Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 02. März 2011 - 9 UF 89/10

bei uns veröffentlicht am02.03.2011

Tenor

1. Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 2. Juni 2010 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Saarbrücken - 2 F 177/08 S - in Ziffer III. und IV. teilweise dahingehend abgeändert, dass der Antragsteller unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt wird, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung für die ersten vier Jahre nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 970 EUR und für die Zeit danach in Höhe von monatlich 656 EUR zu zahlen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

I.

Die Parteien, beide deutsche Staatsangehörige, die am 23. Juli 1993 die Ehe geschlossen haben, aus der der am 28. Januar 1994 geborene Sohn M. hervorgegangen ist, leben seit 22. April 2007 getrennt. Seit der Trennung lebt das gemeinsame Kind, das sich noch in der allgemeinen Schulausbildung befindet, im Haushalt der Kindesmutter und wird von dieser betreut und versorgt. Auf den der Antragsgegnerin am 9. Mai 2008 zugestellten Scheidungsantrag wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Saarbrücken vom 2. Juni 2010 – 2 F 177/08 S – die Ehe der Parteien geschieden (Ziffer I), der Versorgungsausgleich durchgeführt (Ziffer II) und der Antragsteller unter Abweisung des weitergehenden Antrages verurteilt, an die Antragsgegnerin nachehelichen Unterhalt für die ersten vier Jahre nach Rechtskraft der Scheidung in Höhe von monatlich 884 EUR und für die Zeit danach in Höhe von monatlich 456 EUR zu zahlen (Ziffer III und IV). Das Urteil ist zu Ziffer I. und II. seit dem 21. Oktober 2010 rechtskräftig.

Der Antragsteller ist seit Juni 2005 als Geschäftsführer bei der Fa. T. in K. beschäftigt. Sein monatliches Nettogehalt beträgt 4.170 EUR, die Steuererstattungen belaufen sich auf durchschnittlich 247 EUR monatlich. Der Vorteil für die private Nutzung eines Firmenfahrzeugs beläuft sich auf monatlich 400 EUR. Die monatlichen Beiträge für die eigene private Kranken -und Pflegeversicherung belaufen sich auf (rund) 620 EUR, der Krankenkassenbeitrag für M. auf 52 EUR. Die Beiträge für eine zusätzliche Altersvorsorge belaufen sich auf 134 EUR und 26 EUR monatlich. Während der Trennungszeit leistete er an Kindes- und Ehegattenunterhalt monatlich 2.110,42 EUR.

Die Antragsgegnerin war im Zeitpunkt der Eheschließung im Land Hessen als verbeamtete Regierungsobersekretärin beschäftigt. Nach der Geburt des Kindes nahm sie in der Zeit vom 27. April 1994 bis zum 27. Januar 1997 Erziehungsurlaub, in der Zeit vom 28. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 1999 nahm sie Urlaub unter Wegfall der Bezüge. Infolge berufsbedingten Arbeitsplatzwechsels des Antragstellers ins Saarland schied die Antragsgegnerin mit Ablauf des 31. Dezember 1999 aus dem Staatsdienst aus. Seitdem ging die Antragsgegnerin auch keiner sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nach. Seit April 2010 ist sie als Call-Center-Agent vollschichtig mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden und einem Stundenlohn von 7,50 EUR, ab November 2010 von 8,50 EUR, beschäftigt. Sie leidet an einer angeborenen Hüftgelenksdysplasie und ist schwerbehindert (Grad der Behinderung: 70%). Nach dem nach der letzten Operation in 2008 erstellten Gutachten für die Rentenversicherung ist die Antragsgegnerin fähig, vollschichtig leichte Tätigkeiten, überwiegend sitzend, in Tagesschicht bzw. Früh-/Spätschicht auszuüben. Bei fortgesetzter Beschäftigung im öffentlichen Dienst in Vollzeit beliefen sich die Bezüge derzeit auf 1.856 EUR netto monatlich.

Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller erstinstanzlich auf Zahlung von Nachehelichenunterhalt in Höhe von 1.800 EUR monatlich in Anspruch genommen und die Auffassung vertreten, dass der Antragsteller in Anbetracht seiner Einkommensverhältnisse in der Lage sei, Ehegattenunterhalt in diesem Umfang zu zahlen. Neben einem Anspruch auf Aufstockungsunterhalt komme ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt in Betracht, weil der gemeinsame Sohn erhebliche schulische Probleme habe, die eine Therapie beim schulpsychologischen Dienst unerlässlich mache. Eine Verletzung ihrer Erwerbsobliegenheit könne ihr im Hinblick auf die von ihr entfalteten Bewerbungsbemühungen nicht vorgeworfen werden. Wegen ihrer Erkrankung sei ihr der allgemeine Arbeitsmarkt verschlossen, da sie in der Art der Beschäftigung mit Blick auf die in dem für die Deutsche Rentenversicherung erstellten Gutachten formulierten Ausschlüsse erheblich eingeschränkt sei. Auch habe sie in Folge des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis dauerhafte ehebedingte Nachteile. Von daher komme auch eine Begrenzung des Unterhalts nicht in Betracht.

Der Antragsteller ist dem vollumfänglich entgegen getreten und hat auf Klageabweisung angetragen.

Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird (Bl. 58 ff d.A.), die unter Ziffer III. ausgesprochene Verurteilung zur Zahlung von Nachehelichenunterhalt damit begründet, dass die Antragsgegnerin einen Unterhaltsanspruch nur in Form von Aufstockungsunterhalt, nicht jedoch in Form von Betreuungsunterhalt – der gemeinsame Sohn sei 16 Jahre alt – oder Krankenunterhalt – die Antragsgegnerin sei durch Krankheit nicht vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert – beanspruchen könne. Aus einer vollschichtigen Beschäftigung im - wie von der Antragsgegnerin angestrebt - kaufmännischen oder Verwaltungsbereich sei ihr, da hinreichende Erwerbsbemühungen nicht feststellbar seien, mit Blick auf ihre berufliche Aus- und Vorbildung ein Erwerbseinkommen in Höhe von monatlich 1.400 EUR netto zuzurechnen. Davon, dass der Antragsgegnerin der Arbeitsmarkt in Folge ihrer konkreten Situation faktisch verschlossen sei, könne nicht ausgegangen werden. Für eine Übergangszeit von vier Jahren, in der die Antragsgegnerin genug Zeit habe, sich auf die veränderten Umstände einzustellen, könne sie den sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen ergebenden Unterhalt verlangen. Danach sei gemäß § 1578 b BGB eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf gerechtfertigt, der an der derzeitigen Besoldung (1.856 EUR) abzüglich der fiktiven Einkünfte (1.400 EUR) auszurichten sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin, die in Abänderung des angefochtenen Urteils die Verurteilung des Antragstellers zur Zahlung nachehelichen Unterhalts unter Berücksichtigung ihrer eigenen Einkünfte in Höhe von 1.075 EUR monatlich erstrebt. Sie vertritt die Auffassung, dass ihr mit Blick auf ihre Behinderung, die zu erheblichen Einschränkungen in ihrer Verwendbarkeit führten, sowie den jahrelangen Ausstieg (16 Jahre) aus dem Erwerbsleben ohne erfolgte Fortbildungsmaßnahmen unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Kenntnisse und Fähigkeiten allenfalls ein Einkommen in Höhe von 1.000 EUR monatlich, wie nunmehr auch tatsächlich erzielt, zugerechnet werden könne. Eine höher dotierte Stelle sei trotz der von ihr entfalteten Erwerbsbemühungen – so habe sie über 100 Bewerbungen verfasst – nicht zu erlangen gewesen. Zudem sei ein wie vom Familiengericht zu Grunde gelegtes Einkommen im Sekretariats-/ kaufmännischen Bereich unter Berücksichtigung der konkreten Erwerbsbiografie sowie der Arbeitsmarktlage nicht erzielbar. Unter Abzug berufsbedingter Aufwendungen (Fahrkarte 48 EUR monatlich) und des Erwerbstätigenbonus verbleibe ein anrechnungsfähiges Einkommen in Höhe von monatlich 818 EUR. Weiterhin rechtfertige das Vorliegen ehebedingter Nachteile – Aufgabe der Beamtenposition, Hausfrauenehe, Ehedauer, gesundheitlichen Situation - keine Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter teilweiser Abänderung der Ziffer III des Urteils des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarbrücken vom 2. Juni 2010 – 2 F 177/08 S – den Antragsteller zu verurteilen, an sie ab Rechtskraft der Scheidung einen monatlichen nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 1.075 EUR zu zahlen.

Der Antragsteller beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II.

Gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG findet das bis zum 31. August 2009 geltende Recht Anwendung.

Die hiernach zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache insoweit Erfolg, als sie für die ersten vier Jahre ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 970 EUR und für die Zeit danach in Höhe von monatlich 656 EUR beanspruchen kann.

Nach den zutreffenden und im Übrigen unangefochten gebliebenen Feststellungen des Familiengerichts steht der Antragsgegnerin Unterhalt ausschließlich in Form von Aufstockungsunterhalt zu, § 1573 Abs. 2 BGB.

1) Bei der Bemessung des Aufstockungsunterhalts können, anders als vom Familiengericht angenommen, der Antragsgegnerin fiktive Einkünfte allenfalls in Höhe von - bereinigt um berufsbedingte Aufwendungen – 1.200 EUR zugerechnet werden.

Unter Berücksichtigung ihres beruflichen Werdegangs sowie ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen kann die Antragsgegnerin, was zwischen den Parteien außer Streit steht, nicht auf den gesamten Arbeitsmarkt unter Einschluss sämtlicher Hilfsarbeiten verwiesen werden. Denn die Antragsgegnerin kann nach dem zuletzt erstellten Rentengutachten vom 23. August 2008 (Bl. 143 ff d.A.) nur auf leichte Tätigkeiten, die überwiegend im Sitzen und nur zeitweise im Stehen oder Gehen auszuüben sind, verwiesen werden, das heißt es müssen Arbeiten, die mit Heben und Tragen über 10 kg, Knien, häufigem Bücken, Klettern auf Leitern und Gerüsten, Gehen, Stehen auf hartem oder unebenen Untergrund, Vibrationen und Erschütterungen verbunden sind, vermieden werden, ebenso solche Tätigkeiten, bei der die Antragsgegnerin – im Einzelnen beschriebenen – Gefährdungs- und Belastungsfaktoren ausgesetzt würde. Eine vollschichtige Tätigkeit in Tagesschicht oder in Früh- /Spätschicht ist ihr indes zumutbar. In Anbetracht ihrer Ausbildung, Kenntnisse und Fähigkeiten sind der Antragsgegnerin, die über einen mittleren Bildungsabschluss verfügt und mehrere Jahre als Regierungsobersekretärin im mittleren Dienst tätig war, Tätigkeitsfelder bevorzugt im Büro bzw. kaufmännischen Bereich eröffnet. In diesem Bereich kann die Antragsgegnerin, wie sich dies an Hand einer Auswertung des WSI Tarifarchivs (www.boeckler.de) ergibt, einen durchschnittlichen und um die berufsbedingten Fahrtkosten bereinigten monatlichen Nettolohn in Höhe von (gerundet) 1.200 EUR erzielen, da kein Anlass besteht, das Einkommen grundsätzlich am untersten Bereich des Lohnkorridors anzusiedeln.

Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber darauf verweist, dass sie allenfalls, wie ihre jetzige Tätigkeit zeige, in der Lage sei, ein monatliches Einkommen in Höhe von 1.000 EUR zu erwirtschaften, kann dem nicht gefolgt werden. Insoweit hat die darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegnerin nicht den Nachweis geführt, dass der Erwerbsobliegenheit genügende Bewerbungsanstrengungen nicht zu einer nach Maßgabe vorgenannter Kriterien auskömmlichen Anstellung geführt haben(BGH, FamRZ 2009, 1300 ff).

Hierbei kann bereits nicht festgestellt werden, dass die Antragsgegnerin hinreichende Erwerbsbemühungen unternommen hat. Anerkanntermaßen muss sich der Unterhalt begehrende Ehegatte unter Einsatz aller zumutbaren und möglichen Mittel nachhaltig bemühen, eine angemessene Tätigkeit zu finden, wozu die bloße Meldung beim Arbeitsamt nicht genügt. Er trägt im Verfahren zudem die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast für seine Bemühungen und muss in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte und in welchem zeitlichen Abstand er im Einzelnen in dieser Richtung unternommen hat. Die Beweiserleichterung nach § 287 Abs. 2 ZPO kommt ihm nicht zugute. Erwartet werden intensive und konkrete Eigenbemühungen in Form der regelmäßigen wöchentlichen Lektüre der örtlichen Zeitungen und sonstiger Werbeträger sowie die Bewerbung auf alle Annoncen, die für Stellensuchende in Betracht kommen und einen für den Erwerber günstigen Tätigkeitsbereich haben. Je nach den Umständen des Falles sind auch Eigeninserate erforderlich. Blindbewerbungen, also solche, die abgegeben werden, ohne Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Arbeitkraft sucht, sind allein zum Nachweis ordnungsgemäßer Arbeitsplatzsuche nicht ausreichend. Bewerbungsschreiben dürfen auch nicht so abgefasst sein, dass sie den Eindruck der mangelnden Eignung oder Arbeitsunlust erwecken. Sie müssen vielmehr erkennen lassen, welchen konkreten Bezug der Bewerber zur angebotenen Stelle hat, und gegebenenfalls auf eine absolvierte Ausbildung hinweisen (BGH, Urt. v. 30. Juli 2008, XII ZR 126/06, FamRZ 2008, 2104, m.w.N.; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rz. 713 bis 715, m.z.w.N.).

Diesen strengen Anforderungen hat die Antragsgegnerin nicht genügt.

Bei den von ihr vorgetragenen Bemühungen um eine Beschäftigung handelt es sich, wie Form und Inhalt der von ihr zu den Akten gereichten Bewerbungsschreiben sowie die Ablehnungsschreiben erkennen lassen, bis weit in das Jahr 2009 hinein um bloße formularmäßige Blindbewerbungen, die zudem teilweise im Verfahren - ebenso wie auch anlassbezogene Bewerbungen - doppelt (so an das PP., die Fa. P.H. GmbH) vorgelegt worden sind. Die Quantität („Vielzahl“) der Blindbewerbungen vermag die Qualität ordnungsgemäßer Bewerbungen nicht zu ersetzen.

Die einfach abgefassten und dem gängigen Standard von Bewerbungsschreiben nicht entsprechenden Anschreiben, die teilweise offensichtlich als Serienbrief mit ausgetauschtem Adressat verfasst worden sind, müssen zudem für den jeweiligen Adressaten Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Arbeitsplatzsuche der Antragsgegnerin aufkommen lassen. Subjektive Fehleinschätzungen vermögen die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang nicht zu entlasten. Notwendige Kenntnisse und Fertigkeiten in diesem Bereich werden nicht nur von den Arbeitsagenturen vermittelt, sondern können auch problemlos über Internet abgerufen werden. Dass ein Arbeitssuchender, der mehrere Jahre dem Erwerbsleben fern gewesen ist, sich hinsichtlich der gängigen Bewerbungsstandards informieren muss, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Vertiefung.

Die von der Antragsgegnerin vorgetragenen Bewerbungsbemühungen setzen zudem deutlich zu spät ein. Ist der Unterhaltsberechtigte – wie hier - nicht durch besondere Umstände – in Ansehung des Alters des gemeinsamen Kindes war der Antragsgegnerin auch nach dem bis zum Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetztes zum 1. Januar 2008 geltenden Rechtslage jedenfalls eine Teilzeitbeschäftigung anzusinnen - gehindert, ist von ihm bereits etwa sechs Monate vor dem Einsatzzeitpunkt zu erwarten, mit seinen Bemühungen um eine Beschäftigung zu beginnen (Büttner in: Johannsen/Henrich, EheR, § 1573 Rz. 6). Da die Trennung der Parteien jedenfalls mit dem 22. April 2007 endgültig vollzogen war, war die Antragsgegnerin spätestens Ende des Jahres 2007, jedenfalls aber mit Inkrafttreten der unterhaltsrechtlichen Neuregelungen Anfang des Jahres 2008 verpflichtet, hinreichende Erwerbsbemühungen in die Wege zu leiten. Da die Antragsgegnerin, wie sich aus den von ihr vorgelegten Unterlagen ergibt, jedoch erst ab Dezember 2008 sukzessive die Arbeitsplatzsuche begonnen hat, hat sie den an sie gestellten Anforderungen auch insoweit nicht genügt.

Auch fehlt es den von der Antragsgegnerin vorgetragenen und belegten Bewerbungsbemühungen an der nötigen Nachhaltigkeit. Die angeführten Bewerbungen aus der Zeit von Dezember 2008 bis Januar 2010 sind von ihrer Zahl her diskontinuierlich und weisen große zeitliche Lücken auf. In dem in Rede stehenden Zeitraum hat die Antragsgegnerin aktenersichtlich und bereinigt um die vorgelegten Doppel rund 50 Bewerbungen verfasst, eingerechnet telefonische Meldungen auf Inserate. Dies genügt nicht. Für die Suche nach Arbeit selbst ist die Zeit aufzuwenden, die erforderlich ist, alle nach dem Vorgesagten in Betracht kommenden Stellen zu erfassen, sich darauf zu bewerben und Vorstellungsgespräche wahrzunehmen. Dies wird bei Arbeitslosen in aller Regel dem Zeitaufwand eines vollschichtigen Erwerbstätigen entsprechen, wohingegen bei Erwerbstätigen geringere Anforderungen zu stellen sein können. Hierbei sind je nach Lage des Einzelfalles 20 bis 30 Bewerbungen pro Monat zumutbar (Kalthoener/Büttner/Niepmann, aaO, m.w.N.; Dose in: Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 4, Rz. 111, § 1, Rz. 527 ff, j.m.w.N.).

Weiterhin liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragsgegnerin, die über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt und mehrere Jahre einer beruflichen Tätigkeit nachging, bis zu ihrer Einstellung als Call-Center-Agent im Mai 2010 keine reale Beschäftigungschance gehabt hat. Ein allgemeiner Erfahrenssatz, dass wegen hoher Arbeitslosigkeit, mangelnder Ausbildung, fortgeschrittenen Alters oder sonstiger ungünstiger Bedingungen trotz gehöriger Bemühungen keine Beschäftigungsmöglichkeit besteht, existiert nicht (vgl. hierzu Kalthoener/Büttner/Niepmann, aaO, Rn. 708 ff., m.z.w.N.). Ihre bloße pauschale Behauptung, die Aufnahme einer unterhaltssichernden Tätigkeit sei ihr mit Blick auf ihren jahrelangen Ausstieg aus dem Berufsleben, ihre gesundheitliche Beeinträchtigung sowie die derzeitige Arbeitsmarktlage nicht möglich, vermag substantiiertes Vorbringen, da es auf einen reinen Ausforschungsbeweis hinausliefe, nicht zu ersetzen (vgl. BGH, Urt. v. 4.7.2007, XII ZR 141/05, FamRZ 2007, 1532; OLG München NJW-RR 2008, 524).

Von daher sind der Antragsgegnerin jedenfalls fiktive und um die Fahrtkosten bereinigte Einkünfte in Höhe von monatlich 1.200 EUR zuzurechnen.

2) Die Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Unterhalt nach einer Übergangszeit von vier Jahren, wie vom Familiengericht erkannt, lässt Rechtsfehler zum Nachteil der Antragsgegnerin nicht erkennen.

Nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre, wobei für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung (§ 1578 b Abs. 2 BGB) gegeben sind, die Regelung in § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB entsprechend gilt. Nach der gesetzlichen Konzeption stellt die Befristung /Herabsetzung des Unterhalts die Ausnahme dar, weswegen zu prüfen ist, ob die fortdauernde Unterhaltspflicht unbillig ist, nicht aber, ob der Befristung/ Herabsetzung Billigkeitsgründe entgegen stehen (BGH, Urt. v. 26. Mai 2010, XII ZR 143/08, FamRZ 2010, 1238 ff und Urt. v. 24. März 2010, XII ZR 175/08, FamRZ 2010, 875). Im Rahmen der gebotenen Abwägung unter Einbeziehung aller Umstände des konkreten Einzelfalles ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB vorrangig insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, wobei sich solche Nachteile vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben können; derartige ehebedingte Nachteile begrenzen regelmäßig die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts und stehen einer Befristung grundsätzlich entgegen. Scheidet eine Befristung aus, kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit, in der der Unterhaltsberechtigte sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnisses auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften – also solchen, die er ohne die Ehe und Kindererziehung zur Verfügung hätte - umstellen kann, bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt, was voraussetzt, dass der eheangemessene Bedarf den angemessenen Lebensbedarf übersteigt (BGH, Urt. v. 20. Oktober 2010, XII ZR 53/09, FamRZ 2010, 2059; BGH, Urt. v. 14.10.2009, XII ZR 146/08, FamRZ 2009, 1990; BGH, Urt.v. 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08, FamRZ 2009, 1207 ff). Hierbei trägt der Unterhaltsverpflichtete die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts führen können, sowie für das Nichtvorliegen von ehebedingten Nachteilen, wohingegen den Unterhaltsberechtigten nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen eine sog. sekundäre Darlegungslast, die sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet, trifft (BGH, aaO; Wendl/Pauling, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 4 Rz. 583). Im Übrigen beschränkt sich § 1578 b BGB nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität und sonstige vom Gesetz nicht ausdrücklich aufgeführte Einzelfallumstände (BGH, aaO sowie BGH, Urt. v. 4. August 2010, XII ZR 7/09, FamRZ 2010, 1633).

Die von dem Familiengericht hier ausgesprochene Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts nach einem Zeitraum von vier Jahren nach Rechtskraft der Scheidung hält einer an diesem Maßstab orientierten Prüfung stand. Ehebedingte Nachteile, die eine Befristung unter den gegebenen Umständen ausschließen, hat die Antragsgegnerin, wie das Familiengericht zu Recht festgestellt hat und was von dem Antragsteller auch nicht in Zweifel gezogen wird, dadurch erlitten, dass sie wegen des berufsbedingten Umzuges des Antragstellers ins Saarland ihre Stelle als Regierungsobersekretärin im Staatsdienst aufgegeben hat und aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden ist, ohne dass ihr eine Rückkehr in das Beamtenverhältnis möglich ist. Bei Fortführung dieser Tätigkeit ohne Ehe und Kindererziehung würde die Antragsgegnerin heute, wie vom Familiengericht seiner Entscheidung unangefochten zu Grunde gelegt, Nettobezüge in Höhe von monatlich 1.856 EUR erhalten. Daran, dass sich die eigene Lebensstellung der Antragsgegnerin - wenn sie die Tätigkeit nicht ehebedingt aufgegeben hätte - nach wie vor nach ihren Einkünften als Regierungsobersekretärin richten würde, bestehen unter den obwaltenden Umständen keine Zweifel; solche werden auch von dem Antragsteller nicht aufgezeigt. Dem sind die Einkünfte gegenüberzustellen, die die Antragsgegnerin bei entsprechenden Erwerbsbemühungen erzielen könnte (s.o.). Hieraus folgt, dass die Antragsgegnerin ehebedingt eine Einkommensdifferenz in Höhe von monatlich (1.856 EUR – 1.200 EUR) 656 EUR zu verzeichnen hat. Unter Abwägung aller Umstände erscheint dem Senat die von dem Familiengericht erkannte Übergangszeit, innerhalb der sich die Antragsgegnerin auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften in Höhe von monatlich 1.856 EUR einstellen kann, gerechtfertigt. Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung ist zu berücksichtigen, dass die Ehegatten zwar grundsätzlich Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten haben, sich hieraus jedoch keine Lebensstandardgarantie im Sinne einer zeitlich unbegrenzten und in der Höhe nicht abänderbaren Teilhabe nach der Scheidung herleiten lässt. Die Bemessung der Übergangszeit ist nicht schematisch an der Ehedauer zu orientieren; vielmehr findet sie ihren Grund darin, dass der Unterhaltsberechtigte nach der Ehescheidung Zeit benötigt, um sich auf die Kürzung des eheangemessenen Unterhalts einzustellen. Zwar kann dabei die Dauer der Ehe nicht völlig unberücksichtigt bleiben; aber selbst bei einer sehr langen Ehedauer – die hier in Anbetracht einer knapp 15- jährigen Ehezeit ohnehin nicht gegeben ist – wird es dem Unterhaltsberechtigten regelmäßig möglich sein, seine persönlichen und finanziellen Verhältnisse auf die Einkünfte einzurichten, die er ohne die Unterhaltsleistungen des geschiedenen Ehegatten zur Verfügung hat (BGH, Urt. v. 26. September 2007, XII ZR 15/05, FamRZ 2007, 2052). So liegt der Fall auch hier. Unter Abwägung der konkreten Umstände erscheint auch dem Senat eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf nach vier Jahren ab Rechtskraft des Scheidungsurteils (hier: 21. Oktober 2014) angemessen und ausreichend. Damit ist nicht zuletzt dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität unter den gegebenen Umständen hinreichend Rechnung getragen, wobei der Antragsteller der Antragsgegnerin 7 ½ Jahre Unterhalt in nicht unerheblichem Umfang, insbesondere unter Einbeziehung des Trennungsunterhalts, gezahlt haben wird. Die Zahlung eines an den vorstehenden Modalitäten ausgerichteten Aufstockungsunterhalts erscheint auch unter Berücksichtigung der beiderseitigen Einkommensverhältnisse gerechtfertigt, da der Antragsteller, wogegen von diesem letztlich auch nichts erinnert wird, hierdurch nicht übermäßig belastet wird, wobei der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge, worauf die Antragsgegnerin abhebt, Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden. Eine lebenslange Partizipation an den ehelichen Lebensverhältnissen kommt, auch in Ansehung der von der Antragsgegnerin insinuierten geringfügigen Belastung für den Antragsteller, nach Lage der Dinge insgesamt nicht in Betracht.

Dies bedeutet, dass der Antragsgegnerin bei einem, wie von dem Familiengericht unangefochten festgestellt, bereinigten Nettoeinkommen des Antragstellers in Höhe von monatlich 3.463 EUR nach Maßgabe der ihr zuzurechnenden Erwerbseinkünfte in Höhe von monatlich 1.200 EUR ein monatlicher Anspruch auf Aufstockungsunterhalt in Höhe von (<3.463 EUR – 1.200 EUR> * 3/7=) 970 EUR für die ersten vier Jahre ab Rechtskraft der Scheidung und für die Zeit danach in Höhe von (1.856 EUR – 1.200 EUR =) 656 EUR zusteht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wird mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zugelassen.

Gründe

II.

Gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG findet das bis zum 31. August 2009 geltende Recht Anwendung.

Die hiernach zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache insoweit Erfolg, als sie für die ersten vier Jahre ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 970 EUR und für die Zeit danach in Höhe von monatlich 656 EUR beanspruchen kann.

Nach den zutreffenden und im Übrigen unangefochten gebliebenen Feststellungen des Familiengerichts steht der Antragsgegnerin Unterhalt ausschließlich in Form von Aufstockungsunterhalt zu, § 1573 Abs. 2 BGB.

1) Bei der Bemessung des Aufstockungsunterhalts können, anders als vom Familiengericht angenommen, der Antragsgegnerin fiktive Einkünfte allenfalls in Höhe von - bereinigt um berufsbedingte Aufwendungen – 1.200 EUR zugerechnet werden.

Unter Berücksichtigung ihres beruflichen Werdegangs sowie ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen kann die Antragsgegnerin, was zwischen den Parteien außer Streit steht, nicht auf den gesamten Arbeitsmarkt unter Einschluss sämtlicher Hilfsarbeiten verwiesen werden. Denn die Antragsgegnerin kann nach dem zuletzt erstellten Rentengutachten vom 23. August 2008 (Bl. 143 ff d.A.) nur auf leichte Tätigkeiten, die überwiegend im Sitzen und nur zeitweise im Stehen oder Gehen auszuüben sind, verwiesen werden, das heißt es müssen Arbeiten, die mit Heben und Tragen über 10 kg, Knien, häufigem Bücken, Klettern auf Leitern und Gerüsten, Gehen, Stehen auf hartem oder unebenen Untergrund, Vibrationen und Erschütterungen verbunden sind, vermieden werden, ebenso solche Tätigkeiten, bei der die Antragsgegnerin – im Einzelnen beschriebenen – Gefährdungs- und Belastungsfaktoren ausgesetzt würde. Eine vollschichtige Tätigkeit in Tagesschicht oder in Früh- /Spätschicht ist ihr indes zumutbar. In Anbetracht ihrer Ausbildung, Kenntnisse und Fähigkeiten sind der Antragsgegnerin, die über einen mittleren Bildungsabschluss verfügt und mehrere Jahre als Regierungsobersekretärin im mittleren Dienst tätig war, Tätigkeitsfelder bevorzugt im Büro bzw. kaufmännischen Bereich eröffnet. In diesem Bereich kann die Antragsgegnerin, wie sich dies an Hand einer Auswertung des WSI Tarifarchivs (www.boeckler.de) ergibt, einen durchschnittlichen und um die berufsbedingten Fahrtkosten bereinigten monatlichen Nettolohn in Höhe von (gerundet) 1.200 EUR erzielen, da kein Anlass besteht, das Einkommen grundsätzlich am untersten Bereich des Lohnkorridors anzusiedeln.

Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber darauf verweist, dass sie allenfalls, wie ihre jetzige Tätigkeit zeige, in der Lage sei, ein monatliches Einkommen in Höhe von 1.000 EUR zu erwirtschaften, kann dem nicht gefolgt werden. Insoweit hat die darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegnerin nicht den Nachweis geführt, dass der Erwerbsobliegenheit genügende Bewerbungsanstrengungen nicht zu einer nach Maßgabe vorgenannter Kriterien auskömmlichen Anstellung geführt haben(BGH, FamRZ 2009, 1300 ff).

Hierbei kann bereits nicht festgestellt werden, dass die Antragsgegnerin hinreichende Erwerbsbemühungen unternommen hat. Anerkanntermaßen muss sich der Unterhalt begehrende Ehegatte unter Einsatz aller zumutbaren und möglichen Mittel nachhaltig bemühen, eine angemessene Tätigkeit zu finden, wozu die bloße Meldung beim Arbeitsamt nicht genügt. Er trägt im Verfahren zudem die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast für seine Bemühungen und muss in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte und in welchem zeitlichen Abstand er im Einzelnen in dieser Richtung unternommen hat. Die Beweiserleichterung nach § 287 Abs. 2 ZPO kommt ihm nicht zugute. Erwartet werden intensive und konkrete Eigenbemühungen in Form der regelmäßigen wöchentlichen Lektüre der örtlichen Zeitungen und sonstiger Werbeträger sowie die Bewerbung auf alle Annoncen, die für Stellensuchende in Betracht kommen und einen für den Erwerber günstigen Tätigkeitsbereich haben. Je nach den Umständen des Falles sind auch Eigeninserate erforderlich. Blindbewerbungen, also solche, die abgegeben werden, ohne Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Arbeitkraft sucht, sind allein zum Nachweis ordnungsgemäßer Arbeitsplatzsuche nicht ausreichend. Bewerbungsschreiben dürfen auch nicht so abgefasst sein, dass sie den Eindruck der mangelnden Eignung oder Arbeitsunlust erwecken. Sie müssen vielmehr erkennen lassen, welchen konkreten Bezug der Bewerber zur angebotenen Stelle hat, und gegebenenfalls auf eine absolvierte Ausbildung hinweisen (BGH, Urt. v. 30. Juli 2008, XII ZR 126/06, FamRZ 2008, 2104, m.w.N.; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rz. 713 bis 715, m.z.w.N.).

Diesen strengen Anforderungen hat die Antragsgegnerin nicht genügt.

Bei den von ihr vorgetragenen Bemühungen um eine Beschäftigung handelt es sich, wie Form und Inhalt der von ihr zu den Akten gereichten Bewerbungsschreiben sowie die Ablehnungsschreiben erkennen lassen, bis weit in das Jahr 2009 hinein um bloße formularmäßige Blindbewerbungen, die zudem teilweise im Verfahren - ebenso wie auch anlassbezogene Bewerbungen - doppelt (so an das PP., die Fa. P.H. GmbH) vorgelegt worden sind. Die Quantität („Vielzahl“) der Blindbewerbungen vermag die Qualität ordnungsgemäßer Bewerbungen nicht zu ersetzen.

