Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 16. Apr. 2007 - 3 W 119/06

bei uns veröffentlicht am16.04.2007

Tenor

Auf die weitere Beschwerde werden der Beschluss des Landgerichts Rostock vom 19.06.2006 (Az.: 2 T 100/06) und der Beschluss des Amtsgerichts Rostock vom 01.05.2006 (Az.: XIV 227/06) aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die am 01.05.2006 durch das Amtsgericht Rostock angeordnete Fortdauer der polizeilichen Ingewahrsamnahme rechtswidrig war.

Die Kosten der Beschwerde und der weiteren Beschwerde werden der Staatskasse auferlegt.

Gegenstandswert der Beschwerde: bis 1.000,00 €

Gründe

I.

1

Der Betroffene erstrebt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Freiheitsentziehung.

2

Am Vormittag des 01.05.2006 hielt er sich in Rostock auf der Steinstraße auf. Dort fand eine Demonstration statt. Um 11.30 Uhr nahmen mehrere Polizeibeamte ihn in Gewahrsam; anschließend wurde er vernommen und dem Richter vorgeführt, der ihn in der Zeit von 14.15 Uhr bis 14.25 Uhr anhörte. Sodann ordnete das Amtsgericht mit sofortiger Wirksamkeit die Fortdauer der polizeilichen Ingewahrsamnahme längstens bis zum 02.05.2006, 09.00 Uhr, an. Begründet wird dieser auf einem Vordruck abgefasste Beschluss wie folgt (vorgedruckte Passagen sind kursiv wiedergegeben):

3

"Die Ingewahrsamnahme des Betroffenen ist unerlässlich, um eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren (§§ 55 Abs. 1 Nr. 3, 56 Abs. 5 SOG M-V).

4

Der Betroffene hat während einer Demonstration einen Polizeibeamten angegriffen und beleidigt. Der Verdacht ergibt sich aus der Aussage des Polizeibeamten.

5

Die Anordnung der Fortdauer der polizeilichen Ingewahrsamnahme ist auch nicht unverhältnismäßig. Um die begründete Gefahr für eine Vereitelung der Anordnung auszuschließen, war gem. § 8 Abs. 1 Satz 2 FEVG die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anzuordnen. "

6

Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen diesen Beschluss blieb erfolglos. In seiner Begründung stellte das Landgericht - in tatsächlicher Hinsicht dessen Einlassung folgend - fest, der Betroffene habe gesehen, dass vier Polizeibeamte in Höhe des Postgebäudes einen jungen Mann "am Wickel gehabt" und ihn festgehalten hätten. Um dem jungen Mann zu helfen, habe der Betroffene im Laufschritt die Straße überquert. Ungefähr in der Mitte der Straße habe ihn ein Polizist erreicht und mit seiner Schulter geschubst, so dass der Betroffene gestolpert und hingefallen sei. Dem Betroffenen sei es dann gelungen aufzustehen, obwohl ein Polizeibeamter ihn festgehalten habe. Er habe dann den Polizeibeamten festgehalten, um ihn auf Distanz zu halten. Der Polizeibeamte habe ihn aufgefordert loszulassen und zugesichert, auch den Betroffenen loszulassen. Dieser habe losgelassen, jedoch nicht der Polizeibeamte. Der Betroffene habe dann versucht, dem Polizeibeamten seinen Pullover zu entreißen, an dem dieser ihn festgehalten habe. Das sei ihm gelungen. Dann seien drei bis vier weitere Polizeibeamte gekommen, die ihn zu Boden gebracht, gefesselt und abgeführt hätten. Ihm sei weder bewusst geworden, dass er die Polizeiausrüstung beschädigt noch dass er die Polizeibeamten beleidigt habe.

7

Weiter heißt es in dem Beschluss, von dem Betroffenen sei insbesondere dadurch eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgegangen, weil er versucht habe, polizeiliche Maßnahmen zu verhindern. So habe er beabsichtigt, die Polizeibeamten körperlich anzugreifen, um dem in ihrer Gewalt befindlichen jungen Mann zu helfen. Ein derartiger geplanter körperlicher Angriff auf Polizeibeamte rechtfertige die Ingewahrsamnahme. Diese sei auch insofern unerlässlich gewesen, da davon auszugehen gewesen sei, dass der Betroffene auch in der Folge an diesem Tag körperlich gegen Polizeibeamte vorgegangen wäre, wenn er der Meinung gewesen wäre, andere Personen gegen Polizeibeamte schützen zu müssen.

