Oberlandesgericht München Endurteil, 24. Sept. 2015 - 23 U 1250/15

bei uns veröffentlicht am24.09.2015
vorgehend
Landgericht München II, 12 O 3657/14, 16.01.2015

Gericht

Oberlandesgericht München

Gründe

Oberlandesgerichts München

Az.: 23 U 1250/15

Verkündet am 24.09.2015

IM NAMEN DES VOLKES

folgendes

Endurteil

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München II vom 16.01.2015, Az. 12 O 3657/14, abgeändert wie folgt:

Die Zwangsvollstreckung aus dem mit Beschluss des Landgerichts München II vom 02.06.2014 in Verbindung mit dem Beschluss vom 16.07.2014, Az. 10 O 2425/14 für vollstreckbar erklärten Urteil des Amtsgerichts Sueca/Spanien vom 09.04.2008, Az. 90/2007, wird in Höhe von 4.000,00 € für unzulässig erklärt.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO wie folgt begründet:

I. Der Kläger begehrt vorliegend die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Urteil des Amtsgerichts Sueca in Spanien.

Durch Urteil des Amtsgerichts Sueca/Spanien vom 09.04.2008, Az. 90/07, wurde der Kläger zur Zahlung von 3.273,96 € nebst Zinsen und Gerichtskosten an die Beklagte verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers war erfolglos.

Auf Antrag der Beklagten wurde durch Beschluss des Landgerichts München II vom 02.06.2014, Az. 10 O 2425/14, angeordnet, dass der spanische Titel mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist. Die Vollstreckungsklausel wurde durch den Rechtspfleger des Landgerichts München II am 04.06.2014 erteilt. Durch Beschluss des Landgerichts München II vom 16.07.2014 wurde der Beschluss vom 02.06.2014, Az. Az. 10 O 2425/14, dahingehend ergänzt, dass der Beklagten Prozesskostenhilfe für das Vollstreckungsverfahren bewilligt wurde und dass Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.273,96 € seit 01.03.2007 zu zahlen sind.

Gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 02.06.2014, Az. 10 O 2425/14, legte der Kläger Beschwerde ein. Nach Hinweis des Vorsitzenden des 25. Senats des Oberlandesgerichts München vom 25.07.2014 (Az. 25 W 1339/14) nahm der Kläger die Beschwerde zurück. Daraufhin wurde er des eingelegten Rechtsmittels der Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 02.06.2014 mit Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 18.08.2014, Az. 25 W 1339/14, für verlustig erklärt.

Durch Urteil des Landesgerichts Bozen - Außenstelle Meran - vom 07.06.2006, Az. 123/2006 (Anlage K4), wurde die Beklagte zur Zahlung von 15.544,12 € nebst Zinsen und Kosten an die am 27.10.2006 verstorbene W1 G. verurteilt. Für deren Nachlass wurde am 03.05.2010 durch das Amtsgericht Weilheim, Az. VI 306/06, Rechtsanwalt Dr. E. zum Nachlasspfleger bestellt. Der Kläger erklärte im Rahmen der Klageerhebung die Aufrechnung in Höhe von 4.000,00 € hinsichtlich der Forderung gegen die Beklagte aus dem genannten Urteil des Landesgerichts Bozen, die ihm nach seiner Behauptung am 04.07.2014 abgetreten wurde.

Der Kläger macht geltend, dass der Nachlasspfleger des Nachlasses von W1 G., Rechtsanwalt Dr. E., am 11.03.2011 Rechtsanwalt Dr. P. einen Auftrag zur Beitreibung der Forderung aus dem Urteil des Landgerichts Bozen - Außenstelle Meran - vom 07.06.2006 erteilt habe, der auch die Befugnis umfasse, Abtretungen der titulierten Forderung vorzunehmen (Anlage K5). Aufgrund dessen habe ihm der bevollmächtigte Rechtsanwalt Dr. P. am 04.07.2014 einen Teil der Forderung gegen die Beklagte in Höhe von 4.000,00 € abgetreten. Der Kläger ist der Meinung, er sei mit der Aufrechnung auch nicht nach § 14 AVAG präkludiert, da die erste Alternative der Vorschrift eingreife.

Der Kläger hat daher in erster Instanz beantragt:

Die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Urteil des Amtsgerichts Sueca /Spanien, Az. 90/2007 vom 09.04.2008, versehen mit der Vollstreckungsklausel des Landgerichts München II vom 04.06.2014, Az. 10 O 2425/14, wird für unzulässig erklärt.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Abtretung eines Teils der titulierten Forderung aus dem Urteil des Landgerichts Bozen. Der Kläger sei mit der Aufrechnung präkludiert, da er diese Forderung bereits im Jahr 2009 im Verfahren vor dem Landgericht München II und Oberlandesgericht München, Az. 2 O 3989/08, zur Aufrechnung gestellt habe. Zudem sei der Kläger mit der Aufrechnung gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 AVAG präkludiert, da diese Einwendung erst nach Ende des Beschwerdeverfahrens im Rahmen der Vollstreckbarerklärung entstanden sei.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger mit der behaupteten Aufrechnung nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 AVAG präkludiert sei, da er Beschwerde eingelegt habe. Da dem Kläger nach seiner Behauptung schon am 04.07.2014 die von ihm aufgerechneten Ansprüche abgetreten worden seien, hätte er diese Abtretung noch im Beschwerdeverfahren im Wege der Aufrechnung geltend machen müssen. Die weiteren Fragen nach dem Vorhandensein und der Wirksamkeit einer Abtretung hat das Landgericht, da nicht entscheidungserheblich, offen gelassen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung und rügt eine Verletzung von § 139 ZPO, da die Frage der Präklusion der geltend gemachten Aufrechnung gemäß § 14 AVAG in der mündlichen Verhandlung nicht erörtert worden sei. Zudem liege eine fehlerhafte Rechtsanwendung vor, da aufgrund der Rücknahme der Beschwerde im Rahmen der Vollstreckbarerklärung keine Präklusion gemäß § 14 AVAG eingetreten sei.