Die einfach abgefassten und dem gängigen Standard von Bewerbungsschreiben nicht entsprechenden Anschreiben, die teilweise offensichtlich als Serienbrief mit ausgetauschtem Adressat verfasst worden sind, müssen zudem für den jeweiligen Adressaten Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Arbeitsplatzsuche der Antragsgegnerin aufkommen lassen. Subjektive Fehleinschätzungen vermögen die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang nicht zu entlasten. Notwendige Kenntnisse und Fertigkeiten in diesem Bereich werden nicht nur von den Arbeitsagenturen vermittelt, sondern können auch problemlos über Internet abgerufen werden. Dass ein Arbeitssuchender, der mehrere Jahre dem Erwerbsleben fern gewesen ist, sich hinsichtlich der gängigen Bewerbungsstandards informieren muss, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Vertiefung.

Die von der Antragsgegnerin vorgetragenen Bewerbungsbemühungen setzen zudem deutlich zu spät ein. Ist der Unterhaltsberechtigte – wie hier - nicht durch besondere Umstände – in Ansehung des Alters des gemeinsamen Kindes war der Antragsgegnerin auch nach dem bis zum Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetztes zum 1. Januar 2008 geltenden Rechtslage jedenfalls eine Teilzeitbeschäftigung anzusinnen - gehindert, ist von ihm bereits etwa sechs Monate vor dem Einsatzzeitpunkt zu erwarten, mit seinen Bemühungen um eine Beschäftigung zu beginnen (Büttner in: Johannsen/Henrich, EheR, § 1573 Rz. 6). Da die Trennung der Parteien jedenfalls mit dem 22. April 2007 endgültig vollzogen war, war die Antragsgegnerin spätestens Ende des Jahres 2007, jedenfalls aber mit Inkrafttreten der unterhaltsrechtlichen Neuregelungen Anfang des Jahres 2008 verpflichtet, hinreichende Erwerbsbemühungen in die Wege zu leiten. Da die Antragsgegnerin, wie sich aus den von ihr vorgelegten Unterlagen ergibt, jedoch erst ab Dezember 2008 sukzessive die Arbeitsplatzsuche begonnen hat, hat sie den an sie gestellten Anforderungen auch insoweit nicht genügt.

Auch fehlt es den von der Antragsgegnerin vorgetragenen und belegten Bewerbungsbemühungen an der nötigen Nachhaltigkeit. Die angeführten Bewerbungen aus der Zeit von Dezember 2008 bis Januar 2010 sind von ihrer Zahl her diskontinuierlich und weisen große zeitliche Lücken auf. In dem in Rede stehenden Zeitraum hat die Antragsgegnerin aktenersichtlich und bereinigt um die vorgelegten Doppel rund 50 Bewerbungen verfasst, eingerechnet telefonische Meldungen auf Inserate. Dies genügt nicht. Für die Suche nach Arbeit selbst ist die Zeit aufzuwenden, die erforderlich ist, alle nach dem Vorgesagten in Betracht kommenden Stellen zu erfassen, sich darauf zu bewerben und Vorstellungsgespräche wahrzunehmen. Dies wird bei Arbeitslosen in aller Regel dem Zeitaufwand eines vollschichtigen Erwerbstätigen entsprechen, wohingegen bei Erwerbstätigen geringere Anforderungen zu stellen sein können. Hierbei sind je nach Lage des Einzelfalles 20 bis 30 Bewerbungen pro Monat zumutbar (Kalthoener/Büttner/Niepmann, aaO, m.w.N.; Dose in: Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 4, Rz. 111, § 1, Rz. 527 ff, j.m.w.N.).

Weiterhin liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragsgegnerin, die über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt und mehrere Jahre einer beruflichen Tätigkeit nachging, bis zu ihrer Einstellung als Call-Center-Agent im Mai 2010 keine reale Beschäftigungschance gehabt hat. Ein allgemeiner Erfahrenssatz, dass wegen hoher Arbeitslosigkeit, mangelnder Ausbildung, fortgeschrittenen Alters oder sonstiger ungünstiger Bedingungen trotz gehöriger Bemühungen keine Beschäftigungsmöglichkeit besteht, existiert nicht (vgl. hierzu Kalthoener/Büttner/Niepmann, aaO, Rn. 708 ff., m.z.w.N.). Ihre bloße pauschale Behauptung, die Aufnahme einer unterhaltssichernden Tätigkeit sei ihr mit Blick auf ihren jahrelangen Ausstieg aus dem Berufsleben, ihre gesundheitliche Beeinträchtigung sowie die derzeitige Arbeitsmarktlage nicht möglich, vermag substantiiertes Vorbringen, da es auf einen reinen Ausforschungsbeweis hinausliefe, nicht zu ersetzen (vgl. BGH, Urt. v. 4.7.2007, XII ZR 141/05, FamRZ 2007, 1532; OLG München NJW-RR 2008, 524).

Von daher sind der Antragsgegnerin jedenfalls fiktive und um die Fahrtkosten bereinigte Einkünfte in Höhe von monatlich 1.200 EUR zuzurechnen.

2) Die Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Unterhalt nach einer Übergangszeit von vier Jahren, wie vom Familiengericht erkannt, lässt Rechtsfehler zum Nachteil der Antragsgegnerin nicht erkennen.

Nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre, wobei für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung (§ 1578 b Abs. 2 BGB) gegeben sind, die Regelung in § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB entsprechend gilt. Nach der gesetzlichen Konzeption stellt die Befristung /Herabsetzung des Unterhalts die Ausnahme dar, weswegen zu prüfen ist, ob die fortdauernde Unterhaltspflicht unbillig ist, nicht aber, ob der Befristung/ Herabsetzung Billigkeitsgründe entgegen stehen (BGH, Urt. v. 26. Mai 2010, XII ZR 143/08, FamRZ 2010, 1238 ff und Urt. v. 24. März 2010, XII ZR 175/08, FamRZ 2010, 875). Im Rahmen der gebotenen Abwägung unter Einbeziehung aller Umstände des konkreten Einzelfalles ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB vorrangig insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, wobei sich solche Nachteile vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben können; derartige ehebedingte Nachteile begrenzen regelmäßig die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts und stehen einer Befristung grundsätzlich entgegen. Scheidet eine Befristung aus, kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit, in der der Unterhaltsberechtigte sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnisses auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften – also solchen, die er ohne die Ehe und Kindererziehung zur Verfügung hätte - umstellen kann, bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt, was voraussetzt, dass der eheangemessene Bedarf den angemessenen Lebensbedarf übersteigt (BGH, Urt. v. 20. Oktober 2010, XII ZR 53/09, FamRZ 2010, 2059; BGH, Urt. v. 14.10.2009, XII ZR 146/08, FamRZ 2009, 1990; BGH, Urt.v. 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08, FamRZ 2009, 1207 ff). Hierbei trägt der Unterhaltsverpflichtete die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts führen können, sowie für das Nichtvorliegen von ehebedingten Nachteilen, wohingegen den Unterhaltsberechtigten nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen eine sog. sekundäre Darlegungslast, die sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet, trifft (BGH, aaO; Wendl/Pauling, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 4 Rz. 583). Im Übrigen beschränkt sich § 1578 b BGB nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität und sonstige vom Gesetz nicht ausdrücklich aufgeführte Einzelfallumstände (BGH, aaO sowie BGH, Urt. v. 4. August 2010, XII ZR 7/09, FamRZ 2010, 1633).

Die von dem Familiengericht hier ausgesprochene Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts nach einem Zeitraum von vier Jahren nach Rechtskraft der Scheidung hält einer an diesem Maßstab orientierten Prüfung stand. Ehebedingte Nachteile, die eine Befristung unter den gegebenen Umständen ausschließen, hat die Antragsgegnerin, wie das Familiengericht zu Recht festgestellt hat und was von dem Antragsteller auch nicht in Zweifel gezogen wird, dadurch erlitten, dass sie wegen des berufsbedingten Umzuges des Antragstellers ins Saarland ihre Stelle als Regierungsobersekretärin im Staatsdienst aufgegeben hat und aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden ist, ohne dass ihr eine Rückkehr in das Beamtenverhältnis möglich ist. Bei Fortführung dieser Tätigkeit ohne Ehe und Kindererziehung würde die Antragsgegnerin heute, wie vom Familiengericht seiner Entscheidung unangefochten zu Grunde gelegt, Nettobezüge in Höhe von monatlich 1.856 EUR erhalten. Daran, dass sich die eigene Lebensstellung der Antragsgegnerin - wenn sie die Tätigkeit nicht ehebedingt aufgegeben hätte - nach wie vor nach ihren Einkünften als Regierungsobersekretärin richten würde, bestehen unter den obwaltenden Umständen keine Zweifel; solche werden auch von dem Antragsteller nicht aufgezeigt. Dem sind die Einkünfte gegenüberzustellen, die die Antragsgegnerin bei entsprechenden Erwerbsbemühungen erzielen könnte (s.o.). Hieraus folgt, dass die Antragsgegnerin ehebedingt eine Einkommensdifferenz in Höhe von monatlich (1.856 EUR – 1.200 EUR) 656 EUR zu verzeichnen hat. Unter Abwägung aller Umstände erscheint dem Senat die von dem Familiengericht erkannte Übergangszeit, innerhalb der sich die Antragsgegnerin auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften in Höhe von monatlich 1.856 EUR einstellen kann, gerechtfertigt. Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung ist zu berücksichtigen, dass die Ehegatten zwar grundsätzlich Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten haben, sich hieraus jedoch keine Lebensstandardgarantie im Sinne einer zeitlich unbegrenzten und in der Höhe nicht abänderbaren Teilhabe nach der Scheidung herleiten lässt. Die Bemessung der Übergangszeit ist nicht schematisch an der Ehedauer zu orientieren; vielmehr findet sie ihren Grund darin, dass der Unterhaltsberechtigte nach der Ehescheidung Zeit benötigt, um sich auf die Kürzung des eheangemessenen Unterhalts einzustellen. Zwar kann dabei die Dauer der Ehe nicht völlig unberücksichtigt bleiben; aber selbst bei einer sehr langen Ehedauer – die hier in Anbetracht einer knapp 15- jährigen Ehezeit ohnehin nicht gegeben ist – wird es dem Unterhaltsberechtigten regelmäßig möglich sein, seine persönlichen und finanziellen Verhältnisse auf die Einkünfte einzurichten, die er ohne die Unterhaltsleistungen des geschiedenen Ehegatten zur Verfügung hat (BGH, Urt. v. 26. September 2007, XII ZR 15/05, FamRZ 2007, 2052). So liegt der Fall auch hier. Unter Abwägung der konkreten Umstände erscheint auch dem Senat eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf nach vier Jahren ab Rechtskraft des Scheidungsurteils (hier: 21. Oktober 2014) angemessen und ausreichend. Damit ist nicht zuletzt dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität unter den gegebenen Umständen hinreichend Rechnung getragen, wobei der Antragsteller der Antragsgegnerin 7 ½ Jahre Unterhalt in nicht unerheblichem Umfang, insbesondere unter Einbeziehung des Trennungsunterhalts, gezahlt haben wird. Die Zahlung eines an den vorstehenden Modalitäten ausgerichteten Aufstockungsunterhalts erscheint auch unter Berücksichtigung der beiderseitigen Einkommensverhältnisse gerechtfertigt, da der Antragsteller, wogegen von diesem letztlich auch nichts erinnert wird, hierdurch nicht übermäßig belastet wird, wobei der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge, worauf die Antragsgegnerin abhebt, Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden. Eine lebenslange Partizipation an den ehelichen Lebensverhältnissen kommt, auch in Ansehung der von der Antragsgegnerin insinuierten geringfügigen Belastung für den Antragsteller, nach Lage der Dinge insgesamt nicht in Betracht.

Dies bedeutet, dass der Antragsgegnerin bei einem, wie von dem Familiengericht unangefochten festgestellt, bereinigten Nettoeinkommen des Antragstellers in Höhe von monatlich 3.463 EUR nach Maßgabe der ihr zuzurechnenden Erwerbseinkünfte in Höhe von monatlich 1.200 EUR ein monatlicher Anspruch auf Aufstockungsunterhalt in Höhe von (<3.463 EUR – 1.200 EUR> * 3/7=) 970 EUR für die ersten vier Jahre ab Rechtskraft der Scheidung und für die Zeit danach in Höhe von (1.856 EUR – 1.200 EUR =) 656 EUR zusteht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wird mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zugelassen.

Urteilsbesprechung zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 02. März 2011 - 9 UF 89/10

Urteilsbesprechungen zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 02. März 2011 - 9 UF 89/10

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

FGG-Reformgesetz - FGG-RG | Art 111 Übergangsvorschrift


(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ref
Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 02. März 2011 - 9 UF 89/10 zitiert 7 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1573 Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt


(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag. (2) Reichen die Ei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1578 Maß des Unterhalts


(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf. (2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pfle

Referenzen - Urteile

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 02. März 2011 - 9 UF 89/10 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2007 - XII ZR 15/05

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Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06

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Bundesgerichtshof Urteil, 26. Mai 2010 - XII ZR 143/08

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Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. Sept. 2016 - 7 WF 175/16

bei uns veröffentlicht am 21.09.2016

Tenor Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Werl vom 11.7.2016 wird zurückgewiesen. 1 2Gründe: 3I. 4Der 1978 geborene Antragsgegner ist der Vater des am ##.##.2009 gebor

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(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
XII ZR 126/06 Verkündet am:
30. Juli 2008
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Darlegungs- und Beweislast für den Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit gemäß

b) Zur Berücksichtigung einer anteiligen Haftung (hier: unter Einbezug fiktiven Einkommens
) beider Eltern für den Volljährigenunterhalt im Rahmen der Bemessung
des Ehegattenunterhalts.
BGH, Versäumnisurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06 - OLG Koblenz
AG Bingen am Rhein
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Juli 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter
Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina sowie die Richter Dose und
Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 25. Juli 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um die Abänderung eines Prozessvergleichs über nachehelichen Unterhalt. Die Parteien heirateten am 3. August 1970. Aus der Ehe stammen die Zwillingsschwestern A. und V. (geboren am 10. Mai 1987). Die Ehe der Parteien ist seit dem 9. Februar 1998 rechtskräftig geschieden.
2
Der Kläger (geboren am 26. August 1946) ist ärztlicher Direktor in einem Universitätsklinikum (Besoldungsstufe A 15). Er war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in zweiter Ehe verheiratet. Die Beklagte (geboren am 21. Mai 1949) ist promovierte Pädagogin und hat zusätzlich eine Prüfung zur Heilpraktikerin abgelegt. Von 1982 bis 1987 unterhielt sie eine Praxis für psychosoziale und pädagogische Betreuung. Seit der Geburt der gemeinsamen Kinder ist sie nicht mehr erwerbstätig.
3
In einem anlässlich der Scheidung geschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Kläger zu nachehelichem Unterhalt von monatlich 1.900 DM und zu Kindesunterhalt nach der neunten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle. Durch Prozessvergleich vom 23. August 1999 änderten die Parteien den Ehegattenunterhalt auf 1.850 DM (bis einschließlich Dezember 2001) ab und legten den Kindesunterhalt nach Einkommensgruppe 12 der Düsseldorfer Tabelle fest. Durch weiteren Prozessvergleich vom 28. Januar 2002 legten die Parteien den Ehegattenunterhalt auf 767 € fest.
4
Mit seiner Abänderungsklage erstrebt der Kläger die Herabsetzung des Ehegattenunterhalts ab Volljährigkeit der Töchter. Zunächst hat er den vollständigen Wegfall begehrt, in der Berufungsinstanz zuletzt nur noch die Herabsetzung auf 450 €. Das Amtsgericht hat den nachehelichen Unterhalt ab Juni 2005 auf 486 € herabgesetzt. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers hat das Oberlandesgericht den Ehegattenunterhalt zeitlich gestaffelt in unterschiedlicher Höhe, zuletzt (ab 1/06) auf 489 € herabgesetzt.
5
Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten, die sich entsprechend ihrem in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Antrag gegen eine Herabsetzung auf unter 700 € zur Wehr setzt.

Entscheidungsgründe:

6
Gegen den im Verhandlungstermin nicht erschienenen Kläger ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand (BGHZ 37, 79, 81 ff.).
7
Die Revision führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

8
Das Oberlandesgericht hat die Abänderungsklage nach Eintritt der Volljährigkeit der gemeinsamen Kinder für zulässig gehalten und nur noch einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt in eingeschränkter Höhe angenommen. Zur Ermittlung des Unterhalts hat es auf Seiten des Klägers das aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielte Einkommen sowie weiteres Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zugrunde gelegt. Aus einem (früheren) Wohnvorteil herrührendes Einkommen beider Parteien (Wohnvorteil auf Seiten der Beklagten und Zinseinkünfte auf Seiten des Klägers) hat das Oberlandesgericht als auf beiden Seiten etwa gleichwertig erachtet und demzufolge nicht in die Unterhaltsberechnung eingestellt. Auf Seiten der Beklagten hat das Oberlandesgericht ein fiktives Einkommen von netto 1.300 € veranschlagt, das sie aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit erzielen könne. Die von ihr dargelegten Erwerbsbemühungen seien nicht ausreichend gewesen. Die Beklagte hätte bei zeitnahen , stetigen und ernsthaften Bemühungen, gegebenenfalls nach Auffrischung und Vertiefung ihrer wissenschaftlichen Ausbildung oder einer Umschulung, eine reale Beschäftigungschance gehabt.
9
Bei der Berechnung des Unterhalts hat das Oberlandesgericht den Kindesunterhalt für die beiden volljährigen Töchter mit den - nicht um das Kindergeld verminderten - Tabellenbeträgen nach der Düsseldorfer Tabelle allein vom Einkommen des Klägers abgezogen. Aus dem Zweck des Kindergelds, vom Barunterhalt des Kindes zu entlasten, folge, dass das Kindergeld bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts nicht als bedarfsprägendes Einkommen der Ehegatten Berücksichtigung finden könne. Einen anteiligen Abzug des Kindesunterhalts vom (fiktiven) Einkommen der Beklagten hat das Oberlandesgericht abgelehnt. Es stelle sich schon die Frage, ob die Durchsetzung eines möglichen Mithaftungsanteils der - tatsächlich nicht leistungsfähigen - Beklagten überhaupt sachgerecht und zumutbar wäre. Unbeschadet dessen könne aber jedenfalls im Rahmen des Ehegattenunterhalts ein allenfalls auf fiktiver Grundlage bestehender Haftungsanteil der nicht erwerbstätigen Beklagten keine Bedeutung gewinnen. Es erscheine nicht gerechtfertigt und unbillig, die Bedürftigkeit der ihre Erwerbsobliegenheit verletzenden Beklagten um einen tatsächlich nicht geleisteten Anteil am Barunterhalt der gemeinsamen Töchter zu erhöhen.
10
Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.

II.

11
1. Das Berufungsgericht hat die Revision im Tenor des Berufungsurteils ohne Einschränkungen zugelassen. Aus den Urteilsgründen geht allerdings hervor, dass es die Revision wegen der Frage nach der anteiligen Haftung des seine Erwerbsobliegenheit verletzenden berechtigten Ehegatten auf den Barunterhalt volljähriger Kinder zugelassen hat. Es kann offen bleiben, ob die Ausführungen des Berufungsgerichts so zu verstehen sind, dass es die Revisionszu- lassung auf diese Frage gegenständlich beschränken wollte (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339, 1340), oder ob damit - was näher liegt - allein das Motiv für die Zulassung der Revision angegeben werden sollte. Denn bei der anteiligen Haftung auf den Barunterhalt der Kinder und deren Berücksichtigung bei der Ermittlung des Ehegattenunterhalts handelt sich um Rechtsfragen, die sich auf einen nicht abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes beziehen. Der durch diese Fragen betroffene Teil des Ehegattenunterhalts wäre insbesondere einem Teilurteil nicht zugänglich (vgl. Senatsurteil BGHZ 153, 358, 361 f.; Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339, 1340). Eine derartige Einschränkung der Revisionszulassung wäre jedenfalls nicht zulässig und bliebe ohne Wirkung.
12
2. Gegen die Zulässigkeit der Abänderungsklage gemäß § 323 Abs. 1, 4 ZPO bestehen keine Bedenken.
13
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte nur noch einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB hat. Unterhalt wegen Krankheit (§ 1572 BGB) oder wegen einer an die Kindererziehung anschließenden Erwerbslosigkeit (§ 1573 Abs. 1, 3 BGB) schuldet der Kläger nicht.
14
a) Dem Berufungsgericht ist zuzustimmen, dass die Beklagte zu einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit verpflichtet ist.
15
Die Revision rügt zu Unrecht, das Berufungsgericht habe das Vorbringen der Beklagten zu gesundheitlichen Einschränkungen ihrer Erwerbsfähigkeit übergangen, woraus sich eine nur halbschichtige Einsetzbarkeit für leichte Arbeiten ergebe. Hierbei handelt es sich um erstinstanzliches Vorbringen der Beklagten. Schon das Urteil des Familiengerichts enthält indessen die Feststellung , dass die Beklagte trotz ihrer "körperlichen Gesundheitsschäden" an der Ausübung einer (vollschichtigen) Tätigkeit mit geistigem Schwerpunkt nicht gehindert sei. Diese Feststellung hat die Beklagte mit ihrer Berufung nicht angegriffen , so dass das Berufungsgericht seinem Urteil gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO ihre vollschichtige Erwerbsfähigkeit mit Recht zugrunde gelegt hat. Einer besonderen Erwähnung in den Gründen des Berufungsurteils bedurfte dies nicht.
16
b) Dass die Beklagte gemäß § 1573 Abs. 1 BGB keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag, hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Das ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
17
aa) Die von der Beklagten dargelegten Bewerbungsbemühungen hat das Berufungsgericht als nicht ausreichend angesehen. Es hat eine Steigerung der Bewerbungsintensität für erforderlich gehalten und die Bewerbungsschreiben als aus der Sicht der angesprochenen Arbeitgeber möglicherweise ungünstig gesehen. Die hierzu von der Revision erhobenen Rügen greifen nicht durch.
18
Nach der Rechtsprechung des Senats ist Voraussetzung des Anspruchs aus § 1573 Abs. 1 BGB, dass sich der Ehegatte unter Einsatz aller zumutbaren und möglichen Mittel nachhaltig bemüht haben muss, eine angemessene Tätigkeit zu finden, wozu die bloße Meldung beim Arbeitsamt nicht genügt. Er trägt im Verfahren zudem die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast für seine Bemühungen und muss in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte und in welchem zeitlichen Abstand er im Einzelnen in dieser Richtung unternommen hat. Die Beweiserleichterung nach § 287 Abs. 2 ZPO kommt ihm nicht zugute (Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791).
19
Den von der Beklagten vorgetragenen und belegten Bewerbungsbemühungen fehlt es bereits an der nötigen Nachhaltigkeit. Die im Berufungsurteil angeführten Bewerbungen aus der Zeit von 1999 bis 2006 sind von ihrer Zahl her unzureichend und weisen zeitliche Lücken auf. Es ist auch nicht ersichtlich, welche Eigeninitiative die Beklagte außer ihrer Arbeitslosmeldung und den vorgelegten Anschreiben an Arbeitgeber in den mehr als acht Jahren seit der Scheidung entwickelt hat. Das Berufungsgericht hat dem entsprechend mit zwar knapper, aber zutreffender Begründung gefordert, die Bewerbungsintensität hätte gesteigert werden müssen, und damit zu erkennen gegeben, dass die vorgetragenen Bewerbungen den Anforderungen nicht genügen. Darüber hinaus hat es auch Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bewerbungen angemeldet und diese aus dem Inhalt der Bewerbungsschreiben hergeleitet. Auch dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Die Revision führt hier anderweitige Erklärungsmöglichkeiten an, die allenfalls auf eine unzulässige Ersetzung der Würdigung des Berufungsgerichts durch die der Revision hinauslaufen.
20
Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts unterliegt nach § 559 Abs. 2 ZPO grundsätzlich nicht der revisionsrechtlichen Kontrolle. Die Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Korrektur durch das Revisionsgericht, etwa weil die Feststellungen auf einer Gesetzesverletzung beruhen, dem Berufungsgericht ein Verstoß gegen die Denkgesetze unterlaufen ist oder Erfahrungssätze nicht beachtet wurden (vgl. Musielak/Ball ZPO 6. Aufl. § 559 Rdn. 22), liegen nicht vor.
21
Die Auffassung der Revision, dass eine nennenswerte Anzahl von Stellen , für welche die Beklagte von ihrem wissenschaftlichen Anforderungsprofil in Frage komme, nicht existiere, stellt die Feststellung unzureichender Erwerbsbemühungen durch das Berufungsgericht nicht in Frage. Die Beklagte hätte sich nicht nur auf Stellen im Bereich der Wissenschaft bewerben können und müssen, sondern ihr stand aufgrund ihrer Ausbildung einschließlich der Zusatz- qualifikation als Heilpraktikerin wie auch der wenigstens zeitweilig ausgeübten Praxis im psychosozialen Bereich ein wesentlich weiteres Berufsfeld offen.
22
bb) Die unzureichende Arbeitssuche führt indessen noch nicht notwendig zur Versagung des Anspruchs aus § 1573 Abs. 1 BGB. Die mangelhafte Arbeitssuche muss vielmehr für die Arbeitslosigkeit auch ursächlich sein. Eine Ursächlichkeit besteht nicht, wenn nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Arbeitsmarktes sowie den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Unterhalt begehrenden Ehegatten für ihn keine reale Beschäftigungschance bestanden hat (Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791).
23
Für das Bestehen einer realen Beschäftigungschance ist im vorliegenden Fall allerdings nicht erst auf den Beginn des streitbefangenen Zeitraums im Juni 2005 abzustellen, als die Beklagte schon 56 Jahre alt war. Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht darin, dass die Beklagte schon längere Zeit zuvor zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet war. Die Parteien gingen bereits anlässlich der Scheidung im Jahr 1998 übereinstimmend davon aus, dass die Beklagte zu einer Teilzeiterwerbstätigkeit verpflichtet war. Dem entsprechend hat die Beklagte sich in den beiden ersten von den Parteien abgeschlossenen Vergleichen vom 9. Februar 1998 und 23. August 1999 jeweils ein fiktives Einkommen von 500 DM und zuletzt im Vergleich vom 28. Januar 2002 ein fiktives Einkommen von 818 € aus dann halbschichtiger Tätigkeit zurechnen lassen. Die Beklagte kann demnach nicht so behandelt werden, als hätte ihre Erwerbsobliegenheit erstmals im Jahr 2005 eingesetzt. Dass sie durch ihre unzureichende Eigeninitiative die Chance einer stufenweisen beruflichen Eingliederung hat verstreichen lassen, darf sich nicht zu Lasten des unterhaltspflichtigen Klägers auswirken. Vielmehr ist für die Frage der realen Beschäftigungschance darauf abzustellen, ob eine solche bestanden hätte, wenn die Beklagte von An- fang an ihrer Erwerbsobliegenheit genügt hätte (vgl. auch Senatsurteil vom 20. Februar 2008 - XII ZR 101/05 - FamRZ 2008, 872, 873 f. mit Anmerkung Hoppenz). Dabei ist vor allem einzubeziehen, dass die Beklagte, wie das Familiengericht und das Berufungsgericht übereinstimmend festgestellt haben, bei einer zunächst in Teilzeit ausgeübten Tätigkeit trotz ihres Alters die Chance einer späteren - sukzessiven - Aufstockung zu einer Vollzeitstelle deutlich verbessert haben könnte. Das Berufungsgericht hat die auf Seiten der Beklagten bestehenden Schwierigkeiten, ihr Alter, ihre kaum entwickelte berufliche Praxis und die lange Zeit des beruflichen Ausstiegs in die Betrachtung mit einbezogen. Auch wenn sich diese Faktoren im Ergebnis lediglich bei der Höhe des erzielbaren Einkommens niedergeschlagen haben, hat das Berufungsgericht sie ersichtlich gewürdigt. Wenn es in Anbetracht der bereits seit 1998 von den Parteien angenommenen (Teilzeit-)Erwerbsobliegenheit unter Einbeziehung von Fortbildungsmöglichkeiten dennoch eine bestehende reale Beschäftigungschance ("im abhängigen oder selbständigen Bereich") gesehen hat, ist dies als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung nicht zu beanstanden. In Anbetracht des vorhandenen beruflichen Spektrums brauchte das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen auch keine konkrete Tätigkeit zu benennen. Eine Tätigkeit als Putz- oder Verkaufshilfe hat das Berufungsgericht der Beklagten ferner nicht unterstellt. Das für erzielbar erklärte Nettoeinkommen von 1.300 € bewegt sich vielmehr im selben Rahmen wie das von der Beklagten im Vergleich vom 28. Januar 2002 akzeptierte Einkommen von 818 € für eine Halbtagstätigkeit und ist schon deswegen im Zweifel noch angemessen im Sinne von § 1574 BGB (alter und neuer Fassung).
24
Auch wenn schließlich eine sichere rückblickende Einschätzung nicht mehr möglich war und ist, gehen verbleibende Zweifel hinsichtlich einer fehlenden realen Beschäftigungschance zu Lasten der beweisbelasteten Beklagten (Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791).
Dass es sich bei der realen Beschäftigungschance um eine objektive Voraussetzung handelt (vgl. BVerfG FamRZ 2008, 1145, 1146 - betreffend den Unterhaltsschuldner ), ändert an der Beweislastverteilung nichts. Der vom Berufungsgericht im angefochtenen Urteil darüber hinausgehend zum Ausdruck gebrachten Überzeugung von einer realen Beschäftigungschance der Beklagten bedurfte es wegen der die Beklagte treffenden Beweislast demnach nicht.
25
3. Zum Unterhaltsbedarf der Beklagten nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB entspricht das Berufungsurteil allerdings nicht in vollem Umfang der Rechtsprechung des Senats.
26
a) Die vom Berufungsgericht zum Einkommen des Klägers getroffenen Feststellungen bleiben aus revisionsrechtlicher Sicht bis auf einen nebensächlichen Punkt frei von Beanstandungen.
27
Die Revision rügt allein mit Recht, dass das Oberlandesgericht ohne nähere Begründung nicht von dem Gesamtbruttobetrag der Bezügemitteilung vom Dezember 2005 ausgegangen ist, auf die es in seinem Urteil Bezug genommen hat. Aus der Bezügemitteilung lässt sich erkennen, dass das Oberlandesgericht nur das laufende Bruttoeinkommen ("laufendes Steuer-Brutto") zugrunde gelegt und das sonstige Einkommen ("sonstiges Steuer-Brutto") übergangen hat. Das sonstige Einkommen beläuft sich indessen nach derselben Mitteilung nur auf 80 €. Es handelt sich ersichtlich um das im Juli 2005 ausgezahlte Urlaubsgeld. Davon sind 32 € ("Lohnsteuer sonstiger Bezug") und 1,76 € ("Solizuschlag sonstiger Bezug") abzuziehen, so dass sich der Fehler (allenfalls) mit netto 46,24 € und monatlich also weniger als 4 € niederschlägt.
28
Die weiter von der Revision erhobene Rüge, der Nettobetrag sei nicht nachvollziehbar ermittelt worden, greift indessen nicht durch. Dem Berufungsurteil ist vielmehr zu entnehmen, nach welcher Methode das Berufungsgericht das Nettoeinkommen ermittelt hat. Die Angabe des vollständigen Rechenweges , wie es zu dem Nettoeinkommen gelangt ist, ist nicht erforderlich, wenn die einzelnen Berechnungsgrößen nachvollziehbar dargestellt sind. Das ist hier der Fall, denn das Berufungsgericht hat sowohl die Werbungskosten als auch die Sonderausgaben angegeben. Die weiteren Rechenschritte ergeben sich aus den gesetzlichen Steuerabzügen. Dass das Berufungsgericht von einer lediglich fiktiven getrennten Veranlagung ausgegangen ist, obwohl der Kläger offensichtlich seit 2004 wiederum geschieden ist, ist unschädlich.
29
Dass das Berufungsgericht im Ergebnis zu einem geringeren als dem in erster Instanz noch unstreitigen Nettoeinkommen gelangt ist, erklärt sich daraus , dass es gegenüber dem früheren Monatsfreibetrag (887 €) lediglich den vom Amtsgericht festgesetzten Unterhaltsbetrag (486 €) als monatlichen Freibetrag berücksichtigt hat. Dies ist in den Urteilsgründen ausdrücklich aufgeführt und stimmt mit der Rechtsprechung des Senats zur Berücksichtigung des Realsplittingvorteils überein (Senatsurteile vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 971; vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232, 1234 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 797).
30
b) Die von beiden Parteien gezogenen Nutzungen (Wohnvorteil bei der Beklagten und Zinsen beim Kläger) sind vom Berufungsgericht als annähernd gleichwertig angesehen und daher rechnerisch nicht berücksichtigt worden. Die Kürzung der beiden Vorteile im Rahmen der Bedarfsermittlung beim Ehegattenunterhalt ist deswegen auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159) nicht zu beanstanden und wird auch von der Revision nicht gerügt.
31
c) Bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts hat das Berufungsgericht den Unterhalt der volljährigen Kinder zutreffend vorweg abgezogen. Der Unter- haltsbedarf volljähriger Kinder bemisst sich, soweit er der Altersstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle entnommen wird, nach dem zusammengerechneten Einkommen der Eltern. Nach ständiger Rechtsprechung schuldet ein Elternteil allerdings höchstens den Unterhalt, der sich allein auf der Grundlage seines Einkommens aus der vierten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle ergibt (Senatsurteil BGHZ 164, 375, 378 = FamRZ 2006, 99, 100). Die Berechnung kann abgekürzt werden, wenn nur ein Elternteil Einkommen oberhalb des eigenen angemessenen Unterhalts im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB (angemessener Selbstbehalt; nach den Leitlinien des Berufungsgerichts - Nr. 21.3.1 - sowie der Anmerkung A. 5 zur Düsseldorfer Tabelle ab 1. Juli 2005: 1.100 €; bis Juni 2005: 1.000 €) erzielt und der andere Elternteil nicht leistungsfähig ist. In diesem Fall kann der Kindesunterhalt zur Vereinfachung sogleich allein nach dem Einkommen des allein leistungsfähigen Elternteils bestimmt werden.
32
aa) Das Berufungsgericht hat den Unterhalt der beiden volljährigen Töchter allein nach dem Einkommen des Klägers bestimmt und das der Beklagten zugerechnete Einkommen als bloß fiktives Einkommen außer Acht gelassen. Die Revision bringt dagegen im Ausgangspunkt allerdings zu Recht vor, dass die Anrechnung eines fiktiven Einkommens auch die Beteiligung der Beklagten am Unterhalt der volljährigen Kinder zur Folge hat (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB), soweit sich insgesamt ein den angemessenen Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 1 BGB übersteigendes Einkommen ergibt. Allein aufgrund des Umstands, dass es sich um fiktives Einkommen handelt, folgt auch im Rahmen der anteiligen Unterhaltspflicht nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB noch nicht, dass eine Mithaftung entfällt. Anderenfalls hätte der Elternteil die Möglichkeit, durch seine Pflichtverletzung den Wegfall seiner Unterhaltspflicht herbeizuführen. Das Gleiche muss jedenfalls grundsätzlich gelten, wenn es nicht primär um die Feststellung des Volljährigenunterhalts geht, sondern der Volljährigenunterhalt nur eine Vorfrage bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts ist.
33
Das Berufungsgericht hat jedoch des Weiteren - wie auch die Revision - nicht beachtet, dass die Zurechnung eines fiktiven Einkommens beim Kindesunterhalt unter anderen Voraussetzungen steht als beim Ehegattenunterhalt. Die Zurechnung fiktiven Einkommens ist für jedes Unterhaltsverhältnis gesondert zu beurteilen und setzt voraus, dass der Unterhaltspflichtige im jeweiligen Unterhaltsverhältnis gegen seine unterhaltsrechtliche Erwerbsobliegenheit verstoßen hat. Die Erwerbsobliegenheiten beim Ehegattenunterhalt und beim Kindesunterhalt sind unterschiedlich ausgestaltet. Sie unterscheiden sich nicht zuletzt auch danach, ob sie den Unterhaltsberechtigten oder den Unterhaltspflichtigen betreffen, wie der vorliegende Fall deutlich macht. Während die Beklagte im Rahmen des Ehegattenunterhalts schon seit 1998 unterhaltsrechtlich zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet war, erfüllte sie ihre Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern, solange diese noch minderjährig waren, allein durch deren Pflege und Erziehung (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Da der Barunterhalt der Kinder gesichert war (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB) und auch ansonsten kein Ausnahmefall von der Regel des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB in Betracht kommt, war die Beklagte gegenüber ihren Kindern somit erst seit deren im Mai 2005 eingetretener Volljährigkeit zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Erwerbschancen der Beklagten allerdings gegenüber der Betrachtung beim Ehegattenunterhalt bereits deutlich verschlechtert. Dass die Beklagte seitdem noch in der Lage sein sollte, eine Vollzeitstelle zu erlangen, erscheint schon aufgrund ihres Alters von nunmehr 56 Jahren und ihrer noch deutlich längeren beruflichen Abstinenz zweifelhaft. Aufgrund der fehlerhaften Gleichstellung der Erwerbsobliegenheit der Beklagten einerseits als Gläubigerin des Ehegattenunterhalts und andererseits als Schuldnerin des Kindesunterhalts hat das Berufungsgericht hier die notwendigen Feststellungen unterlassen.
34
Allerdings kann sich das vom Berufungsgericht erzielte Ergebnis auch dann als richtig erweisen, wenn und soweit die Beklagte nicht nur wegen einge- schränkter Vollstreckungsmöglichkeiten, sondern rechtlich gesichert vom Kindesunterhalt befreit ist. Der hierfür in Frage kommende Grund könnte in einer Freistellung der Beklagten durch den Kläger liegen. Soweit der Kläger - wie es offenbar der Fall ist - den Kindesunterhalt seit Eintritt der Volljährigkeit der gemeinsamen Kinder geleistet hat, ohne die Beklagte in Rückgriff nehmen zu wollen , dürfte eine zumindest stillschweigende Freistellungsabrede der Parteien vorliegen. Dass die Beklagte den Naturalunterhalt der Kinder sicherstellt, steht dem nicht notwendig entgegen, weil dieser aus dem Barunterhalt, der insbesondere auch den Wohnbedarf umfasst, zu finanzieren ist (Senatsurteil BGHZ 164, 375, 385 = FamRZ 2006, 99, 102). Auch wenn die Kinder durch eine solche Abrede grundsätzlich nicht gehindert sind, die Beklagte auf ihren Unterhaltsanteil in Anspruch zu nehmen, wird eine rückwirkende Inanspruchnahme regelmäßig ausscheiden, weil es an den Voraussetzungen des § 1613 BGB fehlt. Sind sowohl ein Rückgriff des Klägers als auch eine rückwirkende Inanspruchnahme durch die Kinder aber zuverlässig ausgeschlossen, kann dem in der Tat dadurch Rechnung getragen werden, dass der Unterhalt allein vom Einkommen des zugleich dem Ehegatten und den Kindern zum Unterhalt Verpflichteten abgezogen wird (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 2 Rdn. 151). Auch für den künftigen Unterhalt kann es sich ähnlich verhalten, wenn der Kläger auch insoweit der offenbar durchgehenden bisherigen Praxis entsprechend anbietet, den Kindesunterhalt im Verhältnis der Parteien weiter allein aufzubringen. Die Beklagte verstieße dann gegen Treu und Glauben, wenn sie das Freistellungsangebot des Klägers nicht annehmen würde. Etwas anderes kann sich nur ergeben, wenn die Kinder die Beklagte direkt auf Unterhalt in Anspruch nehmen sollten. Dieser Umstand lässt sich anhand der Anforderungen gemäß § 1613 BGB verlässlich feststellen und würde gegebenenfalls eine Abänderung des Ehegattenunterhalts begründen.
35
Weil das Berufungsgericht allein auf die Eigenschaft als fiktives Einkommen abgestellt hat, bedürfen die oben aufgezeigten Voraussetzungen (zur Erwerbsobliegenheit gegenüber den Kindern und zu einer Freistellung der Beklagten ) weiterer Feststellungen.
36
bb) Das Berufungsgericht hat zudem aber den Kindesunterhalt mit den nicht um das Kindergeld gekürzten Tabellenbeträgen nach der Düsseldorfer Tabelle abgezogen. Das entspricht nicht der Rechtsprechung des Senats und ist nach § 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO auch ohne entsprechende Revisionsrüge zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats schuldet der Kläger seinen volljährigen Kindern nur Unterhalt in einer Höhe, wie er sich nach Abzug des vollen Kindergeldes ergibt (Senatsurteile BGHZ 164, 375, 382 f. = FamRZ 2006, 99, 101 f. und vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963). Auch in Höhe des staatlichen Kindergeldes ist der Unterhaltsbedarf der volljährigen Töchter gedeckt. Der Kläger schuldet insoweit keinen Barunterhalt, den er bei der Berechnung des der Beklagten zustehenden Ehegattenunterhalts zusätzlich abziehen könnte. Dadurch wird das Kindergeld entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht als Einkommen des Barunterhaltspflichtigen behandelt. Vielmehr wird dieser durch die bedarfsdeckende Anrechnung des Kindergelds vom Kindesunterhalt entlastet, so dass ihm ein größerer Teil seines Einkommens - auch für den Ehegattenunterhalt - zur Verfügung steht. Damit stellt sich die Lage beim Kindergeld nicht anders dar als bei dem mit ähnlicher Funktion gewährten steuerlichen Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 EStG), der ebenfalls zu einem höheren Nettoeinkommen führt.

