343, 344 HGB) handelt und die Vorschrift des § 377 HGB auch für einen Werklieferungsvertrag gilt (§ 381 Abs. 2 BGB; vgl. auch Senatsurteil vom 14. Juli 1993 - VIII ZR 147/92, NJW 1993, 2436 unter II 2 b aa (2), zum Werkvertrag). Das Berufungsgericht hat aber die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Auslegung des § 377 Abs. 1 HGB maßgeblichen Grundsätze nicht hinreichend erfasst und seine Annahme, die Klägerin habe sich nicht mit einer reinen Sichtprüfung begnügen dürfen, auf eine unzureichende Tatsachengrundlage gestützt, weil es teilweise in sich widersprüchliche Feststellungen getroffen und wesentliches Vorbringen der Klägerin zu Art und Umfang der Untersuchungspflicht übergangen hat.
20
a) Gemäß § 377 Abs. 1 HGB hat eine Untersuchung zu erfolgen, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich ist. Welche Anforderungen an die Art und Weise der Untersuchung zu stellen sind, lässt sich nicht allgemein festlegen (Senatsurteile vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, WM 1970, 1400 unter 3; vom 16. März 1977 - VIII ZR 194/75, NJW 1977, 1150 unter II 2 b). Es ist vielmehr darauf abzustellen, welche in den Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs fallenden Maßnahmen einem ordentlichen Kaufmann im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung auch der schutzwürdigen Interessen des Verkäufers zur Erhaltung seiner Gewährleistungsrechte zugemutet werden können (Senatsurteil vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO). Dabei kommt es auf die objektive Sachlage und auf die allgemeine Verkehrsanschauung an, wie sie sich hinsichtlich eines Betriebs vergleichbarer Art herausgebildet hat (Senatsurteil vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO). Die Anforderungen an eine Untersuchung sind letztlich durch eine Interessenabwägung zu ermitteln (BGH, Urteile vom 20. April 1977 - VIII ZR 141/75, WM 1977, 821 unter II 3 c; vom 17. September 2002 - X ZR 248/00, BGHReport 2003, 285 unter II 1 b), die in erster Linie dem Tatrichter obliegt (vgl. Senatsurteil vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO).
21
b) Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Vorschriften über die Mängelrüge in erster Linie den Interessen des Verkäufers oder Werklieferanten dienen. Er soll, was auch dem allgemeinen Interesse an einer raschen Abwicklung der Geschäfte im Handelsverkehr entspricht, nach Möglichkeit davor geschützt werden, sich längere Zeit nach der Lieferung oder nach der Abnahme der Sache etwaigen, dann nur schwer feststellbaren Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt zu sehen (Senatsurteile vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO; vom 16. März 1977 - VIII ZR 194/75, aaO; vom 24. Januar1990 - VIII ZR 22/89, BGHZ 110, 130, 138). Ein schutzwürdiges Interesse des Verkäufers an einer alsbaldigen Untersuchung durch den Käufer kann dann besonders groß sein, wenn er bei bestimmungsgemäßer Weiterverarbeitung der Kaufsache zu wertvollen Objekten mit hohen Mangelfolgeschäden rechnen muss und nur der Käufer das Ausmaß der drohenden Schäden übersehen kann (Senatsurteil vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO).
22
Andererseits dürfen im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zwischen Verkäufer/Werklieferanten und Käufer die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Untersuchung nicht überspannt werden (Senatsurteile vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO; vom 16. März 1977 - VIII ZR 194/75, aaO). Denn ansonsten könnte der Verkäufer, aus dessen Einflussbereich der Mangel kommt, in die Lage versetzt werden, das aus seinen eigenen fehlerhaften Leistungen herrührende Risiko auf dem Wege über die Mängelrüge auf den Käufer abzuwälzen (Senatsurteil vom 20. April 1977 - VIII ZR 141/75, aaO unter II 3 a). Anhaltspunkte für die Grenzen der Zumutbarkeit bilden vor allem der für eine Überprüfung erforderliche Kosten- und Zeitaufwand, die dem Käufer zur Verfügung stehenden technischen Prüfungsmöglichkeiten, das Erfordernis ei- gener technischer Kenntnisse für die Durchführung der Untersuchung beziehungsweise die Notwendigkeit, die Prüfung von Dritten vornehmen zu lassen (Senatsurteile vom 20. April 1977 - VIII ZR 141/75, aaO; vom 16. März 1977 - VIII ZR 194/75, aaO; vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO).
