Oberlandesgericht München Endurteil, 03. Juli 2018 - 5 U 915/18

bei uns veröffentlicht am03.07.2018

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Deggendorf vom 26.02.2018, Az. 23 O 344/17, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

  • 1.Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über die durch das zitierte Urteil bereits zugesprochenen 10.355,10 € hinaus weitere 34.705,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2014 zu zahlen.

  • 2.Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über die durch das zitierte Urteil bereits zugesprochenen 958,19 € hinaus weitere 864,77 € an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.02.2016 zu zahlen.

  • 3.Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Beklagte.

II. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen und wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 34.705,54 festgesetzt.

Gründe

I.

Der klagende Insolvenzverwalter nimmt den beklagten Freistaat Bayern unter der dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung auf Zahlung in Anspruch.

Das Landgericht Deggendorf hat mit Endurteil vom 26.02.2018 unter Klageabweisung im Übrigen den Beklagten nach Beweiserhebung durch Einvernahme der Zeugen B. und W. im Termin vom 22.01.2018 verurteilt, an den Kläger, der mit auf Antrag vom 01.04.2014 ergangenem Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts Deggendorf vom 30.05.2014 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Bayerische Wald Resort GmbH (künftig: Schuldnerin) bestellt worden ist, 10.355,10 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 31.05.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.02.2016 zu zahlen. Für die Zahlungen vom 15.01.2014 und am 20.02.2014 in Höhe von insgesamt 10.355,10 € stehe dem Kläger ein Rückzahlungsanspruch gem. §§ 129 Abs. 1, 133 Abs. 1, 143 Abs. 1 InsO a.F. zu. Aufgrund von Rücklastschriften und deren anschließenden Zahlverhalten sei auf die Kenntnis des Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin zu schließen. Insoweit ist das Ersturteil rechtskräftig.

Wegen der weiteren angefochtenen Lohnzahlungen sei die Klage unbegründet, weil die für eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO erforderliche Kenntnis des Beklagten nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen sei. Die Schuldnerin sei zwar jedenfalls zum 31.03.2013 objektiv zahlungsunfähig gewesen. Die Kenntnis hiervon ergebe sich aber nicht aus dem Schreiben vom 03.06.2013, das für sich genommen geeignet gewesen sei, eine solche Kenntnis zu begründen, weil der beweisbelastete Kläger dessen Zugang nicht nachgewiesen habe. Der Fax-Sendebericht mit einem „OK-Vermerk“ begründe keinen Beweis des ersten Anscheins für den tatsächlichen Zugang der Sendung, sondern belege nur das Zustandekommen der Verbindung, nicht aber die erfolgreiche Übermittlung der Signale an das Empfangsgerät. Der Beklagte habe seine sekundäre Beweislast durch den Vortrag erfüllt, das entsprechende Schreiben sei dort vor der Insolvenzanfechtung und Vorlage durch den Insolvenzverwalter nicht bekannt gewesen, Nachforschungen hätten nichts ergeben. Hinsichtlich der Rückforderung der Kfz-Steuer sei der Beklagte nicht passiv legitimiert. Die Rechtsanwaltskosten wurden anteilig zugesprochen.

Gegen das ihm am 02.03.2018 zugestellte Urteil legte der Kläger am 21.03.2018 hinsichtlich der Klageabweisung Berufung ein, die er mit Schriftsatz vom 26.04.2018, eingegangen bei Gericht am 02.05.2018 begründete.

Er trägt vor, die Kenntnis des Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit könne aus dem Telefaxschreiben der Schuldnerin vom 05.06.2013 abgeleitet werden, in dem diese den Beklagten über den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit informiert habe. Nachdem das Fax-Versendungsprotokoll des Sendeberichs den „OK-Vermerk“ enthalte, könne der Beklagte unter Bestreiten des Zugangs nicht einfach behaupten, das Telefaxschreiben in seinen Unterlagen nicht zu finden. Dem Beklagten obliege nach den Grundsätzen der sekundären Beweislast vorzutragen, welches Gerät er an der Gegenstelle betreibe, ob die Verbindung im Speicher des Geräts enthalten sei und auf welche Weise er eine Dokumentation des Empfangsjournals führe.

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren unter teilweiser Abänderung des Ersturteils:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über die bereits zugesprochenen 10.355,10 € hinaus 34.705,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2014 zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über die bereits zugesprochenen 958,19 € hinaus weitere 996,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.02.2016 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das seinerzeit betriebene Faxgerät sei im Sommer 2015, also lange vor Beginn des vorliegenden Verfahrens wegen eines Defekts ausgetauscht worden. Das Altgerät sei entsorgt worden. Aufzeichnungen dazu, um welches Gerät genau es sich gehandelt habe, lägen nicht vor. Wegen der Vernichtung des Geräts könnten in diesem zunächst etwa vorhandene Aufzeichnungen nicht mehr vorgelegt werden. Faxeingangsprotokolle aus dem Jahre 2013 lägen nicht mehr vor. Im Übrigen könne allein der OK-Vermerk auf dem Fax Anlage K 3 dessen Eingang nicht belegen. Es sei durch Zeugenbeweis nachgewiesen, dass nach Einleitung des vorliegenden Rechtsstreits jedenfalls versucht worden sei, einen entsprechenden Faxeingang nachzuvollziehen. Entsprechende Belege seien in keiner Vollstreckungsakte gefunden worden, obwohl das Schreiben thematisch dort hingehört hätte. Ebenso wenig sei man in der allgemeinen Ablage fündig geworden. Nach Angaben des Zeugen B. sei sogar beim Finanzamt Straubing nachgefragt worden, ob das Schreiben dorthin weitergeleitet worden sei, auch dort sei es nicht aufzufinden gewesen. Daher könne der Beklagte den Eingang des Schreibens beim Finanzamt Zwiesel nur bestreiten, zumal der Kläger über den Zugang lediglich spekuliere, ebenso wie die von ihm ins Feld geführte Ablage in einer falschen Akte, sei es denkbar, dass - wie der OK-Vermerk belege - eine Faxverbindung zustande gekommen sei, dann jedoch aus technischen Gründen eine Übertragung nicht stattgefunden habe. Weitere Erklärungen hierzu könnten nicht abgegeben werden.