III.

37
Demnach kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben und ist gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif, weil weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind.

IV.

38
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
39
Für die Bedarfsermittlung ist neben der geringfügigen Korrektur des vom Kläger bezogenen Einkommens und dessen Fortschreibung seit 2006 der Kindesunterhalt nur nach Abzug des Kindergelds zu berücksichtigen. Neben den seit dem 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Änderungen durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) sind ferner die geänderten Fassungen der Düsseldorfer Tabelle, gegebenenfalls auch davon abweichende vom Kläger gezahlte Beträge zu berücksichtigen.
40
Sollte das Berufungsgericht - bei einer Obliegenheitsverletzung der Beklagten auch gegenüber den Kindern - zu der Feststellung gelangen, dass die Beklagte vom Kläger vollständig vom Kindesunterhalt freigestellt worden ist und eine entsprechende Vereinbarung auch in Zukunft weiteren Bestand hat, ist vom Einkommen der Beklagten grundsätzlich kein Kindesunterhaltsanteil abzuziehen. Das auf Seiten der Beklagten vorhandene Einkommen wäre dann grundsätzlich bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts bereits in zulässiger Weise vereinfachend berücksichtigt.
Hahne Wagenitz Vézina Dose Klinkhammer

Vorinstanzen:
AG Bingen am Rhein, Entscheidung vom 12.09.2005 - 8 F 221/05 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 25.07.2006 - 11 UF 655/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 141/05 Verkündet am:
4. Juli 2007
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die für das Maß des Unterhalts ausschlaggebenden ehelichen Lebensverhältnisse
bestimmen sich grundsätzlich nach den für den allgemeinen Lebensbedarf
genutzten Einkünften. Um sowohl eine zu dürftige Lebensführung
als auch einen übermäßigen Aufwand als Maßstab für die Ansprüche auf
Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt auszuschließen, ist dabei
ein objektiver Maßstab anzulegen. Der für eine Korrektur unangemessener
Vermögensbildung heranzuziehende Maßstab darf allerdings nicht dazu führen
, dass der Boden der ehelichen Lebensverhältnisse verlassen wird und
Vermögenseinkünfte als eheprägend zugrunde gelegt werden, die auch nach
einem objektiven Maßstab nicht für die allgemeine Lebensführung verwendet
worden wären (Fortführung des Senatsurteils vom 20. November 1996
- XII ZR 70/95 - FamRZ 1997, 281, 284).

b) Erträge aus einem im Zugewinnausgleich erworbenen Vermögen sind
eheprägend, wenn sie zuvor als Erträge des ausgleichspflichtigen Ehegatten
die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hatten (Fortführung des Senatsurteils
vom 16. Januar 1985 - IVb ZR 59/83 - FamRZ 1985, 357, 359).
BGH, Urteil vom 4. Juli 2007 - XII ZR 141/05 - OLG Hamm
AG Herne-Wanne
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 14. Juli 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt für die Zeit von Dezember 1998 bis zum 17. April 2000 sowie um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab dem 18. April 2000.
2
Die 1946 geborene Klägerin und der 1943 geborene Beklagte hatten am 1. April 1966 die Ehe geschlossen, aus der zwei volljährige Kinder hervorgegangen sind. Im Herbst 1998 trennten sie sich; seit dem 18. April 2000 sind sie rechtskräftig geschieden.
3
Während der Ehezeit betrieb der Beklagte bis 1996 als Handwerksmeister einen Kfz-Betrieb. Seit Dezember 1998 bezieht er eine monatliche Erwerbsunfähigkeitsrente der gesetzlichen Rentenversicherung, die sich von 2.462,26 DM brutto in der Zeit bis Juni 1999 mehrmals auf zuletzt 1.159,65 € netto für die Zeit ab Januar 2004 erhöhte. Daneben bezieht er eine monatliche Berufsunfähigkeitszusatzrente, die ursprünglich 625 DM betrug und über 362,45 € ab Januar 2002 auf zuletzt 373,70 € für die Zeit ab Januar 2003 anstieg. Außerdem erhält er rückwirkend ab Mitte Mai 2000 eine Zusatzversorgung aus der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes in Höhe von monatlich 33 €. Der Beklagte ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses mit insgesamt drei Wohnungen. Die Erdgeschosswohnung mit einer Größe von 91 m² diente zunächst als Ehewohnung; seit der Trennung der Parteien wird sie vom Beklagten allein genutzt. Eine weitere Wohnung war bis Ende 2000 für 400 DM monatlich (293,42 DM netto + Nebenkosten) an die Tochter der Parteien vermietet und wurde - wie die dritte Wohnung - sodann fremd vermietet.
4
Während der Ehezeit hatte der Beklagte erhebliches Kapital auf Bankkonten , zunächst in Deutschland und später in Luxemburg, angesammelt, das sich im Jahre 1995 auf 1.291.818 DM belief. Die Zinseinkünfte daraus, die sich 1992 auf 99.485 DM, 1993 auf 76.449 DM, 1994 auf 91.083 DM, 1995 auf 57.551 DM, 1996 auf 27.767 DM und 1997 auf 27.386 DM beliefen, setzte der Beklagte allerdings nicht für den Familienunterhalt ein. Im Zusammenhang mit steuerstrafrechtlichen Ermittlungen hatte der Beklagte 1996 Beträge zwischen 600.000 DM und 700.000 DM von seinen Luxemburger Konten abgehoben und dieses Geld versteckt. Später transferierte er es nach Luxemburg zurück; Ende Februar 1999 verfügte er wieder über ein Anlagevermögen im Wert von mindestens 1.290.000 DM.
5
Die Klägerin lebte seit der Trennung der Parteien teilweise in den Souterrain -Räumlichkeiten des Hauses, teilweise in der Wohnung der Tochter. Anfang 2001 zog sie mit der gemeinsamen Tochter in deren inzwischen fertig gestellten Neubau. Schon während der letzten Ehejahre erzielte die Klägerin eigene Einkünfte aus Tätigkeiten in drei fremden Haushalten, die sich während der Trennungszeit auf monatlich 656 DM (268 DM + 268 DM + 120 DM) beliefen. Diese Tätigkeiten gab sie mit Rechtskraft der Scheidung auf. Nach den Feststellungen des sachverständig beratenen Berufungsgerichts ließ die körperliche Leistungsfähigkeit der Klägerin seinerzeit eine regelmäßige und vollschichtige Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu. Während der gesamten unterhaltsrelevanten Zeit unterstützte die Klägerin ihre Tochter in der Haushaltsführung, auch nach dem Umzug in deren neu errichtetes Haus. Über den Zugewinnausgleich einigten sich die Parteien abschließend mit Vergleich vom 9. April 2002. Nachdem die Klägerin um den Jahreswechsel 2000/2001 einen Betrag in Höhe von 256.000 DM und Anfang Januar 2002 weitere 150.000 DM erhalten hatte, zahlte ihr der Beklagte vereinbarungsgemäß Ende April 2002 weitere 290.000 DM.
6
Der Beklagte zahlte an die Klägerin auf den Trennungsunterhalt im Januar und Februar 1999 jeweils 1.000 DM, im März 1999 2.000 DM, im April 1999 535,72 DM und in der Zeit von Mai 1999 bis April 2000 monatlich 935 DM. Zudem lässt sich die Klägerin für die Zeit von Dezember 1998 bis April 1999 monatliche Beträge in Höhe von 400 DM auf ihren Unterhaltsanspruch anrechnen , die ihre Tochter an sie leistete, um damit die dem Beklagten in gleicher Höhe geschuldete Miete zu erfüllen. Auf den nachehelichen Unterhalt zahlte der Beklagte der Klägerin für die Zeit von Mai bis Oktober 2000 monatlich 935 DM sowie im Oktober 2000 weitere 1.126,91 DM. Weiteren Unterhalt leistete er nicht.
7
Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin Trennungsunterhalt sowie nachehelichen Unterhalt in zeitlich gestaffelter Höhe, zuletzt ab Oktober 2002 in Höhe von monatlich 83 € zu zahlen. In ihrer Berufungsbegründung vom 8. März 2004 hat die Klägerin ihren Unterhaltsanspruch hilfsweise auch auf Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt gestützt, den sie in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2005 mit monatlich 107,06 € (Kranken- und Pflegevorsorgeunterhalt) und monatlich 200 € (Altersvorsorgeunterhalt ) beziffert hat. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und den Beklagten zur Zahlung höheren Trennungs- und nachehelichen Unterhalts, zuletzt für die Zeit ab Mai 2005 in Höhe von 870 €, verurteilt. Die Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision des Beklagten und die unselbständige Anschlussrevision der Klägerin, mit denen sie ihre Berufungsanträge weiter verfolgen.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision des Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin sind begründet und führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

9
Das Berufungsgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Der Anspruch ergebe sich für die Trennungszeit der Parteien aus § 1361 Abs. 1 BGB und für die nacheheliche Zeit als Aufstockungsunterhalt aus § 1573 Abs. 2 BGB. Ein Anspruch auf Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB) stehe der 1946 geborenen Klägerin, die somit zum Zeitpunkt der Scheidung 54 Jahre alt gewesen sei, nicht zu, weil von ihr auch weiterhin eine Erwerbstätigkeit zu erwarten gewesen sei. Auch ein Unterhaltsanspruch wegen Krankheit (§ 1572 BGB) scheide aus, da die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu keinem Zeitpunkt dauerhaft außerstande gewesen sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Sachverständige, eine Fachärztin für Arbeitsmedizin, habe aufgrund der Untersuchung vom 9. Oktober 2002 als Diagnose lediglich ein leichtes Übergewicht, einen nicht ausreichend therapierten Bluthochdruck sowie eine ausreichend therapierte reaktive Depression diagnostiziert. Im Einklang mit der Einschätzung der Sachverständigen sei von einer körperlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin für vollschichtige Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen, wovon lediglich Nachtarbeit, Arbeit unter besonderem Zeitdruck , ständiger Publikumsverkehr, besondere Anforderungen an Aufmerksamkeit und Verantwortung, Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg sowie Überkopfarbeiten ausgenommen seien. Die depressive Erkrankung der Klägerin stehe einer weiteren Erwerbstätigkeit ab Mai 2000 ebenfalls nicht entgegen , nachdem die seit 1999 durchgeführte ambulante Therapie eine psychische Stabilisierung ergeben hatte.
10
Allerdings stehe der Klägerin ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zu, zumal sie nicht auf eine vollschichtige Berufstätigkeit verwiesen werden könne. Die Klägerin sei während der mehr als 30 Jahre dauernden Ehe nur in den letzten neun Jahren stundenweise tätig gewesen. Eine Verpflichtung der Klägerin zur Aufnahme einer vollschichtigen Berufstätigkeit scheide jetzt schon wegen der finanziellen Verhältnisse der Parteien aus. Im Hinblick auf den sozialen Zuschnitt der ehelichen Lebensgemeinschaft und das ihn mitbestimmende eigene Verhalten der Unterhaltsberechtigten bei bestehender Ehe sei eine Haushalts- tätigkeit im Umfang von etwa acht Zeitstunden pro Woche zumutbar. Daraus könne die Klägerin Einkünfte in Höhe von monatlich rund 520 DM brutto steuerund sozialversicherungsfrei erzielen, wovon nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus 446 DM unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen seien.
11
Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien seien zuletzt nicht mehr durch die selbständige Tätigkeit des Beklagten geprägt gewesen, zumal er diese Tätigkeit im Einvernehmen mit der Klägerin schon Ende 1996 aufgegeben habe. Anhaltspunkte für eine leichtfertige Aufgabe dieser Tätigkeit seien nicht ersichtlich. Stattdessen seien die ehelichen Lebensverhältnisse allerdings durch die Renteneinkünfte des Beklagten geprägt. Dabei handele es sich um die gesetzliche Erwerbsunfähigkeitsrente, die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung sowie die rückwirkend ab Mitte 2000 hinzugetretene Zusatzversorgung. Dem eheprägenden Einkommen des Beklagten seien nur die tatsächlich erlangten Nettomieten hinzuzurechnen, zumal es dem Beklagten nicht vorzuwerfen sei, dass die Wohnungen in nicht unerheblichen Zeiträumen leer gestanden hätten. Wegen der wechselnden Vermietung sei jeweils von einem Mehrjahresdurchschnitt auszugehen. Die Zahlungen der Tochter in Höhe von monatlich 400 DM, die diese direkt an die Klägerin geleistet habe, seien hingegen nicht als eheprägend zu berücksichtigen, sondern auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin anzurechnen. Der Wohnvorteil des Beklagten in der Erdgeschosswohnung seines Mehrfamilienhauses belaufe sich für die Trennungszeit der Parteien als ersparte Miete auf 500 DM und für die nacheheliche Zeit als objektiver Mietwert auf 865 DM.
12
Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien seien außerdem durch die Kapitaleinkünfte des Beklagten geprägt. Dabei sei für die Zeit bis einschließlich Februar 1999 von jährlichen Zinseinkünften des Beklagten auszugehen, wie sie mit 27.386 DM jährlich für das Jahr 1997 nachgewiesen seien. Für die Zeit ab März 1999 habe der Beklagte wieder über Kapital in Höhe von 1.290.000 DM verfügt, das bei einem Zinssatz von 5 % Einkünfte in Höhe von 5.375 DM monatlich habe erbringen können. Das Kapital und somit die entsprechenden Zinseinkünfte habe sich erst in der Folgezeit durch die Zahlungen auf den Zugewinnausgleich vermindert. Auch wenn die Kapitalerträge selbst nach Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit Ende 1996 nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts eingesetzt worden seien, müsse der Beklagte sich diese als eheprägend anrechnen lassen. Denn die ehelichen Lebensverhältnisse dürften sich nicht an einer übertrieben sparsamen Lebensführung orientieren. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte müsse sich deswegen eine unangemessen einschränkende Vermögensbildung nicht entgegenhalten lassen, auch wenn sie während des Zusammenlebens der Ehegatten widerspruchslos hingenommen worden sei. An einem zugunsten der Vermögensbildung gewählten Konsumverzicht müsse sich der Ehegatte nach dem Scheitern der Ehe somit nicht festhalten lassen, wobei für die Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse ein objektiver Maßstab anzulegen sei.
13
Hier sei von einer solch unangemessen sparsamen Lebensführung auszugehen. Denn die Beklagte habe während der Ehezeit lediglich ein Wirtschaftsgeld in Höhe von wöchentlich 240 DM sowie ein Taschengeld in Höhe von monatlich 200 DM erhalten. Demgegenüber habe der Beklagte in den Jahren 1990 bis 1994 überdurchschnittliche Einkünfte in Höhe von monatlich 11.000 DM und in der hier relevanten Zeit ab Dezember 1998 jedenfalls in Höhe von monatlich rund 6.000 DM verfügt. Weil davon monatlich mehr als 2.000 DM aus Zinseinkünften herrührten, seien die objektiv zu bestimmenden Lebensverhältnisse auch von diesen Einkünften entscheidend mitbestimmt. Ob die Klägerin während intakter Ehe von dem entsprechenden Kapital und den Zinseinkünften gewusst habe, sei nicht erheblich.
14
Die Zinseinkünfte des Beklagten seien aber auch deswegen eheprägend, weil sie zum Ausgleich der rentenbedingten Einkommensminderung heranzuziehen seien. Nachdem an die Stelle des höheren Erwerbseinkommens ein erheblich niedrigeres Renteneinkommen getreten sei, sei die Grundlage für eine weitere Vermögensbildung auf bisherigem Niveau nach allgemeiner Lebensanschauung ohnehin entfallen. Die Ersparnisse bzw. die daraus zu ziehenden Früchte seien vielmehr zum Ausgleich der rentenbedingten Einkommensminderung heranzuziehen und bereits aus diesem Grunde eheprägend.
15
Weiter seien die ehelichen Lebensverhältnisse durch die Einkünfte der Klägerin aus ihrer Erwerbstätigkeit geprägt worden. Dadurch habe sie zwar nicht die vom Beklagten behaupteten Einkünfte von 1.200 DM monatlich erzielt, wohl aber monatlich 656 DM. Die Klägerin habe solche Haushaltstätigkeit auch in der Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung weiter ausüben und dadurch - nach Abzug des Erwerbstätigenbonus - monatlich rund 446 DM erzielen können. Die zunächst nur sporadische Haushaltstätigkeit für ihre Tochter sei mit eheprägenden Einkünften von monatlich 100 DM und - seit dem gemeinsamen Umzug in das neue Haus der Tochter - mit monatlich 200 DM zu bemessen. Der Wohnvorteil der Klägerin von der Zeit der Trennung der Parteien bis Ende 2000 im Souterrain des Mehrfamilienhauses sei lediglich mit 100 DM monatlich zu bewerten, zumal die Wohnung nur über eine Toilette mit Waschbecken verfüge und eine Kochgelegenheit nicht vorhanden sei. Das gelegentliche Aufsuchen der Ehewohnung könne den Wohnwert nicht erhöhen. Soweit die Klägerin sich in der Wohnung der Tochter aufgehalten habe, habe diese ihr das nicht gestattet, um den unterhaltspflichtigen Beklagten zu entlasten. Die von der Tochter in der Zeit von Dezember 1998 bis April 1999 geleisteten Zahlungen in Höhe der dem Beklagten geschuldeten Miete (monatlich 400 DM) seien auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin anzurechnen, ohne dass dadurch ihr Unterhaltsbedarf geprägt werde.
16
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die Klägerin schon im Zeitpunkt der Trennung über ein eigenes Vermögen in Höhe von 84.342,05 DM verfügt habe, aus dem sie Kapitalerträge habe erzielen können. Die Klägerin sei dem substantiierten Vortrag des Beklagten, wonach sie eigenes Guthaben in dieser Höhe u.a. bei der C.-Bank und der P.-Bank unter dem Namen der Tochter angelegt habe, nicht in gleicher Weise substantiiert entgegen getreten. Die Einlassung der Klägerin, sie wisse nicht mehr, ob sie noch im Jahre 1995 bei der C.-Bank eigene Mittel angelegt habe und könne auch nicht sagen, wohin diese Gelder transferiert worden seien, überzeuge nicht. Die Aussage der Tochter, wonach nie Geld der Mutter auf ihren Namen angelegt worden sei, sei schon dadurch widerlegt, dass nach Auskunft der C.Bank im Jahre 1995 Gelder der Klägerin als Sparbriefanlage auf ein Konto der Tochter geflossen seien. Durch Anlage des vorhandenen Kapitals von 84.342,05 DM habe die Klägerin bei einem Zinssatz von jährlich 4 % monatlich 281 DM bzw. 144 € erzielen können. Hinzuzurechnen seien Kapitaleinkünfte aus den später erhaltenen Abschlagsbeträgen auf den Zugewinnausgleich. Auch diese seien in der Folgezeit mit 4,5 % bzw. 4 % anzulegen gewesen.
17
Der von der Klägerin hilfsweise begehrte Kranken- und Altersvorsorgeunterhalt stehe ihr erst für die Zeit ab dem 14. April 2005 zu, nachdem sie diese Ansprüche konkret beziffert habe.
18
Weder der Anspruch der Klägerin auf Trennungsunterhalt noch ihr Anspruch auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt sei verwirkt. Allerdings habe die Klägerin zunächst unzutreffend behauptet, sie habe monatlich nicht mehr als 200 DM aus ihrer Putz- und Haushaltstätigkeit erzielt. Dass diese Angaben unzutreffend gewesen seien, habe die Klägerin im Senatstermin vom 14. April 2005 selbst eingeräumt. Der ursprünglich bewusst falsche Vortrag erfülle die Voraussetzungen eines versuchten Prozessbetruges, der geeignet sei, sich auf Bestand und Höhe des Unterhaltsanspruchs auszuwirken. Zudem habe die Klägerin den Beklagten unzutreffend einer Urkundenfälschung bezichtigt, indem sie in der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2000 geäußert habe, der Beklagte habe die Unterschrift unter einer Glückwunschkarte der Familie S. gefälscht , um so den Erhalt einer besonderen Zuwendung zu belegen. Weil die Klägerin diese Behauptung nicht belegen könne, sei von einer Straftat gegen den Beklagten auszugehen. Ein versuchter Prozessbetrug der Klägerin liege auch darin, dass sie in erster Instanz abgestritten habe, ihrer Tochter Haushaltsleistungen in nennenswertem Umfang zu erbringen. Die Relevanz dieses Verhaltens sei allerdings "nicht sehr hoch" einzuschätzen, zumal ihr letztlich nur eine eingeschränkte Mitarbeit im Haushalt der Tochter nachweisbar sei. Auch der weitere Vortrag der Klägerin, wonach sie wegen ihrer gesundheitlichen Situation ab Mai 2000 keine Einkünfte mehr erzielt habe, sei wahrheitswidrig erfolgt. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe sie noch bis Ende 2000 Reinigungsarbeiten erledigt. Im Haushalt S. habe sie die Arbeiten Ende Mai/Anfang Juni 2000 zudem mit der Bemerkung eingestellt, ihr Mann spioniere ihr hinterher. Ein betrügerisches Verhalten sei in der Erklärung zur Arbeitsaufgabe allerdings nicht zu sehen, weil sie sich im Frühjahr 2000 einer Operation unterzogen und unter psychischen Problemen gelitten habe. Auch sei nicht ersichtlich , dass das Verschweigen der noch fortdauernden Erwerbstätigkeit Auswirkungen auf das Ergebnis der Begutachtung der Klägerin gehabt habe. Trotz des versuchten Prozessbetrugs und der weiteren Straftat gegen den Beklagten sei der Unterhaltsanspruch der Klägerin allerdings nach einer umfassenden Würdigung des beiderseitigen Verhaltens der Parteien nicht verwirkt. Dem vorsätzlichen schädigenden Verhalten der Klägerin stehen die Dauer der Ehe und das seinerseits verschleiernde Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Zugewinnausgleichs- und Unterhaltsansprüchen entgegen.
19
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision und der Anschlussrevision in mehreren Punkten nicht stand.

II.

