Oberlandesgericht Rostock Urteil, 21. Feb. 2018 - 2 U 16/17
Tenor
I. Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 11.05.2017 - 4 O 457/16 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagten wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgelds bis zu 250.000 € - ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, insgesamt höchstens zwei Jahren, Ordnungshaft jeweils zu vollstrecken an den Geschäftsführern …, untersagt,
über den Kläger zu behaupten und/oder zu verbreiten oder behaupten zu lassen und/oder verbreiten zu lassen,
„[...] B. H. aus Thüringen ist dabei, hetzt 'Türken raus!', Parolen, die ankommen [...]“
wie in dem zu dem Internetartikel „B. H. hetzt: 'Türken raus!' - und kommt an“ unter http://www... gehörenden Videobeitrag mit den Worten „[...] B. H. aus Thüringen ist dabei, hetzt 'Türken raus!', Parolen, die ankommen [...]“ geschehen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger gegenüber der Kanzlei … von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 887,03 € brutto freizustellen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III.
IV. Die Kosten des Rechtstreits I. Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des zweiten Rechtzugs tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
V.
VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger indes nur gegen Sicherheitsleistung von 3.000 €.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 7.500,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
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Am 12.08.2016 trat der Kläger, Fraktionsvorsitzender der AfD im Thüringer Landtag, auf einer Wahlkampfveranstaltung seiner Partei in Neubrandenburg auf. Dabei äußerte er:
- 2
Dass wir jetzt schon nicht mehr Herr im eigenen Haus sind, zeigt die türkische Großdemonstration in Köln. Was in Köln passiert ist, hat nichts mit einer starken Demokratie zu tun. Es ist ein Zeichen der Selbstaufgabe! Indem 40.000 Türken in Köln türkische Innenpolitik gemacht haben, haben sie - allem Integrationsgeschwätz zum Trotz - sehr deutlich gemacht, wem ihre Loyalität gehört. Die Kölner Demonstranten sind ein Beleg dafür, dass es keine geteilte Loyalität gibt! Die Demonstranten von Köln wollen Türken sein. Das kann ich gut verstehen. Und ich freue mich, wenn ich Menschen sehe, die sich mit ihrem Land identifizieren. Aber diese Demonstranten haben unsere Gastfreundschaft auch missbraucht. Sie riefen: „Hoch lebe Erdogan!“. Ich aber sage: „Geht zurück in euer Land und gestaltet es nach euren Wünschen!“
- 3
Hierüber berichtete die Beklagte auf ihrer Internetseite www… am 14.08.2016 (Anlage K1 GA I 24) unter der Überschrift
- 4
B. H. hetzt: „Türken raus!“ - und kommt an
- 5
in einem Videobeitrag (Anlage B2 GA I 56). In diesem heißt es im Off-Kommentar, ohne dass in dem Beitrag entsprechende Redeauszüge des Klägers wiedergegeben würden:
- 6
B. H. aus Thüringen ist dabei, hetzt „Türken raus!“, Parolen, die ankommen
- 7
Mit Anwaltschreiben vom 15.08.2016 (Anlage K2 GA I 25) ließ der Kläger die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zum Widerruf auffordern.
- 8
Mit der Klage hat der Kläger zunächst Unterlassung und Widerruf der Überschrift und der Videoberichterstattung sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten begehrt. Die Beklagte hat daraufhin folgende strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben (GA I 44):
- 9
Die Beklagte verpflichtet sich hiermit gegenüber dem Kläger es bei Meidung einer für den Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung vom Kläger nach billigem Ermessen festzusetzenden, im Streitfalle vom zuständigen Gericht zu überprüfenden Vertragsstrafe zu unterlassen, wie mit der Überschrift „B. H. hetzt: „Türken raus!“ und kommt an“, unter http://www... geschehen,
- 10
zu behaupten bzw. behaupten zu lassen, zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen, oder sonst zu verbreiten und/oder sonst verbreiten zu lassen,
- 11
„B. H. hetzt, „Türken raus!““
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Zudem veröffentlichte sie am 25.11.2016 auf der Internetseite folgende Richtigstellung (Anlage B1 GA I 55):
- 13
Wir haben am 14. August 2016 einen Videobeitrag zum Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern mit der Überschrift „B. H. hetzt: „Türken raus!“ angekündigt. Hierzu stellen wir richtig: B. H. hat sich nicht wörtlich so geäußert.
Die Redaktion
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Die Parteien haben daraufhin den Rechtstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Unterlassung der Textberichterstattung übereinstimmend für erledigt erklärt.
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Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt noch beantragt,
- 16
1. der Beklagten unter Androhung eines Ordnungsgelds bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, zu vollstrecken jeweils an den Geschäftsführern …, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken jeweils an den Geschäftsführern …, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verbieten, über den Kläger zu behaupten und/oder zu verbreiten oder behaupten zu lassen und/oder verbreiten zu lassen,
- 17
„[...] B. H. aus Thüringen ist dabei, hetzt 'Türken raus!', Parolen, die ankommen [...]“
- 18
wie in dem Artikel „B. H. hetzt: 'Türken raus!' - und kommt an“ über den Internetauftritt, abrufbar unter http://www..., Anlage K1, im zugehörigen Videobeitrag mit den Worten „[...] B. H. aus Thüringen ist dabei, hetzt 'Türken raus!', Parolen, die ankommen [...]“ geschehen,
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2. die Beklagte zu verurteilen, die Behauptungen „B. H. hetzt: 'Türken raus!' [...]“ und „[...] B. H. aus Thüringen ist dabei, hetzt 'Türken raus!', Parolen, die ankommen [...]“, wie unter dem Internetauftritt, abrufbar unter http://www..., Anlage K1, an selber Stelle und entsprechend der ursprünglichen Mitteilung richtig zu stellen, wie folgt:
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„Wir haben im Beitrag ,B. H. hetzt Türken raus! und kommt an' vom 14.08.2016 behauptet: „B. H. hetzt: 'Türken raus!' [...]“ sowie „B. H. aus Thüringen ist dabei, hetzt 'Türken raus!', Parolen, die ankommen [...].“ Hierzu stellen wir richtig: B. H. hat die Äußerung 'Türken raus!' nicht getätigt“,
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3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger gegenüber der Kanzlei … von der Gebührenforderung in Höhe von 1.171,67 € brutto aus der außergerichtlichen Angelegenheit zwischen den Parteien über die Geltendmachung der Ansprüche wegen Unterlassen und Berichtigung in Bezug auf den in Anlage K1 abgebildeten Artikel freizustellen.
