Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 05. Dez. 2011 - 9 UF 135/11

bei uns veröffentlicht am05.12.2011

Tenor

1. Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Völklingen vom 13. Juli 2011 – 8 F 160/11 SO – wird zurückgewiesen.

2. Der Kindesvater trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Beschwerdewert: 3.000 EUR.

4. Der Antrag des Kindesvaters auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

5. Der Kindesmutter wird für das Beschwerdeverfahren mit Wirkung vom 27. Oktober 2011 ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin, beigeordnet.

Gründe

I.

Die verfahrensbetroffenen Kinder sind aus der durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Völklingen vom 23. November 2010 - 8 F 551/09 S - geschiedenen Ehe der weiteren Beteiligten zu 1. und 2., die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, hervorgegangen. Seit der Trennung der Kindeseltern leben die Kinder im Haushalt der Kindesmutter und werden von dieser betreut und versorgt. Gemäß einer Vereinbarung der Kindeseltern, die die elterliche Sorge bisher gemeinsam ausübten, ist dem Kindesvater ein 14-tägiges Umgangsrecht in der Zeit von samstags 12.00 Uhr bis sonntags 18.00 Uhr eingeräumt. Im Jahr 2008 wurden von der Kindesmutter gegen den Kindesvater zwei Gewaltschutzverfahren (8 F 244/08 und 8 F 443/08 Amtsgericht - Familiengericht - Völklingen) wegen gewalttätiger Übergriffe eingeleitet, die jeweils durch Vergleich beendet wurden. In einem weiteren im März 2011 von der Kindesmutter eingeleiteten Gewaltschutzverfahren ergingen gegen den Kindesvater durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Völklingen vom 16. März 2011 bis zum 16. September 2011 befristete Anordnungen (8 F 120/11 EAGS); u.a. ist dem Kindesvater untersagt worden ist, die Wohnung der Antragstellerin zu betreten, sich ihrer Wohnung auf weniger als 50 Meter zu nähern, Verbindung, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, mit ihr aufzunehmen und ein Zusammentreffen herbeizuführen.

Mit ihrem am 4. April 2011 eingegangen Antrag hat die Kindesmutter auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für die betroffenen Kinder angetragen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kindesvater seit 6 bis 7 Monaten von seinem Umgangsrecht keinen Gebrauch mache und sich nicht um die Kinder kümmere, und dass es ihr wegen des aggressiven Verhaltens des Kindesvaters nicht mehr zumutbar sei, sich wegen der Belange der Kinder mit diesem ins Einvernehmen zu setzen.

Der Kindesvater ist dem entgegen getreten und hat darauf verwiesen, dass die Umgangskontakte berufsbedingt zunächst unter der Woche stattgefunden hätten, ab Februar jedoch eine Kontaktaufnahme nicht mehr möglich gewesen sei, und dass sich die Kindeseltern im Mai darauf verständigt hätten, wegen der Kindesbelange miteinander zu kommunizieren.

Das Familiengericht hat nach Anhörung der Kindeseltern, der betroffenen Kinder und der Vertreterin des Jugendamtes in der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2011 mit Beschluss vom 13. Juli 2011, auf den Bezug genommen wird (Bl. 31 ff), die elterliche Sorge für die Kinder auf die Kindesmutter allein übertragen und seine an § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgerichtete Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass eine Konsens- und Kommunikationsfähigkeit bzw. die hierfür notwendige tragfähige soziale Beziehung der Kindeseltern, wie dies auch die Gewaltschutzverfahren belegten, nicht mehr gegeben sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Kindesvaters, der rügt, dass das Familiengericht verfahrensfehlerhaft den Sachverhalt nur ungenügend aufgeklärt und es unterlassen habe, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Aus den Gewaltschutzverfahren könne nichts hergeleitet werden, zumal sich die Kindeseltern immer durch Vergleich geeinigt hätten; gegen die einstweilige Anordnung vom 16. März 2011 habe er auf Rechtsmittel verzichtet, um die Angelegenheit nicht hochzuspielen. Allein der Umstand, dass die Kindesmutter, die ohnehin in Dingen des täglichen Lebens die Alleinentscheidungsbefugnis habe, eine Kommunikation mit ihm ablehne, rechtfertige nicht die Übertragung der Alleinsorge auf diese. Überdies finde tatsächlich wieder eine Kommunikation statt.

Die Kindesmutter verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Das Jugendamt hat mit Schreiben vom 28. September 2011 Stellung genommen und u.a. das zerrüttete Verhältnis der Kindeseltern thematisiert (Bl. 58).

Die Verfahrensakten 8 F 188/05, 8 F 244/08 GS, 8 F 443/08 GS und 8 F 120/11 EAGS des Amtsgerichts - Familiengericht - Völklingen haben dem Senat vorgelegen.

II.

Die gemäß §§ 58, 63 Abs. 1, 64, 65 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Zu Recht hat das Familiengericht bei seiner, wie die Gründe der angefochtenen Entscheidung erkennen lassen, am Kindeswohl orientierten Prüfung (§ 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB) die Voraussetzungen für eine Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge verneint und die elterliche Sorge vollständig allein auf die Antragstellerin übertragen.

Das den Eltern gemäß Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG verfassungsrechtlich gegenüber dem Staat gewährleistete Freiheitsrecht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder dient in erster Linie dem Kindeswohl, das zugleich oberste Richtschnur für die Ausübung der Elternverantwortung ist. Leben, wie hier, die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern nicht nur vorübergehend getrennt, ist gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB, der eine gesetzliche Ausgestaltung des dem Vater und der Mutter gleichermaßen zustehenden Elternrechts darstellt, einem Elternteil auf seinen Antrag auch ohne Zustimmung des anderen Elternteils die elterliche Sorge dann zu übertragen, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht. Denn weder hat die Beibehaltung der gemeinsamen Sorge prinzipiell Vorrang vor der Einzelsorge, und zwar auch nicht auf Grund der Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts, noch besteht eine gesetzliche Vermutung dahin, dass die gemeinsame Sorge nach der Trennung der Eltern weiterhin die beste Form der Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung ist. Einer solchen Regelung stünde bereits entgegen, dass sich die elterliche Gemeinsamkeit in der Realität nicht verordnen lässt (BGH, Urt.v. 12. Dezember 2007, XII ZB 158/05, FamRZ 2008, 592, m.w.N.; BGH, FamRZ 2005, 1167; BVerfG, FamRZ 2007, 1876; BVerfG, FamRZ 2004, 354 und 1015; Senat, Beschl.v. 16. August 2011, 9 UF 93/11, m.w.N.). Wenn sich die Eltern bei Fortbestehen der gemeinsamen Sorge fortwährend streiten, kann dies zu Belastungen führen, die mit dem Wohl des Kindes nicht vereinbar sind. Eine dem Kindeswohl entsprechende gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung getrennt lebender Eltern setzt deshalb ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus. Gelingt es den Eltern nicht, zu Einvernehmen im Interesse des Kindes zu gelangen, weil ihnen die notwendige Konsens- und Kommunikationsfähigkeit fehlt, „funktioniert“ also die gemeinsame elterliche Sorge praktisch nicht, so ist nach der Rechtsprechung der Alleinsorge der Vorzug zu geben (BGH, FamRZ 2008, 592, m.w.N.; BGH, FamRZ 1999, 1646; BGH, FamRZ 2005, 1167; BVerfG, FamRZ 2004, 1015; BVerfG, FamRZ 2004, 354; BVerfG, FamRZ 2007, 1876 unter Hinweis auf BGH, FamRZ 1999, 1647; Senat, aaO.; OLG Brandenburg, ZFE 2008, 70). Besteht angesichts der Entwicklung in der Vergangenheit die begründete Besorgnis, dass die Eltern auch in Zukunft nicht in der Lage sein werden, ihre Streitigkeiten in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge konstruktiv und ohne gerichtliche Auseinandersetzungen beizulegen, ist die erzwungene Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl nicht zuträglich; denn ein fortgesetzter destruktiver Elternstreit führt für ein Kind zwangsläufig zu erheblichen Belastungen, und zwar unabhängig davon, welcher Elternteil die Verantwortung für die fehlende Verständigungsmöglichkeit trägt. Ist nicht ersichtlich, dass in absehbarer Zeit eine Verbesserung der Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern zu erwarten ist, kommt eine Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht in Betracht (BGH, FamRZ 2008, 592).