20
Im Ansatz zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass sich sowohl die Höhe des Anspruchs auf Trennungsunterhalt nach § 1361 Abs. 1 BGB als auch der Anspruch auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt nach §§ 1573 Abs. 2, 1578 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmt. Die Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse widerspricht allerdings in mehreren Punkten der Rechtsprechung des Senats.
21
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen, dass die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien nicht mehr von dem früheren Arbeitseinkommen des Beklagten, sondern von den an dessen Stelle getretenen Renten geprägt sind. Dabei kommt es nicht auf die neuere Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen an, wonach grundsätzlich auch eine nachehelich eingetretene Einkommensminderung bei der Bedarfsbemessung zu berücksichtigen ist (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 795 m.w.N.). Denn der Beklagte hatte seine Erwerbstätigkeit bereits im Jahre 1996 und somit zwei Jahre vor der Trennung der Parteien im Einvernehmen mit der Klägerin aufgegeben. Damit sind die Renten des Beklagten als Surrogat an die Stelle des früheren Erwerbseinkommens des rentenberechtigten Ehegatten getreten (Senatsurteil vom 8. Juni 2005 - XII ZR 294/02 - FamRZ 2005, 1479, 1480). Zwar war der im Jahre 1943 geborene Beklagte bei Aufgabe seiner Erwerbstätigkeit im Jahre 1996 erst 53 Jahre alt und hatte somit noch keinen Anspruch auf Vollrente wegen Alters. Gleichwohl beruht der Wegfall seiner Erwerbseinkünfte nicht auf einer Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit. Denn der Beklagte hatte seine Erwerbstätigkeit schon während der intakten Ehe im Einvernehmen mit der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben. Entsprechend erhält er ab der hier relevanten Zeit seit Dezember 1998 Erwerbsunfähigkeitsrente der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Außerdem wurde ihm später Rente aus der Zusatzversorgung des Baugewerbes bewilligt. Damit sind die Renten schon für den Anspruch auf Trennungsunterhalt als eheprägend an die Stelle des früher erzielten Erwerbseinkommens getreten. Ob und in welchem Umfang der Beklagte den dadurch bedingten Rückgang seines Einkommens durch zumutbaren Einsatz seiner Vermögenserträge auffangen kann, wird unabhängig davon zu prüfen sein.
22
2. Weil das Dreifamilienhaus des Beklagten bereits im Jahre 1990 fertig gestellt war und seither als weitere Einkommensquelle diente, hat das Berufungsgericht zu Recht auch die daraus erzielten Mieten abzüglich der Kosten als eheprägend berücksichtigt. Zutreffend und von der Anschlussrevision der Klägerin auch nicht weiter angegriffen geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Beklagte sich insoweit nur die tatsächlich erzielten Einkünfte zurechnen lassen muss, weil es ihm nicht vorwerfbar ist, dass die Wohnungen zeitweilig leer standen.
23
Soweit das Berufungsgericht die Höhe der in den einzelnen Unterhaltsabschnitten erzielten Mieten allerdings nicht konkret, sondern nach einem Mehrjahresdurchschnitt ermittelt hat, widerspricht dies der Rechtsprechung des Senats. Während die Bemessung eines Unterhaltsanspruchs für die Zukunft stets auf einer Einkommensprognose beruht (Senatsurteil vom 3. November 2004 - XII ZR 120/02 - FamRZ 2005, 101, 102 f.), ist für die in der Vergangen- heit liegenden Unterhaltszeiträume stets von den in dieser Zeit tatsächlich erzielten Einkünften auszugehen, wobei zur Vereinfachung der Berechnung von einem Jahresdurchschnitt ausgegangen werden kann. Von durchschnittlichen Einkünften aus mehreren Jahren darf das Gericht hingegen nur dann ausgehen , wenn es den rückständigen Unterhalt für diese Gesamtzeit ermittelt oder der laufende Unterhaltsanspruch auf der Grundlage einer Einkommensprognose ermittelt werden muss.
24
3. Den eheprägenden Wohnvorteil des Beklagten durch mietfreie Nutzung der Erdgeschosswohnung in seinem Dreifamilienhaus hat das Berufungsgericht zutreffend für die Trennungszeit der Parteien mit einer ersparten Miete (Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879, 881) und für die nacheheliche Zeit mit dem objektiven Mietwert der Wohnung (Senatsurteil vom 5. April 2000 - XII ZR 96/98 - FamRZ 2000, 950, 951) bemessen. Soweit das Berufungsgericht im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens die ersparte angemessene Miete mit monatlich 500 DM und den objektiven Mietwert der 91 m² großen Wohnung mit monatlich 865 DM ermittelt hat, bestehen dagegen keine rechtlichen Bedenken. Auch die Revision wendet sich dagegen nicht.
25
4. Soweit das Berufungsgericht für die gesamte unterhaltsrelevante Zeit Zinseinkünfte aus dem Vermögen des Beklagten als eheprägend berücksichtigt hat, hält auch dies den Angriffen der Revision nicht stand.
26
a) Die ehelichen Lebensverhältnisse, die sowohl für die Bemessung des Trennungsunterhalts (§ 1361 Abs. 1 BGB) als auch für die Bemessung des nachehelichen Unterhalts (§ 1578 Abs. 1 BGB) relevant sind, richten sich nach den für die allgemeine Lebensführung verfügbaren Einkünften der Ehegatten. Allerdings wird das verfügbare Einkommen - gerade bei gehobenen Einkünf- ten - häufig nicht in vollem Umfang für den allgemeinen Lebensbedarf verbraucht , sondern teilweise auch der Vermögensbildung zugeführt. Solche der Vermögensbildung vorbehaltene Einkommensteile dienen dann nicht mehr der Befriedigung laufender Lebensbedürfnisse und sind damit grundsätzlich der Unterhaltsbemessung entzogen (Senatsurteile vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 68/85 - FamRZ 1987, 36, 39 und vom 23. November 1983 - IVb ZR 21/82 - FamRZ 1984, 149, 151).
27
Allerdings ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowohl bei der Bemessung des Trennungsunterhalts als auch bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist derjenige Lebensstandard, der nach dem vorhandenen Einkommen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus als angemessen erscheint. Dabei hat, gemessen am verfügbaren Einkommen, sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch ein übermäßiger Aufwand außer Betracht zu bleiben. Nur in diesem Rahmen kann das tatsächliche Konsumverhalten der Ehegatten während des Zusammenlebens berücksichtigt werden (Senatsurteile vom 20. November 1996 - XII ZR 70/95 - FamRZ 1997, 281, 284, vom 12. Juli 1989 - IVb ZR 66/88 - FamRZ 1989, 1160, 1161 und vom 24. Juni 1987 - IVb ZR 73/86 - FamRZ 1989, 838, 839).
28
Soweit das Berufungsgericht die Lebensführung der Parteien als unangemessen sparsam beurteilt hat, weil die Klägerin lediglich ein Wirtschaftsgeld in Höhe von wöchentlich 240 DM sowie ein Taschengeld in Höhe von monatlich 200 DM erhielt, während der Beklagte ursprünglich 11.000 DM monatlich erzielt hatte und über Vermögen in Höhe von rund 1,3 Mio. DM verfügte, ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
29
b) Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Beklagten steht der eheprägenden Berücksichtigung von Zinseinkünften auch nicht entgegen, dass er sein Vermögen in thesaurierenden Fonds angelegt hat, die keine laufenden Erträge abwerfen. Diese Anlageform steht der Berücksichtigung von Zinseinkünften schon deswegen nicht entgegen, weil der Beklagte mit Blick auf die objektiv geprägten ehelichen Lebensverhältnisse aus unterhaltsrechtlicher Sicht gehalten war, laufende Vermögenseinkünfte für die allgemeine Lebensführung vorzuhalten. Wenn er nach der Trennung gleichwohl im Februar 1999 erhebliche Teile seines Vermögens in thesaurierenden Fonds angelegt hat, ist er nicht anders zu behandeln, als wenn die Erträge laufend ausgeschüttet und von ihm selbst wieder angelegt worden wären. Er ist deswegen fiktiv so zu behandeln, als wären seine Vermögenserträge laufend verfügbar gewesen (Senatsurteil vom 4. November 1987 - IVb ZR 81/86 - FamRZ 1988, 145, 149; vgl. auch Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 425, 428 ff.). Allein durch die Anlageform kann der Beklagte also nicht bestimmen, ob Gewinne eines erheblichen Vermögens den unterhaltsrelevanten Einkünften zuzuordnen sind oder ob sie einer Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten vorbehalten bleiben.
30
c) Mit der Feststellung einer unangemessen sparsamen Lebensführung steht allerdings noch nicht abschließend fest, in welchem Umfang Vermögenseinkünfte des Beklagten, die er in der Vergangenheit gerade nicht für den allgemeinen Lebensbedarf eingesetzt hatte, gleichwohl eheprägend sind. Denn auch unter Berücksichtigung des gebotenen objektiven Maßstabs ist ein Unterhaltsschuldner - insbesondere bei erheblichen Vermögensbeträgen - nicht gehalten, sämtliche Vermögenseinkünfte dem Verbrauch zuzuführen. Der für eine Korrektur der unangemessenen Vermögensbildung heranzuziehende Maßstab darf nämlich nicht dazu führen, dass der Boden der ehelichen Lebensverhältnisse verlassen und Einkünfte des Unterhaltspflichtigen als prägend zugrunde gelegt werden, die auch nach einem objektiven Maßstab nicht für die Kosten der allgemeinen Lebensführung verwendet werden (vgl. Senatsurteil vom 20. November 1996 - XII ZR 70/95 - FamRZ 1997, 281, 284). In welchem Umfang solches hier der Fall ist, hängt von den gesamten Umständen des Einzelfalles ab. Das Berufungsgericht hat eine solche Gesamtwürdigung bisher nicht vorgenommen, sondern hat pauschal alle erzielbaren Zinseinkünfte zugrunde gelegt.
31
d) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist bei der Berücksichtigung der Kapitaleinkünfte des Beklagten schließlich zwischen dem Trennungsunterhalt und dem nachehelichen Unterhalt zu unterscheiden:
32
aa) Nachehelichen Unterhalt schuldet der Beklagte lediglich unter Berücksichtigung der nach Durchführung des Zugewinnausgleichs noch vorhandenen Vermögenseinkünfte. Umgekehrt muss sich die Klägerin für diesen Unterhaltsanspruch das im Wege des Zugewinnausgleichs erhaltene Vermögen und somit die daraus erzielbaren Einkünfte entgegenhalten lassen. Weil der unterhaltspflichtige Beklagte nach § 1581 Satz 2 BGB grundsätzlich nur die Vermögenseinkünfte und nicht den Vermögensstamm einsetzen muss, führt dies nicht zu einer Doppelberücksichtigung ein und desselben Vermögensbetrages im Zugewinnausgleich und im Unterhaltsrecht.
33
bb) Insoweit unterscheidet sich die Situation allerdings von derjenigen beim Trennungsunterhalt, was das Berufungsgericht verkannt hat. Die Klägerin konnte ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich nur deswegen in der vereinbarten Höhe durchsetzen, weil der Beklagte die Vermögensgewinne während der Ehezeit und auch später nicht für die eheliche Lebensführung verwendet, sondern damit sein Vermögen gemehrt hatte. Auch während der hier relevanten Trennungszeit sind die Vermögenseinkünfte also dem Vermögen zugeflossen, das für die Zeit bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags bereits über den Zugewinn ausgeglichen worden ist. Ist ein und dieselbe Vermögensmasse allerdings bereits durch den Zugewinn ausgeglichen, steht das Verbot der Doppelberücksichtigung einem erneuten Ausgleich dieses Betrages im Wege des Unterhalts entgegen (vgl. zur arbeitsrechtlichen Abfindung Senatsurteil vom 21. April 2004 - XII ZR 185/01 - FamRZ 2004, 1352, 1353). Jedenfalls für die Zeit bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags durfte das Berufungsgericht deswegen nur von dem sonstigen Einkommen des Beklagten abzüglich der Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung ausgehen. Kapitaleinkünfte konnten die ehelichen Lebensverhältnisse für diese Zeit hingegen nicht rückwirkend prägen (zur Unterscheidung zwischen dem Trennungsunterhalt und dem nachehelichen Unterhalt beim Wohnvorteil vgl. Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879, 881 f.)
34
5. Zu Recht hat das Berufungsgericht bei der Unterhaltsberechnung allerdings ein (fiktives) Erwerbseinkommen der Klägerin berücksichtigt. Nach seinen Feststellungen hat die Klägerin während der Trennungszeit Haushaltstätigkeiten in drei verschiedenen Haushalten verrichtet und daraus monatlich insgesamt 656 DM erzielt. Gegen die Angemessenheit dieses Einkommens bestehen aus revisionsrechtlicher Sicht keine Bedenken, zumal die Klägerin schon während der letzten Jahre des ehelichen Zusammenlebens gleiche Arbeiten verrichtet hatte (§ 1361 Abs. 2 BGB). Nichts anderes gilt im Grundsatz auch für den nachehelichen Aufstockungsunterhalt.
35
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die insoweit von der Anschlussrevision auch nicht angegriffen werden, war die Klägerin auch in der Folgezeit körperlich in der Lage, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die festgestellten Einschränkungen hinsichtlich der Art der Tätigkeit (keine Nachtarbeit, kein zusätzlicher Zeitdruck, kein ständiger Publikumsver- kehr, keine besonderen Anforderungen an Aufmerksamkeit und Verantwortung, kein Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg ohne Hilfsmittel und keine Überkopfarbeit) standen der Fortsetzung der zuvor ausgeübten Haushaltstätigkeit jedenfalls nicht entgegen. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der schon zuvor während der Ehe und der Trennungszeit ausgeübten Haushaltstätigkeit, war diese Tätigkeit auch für die nacheheliche Zeit angemessen im Sinne des § 1574 Abs. 1 und 2 BGB (Senatsurteil vom 26. September 1990 - XII ZR 84/89 - FamRZ 1991, 170, 171). Weil das Berufungsgericht keine hinreichenden Bemühungen der Klägerin um (Wieder-)Aufnahme einer entsprechenden Erwerbstätigkeit feststellen konnte, hat es ihr zu Recht im Rahmen des nachehelichen Aufstockungsunterhalts ein fiktives Einkommen als eheprägend zugerechnet (vgl. insoweit Senatsurteil vom 7. September 2005 - XII ZR 311/02 - FamRZ 2005, 1979, 1981).
36
b) Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision entfällt die Anrechnung eines fiktiven Erwerbseinkommens der Klägerin auch nicht wegen einer fehlenden Beschäftigungschance. Zwar setzt die Hinzurechnung fiktiver Erwerbseinkünfte grundsätzlich neben nicht ausreichenden Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit auch eine reale Beschäftigungschance auf dem Arbeitsmarkt voraus (Senatsurteil vom 8. April 1987 - IVb ZR 39/86 - FamRZ 1987, 912, 913). Insoweit obliegt dem Unterhaltsberechtigten, der trotz seiner Erwerbslosigkeit Unterhalt beansprucht, allerdings die Darlegungs- und Beweislast für seine Bedürftigkeit (Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 531). Dieser Darlegungslast ist die Klägerin insbesondere unter Berücksichtigung der vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen zu ihrem Gesundheitszustand nicht hinreichend nachgekommen. Die bloß pauschale Behauptung einer alters- und gesundheitsbedingten Unvermittelbarkeit liefe deswegen - worauf der Beklagte zu Recht hinweist - auf einen reinen Ausforschungsbeweis hinaus. Das Berufungsgericht hat es deswegen zu Recht abgelehnt, ein weiteres Gutachten zur realen Beschäftigungschance der Klägerin einzuholen.
37
c) Unabhängig davon kann die Erwerbslosigkeit der Klägerin die Höhe ihres Unterhaltsanspruchs auch aus einem weiteren Grund nicht zu ihren Gunsten beeinflussen. Denn nach § 1579 Nr. 3 BGB ist ein Unterhaltsanspruch zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit der Unterhaltsberechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat. Dabei muss es sich zwar nicht um ein vorsätzliches oder gar absichtliches Verhalten handeln, sondern es genügt auch eine leichtfertige Handlungsweise. Denn der Bereich der ehelichen Solidarität, die § 1579 BGB gegen grob unbillige Unterhaltsforderungen abgrenzt, würde auch verlassen, wenn der Unterhaltspflichtige die Folgen einer leichtfertigen Herbeiführung der Bedürftigkeit durch den anderen Ehegatten unterhaltsrechtlich mittragen müsste. Das Verhalten muss aber zu der Unterhaltsbedürftigkeit in einer Beziehung stehen, die sich nicht in bloßer Ursächlichkeit erschöpft; erforderlich ist vielmehr eine unterhaltsbezogene Leichtfertigkeit (Senatsurteil vom 14. Dezember 1983 - IVb ZR 38/82 - FamRZ 1984, 364, 367 f.). Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ebenfalls erfüllt. Denn die Klägerin, die während der letzten Ehejahre und auch während der Trennungszeit einer Erwerbstätigkeit nachgegangen war, hat diese Tätigkeit trotz fortbestehender Erwerbsfähigkeit aufgegeben. Auch der Unterhaltsbezug dieser leichtfertigen Aufgabe des Arbeitsplatzes steht außer Zweifel. Wenn das Berufungsgericht gleichwohl für den Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt lediglich ein fiktives Erwerbseinkommen der Klägerin in Höhe von 446 DM (6/7 von 520 DM) und nicht das zuvor erzielte Einkommen von 562 DM (6/7 von 656 DM) berücksichtigt hat, belastet dies - entgegen der Anschlussrevision - die Klägerin jedenfalls nicht.
38
6. Soweit das Berufungsgericht weitere Einkünfte der Klägerin für Leistungen im Haushalt der Tochter berücksichtigt hat, bestehen auch dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht keine Bedenken (vgl. Senatsurteil vom 5. Mai 2004 - XII ZR 132/02 - FamRZ 2004, 1173, 1174 f. zu Versorgungsleistungen in einer neuen Lebensgemeinschaft). Auch die Höhe des fiktiven monatlichen Entgelts von zunächst 100 DM und - ab dem gemeinsamen Umzug in das Haus der Tochter - später 200 DM wird von der Anschlussrevision der Klägerin nicht angegriffen.
39
7. Rechtliche Bedenken bestehen allerdings, soweit das Berufungsgericht - abweichend von der amtsgerichtlichen Entscheidung - die monatlichen Zahlungen der gemeinsamen Tochter an die Klägerin in Höhe von 400 DM während der Zeit von Dezember 1998 bis April 1999 nicht als eheprägend berücksichtigt hat. Zu Recht und im Einvernehmen mit der Klägerin hat das Berufungsgericht ihr diese Zahlungen zwar als Einkommen angerechnet, weil sie als Mietzahlungen an den Beklagten geschuldet waren und mit dieser einvernehmlichen Regelung der Anspruch des Beklagten erfüllt sein soll. Dann haben die Zahlungen, die ihren Rechtsgrund in der geschuldeten Miete finden, aber auch die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt und sind deswegen auch bei der Bedarfsermittlung der Klägerin zu berücksichtigen.
40
8. Wiederum zu Recht hat das Berufungsgericht der Klägerin für die Trennungs- und nacheheliche Zeit bis Ende 2000 wegen ersparter Mietkosten den Wohnwert der von ihr genutzten Souterrainwohnung zugerechnet.
41
Zur Höhe ist die tatrichterliche Ermittlung der ersparten Wohnkosten vom Revisionsgericht zwar nur auf Rechtsfehler zu überprüfen. Die Begründung des Berufungsgerichts trägt die Bemessung der ersparten Wohnkosten auf lediglich 100 DM monatlich allerdings nicht. Selbst wenn die Souterrainwohnung nur über eine Toilette mit Waschbecken und nicht über eine Kochgelegenheit verfügte , hätte das Berufungsgericht berücksichtigen müssen, dass die Klägerin zum Ausgleich gelegentlich auch die Ehewohnung aufsuchte und damit in der Trennungszeit jedenfalls höhere Mietkosten erspart hat (vgl. Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879, 880 f.). Auch ist nicht nachvollziehbar , aus welchem Grund das Berufungsgericht den Wohnwert hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts für die Zeit von Mai bis Dezember 2000 mit dem gleichen Betrag angesetzt hat, obwohl nach der Rechtsprechung des Senats für den nachehelichen Unterhalt nicht mehr auf ersparte Wohnkosten, sondern auf den objektiven Mietwert abzustellen ist (Senatsurteil vom 5. April 2000 - XII ZR 96/98 - FamRZ 2000, 950, 951).
42
9. Keine rechtlichen Bedenken bestehen hingegen, soweit das Berufungsgericht der Klägerin Zinseinkünfte aus einem ursprünglich eigenen Vermögen in Höhe von 84.342,05 DM zugerechnet hat. Das Berufungsurteil widerspricht insoweit - entgegen der Auffassung der Anschlussrevision - auch nicht der Beweiswürdigung des Amtsgerichts, sondern stützt sich auf weitere, vom Amtsgericht nicht berücksichtigte, Umstände, insbesondere den Vortrag der Parteien und die Auskunft der C.-Bank. Danach sind im Jahre 1995 Gelder der Klägerin als Sparbriefanlage auf ein Konto der Tochter geflossen, ohne dass die Klägerin dies im Einzelnen erklären konnte oder wollte. Im Hinblick auf den substantiierten Vortrag des Beklagten, wonach es sich weiterhin um Vermögen der Klägerin in dieser Größenordnung handelte, ist das pauschale Bestreiten der Klägerin teilweise widerlegt und insgesamt unerheblich. Dass die Klägerin aus diesem - nach wie vor ihr zurechenbaren - Vermögen jedenfalls Zinsgewinne erzielen konnte und diese für ihren eigenen Unterhalt einsetzen muss, steht deswegen außer Zweifel, wobei es auf die Herkunft des ertragbringenden Vermögens nicht ankommt (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 403 ff. m.w.N.).
43
10. Schließlich hat das Berufungsgericht der Klägerin ebenfalls zu Recht Zinseinkünfte zugerechnet, die sie aus den sukzessive gezahlten Beträgen auf den Zugewinnausgleich erzielen kann.
44
a) Unstreitig hat die Klägerin auf ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich um den Jahreswechsel 2000/2001 256.000 DM, Anfang Januar 2002 weitere 150.000 DM und Ende April 2002 nochmals 290.000 DM erhalten. Aus unterhaltsrechtlicher Sicht obliegt es ihr, diese Beträge möglichst zinsträchtig anzulegen und jedenfalls die Vermögenserträge für den eigenen Unterhalt zu verwenden (§ 1577 Abs. 1, 3 BGB). Dabei ist es unerheblich, ob es sich um Vermögen handelt, dass schon zuvor im Eigentum des Unterhaltsberechtigten stand, oder ob das Vermögen im Wege des Zugewinnausgleichs erworben wurde (Senatsurteil vom 16. Januar 1985 - IVb ZR 59/83 - FamRZ 1985, 357, 359).
45
b) Auch insoweit hält die Bemessung der zu berücksichtigenden Kapitaleinkünfte der revisionsrechtlichen Prüfung allerdings nicht stand. Während das Berufungsgericht dem Beklagten durchweg Kapitaleinkünfte auf der Grundlage eines erzielbaren Zinssatzes von 5 % zurechnet, geht es bei den Kapitaleinkünften der Klägerin nur hinsichtlich eines Anfang 2001 anzulegenden Betrages in Höhe von 200.000 DM von 4,5 % und sonst durchweg lediglich von einem erzielbaren Zinssatz in Höhe von 4 % aus. Die unterschiedliche Behandlung lässt sich jedenfalls nicht durch die Höhe der anzulegenden Beträge begründen , zumal die Klägerin auf den Zugewinnausgleich insgesamt 696.000 DM erhalten hat, was auch ihr entsprechend günstige Konditionen ermöglichen müsste. Zudem weist das Berufungsgericht selbst darauf hin, dass der Beklagte ein Angebot der P.-Bank vom 12. Juni 2002 vorgelegt hat, wonach seinerzeit jedenfalls noch Zinsen in Höhe von 4,3 % jährlich erzielbar waren.
46
c) Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht den Stamm ihres Vermögens für Unterhaltszwecke einsetzen muss. Nach § 1577 Abs. 3 BGB muss der Unterhaltsberechtigte den Vermögensstamm nicht verwerten, soweit dies unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Das ist hier der Fall. Denn nach Durchführung des Zugewinnausgleichs verfügen beide Parteien über ganz erhebliche Vermögenswerte, die hinreichende Vermögenserträge abwerfen. Wegen des insoweit unsubstantiierten Vortrags des Beklagten ist das Berufungsgericht im Rahmen der Billigkeitsabwägung auch zu Recht davon ausgegangen, dass dem Beklagten nach Durchführung des Zugewinnausgleichs jedenfalls Vermögen verblieben ist, das den Vermögensstamm der Klägerin erreicht.
47
d) Soweit der Klägerin Zinseinkünfte aus ihrem ursprünglichen Vermögen und insbesondere aus dem im Zugewinnausgleich erlangten Vermögen zugerechnet wurden, sind diese Einkünfte nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch als eheprägend bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen. Das Berufungsgericht hat die Revision insbesondere wegen der Frage zugelassen, "ob angesichts des Senatsurteils vom 13. Juni 2001 (XII ZR 343/99 - FamRZ 2001, 986) die infolge eines vollzogenen Zugewinnausgleichs auf Seiten des Unterhaltsgläubigers erzielten oder erzielbaren Erträge im Rahmen der Unterhaltsberechnung als eheprägend anzusehen und mithin in die Differenzberechnung einzustellen" seien. Wenn das entsprechende Vermögen allerdings - wie hier - auch schon vor der Durchführung des Zugewinnausgleichs vorhanden war und die Vermögenserträge (§ 100 BGB) schon seinerzeit die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hatten, macht es keinen Unterschied, ob sie nach wie vor von einem Ehegatten gezogen werden oder ob sie jetzt - nach Durchführung des Zugewinnausgleichs - auf beide Ehegatten verteilt sind. In beiden Fällen prägen die dann zu berücksichtigenden Vermögenseinkünfte auch die ehe- lichen Lebensverhältnisse und sind deswegen im Wege der Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen (zum Wohnvorteil vgl. Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159, 1161).
48
11. Soweit das Berufungsgericht der Klägerin den hilfsweise geltend gemachten Vorsorgeunterhalt für die Zeit von März 2004 bis zum 13. April 2005 mit der Begründung versagt, diese Unterhaltsansprüche seien erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2005 beziffert worden, hält auch dies den Angriffen der Anschlussrevision nicht stand.
49
a) Nach § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB, der gemäß § 1360 a Abs. 3 BGB auch für den Trennungsunterhalt gilt, sowie nach § 1585 b Abs. 2 BGB kann Unterhalt für die Vergangenheit u.a. von dem Zeitpunkt an gefordert werden, in dem der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Jedenfalls von diesem Zeitpunkt an wird der Unterhaltspflichtige vom Gesetzgeber nicht mehr als schutzwürdig angesehen, weil er das Unterhaltsbegehren kennt und ggf. Rücklagen bilden muss (zur Verzugswirkung durch ein bloßes Auskunftsverlangen beim Trennungsunterhalt, dessen Regelung der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts in § 1585 b Abs. 2 BGB-E [BT-Drucks. 16/1830 S. 21 f.] auch für den nachehelichen Unterhalt übernehmen will, vgl. Senatsurteil vom 22. November 2006 - XII ZR 24/04 - FamRZ 2007, 193, 195 f.).
50
b) Der Altersvorsorgeunterhalt gehört ab Beginn des Monats, in dem die Scheidungsklage rechtshängig wird (hier: August 1999), gemäß § 1361 Abs. 1 Satz 2 BGB zum Lebensbedarf im Rahmen des Trennungsunterhalts. Das Gesetz sorgt auf diese Weise für eine lückenlose soziale Biografie, da der Versorgungsausgleich gemäß § 1587 Abs. 2 BGB nur die Zeit bis zum Ende des Monats umfasst, der der Rechtshängigkeit der Scheidungsklage vorangeht, und § 1578 Abs. 3 BGB erst ab dem Tag der Rechtskraft der Scheidung eingreift. Dabei sind der Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt nicht Gegenstand eigenständiger Ansprüche, sondern lediglich Teile des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf umfassenden Unterhaltsanspruchs (Senatsurteil vom 22. November 2006 - XII ZR 24/04 - FamRZ 2007, 193, 196).
51
Nach § 1578 Abs. 2 BGB gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit. Zwar entstehen regelmäßig mit der Trennung der Ehegatten - solange sie noch nicht geschieden sind - noch keine zusätzlichen Krankenversicherungskosten , sofern die Krankenvorsorge durch die Mitversicherung bei dem erwerbstätigen Ehegatten sichergestellt ist. Eine solche Mitversicherung besteht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 10 SGB V, bei Ersatzkassen und Privatkassen nach Maßgabe der jeweiligen Satzung. Nur wenn der Unterhaltsberechtigte eine eigene private Krankenversicherung unterhält, umfasst sein Unterhaltsbedarf auch schon während der Trennungszeit nach § 1361 BGB die Kosten der Krankenvorsorge. Auch dieser Anspruch bildet mit dem Anspruch auf Elementarunterhalt einen einheitlichen Unterhaltsanspruch.
52
c) Mit Rücksicht auf die Einheitlichkeit des Unterhaltsanspruchs reicht es für die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen aus, wenn von ihm ein einheitlich bezifferter Unterhaltsanspruch geltend gemacht ist. Eines gesonderten Hinweises, es werde damit auch Krankenvorsorge- bzw. Altersvorsorgeunterhalt in bestimmter Höhe verlangt, bedarf es dabei nicht. Ob der Unterhaltsberechtigte letztlich auch Vorsorgeunterhalt beanspruchen kann, wird maßgeblich durch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen bestimmt, die dieser selbst beurteilen kann. Weil die Klägerin ihren bezifferten Unterhaltsanspruch später hilfsweise auch auf Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt gestützt hat, stand ihr im Rahmen dieses Antrags von Beginn an der Anspruch auf Vorsorgeunterhalt zu, was das Berufungsgericht ebenfalls verkannt hat (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2006 - XII ZR 24/04 - FamRZ 2007, 193, 196).
53
12. Soweit das Berufungsgericht schließlich eine Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt nach §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2, 4 und 7 BGB abgelehnt hat, hält seine tatrichterliche Ermessensentscheidung den Angriffen der Revision stand.
54
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht zunächst die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 2 und 4 BGB festgestellt, zumal die Klägerin ihr eigenes Einkommen aus Putz- und Haushaltstätigkeit bewusst erheblich niedriger dargestellt hat, als es den Tatsachen entsprach. Ebenso hat die Klägerin den Beklagten ohne haltbare Begründung einer Urkundenfälschung bezichtigt. Auch den Umfang ihrer Haushaltstätigkeit zugunsten der Tochter hatte die Klägerin falsch dargestellt, um dadurch - wenn auch geringe - unterhaltsrechtliche Vorteile zu gewinnen.
55
Wenn das Berufungsgericht trotz der erfüllten Tatbestandsvoraussetzungen im Rahmen der umfassenden Gesamtwürdigung zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Trennungsunterhalt weder zu versagen, noch herabzusetzen, noch zeitlich zu begrenzen sind, ist dagegen revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Insbesondere hat das Berufungsgericht zu Recht berücksichtigt, dass die Ehe bis zur Trennung der Parteien 32 Jahre und bis zur Scheidung 34 Jahre gedauert hat und dass auch der Beklagte durch unrichtigen Sachvortrag versucht hat, sich der Unterhaltsforderung der Klägerin zu entziehen. Insoweit stellt die Revision des Beklagten lediglich ihr eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens des Berufungsgerichts, was ihr versagt ist.
56
b) Soweit das Berufungsgericht mit der gleichen Begründung auch eine Verwirkung des nachehelichen Unterhalts abgelehnt hat, wird aus der Ent- scheidung allerdings nicht hinreichend deutlich, ob es sich des Grundsatzes der nachehelichen Eigenverantwortung aus § 1569 BGB hinreichend bewusst war. Denn dadurch gewinnt auch die Bedeutung der Verwirkungsgründe für den nachehelichen Unterhalt stärkeres Gewicht, als es für den Trennungsunterhalt (§ 1361 Abs. 3 BGB) der Fall ist. Weil der Unterhalt, auch wenn die Voraussetzungen der Ziff. 1-7 des § 1579 BGB erfüllt sind, ohnehin nicht zwingend in vollem Umfang zu versagen ist, sondern auch herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden kann, hätte das Berufungsgericht auch diese Möglichkeiten in seine Billigkeitsprüfung einbeziehen müssen.