- 22
Die Beklagte hat beantragt,
- 23
die Klage abzuweisen.
- 24
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zum Widerruf verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger müsse sich zwar das sinngemäße Zitat „Türken raus!“ nicht zuschreiben lassen, lediglich die weitergehende Äußerung „Parolen, die ankommen“ sei nicht zu beanstanden. Der Unterlassungsanspruch sei durch die abgegebene Unterlassungserklärung aber insgesamt - auch hinsichtlich des Videobeitrags - erfüllt. Demgegenüber bestehe ein Anspruch auf Richtigstellung. Die erfolgte Richtigstellung, der Kläger habe „Türken raus!“ nicht wörtlich gesagt, genüge nicht. Wegen der weitergehenden Begründung und des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
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Gegen das Urteil wenden sich beide Parteien mit ihrer Berufung.
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Der Kläger macht geltend, die strafbewehrte Unterlassungserklärung beziehe sich nur auf die Überschrift, nicht aber den Videobeitrag. Zudem beinhalte der Zusatz „Parolen, die ankommen“ (Plural), der Kläger habe weitere volksverhetzende Äußerungen von sich gegeben. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten sei eine Berechnung (auf Grundlage eines Gegenstandswerts von 20.000 €) in dem Abmahnschreiben (Anlage K2) enthalten, aber auch unabhängig davon sei der Anspruch begründet.
- 27
Der Kläger beantragt,
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1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neubrandenburg vom 11.05.2017 die Beklagte zu verurteilen, den Kläger gegenüber der Kanzlei … von der Gebührenforderung in Höhe von 1.171,67 € brutto aus der außergerichtlichen Angelegenheit zwischen den Parteien über die Geltendmachung der Ansprüche wegen Unterlassen und Berichtigung in Bezug auf den in Anlage BK1 abgebildeten Artikel freizustellen,
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2. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neubrandenburg vom 11.05.2017 der Beklagten unter Androhung eines Ordnungsgelds bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, zu vollstrecken jeweils an den Geschäftsführern …, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken jeweils an den Geschäftsführern …, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verbieten, über den Kläger zu behaupten und/oder zu verbreiten oder behaupten zu lassen und/oder verbreiten zu lassen,
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„[...] B. H. aus Thüringen ist dabei, hetzt 'Türken raus!', Parolen, die ankommen [...]“
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wie in dem Artikel „B. H. hetzt: 'Türken raus!' - und kommt an“ über den Internetauftritt, abrufbar unter http://www..., Anlage K1, im zugehörigen Videobeitrag mit den Worten „[...] B. H. aus Thüringen ist dabei, hetzt 'Türken raus!', Parolen, die ankommen [...]“ geschehen,
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3. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
- 33
Die Beklagte beantragt,
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1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen,
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2. die Klage unter Abänderung des am 11.05.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Neubrandenburg (Az. 4 O 457/16) abzuweisen.
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Sie macht geltend, Beseitigungsansprüche kämen nicht in Betracht. Hinsichtlich der Überschrift sei eine Richtigstellung bereits erfolgt und die Äußerung im Videobeitrag sei eine Meinungsäußerung. Bereits daraus, dass im Beitrag gerade keine Ausschnitte aus der Rede eingespielt seien, ergebe sich, dass mit dem Off-Kommentar eine wörtliche Wiedergabe nicht behauptet werde - sonst hätte man die entsprechende Passage ja senden können. Im Übrigen sei die beanstandete Äußerung auch nicht dahin zu interpretieren, die „Parole“ „Türken raus!“ habe sich auf alle in Deutschland lebenden Türken bezogen.
II.
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Beide Berufungen sind zulässig, insbesondere fristgemäß eingelegt und begründet worden.
- 38
1. Unterlassung (Berufung des Klägers)
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Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Unterlassungsanspruch nur hinsichtlich der Äußerung im Videobeitrag. Im Übrigen - nämlich hinsichtlich der Unterlassung der Berichterstattung in der Überschrift „B. H. hetzt: 'Türken raus!' - und kommt an“ - hat der Kläger den Rechtstreit bereits im ersten Rechtszug in der Hauptsache für erledigt erklärt (GA I 132), die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen (GA I 140). Den weitergehenden, jetzt noch anhängigen Unterlassungsantrag hat der Kläger demgegenüber ausdrücklich aufrechterhalten und zum Gegenstand der Berufung gemacht.
- 40
Hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerung im Videobeitrag kann der Kläger von der Beklagten nach den §§ 823, 1004 BGB analog, Art. 1, 2 GG Unterlassung verlangen.
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a) Der Off-Kommentar kann mit Blick auf den Satzbau und den Bezug auf „Parolen“ von Zuschauern/-hörern durchaus dahin verstanden werden, „Türken raus!“ sei ein wörtliches Zitat. Dies gilt selbst losgelöst von der Überschrift, mit der der Videobeitrag angekündigt war. Die Deutung wird zudem nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Videobeitrag keine Redeausschnitte als Beleg enthält.
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Ob dies die einzige nicht fernliegende Auslegung oder der Kommentar mehrdeutig ist, insbesondere auch als sinngemäße Äußerung bzw. „zugespitzte“ Zusammenfassung verstanden werden kann, braucht der Senat an dieser Stelle nicht zu entscheiden. Denn auch dann ergäbe sich ein Unterlassungsanspruch. Bei mehrdeutigen Aussagen sind der Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht nach der Variantenlehre des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 – 1 BvR 1696/98 –, Rn. 35, juris) alle nicht entfernt liegenden Deutungsvarianten zu Grunde zu legen, die dieses Recht beeinträchtigen. Denn der Äußernde hat es in der Hand, sich in Zukunft eindeutig zu äußern und - wenn eine persönlichkeitsverletzende Deutungsvariante nicht dem von ihm beabsichtigten Sinn entspricht - klarzustellen, wie er seine Äußerung meint. Eine auf Unterlassung zielende Verurteilung des Zivilgerichts kann der Äußernde vermeiden, wenn er eine ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung abgibt, die mehrdeutige Äußerung, der eine Aussage mit dem persönlichkeitsverletzenden Inhalt entnommen werden kann, nicht oder nur mit geeigneten Klarstellungen zu wiederholen.