Ferner sei darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung nicht nur auf den Zugang des Schreibens sondern auch auf die Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters ankomme (BGH, Urteil vom 4.10.2001, IX ZR 81/99 Rn. 16). Außerdem ergebe sich aus dem Schreiben vom 05.06.2013 nicht die Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin. Wenn dort von einem Liquiditätsengpass die Rede sei, aber auch davon, dass dessen Überwindung in 3-4 Monaten zu erwarten sei und man anschließend seinen Zahlungsverpflichtungen wieder nachkommen werde, bedeute das Schreiben nicht die Mitteilung der Zahlungsunfähigkeit. Außerdem habe das Finanzamt Zwiesel mit der Schuldnerin nur im Rahmen der Lohnsteuererhebung zu tun gehabt, aber keinen Einblick in die ertrags- oder umsatzsteuerlichen Unterlagen gehabt. Dies gelte schon deshalb, weil im weiteren Verlauf die Lohnsteuer 2013 bei Fälligkeit per Lastschrifteinzug habe eingezogen werden können, ohne dass es zu einer Rücklastschrift gekommen sei. Die Schuldnerin habe sich weder mit einer Stundungsbitte an das Finanzamt gewandt, noch die Lastschriftermächtigung widerrufen. Das Schreiben vom 05.06.2013 könne allenfalls als ein Indiz für die drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gewertet werden, das sei aber nur eine von mehreren Tatsachen, die im Rahmen einer Gesamtabwägung zu berücksichtigen sei. Aufgrund des übrigen Inhalts des Schreibens könne die Erwähnung der „Zahlungsunfähigkeit“ angesichts des gegenteiligen übrigen Inhalts des Schreibens nicht ausschlaggebend sein. Mithin könne das Schreiben auch nicht die Annahme der tatsächlichen Zahlungsunfähigkeit begründen. Die Schuldnerin habe zum Zeitpunkt des Schreibens vom 05.06.2013 keine Steuerrückstände beim Finanzamt Zwiesel gehabt und sei bis zur späteren Rücklastschrift am 18.12.2013 eine pünktliche Zahlerin gewesen. Damit habe für das Finanzamt Zwiesel auch kein Anlass bestanden, Auskünfte zum Liquiditätsstand der Schuldnerin einzuholen. Vielmehr habe es von der Überwindung der Zahlungsschwierigkeiten ausgehen müssen. Aufgrund des Zahlungsverhaltens habe es auch davon ausgehen können, dass es keine weiteren Gläubiger gebe. Es sei keinesfalls zu erwarten, dass bei drohender Zahlungsunfähigkeit fällige Beträge bezahlt würden, vielmehr habe aufgrund des bereits geschilderten Zahlungsverhaltens der Schuldnerin davon ausgegangen werden müssen, dass sich die Lage entspannt habe.

Der Senat hat mit der Ladungsverfügung darauf hingewiesen, dass die Berufung Aussicht auf Erfolg habe. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 19.02.2014 - IV ZR 163/13, Rn. 30) müsse sich der Beklagte im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast dazu äußern, welches Gerät er an der fraglichen Gegenstelle betreibe, ob die Verbindung im Speicher enthalten sei, ob und in welcher Weise er ein Empfangsjournal führe und dieses gegebenenfalls vorlegen. Es fehlten Ausführungen dazu, ob und welche Nachforschungen bzgl. des Faxgerätes (Speicher, evtl. Fehlermeldung in der fraglichen Zeit, etc.) angestellt worden seien. Die Nachforschungen hinsichtlich der Aktenlage seien nicht ausreichend. Die bisherigen Einlassungen des Beklagten reichten für eine Behörde nicht aus, die mit dem Eingang fristgebundener Anträge zu rechnen habe.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Ersturteil, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 03.07.2018 Bezug genommen.

II.

Die Berufung hat mit Ausnahme eines geringfügigen Betrags, der die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten betrifft, Erfolg, weil das Landgericht die Klage hinsichtlich der mit der Berufung weiter verfolgten Zahlungsansprüche in der Hauptsache zu Unrecht abgewiesen hat.

Hinsichtlich der vom Kläger weiterhin geltend gemachten Zahlungen der Schuldnerin an den Beklagten:

Datum

Betrag

13.06.2013

6.291,68 €

26.07.2013

6.239,82 €

15.08.2013

6.256,86 €

13.09.2013

5.597,99 €

15.10.2013

5.110,61 €

14.11.2013

5.241,03 €

gesamt

34.737,99 €

liegen die Voraussetzungen der Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO vor.

Die Zahlungen erfolgten innerhalb des 10-Jahreszeitraums vor Insolvenzantragstellung und verkürzten die Insolvenzmasse entsprechend. Ausweislich der Feststellungen des Landgerichts (LGU S. 2 und 8) ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Schuldnerin bereits vor Leistung der ersten Zahlung zahlungsunfähig war. Die Kenntnis des Geschäftsführers der Schuldnerin ergibt sich jedenfalls aus dem Schreiben der Insolvenzschuldnerin, wie bereits das Erstgericht festgestellt hat (LGU S. 8), ohne dass sich der Beklagte hiergegen gewandt hat.

Streitentscheidend ist mithin, ob der Beklagte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit hatte. Diese vermittelte das Faxschreiben der Insolvenzschuldnerin vom 05.06.2013 an das Finanzamt Zwiesel. In diesem heißt es klipp und klar, „sehen wir uns leider gezwungen, Ihnen Zahlungsunfähigkeit mitzuteilen.“ Soweit es weiter heißt: „Angesichts der aktuellen Umsatzentwicklung möchten wir Ihnen zugleich auch mitteilen, dass wir erwarten, diese Liquiditätsengpässe innerhalb von drei bis vier Monaten nahezu überwunden zu haben, so dass wir danach unseren Zahlungsverpflichtungen wieder nachkommen können“, handelt es sich wie auch wörtlich mitgeteilt, um eine Erwartung, deren Eintritt nicht als sicher dargestellt wird. Bedenkt man, dass - wie dem Beklagten natürlich bekannt - gem. § 17 Abs. 2 S. 2 InsO der Schuldner zahlungsunfähig ist, wenn er seine Zahlungen eingestellt hat, es sich also für die beteiligten Verkehrskreise aufdrängen muss, dass die Nichtzahlung trotz Fälligkeit eines nicht unerheblichen Teils der Verbindlichkeiten auf einem objektiven Mangel an Zahlungsmitteln beruht, der länger als zwei bis drei Wochen andauert, vermittelte das Schreiben zweifelsfrei die erforderlichen Kenntnisse. Soweit der Beklagte demgegenüber geltend macht, das Finanzamt habe keine weiteren Erkenntnisse in Richtung auf eine Zahlungsunfähigkeit gehabt, zumal die Schuldnerin ihre Verbindlichkeiten bis zum Lastschriftrückruf im Dezember stets pünktlich erfüllt habe, übersieht er, dass er für die Wiederaufnahme der Zahlungen des Schuldners nach Zahlungseinstellung nach einhelliger Auffassung darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. etwa BGH, Urt. v. 14.9.2017, IX ZR 3/16 Rn. 16 m.w.N.). Allein der Umstand, dass die Schuldnerin ihre dringendsten Verpflichtungen, wie etwa gegenüber dem vollstreckungsbefugten Finanzamt, einhielt, besagt nichts dazu, wie sie sich gegenüber ihren anderen Gläubigern verhielt, die sie als lohnsteuerpflichtige Arbeitgeberin natürlich hatte. Es fehlt mithin an jedem belastbaren Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte bei zurechenbarer Kenntnis von dem Schreiben vom 05.06.2013 aufgrund des anschließenden Zahlungsverhaltens der Schuldnerin bezüglich ihrer Lohnsteuerabführungspflichten davon hätte ausgehen können, dass diese ihre Zahlungen wieder aufgenommen hätte.