Einer an diesen Gegebenheiten orientierten Prüfung hält die auf Grund eines beanstandungsfreien Verfahrens getroffene Entscheidung des Familiengerichts, dass die Voraussetzungen für eine Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht vorliegen, stand.

Die Kindeseltern sind zerstritten, eine Konsens- und Kommunikationsfähigkeit ist nicht mehr vorhanden. Es bestehen, wie die von der Kindesmutter gegen den Kindesvater eingeleiteten Gewaltschutzverfahren bzw. die in der Folge zu einer Verurteilung führenden strafrechtlichen Verfahren sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Kindeseltern in vorliegendem Verfahren hinlänglich belegen, keine Grundlagen mehr für einen Austausch. Namentlich die von der Kindesmutter wiederholt thematisierten gewalttätigen Übergriffe und Nachstellungen durch den Kindesvater legen ein beredtes Zeugnis für das beträchtliche Konfliktpotenzial zwischen den Eltern ab. Dies belegt deutlich, dass die Kindeseltern nicht (mehr) gewillt und/oder in der Lage sind, ihre in der Paarbeziehung bestehenden bzw. nicht überwundenen Konflikte von der Elternebene zu trennen und zu einer konstruktiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit hinsichtlich der Belange der betroffenen Kinder zu finden. Das Verhältnis ist, wie dies auch von dem beteiligten Jugendamt in seiner Stellungnahme vom 28. September 2011 gesehen wird, zerrüttet. Anzeichen einer tragfähigen Kompromissbereitschaft können, auch wenn der Kindesvater auf seinen guten Willen verweist, auch nicht andeutungsweise festgestellt werden. Allein der Umstand, dass wieder Kontakt besteht und das Umgangsrecht wohl einvernehmlich gestaltet wird, genügt hierfür jedenfalls nicht.

Die hierauf gründende Wertung des Familiengerichts, dass die gemeinsame elterliche Sorge für die betroffenen Kinder aufzuheben ist, begegnet unter den gegebenen Umständen keinen durchgreifenden Bedenken und findet die Billigung des Senats. Die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge erfordert eine kontinuierliche Kooperation und Kommunikation der Eltern, die bei der gegebenen Sachlage bei den Kindeseltern unzweifelhaft nicht vorhanden ist. Auch wenn eine Verpflichtung zum Konsens besteht, vermag eine bloße Pflicht zur Konsensfindung eine tatsächlich nicht bestehende Verständigungsmöglichkeit nicht zu ersetzen. Nicht schon das Bestehen der Pflicht allein ist dem Kindeswohl dienlich, sondern erst die tatsächliche Pflichterfüllung, die sich in der Realität nicht zwangsweise durchsetzen lässt. Angesichts der angezeigten kindeswohlkonzentrierten Betrachtungsweise kommt es nicht entscheidend darauf an, ob und ggf. in welchem Umfang die fehlende Kooperationsfähigkeit der Eltern auf dem Verhalten vornehmlich eines Elternteils beruht. Selbst wenn, wie der Kindesvater behauptet, die Kindesmutter eine Kooperation verweigert, kann das pflichtwidrige Verhalten des nicht kooperierenden Elternteils nicht mit einer aufgezwungenen gemeinsamen elterlichen Sorge sanktioniert werden, um auf diese Weise den Elternrechten des anderen kooperationsfähigen und -willigen Elternteils Geltung zu verschaffen. Die am Kindeswohl auszurichtende rechtliche Organisationsform der Elternsorge ist dafür grundsätzlich kein geeignetes Instrument. Dem steht schon die verfassungsrechtliche Wertung entgegen, dass sich die Elterninteressen in jedem Falle dem Kindeswohl unterzuordnen haben (vgl. BVerfGE 79, 203/210 f.; BVerfG FamRZ 1996, 1267; FF 09, 416). Wenn - wie hier - angesichts der auch von Gewalttätigkeiten geprägten Entwicklungen in der Vergangenheit, die in ihrer Gesamtheit eine ablehnende Haltung der Kindesmutter leicht nachvollziehbar erscheinen lassen, die begründete Besorgnis besteht, dass die Eltern auch in Zukunft nicht in der Lage sein werden, ihre Streitigkeiten ohne gerichtliche Auseinandersetzungen beizulegen und zu einer tragfähigen sozialen Beziehung zu finden, an der es offensichtlich fehlt, ist die erzwungene Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge unabhängig davon, wer die Verantwortung für die fehlende Verständigung trägt, dem Kindeswohl nicht zuträglich. An dieser Bewertung ändert auch der Umstand nichts, dass, worauf der Kindesvater hinweist, die Kindeseltern in den in 2008 eingeleiteten Gewaltschutzverfahren einen Vergleich abgeschlossen haben. Zu einer nachhaltigen Änderung des Verhaltens des Kindesvaters gegenüber der Kindesmutter und damit zu einer Verbesserung der sozialen Beziehung der Kindeseltern zueinander hat dies, wie das im März 2011 eingeleitete Gewaltschutzverfahren zeigt, jedenfalls nicht geführt.

Mit Blick auf die Zerrüttung der sozialen Beziehung der Kindeseltern und der damit verbundenen Einschränkung der Kommunikationsfähigkeit zwischen beiden Parteien steht zu befürchten, dass sich bei Zuerkennung einer gemeinsamen Sorge entgegen dem Willen der Kindesmutter zusätzliche Spannungsfelder ergeben, die zwangsläufig zu nicht unerheblichen Belastungen für die betroffenen Kinder führen (vgl. auch BGH, FamRZ 2008, 592, 593; Saarländisches Oberlandesgericht. 6. Zivilsenat, Beschl.v. 30. Juli 2010, 6 UF 52/10). Insoweit ist nicht zu erkennen, dass eine Beteiligung des Antragsgegners an den Entscheidungen von erheblicher Tragweite und Bedeutung (siehe § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB) tatsächlich eine Verbesserung der Situation der Kinder bewirken kann. Unter den obwaltenden Umständen kommt deshalb auch nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der gebietet, dass sich die Gerichte als milderes Mittel mit Teilentscheidungen zu begnügen haben, wo immer dies dem Kindeswohl Genüge tut (vgl. BVerfG, FamRZ 2004, 1015; BGH, FamRZ 2005, 1167, Saarländisches Oberlandesgericht, 6. Zivilsenat, aaO, m.w.N.), nur die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge in Betracht.