23
c) Ob im Einzelfall verschärfte Untersuchungsanforderungen zum Tragen kommen, hängt von der Natur der Ware, von den Branchengepflogenheiten sowie von dem Gewicht der zu erwartenden Mangelfolgen und von etwaigen Auffälligkeiten der gelieferten Ware oder früheren, nach wie vor als Verdacht fortwirkenden Mangelfällen ab (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2002 - X ZR 248/00, aaO). Dem Käufer aus früheren Lieferungen bekannte Schwachstellen der Ware müssen eher geprüft werden als das Vorliegen von Eigenschaften, die bislang nie gefehlt haben (BGH, Urteile vom 17. September 2002 - X ZR 248/00, aaO; vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO).
24
d) Die vorstehenden Rechtsgrundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet; zudem hat es seine Überzeugung auf einer nicht tragfähigen Tatsachengrundlage gebildet, weil seine Feststellungen in sich widersprüchlich sind und es entscheidungserhebliches Vorbringen der Klägerin zu Art und Umfang der Untersuchungsobliegenheit übergangen hat.
25
aa) Es hat zwar gesehen, dass § 377 Abs. 1 HGB in erster Linie den Interessen des Verkäufers dient, hat sich aber nicht damit befasst, welche Grenzen der Untersuchungs- und Rügeobliegenheit gezogen sind. Dadurch hat es sich den Blick dafür verschlossen, dass es für die Bestimmung der Art und des Umfangs der Untersuchungsobliegenheit des Käufers auf die beiderseitige Interessenlage ankommt, wobei alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen sind. Das Berufungsgericht hat sich lediglich auf zwei - aus seiner Sicht für eine über eine bloße Sichtprüfung hinausgehende Untersuchungsobliegenheit sprechen- de - Aspekte beschränkt. Es hat zum einen von dem ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen erkennbaren, im Dezember 2008 gerügten Zapfenbruch auf eine unzureichende Untersuchung der Werkstücke unmittelbar nach deren Anlieferung geschlossen. Weiter hat es dem Umstand, dass die Lieferung der Antriebs - und Spannwalzen Teil eines Großauftrags zum Bau einer neuartigen Trocknungsanlage in China - eines überregional bedeutsamen Prestige- und Pilotprojekts - gewesen sei, entnommen, von der Klägerin sei nicht nur eine Sichtprüfung, sondern, wie von der Beklagten vor Auslieferung der von der Klägerin bestellten Neulieferung veranlasst, eine Ultraschallprüfung zu verlangen gewesen. Gegenteilige Anhaltspunkte - etwa das Vorbringen der Klägerin, Mängel der Werkstücke seien erst nach deren Zerstörung (Bruch) im Rahmen einer aufwendigen Materialienprüfung durch einen Sachverständigen feststellbar gewesen - hat es dagegen für unbeachtlich gehalten. Die Frage, ob eine Mangelhaftigkeit nur im Falle der Zerstörung der Ware sichtbar wird, ist für die Reichweite der Untersuchungsobliegenheit aber ein zu berücksichtigender (gewichtiger ) Gesichtspunkt.
26
bb) Weiter beruhen die vom Berufungsgericht für maßgeblich erachteten Aspekte auf verfahrensfehlerhaft getroffenen, nicht tragfähigen Feststellungen, denn das Berufungsgericht hat hierbei wesentliches Vorbringen der Klägerin außer Acht gelassen.
27
(1) Dies gilt zum einen, soweit das Berufungsgericht aus dem im Dezember 2008 gerügten Zapfenbruch und dem Umstand, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt ohne aufwendige Materialprüfungen durch einen Sachverständigen einen Bruch des Werkstücks und damit einen Mangel hat feststellen können, geschlossen hat, einen solchen Mangel hätte sie auch bei einer Kontrolle nach Anlieferung der Ware erkennen können. Dabei hat das Berufungsgericht aufgrund einer unzureichenden Erfassung des Klägervortrags verkannt, dass die Klägerin gerade nicht vorgetragen hat, sie habe den Bruch anlässlich einer Kontrolle des Werkstücks bemerkt. Vielmehr hat sie von Anfang an unter Vorlage der Mängelanzeige vom 5. Dezember 2008 geltend gemacht, sie habe unter Verwendung von der Beklagten gelieferter und bei ihr verbliebener Werkstücke am 5. Dezember 2008 eine weitere Walze (Rolle) hergestellt, bei der es ohne jede mechanische Beanspruchung zu einem Bruch im Bereich des Walzenzapfens gekommen sei. Dies hat sie in dem genannten Schreiben näher dahin präzisiert, dass zum Zeitpunkt des Zapfenbruchs die geschweißte Rolle (Walze) noch auf der Drehbank aufgebaut gewesen sei und sich lediglich gedreht habe, also keiner Beanspruchung durch den Drehstahl ausgesetzt gewesen sei. Im Berufungsverfahren hat sie dies auch unter Beweis gestellt.