Der Kläger beantragt daher:

Das am 16.01.2015 verkündete Urteil des Landgerichts München II, Az. 12 O 3657/14, wird aufgehoben.

Die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Urteil des Amtsgerichts Sueca /Spanien, Az. 90/2007 vom 09.04.2008, versehen mit der Vollstreckungsklausel des Landgerichts München II vom 04.06.2014, Az. 10 O 2425/14, wird in Höhe von 4.000,00 € für unzulässig erklärt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise der Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gemäß § 712 ZPO gegen Sicherheitsleistung abzuwenden, ferner hilfsweise der Beklagten die Befugnis einzuräumen, Sicherheitsleistung durch Bürgschaft einer Bank stellen zu können.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Ergänzend wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2015 und die gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung ist begründet, da aufgrund der von dem Kläger geltend gemachten Aufrechnung in Höhe von 4.000,00 € die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Sueca/Spanien vom 09.04.2008, Az. 90/2007, vollstreckbar erklärt durch Beschluss des Landgerichts München II vom 02.06.2014 i. V. m. dem Beschluss vom 16.07.2014, Az. 10 O 2425/14, in Höhe von 4.000,00 € unzulässig ist. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 24.09.2015 seinen Klageantrag dahingehend präzisiert, dass die Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung in Höhe von 4.000,00 € entsprechend der Höhe der geltend gemachten Aufrechnung begehrt werde.

1. Die von dem Kläger erhobene Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO ist zulässig.

1.1. Insbesondere war das Landgericht München II international zuständig.

Vorliegend besteht eine ausschließliche internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 22 Nr. 5 EuGVVO aF, da die Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO hiervon umfasst ist (Stadler in: Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl. 2015, EuGVVO a. F., Art. 22 Rz. 10). Die Beklagte hat vorliegend die Vollstreckbarerklärung des spanischen Urteils in Deutschland am 28.05.2014 bei dem Landgericht München II (Az. 10 O 2425/14) beantragt und daher soll die Zwangsvollstreckung gegen den Kläger in Deutschland durchgeführt werden.

Im vorliegenden Fall kommt EuGVVO aF, d. h. die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (im Folgenden: EuGVVO a. F.), zur Anwendung. Diese wurde zwar zwischenzeitlich durch Art. 80 Satz 1 EuGVVO [Verordnung (EU) Nr. 1215/2012, im Folgenden: EuGVVO] zum 10.01.2015 aufgehoben, sie gilt aber gemäß Art. 66 Abs. 2 EuGVVO weiter für vor dem 10.01.2015 eingeleitete Verfahren (Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 36. Aufl. 2015, EuGVVO, Art. 80 Rz. 1, Art. 66 Rz. 4f).

1.2. Die Erhebung der Vollstreckungsabwehrklage war auch statthaft gemäß §§ 1 Abs. 1 Nr. 2a, 56 Abs. 1 Satz 2 AVAG a. F., da der Kläger Einwendungen gegen den Anspruch selbst geltend macht, indem er die Aufrechnung in der Klageschrift vom 12.08.2014 erklärt hat. Die Vorschriften des AVAG aF gelten im Falle der Anwendung der EuGVVO aF ergänzend fort (Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 36. Aufl. 2015, EuGVVO, Art. 80 Rz. 1).

2. Die Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO ist begründet, soweit damit die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Sueca/Spanien vom 09.04.2008 bis zu einem Betrag von einschließlich 4.000,00 € geltend gemacht wird.

Aufgrund der Aufrechnung mit der geltend gemachten, von dem bevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. P. am 04.07.2014 an den Kläger abgetretenen Forderung in Höhe von 4.000,00 € gegen die Beklagte ist in dieser Höhe die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte unzulässig.

2.1. Die Geltendmachung der Aufrechnung stellt eine Einwendung im Sinne von § 767 Abs. 1 ZPO dar (Lackmann in: Musielak/Voit, ZPO, a. a. O., § 767 Rz. 23). Sie führt zum Erlöschen des Anspruchs gemäß § 389 BGB und damit zur Erfüllung.

2.2. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der Kläger mit dieser Einwendung nicht gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 AVAG aF im Hinblick auf das Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht München (Az. 25 W 1339/14) im Vollstreckbarkeitsverfahren des Landgerichts München II, Az. 10 O 2425/14, präkludiert. Die Frage, ob angesichts der vorliegenden Konstellation der Rücknahme der Beschwerde § 14 Abs. 1 Nr.1 oder Nr.2 AVAG aF anwendbar ist, kann dahingestellt bleiben, da § 14 AVAG aF aufgrund von §§ 55 Abs. 1, 1 Abs. 1 Nr. 2a AVAG aF nicht anwendbar ist (Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl. 2014, EuGVVO Art. 45, Rz. 3a).