III.

57
Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann deswegen keinen Bestand haben. Weil das angefochtene Urteil Rechtsfehler teils zu Lasten des Beklagten und teils zu Lasten der Klägerin enthält, ist es auf die Revision und die Anschlussrevision insgesamt aufzuheben. Das Verfahren ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, weil ergänzende tatrichterliche Feststellungen zu den ehelichen Lebensverhältnissen erforderlich sind. Das Berufungsgericht wird darüber unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu befinden haben.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Herne-Wanne, Entscheidung vom 18.12.2003 - 3 F 129/99 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 14.07.2005 - 3 UF 10/04 -

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.

(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 143/08 Verkündet am:
26. Mai 2010
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 1573, 1578 b; ZPO § 323 a.F.; EGZPO § 36; FamFG § 239

a) Für die Abänderung eines Prozessvergleichs über nachehelichen Unterhalt wegen
Unterhaltsbefristung kommt es vorrangig darauf an, inwiefern der Vergleich
im Hinblick auf die spätere Befristung eine bindende Regelung enthält. Mangels
einer entgegenstehenden ausdrücklichen oder konkludenten vertraglichen Regelung
ist jedenfalls bei der erstmaligen Festsetzung des nachehelichen Unterhalts
im Zweifel davon auszugehen, dass die Parteien die spätere Befristung des Unterhalts
offenhalten wollen. Eine Abänderung des Vergleichs ist insoweit auch
ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse und ohne Bindung an den Vergleich
möglich.

b) § 36 EGZPO regelt lediglich die Abänderung solcher Unterhaltstitel und
-vereinbarungen, deren Grundlagen sich durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz
vom 21. Dezember 2007 geändert haben. Bei der Abänderung einer vor
dem 1. Januar 2008 geschlossenen Vereinbarung zum Aufstockungsunterhalt ist
das nicht der Fall (im Anschluss an Senatsurteil vom 18. November 2009 - XII ZR
65/09 - FamRZ 2010, 111).

c) Zur Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB.
BGH, Urteil vom 26. Mai 2010 - XII ZR 143/08 - OLG München
AG München
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Mai 2010 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin
Weber-Monecke und die Richter Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Klinkhammer und
Schilling

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 31. Juli 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten über die Befristung des nachehelichen Unterhalts.
2
Die Parteien heirateten im September 1988. Sie waren seinerzeit beide 38 Jahre alt. Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen. Die Ehe wurde auf den im Juni 1999 zugestellten Scheidungsantrag am 15. Juni 2004 geschieden. Der Kläger ist Leitender Oberarzt an einem Universitätsklinikum. Die Beklagte hat nach einem abgebrochenen Studium keine abgeschlossene Berufsausbildung und arbeitet nach einer Weiterbildung zur Kulturmanagerin - wie schon zum Zeitpunkt der Scheidung - bei einem Goethe-Institut.
3
Im Zuge des Scheidungsverfahrens schlossen die Parteien am 15. Juni 2004 einen Prozessvergleich über den nachehelichen Unterhalt, in dem sich der Kläger zu einem monatlichen Unterhalt von 1.500 € verpflichtete. Als Grundlagen des Vergleichs waren die beiderseitigen Nettoeinkommen (4.900 € und 1.400 €) niedergelegt. Außerdem vereinbarten die Parteien eine Abänderungsmöglichkeit für den Fall, dass ihre Einkommen sich um mehr als 10 % veränderten.
4
Der Kläger begehrt die Abänderung des Unterhalts und hat sich neben einer Verringerung seiner Einkünfte wegen nicht mehr anfallender Sonderdienste auf eine Befristung des Unterhalts berufen. Die Beklagte macht geltend, der Kläger sei mit dem Befristungseinwand ausgeschlossen.
5
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Klage abgewiesen, weil sich die Verhältnisse seit dem Vergleichsabschluss insbesondere hinsichtlich der Befristung nicht geändert hätten. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht den Unterhalt bis einschließlich Dezember 2012 befristet. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte den Wegfall der Befristung.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Unterhalt sei nach § 1578 b Abs. 2 BGB grundsätzlich zu befristen, es sei denn, es lägen besondere Umstände vor, die dies unbillig erscheinen ließen, wie die Dauer der Ehe, die Zeit der Kinderbetreuung und die Gestaltung der Haushaltsführung. Die Ehe habe bis zur Zustellung des Scheidungsantrags mehr als zehn Jahre gedauert und sei daher nicht als kurz anzusehen. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass die Parteien bereits vorher längere Zeit zusammengelebt hätten. Eine Befristung sei dagegen nicht unbillig, weil ehebedingte Nachteile nicht zu erkennen seien. Die Beklagte habe keine abgeschlossene Ausbildung. Angesichts ihres Alters von damals bereits 38 Jahren sei mit einem Abschluss auch nicht mehr zu rechnen gewesen, zumal die Beklagte - da aus der Ehe keine Kinder hervorgegangen seien - jederzeit die Möglichkeit gehabt hätte, ihre Abschlussprüfung zu machen. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beklagte auch ohne die Ehe keine besser bezahlte Erwerbstätigkeit gefunden hätte, als sie sie jetzt beim Goethe-Institut ausübe. Die Gestaltung einer Ehe als Haushaltsführungsehe stehe einer Beschränkung nur entgegen, soweit der Bedürftige im beiderseitigen Einvernehmen eine eigene Erwerbstätigkeit zurückstelle, um dem anderen Ehegatten die volle berufliche Entfaltung zu ermöglichen, und dadurch selbst berufliche Nachteile erlitten habe. Das sei hier nicht der Fall. Der schon abgelaufene Zeitraum von vier Jahren seit der Scheidung würde ausreichend berücksichtigen, dass sie sich auf die neue Situation einstellen müsse.
8
§ 1578 b BGB sei aber nur nach Maßgabe des § 36 EGZPO auf vor dem 1. Januar 2008 getroffene Unterhaltsvereinbarungen anzuwenden. Die Parteien hätten eine unbefristete Unterhaltsvereinbarung getroffen, nachdem sie sich zunächst intensiv wegen einer Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. auseinandergesetzt hätten. Dadurch habe die Beklagte in besonderem Maße davon ausgehen können, dass sie den Unterhaltsanspruch so lange behalte, wie auf Seiten des Klägers Leistungsfähigkeit und auf ihrer Seite Bedürftigkeit vorliege. Unter Berücksichtigung dieses Umstands und der Tatsache, dass aufgrund des jetzigen Alters der Beklagten davon auszugehen sei, dass sie ihre Einkommenssituation voraussichtlich nicht mehr verbessern werde, die Parteien aber auch vor der Scheidung lange Zeit getrennt gelebt hätten, erscheine eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs bis einschließlich Dezember 2012 angemessen.

II.

9
Das hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
10
1. Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2009 - XII ZR 8/08 - FamRZ 2010, 192). Die Abänderung des Prozessvergleichs vom 15. Juni 2004 richtet sich somit nach § 323 ZPO a.F. (vgl. nunmehr §§ 238, 239 FamFG).
11
2. Die Revision rügt allerdings zu Recht, dass das Berufungsgericht sich nicht mit der Bindungswirkung des Vergleichs auseinandergesetzt hat. Denn eine Abänderung wäre von vornherein nicht zulässig, wenn und soweit ihr die Bindungswirkung des Vergleichs entgegensteht.
12
a) Die Präklusionsvorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO a.F. findet nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf Vergleiche keine Anwendung (BGHZ 85, 64, 73 = FamRZ 1983, 22, 24; Senatsurteil vom 23. November 1994 - XII ZR 168/93 - FamRZ 1995, 221, 223). Dass sich die Sachlage seit dem Vergleichsabschluss nicht wesentlich verändert hat, wovon hier aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts allerdings auszugehen sein dürfte, steht also anders als regelmäßig bei einem Urteil (dazu vgl. Senatsurteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - FamRZ 2010, 111 Tz. 17 ff.) der Abänderung eines Vergleichs nicht ohne weiteres im Wege.
13
Abgesehen davon, dass sich auch aus einem Urteil ergeben kann, dass die Frage einer künftigen Befristung vom Gericht nicht abschließend geprüft worden ist (vgl. Senatsurteil vom 17. Mai 2000 - XII ZR 88/98 - FamRZ 2000, 1499, 1501) und auch dem Urteil in diesem Fall nur eine eingeschränkte Rechtskraftwirkung zukommt, richtet sich die Abänderung eines Prozessvergleichs allein nach materiellrechtlichen Kriterien (Senatsurteil vom 25. November 2009 - XII ZR 8/08 - FamRZ 2010, 192 Tz. 13; BGHZ 85, 64, 73 = FamRZ 1983, 22, 24; Senatsurteil vom 19. März 1997 - XII ZR 277/95 - FamRZ 1997, 811, 813; klarstellend zu Senatsurteil vom 9. Juni 2004 - XII ZR 308/01 - FamRZ 2004, 1357, 1360; vgl. § 239 Abs. 2 FamFG). Dabei ist - vorrangig gegenüber einer Störung der Geschäftsgrundlage - durch Auslegung zu ermitteln, ob und mit welchem Inhalt die Parteien eine insoweit bindende Regelung getroffen haben.
14
b) Im vorliegenden Fall ist die Abänderung wegen Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB durch den Vergleich nicht gehindert. Vielmehr ergibt eine interessengerechte Auslegung des Vergleichs, dass im Hinblick auf die Unterhaltsbefristung eine spätere Abänderung vorbehalten bleiben sollte.
15
Die Ermittlung des Inhalts und der Bedeutung von Individualvereinbarungen ist Aufgabe der Tatsacheninstanzen. Deren Auslegung kann vom Revisionsgericht grundsätzlich nur darauf geprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf im Revisionsverfahren gerügten Verfahrensfehlern beruht (BGHZ 150, 32, 37 = NJW 2002, 3248, 3249 und Senatsurteil vom 28. Juli 2004 - XII ZR 292/02 - NJW-RR 2004, 1452, 1453), wobei die Auslegung auch ohne entsprechende Rüge vom Revisionsgericht zu überprüfen ist (§ 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO; Senatsurteil vom 4. März 2009 - XII ZR 18/08 - FamRZ 2009, 768 Tz. 15 m.w.N.).
16
Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht die gebotene Auslegung des Vergleichs unterlassen. Denn es hat sich in seiner Entscheidung mit dem - vom Amtsgericht für begründet erachteten - Einwand der Beklagten, die dem Vergleich zugrunde liegenden Verhältnisse hätten sich nicht geändert und eine Unterhaltsbegrenzung habe nicht dem damaligen Parteiwillen entsprochen, nicht auseinandergesetzt. Es hat ein Vertrauen der Beklagten auf den Fortbestand des Unterhaltstitels nur bei der Bemessung der Unterhaltsdauer herangezogen und damit eine mögliche Bindungswirkung des Vergleichs vernachlässigt.
17
Da aber die hier maßgeblichen Tatsachen unstreitig sind und eine weitere Aufklärung nicht geboten ist, kann der Senat die Auslegung des Vergleichs selbst vornehmen (vgl. Musielak/Ball ZPO 7. Aufl. § 546 Rdn. 5 m.w.N.). Diese führt zu dem Ergebnis, dass der Kläger den Befristungseinwand auch noch nachträglich erheben kann, ohne dass es auf eine Änderung der Tatsachenlage ankommt.
18
aa) Dass die Parteien den Befristungseinwand für die Zukunft ausschließen wollten, lässt sich dem Wortlaut des Vergleichs nicht entnehmen. Auch daraus, dass die Parteien im Hinblick auf die Einkommensentwicklung eine spätere Abänderung des Vergleichs bedachten und insoweit zur Abänderbarkeit des Vergleichs eine nähere Regelung trafen, folgt noch nicht, dass sie andere, Abänderungsgründe ausschließen wollten. Bei der gebotenen interessengerechten Auslegung ist vielmehr zu berücksichtigen, dass neben den Einkommensverhältnissen etliche andere Gesichtspunkte für eine Abänderung in Betracht kommen (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2009 - XII ZR 8/08 - FamRZ 2010, 192: verfestigte Lebensgemeinschaft), die einen generellen Ausschluss der Abänderung aus weiteren Gründen als fernliegend erscheinen lassen. Schon aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Abänderungsbestimmung in dem Vergleich im Zweifel nicht als eine abschließende Regelung gewollt war.
19
bb) Wohl kann die Befristung oder ihr Ausschluss im Einzelfall Verhandlungsgegenstand und Bestandteil der Äquivalenzvorstellungen der Parteien geworden sein, indem sie etwa die Höhe des Unterhalts und die Befristung gegeneinander abgewogen haben. Dies hätte zur Folge, dass die Befristung in die Unterhaltsbemessung eingeflossen wäre und eine spätere Abänderung an der Bindungswirkung des Vergleichs scheitern würde. Davon kann im vorliegenden Fall aber nicht ausgegangen werden.
20
Die zeitliche Begrenzung des Unterhalts war allerdings zwischen den Parteien vor Abschluss des Vergleichs umstritten. Ferner hat die Beklagte vorgetragen , dass sie dem Kläger zur streitigen Höhe des von ihm erzielten Einkommens teilweise nachgegeben habe, indem der Unterhalt gegenüber dem Trennungsunterhalt niedriger festgelegt worden sei. Daraus folgt indessen noch nicht, dass die Parteien von einer Unabänderbarkeit des Vergleichs ausgingen.
21
Ein etwaiges Nachgeben der Beklagten zur Unterhaltshöhe hat im Wortlaut der Vereinbarung keinen Niederschlag gefunden. Selbst ein gegenüber dem seinerzeit vom Oberlandesgericht Köln festgesetzten Trennungsunterhalt teilweise geübter Verzicht der Beklagten in dem von ihr - allerdings ohne nachvollziehbare Begründung - dargelegten Umfang von monatlich 300 € stünde nach seiner wirtschaftlichen Bedeutung offensichtlich außer Verhältnis zu einem endgültigen Verlust des Befristungseinwands für den Kläger. Außerdem verfügte die Beklagte einschließlich des vereinbarten Unterhalts jedenfalls über Ein- künfte von monatlich insgesamt 2.900 €, was ohne Darlegung eines konkreten Unterhaltsbedarfs in dieser Höhe bereits eine vollständige Notwendigkeit der Unterhaltsbeträge zur Bestreitung des Lebensbedarfs in Frage stellt.
22
Auch dass der Kläger seinen früher erhobenen Einwand, der Unterhalt sei zeitlich zu begrenzen, schließlich fallen ließ, besagt noch nichts zu einer späteren Befristung des Unterhalts. Denn die Beklagte hatte den Vorschlag des Klägers einer Befristung bis Oktober 2004 seinerzeit mit der Begründung abgelehnt , dass ihr eine Befristung nicht zugemutet werden könne, weil nicht absehbar sei, ob der zunächst befristete Arbeitsvertrag mit dem Goethe-Institut verlängert werde oder nicht. Wenn der Kläger unter diesen Umständen nicht auf der Befristung bestand und in dem Vergleich eine zunächst unbefristete Unterhaltspflicht übernahm, kann daraus jedenfalls nicht gefolgert werden, die Parteien seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass der Unterhalt auch in Zukunft nicht mehr befristet werden könne. Auch ein Nachgeben des Klägers, nachdem er zuvor die Befristung geltend gemacht hatte, geht demnach nicht weiter, als dass die Prüfung der Befristung auf einen späteren Zeitpunkt hinausgeschoben werden sollte.
23
cc) Mangels einer entgegenstehenden ausdrücklichen oder konkludenten vertraglichen Regelung ist im Zweifel vielmehr davon auszugehen, dass die Parteien die spätere Befristung des Unterhalts offenhalten wollten. Der Vergleich entfaltet dann insoweit keine Bindungswirkung für die Zukunft, sondern eröffnet den Parteien - vergleichbar mit einem Urteil, durch das über eine spätere Befristung ausweislich der Entscheidungsgründe noch nicht entschieden sein soll - eine spätere Abänderung auch ohne Änderung der zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse.
24
Anders als bei Tatsachen, die unmittelbar für die Bemessung des Unterhalts maßgeblich sind, besteht bei der Befristung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB1573 Abs. 5 BGB a.F.) die Besonderheit, dass sie von der Unbilligkeit einer weitergehenden Unterhaltsleistung abhängt und dieser Umstand jedenfalls bei der erstmaligen Festlegung des nachehelichen Unterhalts im Zusammenhang mit der Scheidung regelmäßig erst in der Zukunft eintritt. Es liegt daher nahe, dass der Unterhaltspflichtige, wenn im Vergleich nicht sogleich eine Regelung zur Dauer der Unterhaltsgewährung getroffen oder aber eine Befristung ausgeschlossen worden ist, mit einem Ausschluss des Befristungseinwands regelmäßig nicht einverstanden ist und auch der Unterhaltsberechtigte nach Treu und Glauben die Zahlungsbereitschaft des Unterhaltspflichtigen nur als eine in diesem Sinne eingeschränkte verstehen kann.
25
Dass der Senat in ständiger Rechtsprechung bei der Abänderung eines Urteils für die Präklusion nach § 323 Abs. 2 ZPO a.F. (vgl. § 238 Abs. 2 FamFG) nicht darauf abstellt, ob die Voraussetzungen der Unterhaltsbegrenzung bereits eingetreten waren, sondern darauf, ob die Gründe für eine Unterhaltsbegrenzung bereits zuverlässig vorauszusehen waren (zuletzt Senatsurteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - FamRZ 2010, 111, 117 m.w.N.), lässt sich auf die Abänderung von Prozessvergleichen nicht ohne weiteres übertragen. Denn im Gegensatz zu einem Urteil, dem eine von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB vorauszugehen hat und das auch im Fall, dass die Befristung vom Gericht übersehen wurde, Rechtskraftwirkung entfaltet, steht es den Parteien eines Vergleichs frei, die - gegenwärtig noch nicht eingreifende - Befristung einer späteren Klärung vorzubehalten.
26
Da die Befristung erst in der Zukunft eingreift und von einer auf den Befristungszeitpunkt bezogenen umfassenden Billigkeitsabwägung abhängt, ist eine Festlegung der Unterhaltsdauer anders als beim Urteil jedenfalls nicht zwingend und wird daher von den Parteien zum Zeitpunkt der Scheidung eine frühzeitige Festlegung im Zweifel noch nicht gewollt sein. Dementsprechend wird eine anlässlich der Scheidung ohne Befristung getroffene Unterhaltsvereinbarung noch nicht auf der Vorstellung beruhen, dass eine Abänderung wegen einer erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt eingreifenden Befristung nicht mehr stattfinden könne (vgl. auch Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1008).
27
c) Allerdings ist zu beachten, dass der im Vergleich getroffenen Regelung eine gewisse Mindestdauer zukommen muss, um dem Interesse der Parteien an einer rechtssicheren Regelung zu genügen. Daher wird es regelmäßig jedenfalls treuwidrig sein, wenn der Unterhaltspflichtige schon kurze Zeit nach dem Vergleichsschluss eine Abänderung der getroffenen Regelung verlangt. Von welchem Zeitraum hier auszugehen ist und ob die Frage nicht bereits im Rahmen der schließlich vom Familiengericht festzulegenden Unterhaltsdauer ausreichend berücksichtigt werden kann, braucht hier indessen nicht entschieden zu werden. Denn maßgeblich ist nicht auf das Datum des Abänderungsverlangens abzustellen, sondern auf den geltend gemachten Befristungszeitpunkt, weil durch diesen auch die Geltungsdauer des Vergleichs bestimmt wird und einem verfrühten Abänderungsverlangen im Übrigen schon das den Unterhaltspflichtigen treffende Prozess- und Kostenrisiko hinreichend entgegenwirken dürfte.
28
Im vorliegenden Fall bezieht sich die vom Kläger verfolgte Befristung auf das Ende des Jahres 2012 und somit auf mehr als achteinhalb Jahre nach dem Vergleichsabschluss. Demnach ist das Abänderungsverlangen des Klägers jedenfalls nicht treuwidrig.
29
d) Da sich die Zulässigkeit der nachträglichen Geltendmachung des Befristungseinwands schon aus einer interessengerechten Auslegung des Vergleichs ergibt und insoweit eine Bindung an den Vergleich nicht besteht, kommt es auf die Frage einer Störung der Geschäftsgrundlage und einer Anpassung des Vergleichs nach § 313 BGB nicht an.
30
3. Das Berufungsgericht hat demnach mangels weiterer Bindungen im Ergebnis zu Recht über die Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB entschieden. Die im angefochtenen Urteil ausgesprochene Befristung ist wiederum im Ergebnis nicht zu beanstanden.
31
Auf die Befristung ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden (Art. 4 Unterhaltsrechtsänderungsgesetz; vgl. auch § 36 Nr. 7 EGZPO und Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 - Tz. 27 f.).
32
a) Die Revision rügt insoweit, dass das Berufungsgericht einen fehlerhaften Rechtssatz aufgestellt habe, indem es davon ausgegangen sei, dass ein Unterhaltsanspruch grundsätzlich zu begrenzen sei, es sei denn, es lägen besondere Gesichtspunkte vor, die eine Begrenzung als unbillig erscheinen ließen. Diese Rüge ist im Ausgangspunkt begründet.
33
Die Befristung ist nach § 1578 b Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 BGB vom Familiengericht auszusprechen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Aus § 1578 b BGB ergibt sich, dass nach der gesetzlichen Konzeption die Befristung des Unterhalts nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt. Das Familiengericht hat demnach zu prüfen, ob die fortdauernde Unterhaltspflicht unbillig ist, nicht aber, ob der Befristung Billigkeitsgründe entgegenstehen (vgl. Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - zur Veröffentlichung bestimmt - Tz. 22). http://www.juris.de/jportal/portal/t/1mmw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE263800377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1mmw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE000202377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1mmw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE263800377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 13 -
34
b) Allerdings beruht die Entscheidung nicht auf dem vom Berufungsgericht vorangestellten Regel-Ausnahme-Verhältnis (§§ 545, 561 ZPO), weil die vom Berufungsgericht ausgesprochene Befristung aufgrund der von ihm abschließend getroffenen Feststellungen im Ergebnis gleichwohl Bestand hat.
35
aa) Die Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit nach § 1578 b Abs. 1, Abs. 2 BGB hängt insbesondere davon ab, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes , aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB).
36
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Beklagten durch die Rollenverteilung in der Ehe keine beruflichen Nachteile entstanden sind. Die Klägerin war bei Eheschließung 38 Jahre alt und hatte keine abgeschlossene Berufsausbildung. Die Weiterbildung zur Kulturmanagerin absolvierte sie während der Ehe. Da sie in diesem Beruf auch nach der Scheidung eine Vollzeitbeschäftigung ausübt, ist ihr aus der Ehe insoweit kein Nachteil entstanden. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist schließlich vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 42 und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508 Tz. 25).
37
bb) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BT-Drucks.
16/1830 S. 19). Denn indem § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB "insbesondere" auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt er andere Gesichtspunkte für die Billigkeitsabwägung nicht aus (Senatsurteil vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - zur Veröffentlichung bestimmt - Tz. 44).
38
Insofern hat das Berufungsgericht mit der Dauer der Ehe, dem Vertrauen der Beklagten in den Fortbestand des Unterhalts, dem Alter der Beklagten bei Scheidung und ihrer voraussichtlich mangelnden Möglichkeit zur Verbesserung ihrer Einkommenssituation die wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt.
39
Dass das Berufungsgericht in der nach dem Vorbringen der Beklagten voraussichtlich unzureichenden Altersvorsorge keinen Hinderungsgrund für die Befristung gesehen hat, ist wiederum nicht zu beanstanden. Die unzureichende Altersvorsorge beruht auf der Erwerbsbiografie der Beklagten vor der Eheschließung , die im Alter von 38 Jahren nicht über eine adäquate Altersvorsorge verfügte. Dass auch der Versorgungsausgleich die vorhandene Lücke nicht schließen kann, beruht auf der Ehezeit von nur knapp elf Jahren. Das voreheliche Zusammenleben ist, anders als es das Berufungsgericht gesehen hat, grundsätzlich kein Billigkeitskriterium im Sinne von § 1578 b BGB. Denn daraus kann sich weder ein ehebedingter Nachteil ergeben, noch kann das voreheliche Zusammenleben ohne weiteres ein erhöhtes Maß an nachehelicher Solidarität begründen. Eine Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts kann schließlich nicht allein mit der Erwägung abgelehnt werden, dass damit der Einsatzzeitpunkt für einen späteren Anspruch auf Altersunterhalt nach § 1571 Nr. 3 BGB entfällt (Senatsurteil vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508 Tz. 24 f.).
40
cc) In Anbetracht der Unterhaltsbefristung bis 2012 ist nicht davon auszugehen , dass für das Berufungsgericht die von ihm unzutreffend formulierte http://www.juris.de/jportal/portal/t/ame/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002440877BJNE003900301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ame/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002440877BJNE000300302&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ame/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE038104160&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 15 - Prämisse zum Regel-Ausnahme-Verhältnis von Unterhalt und Befristung bei der Bemessung der Frist entscheidende Bedeutung zugekommen wäre. Das könnte allenfalls in Anbetracht des Umstands gelten, dass das Berufungsgericht aufgrund der nach § 1578 b Abs. 2, Abs. 1 BGB zu treffenden Abwägung eine Unterhaltsdauer von etwas mehr als vier Jahren seit der Scheidung für ausreichend gehalten hat. Ob diese Frist hier angemessen gewesen wäre, kann jedoch dahinstehen. Denn das Berufungsgericht ist aufgrund einer Einbeziehung von § 36 EGZPO im Ergebnis zu einer deutlich längeren Frist gelangt, die sich insgesamt auf mehr als achteinhalb Jahre nach der Scheidung und mehr als fünfzehn Jahre nach der Trennung im Jahr 1997 beläuft.
41
Dabei hat das Berufungsgericht allerdings übersehen, dass § 36 EGZPO nicht einschlägig ist. § 36 Nr. 1 EGZPO findet nur für den Fall Anwendung, dass im Rahmen der Abänderung von Unterhaltstiteln oder -vereinbarungen Umstände "durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts erheblich geworden sind". § 36 Nr. 1, 2 EGZPO stellt in diesem Fall die Abänderung unter die einschränkende weitere Voraussetzung der Zumutbarkeit und enthält im Übrigen lediglich die Klarstellung, dass die Gesetzesänderung, soweit sie zu einer Änderung der wesentlichen Verhältnisse führt, einen Abänderungsgrund im Sinne von § 323 Abs. 1 ZPO darstellt (Senatsurteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - FamRZ 2010, 111 Tz. 16). Im vorliegenden Fall hat sich indessen durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 keine Änderung ergeben. Im Hinblick auf den Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB war eine Befristung schon nach der zuvor bestehenden Gesetzeslage gemäß § 1573 Abs. 5 BGB (a.F.) zulässig. Die Änderung der Rechtsprechung zum Stellenwert der Ehedauer bei der Unterhaltsbefristung (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006) betrifft den vorliegenden Fall nicht, weil § 36 Nr. 1, 2 EGZPO auf die Änderung der Rechtsprechung - abgesehen von deren Erheblichkeit im vorliegenden Fall - keine Anwendung findet.
42
Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Befristung des Unterhalts ist demnach im Ergebnis jedenfalls nicht unangemessen kurz. Die unzutreffende Anwendung von § 36 EGZPO beschwert die Beklagte als Revisionsklägerin schließlich nicht. Hahne Weber-Monecke Prof. Dr. Wagenitz ist urlaubsbedingt an der Unterschrift verhindert. Hahne Klinkhammer Schilling
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 28.09.2007 - 526 F 2789/07 -
OLG München, Entscheidung vom 31.07.2008 - 12 UF 1736/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 175/08 Verkündet am:
24. März 2010
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Im Rahmen der Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des Unterhalts ist der
Unterhaltspflichtige für die Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet, die für eine
Befristung sprechen.

b) Hinsichtlich der Tatsache, dass ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind, trifft
den Unterhaltsberechtigten aber nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen
eine sog. sekundäre Darlegungslast (Klarstellung der Senatsurteile vom
14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134; vom 16. April 2008
- XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325; vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 -
FamRZ 2009, 1990 und vom 28. März 1990 - XII ZR 64/89 - FamRZ 1990, 857).

c) Der Unterhaltsberechtigte muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten
Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche
konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen
des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen
ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.
BGH, Urteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - OLG Hamm
AG Essen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. März 2010 durch den Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und
die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 1. September 2008 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind geschiedene Eheleute und streiten über nachehelichen Unterhalt sowie dessen Befristung.
2
Die Parteien heirateten im August 1990. Sie waren seinerzeit beide 22 Jahre alt. Aus der Ehe sind zwei Söhne (die Kläger zu 2 und 3) hervorgegangen , die 1992 und 1995 geboren wurden. Die Ehe wurde nach Trennung der Parteien im September 2004 auf den seit Dezember 2005 rechtshängigen Scheidungsantrag im August 2006 geschieden. Der Unterhalt für die beiden Söhne ist durch Jugendamtsurkunde aus dem Jahr 2006 mit je 135 % der damaligen Regelbeträge tituliert, für die Zeit ab Februar 2008 aufgrund des erstinstanzlichen Urteils im vorliegenden Verfahren mit 112,1 % des Mindestunterhalts nach § 1612 a Abs. 1 BGB.
3
Der Beklagte ist technischer Angestellter. Die Klägerin hatte bei Eheschließung keine Berufsausbildung. Eine nach der Eheschließung begonnene Ausbildung zur Köchin musste sie wegen einer Nickelallergie abbrechen, auch eine anschließend aufgenommene Berufsausbildung zur Bürokauffrau beendete sie unter anderem aus gesundheitlichen Gründen. Nach der Geburt des ersten Sohnes arbeitete sie zunächst nicht mehr. Von April 2004 bis April 2006 war sie geringfügig beschäftigt, von Mai 2006 bis Juni 2006 arbeitete sie in Teilzeit als Vertriebsmitarbeiterin. Sie erkrankte in dieser Zeit an einem Nasenkarzinom und wurde zweimal operiert. Später litt sie an einer Belastungsstörung und wurde teilstationär in einer Tagesklinik behandelt. Von Mai 2008 bis August 2008 war sie mit 30 Wochenstunden im Schichtdienst beschäftigt, arbeitete krankheitsbedingt aber wiederum nur einen Monat. Die Klägerin ist zu 60 % schwerbehindert.
4
Die Klägerin hat sich für ihren Unterhaltsanspruch unter anderem auf die Betreuungsbedürftigkeit der unter gesundheitlichen Beschwerden leidenden Söhne berufen. Der Beklagte hat eingewandt, dass der Unterhalt bis Februar 2009 zu befristen sei.
5
Das Amtsgericht hat - neben dem Kindesunterhalt - den Ehegattenunterhalt unbefristet ab Februar 2008 in Höhe von monatlich 342 € zugesprochen. Das Oberlandesgericht hat die vom Beklagten hinsichtlich des Ehegattenunterhalts eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision ver- folgt der Beklagte weiterhin eine Befristung des Unterhalts und die entsprechende Abweisung der weitergehenden Klage ab März 2009.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Das Berufungsgericht ist in seinem in FamRZ 2009, 519 veröffentlichten Urteil davon ausgegangen, dass sich der Unterhalt ab März 2009 allein aus § 1573 Abs. 2 BGB ergebe und ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB nicht mehr bestehe.
7
Eine Befristung sei nicht vorzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs komme es für die Frage der Befristung vorwiegend darauf an, ob die Klägerin ehebedingte Nachteile erlitten habe.
8
Im vorliegenden Fall habe der Beklagte nicht dargelegt, dass der Klägerin durch die Ehe und die dort gewählte Rollenverteilung keine Erwerbsnachteile entstanden seien. Die Ehe habe bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags 15 Jahre und vier Monate bestanden. Die Klägerin habe sich nach der Geburt des ersten Sohnes abgesehen von geringfügigen Beschäftigungszeiten ausschließlich der Betreuung und Erziehung der beiden Kinder gewidmet. Entgegen der Auffassung des Beklagten ließen sich ehebedingte Nachteile nicht mit der Begründung verneinen, dass die Klägerin weder vor noch während der Ehe einen qualifizierten Berufsabschluss erworben habe, so dass ihr nach dem Scheitern der Ehe keine Erwerbsmöglichkeiten verschlossen seien, die sich ihr ohne die in der Ehezeit eingelegte Berufspause eröffnet hätten. Insoweit bliebe nämlich unberücksichtigt, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Eheschließung erst 22 Jahre alt gewesen sei und kurz zuvor erst den Realschulabschluss nachgeholt habe, sie also zu diesem Zeitpunkt noch am Anfang ihres beruflichen Werdegangs gestanden habe. Wie sich ihre weitere berufliche Entwicklung ohne die Ehe gestaltet hätte, sei völlig offen.
9
Bei einer Gesamtwürdigung könne auch nicht außer Acht gelassen werden , dass die Klägerin bereits "im zeitlichen Zusammenhang mit der Eheschließung" im Jahr 1990 eine Totgeburt erlitten habe und der nachfolgende Abbruch zweier Berufsausbildungen etwa in dem Zeitraum zwischen Eheschließung und Geburt des ersten Kindes im Jahr 1992 gelegen habe. Die Annahme des Beklagten , dass es der Klägerin auch ohne Eheschließung und Schwangerschaften nicht gelungen wäre, im Erwerbsleben Fuß zu fassen und insbesondere eine Berufsausbildung abzuschließen, erscheine vor diesem Hintergrund als zu weitgehend. Jedenfalls wirkten sich diesbezügliche Unwägbarkeiten nach der Verteilung der Darlegungslast zu Lasten des Beklagten aus. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Klägerin aufgrund ihrer Prüfungsangst letztlich keine Berufsausbildung abgeschlossen hätte, dürfte manches dafür sprechen, dass sie ohne die praktizierte Rollenverteilung einer Berufstätigkeit nachgegangen wäre und zumindest umfassende Berufserfahrung habe sammeln können, die ihr bessere Einkommensquellen eröffnet hätte. Ins Gewicht falle in diesem Zusammenhang auch, dass die Klägerin bei Eheschließung und während der Schwangerschaften noch jung gewesen sei und sich nicht die Aussage treffen lasse, dass sie seinerzeit schon ihre endgültige Stellung im Erwerbsleben gefunden hätte. Das möge anders liegen, wenn aufgrund des Alters und sonstiger Umstände zur Zeit der Eheschließung nicht ernsthaft habe erwartet werden können, dass der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe eine weitergehende Qualifikation habe erwerben können, was hier aber nicht der Fall sei.