28
Nach dem Vorbringen der Klägerin ist der festgestellte Mangel (Zapfenbruch ) also erst im Rahmen des Weiterverarbeitungsprozesses und nicht bei einer (nachgeholten) Kontrolle der gelieferten Werkstücke aufgetreten. Dies hat das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang, nämlich im Rahmen der Erörterung einer Rügeobliegenheit nach § 377 Abs. 3 HGB, auch erkannt, so dass es sich bei seiner tatrichterlichen Würdigung zugleich in Widersprüche verwickelt hat.
29
Dass die Klägerin nach ihrem unter Beweis gestellten Vorbringen den im Dezember 2008 gerügten Zapfenbruch bei der Herstellung einer weiteren Walze ohne Einschaltung eines Sachverständigen feststellen konnte, lässt nach alledem nicht den Schluss zu, ein solcher Mangel hätte schon bei einer unverzüglichen Überprüfung der Walzenzapfen nach Anlieferung ohne weiteren Aufwand , insbesondere ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen, erkannt werden können. Die Untersuchungsobliegenheit nach § 377 Abs. 1 HGB erstreckt sich nicht darauf, sofort mit der Weiterverarbeitung zu beginnen. Zudem war (selbst) beim Herstellungsprozess eine Aufdeckung möglicher Mängel nicht gewährleistet. Denn es kam nach dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin nur einmal, nämlich am 8. Dezember 2008, während des Herstellungsprozesses zu einem Zapfenbruch. Bei der zuvor erfolgten Herstellung der 32 nach China gelieferten Antriebs- und Spannwalzen ist dagegen ein solcher Mangel (unstreitig) nicht aufgetreten; erst in China kam es bei einem Probebetrieb am 4. Februar 2010 und anschließend an drei Tagen im März 2010 zu insgesamt vier (weiteren) Zapfenbrüchen.
30
(2) Auch soweit das Berufungsgericht der Klägerin eine Obliegenheit zur Durchführung einer Ultraschalluntersuchung auferlegt, hat es maßgeblichen Vortrag der Klägerin übergangen. Nach dem unter Beweis gestellten Vorbringen der Klägerin hätte eine Ultraschalluntersuchung keine gesicherten Erkenntnisse erbracht. Die Revisionserwiderung wendet diesbezüglich zwar ein, mit einer Ultraschalluntersuchung hätte zumindest - wie von der Beklagten bei der Neulieferung unter Beweis gestellt - die Verbindungsfestigkeit überprüft werden können. Dies ändert aber nichts daran, dass die Frage der Zuverlässigkeit eines Ultraschallverfahrens offen ist und deshalb nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt auch insoweit nicht von einer Verletzung der Untersuchungsobliegenheit auszugehen ist.
31
Weiter hat die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, dass eine solche Untersuchung im Maschinenbau völlig unüblich sei und nicht für erforderlich gehalten werde, um den Anforderungen an die Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten zu genügen. Im Übrigen könnten - so das weitere unter Beweis gestellte Vorbringen der Klägerin - nur wenige externe Prüflabore eine Ultraschalluntersuchung durchführen; eine von diesen Unternehmen durchgeführte Untersuchung sei zudem mit Kosten in Höhe von etwa 10 % des Materialwerts und einem erheblichen Zeitverlust verbunden. Schließlich macht die Klägerin unter Beweisantritt geltend, die Konstruktion der Walzen und die dabei verwendete Technologie entsprächen dem Stand der Technik und seien ausgiebig praxiserprobt , so dass sich hieraus keine besonderen Anforderungen und Gefahren ergäben. Mit all diesen Gesichtspunkten, die für den durch Interessenabwägung zu bestimmenden Umfang der Untersuchungsobliegenheit nach § 377 Abs. 1 HGB von Bedeutung sein können, hat sich das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft nicht befasst.
