Oberlandesgericht München Beschluss, 16. März 2018 - 8 St (K) 3/18

bei uns veröffentlicht am16.03.2018

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

Der Antrag von Rechtsanwalt ...auf Bewilligung einer Pauschgebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Der Antragsteller war ab 05. 11.2015 schriftlich bevollmächtigter Verteidiger des inzwischen rechtskräftig verurteilten A. … und wurde am selben Tag durch Beschluss des Ermittlungsrichters beim BGH zum Pflichtverteidiger bestellt. Zudem besuchte im Verfahren Rechtsanwältin … zunächst auf Bitten des Antragstellers den damals Beschuldigten und übernahm gemäß Vertretungsanzeige vom 08.02.2016 aufgrund schriftlicher Vertretungsvollmacht vom 05.02.2016 die Wahlverteidigung. Sie machte mit Schreiben vom 12.05.2016 geltend, dass aufgrund der lang andauernden Hauptverhandlung mit 18 angesetzten Terminen die Beiordnung eines weiteren Verteidigers zur Sicherstellung der Durchführung der Hauptverhandlung geboten sei und wurde mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 23.05.2017 zu Verfahrenssicherung als zweite Pflichtverteidigerin bestellt. Im Revisionsverfahren beauftragte der Angeklagte mit schriftlicher Vollmacht vom 07.08.2017 zudem Rechtsanwalt ….

Mit Schreiben vom 20.04.2017 macht der Antragsteller gemäß § 51 Abs. 1 RVG eine Pauschgebühr „anstelle der gesetzlichen Gebührentatbestände VV 4100, 4101 und 4119,4120 für das Lesen und die Einarbeitung in die Ermittlungsakten“ von 15.360 € (netto) und für die Tätigkeiten in der Hauptverhandlung von mindestens 34.332,75 € (netto) jeweils nach Abzug der bereits festgesetzten bzw. ausbezahlten Pflichtverteidigergebühren geltend. Für die 24 von ihm wahrgenommenen Hauptverhandlungstermine setzt er dabei jeweils 1500 €/ Tag an. Für die „Tätigkeiten in der Revision“ begehrt er 10.000 € (netto).

Die Bezirksrevisorin wurde angehört; dem Antragsteller wurde Gelegenheit zur Stellungnahme hierauf gegeben.

II. Eine Pauschgebühr kann nicht bewilligt werden.

A.

Eine Pauschgebühr kann nur gewährt werden, wenn das Verfahren besonders umfangreich oder schwierig ist und zudem die verfassungsrechtlich zumutbare Grenze eines Sonderopfers infolge der Heranziehung als Pflichtverteidiger überschritten wird. Die Bewilligung einer Pauschgebühr stellt dabei die Ausnahme dar; die anwaltliche Mühewaltung muss sich von sonstigen - auch überdurchschnittlichen Sachen - in exorbitanter Weise abheben (BGH 4 StR 73/10 Beschluss vom 11.02.2014 Rdn. 5 zit. nach juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Hinzu kommt - sofern der Antrag auf die Gewährung von Pauschgebühren für verschiedene Verfahrensabschnitte gerichtet ist - dass nicht lediglich eine isolierte Betrachtung der Gebühren für einen Verfahrensabschnitt vorzunehmen ist. Die Pauschgebühr für eine anwaltliche Tätigkeit in einem Verfahrensabschnitt muss in Relation zu der gesamten Tätigkeit im Verfahren und den gesamten Gebühren des Pflichtverteidigers gesehen werden (OLG Hamm, Beschluss vom 28. Dezember 2016 - III-5 RVGs 79/16 Rdn. 8 zit. nach juris). Hiernach kam die Bewilligung einer Pauschgebühr nicht in Betracht.

B. Besonderer Umfang

Der Aktenumfang, dem eine gewisse Indizwirkung für die Frage des bedeutenden Umfangs i.S.d. § 51 Abs. 1 S. 1 RVG zukommt, war mit 11 Bänden bis zur Anklageerhebung überschaubar. Eine gewisse Kompensation des Umfangs wird bereits durch die - hier erfolgte - Beiordnung eines zweiten Pflichtverteidigers bewirkt (s. Nachweise bei Burhoff/Volpert RVG Straf- und Bußgeldsachen 5. A § 51 Rdn. 164).

C. Besondere Schwierigkeit

Eine besondere Schwierigkeit i.S.d. § 51 Abs. 1 S.1 RVG lag nicht vor. Der Schwierigkeitsgrad einer Staatsschutzsache ist zumindest im Grundsatz bereits durch die erhöhten Verfahrens- und Terminsgebühren für Verfahren im ersten Rechtszug vor den Oberlandesgerichten berücksichtigt (Burhoff/Volpert aaO Rdn. 36 bezogen auf die ebenfalls von VV RVG 4118 erfassten Schwurgerichtssachen und Wirtschaftsstrafsachen), ebenso wie die sogenannten Haftzuschläge bei dem inhaftierten Mandanten eine gewisse Kompensation des hierdurch erhöhten Aufwandes intendieren. Der Tatvorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland ist nicht per se geeignet, eine Schwierigkeit oder gar eine besondere Schwierigkeit i.S.d. § 51 Abs. 1 S. 1 RVG zu begründen, einen Deliktskatalog sieht § 51 RVG nicht vor. Staatsschutzsachen sind auch nicht generell besonders schwierig im Sinne des § 51 Abs. 1 S. 1 RVG (Senat Beschluss vom 02. Juni 2017 - 8 St (K) 1/17 Rdn. 15 f. zit. nach juris).

Dass „die besonderen Schwierigkeiten in erstinstanzlichen Staatsschutzverfahren…durch alle OLG in Deutschland anerkannt“ seien, wie im Antrag ausgeführt, ist unrichtig, zumal in einer Vielzahl von Staatsschutzsachen mangels Schwierigkeit oder Umfangs eine Hauptverhandlung in der Besetzung mit drei Richtern durchgeführt wird (§ 122 Abs. 2 S. 2 GVG), wie auch im vorliegenden Fall.