II.

10
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
11
1. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen bereits eine Unterhaltsbedürftigkeit der Klägerin jedenfalls im Umfang des zugesprochenen Unterhalts nicht, was von der Revision im Ergebnis mit Recht gerügt wird. Einer insoweit bestehenden Bedürftigkeit der Klägerin widersprechen die vom Berufungsgericht zum Unterhaltstatbestand getroffenen Feststellungen.
12
Das Berufungsgericht ist - im Rahmen der Befristung - davon ausgegangen , dass sich der Unterhaltsanspruch ab März 2009 allein aus § 1573 Abs. 2 BGB ergebe. Einen Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB hat es ab diesem Zeitpunkt mit der Begründung verneint, dass die Betreuung der beiden Söhne trotz deren gesundheitlicher Einschränkungen die Klägerin nicht mehr an einer vollschichtigen Tätigkeit hindere. Das steht im Gegensatz zu den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Amtsgerichts. Das Amtsgericht ist bei seiner Unterhaltsberechnung davon ausgegangen, dass die Klägerin lediglich zu einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit im Umfang von 20 Wochenstunden verpflichtet sei. Hinderungsgründe an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit hat das Amtsgericht in der Betreuungsbedürftigkeit der Söhne gesehen und weil die Klägerin aufgrund ihrer Vorerkrankung eine umfangreichere ärztliche Kontrolle benötige als eine nicht vorerkrankte Mutter. In seinen Ausführungen zur von ihm noch offen gelassenen Frage der Befristung hat das Amtsgericht darauf verwiesen, dass es sich um Betreuungsunterhalt handele, der grundsätzlich nicht zu befristen sei.
13
Bei dem vom Berufungsgericht im Gegensatz zum Amtsgericht angenommenen alleinigen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB hätte das Berufungsgericht Feststellungen zu der Frage treffen müssen, welches Einkommen die Klägerin aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit erzielen kann. Eine Bedürftigkeit der Klägerin besteht demnach jedenfalls nicht in dem vom Amtsgericht angenommenen Umfang und durfte daher vom Berufungsgericht nicht im Anschluss an das Amtsgericht unverändert zugrunde gelegt werden. Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass ein Unterhalt in der Größenordnung des vom Amtsgericht titulierten Monatsbetrags auch bei einer vollschichtigen Erwerbsobliegenheit der Klägerin gerechtfertigt sei, entbehrt jeder Grundlage.
14
2. Das Berufungsgericht hat eine Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB mit der Begründung abgelehnt, der Beklagte habe nicht (ausreichend) dargelegt , dass der Klägerin durch die Ehe und die dort gewählte Rollenverteilung keine Erwerbsnachteile entstanden seien. Wie sich die weitere berufliche Entwicklung der Klägerin ohne die Ehe gestaltet hätte, sei völlig offen. Unwägbarkeiten wirkten sich nach der Darlegungs- und Beweislast zu Lasten des Beklagten aus. Selbst ohne Abschluss einer Berufsausbildung hätten sich der Klägerin aufgrund erworbener Berufserfahrung höhere Einkommensquellen erschlossen.
15
Diese Beurteilung begegnet durchgreifenden Bedenken.
16
a) Die Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB hängt insbesondere davon ab, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes , aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB).
17
Die Berücksichtigung von Nachteilen, die auf einer ehebedingt nicht aufgenommenen oder abgebrochenen Berufsausbildung beruhen, scheitert entgegen der Auffassung der Revision nicht schon daran, dass ein Anspruch der Klägerin auf Ausbildungsunterhalt gemäß § 1575 BGB nicht besteht oder von ihr nicht geltend gemacht worden ist. Auch wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 1575 BGB nicht gegeben sind, kann durch die Rollenverteilung in der Ehe und die deswegen nicht abgeschlossene Berufsausbildung ein ehebedingter Nachteil entstehen, der im Rahmen von § 1578 b Abs. 1, 2 BGB zu berücksichtigen ist. Eine Obliegenheit der Klägerin, ihre Verdienstmöglichkeiten durch eine nach der Scheidung aufgenommene Ausbildung zu verbessern , kommt unter den Umständen des vorliegenden Falls schließlich nicht in Betracht.
18
b) Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass der Beklagte als Unterhaltsschuldner, der sich mit der Befristung auf eine prozessuale Einwendung beruft, die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der für eine Befristung sprechenden Tatsachen trägt (Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 22 und vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 41). In die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltspflichtigen fällt grundsätzlich auch der Umstand, dass der Klägerin keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB entstanden sind.
19
Die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast erfährt jedoch Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen.
20
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft den Prozessgegner der für eine negative Tatsache beweisbelasteten Partei ei- ne sogenannte sekundäre Darlegungslast (Senatsurteil BGHZ 171, 232 = FamRZ 2007, 896 - Tz. 20 f.; BGHZ 128, 167, 171 = NJW 1995, 662, 663; BGHZ 154, 5, 9 = NJW 2003, 1449, 1450; BGH Urteile vom 27. September 2002 - V ZR 98/01 - NJW 2003, 1039; vom 18. Mai 2005 - VIII ZR 268/03 - NJW 2005, 2395, 2397; vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08 - ZIP 2009, 1654 Tz. 38; vom 19. Mai 1958 - II ZR 53/57 - NJW 1958, 1188 f. und vom 4. Februar 2010 - IX ZR 18/09 - juris Tz. 81; zum Unterhaltsrecht vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 6 Rdn. 721 ff.; vgl. auch Empfehlungen des Arbeitskreises 15 des 18. Deutschen Familiengerichtstages ). Dadurch soll eine unbillige Belastung der beweispflichtigen Partei vermieden werden. Der Umfang der sekundären Darlegungslast richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Darlegungen müssen so konkret sein, dass der beweisbelasteten Partei eine Widerlegung möglich ist.
21
bb) Diese Grundsätze sind auf die Darlegung ehebedingter Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB ebenfalls anzuwenden. Würde den Unterhaltspflichtigen die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast treffen, so müsste er sämtliche auch nur theoretisch denkbaren und nicht näher bestimmten Nachteile widerlegen, die aufgrund der Rollenverteilung innerhalb der Ehe möglicherweise entstanden sind. Das würde in Anbetracht dessen, dass die Tatsachen zur hypothetischen beruflichen Entwicklung den persönlichen Bereich des Unterhaltsberechtigten betreffen, zu einer unbilligen Belastung des Unterhaltspflichtigen führen.
22
Soweit der Senat in der Vergangenheit für den Fall, dass der Unterhaltsberechtigte eine ehebedingt unterbrochene Erwerbstätigkeit nach der Scheidung wieder aufnehmen konnte, erwähnt hat, dass den Unterhaltsberechtigten dafür, dass ihm dennoch ehebedingte Nachteile entstanden seien, neben der Darlegungslast auch die Beweislast treffe (Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 22; vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 41 und vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 18), hält er daran nicht fest. In den beiden erstgenannten Fällen fehlte es bereits an hinreichenden Darlegungen des Unterhaltsberechtigten zu fortbestehenden ehebedingten Nachteilen und ist der Senat in der Sache bereits nach den oben genannten Grundsätzen verfahren (ähnlich auch Senatsurteil vom 28. März 1990 - XII ZR 64/89 - FamRZ 1990, 857, 859 f.). Für eine mit weiterreichenden Folgen verbundene Beweislastumkehr fehlt es nach der geltenden Gesetzeslage und dem Regel-Ausnahme-Verhältnis von Unterhaltspflicht und Unterhaltsbegrenzung, das auch durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 nicht verändert worden ist, an einer hinreichenden Rechtfertigung, zumal den Beweisschwierigkeiten des Unterhaltspflichtigen bereits durch die sekundäre Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten wirksam zu begegnen ist.
23
Die sekundäre Darlegungslast hat im Rahmen von § 1578 b BGB zum Inhalt, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.
24
c) Das im Berufungsurteil zugrunde gelegte Vorbringen der Klägerin genügt den Anforderungen an ihre sekundäre Darlegungslast nicht.
25
aa) Aufgrund der vom Berufungsgericht angenommenen vollschichtigen Erwerbsobliegenheit ist davon auszugehen, dass die Klägerin zu einer entsprechenden Tätigkeit in der Lage ist. Das Amtsgericht hat der Klägerin aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit (1.470 € brutto bei 30 Wochenstunden) einen erzielbaren Verdienst von ca. 1.000 € brutto (= 2/3, bei 20 Wochenstunden) und 800 € netto zugerechnet. Diese Feststellungen sind vom Berufungsgericht nicht beanstandet worden. Für die Frage, ob ehebedingte Nachteile entstanden sind, ist demnach als Vergleichsgröße ein auf dieser Grundlage erzielbarer Verdienst aus einer vollschichtigen Tätigkeit zugrunde zu legen. Hinsichtlich des vom Unterhaltsberechtigten aufgrund der aktuellen Gegebenheiten erzielbaren Einkommens stellt sich die Frage der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen von § 1578 b BGB nicht. Denn dieser Umstand ist bereits vorgreiflich im Rahmen der Bedürftigkeit zu überprüfen, welche vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und zu beweisen ist (Senatsurteile vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Tz. 62 und vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - zur Veröffentlichung bestimmt Tz. 42).
26
bb) Hinsichtlich der weiteren Vergleichsgröße des ohne die Ehe und die praktizierte Rollenverteilung (hypothetisch) erzielbaren Einkommens hat es das Berufungsgericht im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin damit bewenden lassen , Umstände aufzuführen, die eine berufliche Qualifizierung der Klägerin und ein höheres erzielbares Einkommen lediglich möglich erscheinen lassen. Das genügt den genannten Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast der Klägerin nicht.
27
Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Unterhaltsberechtigte, der zur Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem von ihm erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf in der Lage ist, Umstände dafür darzulegen, dass ihm dennoch ein Nachteil verblieben ist (vgl. Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 22; vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 41; vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 18 und vom 28. März 1990 - XII ZR 64/89 - FamRZ 1990, 857, 859 f.). Ähnliches gilt, wenn der Unterhaltsberechtigte - wie die Klägerin - vor der Ehe keine Berufsausbildung abgeschlossen hat, im Hinblick auf eine von ihr zu verlangende - auch unqualifizierte - Erwerbstätigkeit.
28
Die Klägerin hätte demnach Umstände dafür vortragen müssen, dass sie ohne Eheschließung und Kindererziehung eine konkrete Berufsausbildung aufgenommen und abgeschlossen hätte, die ihr ein höheres Einkommen ermöglicht hätte, als sie es unter den heute gegebenen Verhältnissen erzielen kann.
29
Der Hinweis auf das Alter der Klägerin bei Eheschließung, die Totgeburt und die Geburt des ersten Kindes zwei Jahre nach Eheschließung genügt hier nicht. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Eheschließung 22 Jahre alt und somit in einem Alter, in dem unter regelmäßigen Umständen eine Berufsausbildung nach einem Haupt- oder Realschulabschluss bereits abgeschlossen gewesen wäre. Daraus, dass sie erst kurz vor der Eheschließung den Realschulabschluss nachgeholt hatte, folgt nichts anderes. Die Klägerin nahm vielmehr noch nach der Eheschließung zwei Berufsausbildungen auf, zunächst als Köchin , dann als Bürokauffrau. Dass sie beide Ausbildungen abbrach, beruhte nach ihrem Vorbringen auf gesundheitlichen Gründen und bei der Ausbildung zur Bürokauffrau zudem auf ihrer Prüfungsangst. Hierbei handelte es sich aber nicht um Nachteile, die "durch die Ehe" im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB entstanden sind. Ein Zusammenhang des Abbruchs ihrer zweiten Ausbildung mit der Geburt und der anschließenden Betreuung des ersten Kindes ist nicht vorgetragen. Einen Anspruch auf Krankheitsunterhalt hat schließlich weder das Berufungsgericht noch das Amtsgericht angenommen.
30
Somit fehlt es bereits an einem hinreichend konkreten Vorbringen der Klägerin, dass ihr aufgrund ihrer fehlenden beruflichen Qualifikation ein ehebe- dingter Nachteil entstanden sei. Die von ihr vorgebrachten Gründe sprechen vielmehr gegen das Vorliegen eines ehebedingten Nachteils.
31
Hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten ohne einen Berufsabschluss trägt die Begründung des Berufungsgerichts die Ablehnung einer Unterhaltsbefristung ebenfalls nicht. Auch hier fehlt es an einem konkreten Vorbringen, dass die Klägerin durch eine kontinuierliche Erwerbstätigkeit auch ohne Berufsausbildung ein höheres Einkommen hätte erzielen können, als sie es heute erzielen kann. Das gilt insbesondere in Anbetracht des von beiden Vorinstanzen als erzielbar unterstellten Einkommens von - hochgerechnet auf 40 Wochenstunden - brutto rund 2.000 €. Ohne Rücksicht darauf kann aber bei einer fehlenden Berufsausbildung ohne konkrete Anhaltspunkte jedenfalls schon nicht davon ausgegangen werden, dass der Unterhaltsberechtigte über längere Zeit eine kontinuierliche Beschäftigung auf einer bestimmten Arbeitsstelle überhaupt hätte ausüben können. Auch die Darlegung einer Einkommenssteigerung wegen einer ohne die Ehe kontinuierlichen Erwerbstätigkeit erfordert daher die Angabe konkreter und überprüfbarer Anhaltspunkte, die diese Annahme rechtfertigen.

III.

32
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Dem Senat ist eine abschließende Entscheidung in der Sache nicht möglich. Zur Bedürftigkeit bedarf es ergänzender Feststellungen zum von der Klägerin erzielbaren Einkommen. Wenn noch eine Unterhaltsbedürftigkeit der Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer Erwerbsminderung bestehen sollte und ehebedingte Nachteile zu verneinen sind, ist die im Rahmen von § 1578 b Abs. 1, 2 BGB für eine Befristung sowie die Bemessung der sogenannten Schonfrist anzustellende Billigkeitsabwägung Aufgabe des Tatrichters (Senatsurteile vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 19 und vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 23).

IV.

33
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Unterhaltsanspruch sich ab März 2009 nicht aus § 1570 BGB, sondern allein aus § 1573 Abs. 2 BGB ergebe, steht mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang. Vor einer erneuten Entscheidung ist beiden Parteien zur Frage der Bedürftigkeit der Klägerin und zu der anzustellenden Billigkeitsabwägung nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB Gelegenheit zum ergänzenden Vortrag zu geben. Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Essen, Entscheidung vom 31.01.2008 - 107 F 253/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 01.09.2008 - 8 UF 42/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 53/09 Verkündet am:
20. Oktober 2010
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 1573, 1574, 1578, 1578 b; ZPO §§ 287, 323 aF; EGZPO § 36 Nr. 1
a) Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss
der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten
im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen
treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß
§§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz aus den beiden Positionen
ergibt grundsätzlich den ehebedingten Nachteil.
b) Der Unterhaltsberechtigte kann im Einzelfall seiner - sekundären - Darlegungslast
genügen, wenn er vorträgt, dass in dem von ihm erlernten Beruf
Gehaltssteigerungen in einer bestimmten Höhe mit zunehmender Berufserfahrung
bzw. Betriebszugehörigkeit üblich sind.
c) Bei feststehenden Nachteilen ist eine exakte Feststellung zum hypothetisch
erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten nicht notwendig. Die
Tatsachengerichte können sich bei geeigneter Grundlage einer Schätzung
entsprechend § 287 ZPO bedienen.
Das Gericht muss in der Entscheidung jedoch die tatsächlichen Grundlagen
seiner Schätzung und ihre Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise angeben.
d) Bei den in § 1578 b BGB aufgeführten Kriterien handelt es sich um objektive
Umstände, denen kein Unwerturteil bzw. keine subjektive Vorwerfbarkeit
anhaftet, weshalb im Rahmen der Abwägung des § 1578 b BGB keine Aufarbeitung
ehelichen Fehlverhaltens stattfindet.
BGH, Urteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - OLG Frankfurt am Main
AG Hanau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Oktober 2010 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterinnen
Weber-Monecke und Dr. Vézina sowie die Richter Schilling und
Dr. Günter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 3. März 2009 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt die Abänderung eines Urteils über die Zahlung von Aufstockungsunterhalt.
2
Die am 1. Juni 1973 geschlossene Ehe der Parteien wurde am 26. September 2000 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe sind drei Töchter hervorgegangen, die 1974, 1977 und 1981 geboren sind. Die 1951 geborene Beklagte lernte nach ihrem Schulabschluss den Beruf der Erzieherin und übte diese Tätigkeit bis 1974 aus. Die folgenden 24 Jahre war die Beklagte Hausfrau und Mutter ohne eigene Berufstätigkeit. Von 1998 bis Sommer 2000 arbeitete sie im Bereich der Hausaufgabenbetreuung stundenweise. Im August 2000 nahm sie eine Teilzeitbeschäftigung als Erzieherin auf, die sie im Jahre 2001 auf eine Tätigkeit mit einer 35-Stunden-Woche aufstockte. Aus betriebsbedingten Gründen wurde ihr zum 31. März 2007 gekündigt. Vom 1. April 2007 bis zum 17. Oktober 2007 war sie befristet in Vollzeit als Erzieherin eingestellt. Anschließend arbeitete sie mit einer 87 %-Stelle, befristet bis zum 31. August 2009.
3
Das Amtsgericht Duisburg hatte den Kläger mit Urteil vom 17. November 2004 verpflichtet, an die Beklagte monatlichen Unterhalt in Höhe von gerundet 564 € zu zahlen. Dem Urteil liegen die Renteneinkünfte des Klägers mit bereinigt 2.189 € und die damaligen Einnahmen der Beklagten mit bereinigt 1.061 € zugrunde.
4
Auf die Abänderungsklage des Klägers hat das Amtsgericht den titulierten Aufstockungsunterhalt bis 31. Dezember 2008 befristet. Auf die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist zulässig und begründet.

A.

6
Zu Recht verweist die Revision darauf, dass die Zulassung der Revision unbeschränkt ist. Zwar hat das Berufungsgericht die Zulassung damit begründet , dass die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei langen Berufspausen der Unterhaltsanspruch nach neuem Recht zu begrenzen sei, noch offen sei. Darin ist jedoch keine - unzulässige - Beschränkung der Revision auf bestimmte Rechtsfragen zu sehen (vgl. dazu Senatsurteil vom 15. September 2010 - XII ZR 148/09 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGHZ 101, 276, 278; BGH Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - BGHR ZPO [1. Januar 2002] § 543 - Revisionszulassung , beschränkte 1), sondern lediglich ein Hinweis auf die Motivation der Revisionszulassung.

B.

7
Im Revisionsverfahren steht nur noch der Unterhaltsanspruch der Beklagten für die Zeit nach dem 31. Dezember 2008 im Streit. Denn wegen des davor liegenden Zeitraums ist das amtsgerichtliche Urteil, gegen das allein die Beklagte Berufung eingelegt hatte, rechtskräftig.
8
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
9
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteile vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - juris Rn. 8 und vom 25. November 2009 - XII ZR 8/08 - FamRZ 2010, 192 Rn. 5).

I.

10
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
11
Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse sei seit der Entscheidung des Amtsgerichts Duisburg keine wesentliche Änderung eingetreten. Soweit der Beklagten nach dem Vortrag des Klägers bei einer Vollbeschäftigung ein Nettoeinkommen von 1.426 € zuzurechnen wäre, verblieben nach Abzug der berufsbedingten Aufwendungen von 5 % und des Erwerbstätigenbonus von 1/7 nur 1.161,42 €. Unter Berücksichtigung eines unbestrittenen Nettoeinkommens des Klägers von 2.316 € errechne sich ein den titulierten Betrag sogar übersteigender Aufstockungsunterhalt von 577 €. Zinseinkünfte seien der Beklagten nicht fiktiv zuzurechnen, da diese bereits bei der Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts keine Berücksichtigung gefunden hätten. Eine Befristung oder Beschränkung des im Jahr 2004 vom Amtsgericht titulierten Aufstockungsunterhalts komme nicht in Betracht, wobei der Kläger mit dem Einwand der Befristung nicht bereits gemäß § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert sei. Zwar führe nach der neuen Rechtslage allein die Annahme einer langen Ehe nicht dazu, dass eine Begrenzung der Unterhaltsansprüche ausgeschlossen wäre. Entscheidend sei vielmehr das Vorliegen ehebedingter Nachteile. Die Dauer der Ehe sei aber gleichwohl von Bedeutung, da sich der (berufliche) Nachteil, der sich nach der Scheidung für den sich der Kinderbetreuung und der Haushaltsführung widmenden Ehegatten ergebe, in aller Regel mit zunehmender Dauer der Ehe erhöhe.
12
Dass auf Seiten der Beklagten ehebedingte Nachteile eingetreten seien, stehe fest. Die 27 Jahre bestehende Ehe der Parteien sei geprägt durch die klassische Aufteilung in einen haushaltsführenden und einen erwerbstätigen Teil. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass die Beklagte nach der Scheidung wieder eine Anstellung als Erzieherin und zum Teil auch in Vollzeit habe finden können. Der derzeitige Vertrag der Beklagten sei bis Ende August 2009 befristet; eine nachhaltige Sicherung ihres Einkommens aus Berufstätigkeit könne damit nicht angenommen werden. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte einen gesicherten Arbeitsplatz hätte, wenn sie durchgängig berufstätig gewesen wäre.
13
Ein ehebedingter Nachteil sei aber auch darin zu sehen, dass der berufliche Werdegang der Beklagten anders verlaufen wäre, wenn sie ihre Berufstätigkeit nicht über mehrere Jahrzehnte unterbrochen hätte. Bei einer derart langen Berufspause wie im vorliegenden Fall dürften keine überspitzten Anforderungen an die Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten gestellt werden. Wenn eine abgeschlossene Schulausbildung und eine abgeschlossene Berufsausbildung mit anschließender Übernahme zur weiteren Beschäftigung gegeben sei, indiziere eine Berufspause von über 25 Jahren auch den ehebedingten Nachteil im beruflichen Fortkommen. Die Beklagte habe substantiiert dargelegt , welche Aufstiegschancen sie ohne Berufspause gehabt hätte und über welches Einkommen sie dann verfügen könnte. Der titulierte Unterhalt entspreche danach auch in der Höhe dem erlittenen Nachteil. Die Beklagte habe ohne Probleme ihre Schul- und Berufsausbildung abgeschlossen. Anschließend habe sie ihren Beruf ausgeübt und binnen kürzester Zeit eigenverantwortlich eine Gruppe geleitet. Sie habe sich dann engagiert der Versorgung ihrer Familie und der Erziehung der drei kurz hintereinander geborenen Töchter gewidmet. Dass ihr später der Einstieg in ihrem erlernten Beruf trotz ihres fortgeschrittenen Alters gelungen sei, spreche dafür, dass sie engagiert, zielstrebig und leistungsbereit sei. Diese Eigenschaften hätten der Beklagten zu einem beruflichen Aufstieg verholfen. Dies zeige sich auch darin, dass ihr nach der Kündigung der ersten Tätigkeit noch eine Anstellung bei einer anderen Einrichtung in einer völ- lig anderen Region gelungen sei. Ihr Vortrag, sie hätte bei fortgesetzter Tätigkeit Aufstiegschancen gehabt, sei damit schlüssig und nachvollziehbar.
14
Zudem ergebe sich aus dem Rechtsgedanken des § 36 EGZPO ein schützenswertes Vertrauen der Beklagten auf den Bestand ihres Unterhaltsanspruchs. Für die Bemessung der "Schonfrist" könne im Sinne dieser Vorschrift nicht auf die Scheidung im Jahre 2000 abgestellt werden. Insofern sei zu berücksichtigen , dass die Beklagte bereits zwei unbefristete Unterhaltstitel seit der Trennung erstritten habe und ihre Einkünfte bis zur Rente nicht mehr steigern könne. Sie arbeite nahezu vollschichtig. Aufstiegschancen habe sie nicht. Aufgrund ihres Alters und aufgrund der langen Ehe und bisher geleisteten Unterhaltszahlung sei eine derartige wirtschaftliche Verflechtung eingetreten, dass der Beklagten eine Änderung nicht zumutbar erscheine.

II.