Soweit das Familiengericht hiernach - auf der zweiten Prüfungsebene des § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB (vgl. BGH, FamRZ 2008, 592) - gerade der Antragstellerin die alleinige elterliche Sorge übertragen hat, findet auch dies vollumfänglich die Billigung des Senats. Eine auf § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB gegründete Übertragung der Alleinsorge auf den Kindesvater kommt schon mangels eines dahingehenden Antrages, den § 1671 Abs. 1 BGB ausweislich seines Wortlauts zwingend voraussetzt, nicht in Betracht. Für die Kindesmutter, gegen deren Erziehungseignung nach Lage der Akten keine Bedenken bestehen und von dem Kindesvater auch nicht aufgezeigt werden, spricht der Grundsatz der Kontinuität. Der Kontinuitätsgrundsatz beruht auf der Erfahrung, dass die Fortdauer familiärer und sozialer Bindungen wichtig für eine stabile und gesunde psychosoziale Entwicklung des heranwachsenden Menschen ist. Deshalb empfiehlt sich eine Sorgerechtsübertragung auf denjenigen Elternteil, der die Einheitlichkeit, Gleichmäßigkeit und Stabilität des Erziehungsverhältnisses und seiner äußeren Umstände gewährleisten kann. Der Gesichtspunkt der Kontinuität beinhaltet keine Bewertung oder Sanktion im Hinblick auf in der Vergangenheit liegendes Elternverhalten. Er berücksichtigt tatsächlich zu Stande gekommene Lebenskonstanten und orientiert sich für die zukünftige Entwicklung allein am Kindeswohl. Der Kontinuitätsgrundsatz baut auf der Annahme auf, dass der weitestgehende Erhalt der Einheitlichkeit, Stetigkeit, Gleichmäßigkeit und Stabilität der Lebens- und Erziehungsverhältnisse, wie sie im Zeitpunkt der Sorgerechtsentscheidung aktuell bestehen, dem Wohl des Kindes entspricht (dazu BGH, FamRZ 1985, 169; Senat, aaO, sowie Beschl. v. 28. Januar 2008 - 9 UF 63/07; OLG Brandenburg, Beschl.v. 22. Februar 2007, 10 UF 200/06, sowie OLGR Brandenburg 2004, 442). Bei der Bewertung der Kontinuität kommt es auf die Frage an, welcher Elternteil in der Vergangenheit die größeren Erziehungsanteile inne gehabt hat. Da die Antragstellerin die betroffenen Kinder von Geburt an und auch seit der Trennung der Parteien allein betreut, spricht der Kontinuitätsgrundsatz zweifellos für die Antragstellerin.

Der Senat hat unter den gegebenen Umständen von einer persönlichen Anhörung der Eltern und der Kinder in der Beschwerdeinstanz abgesehen, weil der zu beurteilende Sachverhalt erstinstanzlich verfahrensfehlerfrei - entgegen der Auffassung des Antragsgegners wurden beide Kinder angehört, wobei sich die damals 3 ½, heute knapp 4 Jahre alte Al. geweigert hat, mit der Richterin zu sprechen - und umfassend - das beteiligte Jugendamt hat mit beiden Eltern Kontakt aufgenommen - aufgeklärt worden ist und von einer erneuten Anhörung hier keine weitergehenden Erkenntnisse zu erwarten sind, zumal der Kindesvater keine neuen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte, wozu die Absprache von Umgangskontakten zweifellos nicht genügt, vorgetragen hat, die für die Sachdienlichkeit einer - von ihm auch nicht angeregten - erneuten Anhörung sprechen (vgl. BVerfG FamRZ 1984, 139; VerfGH Berlin FamRZ 2001, 848; Senat, aaO, m.w.N.). Die nämlichen Erwägungen gelten, soweit er die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeregt hat.

Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf die Antragstellerin nicht bedeutet, dass diese damit berechtigt ist, Kontakte der Kinder zu ihrem Vater ohne weiteres zu unterbinden. Ob, auf welche Weise und in welchem Umfang solche Kontakte zu ermöglichen sind, ergibt sich vielmehr aus den gesetzlichen Regelungen des Umgangs des Kindes mit den Eltern bzw. anderen Bezugspersonen in § 1684 und § 1685 BGB. Nach § 1684 Abs. 1 Satz 1 BGB hat das Kind grundsätzlich ein Recht auf Umgang mit jedem Elternteil. Daraus kann sich unter den gegebenen Umständen auch eine Pflicht der Antragstellerin auf die Förderung von Kontakten der Kinder zum Vater ergeben. Da Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nur die Frage der elterlichen Sorge ist, kann darüber im Rahmen dieser Entscheidung aber nicht befunden werden.

Nach alledem bewendet es bei dem angefochtenen Beschluss.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Die Festsetzung des Verfahrenswertes für die Beschwerdeinstanz folgt aus §§ 40, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.

Die Rechtsbeschwerde wird mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zugelassen.

Der Antrag des Kindesvaters auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war mangels Erfolgsaussicht zurückzuweisen (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 119 Abs. 1 S. 1, 114 ZPO).

Der Kindesmutter war für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin, zu bewilligen (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 114, 115, 119 Abs. 1 S. 2 ZPO).

Urteilsbesprechung zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 05. Dez. 2011 - 9 UF 135/11

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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 05. Dez. 2011 - 9 UF 135/11 zitiert 12 §§.

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(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.

(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:

1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder
2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.

(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
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zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 158/05
vom
12. Dezember 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge, wenn der die Alleinsorge
begehrende Elternteil für die völlige Zerrüttung der sozialen Beziehungen zwischen
den Eltern (haupt-)verantwortlich ist.
BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - XII ZB 158/05 - OLG Hamburg
AG Hamburg-Harburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Dezember 2007 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Fuchs und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 28. Juli 2005 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen. Beschwerdewert: 3.000 €.

Gründe:

I.