Besondere Umstände, die in Staatsschutzsachen anzutreffen sind und deren Schwierigkeit deutlich erhöhen würden - etwa lange oder lange zurückliegende Tatzeiträume, eine Vielzahl an Taten und Angeklagten, die Notwendigkeit der Beiziehung von Dolmetschern aufgrund sprachunkundiger Angeklagter oder fremdsprachiger Beweismittel - waren im vorliegenden Verfahren nicht gegeben. Vielmehr war der Angeklagte der deutschen Sprache mächtig, der Tatzeitraum lag nicht lange zurück und war insgesamt überschaubar. Der Angeklagte hatte sich selbst von Syrien aus über seinen Bruder an Verfassungsschutzbehörden gewandt, um seine Rückholung aus Syrien zu erreichen und in der Folgezeit in mehreren Vernehmungen umfassende Angaben zu seinem Aufenthalt in Syrien und seine Tätigkeit für den IS gemacht. Insoweit war auch der Tatnachweis im Wesentlichen nicht auf umfangreiche und ggf. verdeckte Ermittlungsmaßnahmen gegen den Angeklagten gestützt. Rechtsanwältin … hat sich in ihrem Beiordnungsantrag vom 12.05.2016 nicht auf Schwierigkeit oder Umfang der Sache berufen, sondern auf die Sicherung der Hauptverhandlung; lediglich aus Gründen der Verfahrenssicherung wurde sie dementsprechend auch als zweite Pflichtverteidigerin bestellt. D. Eine besondere Schwierigkeit oder besonderer Umfang liegen auch nicht darin, dass die Verteidigung, wie im Antrag ausgeführt, zahlreiche „umfangreiche und notwendige“ Anträge stellte, die ihrer Auffassung nach erforderlich waren, denn hierdurch hätte sie es in der Hand, einen Anspruch auf Pauschgebühr alleine durch gehäufte Antragstellung herbeizuführen. Da im Rahmen der Verteidigungsstrategie dem Rechtsanwalt ein weiter Spielraum zuzugestehen ist, sieht der Senat deren Grenzen nicht zwingend dort, wo Anträge dem Bereich der Konfliktverteidigung zuzurechnen sind oder von einem durch Wahlverteidiger vertretenen Angeklagten nicht gestellt worden wären (so OLG Hamm Beschluss vom 23. Juli 2012 - 5 RVGs 65/12 Rdn. 7 f. zit. nach juris; OLG Köln Beschluss vom 02. Dezember 2005 - 2 ARs 223/05 Rdn. 3 zit. nach juris). Dies gilt ungeachtet der Frage der Definition des Begriffs der Konfliktverteidigung (vgl. hierzu Dahs Handbuch des Strafverteidigers 8. A. Rdn. 450 mwN).

Die Grenze ist jedoch eindeutig dort zu ziehen, wo der Bereich angemessener und sinnvoller Verteidigung überschritten wird (vgl. Burhoff/Volpert aaO Rdn. 25), insbesondere wenn Anträge gestellt werden, bei denen ein ernst gemeintes Aufklärungsbemühen fernliegt.

Hierunter fällt ersichtlich der am 07.11.2016 gestellte Antrag,

– die Ehefrau des Angeklagten in Raqqa/Syrien im Rechtshilfeweg zu vernehmen, wobei einerseits ihr genauer Aufenthalt zunächst noch anhand der Geodaten eines Handyvideos aus dem Februar 2015 zu ermitteln sei, im schriftlichen Antrag aber zugleich behauptet wird, sie stehe „in Raqqa gerne für eine Aussage zur Verfügung.“

– und dem Senat zudem anheimgestellt wurde, zum Zwecke der Vernehmung dieser Zeugin ein Rechtshilfeersuchen „an Al-Baghdadi zu stellen, hilfsweise an die syrische Regierung“. Die Vernehmung werde dann unter Anwesenheit der Beteiligten „entweder von einem Shariarichter des IS oder eines Richters des völkermörderischen Assad-Regimes durchgeführt werden“.

In die gleiche Richtung gehen Anträge auf Vernehmung der Verteidigungsminister der USA, Frankreichs und Russlands sowie des Königs von Jordanien und des syrischen Staatspräsidenten zur Anzahl und Häufigkeit von Luftangriffen und sonstigem Beschuss auf Raqqa, die sämtlich als bedeutungslos bzw. aus den Gründen des § 244 Abs. 5 S. 2 StPO abgelehnt wurden, ungeachtet der Frage, inwieweit eine Ladung dieser Personen völkerrechtlich überhaupt zulässig wäre (vgl. BVerwG Beschluss vom 30. September 1988 - 9 CB 47/88) und dass erkennbar war, weshalb diese Zeugen eigene zeugnisfähige Wahrnehmungen zu diesen Beweisthemen haben sollten.

Auch die Sinnhaftigkeit und Angemessenheit perplexe Anträge, etwa dahingehend, das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen, welches einerseits damit begründet wurde, dass diverse beim Berliner Landesamt für Verfassungsschutz und beim BND gesicherte Chatverläufe und Screenshots der Kommunikation zwischen dem Angeklagten und seinem Bruder durch das BKA nicht zu den Ermittlungsakten genommen worden seien, die Aktenvollständigkeit somit nicht gegeben sei, und andererseits damit, dass gerade die Zusammenarbeit von BKA mit BND und Verfassungsschutz gegen das Trennungsverbot verstoße (vgl. Anlage 7.3 Seite 3, Anlage 11.3 Seite 3 f. zum Hauptverhandlungsprotokoll) erscheint in diesem Sinne zweifelhaft.

C.

Soweit der Verteidiger lange Wegstrecken und Reisezeiten hinsichtlich des ihn treffenden zeitlichen Aufwandes heranzieht, sind diese grundsätzlich bei der Entscheidung, ob überhaupt eine Pauschgebühr zu bewilligen ist, nicht zu berücksichtigen (s. Burhoff aaO Rdn. 134 f. mwN; nunmehr auch BGH Beschluss vom 01.06.2015 - 4 StR 267/11 Rdn. 6 zit. nach juris). Zur Anzahl und Dauer der aufwändigen Besuche in der JVA Neubrandenburg vor Verlegung des Angeklagten ist im Antrag schon nichts Näheres ausgeführt.