- 43
Auf dieser Grundlage ist der Kläger durch den Bericht, der so verstanden werden kann, er habe wörtlich „Türken raus!“ gesagt, in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Diese Beeinträchtigung muss er auch bei Abwägung mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit der Beklagten nicht hinnehmen. Zwar ist der Begriff der "Meinung" in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG grundsätzlich weit zu verstehen (BVerfG, Urteil vom 22. Juni 1982 – 1 BvR 1376/79 –, BVerfGE 61, 1-13, Rn. 16; BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 04. November 2013 – 1 BvR 2102/12 –, Rn. 24, juris). Auch nach diesem weiten Meinungsbegriff ist aber die Äußerung, der Kläger habe wörtlich „Türken raus!“ gesagt, keine Meinungsäußerung, sondern eine - unstreitig unwahre - Tatsachenbehauptung. Ein falsches Zitat wird vom Grundrecht der Meinungsfreiheit aber nicht geschützt (BVerfG, Beschluss vom 03. Juni 1980 – 1 BvR 797/78 –, BVerfGE 54, 208-223).
- 44
Die Wiederholungsgefahr ist nicht durch die Unterlassungserklärung in der Klageerwiderung ausgeräumt. Der Inhalt der Erklärung ist durch Auslegung vom Standpunkt eines objektiven Empfängers zu ermitteln. Bei isolierter Betrachtung könnte sie dahin verstanden werden, die Beklagte wolle jegliche Wiedergabe als Zitat in jedwedem Medium unterlassen. Denn die unzutreffende Tatsachenbehauptung, der Kläger habe auf der Wahlkampfveranstaltung wörtlich „Türken raus“ gesagt, dürfte unabhängig vom Kontext eine unzulässige Berichterstattung bedeuten (zur Begrenzung kerngleicher Verstöße im Presserecht: BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 – VI ZR 232/08 –, Rn. 11, juris). Darüber sind sich die Parteien auch einig. Bei der Auslegung zu berücksichtigen sind hier indes auch flankierende Äußerungen der Beklagten, die - rechtsirrig - im Zusammenhang mit der Abgabe der Erklärung gerade für sich in Anspruch nimmt, zu der Videoberichterstattung berechtigt zu sein (siehe etwa GA I 51, 75). Auf dieser Grundlage ist der Erklärung gerade nicht die ernsthafte und verbindliche Bereitschaft zu entnehmen, genau diese Verletzungsform künftig bereits auf der Primärebene zu unterlassen und nicht lediglich für eventuelle Sekundäransprüche gerade zu stehen. Der Primär(unterlassungs)anspruch des Klägers in Bezug auf die Videoberichterstattung wird durch eine solche Erklärung nicht gewährleistet.
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b) Die Äußerung „Parolen, die ankommen“ ist für sich genommen eine in der politischen Berichterstattung über den Kläger nicht zu beanstandende Meinungsäußerung. Sie betrifft die Sozialsphäre des Klägers, der sich selbst in die öffentliche politische Auseinandersetzung begeben und nach Art und Inhalt seines Auftritts solch wertende Berichterstattung hinzunehmen hat. Eine Behauptung mehrerer volksverhetzender Äußerungen des Klägers lässt sich dem Passus entgegen der Auffassung des Klägers auch unter Berücksichtigung der sprachlichen Ungenauigkeit durch Verwendung des Plurals nicht entnehmen.
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Es handelt sich andererseits auch nicht um eine (freiwillige) Beschränkung des bestehenden Unterlassungsanspruchs dahin, die Äußerung, der Kläger habe wörtlich „Türken raus“ gesagt, solle nur in Verbindung mit „Parolen, die ankommen“ untersagt werden. Denn auch bei antragsgemäßer Tenorierung wäre die isolierte Behauptung, der Kläger habe wörtlich „Türken raus“ gesagt, nach der Rechtsprechung (BGH a.a.O.) noch als kerngleicher Verstoß verboten.
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c) Soweit die Parteien darüber streiten, ob die Beklagte berichten dürfe, der Kläger habe nur dem Sinn nach „Türken raus“ gesagt, ist dies nach den gestellten Anträgen nicht Gegenstand des Verfahrens. Vielmehr beschränken sich diese auf die Wiedergabe als Zitat. Hierbei handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung, während die Wiedergabe als sinngemäße Äußerung eine Bewertung durch den Äußernden erfordert und deshalb wesentliche Elemente der Meinungsäußerung beinhaltet. Auf dieser Grundlage handelt es sich um unterschiedliche Gegenstände und nicht um kerngleiche Verstöße.
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2. Widerruf (Berufung der Beklagten)
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a) Zunächst bestand allerdings ein entsprechender Anspruch hinsichtlich des Zitats. Zwar ist im Rahmen des Beseitigungsanspruchs nach der Variantenlehre des Bundesverfassungsgerichts (s.o.) bei mehrdeutigen Äußerungen die dem Äußernden günstigste Variante zugrunde zu legen. Eine den Anspruch ausschließende Deutung kommt indes nicht in Betracht.
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Die Fassung der Überschrift ist nicht mehrdeutig. Sie kann nur als Tatsachenbehauptung dahin verstanden werden, der Kläger habe wörtlich „Türken raus“ gesagt. Aber auch die Videoberichterstattung dürfte unter Berücksichtigung des Satzbaus und des Bezugs zu „Parolen“ als Wiedergabe eines Zitats zu verstehen sein. Erst recht gilt dies bei Hinführung durch die mit Anführungszeichen versehene Überschrift. Diese kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit Blick auf die Unterlassungserklärung - die eine nochmalige kombinierte Veröffentlichung ausschließt - ausgeblendet werden, weil für den Beseitigungsanspruch auf die erfolgte Verletzung abzustellen und damit eine rückschauende Betrachtung geboten ist. Das falsche Zitat muss der Kläger bei Abwägung den Interessen der Beklagten nicht hinnehmen.
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Dennoch steht dem Kläger hinsichtlich des Zitats in Überschrift und Off-Kommentar ein Beseitigungsanspruch nicht (mehr) zu. Der Anspruch ist durch den abgedruckten Widerruf, der Kläger habe „sich nicht wörtlich so geäußert“, bereits erfüllt:
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aa) Eine Beschränkung des abgedruckten Widerrufs auf die Überschrift ist diesem nicht zu entnehmen. Vielmehr umfasst er für denjenigen, der den Off-Kommentar als Wiedergabe einer wörtlichen Äußerung wahrnahm, denklogisch auch den Inhalt des Videobeitrags.