15
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
16
1. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und im Übrigen von der Revision auch nicht gerügt ist, dass das Berufungsgericht hinsichtlich des Erwerbseinkommens und der Zinseinkünfte eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse im Sinne von § 323 ZPO aF abgelehnt hat.
17
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht zudem ausgeführt, dass der Kläger mit seinem Befristungsverlangen nicht präkludiert sei.
18
Eine wesentliche Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse im Sinne von § 323 Abs. 2 ZPO aF kann sich auch aus einer Änderung der höchstrichter- lichen Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof ergeben (Senatsurteile vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 22 und BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793 Rn. 36). Eine solche Änderung liegt hier vor. Die Rechtsprechung des Senats hat sich mit Urteil vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006), also nach Abschluss des Vorprozesses, dahin geändert, dass es schon bei der nach § 1573 Abs. 5 BGB aF anzustellenden Billigkeitsabwägung nicht mehr vorrangig auf die Dauer der Ehe ankam, sondern auf die dem Unterhaltsberechtigten entstandenen ehebedingten Nachteile (Senatsurteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - FamRZ 2010, 111 Rn. 60 und vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 22).
19
Auf das Fehlen solcher Nachteile hat der Kläger seine Abänderungsklage vorwiegend gestützt.
20
3. Jedoch rechtfertigen die vom Berufungsgericht vorgenommenen Feststellungen die Ablehnung einer Begrenzung nach § 1578 b BGB nicht.
21
a) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist bei der Billigkeitsabwägung vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Ehe ergeben.
22
aa) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b Abs. 1 BGB die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemessenen Unterhaltsbedarf erreichen, oder könnte er solche Einkünfte erzielen , kann dies im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalts in Form einer Befristung führen (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 14 f.). Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hingegen lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit aber bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 16), was freilich voraussetzt, dass der eheangemessene Bedarf den angemessenen Lebensbedarf übersteigt.
23
Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Ein- kommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz aus den beiden Positionen ergibt den ehebedingten Nachteil.
24
bb) Der Umstand, dass der Unterhaltsberechtigte eine vollschichtige Tätigkeit in seinem erlernten Beruf ausübt, ist ein Indiz gegen fortdauernde ehebedingte Nachteile (vgl. Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 41). Hat der Unterhaltsschuldner, der die Darlegungsund Beweislast hinsichtlich der für eine Begrenzung sprechenden Tatsachen trägt, eine solche Beschäftigung behauptet, trifft daher den Unterhaltsberechtigten die so genannte sekundäre Darlegungslast. Er muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen (Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 Rn. 23). Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 Rn. 23).
25
cc) Die Feststellung aller für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist - ebenso wie die entsprechende Billigkeitsabwägung - Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen oder Beweisregeln verkannt hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungsgesetze verstößt (Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - juris Rn. 42 u. 47).
26
b) Diesen Maßstäben wird das Berufungsurteil nicht gerecht.
27
aa) Entgegen der Auffassung der Revision kann dem Berufungsgericht nicht vorgehalten werden, dass es nicht auf den Vortrag des Klägers eingegangen ist, wonach er die Beklagte schon während bestehender Ehe angehalten habe, berufstätig zu sein. Zu Recht verweist die Revisionserwiderung insoweit auf die Begründung zum Gesetzesentwurf, wonach es sich bei den in § 1578 b BGB aufgeführten Kriterien um objektive Umstände handelt, denen kein Unwerturteil bzw. keine subjektive Vorwerfbarkeit anhaftet, weshalb im Rahmen der Abwägung des § 1578 b BGB nicht etwa eine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens stattfinde (BT-Drucks. 16/1830 S. 20; s. auch Senatsurteil vom 9. Juli 1986 - IVb ZR 39/85 - FamRZ 1986, 886, 888 zu §§ 1573, 1578 BGB aF).
28
bb) Jedoch begegnen die vom Berufungsgericht im Rahmen des § 1578 b BGB gezogenen Schlussfolgerungen rechtlichen Bedenken, weil ihnen keine entsprechenden Feststellungen zugrunde liegen.
29
(1) Das Berufungsgericht hat zum einen in der Befristung der Arbeitsverhältnisse der Beklagten einen "erheblichen Nachteil" erblickt. Es sei davon auszugehen , dass die Beklagte einen gesicherten Arbeitsplatz hätte, wenn sie durchgängig berufstätig gewesen wäre.
30
Es hat bei seinen Ausführungen unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte bereits im August 2000 eine Beschäftigung als Erzieherin im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung aufgenommen hat, die sie im Jahr 2001 auf eine 35Stunden -Woche aufstocken konnte. Diese ersichtlich unbefristete Stelle ist ihr nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aus betriebsbedingten Gründen zum 31. März 2007 gekündigt worden. Erst danach erhielt die Beklagte wiederholt befristete Anstellungen. Der vom Berufungsgericht hieraus gezogene Schluss, die nunmehr eingetretene unsichere Beschäftigungslage seitens der Beklagten sei Folge der während der Ehe eingelegten Berufspause, ist nicht zwingend. Denn immerhin hat die Beklagte nach der Ehescheidung rund sieben Jahre in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gearbeitet. Zu Recht rügt die Revision , dass die Beklagte dem Risiko einer betriebsbedingten Kündigung auch ausgesetzt gewesen wäre, wenn sie durchgehend gearbeitet hätte. Zwar mag es sein, dass sie in diesem Fall wegen ihrer langen Betriebszugehörigkeit eher eine betriebsbedingte Kündigung hätte abwenden können. Damit und mit der Frage, wie dieser Nachteil unterhaltsrechtlich im Rahmen des § 1578 b BGB zu berücksichtigen ist, hätte sich das Berufungsgericht auseinandersetzen müssen.
31
(2) Ferner hat das Berufungsgericht einen ehebedingten Nachteil darin gesehen, dass der berufliche Werdegang der Beklagten anders verlaufen wäre, wenn sie ihre Berufstätigkeit nicht über mehrere Jahrzehnte unterbrochen hätte. Zwar erscheint es vor dem Hintergrund der vom Berufungsgericht vorgenommenen Würdigung der Persönlichkeit und des Lebenslaufs der Beklagten durchaus möglich, dass die Beklagte heute ein - über ihren tatsächlich erzielten Lohn hinausgehendes - Einkommen bezöge, wenn sie keine Berufspause eingelegt hätte. Jedoch sind die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Bemessung des ehebedingten Nachteils nicht hinreichend konkret, obgleich die Beklagte - wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend gemacht hat - zu ihren möglichen Aufstiegschancen und der damit einhergehenden Bezahlung unter Vorlage entsprechender Entgelttabellen im Einzelnen vorgetragen hat.
32
Dem Berufungsgericht ist zwar dahin Recht zu geben, dass bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden Art keine überspannten Anforderungen an die Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten gestellt werden dürfen. Deshalb kann der Unterhaltsberechtigte im Einzelfall seiner - sekundären - Darlegungs- last genügen, wenn er vorträgt, dass in dem von ihm erlernten Beruf Gehaltssteigerungen in einer bestimmten Höhe mit zunehmender Berufserfahrung bzw. Betriebszugehörigkeit üblich sind.
33
Anders verhält es sich indes bei einem behaupteten beruflichen Aufstieg. Hier muss der Unterhaltsberechtigte darlegen, aufgrund welcher Umstände (wie etwa Fortbildungsbereitschaft, bestimmte Befähigungen, Neigungen Talente etc.) er eine entsprechende Karriere gemacht hätte. Im Übrigen hat der Senat bereits ausgeführt, dass bei feststehenden Nachteilen eine exakte Feststellung zum hypothetisch erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten nicht notwendig ist; die Tatsachengerichte können sich vielmehr insoweit bei geeigneter Grundlage einer Schätzung entsprechend § 287 ZPO bedienen. Für die Billigkeitsbetrachtung wird es dann in der Regel genügen, wenn das ungefähre Ausmaß der Einbuße feststeht (Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 39). Dies entbindet das Gericht indes nicht davon, in seiner Entscheidung die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung und ihre Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise anzugeben (BGHZ 6, 62, 63; Senatsurteil vom 26. März 2003 - XII ZR 167/01 - NJW-RR 2003, 873, 874; Laumen in Prütting/Gehrlein ZPO § 287 Rn. 21).
34
Demgegenüber hat das Berufungsgericht lediglich ausgeführt, dass sich die Beklagte in ihrem erlernten Beruf weiter entwickelt hätte und damit über Einkommen aus einer höheren Lohngruppe verfügen würde; dabei entspreche der titulierte Unterhalt in der Höhe dem erlittenen Nachteil. Zwar lässt sich daraus schließen, dass das Berufungsgericht von einem ehebedingten Nachteil in Höhe von 564 € ausgegangen ist. Welchen angemessenen Lebensbedarf es auf Seiten der Beklagten zugrunde gelegt hat, bleibt indessen offen. Seinen Ausführungen lässt sich schon nicht entnehmen, welches Einkommen es ihr tatsächlich zugerechnet hat; den Einwand des Klägers, bei einer Vollbeschäfti- gung könne ihr ein Nettoeinkommen von 1.426 € zugerechnet werden, hat das Berufungsgericht ersichtlich dahin stehen lassen. Ebenso wenig wird deutlich, ob es der Beklagten - in diesem Fall zu Unrecht (vgl. BGHZ 178, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 17) - einen Erwerbstätigenbonus zugebilligt hat. Nach alledem hat das Berufungsgericht die Grundlagen seiner Schätzung nicht konkretisiert. Allein durch die pauschale Bezugnahme auf den Vortrag der Beklagten kann sich das Gericht diesem Erfordernis nicht entziehen.
35
cc) Ebenso wenig vermögen die Feststellungen des Berufungsgerichts zu einer wirtschaftlichen Verflechtung der Parteien und zum Vertrauensschutz die angefochtene Entscheidung zu rechtfertigen. Beides hat das Berufungsgericht ausweislich der Urteilsgründe unter dem Rechtsgedanken des § 36 EGZPO geprüft. Beide Gesichtspunkte sind bereits Bestandteil der nach § 1578 b BGB durchzuführenden Billigkeitsabwägung.
36
(1) Die wirtschaftliche Verflechtung der Eheleute stellt einen eigenen Gesichtspunkt der Billigkeitsprüfung dar. Die Ehedauer gewinnt hierdurch insbesondere bei Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung besonderes Gewicht. (Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 48). Soweit das Berufungsgericht jedoch sinngemäß ausgeführt hat, dass auf Grund des Alters der Beklagten, der langen Ehe und der bisher geleisteten Unterhaltszahlungen eine derartige wirtschaftliche Verflechtung eingetreten sei, so dass der Beklagten eine Änderung nicht zumutbar erscheine, fehlt es bereits an einer zutreffenden Feststellung der Ehedauer. Ersichtlich hat das Berufungsgericht auf die Rechtskraft der Ehescheidung abgestellt. Für die Ehedauer ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Senats auf die Zeit von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrags abzustellen (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 30 mwN). Feststellungen zur Zustellung des Scheidungsantrags enthält weder das Berufungsurteil noch das Urteil des Amtsgerichts.
37
(2) Soweit das Berufungsgericht ferner unter Bezugnahme auf § 36 EGZPO ausführt, die Beklagte habe ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand ihres Unterhaltsanspruchs, vermag dies die getroffene Entscheidung schließlich ebenso wenig zu rechtfertigen.
38
Voraussetzung für die Abänderung eines vor dem 1. Januar 2008 rechtskräftig gewordenen Urteils gemäß § 36 Nr. 1 EGZPO ist u.a., dass die Änderung dem anderen Teil - hier also der Beklagten - unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. Dabei ist dieser Gesichtspunkt bereits bei der Prüfung der Unbilligkeit nach § 1578 b BGB zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 32). Das Vertrauen des Unterhaltsberechtigten auf den Fortbestand eines titulierten Unterhalts ist danach insbesondere dann schutzwürdig, wenn sich die unterhaltsberechtigte Person auf den Fortbestand der Regelung eingestellt hat (BT-Drucks. 16/1830 S. 33). Gewiss können im Rahmen der am Maßstab des § 36 Nr. 1 EGZPO vorzunehmenden Zumutbarkeitsprüfung der Dauer der Ehe und der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder sowie der Gestaltung von Haushaltsführung indizielle Bedeutung für einen Vertrauensschutz zukommen. Entscheidend geht es aber um die Frage, wie sehr sich der Unterhaltsberechtigte auf den - zur Überprüfung gestellten - Unterhaltstitel verlassen darf. Dabei ist schließlich zu beachten, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Unabänderbarkeit eines Titels nicht den Regelfall darstellt (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 34).
39
Diesen Anforderungen werden die vom Berufungsgericht gemachten Ausführungen nicht gerecht.

III.

40
Das angefochtene Urteil war danach aufzuheben, § 562 Abs. 1 ZPO. Der Senat vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. Sie war vielmehr gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen , damit es die für die Frage einer Befristung maßgeblichen Feststellungen treffen kann.

IV.

41
Die Zurückverweisung wird dem Berufungsgericht Gelegenheit geben, neben den noch zu treffenden Feststellungen die aktuelle Beschäftigungssituation der Beklagten bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.
42
Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung das Vorliegen eines konkreten ehebedingten Nachteils bejahen, wäre nichts dagegen einzuwenden, der Beklagten in Höhe dieses Nachteils unbefristet Unterhalt zu gewähren. Sollte es hingegen einen ehebedingten Nachteil ablehnen, wäre - vorbehaltlich der noch zu treffenden Feststellungen im Übrigen wie namentlich der Ehedauer - zumindest zu erwägen, der Beklagten bei einer etwaigen Befristung eine großzügige Frist einzuräumen. Hahne Weber-Monecke Vézina Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Hanau, Entscheidung vom 14.08.2008 - 63 F 1699/07 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 03.03.2009 - 3 UF 275/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 146/08 Verkündet am:
14. Oktober 2009
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b BGB regelmäßig die
Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem
Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus
eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber
zugleich, dass es sich grundsätzlich um einen Bedarf handeln muss, der das Existenzminimum
wenigstens erreicht.

b) Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung des § 1578 b BGB in Betracht kommenden
Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin
überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe
verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt
gelassen hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob
der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei
auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich
ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.

c) Nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige
Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist.
Die Urteilsgrundlage wird also regelmäßig durch das Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen.
Die Vorschrift ist allerdings einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimmtem
Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung
einfließen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz
ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange einer Partei
nicht entgegenstehen.
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - KG Berlin
AG Berlin-Schöneberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß
§ 128 Abs. 2 ZPO i.V.m. Art. 111 FGG-RG aufgrund der bis zum 2. September
2009 eingegangenen Schriftsätze durch die Vorsitzende Richterin
Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer, Grupp und Schilling

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Kammergerichts in Berlin vom 11. April 2008 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten im Scheidungsverbundverfahren noch über den nachehelichen Unterhalt.
2
Sie hatten am 1. Oktober 1993 geheiratet, am 12. Dezember 1993 wurde ihr gemeinsamer Sohn geboren. Nach der Trennung im April 2004 wurde die Ehe der Parteien mit Urteil vom 27. März 2007 geschieden.
3
Die 1963 geborene Antragstellerin ist ausgebildete Gymnasiallehrerin, war aber seit 1991 als Texterin in der Werbebranche tätig. Nach ihrem Aufstieg zur Cheftexterin erzielte sie zuletzt im Jahre 2000 ein Nettoeinkommen, das sich ohne Abzug von Krankenversicherungsbeiträgen auf 4.974,38 DM (= 2.543,36 €) belief. Diese Tätigkeit gab die Antragstellerin Mitte 2000 auf, weil die Parteien wegen der Erwerbstätigkeit des Antragsgegners nach Brüssel umzogen. Dort erzielte sie lediglich Einkünfte aus untergeordneter Bürotätigkeit. Nach der Trennung war die Antragstellerin seit Oktober 2005 zunächst mit 80 % als Lehrerin in einem Internat erwerbstätig und erzielte daraus Monatseinkünfte in Höhe von 3.200 € brutto. Zum 23. August 2007 wechselte sei an ein privates Gymnasium, wo sie in Teilzeit (73 %) Nettomonatseinkünfte erzielt, die ursprünglich 1.489,85 € betrugen und sich seit Februar 2008 auf 1.591,92 € belaufen. Im Falle einer Vollzeitbeschäftigung würde sie aus dieser Erwerbstätigkeit Nettomonatseinkünfte in Höhe von 1.848,19 € erzielen.
4
Der 1957 geborene Antragsgegner arbeitete seit 1987 als freiberuflicher Konferenzdolmetscher für das Europäische Parlament in Straßburg und Brüssel. Während der Ehe studierte er daneben Rechtswissenschaften und schloss das Studium 1997 ab. Im Frühjahr 2000 erhielt er beim Europäischen Parlament eine Stelle als Beamter im Sprachendienst. Deswegen zogen die Parteien mit dem gemeinsamen Kind Mitte 2000 nach Brüssel um. Zum 15. September 2007 wurde der Antragsgegner in eine leitende Position versetzt. Daraus erzielt er Einkünfte, die sich nach Abzug berufsbedingter Kosten und des Kindesunterhalts jedenfalls auf 5.427,80 € netto belaufen.
5
Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien geschieden und den Antragsgegner verurteilt, an die Antragstellerin Kindesunterhalt für den gemeinsamen Sohn in Höhe von monatlich 563,20 € sowie nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 1.545,70 € zu zahlen. Auf die gegen den Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt gerichtete Berufung des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht das Urteil für die Zeit ab Januar 2012 abgeändert und den nachehelichen Unterhalt auf 500 € herabgesetzt. Die weitere Berufung des Antragsgegners mit dem Ziel einer Befristung des nachehelichen Unterhalts bis Ende Dezember 2009 hat es ebenso abgewiesen wie die auf einen höheren nach- ehelichen Unterhalt gerichtete Anschlussberufung der Antragstellerin. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Antragsgegners , mit der er sein Begehren weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7
Das Oberlandesgericht hat die Anschlussberufung der Antragstellerin zurückgewiesen , weil ihr kein höherer Unterhalt zustehe, als vom Amtsgericht zugesprochen. Zwar sei ihr die Aufgabe der ursprünglich nach der Trennung ausgeübten Tätigkeit als Lehrerin in einem Internat nicht als Obliegenheitsverletzung vorzuwerfen, weil sie dort weitere überobligatorische Tätigkeiten ausgeübt habe. Im Hinblick auf das Alter des gemeinsamen Sohnes, der beim Wechsel an das private Gymnasium bereits fast 14 Jahre alt gewesen sei, sei die Antragstellerin allerdings zur Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet gewesen. Dass sie sich um eine solche Vollzeitstelle bemüht habe, habe die Antragstellerin selbst nicht behauptet. Ihr sei deswegen ein fiktives Einkommen aus Vollzeittätigkeit in Höhe von 1.848,19 € netto zuzurechnen.
8
Auf die Berufung des Antragsgegners sei der nacheheliche Unterhalt für die Zeit ab Januar 2012 auf monatlich 500 € herabzusetzen. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs scheide demgegenüber aus. Für die von der Berufung des Antragsgegners erfasste Zeit ab Januar 2010 gehe es allein um Aufstockungsunterhalt , zumal der Antragstellerin eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zumutbar sei. § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB konkretisiere im Rahmen der Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts den Maßstab der Unbilligkeit. Eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts hänge im Wesentlichen davon ab, ob und in welchem Ausmaß durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten seien, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Dabei genüge es, wenn der Nachteil ganz überwiegend oder im Wesentlichen auf die vereinbarte Aufgabenverteilung während der Ehe zurückzuführen sei. Die Antragstellerin habe zu dem beruflichen Fortkommen des Antragsgegners wesentlich beigetragen, indem sie während der Ehe die Betreuung des gemeinsamen Kindes übernommen und dem Antragsgegner sein Jurastudium neben der Dolmetschertätigkeit ermöglicht habe. Im Zusammenhang mit der Verlegung des Wohnsitzes nach Brüssel habe sie außerdem ihre Festanstellung als Cheftexterin in einer Werbeagentur aufgegeben und damit ihr berufliches Fortkommen zugunsten des Antragsgegners zurückgestellt. Infolge der Aufgabe dieser Tätigkeit habe die Antragstellerin bis heute fortwirkende ehebedingte Nachteile zu tragen, die auch durch eine Vollzeittätigkeit in ihrem Beruf als Lehrerin nicht aufgefangen würden. In ihrer Position als Cheftexterin würde sie heute ein Einkommen von mindestens 4.500 € brutto verdienen. Zwar habe die Antragstellerin nach der mehrjährigen Unterbrechung dieser Tätigkeit jetzt keine realistische Aussicht mehr auf eine Rückkehr auf einen gesicherten Arbeitsplatz in der Werbebranche. Das besage aber nichts zur Wahrscheinlichkeit der Fortbeschäftigung , wenn die Antragstellerin ihre Tätigkeit als Cheftexterin ohne die Ehe und den Umzug nach Brüssel nicht aufgegeben hätte. Sie sei seit 1991 mit nur sechsmonatiger Unterbrechung wegen der Geburt des Kindes dort tätig gewesen und habe im Zeitpunkt des Umzugs bereits seit mehreren Jahren eine Festanstellung als Cheftexterin gehabt. Es sei deswegen davon auszugehen, dass sie diese Tätigkeit ohne den ehebedingten Umzug noch heute ausüben und daraus ein Monatseinkommen in Höhe von 4.500 € brutto erzielen würde.
Weil sie aus ihrer Tätigkeit als Lehrerin jedenfalls kein höheres Bruttoeinkommen als 3.630 € monatlich erzielen könne, errechne sich eine ehebedingte Einkommenseinbuße in Höhe von monatlich rund 900 € brutto.
9
Unter Berücksichtigung des Alters der Parteien, der Dauer der Ehe und des besonderen Einsatzes der Antragstellerin für ihre Vollzeittätigkeit, die Kinderbetreuung und die Haushaltsführung in den ersten Jahren der Ehe sowie der ehebedingten Nachteile komme eine Befristung des nachehelichen Unterhalts nicht in Betracht. Allerdings entspreche auch ein unbegrenzter Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht der Billigkeit. Unter Abwägung aller Umstände sei eine Übergangszeit bis Ende 2012 angemessen, in der es der Antragstellerin zumutbar sei, sich persönlich und wirtschaftlich von den günstigeren ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensstandard einzurichten, den sie erreicht hätte, wenn sie die vor dem Umzug nach Brüssel ausgeübte Beschäftigung fortgesetzt hätte. Weil es bei diesem Nachteil aller Voraussicht nach auf Dauer bleiben werde, sei der Unterhaltsanspruch hier nicht zeitlich zu befristen, sondern nach der Übergangszeit auf den Betrag zu begrenzen, der netto als Einkommenseinbuße verbleibe. Diesen Betrag schätzte das Berufungsgericht auf jedenfalls 500 €. Mit einem solchen Unterhalt und den Einkünften aus einer Vollzeittätigkeit aus dem ausgeübten Beruf stehe der Antragstellerin ein Betrag zur Verfügung, der ihren angemessenen Lebensbedarf i.S. von § 1578 b BGB erreiche. Eine unbefristete Unterhaltspflicht in Höhe von monatlich 500 € belaste auch den Antragsgegner nicht unbillig , zumal dieser nach Abzug des Kindesunterhalts über ein bereinigtes Nettomonatseinkommen in Höhe von 5.427,80 € verfüge.
10
Das Oberlandesgericht hat die Revision zugelassen, weil es für die Neuregelung in § 1578 b BGB noch an höchstrichterlichen Maßstäben für die Billigkeitsprüfung bei Vorliegen ehebedingter Nachteile fehle.

II.

11
Gegen die vom Berufungsgericht ausgesprochene Begrenzung des nachehelichen Unterhalts für die Zeit ab Januar 2012 auf monatlich 500 € unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags des Antragsgegners ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
12
1. Nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den in § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB genannten Gesichtspunkten.
13
a) Danach ist bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder eine zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts vorrangig zu berücksichtigen , inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile begrenzen regelmäßig die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts und stehen einer Befristung grundsätzlich entgegen. Sie können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (BT-Drucks. 16/1830 S. 18 f.; Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207, 1210 Tz. 35).
14
b) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unter- halts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass es sich grundsätzlich um einen Bedarf handeln muss, der das Existenzminimum wenigstens erreicht (Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 583).
15
Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemessenen Unterhaltsbedarf erreichen oder könnte er solche Einkünfte erzielen, kann dies im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalts in Form einer Befristung führen (Eschenbruch /Klinkhammer/Schürmann Der Unterhaltsprozess 5. Aufl. 1. Rdn. 1021; zur Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. vgl. Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007 f.).
16
Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hingegen lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b BGB nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit aber bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt.
17
c) Die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578 b BGB setzt dabei nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist. Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung bereits eingetreten oder zuverlässig vor- aussehbar sind, ist eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung nach § 238 FamFG (= § 323 ZPO a.F.) vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren auszusprechen (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328 m.w.N.).
18
d) Die Darlegungs- und Beweislast für Umstände, die zu einer Befristung oder Beschränkung des nachehelichen Unterhalts führen können, trägt grundsätzlich der Unterhaltsverpflichtete, weil § 1578 b BGB als Ausnahmetatbestand konzipiert ist. Hat der Unterhaltspflichtige allerdings Tatsachen vorgetragen, die - wie z.B. die Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem vom Unterhaltsberechtigten erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf oder die Möglichkeit dazu - einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahe legen, obliegt es dem Unterhaltsberechtigten , Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere "Schonfrist" sprechen (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328 und vom 14. November 2005 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134, 136). Das ist allerdings nur dann der Fall, wenn die Einkünfte des Unterhaltsberechtigten aus seiner ausgeübten oder der ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit wenigstens die Einkünfte aus einer ehebedingt aufgegebenen Erwerbstätigkeit erreichen. Nur dann trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass gleichwohl ehebedingte Nachteile vorliegen , etwa weil mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehezeit Einbußen im beruflichen Fortkommen verbunden waren. Bleibt das jetzt erzielte oder erzielbare Einkommen jedoch hinter dem Einkommen aus der früher ausgeübten Tätigkeit zurück, weil eine Wiederaufnahme der früheren Erwerbstätigkeit nach längerer Unterbrechung nicht mehr möglich ist, bleibt es insoweit bei einem ehebedingten Nachteil, den der Unterhaltsschuldner widerlegen muss.
19
2. Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134, 136; vom 26. September 2007 - XII ZR 11/05 - FamRZ 2007, 2049, 2051 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 800). Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteil vom 11. Februar 1987 - IVb ZR 23/86 - FamRZ 1987, 470, 471). Das setzt voraus, dass in dem Urteil die wesentlichen Gründe aufgeführt werden, die für die richterliche Überzeugungsbildung im Rahmen der Billigkeitsabwägung leitend gewesen sind. Nicht erforderlich ist hingegen die ausdrückliche Auseinandersetzung mit allen denkbaren und fern liegenden Gesichtspunkten, wenn sich nur ergibt, dass eine sachgerechte Beurteilung stattgefunden hat (BGH Urteil vom 24. Juni 1993 - IX ZR 96/92 - NJW-RR 1993, 1379).
20
3. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des Senats ist das Berufungsgericht im Rahmen seiner Billigkeitsabwägung zu Recht von einem fortdauernden ehebedingten Nachteil der Antragstellerin ausgegangen.
21
Zutreffend sind die Erwägungen des Berufungsgerichts, wonach die Antragstellerin während der Ehe zuletzt als Cheftexterin in der Werbebranche beschäftigt war und aus dieser Tätigkeit heute ein deutlich höheres Einkommen erzielen würde, als sie in ihrem Beruf als Gymnasiallehrerin erzielen kann. Die frühere Tätigkeit hat die Antragstellerin ehebedingt aufgegeben, weil sie nach dem Aufstieg des Antragsgegners mit ihm und dem gemeinsamen Kind nach Brüssel gezogen ist. Das Berufungsgericht durfte auch davon ausgehen, dass sich die eigene Lebensstellung der Antragstellerin - wenn sie die Tätigkeit nicht ehebedingt aufgegeben hätte - nach wie vor nach ihren Einkünften als Cheftexterin richten würde. Die dagegen von der Revision vorgebrachten Bedenken erschöpfen sich in Mutmaßungen, die nicht den Schluss nahe legen, die Antragstellerin würde heute ohnehin nicht mehr in diesem Beruf arbeiten. Auch die Feststellungen des Berufungsgerichts, die Antragstellerin würde in diesem Beruf unter Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen Einkommenssteigerungen gegenwärtig ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von 4.500 € erzielen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruht auf substantiiertem Vortrag der Antragstellerin zur Entwicklung der Einkünfte in der Werbebranche, die von dem Antragsgegner bereits nicht hinreichend bestritten worden sind.
22
Auch soweit das Berufungsgericht dem ohne Ehe erzielbaren Einkommen als Cheftexterin lediglich ein aus einer Vollzeittätigkeit als Gymnasiallehrerin erzielbares Einkommen gegenübergestellt hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner trägt als Unterhaltsschuldner die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 1578 b BGB. Er hat deswegen grundsätzlich auch das Fehlen eines ehebedingten Nachteils darzulegen. Dazu gehört auch ein Vortrag, dass die Ehefrau Einkünfte erzielt oder erzielen könnte, die in der Höhe den Einkünften entsprechen, die sie wegen der ehebedingten Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit nicht mehr erzielen konnte. Weil der Antragsgegner dem nicht im erforderlichen Umfang nachgekommen ist, hat das Berufungsgericht zu Recht eine fortdauernde ehebedingte Einkommenseinbuße in Höhe von monatlich 900 € brutto angenommen. Zwar ist die Antragstellerin auch unter Berücksichtigung der Belange des im Dezember 1993 geborenen gemeinsamen Sohnes gehalten, eine Vollzeiterwerbstätigkeit auszuüben. Zutreffend ist das Berufungsgericht deswegen von einem Unterhaltsanspruch der Antragstellerin ausgegangen, der sich lediglich auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB richtet. Soweit es der Antragstellerin keine fiktiven Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit als Cheftexterin zugerechnet hat, widerspricht dies nicht den Ausführungen zum ehebedingten Nachteil infolge der Aufgabe dieser Erwerbstätigkeit. Denn nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts spricht der Umstand, dass die Antragstellerin einen Beruf als Cheftexterin ohne ehebedingte Unterbrechung bis heute ausüben würde, nicht notwendig dafür, dass sie nach der ehebedingten mehrjährigen Unterbrechung dieser Tätigkeit auch heute noch eine solche Stelle bekommen würde. Wenn das Berufungsgericht stattdessen an der von der Antragstellerin tatsächlich ausgeübten Tätigkeit in ihrem Beruf als Gymnasiallehrerin anknüpft, liegt das in seinem tatrichterlichen Ermessen.
23
4. Auch die weiteren Angriffe der Revision gegen die Billigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts überzeugen nicht. Das Berufungsgericht hat insoweit alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigt. Zu Recht ist es davon ausgegangen, dass eine zeitliche Befristung des Aufstockungsunterhalts gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB regelmäßig dann nicht in Betracht kommt, wenn die Einkommensdifferenz zwischen den Ehegatten auf fortwirkenden ehebedingten Nachteilen zu Lasten des Unterhaltsberechtigten beruht (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007 f. und seitdem in ständiger Rechtsprechung). Eine solche dauerhafte ehebedingte Einkommenseinbuße hat das Oberlandesgericht mit monatlich 500 € ermittelt, was zur Höhe von der Revision nicht angegriffen wird. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung hat das Oberlandesgericht außerdem die Dauer der Ehe der Parteien von Oktober 1993 bis zur Trennung im April 2004 sowie die Ausgestaltung der Kindererziehung und Erwerbstätigkeit während der Ehe berücksichtigt. Obwohl auch die Antragstellerin zunächst vollschichtig erwerbstätig war, hat sie - neben der Tagesbetreuung des gemeinsamen Kindes durch Au-pair-Mädchen und Ta- gesmütter - den überwiegenden Teil der weiteren Betreuung selbst sichergestellt. Denn der Antragsgegner war durch seine Berufstätigkeit in Straßburg und Brüssel und durch das parallel absolvierte Jurastudium dazu nur sehr eingeschränkt in der Lage. Auch die Einkommensverhältnisse beider Parteien hat das Berufungsgericht zutreffend berücksichtigt, indem es ausführt, dass eine dauerhafte Unterhaltspflicht in Höhe von 500 € den Antragsgegner bei dessen bereinigtem Nettoeinkommen von 5.427,80 € nicht übermäßig belastet.
24
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts entspricht schließlich auch der gesetzlichen Intention des § 1578 b BGB. Denn es hat den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin nach einer im Wege der Billigkeit ermittelten Übergangsfrist bis Ende 2011 auf 500 € monatlich und damit auf die Höhe des ehebedingten Nachteils reduziert. Ab diesem Zeitpunkt belaufen sich die Einkünfte der Antragstellerin aus ihrer Erwerbstätigkeit und dem Unterhaltsanspruch gegen den Antragsgegner auf den Betrag, den sie ohne die Ehe selbst erzielen würde. Wenn das Berufungsgericht eine Befristung dieses Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 2 BGB abgelehnt hat, um der Antragstellerin den Ausgleich ihrer ehebedingten Nachteile dauerhaft zu sichern, ist dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen Einkommensverhältnisse aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
25
5. Die Revision des Antragsgegners hat schließlich auch keinen Erfolg, soweit sie sich auf neue Umstände stützt, die nach Erlass des Berufungsurteils entstanden sind.
26
a) Zwar hat der Antragsgegner mit der Revision dargelegt, dass die Antragstellerin ab September 2008 eine monatliche Kinder- und Haushaltszulage in Höhe von 478,94 € nebst einer Nachzahlung für die Zeit seit April 2007 erhält. Diese neue Tatsache ist aber im Revisionsverfahren nicht mehr zu berück- sichtigen. Denn nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. Art. 111 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz - FGG-RG) unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die Urteilsgrundlage wird also regelmäßig durch das Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen (BGHZ 104, 215, 220 = NJW 1988, 3092, 3094); neue Tatsachen dürfen im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht berücksichtigt werden.
27
b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO allerdings einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung einfließen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen. Der Gedanke der Konzentration der Revisionsinstanz auf die rechtliche Bewertung eines festgestellten Sachverhalts verliert nämlich an Gewicht, wenn die Berücksichtigung von neuen tatsächlichen Umständen keine nennenswerte Mehrarbeit verursacht und die Belange des Prozessgegners gewahrt bleiben. Dann kann es aus prozessökonomischen Gründen nicht zu verantworten sein, die vom Tatsachenausschluss betroffene Partei auf einen weiteren, ggf. durch mehrere Instanzen zu führenden Prozess zu verweisen. In einem solchen Fall ist vielmehr durch die Zulassung neuen Vorbringens im Revisionsverfahren eine rasche und endgültige Streitbereinigung herbeizuführen (Senatsurteil vom 21. November 2001 - XII ZR 162/99 - FamRZ 2002, 318, 319 m.w.N.).
28
c) Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Selbst wenn die Zahlung der Kinder- und Haushaltszulage an die Antragstellerin unstreitig sein sollte, stünde damit noch nicht fest, auf welcher Grundlage dieser Betrag an die Antragstellerin gezahlt wird, wie er unterhaltsrechtlich einzuordnen ist und ob auch die Kinderzulage als ihr Einkommen zu berücksichtigen ist (zu einem vom Arbeitgeber gezahlten Kinderzuschlag vgl. Senatsurteil vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - FamRZ 2007, 882, 885; zum Kinderzuschlag nach § 6 a BKGG vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rdn. 462 b ff.).
29
Schließlich wäre ein weiteres Einkommen der Antragstellerin auch im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB zu berücksichtigen , zumal dann ihr ehebedingter Nachteil überwiegend kompensiert würde. Ob dieser Umstand, der zu einer weiteren Absenkung des ehebedingten Nachteils führen kann, im Hinblick auf die ungewisse Fortzahlung der Kinder- und Haushaltszulage nur zu einer weiteren Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs oder sogar zu einer Befristung des nachehelichen Unterhalts führen kann, muss deswegen einer umfassenden Prüfung im Abänderungsverfahren nach § 238 FamFG323 ZPO a.F.) vorbehalten bleiben. Schließlich lässt die Zulage den ehebedingten Nachteil der Antragstellerin nicht entfallen, sondern kompensiert diesen lediglich teilweise. Damit sind auch schützenswerte Belange der Antragstellerin betroffen, die im Rahmen der umfassenden Billigkeitsabwägung Berücksichtigung finden müssen.
Hahne Dose Klinkhammer Grupp Schilling

Vorinstanzen:
AG Berlin-Schöneberg, Entscheidung vom 27.03.2007 - 20 F 119/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 11.04.2008 - 3 UF 67/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 111/08 Verkündet am:
27. Mai 2009
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Auch der Unterhaltspflichtige darf grundsätzlich neben der gesetzlichen Altersvorsorge
eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben, die beim Ehegattenunterhalt
mit einem Betrag bis zu 4 % seines Bruttoeinkommens zu berücksichtigen
ist. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Senats zu den
wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen nicht darauf an, ob bereits während
der Ehezeit Beiträge für eine solche Altersvorsorge gezahlt wurden.

b) Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Herabsetzung oder zeitliche
Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ist vorrangig zu berücksichtigen
, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten
sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. § 1578 b BGB beschränkt
sich allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern
berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (im
Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406).
BGH, Urteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - OLG Hamm
AG Rheine
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Mai 2009 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, Dose und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 13. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 27. Juni 2008 wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussrevision der Klägerin wird das genannte Urteil aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab Februar 2007.
2
Sie hatten im April 1972 geheiratet, als die Klägerin 16 Jahre alt und vom Beklagten schwanger war. Aus ihrer Ehe sind insgesamt vier Kinder hervorgegangen , von denen nur noch die im Oktober 1987 geborene jüngste Tochter, die im Haushalt der Klägerin wohnt, unterhaltsbedürftig ist. Die Ehe der Partei- en wurde im Mai 1998 geschieden. Im Hinblick auf die Unterhaltspflicht des Beklagten für die gemeinsamen Kinder machte die Klägerin zunächst keinen nachehelichen Unterhalt geltend.
3
Die Klägerin ist nach einer im Jahre 1989 diagnostizieren Darmkrebserkrankung seit 1993 als zu 100 % schwerbehindert eingestuft und bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente, die sich zunächst auf 1.039,21 € belief und seit Juli 2007 1.040,19 € beträgt. Daneben erzielt sie Einkünfte aus einer geringfügigen Erwerbstätigkeit in Höhe von monatlich 349 €. Um den Arbeitsplatz zu erreichen , muss sie zweimal wöchentlich mit dem Pkw 30 km zurücklegen. Für eine Lebensversicherung zahlt die Klägerin monatliche Beiträge in Höhe von 51,13 €. Im Jahre 2007 musste sie eine Steuernachzahlung in Höhe von insgesamt 74 €, im Jahre 2008 eine solche in Höhe von 488 € leisten.
4
Der Beklagte erzielt als Beamter Nettoeinkünfte in Höhe von 2.601,28 €, in denen eine Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von monatlich 104,17 € enthalten ist. Hinzu kommt eine Steuererstattung, die sich nach Abzug der Kosten für die Erstellung der Steuererklärung im Jahre 2007 auf insgesamt 790,02 € und im Jahre 2008 auf insgesamt 744,78 € belief. Die Beiträge des Beklagten zur Krankenversicherung betrugen im Jahre 2007 monatlich 303,98 € und belaufen sich ab Januar 2008 auf monatlich 314,85 €. Für eine Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zahlte der Beklagte ursprünglich monatlich 302,16 €, wovon nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 111,85 € auf die Berufsunfähigkeitsversicherung und 190,31 € auf die Lebensversicherung entfielen. Für die Zeit ab Juli 2007 ist der Gesamtbeitrag auf monatlich 317,27 € gestiegen. Für sich und die noch unterhaltsberechtigte Tochter Yvonne zahlt der Beklagte monatliche Beiträge für eine Krankenhaustagegeldversicherung , die ursprünglich 13,01 € betrugen und sich seit November 2007 auf 17,51 € belaufen. Außerdem zahlt der Beklagte monatliche Beiträge für eine weitere Lebensversicherung in Höhe von ursprünglich 49,49 € und von 52,02 € seit September 2007. Schließlich zahlt er Monatsraten auf einen Bausparvertrag in Höhe von 75 €. Auf den Unterhaltsanspruch der Tochter Yvonne zahlt der Beklagte monatlich 250 €, während die Klägerin für den restlichen Barunterhalt der volljährigen Tochter aufkommt.
5
Das Amtsgericht hat der auf einen Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 111,40 € gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung der mit einer Klagerweiterung verbundenen Anschlussberufung der Klägerin - der Klage in geringerem Umfang stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die Zeit ab dem 20. Februar 2007 Unterhalt in wechselnder Höhe, zuletzt für die Zeit ab Januar 2008 in Höhe von monatlich 103 € zu zahlen. Die vom Beklagten begehrte Befristung des Unterhaltsanspruchs hat es abgelehnt. Die Revision hat das Berufungsgericht "im Hinblick auf die Anwendung des neuen Unterhaltsrechts zur Frage der Beschränkung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB" zugelassen.
6
Gegen das Berufungsurteil richten sich die Revision des Beklagten, mit der er nach wie vor Klageabweisung begehrt, und die Anschlussrevision der Klägerin, die auf einen höheren Unterhalt für die Zeit ab Juli 2007, zuletzt für die Zeit ab Juni 2008 auf monatlich 209 €, gerichtet ist.