D.

Schließlich ist Voraussetzung für die Bewilligung einer Pauschvergütung, dass dem Pflichtverteidiger infolge ausschließlicher oder fast ausschließlicher Inanspruchnahme durch das Mandat ein unzumutbares Opfer auferlegt wird (BVerfG Beschluss vom 20.03.2007 2 BvR 51/07 Rdn. 3 zit. nach juris), was hier jedoch nicht der Fall ist. Die gesetzlichen Gebühren sind für den Verteidiger in der Regel zumutbar. Die Bestellung zum Pflichtverteidiger ist eine besondere Form der Indienstnahme Privater zu öffentlichen Zwecken. Dass der Vergütungsanspruch des Pflichtverteidigers unter den Rahmengebühren des Wahlverteidigers liegt, ist durch einen gemeinwohlorientierten Interessenausgleich gerechtfertigt, sofern die Grenze der Zumutbarkeit für den Pflichtverteidiger gewahrt ist. Dabei ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, die Bewilligung einer Pauschgebühr nicht nur von besonderen Schwierigkeiten oder einem besonderen Umfang des Verfahrens abhängig zu machen, sondern zusätzlich die Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren vorauszusetzen (BVerfG aaO Rdn. 5 zit. nach juris). Die Bewilligung einer Pauschvergütung ist daher die Ausnahme, die bei besonders umfangreichen und schwierigen Verfahren unzumutbare Sonderopfer des beigeordneten Rechtsanwalts vermeiden soll. Unzumutbar ist die Versagung einer Pauschvergütung insbesondere dann, wenn der beigeordnete Rechtsanwalt dadurch eine wirtschaftliche Existenzgefährdung erleiden würde (BVerfG Beschluss v. 01.06.2011 1 BvR 3171/10 Rdn. 39 zit. nach juris). Dass der Antragsteller durch das vorliegende Verfahren in dieser erheblichen Weise wirtschaftlich beeinträchtigt ist, ist nicht hinreichend dargetan. Es kann dahinstehen, ob dem OLG Düsseldorf (Beschluss vom 05.08.2015 III-3 AR 4/15 Rdn. 8 zit. nach juris) zu folgen ist, wonach hierfür eine jeweils an drei Tagen pro Woche über mehr als einen Monat hinweg stattfindende Hauptverhandlung erforderlich ist, was vorliegend nicht der Fall war, da der Durchschnitt bei knapp 3,5 Tagen/Monat lag. Jedenfalls ist eine fast ausschließliche Inanspruchnahme bei dieser Terminierung mit regelmäßig weniger als zwei Tagen pro Woche nicht gegeben; der Antragsteller selbst hat nur an 24 der 28 Termine teilgenommen, somit im Schnitt an 3 Tagen pro Monat. Dass die Übernahme und Wahrnehmung weiterer Mandate bis zum Beginn der Hauptverhandlung und im Anschluss hieran nicht möglich war oder gewesen wäre, ist nicht näher dargetan. Die Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren erfordert zudem eine konkrete Darlegung der Beeinträchtigungen des Kanzleibetriebes und der Einnahmesituation. Eine solche schwerwiegende Beeinträchtigung des Kanzleibetriebes ist weder dargelegt noch angesichts der Terminsdichte, des Aktenumfangs sowie der Mitwirkung einer weiteren Pflichtverteidigerin sowie eines Wahlverteidigers im Revisionsverfahren erkennbar.

E.

Hinsichtlich des Verfahrensabschnitts Revisionsverfahren wird zur Begründung der zu gewährenden Pauschgebühr lediglich die Notwendigkeit umfangreicher Besprechungen behauptet.

Auch hier liegen die Voraussetzungen für eine Pauschgebühr nicht vor. Der Angeklagte hat neben seinen beiden Pflichtverteidigern am 07.08.2017, somit zehn Tage vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist, zusätzlich einen Wahlverteidiger mit der Tätigkeit im Verfahrensabschnitt Revision beauftragt; die vom Faxanschluss einer B. RA-GmbH aus M. abgeschickte 29seitige Revisionsbegründung ist zudem nicht vom Antragsteller unterzeichnet sondern „i.V.“ ausweislich des Schriftbildes offenbar von der Pflichtverteidigerin Rechtsanwältin ….

Trotz der zahlreichen Anträge in der Hauptverhandlung - die laut Antrag umfangreich und notwendig waren - enthält die Revisionsbegründung keine einzige Verfahrensrüge.

Die ausgeführte Sachrüge im Anschluss an die knapp achtseitige Wiedergabe von Auszügen aus dem angefochtenen Urteil bezieht sich weitgehend auf die mehrfach in der Hauptverhandlung thematisierte Frage, ob das Verhalten des Angeklagten nach §§ 34, 35 StGB entweder gerechtfertigt oder entschuldigt gewesen sei. Hierzu enthält sie teils textgleiche Stellen aus während der Hauptverhandlung gestellten Anträgen (etwa Seite 13, 16 und 17 der Revisionsbegründung und Seite 14 bis 16 der Anlage 15.1 zum Hauptverhandlungsprotokoll; Seite 23 der Revisionsbegründung und Seite 2 der Anlage 16.2). Insoweit konnten bereits im Rahmen der Hauptverhandlung erbrachte Tätigkeiten ohne erheblichen Aufwand in das Revisionsverfahren transferiert werden. Wenn eine grundsätzliche Frage vorläge - wie nicht -, diese Frage aber - wie hier bereits Gegenstand des Verfahrens im ersten Rechtszug war und in der Revision keiner vertieften zusätzlichen Einarbeitung bedurfte, kommt eine Pauschgebühr nicht in Betracht (BGH 3 StR 486/06). Hinzu kommt, dass eine Vertretung des Pflichtverteidigers bei der Unterzeichnung der Revisionsbegründungsschrift durch einen anderen Rechtsanwalt allenfalls in den Fällen des § 53 Abs. 2 BRAO möglich ist (BGH Beschluss vom 21. Februar 2017 - 3 StR 554/16), was vorliegend offensichtlich wegen der unterschiedlichen Kanzleisitze des Antragstellers in W. einerseits und der weiteren Pflicht- und Wahlverteidiger … und … in M. andererseits ausscheidet. Somit hat der Antragsteller auch nicht die Verantwortung für die Inhalte der Revisionsbegründung durch eine eigenhändige Unterschrift wirksam übernommen.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Beschluss, 16. März 2018 - 8 St (K) 3/18