2.3. Dem Kläger wurde wirksam von dem bevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. P. am 04.07.2014 die gegen die die Beklagte bestehende Forderung aus dem Urteil des Landesgerichts Bozen vom 07.06.2006 in Höhe von 4.000,00 € abgetreten.

2.3.1. Aufgrund des Urteils des Landesgerichts Bozen vom 07.06.2006 stand der zwischenzeitlich verstorbenen W1 G. ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 15.433,12 € zzgl. Kosten, Zinsen sowie Auslagen des Prozessbevollmächtigten zu. Soweit die Beklagte in erster Instanz die Vorlage des Originals des Urteils des Landesgerichts Bozen vom 07.06.2006 gefordert hat, besteht für eine Vorlage kein Bedarf, da die Beklagte selbst Partei des Rechtsstreites vor dem Landesgericht Bozen war. Einwendungen gegen die Forderung an sich hat die Beklagte nicht vorgebracht. Soweit die Beklagte vorträgt, dass die gegenständliche Forderung bereits im Jahr 2009 in dem anderweitigen Verfahren vor dem Oberlandesgericht München, Az. 21 U 3178/09 zur Aufrechnung gestellt worden sei, hat der Kläger zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich damals um eine anderweitige Forderung gegen die Beklagte handelte.

2.3.2. Der nach dem Tod der ursprünglichen Forderungsinhaberin W1 G. eingesetzte Nachlasspfleger Rechtsanwalt Dr. E. hat Rechtsanwalt Dr. P. wirksam mit der Beitreibung der unter Ziff. 2.3.1 genannten Forderung durch die Auftragserteilung vom 16.02./11.03.2011 (Anlage K5) beauftragt. Im Rahmen dessen wurde Rechtsanwalt Dr. P. auch zur Abtretung der Forderung bevollmächtigt.

Im Hinblick auf das Bestreiten der Beklagten in erster Instanz hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2015 eine Kopie der Auftragserteilung vom 16.02./11.03.2011 verbunden mit einem Beglaubigungsvermerk vom 29.07.2014 von Rechtsanwalt Dr. P. vorgelegt, das mit der bereits vorgelegten Kopie (Anlage K5) übereinstimmt. Somit hat der Beklagte den Nachweis der Befugnis von Rechtsanwalt Dr. P. zur Abtretung der vorstehend genannten Forderung erbracht. Im Übrigen hat der Beklagtenvertreter bekundet, er akzeptiere diese Unterlage.

2.3.3. Entsprechend seiner Bevollmächtigung hat Rechtsanwalt Dr. P. einen Teil dieser Forderung in Höhe von 4.000,00 € am 04.07.2014 wirksam im Namen des Nachlasspflegers Rechtsanwalt Dr. E. an den Kläger gemäß § 398 BGB abgetreten.

Für den der Abtretung zugrunde liegenden Forderungskauf zwischen dem Kläger und dem Nachlasspfleger Rechtsanwalt Dr. E., wirksam vertreten von Rechtsanwalt Dr. P., vorliegend als „Integrierende Vereinbarung zur Abtretungserklärung“ (Anlage K6) bezeichnet, ist gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (im Folgenden: Rom I-VO) deutsches Recht maßgeblich, da der Nachlasspfleger Rechtsanwalt Dr. E. ausweislich der Anlage K5 seinen Kanzleisitz in München hat, wodurch davon auszugehen ist, dass er seinen regelmäßigen Aufenthalt in Deutschland besitzt. Beim Rechtskauf - wie vorliegend - ist das Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verkäufers maßgeblich (Thorn in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, Rom I (IPR), Art. 4 Rz. 23). Demzufolge ist hinsichtlich der abgetretenen Forderung in Höhe von 4.000,00 € in Erfüllung des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes gemäß Art. 14 Abs. 2 Rom I-VO ebenfalls deutsches Recht anwendbar.

Der Kläger hat aufgrund des Bestreitens der Beklagten in erster Instanz die Originalurkunde der schriftlichen Abtretungserklärung vom 04.07.2014 zwischen ihm und dem bevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. P. in der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2015 vorgelegt und somit den Nachweis der wirksamen Abtretung erbracht. Im Übrigen hat der Beklagtenvertreter ausgeführt, er akzeptiere dieses Dokument.

2.4. Ein Ausschluss der Einwendung der Aufrechnung gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 AVAG aF liegt nicht vor, da die Gründe, auf denen die Einwendung der Aufrechnung beruht, erst nach dem Erlass der spanischen gerichtlichen Entscheidung entstanden sind.

Maßgeblich ist insofern nach ständiger Rechtsprechung nicht der Zeitpunkt, in dem das Gestaltungsrecht der Aufrechnung ausgeübt wird, sondern derjenige, in dem sich die aufgerechneten Forderungen aufrechenbar gegenüber standen, mithin der Eintritt der Aufrechnungslage (BGH, Urteil vom 08.05.2014, Az. IX ZR 118/12, juris, Tz. 17).

Vorliegend ist die Aufrechnungslage zwischen der Forderung der Beklagten aus dem Urteil des Amtsgerichts Sueca/Spanien vom 09.04.2008 und der Forderung gegen die Beklagte aus dem Urteil des Landesgerichts Bozen vom 07.06.2006 im Zeitpunkt der Abtretung der letzteren Forderung an den Kläger am 04.07.2014, mithin nach Erlass des spanischen Urteils, eingetreten.