32
cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin auch nicht gegen ihre Rügeobliegenheit nach Auftreten eines zunächst verdeckten Mangels (§ 377 Abs. 3 HGB) verstoßen. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht Sachvortrag der Klägerin dazu vermisst, wann es zu dem am 5. Dezember 2008 gerügten Zapfenbruch gekommen ist. Hierbei hat es übergangen, dass die Klägerin schon in erster Instanz vorgetragen hat, der "Achsenbruch" sei Anfang Dezember 2008 erfolgt, und dies im Berufungsverfahren unter Beweisantritt dahin präzisiert hat, dass der "Achsenbruch" am 5. Dezember 2008 aufgetreten und am selben Tag gerügt worden sei.
33
dd) Anders als die Revisionserwiderung meint, stellt sich das Urteil des Berufungsgerichts hinsichtlich der von ihm angenommenen Genehmigungsfiktion (§ 377 Abs. 2, 3 HGB) auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Sie macht geltend, selbst wenn eine Genehmigungsfiktion nicht eingetreten wäre, wären Gewährleistungsansprüche der Klägerin jedenfalls gemäß § 242 BGB aufgrund des Rechtsgedankens der § 651 Satz 3, § 645 BGB ausgeschlossen , weil die Klägerin nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Stahlqualität vorgegeben habe und ein Unternehmer nicht für Mängel verantwortlich sei, die auf verbindliche Vorgaben des Bestellers zurückzuführen seien, sofern der Unternehmer seine Untersuchungs- und Hinweispflicht erfüllt habe (BGH, Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05, BGHZ 174, 110 Rn. 21 mwN). Dabei lässt die Revisionserwiderung aber außer Acht, dass es schon nicht feststeht, ob die gerügten Mängel (Zapfenbrüche) auf der fehlerhaften Vorgabe einer bestimmten Stahlqualität, auf der Lieferung von Stahl minderer Qualität durch das von der Beklagten beauftragte Stahlwerk oder auf einem fehleranfälligen Schweißverfahren beruhen. Hierzu haben die Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen; insbesondere haben sie von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abgesehen.
34
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann mit den von ihm angestellten Erwägungen eine Verjährung eines möglichen Schadensersatzanspruchs nach §§ 651, 434 Abs. 1, 437 Nr. 3, § 280 Abs. 3, §§ 281, 249 Abs. 1 BGB nicht bejaht werden.
35
a) Zwar wäre entgegen der Auffassung der Revision der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung verjährt, wenn im Streitfall die zweijährige Frist des § 438 Nr. 3 BGB gelten würde. Die Revision nimmt hin, dass der Lauf der Verjährungsfrist gemäß § 203 BGB nur hinsichtlich der vom Berufungsgericht darlegten Zeiträume gehemmt worden ist, meint aber, das Berufungsgericht habe entscheidungserhebliches Vorbringen der Klägerin zu einem Neubeginn der Verjährung nach § 212 Abs. 1 BGB übergangen. Dies trifft nicht zu.
36
Die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin, der Geschäftsführer der Beklagten habe dem nicht bei der Klägerin tätigen Zeugen Hi. gegenüber eingeräumt, er habe ungeeignetes Material verwendet und wolle zudem die Schweißvorbereitung verändern, stellt schon deswegen kein tatsächliches Anerkenntnis im Sinne von § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB dar, weil sie nicht dem Gläubiger gegenüber abgegeben worden ist. Gegenüber der Klägerin hat die Beklagte eine Verantwortlichkeit abgelehnt, so dass diese gezwungen war, auf eigene Kosten eine Nachbestellung in Auftrag zu geben. Zudem würde durch die Ein- räumung einer Fehlerhaftigkeit des verwendeten Materials noch nicht - wie erforderlich - das Bewusstsein vom Bestehen eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin unzweideutig zum Ausdruck gebracht. Denn zum einen würde damit noch nicht eingeräumt, dass die Beklagte für die Fehlerhaftigkeit des Materials die Verantwortung übernimmt. Zum anderen hat sich die Beklagte darauf berufen, auch für einen möglicherweise von ihr zu vertretenden Mangel nicht eintrittspflichtig zu sein, weil die Klägerin ihrer Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nach § 377 Abs. 1 HGB nicht rechtzeitig nachgekommen sei.