1
Die Antragstellerin (Mutter) und der Antragsgegner (Vater) streiten um die elterliche Sorge für ihre beiden gemeinsamen Kinder.
2
Die Mutter hatte mit dem Vater eine langjährige nichteheliche Beziehung; aus dieser Beziehung gingen die im Jahre 1996 geborene Tochter F. und der im Jahre 2001 geborene Sohn M. hervor. Die Eltern haben durch Erklärungen gegenüber dem Jugendamt die gemeinsame elterliche Sorge für die beiden Kinder erlangt, welche von Geburt an durchgehend im Haushalt der Mutter lebten. Der verheiratete Vater lebte auch während der Beziehung zur Mutter mit seiner Ehefrau zusammen, mit der er zwei bereits erwachsene Kinder hat. Im Frühjahr 2002 endete die Beziehung der Eltern. Die Mutter lebt seit mehreren Jahren mit einem neuen Partner zusammen, den sie zwischenzeitlich geheiratet hat.
3
Die Kinder hatten zunächst weiterhin Kontakt zu ihrem Vater, bis die Mutter im Februar 2003 jeden Umgang mit der Begründung unterband, die Ehefrau des Vaters habe ihr von dessen angeblicher Pädophilie berichtet; es bestehe auch der konkrete Verdacht des sexuellen Missbrauchs der Tochter F. durch den Vater. In einem anschließenden Umgangsrechtsverfahren wurde ein psychologisches Sachverständigengutachten eingeholt, welches den Verdacht auf sexuellen Missbrauch der Tochter F. durch den Vater nicht bestätigte. Die in dem seit März 2004 rechtskräftig abgeschlossenen Umgangsrechtsrechtsverfahren angeordnete Durchführung von zehn beschützten Umgangskontakten zwischen dem Vater und den Kindern fand durch Vermittlung des Deutschen Kinderschutzbundes e.V. zwischen April 2004 und Januar 2005 statt. Einem daran anschließenden unbegleiteten Umgang widersetzte sich die Mutter. Sie machte im Januar 2005 ein neues Umgangsrechtsverfahren anhängig mit dem Ziel, den Umgang der Kinder mit ihrem Vater für die Dauer von drei Jahren auszuschließen.
4
Im vorliegenden Sorgerechtsverfahren hat die Mutter den Antrag gestellt, die elterliche Sorge für die beiden Kinder auf sie allein zu übertragen. Der Vater ist dem Antrag entgegengetreten. Er hat sich für eine Fortdauer der gemeinsamen elterlichen Sorge ausgesprochen und hilfsweise die Übertragung der Alleinsorge auf sich begehrt. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die elterliche Sorge auf die Mutter übertragen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vaters ist von dem Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Vater sein Begehren weiter.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
6
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Bei Abwägung aller Umstände entspreche die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die Mutter dem Wohl der Kinder am besten. Aus der seit Februar 2003 unvermindert anhaltenden Auseinandersetzung der Eltern lasse sich nur der Schluss ziehen, dass gegenwärtig keine Basis für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge bestehe. Es fehle vor allem an einem Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Elternteilen. Die Mutter habe seit Februar 2003 sämtliche Entscheidungen, welche die wesentlichen Belange der Kinder (Einschulung der Tochter, Kindergartenbesuch des Sohnes) berührten, nach Möglichkeit ohne Einbindung des Vaters und unter eigenmächtiger Abänderung zuvor zustande gekommener Vereinbarungen selbst getroffen, so dass dem - grundsätzlich zur Kooperation bereiten - Vater nichts übrig geblieben sei, als diese Maßnahmen im nachhinein zu billigen, weil sie ohne nachteilige Auswirkungen auf das Wohl der Kinder nicht mehr zu ändern gewesen seien. Auch hinsichtlich der wohl wichtigsten zur Entscheidung anstehenden Frage, der Auswahl eines Therapeuten für die verhaltensauffällig gewordene Tochter F., sei eine Übereinstimmung nicht zu erzielen gewesen, wobei es nicht darauf ankomme , ob die Einigungsunfähigkeit der Eltern ihre Ursache in den unterschiedlichen Vorstellungen über die Person des Therapeuten, das Ziel der Therapie oder die Übernahme der Kosten gehabt habe. Die Unfähigkeit, ein Mindestmaß an Übereinstimmung zu erzielen, zeige sich insbesondere in der Frage des Umgangsrechts. Die Mutter verstoße gravierend gegen ihre Verpflichtung, einen persönlichen Umgang zwischen dem Vater und den Kindern zu gewährleisten. Auch wenn diese totale Verweigerungshaltung nicht durch objektive Um- stände nachvollziehbar und demzufolge auch nicht billigenswert sei, bestehe keine andere Möglichkeit, als die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben. Insoweit sei vorrangig darauf abzustellen, dass aufgrund der mangelnden Kooperationsbereitschaft der Mutter nicht ausgeschlossen werden könne, dass bereits Anzeichen einer nachteiligen Auswirkung der gemeinsamen elterlichen Sorge auf die Entwicklung der Tochter F. gegeben seien.
7
Weniger einschneidende Maßnahmen kämen nicht in Betracht. Angesichts der Befürchtung der Mutter, dass sich der Vater über das Mitspracherecht in Erziehungsfragen in ihre gegenwärtige Familie drängen wolle, sei auch mit Rücksicht auf die bisherige Entwicklung nicht zu erwarten, dass die Mutter in absehbarer Zeit wieder zu einer Kooperationsbereitschaft zurückfände. In dieser Situation könne nur die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge dem Kindeswohl am besten dienen. Die Kinder hätten ihren Lebensmittelpunkt seit jeher bei der Mutter gehabt und fühlten sich auch nur dort wirklich zu Hause. Eine Herausnahme der Kinder aus dem mütterlichen Haushalt käme unter keinen Umständen in Betracht, da die Kinder für ihre weitere Entwicklung die absolute Gewissheit benötigten, dass die Mutter auch in Zukunft jederzeit für sie da sei.
8
Auch eine Teilentscheidung, wie sie das Bundesverfassungsgericht in den Fällen erwäge, in denen nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit dieses mildere Mittel genügt, um dem Kindeswohl gerecht zu werden, müsse hier ausscheiden. Aus der Alleinsorge könne der Bereich „Umgangsrecht“ nicht herausgelöst und insoweit eine Pflegschaft eingerichtet werden, um den persönlichen Umgang des Vaters mit den Kindern sicherzustellen. Denn dies würde dem laufenden Verfahren vorgreifen, in dem die Eltern über eine Abänderung des bereits geregelten Umgangsrechts stritten.
9
2. Diese Ausführungen halten jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand.
10
a) Leben die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern - wie hier - nicht nur vorübergehend getrennt, ist gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB einem Elternteil auf seinen Antrag auch ohne Zustimmung des anderen Elternteils die elterliche Sorge allein zu übertragen, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht. Der Senat hat unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 13/4899, S. 63) bereits mehrfach entschieden, dass allein aus der normtechnischen Gestaltung dieser Regelung kein Regel-/Ausnahmeverhältnis zugunsten des Fortbestandes der gemeinsamen elterlichen Sorge hergeleitet werden kann. Ebenso wenig besteht eine gesetzliche Vermutung dafür, dass die gemeinsame elterliche Sorge nach der Trennung der Eltern im Zweifel die für das Kind beste Form der Wahrnehmung elterlicher Verantwortung ist (Senatsbeschlüsse vom 29. September 1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646, 1647 und vom 11. Mai 2005 - XII ZB 33/04 - FamRZ 2005, 1167; vgl. auch BVerfG FamRZ 2004, 354, 355). Daran hält der Senat fest. Für die allgemein gehaltene Aussage, dass eine gemeinsame elterliche Sorge nach der Trennung der Eltern dem Kindeswohl prinzipiell förderlicher sei als die Alleinsorge eines Elternteils, besteht in der kinderpsychologischen und familiensoziologischen Forschung auch weiterhin keine empirisch gesicherte Grundlage (vgl. Staudinger/Coester, BGB [2004] § 1671 Rdn. 112 f., zugleich mit Nachweisen zum Forschungsstand

).