Dem Beklagten ist die Kenntnis von dem Schreiben vom 05.06.2013 an das Finanzamt Zwiesel zuzurechnen. Wie der Bundesgerichtshof in dem hingewiesenen Urteil vom 19.02.2014 im Verfahren IV ZR 163/13 betreffend den Zugang zweier per Fax versandter Kündigungsschreiben vom Juli und November 2008 an eine Versicherung entschieden hat, belegt der „OK-Vermerk“ auf dem Sendebericht (vgl. dazu Anlage K 3) das Zustandekommen einer Verbindung mit der in der Faxbestätigung genannten Nummer. In Anbetracht dieses Umstands kann sich der Beklagte als Empfänger nicht auf das Bestreiten des Zugangs beschränken; er muss sich im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vielmehr näher dazu äußern, welches Gerät er an der fraglichen Gegenstelle betrieben hat, ob die Verbindung im Speicher enthalten ist, ob und in welcher Weise er ein Empfangsjournal geführt hat und dieses gegebenenfalls vorlegen usw. Die Beweiskraft des im „OK-Vermerk“ liegenden Indizes ist sodann unter Berücksichtigung dieses Vorbringens zu würdigen (a.a.O. Rn. 30).

Hier hat sich der Beklagte darauf beschränkt, unter Beweis zu stellen, dass das Schreiben in den bei den Finanzämtern Zwiesel und Straubing geführten Akten nicht enthalten sei. Hinsichtlich des im Finanzamt Zwiesel bereitgehaltenen Empfangsfaxgerätes hat er allerdings nur vorgetragen, dieses sei wegen eines Defekts im Sommer 2015 entsorgt worden, der Typ sei nicht bekannt, Eingangsjournale lägen nicht mehr vor. Damit hat der Beklagte einerseits seiner sekundären Darlegungspflichten nicht genügt, so dass der Zugang des einseitigen Schreibens der Schuldnerin mit dem in Anlage K 3 dokumentierten Inhalt gem. § 138 Abs. 4 ZPO zugestanden ist, und ist andererseits belegt, dass der Beklagte Beweisvereitelung betreibt. Hält eine staatliche Stelle - wie hier das Finanzamt - offiziell ein Faxempfangsgerät vor (vgl. etwa die Fußzeile des als Anlage B 3 vorgelegten Schreibens vom 05.02.2014), hat es die nötige Vorsorge zu treffen, um sich ggf. substantiiert dazu zu erklären zu können, ob ein - ggf. fristgebundenes Schreiben - eingegangen ist oder nicht. Denn dem Bürger darf auch nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung nicht die Feststellungslast für Vorgänge aufgebürdet werden, die sich im behördeninternen Bereich abgespielt haben und deren Unaufklärbarkeit daher allein in den Verantwortungsbereich der Behörde fällt (vgl. FG München, Urteil vom 24.05.2007, 5 K 4036/06, unter 11.1 zum Faxeingang unter Verweis auf das Urteil des BFH vom 28.10.1987, I R 12/84, BStBl II 1988, 111 zum Zugang einer Rechtsbehelfsschrift in einem Postfach).

Auch der Verweis des Beklagten darauf, dass nicht von der Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters vom Schreiben vom 05.06.2013 ausgegangen werden könne, trägt nicht. Denn die insoweit von ihm in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Beschl. v. 14.02.2013, IX ZR 115/12 Rn. 4 und Urt. v. 04.10.2001, IX ZR 81/99 Rn. 16 Juris) erklären sich nicht dazu, ob das Wissen eines Sachbearbeiters erforderlich ist, sondern dazu, ob dass Wissen eines Sachbearbeiters zugerechnet werden kann. Insoweit wird im Beschl. v. 14.02.2013, IX ZR 115/12 Rn. 4 auf das auch vom Beklagten zitierte Urteil des OLG München, 26 U 6853/91, vom 27.04.1992 verwiesen, in dem es ausdrücklich unter Ziffer 4.b der Gründe heißt, dass sich „der beklagte Freistaat ... die mögliche Kenntnis des zuständigen Vollstreckungssachbearbeiters entgegenhalten lassen“ müsse. Genauso verhält es sich hier. Wenn das Schreiben der Schuldnerin vom 05.06.2013 beim Finanzamt Zwiesel eingegangen ist, hätte es, wenn es auch nicht mit Aktenzeichen versehen worden ist, aufgrund der Angabe ihres Namens ohne weiteres ihrer Steuerakte zugeordnet und dem zuständigen Sachbearbeiter vorgelegt werden können, so dass sich der Beklagte die Kenntnis von dessen Inhalt zurechnen lassen muss. Die vom Landgericht geäußerte Überzeugung, dass das Schreiben in den Akten des Beklagten nicht vorhanden ist, ist im Übrigen nicht geeignet, dessen fehlenden Zugang nachzuweisen, weil dem Senat aus eigener Anschauung bekannt ist, dass es immer wieder zu Fehlleitungen von korrekt adressierten Schriftstücken innerhalb einer Behörde oder eines Gerichts kommen kann, weshalb deren Fehlen in einer Papierakte nicht belegen kann, dass diese tatsächlich nicht eingegangen sind.

Die weiter zugesprochenen vorgerichtlichen Anwaltskosten ergeben sich daraus, dass der Beklagte den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus einem Gegenstandswert von 45.060,64 €, aber nicht - wie erstinstanzlich vertreten - von 50.775,38 € verlangen kann.

Entsprechend dem Obsiegen des Klägers waren dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz aufzuerlegen (§§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Verkündet am 03.07.2018

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Endurteil, 03. Juli 2018 - 5 U 915/18

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Endurteil, 03. Juli 2018 - 5 U 915/18

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Insolvenzordnung - InsO | § 133 Vorsätzliche Benachteiligung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei
Oberlandesgericht München Endurteil, 03. Juli 2018 - 5 U 915/18 zitiert 7 §§.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

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(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

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(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei

Insolvenzordnung - InsO | § 129 Grundsatz


(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten. (2) Eine Unterlassung steht einer Rechts

Insolvenzordnung - InsO | § 17 Zahlungsunfähigkeit


(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner sei

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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2013 - IX ZR 115/12

bei uns veröffentlicht am 14.02.2013

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Landgericht Deggendorf Endurteil, 26. Feb. 2018 - 23 O 344/17

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Bundesgerichtshof Urteil, 14. Sept. 2017 - IX ZR 3/16

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Referenzen

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 10.355,10 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 31.05.2014 zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 05.02.2016 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 77 % und der Beklagte 23 % zu tragen.

5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf bis 09.11.2017 auf 45.235,01 €, danach auf 45.060,46 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger nimmt den Beklagten nach Insolvenzanfechtung auf Rückerstattung von Lohnsteuerzahlungen an das Finanzamt ... in Anspruch.

Über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin, der ... GmbH, wurde nach Insolvenzantrag vom 01.04.2014 mit Beschluss des Amtsgerichts ... - Insolvenzgericht - vom 30.05.2014 das Insovenzverfahren eröffnet (Anlage K 1). Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Das Finanzamt ... war für die Bearbeitung der Lohnsteuer der Insolvenzschuldnerin zuständig.

Die Insolvenzschuldnerin war jedenfalls zum 31.03.2013 objektiv zahlungsunfähig.