2.5. In der Klageschrift vom 12.08.2014 hat der Kläger die Aufrechnung gemäß § 388 BGB erklärt. Damit ist der Zahlungsanspruch der Beklagten aus dem Urteil des Amtsgerichts Sueca/Spanien vom 09.04.2008 in Höhe der an den Kläger abgetretenen Forderung von 4.000,00 € gemäß § 389 BGB zum Zeitpunkt der Aufrechnungslage, d. h. zum 04.07.2014, erloschen.

Der Kläger hat in der Klageschrift vom 12.08.2014 die Aufrechnung gegen die Klageforderung aus dem spanischen Urteil erklärt, so dass der Hauptsachebetrag aus dem Urteil des Amtsgerichts Sueca/Spanien vom 09.04.2008 in Höhe von 3.273,96 € als erloschen gilt.

In der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2015 hat der Kläger seine Aufrechnungserklärung aus der Klageschrift dahingehend präzisiert, dass nach der Klageforderung mit den Zinsen, zuletzt mit den Kosten aufgerechnet werde. Durch Beschluss des Landgerichts München II vom 16.07.2014 wurde der Beschluss vom 02.06.2014, Az. Az. 10 O 2425/14, dahingehend ergänzt, dass Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.273,96 € seit 01.03.2007 zu zahlen sind. Bis zum Erlöschen der Hauptforderung aus dem spanischen Urteil zum Zeitpunkt der Abtretung der Forderung gegen die Beklagte aus dem Urteil des Landesgerichts Meran vom 07.06.2006 am 04.07.2014 sind daher Zinsen aus 3.273,96 € in Höhe von insgesamt 1.416,47 € angefallen. Dieser Zinsanspruch in Höhe von 1.416,47 € ist aufgrund der Aufrechnung des Klägers in Höhe von 726,04 € erloschen. Demzufolge ist die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Sueca/Spanien vom 09.04.2008 hinsichtlich der Hauptsache von 3.273,96 € und teilweise hinsichtlich der Zinsen in Höhe von 726,04 € unzulässig.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO. Schuldnerschutzanordnungen, wie von der Beklagten hilfsweise beantragt, sind gemäß § 713 ZPO vorliegend nicht auszusprechen, da die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Dementsprechend war die Revision auch nicht zuzulassen.

Das Protokoll wurde mittels PC erstellt.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Endurteil, 24. Sept. 2015 - 23 U 1250/15

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1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

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1.
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2.
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entstanden sind.

(2) Die Klage nach § 767 der Zivilprozessordnung ist bei dem Gericht zu erheben, das über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel entschieden hat. Soweit die Klage einen Unterhaltstitel zum Gegenstand hat, ist das Familiengericht zuständig; für die örtliche Zuständigkeit gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Unterhaltssachen.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

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(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

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nach Ablauf der Frist, innerhalb deren er die Beschwerde hätte einlegen können, oder
2.
falls die Beschwerde eingelegt worden ist, nach Beendigung dieses Verfahrens
entstanden sind.

(2) Die Klage nach § 767 der Zivilprozessordnung ist bei dem Gericht zu erheben, das über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel entschieden hat. Soweit die Klage einen Unterhaltstitel zum Gegenstand hat, ist das Familiengericht zuständig; für die örtliche Zuständigkeit gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Unterhaltssachen.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Ist die Zwangsvollstreckung aus einem Titel zugelassen, so kann der Verpflichtete Einwendungen gegen den Anspruch selbst in einem Verfahren nach § 767 der Zivilprozessordnung nur geltend machen, wenn die Gründe, auf denen seine Einwendungen beruhen, erst

1.
nach Ablauf der Frist, innerhalb deren er die Beschwerde hätte einlegen können, oder
2.
falls die Beschwerde eingelegt worden ist, nach Beendigung dieses Verfahrens
entstanden sind.

(2) Die Klage nach § 767 der Zivilprozessordnung ist bei dem Gericht zu erheben, das über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel entschieden hat. Soweit die Klage einen Unterhaltstitel zum Gegenstand hat, ist das Familiengericht zuständig; für die örtliche Zuständigkeit gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Unterhaltssachen.

(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.

(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Diesem Gesetz unterliegen

1.
die Ausführung folgender zwischenstaatlicher Verträge (Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge):
a)
Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1972 II S. 773);
b)
Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1994 II S. 2658);
c)
Vertrag vom 17. Juni 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1981 II S. 341);
d)
Vertrag vom 20. Juli 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1980 II S. 925);
e)
Vertrag vom 14. November 1983 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Spanien über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen sowie vollstreckbaren öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1987 II S. 34);
2.
die Durchführung folgender Abkommen der Europäischen Union:
a)
Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen;
b)
Haager Übereinkommen vom 30. Juni 2005 über Gerichtsstandsvereinbarungen;
c)
Haager Übereinkommen vom 2. Juli 2019 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen.

(2) Abkommen nach Absatz 1 Nummer 2 werden als unmittelbar geltendes Recht der Europäischen Union durch die Durchführungsbestimmungen dieses Gesetzes nicht berührt. Unberührt bleiben auch die Regelungen der Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge; dies gilt insbesondere für die Regelungen über

1.
den sachlichen Anwendungsbereich,
2.
die Art der Entscheidungen und sonstigen Titel, die im Inland anerkannt oder zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden können,
3.
das Erfordernis der Rechtskraft der Entscheidungen,
4.
die Art der Urkunden, die im Verfahren vorzulegen sind, und
5.
die Gründe, die zur Versagung der Anerkennung oder Zulassung der Zwangsvollstreckung führen.