8

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betroffene mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde. Er beanstandet insbesondere, dass das Landgericht es unterlassen habe, die von ihm, dem Betroffenen, benannten Zeugen zu vernehmen.

II.

9

Die weitere Beschwerde des Betroffenen ist zulässig. Ihr steht nicht entgegen, dass der Betroffene noch am Abend des 01.05.2006 freigelassen wurde. Wird mit einer gerichtlichen Entscheidung tiefgreifend in ein Grundrecht eingegriffen, so gebietet der aus Artikel 14 Abs. 4 GG abgeleitete effektive Rechtschutz auch nach Beendigung der freiheitsentziehenden Maßnahme vor Erschöpfung des Rechtsmittelweges, dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, den Grundrechtseingriff auf seine Rechtsmäßigkeit hin überprüfen zu lassen (BVerfG NJW 2002, 206).

III.

10

Die weitere Beschwerde ist begründet. Gegenstand der Rechtsmittel des Betroffenen ist nicht die am 01.05.2006 am Vormittag vollzogene Ingewahrsamnahme des Betroffenen, sondern die richterlich angeordnete Fortdauer des Gewahrsames. Gemäß § 27 FGG ist der Senat darauf beschränkt, die angegriffene Entscheidung darauf hin zu überprüfen, ob sie auf einer Rechtsverletzung beruht. Dies ist vorliegend der Fall.

11

1. Bei der Entscheidung über die Fortdauer der Ingewahrsamnahme hat das Amtsgericht nicht festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SOG M-V zum Zeitpunkt seiner Entscheidung weiterhin gegeben waren, d. h. dass die Fortdauer der Ingewahrsamnahme zur Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung unerlässlich war.

12

Die richterliche Entscheidung gemäß § 56 Abs. 5 SOG M-V darf sich nicht auf eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des vorangegangenen polizeilichen Zugriffs beschränken. Vielmehr hat der Richter auch und insbesondere über die Fortdauer des Gewahrsams zu befinden. Dies erfordert die Prüfung, ob im Zeitpunkt seiner Entscheidung die Fortdauer der Freiheitsentziehung zur Abwehr der fortbestehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geboten ist.

13

a) Hierbei hat sich der Richter zunächst damit auseinanderzusetzen, ob die Polizeibeamten den Betroffenen zu Recht in Gewahrsam genommen haben. War die Ingewahrsamnahme bereits rechtswidrig, so lässt sich ihre Fortdauer allenfalls dann rechtfertigen, wenn neue Erkenntnisse hinzukommen.

14

Bei der Beurteilung der Rechtmäßig- oder Rechtswidrigkeit der polizeilichen Ingewahrsamnahme ist auf die Situation unmittelbar vor dem Zugriff abzustellen. Für die Annahme einer polizeilichen Gefahr genügt es, dass bei objektiver Sicht zur Zeit des polizeilichen Einschreitens die Tatsachen auf eine drohende Gefahr hindeuten, ohne dass sofort eindeutig Klarheit geschaffen werden kann (BGH, Beschl. vom 27.10.1988 - III ZR 256/87, BGHR Verwaltungsrecht, Allg. Grundsätze, Polizeirecht 1; OLG Hamm, Urt. v. 07.06.1978 - IV A 330/77, NJW 1980, 138). Spätere Erkenntnisse nach eingehender Beweisaufnahme sind nicht zu berücksichtigen, da diese den vollziehenden Polizeibeamten vor Ort nicht zur Verfügung standen.

15

Die auf eine polizeiliche Gefahr deutenden Tatsachen waren vorliegend gegeben, denn der Betroffene hat selbst eingestanden, auf die Polizeibeamten losgegangen zu sein, um dem in ihrer Gewalt befindlichen jungen Mann zu helfen. Auch wenn er nicht dartut, auf welche Art er "helfen" wollte, so erweckte jedenfalls das Zugehen auf die Polizeibeamten den Eindruck, dass er diese körperlich angreifen werde, um den anderen Mann aus deren Gewalt zu befreien. Demgemäß durften die Polizeibeamten den Betroffenen gem. § 55 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz und Nr. 3 SOG M-V in Gewahrsam nehmen, weil die Begehung einer Straftat - Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gem. § 113 StGB - unmittelbar bevorstand. Auch bedeutete der begründete Verdacht, dass der Betroffene die Vollzugshandlung der Polizeibeamten stören werde, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. In der Situation vor Ort genügte es nicht, den drohenden Angriff des Betroffenen abzuwehren; vielmehr war es geboten, ihn zunächst von dem Tatort zu entfernen.