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bb) Zu einem weitergehenden Widerruf ist die Beklagte auf Grundlage der gestellten Anträge nicht verpflichtet. Anspruch und Antrag beziehen sich auf das Charakteristische der konkreten Verletzungsform: die Wiedergabe als Zitat in dem Internetbeitrag. Der Kläger konnte von der Beklagten verlangen richtigzustellen, dass es sich gerade nicht um ein Zitat handelt. Dem ist die Beklagte nachgekommen. Nach dem Widerruf ist für die Leser deutlich, dass der Kläger nicht wörtlich „Türken raus“ gesagt hat.
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Der Senat hat nicht zu entscheiden, ob die Beklagte wegen ihrer Richtigstellung vom 25.11.2016, der Kläger habe sich nicht wörtlich so geäußert, wiederum zu einem Widerruf verpflichtet war. Sollte dieser Äußerung zu entnehmen sein, er habe dem Sinn nach „Türken raus“ gesagt, handelt es sich um eine andere - nicht kerngleiche - Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers, die vom Widerrufsantrag nicht erfasst wird. Insofern kann offen bleiben, ob der Kläger diese Bewertung hinzunehmen hätte.
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b) Demgegenüber erstreckt sich der Widerrufsanspruch auf die Formulierung „Parolen, die ankommen“ von vornherein nicht. Hierbei handelt es sich um eine vom Kläger hinzunehmende Meinungsäußerung (siehe oben). Unerheblich ist letztlich auch, ob sich der Kläger auf alle in Deutschland lebenden Türken oder eine „abgrenzbare“ Gruppe bezog und die Berichterstattung dies „richtig“ beurteilte und zum Ausdruck brachte. Denn der Kläger verlangt nicht Widerruf dahin, er habe bezogen auf andere Türken als die 40.000 Demonstranten von Köln eine Erklärung nicht abgegeben.
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3. Vorgerichtliche Anwaltskosten (Berufung des Klägers)
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Anspruchsgrundlage für Abmahnkosten des Klägers sind die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist für den Freistellungsanspruch unbeachtlich, ob dem Kläger bereits Rechnung gestellt ist.
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Das Abmahnschreiben ist dahin zu verstehen, dass es nicht lediglich den Videobeitrag, sondern auch die Überschrift umfasst. Der Unterlassungsanspruch war insgesamt zu diesem Zeitpunkt begründet, der Beseitigungsanspruch ebenfalls.
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Für die Höhe des Anspruchs ist maßgeblich, mit welchem Gegenstandswert die Ansprüche zu bewerten sind. Der Kläger ist von 20.000 € ausgegangen, das Landgericht hat für das gerichtliche Verfahren den Wert auf 10.000 € festgesetzt. Dieser Festsetzung ist der Kläger nicht mit Argumenten entgegen getreten. Es ist auch nicht ersichtlich, an Unterlassung und Beseitigung könne der Kläger - der regelmäßig mit Äußerungen provoziert - ein höheres Interesse haben. Hieraus ergibt sich nach einem Gegenstandswert von 10.000 € folgende Berechnung:
- 61
1,3 Geschäftsgebühr VV Nr. 2300 RVG
725,40 €
Auslagenpauschale VV Nr. 7002 RVG
20,00 €
Zwischensumme
745,40 €
Umsatzsteuer VV Nr. 7008 RVG
141,63 €
Summe
887,03 €
- 62
4. Nebenentscheidungen
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a) Die Kosten des ersten Rechtszugs sind gegeneinander aufzuheben (§ 92 Abs. 1 ZPO). Dabei findet hinsichtlich des erledigten Teils (Unterlassen der Überschrift) § 91a ZPO Anwendung. Die Beklagte hat insoweit die Kosten zu tragen, weil sie unterlegen wäre. Die Grundsätze des § 93 ZPO führen zu keiner anderen Beurteilung. Die Beklagte hat Anlass zur Klage gegeben, weil die Abmahnung entgegen ihrer Auffassung auch die Überschrift betraf und sie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung vor Klageerhebung nicht abgab. Auch hinsichtlich der Unterlassung des Videobeitrags unterliegt im Wesentlichen die Beklagte, die geringfügige Abweisung (“Parolen, die ankommen“) bleibt nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO außer Betracht. Hinsichtlich des Widerrufs unterliegt demgegenüber insgesamt der Kläger, weil er nach dem Widerruf nicht für erledigt erklärt, sondern an seinem unbegründet gewordenen Antrag festgehalten hat und deshalb unterliegt. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten sind nicht streitwert- und damit nicht kostenrelevant.
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Im zweiten Rechtszug ist das Unterlassen der Überschrift nicht mehr Gegenstand. Wegen des noch anhängigen Rests der Hauptsache sind auch die hierauf entfallenen Kosten nicht streitwert- und damit nicht kostenrelevant. Der Kläger unterliegt insoweit hinsichtlich des Widerrufs insgesamt, die Beklagte hinsichtlich der Unterlassung der Videoberichterstattung. Auf dieser Grundlage entspricht die ausgeurteilte Kostenquote der Regelung des § 92 ZPO.
- 65
b) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht hinsichtlich des Klägers auf § 709 S. 1 ZPO, weil es sich nicht um eine vermögensrechtliche Streitigkeit im Sinn des § 708 Nr. 10 ZPO handelt. Demgegenüber findet für die Beklagte § 708 Nr. 11 ZPO entsprechende Anwendung, weil sie lediglich Kosten bis zu 1.500 € vollstrecken kann (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 708 Rn. 13).
- 66
c) Der Streitwert des Berufungsverfahrens bestimmt sich nach dem Interesse der Berufungsführer (§§ 47, 48 GKG). Das Interesse der Beklagten an der Aufhebung der erstinstanzlichen Verurteilung zum Widerruf schätzt der Senat auf 5.000 €. Es ist nicht auf die bloßen Kosten eines Widerrufs beschränkt. Das Interesse des Klägers an der Verurteilung zum Unterlassen der Videoberichterstattung erscheint mit 2.500 € ausreichend bewertet. Argumente gegen den entsprechenden Ansatz des Landgerichts bringt der Kläger nicht vor. Sie sind auch nicht ersichtlich. Vorgerichtliche Anwaltskosten bleiben nach § 43 GKG als Nebenforderung unberücksichtigt. Gleiches gilt für die Kosten des erledigten Teils, weil über einen Teil des Hauptanspruchs noch zu befinden war.