(3) Der Anwendungsbereich des Auslandsunterhaltsgesetzes vom 23. Mai 2011 (BGBl. I S. 898) bleibt unberührt.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

(1) Ist die Zwangsvollstreckung aus einem Titel zugelassen, so kann der Verpflichtete Einwendungen gegen den Anspruch selbst in einem Verfahren nach § 767 der Zivilprozessordnung nur geltend machen, wenn die Gründe, auf denen seine Einwendungen beruhen, erst

1.
nach Ablauf der Frist, innerhalb deren er die Beschwerde hätte einlegen können, oder
2.
falls die Beschwerde eingelegt worden ist, nach Beendigung dieses Verfahrens
entstanden sind.

(2) Die Klage nach § 767 der Zivilprozessordnung ist bei dem Gericht zu erheben, das über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel entschieden hat. Soweit die Klage einen Unterhaltstitel zum Gegenstand hat, ist das Familiengericht zuständig; für die örtliche Zuständigkeit gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Unterhaltssachen.

(1) Die §§ 3, 6 Absatz 1, § 7 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2, § 10 Absatz 2 und 3 Satz 2, § 11 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 3 Satz 1 und 2 sowie die §§ 12, 14 und 18 finden keine Anwendung.

(2) Die Beschwerde gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung ist einzulegen

1.
innerhalb eines Monats nach Zustellung, wenn der Verpflichtete seinen Wohnsitz im Inland hat;
2.
innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung, wenn der Verpflichtete seinen Wohnsitz im Ausland hat.
Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Vollstreckbarerklärung dem Verpflichteten entweder persönlich oder in seiner Wohnung zugestellt worden ist. Eine Verlängerung dieser Frist wegen weiter Entfernung ist ausgeschlossen.

(3) In einem Verfahren, das die Vollstreckbarerklärung einer notariellen Urkunde zum Gegenstand hat, kann diese Urkunde auch von einem Notar für vollstreckbar erklärt werden. Die Vorschriften für das Verfahren der Vollstreckbarerklärung durch ein Gericht gelten sinngemäß.

Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.

(1) Ist die Zwangsvollstreckung aus einem Titel zugelassen, so kann der Verpflichtete Einwendungen gegen den Anspruch selbst in einem Verfahren nach § 767 der Zivilprozessordnung oder, wenn der Titel eine Unterhaltssache betrifft, in einem Verfahren nach § 120 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Verbindung mit § 767 der Zivilprozessordnung geltend machen. Handelt es sich bei dem Titel um eine gerichtliche Entscheidung, so gilt dies nur, soweit die Gründe, auf denen die Einwendungen beruhen, erst nach dem Erlass der Entscheidung entstanden sind.

(2) Die Klage nach § 767 der Zivilprozessordnung und der Antrag nach § 120 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Verbindung mit § 767 der Zivilprozessordnung sind bei dem Gericht zu erheben, das über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel entschieden hat. Soweit der Antrag einen Unterhaltstitel zum Gegenstand hat, ist das Familiengericht zuständig; für die örtliche Zuständigkeit gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Unterhaltssachen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR118/12
Verkündet am:
8. Mai 2014
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Der Insolvenzverwalter kann eine Forderung der Masse gegen eine Insolvenzforderung
im Nennbetrag wirksam aufrechnen, sofern dies nicht klar und eindeutig
der gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger als dem Zweck des Insolvenzverfahrens
zuwiderläuft (insoweit Aufgabe von BGHZ 100, 222).

b) Der Insolvenzverwalter ist mit der Aufrechnung gegen eine Insolvenzforderung im
Nennbetrag nach deren Feststellung zur Insolvenztabelle ausgeschlossen, wenn
die Aufrechnungslage schon vor der Feststellung bestand.
BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - IX ZR 118/12 - KG Berlin
LG Berlin
vom 8. Mai 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter
Vill, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Die Revision gegen den die Berufung des Klägers zurückweisenden Beschluss des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 2. Mai 2012 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. August 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der T. B. Produktionsgesellschaft mbH (im Folgenden: Schuldnerin oder T, B. ). Die Schuldnerin stand in Geschäftsbeziehungen zu der D. g mbH in M. (fortan: T: M: ), über deren Vermögen am 30. Juni 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt wurde. Zugunsten der T. M. wurde im Insolvenzverfahren derT. B. eine Forderung in Höhe von 1.947.755,32 € zur Tabelle festgestellt, zugunsten der T. B. im Insolvenzverfahren der T. M. eine Forderung in Höhe von 1.957.063,48 €. Im Oktober 2008 rechnete der Kläger die Forderung der T. B. gegen die zugunsten der T. M. festgestellte Forderung in deren voller Höhe auf. Der Beklagte lehnte es ab, einen Verzicht auf die Forderung der T. M. zu erklären.

2
Der Kläger hat Vollstreckungsgegenklage erhoben mit dem Antrag, die Zwangsvollstreckung des Beklagten aus der Insolvenztabelle wegen der Forderung in Höhe von 1.947.755,32 € für unzulässig zu erklären. Hilfsweise beantragt er, den Beklagten zur Herausgabe eines etwa erteilten Tabellenauszugs zu verurteilen.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen worden. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg.

I.