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Beschluss, 16. März 2018 - 8 St (K) 3/18

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 51 Festsetzung einer Pauschgebühr


(1) In Strafsachen, gerichtlichen Bußgeldsachen, Verfahren nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, in Verfahren nach dem IStGH-Gesetz, in Freiheitsentziehungs- und Unterbringungssachen sowie in Verfahren nach § 151 Nummer

Strafgesetzbuch - StGB | § 34 Rechtfertigender Notstand


Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der
Oberlandesgericht München Beschluss, 16. März 2018 - 8 St (K) 3/18 zitiert 8 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 51 Festsetzung einer Pauschgebühr


(1) In Strafsachen, gerichtlichen Bußgeldsachen, Verfahren nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, in Verfahren nach dem IStGH-Gesetz, in Freiheitsentziehungs- und Unterbringungssachen sowie in Verfahren nach § 151 Nummer

Strafgesetzbuch - StGB | § 34 Rechtfertigender Notstand


Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 53 Bestellung einer Vertretung


(1) Der Rechtsanwalt muss für seine Vertretung sorgen, wenn er 1. länger als eine Woche daran gehindert ist, seinen Beruf auszuüben, oder2. sich länger als zwei Wochen von seiner Kanzlei entfernen will. (2) Die Vertretung soll einem anderen Recht

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 122


(1) Die Senate der Oberlandesgerichte entscheiden, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozeßgesetze an Stelle des Senats der Einzelrichter zu entscheiden hat, in der Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden. (2) Die Strafsen

Strafgesetzbuch - StGB | § 35 Entschuldigender Notstand


(1) Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld. Dies g

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht München Beschluss, 16. März 2018 - 8 St (K) 3/18 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberlandesgericht München Beschluss, 16. März 2018 - 8 St (K) 3/18 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht München Beschluss, 02. Juni 2017 - 8 St (K) 1/17

bei uns veröffentlicht am 02.06.2017

Tenor Der Antrag des Rechtsanwalts A. H. auf Bewilligung einer Pauschgebühr wird zurückgewiesen. Gründe I. Der Antragsteller war ab 23.09.2015 infolge Vertretungsanzeige und gemäß Vollmachtsurkunde vom selben T

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2017 - 3 StR 554/16

bei uns veröffentlicht am 21.02.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 554/16 vom 21. Februar 2017 in der Strafsache gegen wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2017:210217B3STR554.16.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Juni 2015 - 4 StR 267/11

bei uns veröffentlicht am 01.06.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR267/11 vom 1. Juni 2015 in der Strafsache gegen wegen Diebstahls u.a. hier: Antrag auf Pauschgebühr Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juni 2015 beschlossen: Der Antrag von Rechtsanwalt L. aus Dor

Referenzen

(1) In Strafsachen, gerichtlichen Bußgeldsachen, Verfahren nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, in Verfahren nach dem IStGH-Gesetz, in Freiheitsentziehungs- und Unterbringungssachen sowie in Verfahren nach § 151 Nummer 6 und 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen, die über die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis hinausgeht, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind. Dies gilt nicht, soweit Wertgebühren entstehen. Beschränkt sich die Bewilligung auf einzelne Verfahrensabschnitte, sind die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis, an deren Stelle die Pauschgebühr treten soll, zu bezeichnen. Eine Pauschgebühr kann auch für solche Tätigkeiten gewährt werden, für die ein Anspruch nach § 48 Absatz 6 besteht. Auf Antrag ist dem Rechtsanwalt ein angemessener Vorschuss zu bewilligen, wenn ihm insbesondere wegen der langen Dauer des Verfahrens und der Höhe der zu erwartenden Pauschgebühr nicht zugemutet werden kann, die Festsetzung der Pauschgebühr abzuwarten.

(2) Über die Anträge entscheidet das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das Gericht des ersten Rechtszugs gehört, und im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt, durch unanfechtbaren Beschluss. Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung zuständig, soweit er den Rechtsanwalt bestellt hat. In dem Verfahren ist die Staatskasse zu hören. § 42 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Absatz 1 gilt im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. Über den Antrag nach Absatz 1 Satz 1 bis 3 entscheidet die Verwaltungsbehörde gleichzeitig mit der Festsetzung der Vergütung.

Tenor

Der Antrag des Rechtsanwalts A. H. auf Bewilligung einer Pauschgebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Der Antragsteller war ab 23.09.2015 infolge Vertretungsanzeige und gemäß Vollmachtsurkunde vom selben Tag Wahlverteidiger der inzwischen rechtskräftig verurteilten Denise Grüneberg. Mit Verfügung vom 20.01.2016 wurde er - unter Aufhebung der Beiordnung des bisherigen Pflichtverteidigers Rechtsanwalt M. - zum Pflichtverteidiger bestellt. Weiterer Pflichtverteidiger war infolge Verfügung vom 01.03.2016 Rechtsanwalt D.

Mit Schreiben vom 20.04.2017 beantragte Rechtsanwalt H. gemäß § 51 Abs. 1 RVG eine Pauschgebühr für das Verfahren bis zur Hauptverhandlung von 15.360 € (netto) und für das Hauptverfahren von mindestens 3-1.332,75 € (netto) jeweils nach Abzug der bereits festgesetzten bzw. ausbezahlten Pflichtverteidigergebühren In einem vorangegangenen - zurückgewiesenen - Antrag auf Bewilligung eines Vorschusses auf eine zu gewährende Pauschgebühr hatte er ausgeführt, dass für das Verfahren bis zur Hauptverhandlung eine Pauschgebühr von 3000 € (netto) zu bewilligen und für jeden Hauptverhandlungstag die Wahlverteidigerhöchstgebühr von 1.162,50 € angemessen sei.