Der Beklagte erhielt von der Insolvenzschuldnerin die nachfolgend aufgeführten Zahlungen:

Datum der Zahlung

Höhe

1

13.06.2013

6.291,68 EUR

2

26.07.2013

6.239,82 EUR

3

15.08.2013

6.256,86 EUR

4

13.09.2013

5.597,99 EUR

5

07.10.2013

142 EUR

6

15.10.2013

5.110,61 EUR

7

07.11.2013

85,43 EUR

8

07.11.2013

89,20 EUR

9

14.11.2013

5.241,03 EUR

10

15.01.2014

5.261,00 EUR

11

31.01.2014

5.365,66 EUR

12

20.02.2014

5.094,10 EUR

Die Zahlungen erfolgten weit überwiegend durch Lastschrifteinzug von dem Konto der Insolvenzschuldnerin. Die Zahlung vom 07.10.2013 (Nr. 5 der Tabelle) betrifft die Kfz-Steuer. Die Zahlung vom 31.01.2014 wurde von dem Finanzamt ... im Wege der Kontenpfändung vereinnahmt, nachdem es zuvor am 18.12.2013 zu einer Rücklastschrift in entsprechender Höhe gekommen war. Hinsichtlich der Einzelheiten der Zahlungsvorgänge wird auf die vorgelegten Kontoauszüge (Anlage K 4) sowie hinsichtlich der Zahlung vom 31.01.2014 auf die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 30.01.2014 (Anlage B 2) sowie die Mitteilung der Zahlung durch den Drittschuldner vom 05.02.2014 (Anlage B 3) verwiesen.

Der Kläger hat die vorbezeichneten Zahlungen mit Schreiben vom 04.11.2015 gegenüber dem Finanzamt ... angefochten (Anlage K 6). Mit Schreiben vom 04.12.2015 (Anlagenkonvolut K 5) hat das Finanzamt ... die Ansprüche unter Verweis auf fehlende Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin zunächst insgesamt abgelehnt. Mit Schreiben vom 19.02.2016 wurde die Anfechtung hinsichtlich der mittels Kontenpfändung vereinnahmten Zahlung vom 31.01.2014 über 5.365,66 EUR (Nr. 11 der Tabelle) anerkannt und der entsprechende Betrag nebst Zinsen an den Kläger ausgekehrt.

Der Kläger behauptet, die Geschäftsführung der Insolvenzschuldnerin habe bei Leistung der Zahlungen gewusst, dass diese die übrigen Gläubiger benachteiligen würden. Die Insolvenzschuldnerin habe um ihre Zahlungsunfähigkeit gewusst. Der Beklagte bzw. das Finanzamt ... sei hiervon durch ein Schreiben der Insolvenzschuldnerin ausdrücklich in Kenntnis gesetzt worden; die Insolvenzschuldnerin habe am 05.06.2013 ein Telefax an das Finanzamt ... gesandt und darin u.a. erklärt, man sehe sich mit einem Liquiditätsengpass konfrontiert und gezwungen, dem Finanzamt Zahlungsunfähigkeit mitzuteilen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage K 3 verwiesen. Das Telefax habe das Finanzamt ... ausweislich des Faxsendeprotokolls, dem ein „OK-Vermerk“ zu entnehmen sei, auch erreicht. Der Kläger meint, nach Zugang dieses Schreibens habe das Finanzamt ... positive Kenntnis von der bestehenden Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin gehabt.

Der Kläger hat mit seiner Klage zunächst die Rückzahlung von 45.235,09 EUR nebst Zinsen geltend gemacht; dieser Betrag entspricht den geleisteten Zahlungen (Nrn. 1-10, 12 der obigen Tabelle) mit Ausnahme der Zahlung vom 31.01.2014 (Nr. 11). Mit Schriftsatz vom 09.11.2017 hat der Kläger seine Klage in Höhe von 174,63 EUR (entspricht den Zahlungen Nr. 7 und 8 der Tabelle) teilweise zurückgenommen (Bl. 31 d.A.).

Der Kläger beantragt zuletzt,

  • 1.den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 45.060,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2014 zu zahlen,

  • 2.den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.954,46 EUR als Nebenforderung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.02.2016 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er habe von der Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin keine Kenntnis gehabt. Der Zugang des Telefaxschreibens vom 05.06.2013 werde bestritten; man habe von dem Schreiben erstmals im Rahmen der Insolvenzanfechtung Kenntnis gehabt. Nach Erwähnung des Schreibens habe man im Haus und auch mittels Rückfrage bei dem Finanzamt ... nach dem Schreiben geforscht, es sei jedoch weder bekannt noch aktenkundig. Das Schreiben sei im Übrigen nicht geeignet, die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin zu begründen, nachdem darin ausdrücklich von einem Liquiditätsengpass die Rede sei, den man in drei bis vier Monaten zu überwinden geglaubt habe. Eine konkrete Bitte um Stundung oder Ratenzahlung sei in der Folgezeit nicht erfolgt, die erteilte Lastschriftermächtigung sei nicht widerrufen worden. Bis auf eine einzige Rücklastschrift am 18.12.2013 hätten sämtliche Lastschriften problemlos eingezogen werden können. Hinsichtlich der Zahlung über 142 EUR vom 07.10.2013 (Nr. 5 der Tabelle) sei der Beklagte bereits nicht passivlegitimiert, da die Kfz-Steuer durch das Finanzamt ... im Wege der Organleihe eingezogen worden sei.

Das Gericht hat am 22.01.2018 mündlich zur Sache verhandelt und Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen ... und ... Hinsichtlich des Ergebnisses der Verhandlung und Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 22.01.2018 verwiesen. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.

A.

Die Klage ist zulässig.

Das Landgericht ... ist für die Klage nach §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich zuständig; eine Sonderzuweisung an die Finanzgerichte ist nicht gegeben. Anders als für Insolvenzanfechtungsklagen gegen Arbeitnehmer auf die Rückzahlung von Arbeitslohn, für welche der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet ist, besteht in Konstellationen wie der vorliegenden kein Bedürfnis nach einem besonderen verfahrensrechtlichen Schutz des Anfechtungsgegners (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2011 - IX ZB 36/09; BAG, Beschluss vom 17.9.2014 - 10 AZB 4/14). Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts ... ergibt sich aus 18 ZPO i.V.m. § 3 Abs. 1 BayVertrV; der Beklagte ... wird von dem ..., vertreten, § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 BayVertrV. Der Kläger ist als Insolvenzverwalter zur Geltendmachung der Ansprüche in eigenem Namen als Partei kraft Amtes befugt, § 80 Abs. 1 InsO.

B.

Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet.

I.