5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Lege man zugrunde, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 19. März 1987 - IX ZR 148/86, BGHZ 100, 222, 227) der Insolvenzverwalter gegen eine zur Tabelle angemeldete Forderung vor deren Feststellung nicht aufrechnen könne, weil er die geschuldete Leistung vorher nicht bewirken könne, sei er mit der nach der Feststellung erfolgten Aufrechnung zwar nicht präkludiert. Die Aufrechnung sei aber weiterhin ausgeschlossen , weil immer noch nicht feststehe, welche Quote auf die festgestellte Forderung entfalle; die Leistung könne deshalb auch jetzt noch nicht bewirkt werden.
Halte man entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Aufrechnung vor der Feststellung der Hauptforderung für möglich, sei die Aufrechnung nach der Feststellung gemäß § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert.

II.


6
Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird von seiner zweiten Begründung getragen.
7
1. Mit Recht hat das Berufungsgericht die Vollstreckungsgegenklage als zulässig erachtet. Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellte Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern (§ 178 Abs. 3 InsO). Dem Insolvenzverwalter stehen gegen die Eintragung deshalb diejenigen Rechtsbehelfe zu, die gegen ein rechtskräftiges Urteil gegeben wären. Einwendungen gegen den festgestellten Anspruch selbst können entsprechend § 767 ZPO mit der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden (BGH, Urteil vom 4. Oktober 1984 - IX ZR 159/83, ZIP 1984, 1509, 1510; vom 19. März 1987 - IX ZR 148/86, BGHZ 100, 222, 224; vom 21. Februar 1991 - IX ZR 133/90, BGHZ 113, 381, 383; vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 156/07, ZIP 2009, 243 Rn. 12). Um eine solche Einwendung handelt es sich bei der Behauptung des Klägers, die festgestellte Forderung der T. M. sei durch Aufrechnung erloschen. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage besteht, weil die festgestellte Forderung vom Kläger sonst bei der Verteilung berücksichtigt werden müsste (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008, aaO).
8
2. Die Vollstreckungsgegenklage ist jedoch nicht begründet.