16

b) Sodann hat der Richter festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SOG M-V weiterhin gegeben sind, d. h. die Fortdauer der Ingewahrsamnahme zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung unerlässlich ist. Die Rechtmäßigkeit der vorangegangenen Ingewahrsamnahme durch die Polizeibeamten allein indiziert nicht die Rechtmäßigkeit der richterlich angeordneten Fortdauer der Ingewahrsamnahme. Vielmehr hat das Amtgericht zu prüfen, ob im Falle der Freilassung weiterhin die Gefahr besteht, dass der Betroffene nach Freilassung seine Straftat fortsetzen, eine weitere Straftat begehen, bzw. weiterhin die öffentliche Sicherheit und Ordnung stören wird. Das Amtsgericht Rostock hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Es begnügt sich durch Ankreuzen der vorgedruckten Textpassage mit dem Satz, die Ingewahrsamnahme des Betroffenen sei unerlässlich, um eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren, wobei dieser Satz nicht erkennen lässt, ob er die Fortdauer der Ingewahrsamnahme meint. Auf welche tatsächlichen Anhaltspunkte sich diese Überzeugung stützt, ist nicht ausgeführt.

17

Feststellungen zum Fortbestehen der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zum Zeitpunkt der richterlichen Entscheidung sind in dem nach den Umständen des Einzelfalles möglichen Umfang erforderlich. Der Senat verkennt nicht, dass in dem Anhörungstermin der Richter nicht aufwändig Beweis erheben kann. Insbesondere kann er nicht die Polizeibeamten vernehmen, die weiterhin auf der Straße benötigt werden. Er ist auf den Akteninhalt und auf seine persönliche Überzeugung angewiesen. Ob ihm zuzumuten ist, ggf. eine Videoaufzeichnung in Augenschein zu nehmen, um sich selbst ein Bild davon zu machen, wie aggressiv sich der ihm vorgeführte Betroffene auf der Straße verhalten hat, kann dahin stehen. Jedenfalls ist es unerlässlich, dass er zu der Überzeugung gelangt, dass von dem Betroffenen weiterhin eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Eine solche Prognose ist bei der richterlichen Entscheidungsfindung, namentlich bei freiheitsentziehenden Maßnahmen nicht ungewöhnlich. So hat der Richter bei Anordnung der Untersuchungshaft nach § 112 StPO auszuführen, aus welchen tatsächlichen Anhaltspunkten er Flucht- oder Verdunklungsgefahr ableitet. Bei Anordnung der Abschiebehaft gem. § 62 AufenthG ist zu begründen, welche tatsächlichen Umstände die Gefahr begründen, dass der Betroffene sich der Abschiebung entziehen wird. Vielfach indizieren bestimmte Verhaltensweisen die die Freiheitsentziehung rechtfertigende Prognose. Bei der richterlichen Entscheidung gem. § 56 Abs. 5 SOG kann der Rückgriff auf § 55 Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz SOG M-V hilfreich sein, der Regelfälle aufführt, die die Annahme rechtfertigen, dass von dem Betroffenen eine fortdauernde Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen wird. Als solche Anzeichen sind dort erwähnt die Ankündigung der Begehung der Tat oder die Aufforderung dazu, das Mitführen von Transparenten, Flugblättern oder sonstigen Gegenstände mit derartigen Aufforderungen, zudem das Mitführen von Waffen und Werkzeugen oder sonstigen Gegenständen, die zur Tatbegehung geeignet sind, und schließlich das Auffälligwerden des Störers in der Vergangenheit aus vergleichbarem Anlass.