Soweit mit der Klage die Rückzahlung einer geleisteten Zahlung vom 07.10.2013 geltend gemacht wird, die unstreitig (vgl. Bl. 47 d.A.) die Kfz-Steuer betrifft, ist der Beklagte bereits nicht passivlegitimiert. Maßgeblich für die Bestimmung des Anfechtungsgegners im Zusammenhang mit der Entrichtung von Steuern oder Abgaben ist die Frage, wer die Verwaltungshoheit hinsichtlich der entrichteten Abgaben hat (vgl. BGH, Urteil vom 24.05.2012 - IX ZR 125/11). Die streitgegenständliche Zahlung fällt in den Zeitraum zwischen 01.07.2009 und 30.06.2014, innerhalb dessen sich gemäß § 18a Abs. 1 S. 1 FVG (a.F.) das für die Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer zuständige Bundesministerium der Finanzen bei der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer der Landesfinanzbehörden im Wege der Organleihe bedient hat. Nach § 18a Abs. 1 S. 2 FVG galten im vorbenannten Zeitraum die Landesfinanzbehörden als Bundesfinanzbehörden, soweit sie Kfz-Steuer verwaltet haben, und unterlagen der Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen. Die Verwaltungskompetenz hinsichtlich der Kfz-Steuer stand mithin dem Bund zu, das sich der Landesfinanzbehörden als Organe eines anderen Rechtsträgers - des Beklagten - bedient hat. Infolge der Zuordnung zum Aufgaben- und Befugnisbereich des Entleihers wird die Landesfinanzbehörde wie eine untergeordnete Behörde für den Entleiher, im Falle der Kfz-Steuer in dem vorbenannten Zeitraum damit für die Bundesrepublik Deutschland, tätig (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 10.01.2017 - 303 O 515/15).

II.

Soweit der Kläger als Insolvenzverwalter die durch die Insolvenzschuldnerin am 15.01.2014 und am 20.02.2014 geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 10.355,10 EUR angefochten hat, steht ihm gegen den Beklagten ein Rückzahlungsanspruch nach § 129 Abs. 1 InsO i.V.m. §§ 133 Abs. 1, 143 Abs. 1 InsO a.F. zu.

1. Maßgeblich für die geltend gemachten Anfechtungsansprüche sind gemäß Art. 103j Abs. 1 EGInsO die bis zum 05.04.2017 geltenden Vorschriften der Insolvenzordnung. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin wurde am 30.05.2014 und damit vor dem Stichtag 05.04.2017 eröffnet. Ansprüche auf Zinsen unterliegen vor dem 05.04.2017 den bis. dahin geltenden Vorschriften, Art. 103j Abs. 2 S. 1 EGInsO.

2. Sämtliche verfahrensgegenständlichen Zahlungen der Insolvenzschuldnerin an den Beklagten bzw. das Finanzamt ... stellen Rechtshandlungen i.S.d. § 129 Abs. 1 InsO dar, die grundsätzlich der Anfechtung unterworfen sind. Gemäß § 129 Abs. 1 InsO unterliegen solche Rechtshandlungen der Insolvenzanfechtung, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden und die Insolvenzgläubiger benachteiligen. Eine Rechtshandlung in diesem Sinne setzt ein willensgeleitetes, verantwortungsgesteuertes Handeln des Schuldners voraus; der Schuldner muss darüber entscheiden können, ob er eine Leistung erbringt oder verweigert (BGH, Urteil vom 19.09.2013 - IX ZR 4/13 m.w.N.). Eine Gläubigerbenachteiligung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, sich mithin die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (vgl. BGH, Urteil vom 17.07.2014 - IX ZR 240/13 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Zahlungen wurden insbesondere nicht im Wege der Zwangsvollstreckung vereinnahmt; soweit die Zahlung vom 31.01.2014 auf einer Kontenpfändung beruht, ist diese Zahlung nicht Gegenstand des Verfahrens. Weitere Anhaltspunkte, die Zweifel den dem Vorliegen einer Rechtshandlung i.S.d. § 129 Abs. 1 InsO wecken könnten, sind nicht ersichtlich. Durch die angefochtenen Lohnsteuerzahlungen, die ausweislich der als Anlage K 4 vorgelegten Kontoauszüge von einem Geschäftskonto der Insolvenzschuldnerin geflossen sind, ist das Aktivvermögen der Insolvenzschuldnerin verkürzt und insoweit der Zugriff der anderen Gläubiger auf ihr Vermögen vereitelt worden (vgl. BGH, Urteil vom 12.02.2015 - IX ZR 180/12 m.w.N.).

2. Im Zeitpunkt der Vornahme der hier verfahrensgegenständlichen Zahlungen war die Insolvenzschuldnerin zahlungsunfähig. Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit beurteilt sich im gesamten Insolvenzrecht - mithin auch im Insolvenzanfechtungsrecht - nach § 17 InsO (vgl. BGH, Urteil vom 12.02.2015 - IX ZR 180/12 m.w.N.; Eilenburger, in: Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Auflage 2013, § 17 Rn. 32). Zahlungsunfähigkeit ist gemäß § 17 Abs. 2 InsO gegeben, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverbindlichkeiten zu erfüllen, § 17 Abs. 2 S. 1 InsO, und ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat, § 17 Abs. 2 S. 2 InsO. Der Umstand, dass die Insolvenzschuldnerin zum Stichtag 31.03.2013, jedenfalls im Zeitpunkt der Vornahme der durch den Kläger angefochtenen Zahlungen, zahlungsunfähig war, wurde zwischen den Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.01.2018 unstreitig gestellt (Bl. 47 d.A.).

3. Gemäß § 133 Abs. 1 S. 1 InsO a.F. ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

a. § 133 Abs. 1 InsO a.F. ist vorliegend anwendbar. Der Umstand, dass die Zahlungen vom 15.01.2014 und 20.02.2014 innerhalb des Drei-Monats-Zeitraums des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO erfolgten und damit ggf. auch unter diesem Gesichtspunkt anfechtbar wären, steht einer Anwendbarkeit des § 133 Abs. 1 InsO nicht entgegen. Die Anfechtungstatbestände des Insolvenzrechts stehen grundsätzlich selbständig nebeneinander und schließen sich nicht gegenseitig aus (vgl. Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Auflage 2015, § 46 Rn. 6 sowie § 48 Rn. 36; Ede/Hirte, in: Uhlenbrock, Insolvenzordnung, 14. Auflage 2015, § 133 Rn. 6 sowie zum Meinungsstand § 133 Rn. 104; entsprechend unter der Geltung der Konkursordnung BGH, Urteil vom 15.03.1972 - VIII ZR 159/70).

b. Die zehnjährige Frist des § 133 Abs. 1 S. 1 InsO i.V.m. § 139 Abs. 1 InsO, gerechnet vom Tag der Insolvenzantragstellung, ist vorliegend ohne Weiteres in Hinblick auf beide Zahlungen (vom 15.01.2014 und 20.02.2014) eingehalten.

c. Der erforderliche Gläubigerbenachteiligungsvorsatz auf Seiten der Insolvenzschuldnerin ist vorliegend gegeben.

(1) Der Schuldner handelt mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Er muss also entweder wissen, dass er neben dem Anfechtungsgegner nicht alle Gläubiger innerhalb angemessener Zeit befriedigen kann, oder sich diese Folge zumindest als möglich vorgestellt, aber in Kauf genommen haben, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit oder seine drohende Zahlungsunfähigkeit, kann daraus nach ständiger Rechtsprechung auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. In diesem Fall handelt der Schuldner nur dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit, bedarf es konkreter Umstände, die nahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (BGH, Urteil vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07 IX ZR 85/07).