9
a) Die rechtlichen Voraussetzungen der vom Kläger erklärten Aufrechnung lagen allerdings vor. Sie ergeben sich aus § 387 BGB. Die Insolvenzordnung enthält keine besonderen Bestimmungen für die vom Verwalter erklärte Aufrechnung gegen eine Insolvenzforderung. Weil aber auch über das Vermögen der T. M. das Insolvenzverfahren eröffnet war, handelte es sich auch bei der aufgerechneten Gegenforderung der T. B. um eine Insolvenzforderung ; insoweit sind zusätzlich die §§ 94 bis 96 InsO zu beachten.
10
aa) Nach § 387 BGB kann, wenn zwei Personen einander Leistungen schulden, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann. Die aufgerechneten Forderungen waren trotz ihres Charakters als Insolvenzforderungen auf gleichartige Leistungen gerichtet und standen in dem von § 387 BGB vorausgesetzten Gegenseitigkeitsverhältnis (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1987, aaO S. 226 f unter II. 4. a und b).
11
bb) Die der T. B. als Schuldnerin obliegende Leistung auf die Forderung der T. M. konnte trotz des eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der T. B. bewirkt werden. Bewirkt werden kann eine Leistung, sobald die darauf gerichtete Forderung entstanden und entweder fällig oder vorzeitig erfüllbar ist (§ 271 Abs. 2 BGB).
12
Abweichend von diesem herkömmlichen rein zeitlichen Verständnis (vgl. dazu Eckardt, ZIP 1995, 257, 263) hat der Bundesgerichtshof die Ansicht vertreten , der Konkursverwalter dürfe eine Konkursforderung vor ihrer Feststellung zur Tabelle nicht durch Aufrechnung befriedigen, weil dies dem Grundsatz der gemeinschaftlichen und gleichmäßigen Befriedigung der Konkursgläubiger zuwider laufe und den übrigen Konkursgläubigern das Recht nehme, der Forderung im Prüfungstermin zu widersprechen; er könne deshalb jedenfalls bis zur Feststellung der Forderung die ihm obliegende Leistung nicht bewirken (BGH, Urteil vom 19. März 1987, aaO S. 227 unter II. 4. c; zustimmend Gerhardt, EWiR 1987, 1011, 1012; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 13. Aufl., § 94 Rn. 77 f). Die Ausführungen betrafen zwar die Zulässigkeit einer Aufrechnung vor der Feststellung der Hauptforderung zur Tabelle. Der Gesichtspunkt der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung ist aber in gleicher Weise betroffen, wenn - wie hier - gegen eine Insolvenzforderung nach ihrer Feststellung in ihrem vollen Betrag aufgerechnet wird.
13
An der damals vertretenen Auffassung hält der Senat nach erneuter Prüfung nicht fest. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners führt nicht dazu, dass eine von diesem geschuldete Leistung nicht mehr bewirkt werden kann. Das Recht, über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Schuldners zu verfügen, geht auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 Abs. 1 InsO). Dessen Verfügungsbefugnis ist prinzipiell unbeschränkt. Der Verwalter ist zwar verpflichtet, von seiner Verfügungsbefugnis nur nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung Gebrauch zu machen. Unwirksam ist eine Verfügung des Verwalters aber regelmäßig nur, wenn sie dem Insolvenzzweck der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung (§ 1 Satz 1 InsO) klar und eindeutig zuwiderläuft (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 172/11, WM 2013, 471 Rn. 8 f mwN). Dies ist im Einzelfall zu beurteilen. Aufrechnungen des Insolvenzverwalters gegen Insolvenzforderungen im Nennbetrag sind nicht stets insolvenzzweckwidrig. Beispielsweise können sich die Befriedigungsaussichten der Gläubigergemeinschaft verbessern, wenn eine uneinbringliche Masseforderung gegen eine Insolvenzforderung aufgerechnet wird mit der Fol- ge, dass letztere bei der Verteilung nicht berücksichtigt werden muss. Vorteilhaft für die Masse kann eine Aufrechnung durch den Verwalter auch dann sein, wenn es zu verhindern gilt, dass ein Insolvenzgläubiger die Insolvenzdividende auf seine volle Forderung in Anspruch nimmt und erst danach mit dem verbleibenden Teil seiner Forderung gegen eine Forderung der Masse aufrechnet. Sollten dem Verwalter bei der Einschätzung der Auswirkungen der Aufrechnung Fehler unterlaufen, oder verletzt er in anderer Weise seine Pflichten, kann dies - ein Verschulden vorausgesetzt - zu einer Haftung nach § 60 InsO führen. Die Verfügung wird allein dadurch aber nicht unwirksam (wie hier RG LZ 1907, Sp. 835, 836; RG LZ 1910, Sp. 231, 232; Jaeger/Windel, InsO, § 94 Rn. 57 f; MünchKomm-InsO/Brandes/Lohmann, 3. Aufl., § 94 Rn. 14 f; HK-InsO/Kayser, 6. Aufl., § 94 Rn. 16 f; Schmidt/Thole, InsO, 18. Aufl., § 94 Rn. 8; HmbKommInsO /Jacoby, 4. Aufl., vor §§ 94-96 Rn. 10; BK-InsO/Blersch/von Olshausen, 2005, § 95 Rn. 10; Lüke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2002, § 94 Rn. 35 f; Piekenbrock in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 94 Rn. 9; GrafSchlicker /Hofmann, InsO, 3. Aufl., § 94 Rn. 18; Eckardt, aaO S. 263 ff; Häsemeyer in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 3. Aufl., Kap. 15 Rn. 112 ff; Gottwald /Adolphsen in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 45 Rn. 108; Dobmeier, ZInsO 2007, 1208, 1210).
14
Im Streitfall war die Aufrechnung nicht unwirksam, denn sie lief nicht offenkundig dem Insolvenzzweck der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung zuwider. Im Insolvenzverfahren der T. B. war mit einer wesentlich höheren Befriedigungsquote der Gläubiger zu rechnen als im Insolvenzverfahren der T. M. . Ohne die Aufrechnung war deshalb zu erwarten, dass der Kläger bei der Verteilung der Masse der T. B. an den Beklagten einen deutlich höheren Betrag würde auszahlen müssen als er aus seiner Beteiligung am Insol- venzverfahren der T. M. würde vereinnahmen können. Dies konnte er durch die Aufrechnung vermeiden.
15
cc) Die aufgerechnete, gegen die T. M. gerichtete Gegenforderung der T. B. war fällig und durchsetzbar. Zwar war über das Vermögen der T. M. ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet. Dadurch hatte die T. B. , die in jenem Verfahren Insolvenzgläubigerin war, ihre vor Verfahrenseröffnung begründete Berechtigung zur Aufrechnung aber nicht verloren (§ 94 InsO). Umstände, die diese Berechtigung nach Maßgabe der §§ 95, 96 InsO beschränken könnten, sind nicht festgestellt.
16