Die Bezirksrevisorin wurde angehört; dem Antragsteller wurde Gelegenheit zur Stellungnahme hieraufgegeben.

II. Eine Pauschgebühr kann nicht bewilligt werden.

A. Der Senat entscheidet durch den Einzelrichter, da eine - beantragte - Vorlage an den Senat nur zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in Betracht kommt und weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, inwieweit diese durch die vorliegende Einzelfallentscheidung berührt ist.

B. Eine Pauschgebühr kann nur gewährt werden, wenn das Verfahren besonders umfangreich oder schwierig ist und zudem die verfassungsrechtlich zumutbare Grenze eines Sonderopfers infolge der Heranziehung als Pflichtverteidiger überschritten wird. Die Bewilligung einer Pauschgebühr stellt dabei die Ausnahme dar; die anwaltliche Mühewaltung muss sich von sonstigen - auch überdurchschnittlichen Sachen - in exorbitanter Weise abheben (BGH 4 StR 73/10 Beschluss vom 11.02.2014 Rdn. 5 zit. nach juris). Dies ist nicht der Fall. Hinzu kommt, dass nicht lediglich eine isolierte Betrachtung der Gebühren für einen Verfahrensabschnitt vorzunehmen ist. Die Pauschgebühr für eine anwaltliche Tätigkeit in einem Verfahrensabschnitt muss in Relation zu der gesamten Tätigkeit im Verfahren und den gesamten Gebühren des Pflichtverteidigers gesehen werden (OLG Hamm, Beschluss vom 28. Dezember 2016 5 RVGs 79/16 Rdn. 8 zit. nach juris). Hiernach kam die Bewilligung einer Pauschgebühr nicht in Betracht.

a) Besonderer Umfang

Zutreffend ist, dass das Verfahren umfangreich war, insbesondere aufgrund der in den Akten enthaltenen vielfältigen Kommunikationsinhalte der Angeklagten und früherer Mitbeschuldigter; ein besonderer Umfang lag jedoch nicht vor.

Eine gewisse Kompensation des Umfangs wird bereits durch die Beiordnung eines zweiten Pflichtverteidigers bewirkt (Burhoff RVG in Straf- und Bußgeldsachen 4. A § 51 Rdn. 162). Der Antragsteller hatte selbst - vor Entpflichtung des RA M. - seine eigene Beiordnung als zweiter Pflichtverteidiger im Hinblick auf den Umfang beantragt. Von einer arbeitsteiligen Vorgehensweise ist, wie sich auch hinsichtlich der Schlussvorträge der beiden Pflichtverteidiger der Angeklagten G. und der Antragstellung in der Hauptverhandlung gezeigt hat, somit auszugehen.

Ebenso wenig verfängt der Verweis des Antragstellers auf die Entscheidung des OLG Koblenz v. 21.12.2016 1 AR 105/16. Wie sich schon aus dem vom Antragsteiler zitierten Beschlussinhalt ergibt, betrug der Aktenumfang für die erstmalige Einarbeitung dort etwa das Dreifache des Aktenbestandes im hiesigen Verfahren Hinzu kommen weitere Umstände, die sich in dem Beschluss wiederfinden, etwa dass anders als vorliegend mit lediglich 4 Angeklagten es dort um 26 Angeklagte ging (OLG Koblenz aaO Rdn. 2 zit. nach juris). Soweit zudem der Berichterstattung über den dort gegenständlichen Strafprozess - und insofern allgemeinkundig - zu entnehmen ist, war neben dem eigentlichen Organisationsdelikt anders als vorliegend eine Vielzahl von Delikten im Rahmen der Betätigung der Organisation in wechselnder Zusammensetzung der Angeklagten verfahrensgegenständlich, was zu einer im Gegensatz zum hiesigen Verfahren deutlich erhöhten Komplexität führte. Soweit der Antragsteller im Hinblick auf den Aktenumfang auch auf Beiakten von früheren Mitbeschuldigten abstellt, hat der Senat diese nicht beigezogen, sondern die Verteidiger haben insoweit Akteneinsicht durch die Bundesanwaltschaft erhalten. Eine Berücksichtigung dieser Aktenteile -soweit sie nicht ohnehin bis zur Abtrennung teilidentisch mit den hiesigen Verfahrensakten waren - beim Umfang des gegenständlichen Verfahrens kommt daher nicht in Betracht.

b) Besondere Schwierigkeit

Eine besondere Schwierigkeit i.S.d. § 51 Abs. 1 RVG lag nicht vor. Der Schwierigkeitsgrad einer Staatsschutzsache ist zumindest im Grundsatz bereits durch die erhöhten Verfahrens- und Terminsgebühren für Verfahren im ersten Rechtszug vor den Oberlandesgerichten berücksichtigt (Burhoff aaO Rdn. 39 bezogen auf die ebenfalls von VV RVG 4118 erfassten Schwurgerichtssachen und Wirtschaftsstrafsachen), ebenso wie die sogenannten Haftzuschläge bei der inhaftierten Mandantin eine gewisse Kompensation des hierdurch erhöhten Aufwandes intendieren. Besondere Umstände, die in Staatsschutzsachen oftmals anzutreffen sind und deren Schwierigkeit deutlich erhöhen - etwa lange oder lange zurückliegende Tatzeiträume, eine Vielzahl an Taten, die Notwendigkeit der Beiziehung von Dolmetschern aufgrund sprachunkundiger Angeklagter oder fremdsprachiger Beweismittel sowie Auslandssachverhalte - waren nicht gegeben.