(2) Die Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlungen ist zwischen den Parteien unstreitig und war auch deren Geschäftsführer bekannt. Dies ergibt sich unabhängig von der Frage, ob das entsprechende Schreiben dem Finanzamt ... im Juni 2013 auch tatsächlich zugegangen ist (siehe dazu unten B. III.2.b.(2)) aus dem Schreiben vom 05.06.2013 (Anlage K 3). Die Existenz dieses Schreibens an sich sowie seine Urheberschaft wurden seitens des Beklagten im Verfahren nicht angegriffen. Soweit der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin damit Anfang Juni 2013 ein Schreiben zumindest aufgesetzt hat, in dem er von „Liquiditätsengpass“ und „Zahlungsunfähigkeit“ sprach, muss davon ausgegangen werden, dass er insgesamt die zur mindestens drohenden, wenn nicht bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit führenden Umstände kannte und ihm bewusst war oder er jedenfalls in Kauf nahm, mit der Leistung der Zahlung an den Beklagten, respektive das Finanzamt ..., andere Gläubiger nicht befriedigen zu können.

d. Hinsichtlich der beiden Zahlungen vom 15.01.2014 und 20.02.2014 ist nach der Gesamtwürdigung des Akteninhalts sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass dem Finanzamt ... Umstände bekannt waren, aus denen es zwingend auf eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit schließen musste.

(1) Da der Anfechtungsgegner im Allgemeinen in die fälligen Gesamtverbindlichkeiten des Schuldners keinen Einblick hat, muss - soweit es um seine Kenntnis von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners geht - darauf abgestellt werden, ob sich die schleppende oder ganz ausbleibende Tilgung seiner Forderung bei einer Gesamtbetrachtung der für den Anfechtungsgegner ersichtlichen Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung der Art der Forderung, der Person des Schuldners und dem Zuschnitt seines Geschäftsbetriebs, als ausreichendes Indiz für eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2010, IX ZR 70/08; OLG Hamburg, Urteil vom 17.12.2010 - 1 U 148/09).

(2) Der Beklagte bzw. das Finanzamt ..., auf dessen Kenntnis es vorliegend ankommt, wussten, dass am 18.12.2013 eine Rücklastschrift erfolgt war; die Lohnsteuerschulden für November - fällig am 10.12.2013 (Anlage B 2) wurden im Folgenden trotz einer - im automatisierten Verfahren versandten - Mahnung und einer nachfolgenden Vollstreckungsankündigung (vgl. Bl. 48 d.A.) nicht beglichen, so dass das Finanzamt ... unter dem 30.01.2014 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung erließ (Anlage B 2), auf welche durch die Drittschuldnerin, die kontoführende Bank, mit Wertstellung bei dem Finanzamt ... vom 03.02.2014 eine Zahlung leistete (Anlage B 3). Die am 10.12.2013 fälligen Abgabenschulden wurden mithin erst sieben Wochen nach deren Fälligkeit beglichen. Die Rückgabe von Lastschriften stellt bereits ein erhebliches erstes Beweisanzeichen für eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit dar (vgl. BGH, Urteil vom 01.07.2010 - IX ZR 70/08); die Bank war offensichtlich nicht bereit, weitere Verfügungen zuzulassen. Weiter war für das Finanzamt ersichtlich, dass der Ausgleich der Forderung erst weit, namentlich 7 Wochen, nach Fälligkeit durch den Drittschuldner erfolgte. Der Umstand, dass zwischenzeitlich am 15.01.2014 eine weitere Lastschrift eingelöst werden konnte, ist angesichts dessen, dass die offene Abgabenforderung weiterhin nicht ausgeglichen war und offenbar mangels verfügbarer Mittel auch nicht unmittelbar ausgeglichen werden konnte, nicht geeignet, die Kenntnis des Beklagten zu beseitigen, zumal für die Zahlung vom 15.01.2014 von einer Fortwirkung der beklagtenseits ausgesprochenen Vollstreckungsankündigung auszugehen ist.

(3) Bereits ab dem 15.01.2014 Zeitpunkt greift die Beweislastumkehr des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO a.F. Es obliegt ab diesem Zeitpunkt dem Beklagten, nachzuweisen, dass eine bestehende Kenntnis von einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners nachträglich wieder entfallen ist (vgl. BGH, Urteil vom 27.03.2008 - IX ZR 98/07; BGH, Urteil vom 25.10.2012 - IX ZR 117/11). Eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung und eine hierdurch indizierte Kenntnis kann nur beseitigt werden, indem der Schuldner seine Zahlungen allgemein im vollen Umfang wieder aufnimmt. Hierzu ist Beklagtenseits nicht substantiiert vorgetragen.

e. Der Beklagte respektive das Finanzamt ... hatte hinsichtlich der Zahlungen vom 15.01.2014 und 20.02.2015 auch Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligung. Jedenfalls institutionelle Gläubiger müssen bei einer unternehmerisch tätigen Insolvenzschuldnerin immer damit rechnen, dass weitere Gläubiger vorhanden sind (vgl. BGH, Urteil vom 15.3.2012 - IX ZR 239/09 m.w.N.). Die Insolvenzschuldnerin war unternehmerisch tätig; auch für das lediglich für die Bearbeitung der Lohnsteuer nebst Nebensteuern zuständige Finanzamt ... war ersichtlich, dass die Insolvenzschuldnerin neben ihren Arbeitnehmern auch weitere Gläubiger wie z.B. die Sozialversicherungsträger, Lieferanten o.ä. haben musste.

4. Gemäß § 143 Abs. 1 S. 1 InsO a.F. muss zur Insolvenzmasse zurückgegeben werden, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners erlangt worden ist. Die Zahlungen vom 15.01.2014 und 20.02.2014 summieren sich auf einen Betrag von 10.355,10 EUR.

III.

Soweit der Kläger weitere Lohnsteuerzahlungen der Insolvenzschuldnerin, namentlich insgesamt sieben Zahlungen zwischen 13.06.2013 und 14.11.2013 (Nrn. 1-6, 9 der Tabelle) angefochten hat, war die Klage als unbegründet abzuweisen.

1. Hinsichtlich der Zahlungen zwischen dem 13.06.2013 und 14.11.2013 kommt als Anfechtungstatbestand lediglich § 133 Abs. 1 InsO a.F. in Betracht; für eine Anfechtung nach den §§ 130 Abs. 1, 131 Abs. 1 InsO ist vorliegend angesichts dessen, dass sämtliche Zahlungen außerhalb der längstens dreimonatigen Frist der §§ 130 Abs. 1 Nr. 1, 131 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 InsO liegen, kein Raum.

2. Die für eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 S. 1 InsO erforderliche Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ist vorliegend nicht zur Überzeugung des Gerichtes durch den insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger (vgl. Ede/Hirte, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Auflage 2015, § 133 Rn. 59) nachgewiesen.

a. Gemäß § 133 Abs. 1 S. 2 InsO wird die Kenntnis des Anfechtungsgegners von dem Handeln des Insolvenzschuldners mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vermutet, wenn er wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Entsprechendes gilt, wenn der Anfechtungsgegner Umstände kannte, die zwingend auf eine mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit hindeuten (Kayser, in: Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Auflage 2013, § 133 Rn. 24, 38a). Da der Anfechtungsgegner im Allgemeinen in die fälligen Gesamtverbindlichkeiten des Schuldners keinen Einblick hat, muss - soweit es um seine Kenntnis von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners geht - darauf abgestellt werden, ob sich die schleppende oder ganz ausbleibende Tilgung seiner Forderung bei einer Gesamtbetrachtung der für den Anfechtungsgegner ersichtlichen Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung der Art der Forderung, der Person des Schuldners und dem Zuschnitt seines Geschäftsbetriebs, als ausreichendes Indiz für eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2010, IX ZR 70/08; OLG Hamburg, Urteil vom 17.12.2010 - 1 U 148/09; siehe auch oben B. II. 3. d.).

b. Die Kenntnis des Beklagten, respektive des Finanzamtes ..., ergibt sich nicht aus dem Schreiben vom 03.06.2013 (Anlage K 3).