- 67
d) Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Rostock Urteil, 21. Feb. 2018 - 2 U 16/17
Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Rostock Urteil, 21. Feb. 2018 - 2 U 16/17
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Oberlandesgericht Rostock Urteil, 21. Feb. 2018 - 2 U 16/17 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Tenor
Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin im Rahmen ihrer Mitgliedschaft nach den Vorschriften der Vereinssatzung und eventueller weiterer Vereinsstatuten (z. B. Hausordnung, Gassigeherordnung) während der für die Mitglieder und Gassigeher gültigen Öffnungszeiten uneingeschränkt Zutritt zu den den Vereinsmitgliedern zugänglichen Flächen und Räumen des Tierheims auf dem Grundstück „X-Straße, ##### L1“ zu gewähren.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.400,- EUR vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen ein ihr erteiltes Hausverbot. Der Beklagte begehrt widerklagend die Unterlassung mehrerer Äußerungen.
3Die Klägerin ist seit ca. 2010 Mitglied bei der Beklagten. Die Beklagte betreibt ein Tierheim. Frau S ist Geschäftsführerin des Beklagten. Die Klägerin führte vormals die Hunde des Tierheims Gassi.
4Die Klägerin beschwerte sich in der Vergangenheit mehrfach beim Vorstand der Beklagten sowie bei der Geschäftsführerin der Beklagten, Frau S, über etwaige Missstände im Tierheim.
5Im Jahr 2015 sprach die zweite Vorsitzende des Beklagten, Frau P, gegenüber der Klägerin ein Hausverbot im Tierheim der Beklagten aus.
6Am 08.05.2015 fand die Jahreshauptversammlung des Beklagten statt. Dort wurde der Vorstand des Beklagten neu gewählt. Anschließend kam es zu Tumulten zwischen den Vereinsmitgliedern. Daraufhin wurde die Jahreshauptversammlung am 02.06.2015 wiederholt und es wurde erneut ein Vorstand gewählt. Anschließend wurden die Änderungen im Vorstand des Beklagten beim Amtsgericht Bergisch Gladbach angemeldet, welches die Änderungen am 19.05.2016 in das Vereinsregister eintrug.
7Die Klägerin verfasste unter dem 23.05.2016 einen Brief an den Bürgermeister der Gemeinde L (Anlage B 1, Bl. 29 ff. AH). Hierin heißt es wörtlich, soweit vorliegend von Relevanz:
8„Ich halte es für mehr als bedenklich, wenn Beissverletzungen der Tiere in Kauf genommen werden.“
9„Bis heute sind beide [Anm.: neu gewählte Vorstandsmitglieder] nicht beim Amtsgericht eingetragen. Offensichtlich hat das AG die 2. illegale Wahl nicht anerkannt.“
10Sie fügte dem Schreiben eine siebenseitige Anlage bei, in welcher die Situation im Tierheim der Beklagten moniert wurde. Hierbei handelt es sich um eine Zusammenstellung von Vorwürfen von ca. 15 anonymen Personen. Hierin heißt es wörtlich, soweit vorliegend von Relevanz:
11„[…], das Tierheim L hat seit Jahren einen schlechten Ruf.“
12„Sie [Anm.: die Hunde von Frau S, Geschäftsführerin des Beklagten] laufen auf dem Gelände frei herum und attakieren die Hunde mit denen Gassigänger rausgehen“
13„Die Ziegen waren im Winter in einem winzigen offenen kleinen Stall ohne Boden und Türen untergebracht.“
14„Bei der 1. Jahreshauptversammlung wurde u. a. ein Wahlbetrug unterbunden bzw. aufgedeckt.“
15„Lehrlinge werden im Tierheim nicht ausgebildet.“
16„ES besteht der Verdacht, daß Frau S ohne Anfrage beim Vorstand, […] alleinige Entscheidungen trifft und […] Tiere ohne Ethikkommission einschläfern läßt […].
17„Ziehen wurden fast ein Jahr in einem nicht ordnungsgemäßen Stall gehalten, keine Türen, teilweise keine Bodenplatte, feuchtes, nasses Stroh, in Eis und Schnee und Regen draussen.“
18„Der Eingangsbereich sollte eigentlich die Visitenkarte eines Tierheimes sein. Wenn man schon auf den Parkplatz kommt, liegt oft Müll und aufgerissene Tüten bis auf die umliegenden Weiden herum, da die Container offen sind.“
19„Die ungepflegte Aussenanlage führen zu der Annahme dass auch im eigentlich Tierheimbetrieb Mängel vorliegen. […] Von Radenmähern zerschreddertes Spielzeug, Bälle Taue Flatterband rostige Nägel sind Gefahr für Welpen, Jung- und andere Hunde. Bretter mit Nägeln nach oben liegen seit Monaten im Eingangsbereich des grossen Auslauf.“
20„Unserer Erachtens bekommen die Tiere nicht ausreichend Futter.“
21„Die Hunde werden in teils sehr ungepflegtem Zustand vermitelt […].“
22„Ob Frau S noch geeignet ist, wagen wir zu bezweifeln. Sie erfüllt u. E. diese Aufgaben überhaupt nicht. Die Zusammenarbeit mit umliegenden Tierheimen ist gleich Null.“
23„Das Personal soll nicht weiter drangsaliert werden.“
24Die siebenseitige Anlage sendete die Klägerin neben der Gemeinde L zudem an den Deutschen Tierschutzbund e. V., den Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V., deasFinanzamt Bergisch-Gladbach sowie an die Berufsgenossenschaft.
25Am 10.06.2016 fand ein Gespräch zwischen der Klägerin und dem Bürgermeister der Gemeinde L statt. Der Bürgermeister hielt daraufhin Rücksprache mit dem Leitenden Amtstierarzt des Q- Kreises sowie einer Amtsärztin. Anschließend vermerkte er auf dem Schreiben der Klägerin vom 23.05.2016, dass keine Anhaltspunkte für Verstöße gegen das Tierschutzgesetzt bestehen.
26Mit Schreiben vom 01.07.2016 (Anlage K 1, Bl. 5 d. A.), welches die Überschrift „Fristlose Kündigung Ihrer Mitgliedschaft“ trägt, teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass der Vorstand der Beklagten in der Sitzung vom selben Tag die Mitgliedschaft der Klägerin mit sofortigen Wirkung aufgehoben habe.
27Die Klägerin ist der Ansicht, das ausgesprochene Hausverbot sei unwirksam. Sie ist weiter der Ansicht, dem Beklagten stehe der mit der Widerklage geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Die in der Widerklage wiedergegebenen Äußerungen würden teils Meinungsäußerungen darstellen. Soweit es sich um Tatsachenbehauptungen handelt, würden diese teils nicht von der Klägerin stammen. Jene Äußerungen, welche hingegen von der Klägerin stammen, seien jedenfalls wahr.
28Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 07.11.2017 hat der Beklagte die Audiodateien der Radioaufnahmen des Radiosenders Y vom 06.11.2017 verschriftlicht, aus denen Wortbeiträge der Klägerin und des Prozessbevollmächtigten des Beklagten hervorgehen. Wegen des Inhaltes der Wortbeiträge wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 07.11.2017, Bl. 350 ff. d. A. Bezug genommen. Zudem hat der Beklagte in dem Schriftsatz erklärt, an dem ausgesprochenen Hausverbot nicht mehr festzuhalten.
29Die Klägerin hat mit ihrem Klageantrag zu 1) ursprünglich beantragt, festzustellen, dass die Mitgliedschaft der Klägerin in dem beklagten Verein nicht durch die „fristlose Kündigung“ vom 01.07.2016 beendet worden ist, sondern unverändert fortbesteht. Der Beklagte hat in seiner Klageerwiderung vom 17.10.2016 erklärt, dass er aus der Kündigung keine Rechte mehr herleitet. In der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2017 (Bl. 99 d. A.) hat die Klägerin den Klageantrag zu 1) für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.
30Die Klägerin beantragt,
31die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin im Rahmen ihrer Mitgliedschaft nach den Vorschriften der Vereinssatzung und eventueller weiterer Vereinsstatuten (z. B. Hausordnung, Gassigeherordnung) während der für die Mitglieder und Gassigeher gültigen Öffnungszeiten uneingeschränkt Zutritt zu den den Vereinsmitgliedern zugänglichen Flächen und Räumen des Tierheims auf dem Grundstück „X-Straße, ##### L1“ zu gewähren.
32Der Beklagte beantragt,
33die Klage abzuweisen.
34Widerklagend beantragt er,
35die Klägerin bei Meidung eines für den Fall der Zuwiderhandung festzusetzen Ordnungsgeldes bis 25.000,- EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zu Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verurteilt, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß zu behaupten und zu verbreiten oder durch Dritte zu behaupten oder verbreiten zu lassen,
36a) im Tierheim des Tierschutzvereins des Q- Kreises e. V. würden Bissverletzungen in Kauf genommen,
37b) die Vorstandsmitglieder der Beklagten seien nicht im Vereinsregister eingetragen,
38c) die Wahlen auf der Jahreshauptversammlung bei dem Beklagten am 02.06.2015 seien illegal abgelaufen,
39d) auf der Jahreshauptversammlung bei dem Beklagten am 08.05.2015 sei ein Wahlbetrug aufgedeckt worden,
40e) das Tierheim des Tierschutzvereins des Q- Kreises e. V. habe seit Jahren einen schlechten Ruf,
41f) die Hunde der Frau S laufen auf dem Gelände des Tierheims frei herum und attackieren andere Hunde, mit denen „Gassigänger“ rausgehen,
42g) es würden keine Lehrlinge bei der Beklagten ausgebildet,
43h) im Tierheim des Tierschutzvereins des Q- Kreises e. V. würden Tiere ohne sachlichen Grund eingeschläfert,
44i) Ziegen seien im Tierheim des Tierschutzvereins des Q- Kreises e. V. fast ein Jahr in einem nicht ordnungsgemäßen Stall auf feuchtem und nassem Stroh gehalten worden,
45j) das Tierheim des Tierschutzvereins des Q- Kreises e. V. sei im Innen- und Außenbereich verdreckt und vermüllt,
46k) die Tiere im Tierheim des Tierschutzvereins des Q- Kreises e. V. bekämen nicht ausreichend Futter und seien teilweise zu dünn,
47l) Hunde würden vom Tierschutzverein des Q- Kreises e.V. in teils sehr ungepflegtem Zustand vermittelt,
48m) die vom Vorstand des Tierschutzvereins des Q- Kreises e. V. bestellte Geschäftsführerin Frau S erfülle ihre Aufgaben und ihre vertraglichen Pflichten nicht,
49n) das Personal des Tierschutzvereins des Q- Kreises e. V. werde drangsaliert.
50Die Klägerin beantragt,
51die Widerklage abzuweisen.
52Die Beklagte behauptet, das von Frau P ausgesprochene Hausverbot gehe auf einen Beschluss des Vorstandes zurück und werde vom gesamten Vorstand gebilligt. Grund für das Hausverbot sei das vereinsschädigende Verhalten der Klägerin. Die Beklagte behauptet, die in dem Schreiben der Klägerin vom 23.05.2016 samt der siebenseitigen Anlage aufgestellten Tatsachenbehauptungen seien unwahr. Insbesondere würden Tiere nicht ohne sachlichen Grund eingeschläfert. Die Entscheidung über das Einschläfern eines Tieres treffe eine eingesetzte Ethikkomission.
53Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß der Beweisbeschlüsse vom 06.06.2017 (Bl. 117 d. A.), vom 09.06.2017 (Bl. 143 d. A.) durch Vernehmung der Zeugin J. Wegen der Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 24.10.2017 (Bl. 278 ff. d. A.) verwiesen.
54Hinsichtlich des weiteren Sachvortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
55Entscheidungsgründe:
56Die Klage hat Erfolg. Die Widerklage hat hingegen keinen Erfolg.
57I.
58Die zulässige Klage ist unbegründet.
59Der Klägerin ist von der Beklagten uneingeschränkt Zutritt zu den den Vereinsmitgliedern zugänglichen Flächen und Räumen des Tierheims auf dem Grundstück „X-Straße, ##### L1“ zu gewähren, § 38 BGB.
60Das von der zweiten Vorsitzende des Beklagten, Frau P, gegenüber der Klägerin im Jahr 2015 ausgesprochene Hausverbot bezüglich des Tierheimgrundstücks ist rechtswidrig.
61Der Inhaber des Hausrechts kann gemäß §§ 903, 1004 BGB grundsätzlich frei entscheiden, wem er Zutritt gewährt. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos, sondern unterliegt den allgemeinen gesetzlichen Schranken (LG Duisburg, Urteil vom 22.07.2005, 7 S 63/05; LG Bielefeld, Urteil vom 18.01.2005, 20 S 137/04; LG Köln, Urteil vom 11.02.2009, 4 O 312/08).