Soweit der Antragsteller auf BayObLG 6 St 006/04 v. 17.11.2005 (abrufbar unter http; …www.burhoff.de/burhoff/rvginhalte/138.htm) verweist und -wie Burhoff aaO Rdn. 38 - behauptet, dort werde postuliert, Staatsschutzsachen seien generell als besonders schwierig anzusehen, ist dies unzutreffend. Vielmehr führt das BayObLG dort aus, dass „das Strafverfahren (…) auch unter Berücksichtigung der üblichen Problematik von Staatsschutzsachen, was insoweit bereits in der Anhebung der gesetzlichen Gebühren berücksichtigt ist, besonders schwierig und umfangreich“ gewesen sei. Das BayObLG geht also mitnichten von einer generellen besonderen Schwierigkeit i.S.d. § 51 Abs. 1 RVG aus, sondern davon, dass grundsätzlich die erhöhten Gebührenrahmen ausreichen und es setzt sich, wie auch die weiteren Entscheidungsgründe ergeben, sodann mit den konkreten verfahrensbezogenen Besonderheiten (Aktenumfang, Einarbeitung während laufender Hauptverhandlung, Parallelverfahren u.a.) auseinander und stützt nur auf diese die besondere Schwierigkeit und den besonderen Umfang. Eine derartige Betrachtung von Staatsschutzsachen als generell „besonders schwierig“ i.S.d. § 51 Abs. 1 RVG wäre auch kaum mit der gesetzlichen Regelung in § 122 Abs. 2 S. 2 GVG vereinbar, wonach bei erstinstanzlichen Verfahren vor dem Oberlandesgericht nur bei Umfangoder Schwierigkeit in der Besetzung mit 5 Richtern verhandelt wird. Bereits nach der Logik des GVG gibt es also erstinstanzliche Verfahren vor dem Oberlandesgericht, die weder umfangreich noch schwierig sind oder aber nur eines von beiden, wie auch zahlreiche Staatsschutzverfahren vor verschiedenen Oberlandesgerichten belegen, die in der Besetzung mit drei Richtern verhandelt wurden und werden.

Soweit der Antragsteller geltend macht, der Senat habe selbst im Nichtabhilfebeschluss vom 08.12.2016 festgestellt, das Verfahren sei schwierig, ist dies unerheblich. Denn eine Pauschgebühr setzt nach dem klaren Wortlaut des § 51 Abs. 1 RVG nicht nur die Schwierigkeit der Sache, sondern einebesondere Schwierigkeit voraus. Eine solche hat der Senat aber nicht in dem Beschluss vom 08.12.2016 behauptet.

c) Soweit der Verteidiger lange Wegstrecken und Reisezeiten hinsichtlich des ihn treffenden zeitlichen Aufwandes heranzieht, sind diese grundsätzlich bei der Entscheidung, ob überhaupt eine Pauschgebühr zu bewilligen ist, nicht zu berücksichtigen (s. Burhoff aaO Rdn. 134 f. mwN; nunmehr auch BGH Beschluss vom 01.06.2015 - 4 StR 267/11 Rdn. 6 zit. nach juris). Ebenso unerheblich ist es, dass der Verteidiger bei Mandatsannahme - also offenbar bereits als Wahlverteidiger - davon ausging, es werde eine Hauptverhandlung in Dresden stattfinden.

d) Schließlich ist Voraussetzung für die Bewilligung einer Pauschvergütung, dass dem Pflichtverteidiger infolge ausschließlicher oder fast ausschließlicher Inanspruchnahme durch das Mandat ein unzumutbares Opfer auferlegt wird (BVerfG Beschluss vom 20.03.2007 2 BvR 51/07 Rdn. 3 zit. nach juris), was hier jedoch nicht der Fall ist.

Die gesetzlichen Gebühren sind für den Verteidigers in der Regel zumutbar. Die Bestellung zum Pflichtverteidiger ist eine besondere Form der Indienstnahme Privater zu öffentlichen Zwecken. Dass der Vergütungsanspruch des Pflichtverteidigers unter den Rahmengebühren des Wahlverteidigers liegt, ist durch einen gemeinwohlorientierten Interessenausgleich gerechtfertigt, sofern die Grenze der Zumutbarkeit für den Pflichtverteidiger gewahrt ist. Dabei ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, die Bewilligung einer Pauschgebühr nicht nur von besonderen Schwierigkeiten oder einem besonderen Umfang des Verfahrens abhängig zu machen, sondern zusätzlich die Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren vorauszusetzen (BVerfG aaO Rdn. 5 zit. nach juris). Die Bewilligung einer Pauschvergütung ist daher die Ausnahme, die bei besonders umfangreichen und schwierigen Verfahren unzumutbare Sonderopfer des beigeordneten Rechtsanwalts vermeiden soll. Unzumutbar ist die Versagung einer Pauschvergütung insbesondere dann, wenn der beigeordnete Rechtsanwalt dadurch eine wirtschaftliche Existenzgefährdung erleiden würde (BVerfG Beschluss v. 01.06.2011 1 BvR 3171/10 Rdn. 39 zit. nach juris).

Dass der Antragsteller durch das vorliegende Verfahren in dieser erheblichen Weise wirtschaftlich beeinträchtigt ist. ist nicht hinreichend dargetan. Es kann dahinstehen, ob dem OLG Düsseldorf (Beschluss vom 05.08.2015 MI 3 AR 4/15 Rdn. 8 zit. nach juris) zu folgen ist, wonach eine jeweils an drei Tagen pro Woche über mehr als einen Monat hinweg stattfindende Hauptverhandlung erforderlich ist, was vorliegend nicht der Fall war, da der Durchschnitt bei knapp einem Tag/Woche lag. Jedenfalls ist eine fast ausschließliche Inanspruchnahme bei dieser Terminierung mit regelmäßig nicht mehr als zwei Tagen pro Woche und mit längeren - schon bei der Terminierung für die Verteidiger erkennbaren und somit planbaren -Sitzungspausen im Mai und August 2016 nicht gegeben.