37
b) Jedoch ist das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft zur Anwendung der zweijährigen Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB gelangt. Es hat unter Verkennung allgemeiner Rechtsgrundsätze der Klägerin die primäre Darlegungslast und die Beweislast für die Umstände auferlegt, nach denen vorliegend anstelle der zweijährigen Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB die fünfjährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB (Baustoffe und Baumaterialien) zum Tragen käme.
38
aa) Die Darlegungs- und Beweislastverteilung hinsichtlich der Frage, welche der in § 438 Abs. 1 BGB aufgeführten Verjährungsfristen eingreift, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass die zweijährige Frist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 den Regelfall bilde (Staudinger /Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 438 Rn. 119; MünchKommBGB /Westermann, 7. Aufl., § 438 Rn. 11 [Grundfall]; Pammler in jurisPKBGB , 7. Aufl., § 438 Rn. 15 [Normalfall]; ähnlich Erman/Grunewald, BGB, 14. Aufl., § 438 Rn. 13 [Nr. 3 erfasse weit überwiegende Zahl der Fälle]), während die Tatbestände des § 438 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB hiervon Ausnahmen normierten (MünchKommBGB/Westermann, aaO; Pammler in jurisPKBGB , aaO). Hieraus wird vereinzelt abgeleitet, dass den Käufer die Beweislast für das Eingreifen einer längeren Verjährungsfrist treffe (Staudinger/Matusche- Beckmann, aaO). Dies solle auch für das Verhältnis der Verjährungsfristen von § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB (Baustoffe und Baumaterialien) und § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB gelten (Becker in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., § 438 BGB Rn. 3).
39
Diese Ansicht wird vom Berufungsgericht geteilt. Es hat daher der Klägerin die primäre Darlegungslast und die Beweislast dafür aufgebürdet, dass vorliegend die fünfjährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB gilt.
40
bb) Die Auffassung des Berufungsgerichts steht jedoch in Widerspruch zu dem allgemeinen Grundsatz, dass rechtsvernichtende Einwendungen von der Partei darzulegen und zu beweisen sind, die sich darauf beruft (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - VIII ZR 135/04, NJW-RR 2007, 705 Rn. 19). Daher ist der Schuldner, der sich auf den Eintritt der Verjährung als rechtsvernichtenden Umstand beruft, darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Voraussetzungen der von ihm in Anspruch genommenen Verjährungsvorschrift vorliegen (BGH, Urteile vom 20. Mai 2003 - X ZR 57/02, NJW-RR 2003, 1320 unter 2 b mwN; vom 19. Januar 2006 - III ZR 105/05, BGHZ 166, 29 Rn. 13 ff.).
41
(1) Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn das Gesetz für einen bestimmten Anspruch je nach Fallgestaltung verschieden lange Verjährungsfristen vorsieht (BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - X ZR 57/02, aaO [zur Beweislast bei § 638 Abs. 1 BGB aF]). Dementsprechend hat der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass zugunsten eines Unternehmers, der sich auf eine kürzere der in § 638 Abs. 1 BGB aF alternativ geregelten Verjährungsfristen (sechs Monate; bei Arbeiten an einem Grundstück ein Jahr; bei Bauwerken fünf Jahre) beruft, ein früherer Ablauf der Verjährungsfrist nur dann anzunehmen ist, wenn auszuschließen ist, dass das vom Unternehmer zu erstellende Werk der Herstellung eines Bauwerks diente (BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - X ZR 57/02, aaO).
42
(2) Nichts anderes hat für die kaufrechtlichen Verjährungsregelungen des § 438 Abs. 1 BGB zu gelten. Sieht das Gesetz verschiedene Verjährungsfristen für einen Gewährleistungsanspruch des Käufers vor, so hat der Verkäufer, der sich auf den Eintritt der Verjährung beruft (§ 214 Abs. 1 BGB), darzulegen und zu beweisen, dass keiner der vom Gesetzgeber als vorrangig aufgeführten Tatbestände einer längeren Verjährungsfrist (§ 438 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 BGB) vorliegt. Der Gesetzgeber hat im Rahmen des § 438 Abs. 1 BGB eine Rangfolge von Verjährungsfristen aufgestellt. Die zweijährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB soll nach dem im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers nur "im Übrigen" eingreifen, also nur dann, wenn kein vorrangiger Verjährungstatbestand Geltung beansprucht (vgl. auch BTDrucks. 14/6040, S. 228).