62Zum einen enthält die Satzung des Beklagten keine Bestimmung, wonach einzelnen Vereinsmitgliedern die Benutzung der Einrichtungen des Vereins unter bestimmten Gründen untersagt werden kann. Darüber hinaus konnte der Beklagte sein Hausrecht deshalb nicht frei ausüben, weil er dazu vertraglich verpflichtet ist, der Klägerin Zutritt zu dem Tierheimgrundstück zu gewähren (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 09. März 2012 – V ZR 115/11-, juris). Die Klägerin hat durch Vertragsschluss zwischen ihr und dem Beklagten (Ellenberger in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 77. Auflage 2018, § 28 Rn. 4) im Jahr 2010 die Vereinsmitgliedschaft erworben. Sie darf damit auch grundsätzlich auch von den Einrichtungen des Beklagten partizipieren, soweit er diese seinen Mitgliedern zur Verfügung stellt. Der Klägerin steht ein Recht auf Benutzung der Vereinseinrichtungen zu (Ellenberger in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 77. Auflage 2018, § 28 Rn. 1). Dazu gehört es, der Klägerin während der Öffnungszeiten Zugang zu dem vom Beklagten betriebenen Tierheim zu gewähren.
63Die Rechtmäßigkeit des ausgesprochenen Hausverbots und eine damit verbundene Einschränkung der vereinsrechtlichen Rechte der Klägerin setzt das Bestehen eines sachlichen Grundes voraus (BGH, Urteil vom 07. Oktober 1991 – II ZR 51/91 –, juris). Ein solcher sachlicher Grund, der ein Hausverbot der Klägerin und die Verkürzung ihrer Mitgliedsrechte rechtfertigen könnte, besteht nicht. Der Beklagte hat das Hausverbot auf das vereinsschädigende Verhalten der Klägerin gestützt. Diese Begründung ist nicht ausreichend. Nähere Umstände, welche ein Hausverbot rechtfertigen könnten, sind nicht genannt worden. Etwaige dem Beklagten missfallende Äußerungen der Klägerin können durch ein Hausverbot nicht verhindert werden.
64II.
65Die zulässige Widerklage ist unbegründet.
66Dem Beklagten steht kein Anspruch auf Unterlassung der im Widerklageantrag dargelegten Äußerungen aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB zu.
671.
68Unerheblich ist dabei zunächst, ob die aus Anlage B1 ersichtlichen Äußerungen von der Klägerin selbst stammen oder sie die Äußerungen anonymer Personen weitergeleitet hat. Denn jedenfalls hat sich die Klägerin die Äußerungen in der siebenseitigen Anlage zum Schreiben der Klägerin vom 23.05.2016 durch die Weiterleitung an die öffentlichen Stellen zu Eigen gemacht.
692.
70Dem Beklagten steht kein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Äußerung, er habe seit Jahren einen schlechten Ruf, zu.
71Hierbei handelt es sich im Schwerpunkt um eine Meinungsäußerung, da der wertende Charakter im Vordergrund steht. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet dabei jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Meinungen sind im Unterschied zu Tatsachenbehauptungen durch das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt (BVerfG, Beschluss vom 09. Oktober 1991 – 1 BvR 1555/88 –, juris). Es steht der Klägerin frei, ihre Ansicht, dass der Beklagte einen schlechten Ruf genießt, zu verbreiten. Das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Beklagten tritt hinter das klägerische Recht zur freien Meinungsäußerung zurück.
723.
73Auch hinsichtlich der weiteren im Widerklageantrag aufgeführten Äußerungen steht dem Beklagten kein Unterlassungsanspruch zu.
74Die übrigen Äußerungen sind zunächst als Tatsachenbehauptungen zu werten, deren Wahrheit oder Unwahrheit dem Beweis grundsätzlich zugänglich ist. Eine Tatsachenbehauptung bezieht sich dabei auf etwas Geschehenes oder einen gegenwärtigen Zustand und steht deshalb grundsätzlich dem Beweis offen, d.h. ihre Wahrheit oder Unwahrheit ist grundsätzlich mit den in der Prozessordnung vorgesehenen Beweismitteln überprüfbar (LG Köln, Urteil vom 17. April 2013 – 28 O 525/12 –, juris). Während wahre Tatsachenbehauptungen grundsätzlich hinzunehmen sind, sind unwahre Tatsachenbehauptungen grundsätzlich nicht zu dulden.
75Die Wahrheit oder Unwahrheit der den Äußerungen der Klägerin zugrundeliegenden Sachverhalten kann im vorliegenden Fall jedoch dahinstehen.
76Zwischen Äußerungen in der Öffentlichkeit und solchen gegenüber Behörden und ähnlichen ist zu differenzieren. Niemand kann daran gehindert werden, angebliche Missstände denjenigen Stellen anzuzeigen, die dazu berufen sind, einem entsprechenden Verdacht nachzugehen und ggf. Maßnahmen gegen solche Missstände zu ergreifen. Was in der Öffentlichkeit nicht verbreitet werden darf, kann gegenüber solchen Stellen durchaus erlaubt sein (OLG Dresden, Urteil vom 03. August 2006 – 4 U 436/06; OLG Frankfurt, Urteil vom 16. Dezember 1993 – 1 U 21/92; BGH, Beschluss vom 03. November 1977 – VI ZR 256/74). Ausreichend muss dabei sein, dass der Äußernde bei ordnungsgemäßer Sorgfalt davon ausgehen konnte, dass die Adressaten dazu berufen sind, den erhobenen Vorwürfen nachzugehen, und die Informationen mit der gebotenen Vertraulichkeit behandeln. Dagegen kann nicht maßgeblich sein, wer nach den – im Einzelfall komplizierten und für einen juristischen Laien kaum nachvollziehbaren – Zuständigkeitsvorschriften zuständig ist. Denn es besteht gerade ein öffentliches Interesse daran, dass mögliche Missstände gemeldet werden. Ein Dritter soll Verdachtsmomente unbefangen mitteilen dürfen, selbst wenn diese die Ehre eines anderen beeinträchtigen.
77Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin hat die streitgegenständlichen Äußerungen gegenüber der Gemeinde L, dem Deutschen Tierschutzbund e. V., den Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V., dem Finanzamt Bergisch-Gladbach sowie gegenüber der Berufsgenossenschaft getätigt. Wenn auch für die Durchführung des Tierschutzgesetzes nach § 15 TierSchG i. V. m. § 1 Nr. 1 ZustVO Tierschutz NRW die Kreisordnungsbehörde zuständig ist und der Bürgermeister von L zudem nicht Aufsichtsperson hinsichtlich Eintragungen im Vereinsregister des Amtsgerichts Köln ist, durfte die Klägerin davon ausgehen, dass er richtiger Ansprechpartner für ihr Anliegen war. Denn das von dem Beklagten betriebene Tierheim befindet sich in der Gemeinde L. Sowohl beim Deutschen Tierschutzbund e. V. als auch beim Bund gegen Missbrauch der Tiere e. V. handelt es sich um gemeinnützige Vereine, deren satzungsmäßige Aufgaben die Förderung des Tierschutzes sowie die Bekämpfung jeglichen Missbrauch der Tiere sind. Zudem betreffen die Vorwürfe potentiell auch das Finanzamt Bergisch Gladbach. Eine Steuervergünstigung nach § 51 AO ist an das Verfolgen gemeinnütziger Zwecke – hier eine selbstlose Förderung des Tierschutzes nach § 52 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 14 AO – gebunden. Die Klägerin schildert Anhaltspunkte, welche diese Voraussetzungen in Frage stellen könnten. Sie hinterfragt, ob die Kosten für die privaten Hunde der Geschäftsführerin durch die Mitgliederbeträge finanziert würden. Zudem seien Mitgliedsbeiträge und Spendengelder für eine teure Cocktailbar am Tag der offenen Tür verschleudert worden. Die Berufsgenossenschaft ist jedenfalls insofern als zuständige Stelle anzusehen, als die Klägerin äußert, eine Büroangestellte würde bei Lärm arbeiten. Es gebe wohl keine Umkleide für den Wechsel von Straßen- zu Arbeitskleidung. Das Personal werde drangsaliert und traue sich nicht, gegen die oberen Etagen zu rebellieren.
78Die Interessen des Beklagten sind hinreichend gewahrt. Eine Berufung des Äußernden auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen setzt voraus, dass die Vorwürfe nicht etwa leichtfertig oder vorsätzlich unrichtig oder zum Zwecke einer diffarmierenden Schmähkritik erhoben werden (BVerfG, NJW 1991, 1475; BGH, NJW 1987, 2225). Dies gilt auch für massive Anschuldigungen, soweit der im Kontext als bloße Schlussfolgerung und bloßer Verdacht für den verständigen Leser kenntlich gemachte Vorwurf ausschließlich an zur Aufklärung berufene Stellen gerichtet ist. Im Rahmen privilegierter Äußerungen dürfen die Barrieren nicht so hoch gesetzt werden, dass von ihnen ein Lähmungseffekt ausgehen kann (OLG Dresden, Urteil vom 03. August 2006 – 4 U 536/06). Für eine leichtfertige oder gar vorsätzliche Falschbehauptung bestehen vorliegend keine ausreichenden Anhaltspunkte. Die detaillierten Schilderungen lassen das Vorbringen ungeachtet seines Wahrheitsgehaltes – aus der Sicht eines objektiven Dritten nicht völlig haltlos und abwegig erscheinen. Zudem sind die schwerwiegenden Vorwürfe grundloser Einschläferungen erkennbar als persönliche Zweifel an der Richtigkeit anderweitiger Darstellungen formuliert. So heißt es in dem mit „Tierheim L 1. Teil“ überschriebenen Schriftstück „Alle Einschläferungen der überwiegend alten Hunde erfolgten in einem Zeitraum, in dem die festangestellte Leiterin der Hundeabteilung über mehrere Wochen krank war. Opi hatte einen Tumor? Riskas eine Magendrehung? Bijou einen Tumor im Magen-Darm-Trakt?“. Dass Tiere ohne Ethikkommission eingeschläfert würden, ist ausdrücklich als Verdacht formuliert („2. Teil“) Hinzu kommt, dass die Mitteilungen der Klägerin ersichtlich darauf gerichtet waren, dass die genannten Stellen die erhobenen Vorwürfe überprüfen.
79Etwas anderes folgt auch nicht aus den vom Radiosender Y am 06.11.2017 veröffentlichen Äußerungen der Klägerin, welche der Beklagte mit nachgelassenem Schriftsatz vom 07.11.2018 verschriftlicht hat. Hierdurch ist der Streitgegenstand der Widerklage nicht betroffen. Der Streitgegenstand bestimmt sich nach dem überwiegend vertretenen zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff , also nach "Antrag und Lebenssachverhalt". Der der Widerklage zu Grunde liegende Lebenssachverhalt stellen die Äußerungen in dem klägerischen Schreiben an den Bürgermeister der Gemeinde L vom 23.05.2016 samt der siebenseitigen Anlage, welche auch an weitere Behörden übersandt wurde, dar. Dieser Streitgegenstand ist durch die Äußerungen im Radio nicht tangiert. Darüber hinaus können persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder –verteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen konkreter Vorbereitung dienen, äußerungsrechtlich nur ausnahmsweise abgewehrt werden (BGH, Urteil vom 16. November 2004 – VI ZR 298/03-, juris; AG Dachau, Urteil vom 28. September 2015 – 3 C 685/15-, juris).
80III.
81Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 91a Abs. 1 S. 1 ZPO. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Klageantrags zu 1) war gem. § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO eine Billigkeitsentscheidung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu treffen. Danach sind auch die hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils der Klage entstanden Kosten dem Beklagten aufzuerlegen. Denn die Kündigung der Mitgliedschaft der Klägerin von 01.07.2016 war rechtswidrig. Zum einen sieht die Satzung des Beklagten eine Kündigung der Mitgliedschaft nicht vor. Selbst wenn man die ausgesprochene Kündigung in einen Ausschluss der Mitgliedschaft gem. § 7 der Satzung umdeuten würde, ist die Maßnahme weiterhin rechtswidrig. Gem. § 7 Abs. 3 der Satzung entscheidet über einen Ausschluss der Mitgliedschaft auf Antrag des Vorstandes die Mitgliederversammlung mit einfacher Mehrheit. Dem Schreiben vom 01.07.2016 liegt unstreitig ein solcher Mitgliederbeschluss nicht zu Grunde.
82Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.
83Streitwert:
84Bis zum 19.10.2016: 1.200,- EUR
85Vom 20.10.2016 bis zum 29.03.2017: 15.200,- EUR (1.200,- EUR + 14.000,- EUR)
86Vom 30.03.2017 bis zum 03.04.2017: 16.200,- EUR (1.200,- EUR + 1.000,- EUR + 14.000,- EUR)
87Ab dem 04.04.2017: 15.000,- EUR (1.000,- EUR + 14.000,- EUR)
88Rechtsbehelfsbelehrung:
89Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
90Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.
(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.