(1) Das Schreiben wäre für sich genommen geeignet gewesen, die Kenntnis des Finanzamtes ... von Umständen zu begründen, die zur Annahme einer zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit hätten führen müssen. Der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin hat in dem Schreiben dargelegt, die Insolvenzschuldnerin habe einen Liquiditätsengpass, es müsse Zahlungsunfähigkeit mitgeteilt werden. Gleichzeitig wurde angegeben, dass angesichts der aktuellen Umsatzentwicklung erwartet werde, diese Liquiditätsengpässe innerhalb von drei bis vier Monaten nahezu überwunden haben, weshalb gebeten werde, die Zahlungsverpflichtungen für vier Monate zu stornieren (Anlage K 3). Der Zeitraum, für den die Insolvenzschuldnerin selbst davon ausging, ihre fälligen Verbindlichkeiten nicht vollständig bedienen zu können, ging mit vier Monaten deutlich über den 3-Wochen-Zeitraum hinaus, der nach der Rechtsprechung zur Annahme einer jedenfalls nur vorläufigen Zahlungsstockung zugrundegelegt wird (vgl. BGH, Urteil vom 01.07.2010 - IX ZR 70/08).

(2) Die Frage nach der Eignung des Schreibens zur Begründung einer früheren Kenntnis des Beklagten kann vorliegend jedoch dahinstehen. Das Schreiben kann jedenfalls nur dann als kenntnisbegründend gewertet werden, wenn es dem Finanzamt ... tatsächlich zugegangen ist. Der Zugang des Telefaxschreibens ist nach Auffassung des Gerichtes durch den insoweit beweisbelasteten Kläger nicht nachgewiesen.

(a) Das Schreiben vom 05.06.2013 wurde durch die Insolvenzschuldnerin bzw. deren Geschäftsführung ausschließlich per Telefax versandt. Dass das Schreiben zusätzlich im Post- oder auf anderem Wege an das Finanzamt gesandt wurde, wird auch seitens des Klägers nicht behauptet. Der von dem Kläger vorgelegte Fax-Sendebericht (Anlage K 3), der einen „OK-Vermerk“ enthält, begründet keinen Beweis des ersten Anscheins für den tatsächlichen Zugang der Sendung, sondern belegt nur das Zustandekommen der Verbindung, nicht aber die erfolgreiche Übermittlung der Signale an das Empfangsgerät (vgl. BGH, Beschluss vom 12.04.2016 - VI ZB 7/15; BVerwG, Beschluss vom 14.06.2017 - 2 B 57.16; OLG München, Urteil vom 02.07.2008 - 7 U 2451/08).

(b) Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf höchstrichterliche Entscheidungen (vgl. OLG München, Urteil vom 02.07.2008 - 7 U 2451/08; OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 17.12.2012 - 2 U 1249/11) dargelegt hat, dass im Falle der Vorlage eines Fax-Sendeberichts mit OK-Vermerk der Sendungsempfänger, der den Zugang der Sendung bestreite, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vorzutragen habe, welches Gerät er an der Empfangsstelle betreibe, ob die Verbindung im Speicher des Gerätes enthalten ist und ob und auf welche Weise er eine Dokumentation des Empfangsjournales führe (vgl. OLG München, Urteil vom 02.07.2008 - 7 U 2451/08; OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 17.12.2012 - 2 U 1249/11), hat der Beklagte nach Auffassung des Gerichts seine sekundäre Darlegungslast vorliegend durch in Anbetracht des Zeitablaufes hinreichenden Vortrag erfüllt. Der Vertreter des Finanzamtes ... hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben, das entsprechende Schreiben sei dort jedoch vor der Insolvenzanfechtung und Vorlage durch den Insolvenzverwalter nicht bekannt gewesen. Das Schreiben sei nicht aktenkundig. Man habe sowohl intern als auch durch Nachfrage bei dem weiter für die Veranlagung der Insolvenzschuldnerin zuständigen Finanzamt ... ohne Ergebnis nachgeforscht. Von Faxeingangsprotokollen sei nicht bekannt. Der Zeuge ... hat im Rahmen seiner uneidlichen Einvernahme insoweit angegeben, dass unter der aus dem Sendeprotokoll ersichtlichen Faxnummer das allgemeine Fax des Finanzamtes ... betrieben werde; ein Posteingangsbuch werde nicht geführt. Die auf dem allgemeinen Fax eingehenden Schreiben würden gesichtet und je nach angegebener Steuernummer einem Vorgang zugeordnet; soweit - wie hier - eine Steuernummer nicht angegeben sei, werde versucht, die Steuernummer anhand des Absenders herauszufinden. Die Schreiben würden thematisch bewertet und der entsprechenden Abteilung zugeleitet. Diese Angaben sind insgesamt ausreichend, um der sekundären Darlegungslast des Beklagten zu genügen; insbesondere hat der Beklagte konkret dargelegt, welche Nachforschungen er hinsichtlich des Schreibens angestellt hat. Die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast dürfen nicht in einer Weise überspannt werden, dass sie zu einer Umkehr der Beweislast führen, insbesondere wenn es sich, wie hier, um eine Negativtatsache handelt. Dies gilt insbesondere angesichts des Zeitablaufes: Zwischen dem Versand des Schreibens am 05.06.2013 und der Anfechtung mit Schreiben vom 04.11.2015 lagen knapp 2,5 Jahre. Eine Rechtsgrundlage, welche die Finanzbehörden verpflichten würde, Faxeingangsprotokolle derart lang aufzuheben, ist nicht bekannt; die Aufbewahrungsbestimmungen für die Finanzverwaltungen verhalten sich zur Aufbewahrung von Fax-Eingangsprotokollen nicht. Aus der Geschäftsordnung für Finanzämter (FAGO) ergibt sich wiederum, dass sämtliche Eingänge - Dokumente und Daten auf Papier oder in elektronischer Form, Ziffer 3.1 (1) FAGO - grundsätzlich in den Geschäftsgang gegeben und dort bearbeitet werden, Ziffer 3.1. (2) FAGO. Der Umstand, dass das Schreiben vom 05.06.2013 nicht aktenkundig ist, müsste somit dafür sprechen, dass sämtliche Sachbearbeiter im Finanzamt ... entgegen ihrer Geschäftsordnung und dem Geschäftsgang zuwider ein eingegangenes Faxschreiben nicht bearbeitet, weitergegeben oder dokumentiert hätten. Diese bloße, durch den Kläger nicht substantiiert vorgetragene Möglichkeit reicht vorliegend nicht aus, um den Zugang für nachgewiesen zu halten.

c. Weitere Umstände, aus welchen das Finanzamt ... einen zwingenden Schluss auf eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit ziehen musste, sind seitens des Klägers nicht dargelegt worden. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass bis einschließlich 14.11.2013 die Lohnsteuerzahlungen per Lastschrifteinzug erfolgt sind und es weder in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum noch davor zu Rücklastschriften kam. Weiter ist nicht ersichtlich, dass das Finanzamt ... aus anderen Quellen Einblick in die Geschäftstätigkeit und insbesondere wirtschaftlichen Verhältnissen der Insolvenzschuldnerin gehabt haben könnte; dem Vortrag des Beklagten, dass das Finanzamt ... ausschließlich für die Veranlagung zur Lohnsteuer zuständig sei und insbesondere keinen Einblick in die Bilanzen der Insolvenzschuldnerin habe, ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Eine Zurechnung etwaiger Kenntnisse anderer Finanzbehörden findet nicht statt.