11
b) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass eine dem Kindeswohl entsprechende gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraussetzt (BVerfG FamRZ 2004, 354, 355; BVerfG FamRZ 2004, 1015, 1016). Die Überprüfung dieser Voraussetzungen muss anhand konkreter tatrichterlicher Feststellungen erfolgen und darf sich nicht auf formelhafte Wendungen beschränken (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2005 - XII ZB 33/04 - FamRZ 2005, 1167).
12
aa) Zu den wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge, für die ein Mindestmaß an Verständigungsmöglichkeiten zur Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge getrennt lebender Eltern gefordert werden muss, gehören jedenfalls die Grundentscheidungen über den persönlichen Umgang des Kindes mit dem nicht betreuenden Elternteil (vgl. Senatsbeschluss vom 29. September 1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646, 1647; Bamberger/Roth/ Veit BGB § 1671 Rdn. 29), die gleichzeitig zu den Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung im Sinne von § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB zählen (vgl. hierzu Palandt/Diederichsen BGB 67. Auflage § 1687 BGB Rdn. 7; MünchKomm /Finger BGB 4. Aufl. § 1687 Rdn. 9; Schwab FamRZ 1998, 457, 469).
13
Hierzu hat das Oberlandesgericht im Einzelnen ausgeführt, dass die Mutter bei der Durchführung der gerichtlichen Umgangsregelung jede positive Mitwirkung verweigere. Sie lasse zudem nichts unversucht, um eine Abänderung bestehender gerichtlicher Umgangsregelungen zu erreichen und nehme auch die Verhängung von Zwangsgeldern in Kauf. Diese Feststellungen führen zu der Schlussfolgerung, dass bezüglich der grundsätzlichen Entscheidungen zum Umgangsrecht der Kinder mit dem Vater - auch und insbesondere zu der Frage, ob ein beschützter oder unbegleiteter Umgang stattfinden soll – nicht nur Abstimmungsprobleme zwischen den Eltern bestehen, sondern dass in dieser Angelegenheit keinerlei Übereinstimmung zwischen ihnen herzustellen ist. Auch für eine günstige Prognose dahingehend, dass sich die derzeit fehlende Verständigungsmöglichkeit unter dem „Druck“ der gemeinsamen elterlichen Sorge in absehbarer Zeit wiederherstellen ließe, konnten sich für das Oberlandesge- http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=ZfJ&B=2000&S=368 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=ZfJ&B=2000&S=368&I=369 - 8 - richt keine tragfähigen Anhaltspunkte ergeben. Dies wird insbesondere durch den Abschlussbericht des Deutschen Kinderschutzbundes e.V. vom 24. Januar 2005 über die Durchführung der beschützten Umgangskontakte verdeutlicht, wonach es von Seiten der Eltern über den Vollzug der gerichtlich angeordneten Umgangskontakte hinaus zu keiner eigenverantwortlichen Absprache oder Perspektiventwicklung bezüglich des zukünftigen Umgangs der Kinder mit dem Vater gekommen sei.
14
Soweit die Rechtsbeschwerde dagegen einwendet, dass die für die fehlenden Verständigungsmöglichkeiten der Eltern - auch nach der Einschätzung des Oberlandesgerichts - allein verantwortliche Verweigerungshaltung der Mutter mangels einer nachvollziehbaren oder billigenswerten Motivation unbeachtlich sei und ihre Haltung deshalb nicht ausreichen könne, um das gemeinsame Sorgerecht aufzuheben, vermag der Senat dem nicht ohne weiteres zu folgen. Zwar ist schon aufgrund des „ethischen Vorrangs“, der dem Idealbild einer von beiden Elterteilen auch nach ihrer Trennung verantwortungsbewusst im Kindesinteresse ausgeübten gemeinschaftlichen elterlichen Sorge einzuräumen ist, eine Verpflichtung der Eltern zum Konsens nicht zu bestreiten. Die bloße Pflicht zur Konsensfindung vermag indessen eine tatsächlich nicht bestehende Verständigungsmöglichkeit nicht zu ersetzen. Denn nicht schon das Bestehen der Pflicht allein ist dem Kindeswohl dienlich, sondern erst die tatsächliche Pflichterfüllung , die sich in der Realität eben nicht verordnen lässt (vgl. KG FamRZ 2000, 504, 505 und NJW-FER 2000, 197, 198; Johannsen/Henrich/Jaeger Eherecht 4. Auflage § 1671 Rdn. 36c; Staudinger/Coester aaO Rdn. 137; Bamberger /Roth/Veit aaO Rdn. 29; Prütting/Wegen/Weinreich/Ziegler BGB 2. Auflage § 1671 Rdn. 21 f.; Oelkers FuR 1999, 349, 351 und MDR 2000, 32 f.; Sittig /Störr ZfJ 2000, 368, 369 f.; Born FamRZ 2000, 396, 399).
15
Die Gegenauffassung (vgl. OLG Dresden FamRZ 2000, 109, 110; OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1209, 1210; Erman/Michalski BGB 11. Auflage § 1671 Rdn. 23; Haase/Kloster-Harz FamRZ 2000, 1003, 1005; Kaiser FPR 2003, 573, 577) läuft im Ergebnis (auch) darauf hinaus, das pflichtwidrige Verhalten des nicht kooperierenden Elternteils mit einer ihm aufgezwungenen gemeinsamen elterlichen Sorge sanktionieren zu wollen, um auf diese Weise den Elternrechten des anderen, kooperationsfähigen und –willigen Elternteils Geltung zu verschaffen. Die am Kindeswohl auszurichtende rechtliche Organisationsform der Elternsorge ist dafür jedoch grundsätzlich kein geeignetes Instrument. Dem steht schon die verfassungsrechtliche Wertung entgegen, dass sich die Elterninteressen in jedem Falle dem Kindeswohl unterzuordnen haben (vgl. hierzu BVerfGE 79, 203, 210 f.; BVerfG FamRZ 1996, 1267). Wenn angesichts der Entwicklungen in der Vergangenheit die begründete Besorgnis besteht, dass die Eltern auch in Zukunft nicht in der Lage sein werden, ihre Streitigkeiten in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge konstruktiv und ohne gerichtliche Auseinandersetzungen beizulegen, ist die erzwungene Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl aber nicht zuträglich. Denn ein fortgesetzter destruktiver Elternstreit führt für ein Kind zwangsläufig zu erheblichen Belastungen (vgl. hierzu Gödde ZfJ 2004, 201, 207), und zwar unabhängig davon, welcher Elternteil die Verantwortung für die fehlende Verständigungsmöglichkeit trägt.
16
bb) Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend hat das Oberlandesgericht ferner in seine Prüfung einbezogen, ob es sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - als milderes Mittel - mit einer Teilentscheidung bezüglich derjenigen Angelegenheiten der elterlichen Sorge begnügen konnte, für die ein Mindestmaß an Übereinstimmung nicht festgestellt werden kann (BVerfG FamRZ 2004, 1015, 1016; Senatsbeschluss vom 11. Mai 2005 - XII ZB 33/04 - FamRZ 2005, 1167, 1168). Die Fragestellung, die sich daran anschließen muss, geht aber auf dieser Prüfungsebene entgegen den Ausführungen des Oberlandesgerichts nicht dahin, ob bestimmte streitige Teilbereiche der elterlichen Sorge aus der Alleinsorge herauszulösen und auf einen Pfleger zu übertragen sind, sondern dahin, ob sich die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge auf diese streitigen Punkte beschränken kann. Dies kommt im vorliegenden Fall - soweit es den Umgang des Vaters mit den Kindern betrifft - indessen nicht in Betracht. Zwar wäre es grundsätzlich möglich, die gemeinsame elterliche Sorge nur bezüglich der Grundentscheidungen über den persönlichen Umgang der Kinder mit dem Vater gegebenenfalls in Verbindung mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht aufzuheben und der Mutter zur alleinigen Ausübung zu übertragen. Dies erscheint hier aber schon deshalb zur Konfliktbereinigung wenig sinnvoll, weil § 1684 BGB gegenüber etwaigen, den Umgang einschränkenden Bestimmungen des Alleinsorgeberechtigten vorrangig ist (vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1042, 1043; MünchKomm/Finger aaO § 1687 Rdn. 9).
17
cc) Ob die Feststellungen des Oberlandesgerichts die Annahme rechtfertigen , dass das erforderliche Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Eltern auch in anderen wichtigen Teilbereichen der elterlichen Sorge (etwa der Gesundheitssorge oder der Schulwahl) nicht besteht, oder ob es sich - wie die Rechtsbeschwerde meint - überwiegend nur um Abstimmungsprobleme handelt , die durch das eigenmächtige Verhalten der Mutter hervorgerufen worden seien, kann im Ergebnis dahinstehen. Denn jedenfalls die Einschätzung, dass zwischen den Eltern eine tragfähige soziale Beziehung zur Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge derzeit nicht besteht, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie wird bereits maßgeblich dadurch getragen, dass die Mutter den Verdacht, der Vater habe die Tochter F. sexuell missbraucht, nicht als ausgeräumt ansehen will und weiterhin unverändert an diesem Vorwurf festhält. Solche Vorwürfe sind regelmäßig Ausdruck einer völligen Zerrüttung der persönlichen Beziehung zwischen den Eltern, so dass eine soziale Basis für eine künftige Kooperation zwischen ihnen regelmäßig nicht bestehen wird. Dem entspricht letztlich das gesamte vom Oberlandesgericht festgestellte und insoweit zutreffend gewürdigte Verhalten der Mutter in Bezug auf den von ihr betriebenen Ausschluss des Vaters von allen die Kindesbelange berührenden wichtigen Entscheidungen. Für die Annahme, dass die Mutter in absehbarer Zeit ihr Verhalten gegenüber dem Vater zu ändern vermag, ergeben sich keine tragfähigen Anhaltspunkte.
18
Es steht dabei außer Frage, dass der unbegründete Vorwurf sexuellen Missbrauchs, soweit dieser von einem Elternteil besonders leichtfertig oder gar wider besseres Wissen erhoben worden ist, ein schwerwiegendes Indiz gegen dessen Erziehungseignung darstellt und diesem Gesichtspunkt bei der Prüfung der Frage, ob diesem Elternteil nach Auflösung der gemeinsamen elterlichen Sorge die Alleinsorge übertragen werden kann, ein ganz erhebliches und in vielen Fällen entscheidendes Gewicht zukommt. Von einer erzwungenen Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge kann allerdings unabhängig vom Wahrheitsgehalt des Missbrauchsvorwurfes für das Kindeswohl „nichts Gutes erwartet“ werden (so Staudinger/Coester aaO Rdn. 140; vgl. auch Rauscher Familienrecht Rdn. 1003). Dass dies im vorliegenden Fall nicht anders ist, verdeutlicht insbesondere die lang anhaltende und auch zum Gegenstand des Sorgerechtsverfahrens gemachte Auseinandersetzung der Eltern wegen der Auswahl eines Einzeltherapeuten für die verhaltensauffällige Tochter F. In diesem Zusammenhang spielte es für die Eltern eine erhebliche Rolle, mit welcher (Vor-) Einstellung ein Therapeut dem Missbrauchsvorwurf gegenübertrat. Dieser Konflikt konnte zwischen den Eltern nicht gelöst werden, so dass über Monate hinweg die von allen Beteiligten für notwendig angesehene Einzeltherapie überhaupt nicht eingeleitet wurde, was letztlich für das Kind die am meisten schädliche Alternative gewesen sein dürfte.
19
c) Entspricht danach die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge ganz oder in Teilbereichen dem Kindeswohl, so hat das Gericht auf der zweiten Prüfungsebene zu beurteilen, ob die Übertragung der elterlichen Sorge (gerade ) auf den Antragsteller dem Kindeswohl am besten dient. Das Oberlandesgericht hat die für diese Beurteilung maßgeblichen Kindeswohlkriterien rechtlich zutreffend erkannt. Es hat in tatrichterlicher Verantwortung der besonderen emotionalen Bindung der Kinder an die Mutter und dem Gedanken der Erziehungskontinuität im Haushalt der Mutter unter den hier obwaltenden Umständen ein so hohes Gewicht beigemessen, dass diese Gesichtspunkte das vom Oberlandesgericht - zu Recht - festgestellte erzieherische Versagen der Mutter in Teilbereichen, nämlich unter anderem in Bezug auf die Herstellung und Erhaltung der Bindungen zum Vater, in der wertenden Gesamtschau doch noch überwiegen. Die darauf gegründete Schlussfolgerung, dass die Übertragung der Alleinsorge auf die Mutter dem Kindeswohl - auch gegenüber der Übertragung der Alleinsorge auf den Vater - (relativ) noch am besten entspricht, lässt schon angesichts der außergewöhnlichen Familienkonstellation des vorliegenden Einzelfalles ebenfalls keine offensichtlichen Rechtsfehler erkennen. Auch der Vater selbst, der in der Vergangenheit noch nie über einen längeren Zeitraum mit seinen Kindern in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat, kann - was schon angesichts seines hohen Lebensalters verständlich ist - für die Ausgestaltung der künftigen Betreuung und Pflege letztlich keine anderen realistischen Perspektiven aufzeigen, als die Kinder in der Obhut ihrer Mutter zu belassen. Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Dose
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Harburg, Entscheidung vom 21.05.2004 - 631 F 88/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 28.07.2005 - 10 UF 42/04 -