43
cc) Daher hat die Beklagte, die sich auf den Ablauf der kürzeren Frist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB beruft, darzulegen und zu beweisen, dass die vorrangige Verjährungsregelung des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB nicht zum Zuge kommt, also die Walzenzapfen entweder nicht in einem Bauwerk verwendet wurden oder sie entgegen ihrer üblichen Verwendungsweise hierfür verwendet wurden. Hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen der vorgenannten Vorschrift sind die nachfolgenden Grundsätze zu beachten.
44
(1) Nach der Gesetzesbegründung zu § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB kann hinsichtlich der Frage, ob die Kaufsache "für ein Bauwerk" verwendet worden ist, auf die zu § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB aF (jetzt § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB) entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden (Senatsurteil vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12, NJW 2014, 845 Rn. 19). Danach ist ein Bauwerk ei- ne unbewegliche, durch Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache. Von der Vorschrift erfasst sind nicht nur Neuerrichtungen von Bauwerken, sondern auch Erneuerungs- und Umbauarbeiten an einem errichteten Gebäude, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und wenn die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden sind (BT-Drucks. 14/6040, S. 227; Senatsurteil vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12, aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - VII ZR 182/10, NJW 2013, 601 Rn. 17 f.).
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Der Ausdruck "Bauwerk" beschreibt dabei nach der Auslegung, die er durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 638 Abs. 1 BGB aF erfahren hat, nicht nur die Ausführung des Baus als Ganzem, sondern auch die Herstellung der einzelnen Bauteile und Bauglieder, und zwar unabhängig davon, ob sie äußerlich als hervortretende, körperlich abgesetzte Teile in Erscheinung treten (BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - X ZR 57/02, aaO unter 2 a mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - VII ZR 287/95, NJW-RR 1998, 89 unter II). Daraus folgt, dass eine Kaufsache aus verschiedenen Gründen als "für ein Bauwerk verwendet" angesehen werden kann, nämlich dann, wenn sie selbst als Bauwerk einzustufen ist, oder wenn sie Bauteil oder Bauglied einer Sache ist, die ihrerseits die Kriterien eines Bauwerks erfüllt, und schließlich, wenn die Sache , deren Teil oder Glied die Kaufsache ist, zwar selbst kein Bauwerk ist, jedoch ihrerseits Bauteil oder Bauglied eines Bauwerks ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - X ZR 57/02, aaO mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - VII ZR 287/95, aaO). Im Streitfall kommen nach dem Vortrag der Klägerin die Alternativen zwei und drei in Betracht (Trocknungsanlage für Klärschlamm als eigenständiges Bauwerk oder als Teil des Bauwerks "Kläranlage").
46
(2) Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die gelieferten Walzenzapfen seien keine Sachen, welche üblicherweise für ein Bauwerk verwen- det würden, kann sie insoweit nicht auf Vortrag der Beklagten in den Tatsacheninstanzen verweisen. Auch ist der Anwendungsbereich des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht auf herkömmliche Baustoffe und Baumaterialien wie Beton, Zement, Bauholz, Fenster, Dachplatten oder ähnliche Materialien beschränkt. Ohne Erfolg erhebt die Revisionserwiderung ferner den Einwand, Einzelteile, die erst durch einen zusätzlichen Verarbeitungsschritt zu einem in eine Anlage einzusetzenden Bauteil (Walze) zusammengesetzt werden, seien nicht von § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB erfasst.
47
Denn den Gesetzesmaterialien sind solche Einschränkungen nicht zu entnehmen. Vielmehr war der Gesetzgeber bestrebt, im Interesse eines Gleichlaufs mit § 634a Abs.1 Nr. 2 BGB grundsätzlich sämtliche von einem Käufer für ein Bauwerk eingesetzten Materialien und Stoffe unter den Tatbestand des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB zu fassen, und zwar unabhängig davon, ob sie zu den "klassischen" Baumaterialien zählen und unabhängig davon, ob sie noch weiteren Verarbeitungsschritten zu unterziehen sind. Nicht erfasst werden sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nur solche Sachen, deren bauliche Verwendung außerhalb des Üblichen liegt, "etwa wenn ein Künstler extravagante Sachen verwendet, um einem Gebäude eine künstlerische Note zu geben" (BT-Drucks. 14/6040, S. 227). Damit hat sich der Gesetzgeber bezüglich der üblichen Verwendungsweise für eine objektive Betrachtungsweise entschieden; es soll nicht darauf ankommen, ob der Lieferant im Einzelfall von der konkreten Verwendungsweise Kenntnis hatte (BT-Drucks. aaO).