b) Die Aufrechnung des Klägers ist jedoch nach § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung können Einwendungen gegen einen durch Urteil festgestellten Anspruch nur dann mit der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden, wenn die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind, in der Einwendungen hätten geltend gemacht werden müssen. Dadurch soll die materielle Rechtskraft der Entscheidung abgesichert werden (BGH, Urteil vom 27. November 1952 - IV ZR 57/52, NJW 1953, 345). Wird eine Insolvenzforderung zur Tabelle festgestellt, ist die Norm entsprechend anwendbar, denn die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellte Forderung gemäß § 178 Abs. 3 InsO wie ein rechtskräftiges Urteil. An die Stelle der mündlichen Verhandlung tritt dann der Zeitpunkt der Feststellung zur Tabelle (BGH, Urteil vom 21. Februar 1991 - IX ZR 133/90, BGHZ 113, 381, 383 f; MünchKomm-ZPO/ Schmidt/Brinkmann, 4. Aufl., § 767 Rn. 74; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 767 Rn. 15; Musielak/Lackmann, ZPO, 11. Aufl., § 767 Rn. 32; MünchKommInsO /Schumacher, 3. Aufl., § 178 Rn. 79; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 13. Aufl., § 178 Rn. 52 f; Pape/Schaltke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2010, § 178 Rn. 33).
17
aa) Im Streitfall hatte der Kläger die Aufrechnung noch nicht erklärt, als die Forderung der T. M. zur Tabelle festgestellt wurde. Maßgeblich ist aber nach gefestigter Rechtsprechung nicht der Zeitpunkt, in dem das Gestaltungsrecht der Aufrechnung ausgeübt wird, sondern derjenige, in dem sich die aufgerechneten Forderungen aufrechenbar gegenüber standen, mithin der Eintritt der Aufrechnungslage (etwa BGH, Urteil vom 7. Juli 2005 - VII ZR 351/03, BGHZ 163, 339, 342; vom 5. März 2009 - IX ZR 141/07, WM 2009, 918 Rn. 11 mwN). Die Aufrechnungslage bestand lange bevor die Forderung derT. M. zur Insolvenztabelle festgestellt wurde. Insbesondere war diese Forderung , wie aus den vorstehenden Ausführungen folgt, schon vor ihrer Feststellung zur Tabelle seitens des Klägers erfüllbar.
18
bb) Im Schrifttum wird allerdings eine Präklusion des Einwands, die Insolvenzforderung sei durch die nach ihrer Feststellung zur Tabelle erklärte Aufrechnung des Insolvenzverwalters mit einer Masseforderung in ihrem Nominalbetrag erloschen, verschiedentlich in Abrede gestellt (Jaeger/Windel, InsO, § 94 Rn. 59; MünchKomm-InsO/Brandes/Lohmann, aaO § 94 Rn. 14; BK-InsO/ Blersch/von Olshausen, aaO; Häsemeyer, aaO Rn. 113). Zur Begründung wird ausgeführt, der Aufrechnungsstreit werde nur zwischen dem Verwalter und dem betroffenen Insolvenzgläubiger geführt. Das Aufrechnungsrecht werde, wie § 94 InsO zeige, vom Insolvenzverfahren nicht berührt. Die im Insolvenzverfahren erfolgende Feststellung der Forderung betreffe das Verhältnis auch zu den übrigen Insolvenzgläubigern und wirke sich auf die Forderung nicht aus, weil sie nur über die Teilnahme der Forderung an der Verteilung entscheide. Eine Präklusion der Aufrechnung im Aufrechnungsstreit zwischen dem Verwalter und dem Insolvenzgläubiger könne deshalb nicht mit der zuvor erfolgten Feststellung der Hauptforderung zur Tabelle begründet werden (MünchKommInsO /Brandes/Lohmann, aaO).
19
Diese Ansicht teilt der Senat nicht. Die Regelungen der Insolvenzordnung über die Feststellung von Insolvenzforderungen zur Insolvenztabelle (§§ 178 ff InsO) verfolgen in erster Linie den Zweck, zügig und abschließend Klarheit darüber zu schaffen, welche Forderungen mit welchem Betrag an der Verteilung der Masse teilhaben. Ein Widerspruch des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers gegen eine angemeldete Forderung muss deshalb, wenn er die Feststellung hindern soll, im Prüfungstermin oder bei der im schriftlichen Verfahren stattfindenden Prüfung der Forderung erhoben werden (§ 178 Abs. 1 InsO). Ist eine Forderung festgestellt, wirkt ihre Eintragung in die Tabelle gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern wie ein rechtskräftiges Urteil (§ 178 Abs. 3 InsO). Dadurch soll zumindest im Insolvenzverfahren ein weiterer Streit über das Bestehen der Forderung und über ihre Teilnahme an der Verteilung ausgeschlossen werden. Dieser Zweck könnte verfehlt werden, wenn der Insolvenzverwalter die Möglichkeit hätte, noch nach der Feststellung einer Insolvenzforderung zur Tabelle deren Erlöschen durch eine Aufrechnung geltend zu machen, die er schon vor der Feststellung im Prüfungstermin hätte erklären können. Auf die weiteren Wirkungen der Feststellung einer Forderung zur Tabelle, etwa für die Vollstreckung des Gläubigers gegen den Schuldner aus der Eintragung in die Tabelle nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 201 Abs. 2 InsO), kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
20
cc) Der Umstand, dass ein Insolvenzgläubiger nicht gehindert ist, noch nach der Feststellung seiner Forderung zur Tabelle mit dieser Forderung gegen eine Forderung der Masse aufzurechnen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Präklusionsnorm des § 767 Abs. 2 ZPO beschränkt zum Schutz der Rechtskraft der Entscheidung über eine Forderung stets nur Einwendungen des Vollstreckungsschuldners gegen den festgestellten Anspruch. Sie hindert den Vollstreckungsgläubiger nicht, sich nach der Feststellung seiner Forderung Befriedigung durch Aufrechnung zu verschaffen.
21
3. Die Aufrechnung des Klägers gilt nach dem eindeutigen Wortlaut seiner Erklärung der zur Insolvenztabelle festgestellten Forderung der T. M. in ihrem vollen Nennbetrag und nicht dem Anspruch des Beklagten auf Auszahlung der auf diese Forderung entfallenden Insolvenzdividende. Dass gegen den Anspruch auf die Insolvenzdividende nach der ganz herrschenden Auffassung (Jaeger/Windel, aaO Rn. 56; MünchKomm-InsO/Brandes/Lohmann, aaO Rn. 13; HK-InsO/Kayser, aaO Rn. 14; Uhlenbruck/Sinz, aaO Rn. 77; Schmidt/Thole, aaO Rn. 9; Lüke in Kübler/Prütting/Bork, aaO Rn. 30; BK-InsO/ Blersch/von Olshausen, aaO; Graf-Schlicker/Hofmann, aaO Rn. 17; Eckardt, aaO S. 260 ff; Häsemeyer, aaO Rn. 111) unbedenklich nach der Feststellung der zugrunde liegenden Forderung zur Tabelle aufgerechnet und diese Aufrechnung erforderlichenfalls mit der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden kann, verhilft der Klage deshalb nicht zu einem Teilerfolg.
Kayser Vill Pape
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 06.04.2011 - 20 O 313/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 02.05.2012 - 23 U 84/11 -

Die Aufrechnung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. Die Erklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.