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in N. vom 31. März 2010 –Az. – wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner hat den übrigen Beteiligten die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

3. Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 3.000 EUR.

4. Dem Antragsgegner wird die von ihm für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert.

Gründe

I.

Aus der am 31. August 2000 geschlossenen und seit dem 20. Oktober 2009 rechtskräftig geschiedenen Ehe der im August 1976 geborenen Mutter und des im Juni 1968 geborenen Vaters ist die verfahrensbetroffene Tochter S. S., geboren am 00.00. 2000, hervorgegangen. S. lebt seit der Trennung der Eltern am 15. Mai 2007 bei der Mutter. Diese ist aus einer vorangegangenen Beziehung Mutter der weiteren Tochter S. M. L., geboren am 00.00. 1999, für die sie die alleinige elterliche Sorge innehat und die bei ihr wohnt.

In dem vor dem Familiengericht N. zwischen den Eltern geführten Verfahren Az. übernahm der Vater in einem Vergleich am 13. Juli 2007 die Verpflichtung, sich der Mutter – mit Ausnahme unbedingt erforderlicher Kontakte zur Ausübung des Umgangsrechts mit den Kindern S. und S.M.L. sowie nach ausdrücklicher Vereinbarung – nicht mehr auf weniger als 50 Meter zu nähern, diesen Abstand im Falle zufälligen Zusammentreffens sofort wieder herzustellen und es zu unterlassen, die Mutter zu bedrohen, zu beschimpfen und zu schlagen.

Dem lag ein Vorfall zugrunde, wegen dem der Vater im Strafverfahren Az. Amtsgericht N. mit Urteil vom 28. Januar 2009 der – zum Nachteil der Mutter begangenen – vorsätzlichen Körperverletzung für schuldig befunden wurde. Deswegen wurde er – unter Einbeziehung einer vorangegangenen Verurteilung zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Diese Strafe verbüßte der Vater vom 7. Oktober 2009 bis zum 6. Mai 2010. Im Urteil ist festgestellt, dass sich der Vater am 15. Juni 2007 wegen des Sorge- und Umgangsrechts für S. mit der Mutter stritt und der Mutter derart heftig ins Gesicht schlug, dass diese im Bereich der Nase und der Lippe zu bluten begann.

Aus dem bei diesen Strafakten befindlichen Urteil des Amtsgerichts S. vom 7. Mai 2008 –Az.) – gehen zahlreiche, bis in das Jahr 1991 zurückreichende Vorstrafen des Vaters hervor, unter anderem wegen Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung, wegen derer der Vater auch schon mehrfach Strafhaft erlitten hat. Letztmals hatte er bis November 2005 eine Freiheitsstrafe von dreizehn Monaten verbüßt.

Mit Beschluss vom 20. September 2007 –Az., Az. und Az. – übertrug das Familiengericht S. das Aufenthaltsbestimmungsrecht für S. im Einvernehmen der Eltern auf die Mutter.

In der vorliegenden, vom vormaligen Scheidungsverbund, der am 4. Juli 2007 eingeleitet worden war, abgetrennten Folgesache Sorgerecht hat die Mutter beantragt, ihr die alleinige elterliche Sorge für S. zu übertragen.

Der Vater hat um Zurückweisung des – vom Kreisjugendamt unterstützten – Antrags gebeten.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht der Mutter die alleinige elterliche Sorge für S. übertragen.

Mit seiner gegen diesen ihm am 16. April 2010 zugestellten Beschluss gerichteten, am 30. April 2010 beim Saarländischen Oberlandesgericht eingegangenen Beschwerde beantragt der Vater, den angefochtenen Beschluss „aufzuheben“ und sucht um Bewilligung von „Verfahrenskostenhilfe“ für das Beschwerdeverfahren nach.

Das Jugendamt hat unter Verteidigung des angefochtenen Beschlusses auf Zurückweisung der Beschwerde angetragen. Die Mutter hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Dem Senat haben die Akten Az. und Az. des Amtsgerichts S., Az. und Az. des Amtsgerichts N. sowie Az. der Staatsanwaltschaft S. vorgelegen.

II.

Die Senatsentscheidung richtet sich gemäß Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht (vgl. BGH FamRZ 2010, 1060 m.w.N.).

Der nach §§ 621 e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 1, 621 e Abs. 3, 517, 520 ZPO zulässigen Beschwerde des Vaters bleibt ein Erfolg versagt.

Zu Recht, auf der Grundlage eines beanstandungsfreien Verfahrens und mit wohlerwogener Begründung hat das Familiengericht der Mutter – über das ihr bereits zustehende Aufenthaltsbestimmungsrecht hinausgehend – nach § 1671 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 BGB die Alleinsorge für S. übertragen.