18

Nach der Aktenlage lagen die Beweisanzeichen gem. § 55 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz lit. a und b SOG M-V nicht vor. Angesichts des Datenbestandes der Polizeibehörde und der einfachen Übermittlungswege wäre durchaus in der Zeit nach Festnahme (11.30 Uhr) und Vorführung vor dem Richter (14.15 Uhr) abzuklären gewesen, ob der Betroffene in der Vergangenheit wegen Störung einer Demonstration oder wegen eines ähnlichen Anlasses aufgefallen ist (§ 55 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz lit. c SOG M-V). Dahingehende Erkenntnisse wären geeignet gewesen, die Fortdauer der Ingewahrsamnahme zu rechtfertigen. Ohne solche Feststellungen kann jedoch allein aus dem Verhalten des Betroffenen am Vormittag des 01.05.2006 nicht geschlossen werden, dass er nach Freilassung um 14.25 Uhr wieder auf die Straße gegangen wäre, um weiterhin zu stören. Zu berücksichtigen ist, dass vielfach schon der Zeitablauf deeskalierend wirkt. Einen bislang nicht auffällig gewordenen, im Umgang mit Vollzugsmaßnahmen der Polizei unerfahrenen Bürger lassen die erkennungsdienstlichen Maßnahmen und ein kurzfristiger Freiheitsentzug von knapp drei Stunden in der Regel nicht unbeeindruckt und er wird bedacht sein, nicht erneut zu stören und sich der wiederholten Gefahr eines polizeilichen Eingreifens auszusetzen. Auch kann sich der Richter ohne Hinzuziehung eines Psychologen einen persönlichen Eindruck von dem ihm vorgeführten Betroffenen verschaffen, insbesondere seine Reaktion auf die vorangegangene Festnahme würdigen. Macht der Vorgeführte einen ruhigen Eindruck, so kann dies gegen die fortdauernde Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sprechen, während umgekehrt aggressives oder uneinsichtiges Verhalten durchaus als Indiz für die Prognose taugt, dass er nach Entlassung erneut auf die Straße gehen wird, um zu stören. Die tatsächlichen Grundlagen seiner richterlichen Überzeugung hat der Richter in der Begründung seiner Entscheidung nachvollziehbar auszuführen. Die fortbestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit der Erwägung zu begründen, der Betroffene habe bei seiner Anhörung einen aggressiven und/oder uneinsichtigen Eindruck gemacht, ist ebenso rechtsfehlerfrei wie die Begründung, er sei ruhig aufgetreten und der vorangegangene kurzfristige Freiheitsentzug habe ihn beeindruckt. Mit einer solchen Überzeugungsbildung in der einen oder anderen Richtung ist der Richter nicht überfordert.

19

Da der Beschluss des Amtsgerichts Rostock vom 01.05.2006 keine Feststellungen enthält, die die Anordnung der Fortdauer der Ingewahrsamnahme rechtfertigen, ist die Entscheidung rechtswidrig.

20

2 . Auch der Beschluss des Landgerichts Rostock vom 19.06.2006 lässt die Prüfung vermissen, ob am Nachmittag des 01.05.2006 die Fortdauer der Ingewahrsamnahme noch erforderlich war. Die Formulierung: "Die Ingewahrsamnahme war unerlässlich, da davon auszugehen war , ..." (jeweils Imperfekt) zeigt, dass das Landgericht nicht geprüft hat, ob zur Zeit der richterlichen Entscheidung am Nachmittag des 01.05.2006 für den erstinstanzlichen Richter erkennbar die Voraussetzungen für die Fortdauer der Ingewahrsamnahme gegeben waren. Selbst wenn das Landgericht mit diesem Satz die richterliche Anordnung der Fortdauer der Ingewahrsamnahme gemeint haben sollte, fehlen jedenfalls Ausführungen dazu, aus welchem Grund diese geboten war.

21

Nachträgliche tatsächliche Feststellungen können nach Auffassung des Senats die Rechtswidrigkeit der richterlichen Anordnung der Fortdauer der Ingewahrsamnahme nicht rückwirkend beseitigen. Daher kann der Senat ohne Aufhebung und Zurückverweisung abschließend entscheiden.

IV.

22

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 16 FreihEntzG.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 16. Apr. 2007 - 3 W 119/06

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 16. Apr. 2007 - 3 W 119/06

Referenzen - Gesetze

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 62 Abschiebungshaft


(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen

Strafprozeßordnung - StPO | § 112 Voraussetzungen der Untersuchungshaft; Haftgründe


(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßr

Strafgesetzbuch - StGB | § 113 Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte


(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit
Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 16. Apr. 2007 - 3 W 119/06 zitiert 4 §§.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 62 Abschiebungshaft


(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen

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Tenor Die weitere sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Landgerichts Rostock vom 04.06.2007 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Der Antrag des Betroffenen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahr

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(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.

(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.