Dass die Übernahme und Wahrnehmung weiterer Mandate bis zum Beginn der Hauptverhandlung und im Anschluss hieran nicht möglich war oder gewesen wäre, ist nicht näher dargetan. Die Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren erfordert, worauf der Antragsteller schon bei seinem Antrag auf Bewilligung eines Vorschusses sowie im Rahmen seiner Gegenvorstellung und nunmehr nochmals durch den Bezirksrevisor in der Stellungnahme vom 02.05.2017 hingewiesen wurde, eine konkrete Darlegung der Beeinträchtigungen des Kanzleibetriebes und der Einnahmesituation. Eine solche schwerwiegende Beeinträchtigung des Kanzleibetriebes ist nicht erkennbar. Der Antragsteller hat ersichtlich neben der hiesigen Hauptverhandlung nach seinem Vorbringen mindestens ein Mandat in einem Umfangsverfahren in Dresden geführt und dabei wegen Terminskollisionen im dortigen Verfahren etwa jeweils einen (Mai, Juni, Juli) bzw. jeweils zwei (September, Oktober, November) Termine pro Monat nicht wahrnehmen können. Die Verhinderung an lediglich neun kollidierenden Hauptverhandlungsterminen - bei bis 17.11.2016 laut Presseberichten rund 70 Hauptverhandlungstagen des sogenannten „lnfinus“-Prozesses - belegt jedoch nicht, dass weitere auch umfangreiche Mandate nicht oder nicht ausreichend bearbeitet werden konnten, zumal der Antragsteller auch im hiesigen Verfahren an sechs Terminen entweder nicht teilgenommen oder aber vorzeitig die Teilnahme beendet hat.

Ungeachtet der fehlenden Darlegung zu den Beeinträchtigungen der Einnahmesituation durch das vorliegende Mandat ergibt sich bei (notwendigerweise überschlägiger) Berechnung zu den zeitlichen Beeinträchtigungen Folgendes:

Ausgehend von im Antrag dargelegten Zeitaufwand von 20 Arbeitstagen für die vollständige Einarbeitung im Vorverfahren (hier berechnet mit 8 Stunden/Tag) = 160 Stunden,

- 6 Besuchen mit einer Dauer von 1-2 Stunden bei der inhaftierten Angeklagten, aufgerundet auf je 2 Stunden = 12 Stunden

- einer Gesamtdauer der Hauptverhandlungstermine von aufgerundet 145 Stunden (einschließlich der Termine, an denen der Antragsteller gar nicht oder nur zeitweise anwesend war)

– sowie einem Aufschlag in gleicher Höhe der Terminsdauer für die etwaige Vor- und Nachbereitung der Termine, also weiteren 145 Stunden resultiert aus der Addition dieser Zeiten ein Aufwand (ohne Reisezeiten) von 462 Stunden. Berechnet man die zeitliche Inanspruchnahme durch das Mandat, so ergibt sich ab Mandatsübernahme am 23.09.2015 bis Urteilsverkündung am 15.03.2017, also bei knapp 18 Monaten anwaltlicher Tätigkeit, ein Durchschnitt von 462 h/18 Monate = 25,5 h/Monat durch das vorliegende Verfahren. Die Arbeitskraft des Antragsteilers war daher weder überwiegend noch im Wesentlichen durch das vorliegende Verfahren in Anspruch genommen.

(1) Die Senate der Oberlandesgerichte entscheiden, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozeßgesetze an Stelle des Senats der Einzelrichter zu entscheiden hat, in der Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden.

(2) Die Strafsenate entscheiden über die Eröffnung des Hauptverfahrens des ersten Rechtszuges mit einer Besetzung von fünf Richtern einschließlich des Vorsitzenden. Bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt der Strafsenat, daß er in der Hauptverhandlung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt ist, wenn nicht nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung zweier weiterer Richter notwendig erscheint. Über die Einstellung des Hauptverfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses entscheidet der Strafsenat in der für die Hauptverhandlung bestimmten Besetzung. Ist eine Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen worden, kann der nunmehr zuständige Strafsenat erneut nach Satz 2 über seine Besetzung beschließen.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR267/11
vom
1. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
hier: Antrag auf Pauschgebühr
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juni 2015 beschlossen:
Der Antrag von Rechtsanwalt L. aus Dortmund, ihm für seine Tätigkeit als Pflichtverteidiger des Angeklagten für die Revisionshauptverhandlung eine Pauschvergütung zu bewilligen, wird abgelehnt.

Gründe:


1
1. Der Antragsteller wurde dem Angeklagten durch Verfügung des Vorsitzenden des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 7. Juli 2011 als Verteidiger für die Hauptverhandlung vor dem Bundesgerichtshof bestellt. Gegenstand des Verfahrens war eine Revision der Staatsanwaltschaft.
2
Rechtsanwalt L. hat an der Revisionshauptverhandlung vom 11. August 2011 teilgenommen. Diese dauerte von 9.15 Uhr bis 10.10 Uhr. In der Zeit von 9.40 Uhr bis 10.00 Uhr war die Sitzung unterbrochen.
3
Mit Schreiben vom 4. November 2014 hat Rechtsanwalt L. beantragt , ihm für die Wahrnehmung des Hauptverhandlungstermins gemäß § 51 RVG eine Pauschgebühr zu bewilligen, weil für ihn ein zweitägiger Aufwand erforderlich gewesen sei, um den Termin wahrnehmen zu können. Das gesetzliche Abwesenheitsgeld reiche für eine Abgeltung nicht aus.
4
2. Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG für die Vorbereitung und Wahrnehmung der Revisionshauptverhandlung vor dem Bundesgerichtshof - nur insoweit ist der Bundesgerichtshof nach § 51 Abs. 2 Satz 2 RVG zuständig (BGH, Beschluss vom 8. September 1970 - 5 StR 704/68, BGHSt 23, 324) - liegen nicht vor.
5
a) Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG ist Voraussetzung der Bewilligung einer Pauschgebühr, die über die gesetzlichen Gebühren hinausgeht, dass diese wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache bzw. des betroffenen Verfahrensabschnitts nicht zumutbar ist. Die Bewilligung einer Pauschgebühr stellt dabei die Ausnahme dar; die anwaltliche Mühewaltung muss sich von sonstigen - auch überdurchschnittlichen Sachen - in exorbitanter Weise abheben (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2014 - 4 StR 73/10, Rn. 5; Beschluss vom 17. September 2013 - 3 StR 117/12, Rn. 5). Bei der Beurteilung ist ein objektiver Maßstab zu Grunde zu legen (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1264, 1265 mwN). Entscheidend ist, ob die konkrete Strafsache selbst umfangreich war und infolge dieses Umfangs eine zeitaufwändigere , gegenüber anderen Verfahren erhöhte Tätigkeit des Verteidigers erforderlich geworden ist. Dabei ist nur der Zeitaufwand berücksichtigungsfähig, der allein aus verfahrensbezogenen Tätigkeiten des Pflichtverteidigers herrührt, nicht hingegen solcher, der seinen Grund in nur verteidigerbezogenen/persönlichen Umständen hat (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24. August 2010 - 1 AR 2/09, Rn. 18 zitiert nach juris; OLG Hamm, NStZ 2007, 343).
6
b) Gemessen daran erscheinen dem Senat die gesetzlichen Gebühren als angemessen und ausreichend. Die rechtlich nicht schwierige Strafsache hatte keinen besonderen Umfang. Dass die Wahrnehmung des Hauptverhandlungstermins für den Verteidiger mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden war, ändert daran nichts. Sie beruht auf in seiner Person liegenden Umständen und wird durch den Anspruch auf Erstattung der entstandenen Fahrt- und Übernachtungskosten sowie auf Zahlung eines Tages- und Abwesenheitsgeldes ausgeglichen (Nr.  7003 ff. VV zu § 2 Abs. 2 RVG), der von dem Verteidiger offensichtlich auch geltend gemacht worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 2002 - 4 StR 225/00 zu § 99 BRAGO; OLG Nürnberg, Beschluss vom 30. Dezember 2014 - 2 AR 36/14, Rn. 42 zitiert nach juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24. August 2010 - 1 AR 2/09, Rn. 18 zitiert nach juris; OLG Hamm, NStZ 2007, 343; Kroiß in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., § 51 Rn. 23 Stichwort Reisekosten; Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., § 51 Rn. 99). Dass die Nichtberücksichtigung des erforderlichen Zeitaufwands für die Anreise zum Gerichtsort bei der Bemessung des Umfangs der Sache nach § 51 RVG zu einer Überschreitung der von Verfassungs wegen zu beachtenden Zumutbarkeitsgrenze führt, ist weder dargetan noch ersichtlich (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1264, 1265).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

(1) Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld. Dies gilt nicht, soweit dem Täter nach den Umständen, namentlich weil er die Gefahr selbst verursacht hat oder weil er in einem besonderen Rechtsverhältnis stand, zugemutet werden konnte, die Gefahr hinzunehmen; jedoch kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden, wenn der Täter nicht mit Rücksicht auf ein besonderes Rechtsverhältnis die Gefahr hinzunehmen hatte.

(2) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig Umstände an, welche ihn nach Absatz 1 entschuldigen würden, so wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte. Die Strafe ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Der Rechtsanwalt muss für seine Vertretung sorgen, wenn er

1.
länger als eine Woche daran gehindert ist, seinen Beruf auszuüben, oder
2.
sich länger als zwei Wochen von seiner Kanzlei entfernen will.

(2) Die Vertretung soll einem anderen Rechtsanwalt übertragen werden. Sie kann auch durch Personen erfolgen, die die Befähigung zum Richteramt erworben oder mindestens zwölf Monate des Vorbereitungsdienstes nach § 5b des Deutschen Richtergesetzes absolviert haben. In den Fällen des Satzes 2 gilt § 7 entsprechend.

(3) Soll die Vertretung einem anderen Rechtsanwalt übertragen werden, so soll der Rechtsanwalt diesen selbst bestellen. Soll die Vertretung durch eine andere Person erfolgen oder findet der Rechtsanwalt keine Vertretung, so ist die Vertretung auf Antrag des Rechtsanwalts von der Rechtsanwaltskammer zu bestellen.

(4) Hat es ein Rechtsanwalt in den Fällen des Absatzes 1 unterlassen, eine Vertretung zu bestellen oder deren Bestellung zu beantragen, so soll die Rechtsanwaltskammer eine Vertretung von Amts wegen bestellen. Zuvor soll sie den Rechtsanwalt auffordern, die Vertretung selbst zu bestellen oder deren Bestellung zu beantragen. Ein Rechtsanwalt, der von Amts wegen als Vertretung bestellt wird, kann die Vertretung nur aus wichtigem Grund ablehnen.

(5) Die Bestellung kann jederzeit widerrufen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 554/16
vom
21. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:210217B3STR554.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 21. Februar 2017 gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision desAngeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 31. August 2016 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer Menge unter Einbeziehung der Strafe aus einer Vorverurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten ist unzulässig (§ 349 Abs. 1 StPO).
2
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift Folgendes ausgeführt: "Die Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht im Sinne des § 345 Abs. 2 StPO begründet worden ist. Die Revisionsbegründungsschrift ist entgegen dieser Vorschrift nicht vom Pflichtverteidiger des Beschuldigten, Rechtsanwalt H. , sondern 'i.V.' für den 'nach Diktat ortsabwesenden Rechtsanwalt H. ' von dem in Bürogemeinschaft mit Rechtsanwalt H. tätigen Rechtsanwalt Ho. unterzeichnet; auf diesen konnte der Pflichtverteidiger seine Befugnisse indes nicht wirksam übertragen. An- haltspunkte dafür, dass der Unterzeichner als allgemeiner Vertreter des Pflichtverteidigers gemäß § 53 Abs. 2 BRAO tätig geworden ist, sind nicht ersichtlich (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2016 - 3 StR 268/16 mwN)."
3
Dem stimmt der Senat zu.
Becker Schäfer Gericke Tiemann Hoch