Das den Eltern gemäß Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG verfassungsrechtlich gegenüber dem Staat gewährleistete Freiheitsrecht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder dient in erster Linie dem Kindeswohl, das zugleich oberste Richtschnur für die Ausübung der Elternverantwortung ist (vgl. BVerfGE 75, 201; 61, 358). Der Schutz des Elternrechts, der dem Vater und der Mutter gleichermaßen zukommt, erstreckt sich auf die wesentlichen Elemente des Sorgerechts (vgl. BVerfGE 107, 150; 84, 168). Dabei setzt die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus, erfordert ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen und hat sich am Kindeswohl auszurichten (BVerfGE 107, 150; BVerfG FamRZ 2004, 354; BGH FamRZ 2008, 592). Insbesondere auch für den Fall, dass die Voraussetzungen für eine gemeinsame Wahrnehmung der Sorge fehlen, bedarf das Elternrecht der gesetzlichen Ausgestaltung (vgl. BVerfGE 107, 150; 92, 158; BVerfG, Beschluss vom 10. März 2010 – 1 BvQ 4/10 –, juris).

Dem dient § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB, der bestimmt, dass einem Elternteil auf Antrag die elterliche Sorge allein zu übertragen ist, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den antragstellenden Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht (vgl. BGH FamRZ 2010, 1060 m. Anm. Völker S. 1065). Dabei ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, der gemeinsamen Sorge gegenüber der alleinigen Sorge einen Vorrang einzuräumen; ein solcher findet sich auch nicht in der Regelung des § 1671 BGB wieder. Genauso wenig kann vermutet werden, dass die gemeinsame Sorge nach der Trennung der Eltern im Zweifel die für das Kind beste Form der Wahrnehmung elterlicher Verantwortung sei (vgl. BVerfGE 107, 150; BGH FamRZ 2008, 592; 1999, 1646).

Freilich schließt nicht jede Spannung oder Streitigkeit zwischen den Eltern die gemeinsame Wahrnehmung des Sorgerechts aus; vielmehr kommt es darauf an, welche Auswirkungen eine fehlende Einigung bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes haben wird. Besteht zwischen den Eltern in den Grundlinien der Erziehung Einvernehmen und streiten sie nur über Nebenfragen, so besteht ebenso wenig Anlass, die gemeinsame Sorge aufzuheben, wie wenn unbeschadet bestehender Meinungsverschiedenheiten eine Kooperation auf der Elternebene noch möglich ist (BGH FamRZ 2008, 592). Denn aufgrund des „ethischen Vorrangs“, der dem Idealbild einer von beiden Elternteilen auch nach ihrer Trennung verantwortungsbewusst im Kindesinteresse ausgeübten gemeinschaftlichen elterlichen Sorge einzuräumen ist, ist eine Verpflichtung der Eltern zum Konsens nicht zu bestreiten (BGH FamRZ 2008, 592).

Die bloße Pflicht zur Konsensfindung vermag indessen eine tatsächlich nicht bestehende Verständigungsmöglichkeit nicht zu ersetzen. Denn nicht schon das Bestehen der Pflicht allein ist dem Kindeswohl dienlich, sondern erst die tatsächliche Pflichterfüllung, die sich in der Realität eben nicht verordnen lässt. Wenn angesichts der Entwicklungen in der Vergangenheit die begründete Besorgnis besteht, dass die Eltern auch in Zukunft nicht in der Lage sein werden, ihre Streitigkeiten in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge konstruktiv und ohne gerichtliche Auseinandersetzungen beizulegen, ist die erzwungene Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl nicht zuträglich (BGH FamRZ 2008, 592).

Muss hiernach die gemeinsame elterliche Sorge aufgehoben werden, so haben sich die Gerichte allerdings nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit Teilentscheidungen – als milderes Mittel – zu begnügen, wo immer dies dem Kindeswohl Genüge tut (vgl. BVerfG FamRZ 2004, 1015; BGH FamRZ 2005, 1167; vgl. zum Ganzen auch Senatsbeschluss vom 26. August 2009 – 6 UF 68/09 –, FamRZ 2010, 385 m.w.N.).

Diesen verfassungs- und einfachrechtlichen Maßstäben hält die vom Familiengericht erkannte Aufhebung der gemeinsamen Sorge der Eltern für S. stand.

Bei den hier gegebenen Umständen ist eine Verständigung der Eltern über wichtige Sorgerechtsfragen – auch in Teilbereichen – nicht mehr in einer Art und Weise möglich, die bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern eine dem Kindeswohl dienliche Entscheidung gewährleistete.

Angesichts der angezeigten kindeswohlzentrierten Betrachtungsweise kommt es nicht entscheidend darauf an, ob und ggf. in welchem Umfang die fehlende Kooperationsfähigkeit der Eltern auf dem Verhalten vornehmlich eines Elternteils beruht. Unbeschadet dessen ist die Ablehnung der Mutter, sich mit dem Vater hinsichtlich wesentlicher Kindeswohlbelange auszutauschen und ein Einvernehmen anzustreben (§ 1687 S. 1 i.V.m. § 1627 BGB), leicht nachvollziehbar. Soweit der Vater im Beschwerdeverfahren mit deutlichen Worten die Verantwortung für die Kommunikationsunfähigkeit der Eltern allein der Kindesmutter zuzuweisen versucht, entbehrt dies angesichts der von ihm gegen die Mutter begangenen Straftat einer belastbaren Grundlage, zumal das Familiengericht N. gegen den Vater mit – rechtskräftigem – Beschluss vom 16. Dezember 2008 –Az. – ein Ordnungsgeld von 500 EUR, ersatzweise Ordnungshaft verhängt hat, weil dieser der Mutter am Wochenende vom 29. auf den 31. Dezember 2007 im Beisein beider Kinder auf die Lippe geschlagen und sie am folgenden Wochenende bei Übergabe der Kinder als Kanakenhure beschimpft und ihr gedroht habe, sie in eine Schaufensterscheibe zu werfen und sie umzubringen.

Die soziale Beziehung der Eltern für eine gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge ist hier nicht mehr tragfähig und zerrüttet. Der Mutter wäre es bei den gegebenen Umständen nicht zumutbar, hielte man sie an der gemeinsamen Sorge mit dem Vater fest. Es stünde dann vielmehr konkret zu erwarten, dass sich dies auch auf die Kinder nachteilig auswirkt, zumal weitere Angriffe des Vaters auf die Mutter zu befürchten sind. Denn dem Vater kann hinsichtlich seiner Gewaltbereitschaft nur eine negative Prognose bescheinigt werden. Er hat sich trotz des Ende 2007 – wie ihm bekannt war – bereits laufenden Strafverfahrens wegen des Vorfalls vom 15. Juni 2007, in dem er angesichts seiner erheblichen Vorstrafen mit einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung rechnen musste, dazu hinreißen lassen, erneut gegenüber der Mutter gewalttätig zu werden. Auch im jüngsten Strafvollstreckungsverfahren wurde eine Aussetzung der Vollstreckung seiner Reststrafe nach zwei Dritteln der Strafverbüßung mit Beschluss vom 27. Januar 2010 –Az. – wegen Fehlens einer günstigen Prognose abgelehnt.

Soweit der Vater im Beschwerdeverfahren in Abrede stellt, dass sein Alkoholproblem stationärer Behandlung bedarf, stellt er sich in diametralen Widerspruch zu seinen Äußerungen vor seiner jüngsten Haftentlassung, die in der Strafakte Az. in der Anhörungsniederschrift der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts S. vom 27. Januar 2010 niedergelegt sind. Dort hat er eingeräumt, eine Alkoholproblematik zu haben, und bekundet, er wolle eine Therapie in der Entzugsklinik T. absolvieren, habe diesbezüglich aber noch keine Bemühungen unternommen. Dies legt im Zusammenhang mit den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H. in seinem Gutachten vom 11. Juli 2008 im Verfahren Az. ein beredtes Zeugnis ab. Darin wird dem Vater eine krankheitswertige Alkoholabhängigkeit (ICD 10 F 10.2) bescheinigt und eine hinreichende Chance einer Entwöhnungsbehandlung nur im Rahmen einer mehrmonatigen stationären Maßnahme gesehen. Der Sachverständige hat auch die Befürchtung geäußert, dass der Vater – dem der Gutachter eine impulsive Persönlichkeitsstruktur zugeschrieben hat – unter dem Einfluss größerer Mengen Alkohol zu unbedachten Handlungen neigt, die auch das Kindeswohl erheblich gefährden können.