IV.

Der Kläger hat im tenorierten Umfang Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen.

1. Der Zinsanspruch ergibt sich gemäß § 103j Abs. 2 EGInsO für den Zeitraum bis 04.04.2017 aus § 143 Abs. 1 S. 2 InsO a.F. i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 S. 2, 247 BGB; Zinsen sind ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu bezahlen (vgl. BGH, Urteil vom 01.02.2007 - IX ZR 96/04). Für den Zeitraum ab 05.04.2017 ergibt sich der Zinsanspruch aus § 143 Abs. 1 S. 3 InsO in der ab 05.04.2017 gültigen Fassung. Der Beklagte befand sich infolge der außergerichtlich ausgetauschten (Mahn-)Schreiben (Anlagenkonvolut K 5) jedenfalls zu diesem Zeitpunkt mit der Rückzahlung des berechtigten Forderungsbetrages in Verzug.

2. Der Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus dem zutreffenden Gegenstandswert von 10.355,10 EUR unter dem Gesichtspunkt des Verzuges. Die Anfechtung wurde mit Schreiben des Insolvenzverwalters vom 04.11.2015 erklärt, der Anspruch beziffert und eine Zahlungsfrist bis 30.11.2015 gesetzt (Anlage K 6); hierin liegt eine wirksame Mahnung vor. Die Differenz zu der späteren Klageforderung ist zum einen darin begründet, dass in der Zahlungsaufforderung ausgerechnete Zinsen bis 26.10.2015 sowie die im Wege der Pfändung vereinnahmte Zahlung über 5.365,66 EUR enthalten waren; letztere wurde beklagtenseits außergerichtlich anerkannt. Im Übrigen stellt eine sog. Zuvielmahnung eine wirksame Mahnung dar, wenn der Schuldner, wie hier, die Erklärung des Gläubigers nach den Umständen des Falles als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 77. Auflage 2018, § 286 Rn. 20). Der Klägervertreter hat weiter angegeben, nach der Ablehnung der Rückzahlung durch den Beklagten mit Schreiben vom 04.12.2015 durch den Insolvenzverwalter mit der Durchsetzung des Anspruches beauftragt worden zu sein; dem ist der Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Der Höhe nach ergibt sich bei Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG zuzüglich Post- und Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV-RVG) und Mehrwertsteuer ein Betrag in Höhe von 958,19 EUR. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 247 BGB.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, hat er die Kosten des Verfahrens zu tragen; im Übrigen bestimmt sich die Kostenquote nach dem Ausmaß des gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens, ohne Berücksichtigung von Nebenforderungen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 3 ZPO, § 63 Abs. 2 GKG.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

30
(1) Das Berufungsgericht hat zunächst nicht genügend bedacht, dass der "OK-Vermerk" auf dem Sendebericht auch nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs immerhin das Zustandekommen einer Verbindung mit der in der Faxbestätigung genannten Nummer belegt. In Anbetracht dieses Umstands kann sich der Empfänger nicht auf ein bloßes Bestreiten des Zugangs beschränken; er muss sich im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vielmehr näher dazu äußern, welches Gerät er an der fraglichen Gegenstelle betreibt, ob die Verbindung im Speicher enthalten ist, ob und in welcher Weise er ein Empfangsjournal führt und dieses gegebenenfalls vorlegen usw. (ebenso OLG Frankfurt, Urteil vom 5. März 2010 - 19 U 213/09, juris Rn. 17). Die Beweiskraft des im "OK-Vermerk" liegenden Indizes ist sodann unter Berücksichtigung dieses Vorbringens zu würdigen.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

16
aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wusste die Beklagte, dass am 9. August 2007 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin mangels Masse abgelehnt worden war. Den ihr obliegenden Beweis, später davon ausgegangen zu sein, der Schuldner habe seine Zahlungen allgemein wieder aufgenommen, hat die Beklagte nicht geführt (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2008 - IX ZR 98/07, WM 2008, 840 Rn. 23; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZInsO 2013, 190 Rn. 33 mwN; vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 24; BGH, Urteil vom 24. März 2016 - IX ZR 242/13, ZInsO 2016, 910 Rn. 14).
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(1) Das Berufungsgericht hat zunächst nicht genügend bedacht, dass der "OK-Vermerk" auf dem Sendebericht auch nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs immerhin das Zustandekommen einer Verbindung mit der in der Faxbestätigung genannten Nummer belegt. In Anbetracht dieses Umstands kann sich der Empfänger nicht auf ein bloßes Bestreiten des Zugangs beschränken; er muss sich im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vielmehr näher dazu äußern, welches Gerät er an der fraglichen Gegenstelle betreibt, ob die Verbindung im Speicher enthalten ist, ob und in welcher Weise er ein Empfangsjournal führt und dieses gegebenenfalls vorlegen usw. (ebenso OLG Frankfurt, Urteil vom 5. März 2010 - 19 U 213/09, juris Rn. 17). Die Beweiskraft des im "OK-Vermerk" liegenden Indizes ist sodann unter Berücksichtigung dieses Vorbringens zu würdigen.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

4
1. Die Frage, ob der Einzugsstelle bei der Beurteilung der subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO Kenntnisse des Sachbearbeiters des Hauptzollamts, dessen sich die Stelle bei der Vollstreckung ihrer Bescheide nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X, § 4 Buchst. b VwVG, § 249 Abs. 1 Satz 3 AO, § 1 Nr. 4 FVG bedient hat, entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen sind, ist ohne weiteres zu bejahen und bedarf keiner grundsätzlichen Klärung (vgl. OLG München, ZIP 1992, 787, 788 f; Bornheimer in Pape/Uhländer, InsO, § 130 Rn. 52; FK-InsO/Dauernheim, 7. Aufl., § 130 Rn. 54; HmbKomm-InsO/ Rogge/Leptien, 4. Aufl., § 130 Rn. 38; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 130 Rn. 51; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2008, § 130 Rn. 148; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 130 Rn. 63). Die Beschwerde benennt keine Gegenstimmen, welche die Zurechenbarkeit des Wissens des Sachbearbeiters der zuständigen Vollstreckungsstelle in Zweifel ziehen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.