III.

48
Nach alledem hat das Urteil im angefochtenen Umfang keinen Bestand; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da sie nicht zur Endentscheidung reif ist. Denn das Berufungsgericht hat bislang zum Vorliegen der Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach §§ 651, 434 Abs. 1, § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 3, §§ 281, 249 Abs. 1 BGB, insbesondere eines von der Beklagten zu vertretenden Sachmangels, keine und zum Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 377 Abs. 2, 3 HGB sowie zum Eintritt der Verjährung nur unzureichende Feststellungen getroffen.
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Für das weitere Berufungsverfahren weist der Senat auf folgendes hin:
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1. Dem Berufungsurteil ist nicht zu entnehmen, ob die Klägerin der Beklagten eine Frist zur Nacherfüllung (§§ 439, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) gesetzt hat oder ob eine solche Fristsetzung entbehrlich war. An einer fehlenden Fristsetzung würde ein möglicher Schadensersatzanspruch der Klägerin jedoch nicht scheitern. Denn die Parteien haben die Nacherfüllungsobliegenheit der Beklagten zumindest konkludent abbedungen, was, wenn - wie hier - kein Verbrauchsgüterkauf vorliegt, uneingeschränkt möglich ist (vgl. § 475 Abs. 1 BGB). Die Parteien und H. haben sich nach den insoweit verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts am 10. Februar 2010 dahin verständigt , es solle ohne weiteres Zuwarten eine Neulieferung von Spannwalzen erfolgen , wobei H. der Klägerin hierfür eine Vergütung zahlen und die Klägerin ihrerseits hierfür von der Beklagten gegen Bezahlung 32 neue Walzenzapfen beziehen sollte. Bei der Besprechung am 10. Februar 2010 war allen Beteiligten bewusst, dass H. später Schadensersatzansprüche geltend machen würde, die schon anlässlich der Besprechung überschlägig beziffert und im Besprechungsprotokoll aufgeführt wurden.
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2. Bei der Frage, ob die von der Beklagten bezogenen Walzenzapfen gemäß § 377 Abs. 2, 3 HGB als genehmigt zu gelten haben, wird das Berufungsgericht auch - gegebenenfalls nach weiterem Vortrag der Parteien - zu erwägen haben, ob der Verständigung der Parteien und H. am 10. Februar 2010 nicht ein nachträglicher konkludenter Verzicht der Beklagten auf die Folgen einer etwaig verspäteten Mängelrüge zu entnehmen ist.
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3. Hinsichtlich der primären Darlegungslast der Beklagten zum Nichteingreifen des Verjährungstatbestands des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB dürfen keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Ein Sachvortrag zur Begründung eines rechtsvernichtenden Umstands ist dann schlüssig und erheblich , wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, den geltend gemachten Einwand als bestehend erscheinen zu lassen. Dabei ist es unerheblich, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 11). Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 29. Februar 2012 - VIII ZR 155/11, NJW 2012, 1647 Rn. 16 mwN). Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Beklagten zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die erhobene Verjährungseinrede (§ 214 Abs. 1 BGB) vorliegen (vgl. Senatsurteil vom 29. Februar 2012 - VIII ZR 155/11, aaO mwN). Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es, sofern ein Beweisantritt erfolgt ist, Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzel- heiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (Senatsurteil vom 29. Februar 2012 - VIII ZR 155/11, aaO mwN).
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Falls die Beklagte nicht in der Lage sein sollte, die beschriebenen (geringen ) Darlegungsanforderungen bezüglich der Ausräumung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB zu erfüllen, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob und inwieweit die Klägerin eine sekundäre Darlegungslast trifft. Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 01.11.2012 - 9 O 549/12 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 15.01.2015 - 10 U 1793/12 -

(1) Statt zurückzutreten, kann der Besteller die Vergütung durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung.

(2) Sind auf der Seite des Bestellers oder auf der Seite des Unternehmers mehrere beteiligt, so kann die Minderung nur von allen oder gegen alle erklärt werden.

(3) Bei der Minderung ist die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.

(4) Hat der Besteller mehr als die geminderte Vergütung gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Unternehmer zu erstatten. § 346 Abs. 1 und § 347 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern.

(2) Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnis sowie einer Sicherheitsleistung des Schuldners.