In Ansehung dessen hat sich der Vater im Verfahren Az. in einem Zwischenvergleich vom 19. März 2010 dazu verpflichtet, eine Beratung hinsichtlich seiner Alkoholproblematik in Anspruch zu nehmen, entsprechende Blutwertkontrollen vorzunehmen und dem Jugendamt und dem Gericht bis zum 30. Juni 2010 entsprechende Bescheinigungen vorzulegen. Sein Vortrag im Beschwerdeverfahren, er unterziehe sich einer „ambulanten Therapie“ bei der Psychosozialen Beratungs- und Behandlungsstelle der Caritas, wird – worauf der Senat hingewiesen hat – von der von ihm vorgelegten Bescheinigung vom 17. Mai 2010 nicht getragen. Aus dieser geht nur hervor, dass der Vater an diesem Tag an der „offenen Sprechstunde“ teilgenommen hat. Ob er weitere Termine wahrgenommen hat und was Inhalt dieser Sprechstunde ist, erhellt das Beschwerdevorbringen nicht. Der Hinweis des Vaters darauf, der Anstaltsarzt habe bescheinigt, dass eine behandlungsbedürftige Suchterkrankung nicht vorliege, ist ebenfalls unbehelflich. Aus dem zur Stützung dieser Behauptung vorgelegten Attest vom 5. März 2010 geht nur hervor, dass beim Vater bei Aufnahme keine Alkoholentzugszeichen festgestellt und keine Entzugsmedikamente verordnet worden seien. Dies sagt – auch in Gesamtschau mit dem vorgelegten Laborbericht vom 24. Juni 2010 – nichts über die Rückfallgefährdung des Vaters für den Fall aus, dass er die vom Sachverständigen für notwendig erachtete stationäre Therapie nicht in Angriff nimmt.

Dem Vorwurf des Vaters, die Mutter hintertreibe seinen Umgang mit S. und S. M. L., kommt – unabhängig von seiner Berechtigung, für die es an greifbaren Anhaltspunkten fehlt – keine entscheidende Bedeutung zu. Die Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts ist nicht Voraussetzung für das hiervon unabhängig bestehende Umgangsrecht des Vaters, über dessen Ausgestaltung die Eltern im Verfahren Az. hinsichtlich beider Kinder streiten. Dort wird allerdings auch zu berücksichtigen sein, dass das Umgangsrecht des Vaters mit S. M. L. nur aus § 1685 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BGB folgen kann, also die Feststellung voraussetzt, dass der Umgang dem Wohl S. M. L. dient. Dies wird angesichts ihrer in der Kindesanhörung vor dem Familiengericht deutlich zum Ausdruck gekommen ablehnenden Haltung und der Bedeutung des Willens eines inzwischen elfjährigen Kindes (vgl. dazu BVerfG FamRZ 2008, 1737 m.w.N.) genauer Prüfung bedürfen.

Insoweit, als sich der Vater auf den Willen S. und ihre enge emotionale Bindung zu ihm beruft, deutet zwar das Ergebnis der erstinstanzlichen Kindesanhörung jedenfalls auf Letzteres hin. Indessen hat dies im Lichte der dargestellten Aspekte bei der Frage der Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge kein durchschlagendes Gewicht, wohl aber bei der Ausgestaltung des dem Vater – insoweit nach § 1684 Abs. 1 BGB – zustehenden Umgangsrechts.

Eine Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nur in Teilbereichen dient vorliegend trotz des zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht dem Wohle S.. Es ist aus den vorgenannten Gründen davon auszugehen, dass sich diese besser entwickeln wird, wenn man das sorgerechtliche Band, das die Eltern miteinander verbindet, restlos durchtrennt.

Hat das Familiengericht hiernach zu Recht die gemeinsame elterliche Sorge vollständig aufgehoben, so findet es ebenfalls vollumfänglich die Billigung des Senats, dass und warum es – auf der zweiten Prüfungsebene des § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB (vgl. dazu BGH FamRZ 2008, 592) – gerade der Mutter die Alleinsorge übertragen hat. Eine auf § 1671 Abs. 2 Nr. 2 gegründete Übertragung der Alleinsorge auf den Vater kommt schon mangels eines dahingehenden Antrags des Vaters, den § 1671 Abs. 1 BGB ausweislich seines Wortlauts zwingend voraussetzt, nicht in Betracht (Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis, 3. Aufl. 2010, § 1, Rz. 273 m.w.N.). Soweit der Vater auf Erziehungsdefizite der Mutter verweist – und sich in diesem Zusammenhang zu der Bewertung versteigt, diese würde durch die Übertragung der Alleinsorge „belohnt“ –, nimmt die Mutter die insoweit angezeigten Jugendhilfemaßnahmen ausweislich der Stellungnahme des Kreisjugendamts im Beschwerdeverfahren weiter in Anspruch, sodass es fern liegt, die elterliche Sorge nach § 1671 Abs. 3 BGB abweichend zu regeln.

Der Senat hat unter den gegebenen Umständen von einer persönlichen Anhörung der Eltern und des Kindes in der Beschwerdeinstanz abgesehen, weil der zu beurteilende Sachverhalt erstinstanzlich verfahrensfehlerfrei und umfassend aufgeklärt worden ist und von einer erneuten Anhörung hier keine weitergehenden Erkenntnisse zu erwarten sind, zumal der anwaltlich vertretene Vater keine neuen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte vorgetragen hat, die für die Sachdienlichkeit – von ihm auch nicht angeregter – erneuter Anhörung sprechen (vgl. BVerfG FamRZ 1984, 139; VerfGH Berlin FamRZ 2001, 848; Senatsbeschlüsse vom 18. Februar 2010 – 6 UF 96/09 – , vom 17. Dezember 2009 – 6 UF 92/09 – und vom 16. Dezember 2009 – 6 UF 90/09 –, FamRZ 2010, 1092).

Nach alledem bewendet es bei dem angefochtenen Beschluss.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 30 Abs. 2 und 3 KostO.

Dem Vater war die für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte (richtig:) Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht seines Rechtsmittels zu verweigern (§ 14 FGG i. V. m. § 114 ZPO).

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 621e Abs. 2 i.V.m. § 543 Abs. 2 ZPO).

(1) Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. Der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, hat die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens. Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Solange sich das Kind mit Einwilligung dieses Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung bei dem anderen Elternteil aufhält, hat dieser die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung. § 1629 Abs. 1 Satz 4 und § 1684 Abs. 2 Satz 1 gelten entsprechend.

(2) Das Familiengericht kann die Befugnisse nach Absatz 1 Satz 2 und 4 einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.

(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.

(1) Großeltern und Geschwister haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient.

(2) Gleiches gilt für enge Bezugspersonen des Kindes, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben (sozial-familiäre Beziehung). Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(3) § 1684 Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend. Eine Umgangspflegschaft nach § 1684 Abs. 3 Satz 3 bis 5 kann das Familiengericht nur anordnen, wenn die Voraussetzungen des § 1666 Abs. 1 erfüllt sind.

(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.

(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Wert ist durch den Wert des Verfahrensgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Verfahrenswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In einer Kindschaftssache, die

1.
die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge,
2.
das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft,
3.
das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes,
4.
die Kindesherausgabe oder
5.
die Genehmigung einer Einwilligung in einen operativen Eingriff bei einem Kind mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
betrifft, beträgt der Verfahrenswert 4 000 Euro.

(2) Eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft.

(3) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.