Entscheidungsgründe:

A.

7
Die Revision des Beklagten ist nur teilweise zulässig, die Anschlussrevision der Klägerin hingegen in vollem Umfang.

I.

8
Die Revision des Beklagten ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zu nachehelichem Unterhalt für die Zeit bis Ende 2007 richtet. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
9
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339, 1340; Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (Senatsurteil vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier der Fall.
10
Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das Oberlandesgericht die Revision nur zur Höhe und Dauer des Betreuungsunterhalts nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht zulas- sen wollte. Denn die ausdrücklich in Bezug genommene Neuregelung des § 1578 b BGB ist erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten. Die grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wirkt sich deswegen nur auf den Unterhaltsanspruch ab Januar 2008 aus. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage - wie hier - nur auf einen Teil des streitigen Zeitraums, liegt regelmäßig die Annahme nahe, das Berufungsgericht habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils zulassen wollen. Ein derartiges Verständnis des Ausspruchs über die Zulassung trägt auch der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des Revisionsgerichts auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung. Es verhindert umgekehrt, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 – FamRZ 2009, 770, 771 Tz. 9 und vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 446).

II.

11
Die Anschlussrevision der Klägerin ist hingegen nach § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO in vollem Umfang zulässig.
12
Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit zur Einlegung einer Anschlussrevision durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 2001, 1887, 1901) dadurch erweitert, dass nach § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO - abweichend vom bis dahin geltenden Recht (vgl. insoweit Senatsurteil vom 19. November 1997 - XII ZR 1/96 - FamRZ 1998, 286, 287) - eine Anschlussrevision auch ohne eine vorherige Zulassung statthaft ist. Dem Revisionsbeklagten soll nach der Gesetzesbegründung die Möglichkeit eröffnet wer- den, eine Abänderung des Berufungsurteils zu seinen Gunsten zu erreichen, wenn das Revisionsverfahren ohnehin durchgeführt werden muss. Es sei unbillig , der friedfertigen Partei, die bereit sei, sich mit der Entscheidung abzufinden, die Anschließungsmöglichkeit für den Fall abzuschneiden, dass der Gegner die Entscheidung wider Erwarten angreife (BT-Drucks. 14/4722, S. 108). Daher kann eine Anschlussrevision bei beschränkter Zulassung der Revision auch dann wirksam eingelegt werden, wenn die Anschlussrevision nicht den Streitgegenstand betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (BGHZ 174, 244, 253 = FamRZ 2008, 402 m.w.N.).
13
Die Neuregelung der Anschlussrevision in § 554 ZPO ändert aber nichts daran, dass sie als unselbständiges Rechtsmittel akzessorischer Natur ist. Dieser Abhängigkeit der Anschlussrevision würde es widersprechen, wenn mit ihr Streitstoff eingeführt werden könnte, der mit dem Gegenstand der Hauptrevision weder in einem rechtlichen noch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht. Es kommt hinzu, dass eine unbeschränkte Statthaftigkeit der Anschlussrevision in Fällen, in denen die Hauptrevision zu Gunsten einer Partei nur teilweise zugelassen wurde, zu einer Benachteiligung des Revisionsklägers führte und somit über den Gesetzeszweck der Schaffung einer Art Waffengleichheit zwischen den Parteien hinausginge. Die - grundsätzlich zulässige - Beschränkung der Revision führt dazu, dass der Revisionskläger das Urteil im Revisionsverfahren nur zum Teil angreifen kann. Soweit kein Revisionszulassungsgrund vorliegt, muss er das Berufungsurteil hinnehmen. Im Falle der Einlegung der Revision könnte dann aber bei einer uneingeschränkten Statthaftigkeit der Anschlussrevision der Revisionsbeklagte das Urteil - soweit er unterlegen ist - insgesamt anfechten, selbst wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen Fehlens eines Zulassungsgrundes oder mangels Erreichens des Beschwerdewerts gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO nicht erfolgreich gewesen wäre. Eine Benachteiligung des Revisionsklägers wäre nur dann nicht gegeben, wenn man ihm das Recht zu einer Gegenanschließung gewährte. Eine derartige Möglichkeit hat der Gesetzgeber indes nicht vorgesehen. Die insoweit bestehende Ungleichbehandlung ist dann nicht gerechtfertigt, wenn der Gegenstand der Anschlussrevision in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Hauptrevision steht (BGHZ 174, 244, 253 f. = FamRZ 2008, 402 f. m.w.N.).
14
Diese Einschränkung der Zulässigkeit einer Anschlussrevision kommt hier allerdings nicht zum Tragen. Denn der Unterhaltszeitraum von Februar bis Dezember 2007 steht wegen der auch insoweit zu entscheidenden Rechtsfragen schon in rechtlichem Zusammenhang mit dem von der Revision zulässig angegriffenen Unterhaltszeitraum ab Januar 2008.

B.

15
Soweit die Revision des Beklagten zulässig ist, bleibt sie ohne Erfolg, während die Anschlussrevision der Klägerin im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht führt.

I.

16
Das Berufungsgericht hat der Klage zur Höhe lediglich teilweise stattgegeben und eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin abgelehnt. Zur Begründung hat es folgendes ausgeführt:
17
Der Unterhaltsanspruch der Klägerin richte sich nach § 1572 Nr. 1 BGB, weil diese bereits im Zeitpunkt der Ehescheidung wegen ihrer Krebserkrankung erwerbsunfähig bzw. nur sehr eingeschränkt erwerbsfähig gewesen sei und dieser Zustand unverändert andauere. Auf ihren Unterhaltsanspruch habe die Klägerin weder ausdrücklich noch stillschweigend verzichtet. Der Anspruch sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH Urteil vom 22. November 2006 - XII ZR 152/04 - FamRZ 2007, 453) auch nicht verwirkt, weil kein Unterhalt geltend gemacht werde, der länger als ein Jahr zurück gelegen habe. Weil die Klägerin den Unterhaltsanspruch erst mit Mahnschreiben vom 16. Februar 2007 geltend gemacht habe, das dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 20. Februar 2007 zugegangen sei, könne sie auch erst ab diesem Zeitpunkt Unterhalt verlangen.
18
Im Rahmen der Unterhaltsbemessung sei von dem unstreitigen Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von 2.601,28 € auszugehen. Ein fiktiv höheres Nettoeinkommen wegen einer ausgeschlagenen Beförderung könne nicht berücksichtigt werden, weil die Klägerin einen solchen Sachverhalt nicht hinreichend substantiiert vorgetragen habe und eine Beweisaufnahme deswegen auf einen Ausforschungsbeweis hinauslaufe. Dem Nettoeinkommen seien die dem Kläger in den Jahren 2007 und 2008 zugeflossenen Steuererstattungen hinzuzurechnen. Davon seien allerdings die Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen abzusetzen, die untrennbar mit den Steuererstattungen verbunden seien. Weiter abzusetzen seien die Dienstaufwandsentschädigung sowie die Kosten für die Krankenversicherung, die Tagegeldversicherung für den Beklagten und die unterhaltsberechtigte Tochter Yvonne, die Berufsunfähigkeitsversicherung sowie der Zahlbetrag des Unterhalts für die Tochter. Die Beiträge für die weiteren Lebensversicherungen und den Bausparvertrag seien ebenfalls in voller Höhe abzusetzen, weil schon die ehelichen Lebensverhältnisse von diesen Beiträgen geprägt gewesen seien.
19
Für die Klägerin sei von ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente und den Einkünften aus der geringfügigen Erwerbstätigkeit auszugehen. Von diesem Er- werbseinkommen seien allerdings monatliche Fahrtkosten abzusetzen, die sich auf zunächst 55,20 € beliefen und ab Januar 2008 (0,30 €/km) 69 € betrügen. Außerdem seien die Beiträge der Klägerin für ihre Lebensversicherung und die Steuernachzahlungen abzusetzen. Daraus ergebe sich ein monatlicher Unterhaltsanspruch der Klägerin für die Zeit vom 20. Februar bis Juni 2007 in Höhe von 119 €, für die Zeit von Juli bis August 2007 in Höhe von 109 €, für die Zeit von September bis Oktober 2007 in Höhe von 108 €, für die Zeit von November bis Dezember 2007 in Höhe von 106 € und für die Zeit ab Januar 2008 in Höhe von 103 €.
20
Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei nicht zeitlich zu befristen und auch nicht zur Höhe zu beschränken. Eine Befristung unter dem Gesichtspunkt der gesteigerten Eigenverantwortlichkeit geschiedener Ehegatten scheide aus, obwohl die Klägerin erst 1955 geboren und im Zeitpunkt des Berufungsurteils noch nicht 53 Jahre alt gewesen sei. Denn sie sei bereits seit 1993 dauerhaft und zu 100 % schwerbehindert und deswegen nicht in der Lage, eine weitergehende Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Auch eine Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB scheide aus, weil ein zeitlich unbefristeter Unterhaltsanspruch in der zugesprochenen Höhe nicht unbillig sei. Zwar sei die Krebserkrankung der Klägerin nicht ehebedingt. Im Rahmen des Krankheitsunterhalts gewinne die nacheheliche Solidarität allerdings gesteigerte Bedeutung, während einem ehebedingten Nachteil als Voraussetzung für eine Befristung und Begrenzung des Unterhaltsanspruchs weniger Gewicht zukomme. Die Umstände des Einzelfalles, insbesondere die sehr lange Ehedauer, die fehlende Berufsausbildung im Zeitpunkt der Heirat im Alter von 16 Jahren und die sodann folgende Hausfrauenehe mit Kindererziehung sowie das Alter der jüngsten Tochter im Zeitpunkt der Scheidung sprächen gegen eine Befristung oder Begrenzung des Unterhalts. Der Beklagte werde schon durch die Er- werbsunfähigkeitsrente der Klägerin entlastet und eine weitere Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs sei aus Billigkeitsgründen nicht geboten.

II.

21
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten nicht in allen Punkten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
22
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings die Einwände des Beklagten gegen den Anspruch auf Krankheitsunterhalt zurückgewiesen, soweit sie auf einen Verzicht der Klägerin oder eine Verwirkung ihres Unterhaltsanspruchs gerichtet sind. Auch die Revision des Beklagten erinnert hierzu nichts.
23
2. Die Anschlussrevision der Klägerin hat schon deswegen Erfolg, weil das Oberlandesgericht ihren Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht zutreffend ermittelt hat.
24
a) Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Höhe des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Klägerin gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet. Der unbestimmte Rechtsbegriff der "ehelichen Lebensverhältnisse" ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats allerdings nicht mehr im Sinne eines strikten Stichtagsprinzips auszulegen. Eine solche Fixierung auf einen bestimmten Stichtag lässt sich der Vorschrift des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entnehmen. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sind bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen vielmehr spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Die in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB vor- gegebene Anknüpfung an die ehelichen Lebensverhältnisse kann deren grundsätzliche Wandelbarkeit lediglich nach dem Zweck des nachehelichen Unterhalts einerseits und der fortwirkenden ehelichen Solidarität andererseits begrenzen (Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411, 413 f.).
25
b) Diesen Vorgaben der neueren Rechtsprechung des Senats hält das angefochtene Urteil nicht in allen Punkten stand.
26
aa) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht bei der Bemessung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Klägerin allerdings von den unstreitigen Nettoeinkünften des Beklagten in Höhe von 2.601,28 € ausgegangen und hat dem - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil BGHZ 175, 182, 195 = FamRZ 2008, 968, 971) - die vom Beklagten erhaltenen Steuererstattungen hinzugerechnet.
27
Bei der Bemessung der unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Steuererstattungen hat das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend die Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen abgesetzt. In seiner neueren Rechtsprechung zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen knüpft der Senat grundsätzlich an die tatsächlichen Verhältnisse während des Unterhaltszeitraums an. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts musste der Beklagte für seine Steuererklärung im Jahre 2007 84 € und im Jahre 2008 115 € aufwenden, die seine Steuererstattung entsprechend schmälern. Eine Berücksichtigung dieser Verringerung des verfügbaren Einkommens findet nach der neueren Rechtsprechung des Senats erst in der nachehelichen Solidarität ihre Grenze. Nur bei einem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten ist deswegen entgegen den tatsächlichen Verhältnissen von fiktiv höheren Einkünften auszugehen (Senatsurteil BGHZ 175, 182, 195 f. = FamRZ 2008, 968, 971 f.). Ein solches unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten hat das Oberlandesgericht bezüglich der Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen zu Recht abgelehnt. Denn die steuerliche Behandlung der Erwerbseinkünfte ist auch für abhängig beschäftigte Arbeitnehmer nicht offenkundig, eine geringere Steuerlast kommt auch dem unterhaltsberechtigten Ehegatten zugute und oftmals ergibt sich erst durch die Beratung, ob steuerrechtlich zu beachtende Besonderheiten vorliegen. Ein Abzug tatsächlich angefallener Kosten für die Steuererklärung ist deswegen nur dann ausgeschlossen, wenn von vornherein feststeht, dass für das abgelaufene Steuerjahr weder eine Steuerpflicht noch eine Erstattung in Betracht kommt (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rdn. 108; a.A. OLG Hamm FamRZ 1992, 1177 und Kalthoener/Büttner/ Niepmann Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 1051).
28
Zu Recht hat das Berufungsgericht vom Nettoeinkommen des Beklagten auch neben der Dienstaufwandsentschädigung die Kosten für seine Krankenversicherung , seine Berufsunfähigkeitsversicherung und die Krankenhaustagegeldversicherung abgesetzt. Diese Beiträge dienen der Sicherung des Erwerbseinkommens des Beklagten im Falle von Krankheit oder Arbeitslosigkeit, ohne dass der Beklagte dadurch zu Lasten der Klägerin eigenes Vermögen bildet. Die Kosten für diese reinen Risikoversicherungen sind deswegen als Kosten zur Erhaltung des Arbeitseinkommens zu berücksichtigen.
29
bb) Zutreffend weist die Anschlussrevision der Klägerin allerdings darauf hin, dass das Berufungsgericht mit dem Abzug der Beiträge für zwei Lebensversicherungen und einen Bausparvertrag Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt hat, die den nach der Rechtsprechung des Senats geltenden Höchstbetrag der zusätzlichen Altersvorsorge übersteigen.
30
Nach der Rechtsprechung des Senats darf auch der Unterhaltspflichtige von seinen Einkünften grundsätzlich neben der gesetzlichen Altersvorsorge eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben, die unterhaltsrechtlich beim Elternunterhalt bis zu 5 % des Bruttoeinkommens (Senatsurteile vom 14. Januar 2004 - XII ZR 149/01 - FamRZ 2004, 792, 793 und vom 30. August 2006 - XII ZR 98/04 - FamRZ 2006, 1511, 1514) und im Übrigen bis zu 4 % des Bruttoeinkommens (Senatsurteile BGHZ 163, 84, 97 ff. = FamRZ 2005, 1817, 1821 f. und BGHZ 171, 206, 216 = FamRZ 2007, 793, 795) betragen kann.
31
Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts jedoch nicht darauf an, ob bereits während der Ehezeit Beiträge für eine solche Altersvorsorge gezahlt wurden. Denn wenn der Unterhaltspflichtige bereits während der Ehezeit eine zusätzliche Altersvorsorge - wie hier in Form einer Kapitallebensversicherung - betrieben hatte, profitiert der andere Ehegatte regelmäßig im Zugewinnausgleich davon. Für die Zeit ab Zustellung des Scheidungsantrags , die vom Zugewinnausgleich nicht mehr erfasst wird, können überhöhte ehezeitliche Vorsorgekosten keine Rechtfertigung für deren Fortdauer geben. Dies würde nunmehr auf eine einseitige Vermögensbildung des unterhaltspflichtigen Ehegatten zu Lasten der Unterhaltsansprüche des unterhaltsberechtigten Ehegatten hinauslaufen (vgl. zum Wohnvorteil Senatsurteil vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963, 965 Tz. 17 ff.). Umgekehrt ist nach der Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen allerdings auch eine erst nachehelich hinzutretende zusätzliche Altersvorsorge zu berücksichtigen, weil darin kein unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten liegt, welches die nacheheliche Solidarität der geschiedenen Ehegatten verletzt (vgl. Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411, 413 f.).
32
Das Oberlandesgericht durfte danach die der Altersvorsorge dienenden Beiträge des Beklagten für seine beiden Lebensversicherungen und den Bausparvertrag nicht in voller Höhe von monatlich 314,80 € (190,31 € + 49,49 € + 75 €), sondern lediglich in Höhe von 4 % des Bruttoeinkommens berücksichtigen. Der Senat kann insoweit aber nicht selbst abschließend entscheiden, weil es an den erforderlichen Feststellungen durch das Berufungsgericht fehlt. Denn es hat weder das Bruttoeinkommen des Beklagten festgestellt, noch die Höhe des auf die Lebensversicherung entfallenden Beitrags für den mit der Berufsunfähigkeitsversicherung verbundenen Versicherungsvertrag. Zwar hatte das Amtsgericht die monatlichen Kosten für diesen Versicherungsvertrag in Höhe von ursprünglich 302,16 € entsprechend dem Vortrag des Beklagten in einen Teil für die Berufsunfähigkeitsversicherung von 111,85 € und einen weiteren Teil für die Lebensversicherung in Höhe von 190,31 € aufgeteilt. Dies widerspricht allerdings der in Bezug genommenen Auskunft der Versicherungsgesellschaft , die den Beitrag in einen Teil von 122,14 € für die Berufsunfähigkeitsversicherung und einen Teil von 180,02 € für die Lebensversicherung aufgeteilt hatte. Auch die Aufteilung für die Zeit ab der Erhöhung des Gesamtbeitrages zum 1. Juli 2007 von 302,16 € auf 317,27 € hat das Oberlandesgericht - aus seiner Sicht konsequent - nicht festgestellt. Das angefochtene Urteil ist deswegen aufzuheben und der Rechtsstreit ist insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
33
3. Soweit der Beklagte mit seiner Revision eine zeitliche Befristung oder eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578 b BGB begehrt, hat diese hingegen keinen Erfolg. Denn das Oberlandesgericht hat im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgelehnt.
34
a) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den nach § 1578 b Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechend anzuwendenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB.
35
aa) Danach ist bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts vorrangig zu berücksichtigen , inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Wie schon nach der Rechtsprechung des Senats zu § 1573 Abs. 5 BGB a.F. (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007) schränken solche ehebedingten Nachteile regelmäßig auch nach der Neufassung des § 1578 b BGB (BT-Drucks. 16/1830 S. 19) die Möglichkeit einer Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ein (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328). Solche Nachteile können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
36
Im Rahmen des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB führt etwa eine fehlende oder eingeschränkte Erwerbsmöglichkeit wegen Betreuung eines gemeinsamen Kindes zu einem ehebedingten Nachteil, der regelmäßig unterhaltsrechtlich auszugleichen ist (vgl. insoweit Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 ff.). Auch bei der Entscheidung über eine Begrenzung oder Befristung des Unterhalts wegen Alters nach § 1571 BGB ist zu berücksichtigen, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte trotz eines durchgeführten Versorgungsausgleichs geringere Renteneinkünfte erzielt, als er ohne die Ehe und die Erziehung der gemeinsamen Kinder erzielen würde. Beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB, bei dem die Krankheit regelmäßig nicht ehebedingt ist, kann sich ein ehebedingter Nachteil nur daraus ergeben, dass ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsunfähigenrente infolge der Ehe und Kindererziehung geringer ist, als sie ohne die Ehe wäre (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406, 408). Insoweit entsprechen sich der Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB. In beiden Fällen ist allerdings zu berücksichtigen , dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328 f. und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508, 1511).
37
bb) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Denn indem § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB "insbesondere" auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt es andere Gesichtspunkte für die Billigkeitsabwägung nicht aus. Dieser Umstand gewinnt besonders beim nachehelichen Unterhalt gemäß § 1572 BGB wegen einer Krankheit, die regelmäßig nicht ehebedingt ist, an Bedeutung (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406, 409).
38
Allerdings handelt es sich bei einer schweren Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit in der Regel um eine schicksalhafte Entwicklung. Eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten für das allein im zeitlichen Zusammenhang mit der Ehe stehende Krankheitsrisiko ist deswegen nicht ohne weiteres gerechtfertigt. Der Einsatzzeitpunkt in § 1572 BGB schließt deswegen eine Einstandspflicht des geschiedenen Ehegatten für erst nachehelich eingetretene Erkrankungen aus (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406, 409).
39
Andererseits hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit oder Gebrechen in § 1572 BGB ein besonderes Maß an nachehelicher Solidarität festgeschrieben, das auch im Rahmen der Begrenzung oder Befristung dieses nachehelichen Unterhalts nicht unberücksichtigt bleiben kann. Auch in solchen Fällen, in denen die fortwirkende eheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, fällt den in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB genannten Umständen besondere Bedeutung zu (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Auf deren Grundlage, insbesondere der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ist auch der Umfang einer geschuldeten nachehelichen Solidarität zu bemessen.
40
b) Soweit das Berufungsgericht auf dieser rechtlichen Grundlage eine Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin abgelehnt hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
41
aa) Zwar ist die Krebserkrankung der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unabhängig von Ehe, Kindererziehung und Rollenverteilung in der Ehe eingetreten und somit nicht ehebedingt. Dass die Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer Kindererziehungszeiten und der damit verbundenen Anrechnungszeiten sowie des durchgeführten Versorgungsausgleichs geringer ist, als sie ohne die Ehe und Kindererziehung wäre , hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht festgestellt.
42
bb) Der unbegrenzte Ausspruch des nachehelichen Unterhalts als Billigkeitsentscheidung ist gleichwohl aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat der nachehelichen Solidarität der Ehegatten hier zu Recht eine besondere Bedeutung eingeräumt. Denn die Parteien waren 26 Jahre verheiratet und hatten eine reine Hausfrauenehe geführt. Die Klägerin hatte bereits im Alter von 16 Jahren wegen der eingetretenen Schwangerschaft geheiratet und konnte deswegen keine Berufsausbildung absolvieren. Die vier ehelich geborenen Kinder sind von ihr betreut und erzogen worden. Im Zeitpunkt der Scheidung war die jüngste Tochter erst zehn Jahre alt und noch betreuungsbedürftig. Die Klägerin hat sich somit seit Abschluss ihrer Schulzeit und weit über den Zeitpunkt ihrer Krebserkrankung im Jahre 1989 hinaus allein für die Ehe der Parteien eingesetzt. Dies begründet ein besonders gewichtiges Vertrauen, das im Rahmen einer Befristung und Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB ebenfalls zu berücksichtigen ist.
43
Auch die weiteren Umstände stehen der Entscheidung des Berufungsgerichts im Rahmen der notwendigen Gesamtschau aus revisionsrechtlicher Sicht nicht entgegen. Denn die Klägerin erzielt aus ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente und ihren Nebeneinkünften abzüglich aller Kosten lediglich Einkünfte in Höhe von rund 1.140 €, die nur wenig über den angemessenen Selbstbehalt hinausgehen. Demgegenüber verbleiben dem Beklagten nach Abzug sämtlicher unterhaltsrelevanter Kosten und des für die volljährige Tochter gezahlten Unterhalts deutlich höhere Einkünfte, von denen er den relativ geringen Unterhaltsanspruch der Klägerin ohne besondere Einschränkung erbringen kann. Ein berechtigtes Vertrauen, das einem unbefristeten Unterhaltsanspruch der Klägerin entgegenstehen könnte, konnte sich schon deswegen nicht bilden, weil die Klägerin bereits im Jahre 1989 erkrankt und seit 1993 dauerhaft als zu 100 % erwerbsunfähig eingestuft war, während die Ehe der Parteien erst im Jahre 1998 geschieden wurde.
Hahne Sprick Wagenitz Dose Klinkhammer
Vorinstanzen:
AG Rheine, Entscheidung vom 10.10.2007 - 13 F 90/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 27.06.2008 - 13 UF 272/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 15/05 Verkündet am:
26. September 2007
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Befristung des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 5 BGB
und zur Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen
nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn die Ehe kinderlos geblieben ist und der
unterhaltsberechtigte Ehegatte in dem auch vorehelich ausgeübten Beruf eine Vollzeittätigkeit
ausübt (im Anschluss an die Senatsurteile vom 23. Mai 2007 - XII ZR
245/04 - FamRZ 2007, 1232, vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007,
793 und vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 190/03 - FamRZ 2007, 200).
BGH, Urteil vom 26. September 2007 - XII ZR 15/05 - OLG Hamm
AG Siegen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. September 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Dr. Ahlt und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. Dezember 2004 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten im Scheidungsverbundverfahren noch um den nachehelichen Ehegattenunterhalt.
2
Der am 3. Juni 1962 geborene Antragsteller und die am 29. September 1961 geborene Antragsgegnerin hatten am 16. November 1982 die Ehe geschlossen , die kinderlos blieb. Nachdem sich die Parteien im April 2002 getrennt hatten, wurde ihre Ehe auf den im April 2003 zugestellten Scheidungsantrag durch Verbundurteil vom 4. März 2004 geschieden. Der Scheidungsausspruch und die Entscheidung zum Versorgungsausgleich sind seit dem 20. Juli 2004 rechtskräftig.
3
Der Antragsteller, der schon bei Eingehung der Ehe als Zerspanungsmechaniker beschäftigt war, erzielt aus dieser Berufstätigkeit nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus ein unterhaltsrelevantes monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.478,56 €. Die Antragsgegnerin ist gelernte Drogistin, arbeitete aber schon vor der Ehe als Verkäuferin im Lebensmittelbereich. Während der Ehe war sie - neben der Haushaltstätigkeit und der Pflege ihres schwer erkrankten Vaters - weiterhin halbschichtig in diesem Bereich berufstätig. Seit Januar 2003 übt sie eine vollschichtige Berufstätigkeit als Kassiererin aus. Aus dieser Tätigkeit erzielt sie Nettoeinkünfte, die sich abzüglich eines Erwerbstätigenbonus auf monatlich 987,99 € belaufen. Mit Rechtskraft der Ehescheidung hat die Antragsgegnerin , die selbst aus dem Verkauf eines im Wege vorweggenommener Erbfolge erhaltenen Hauses ein Anfangsvermögen in Höhe von 260.000 DM (= 132.935,88 €) erhalten hatte, einen Zugewinnausgleich in Höhe von 60.000 € erlangt, wovon sie 53.150 € verzinslich anlegen kann. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kann sie daraus monatliche Zinseinkünfte von 163,02 € erzielen.
4
Das Amtsgericht hat den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung monatlichen Unterhalt in Höhe von 164 € zu zahlen. Eine vom Antragsteller hilfsweise begehrte zeitliche Befristung hat es abgelehnt. Auf die Berufung des Antragstellers hat das Oberlandesgericht die Unterhaltspflicht auf die Zeit bis zum 31. Juli 2011 befristet und die Revision zur Frage der zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs zugelassen. Gegen diese Befristung richtet sich die Revision der Antragsgegnerin.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht ist unter Bezug auf die von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts von einem monatlichen Anspruch der Antragsgegnerin auf Aufstockungsunterhalt in Höhe von 164 € ausgegangen. Der Anspruch sei allerdings nach den §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die Zeit bis zum 31. Juli 2011 zu begrenzen. Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt könne nach diesen Vorschriften zeitlich begrenzt werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Dies setze eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalles voraus, die auch nicht deswegen entbehrlich sei, weil die Ehe der Parteien von der Eheschließung bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags 20 Jahre und 5 Monate gedauert habe. Trotz dieser langen Ehedauer, die in einem Bereich liege, in dem ihr durchschlagendes Gewicht für eine dauerhafte Unterhaltsgarantie zukomme, sei hier wegen der übrigen Umstände eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts geboten.
7
Die Antragsgegnerin sei zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags erst 42 Jahre alt gewesen, und ihre Erwerbsmöglichkeiten seien nicht durch ehebedingte Nachteile beeinträchtigt. Die Ehe der Parteien sei kinderlos geblieben, und die Antragsgegnerin sei auch während der Ehe ihrem erlernten Beruf als Verkäuferin nachgegangen. Diesen habe sie nach der Trennung problemlos auf eine Vollzeitbeschäftigung ausweiten können. Das Ein- kommensgefälle zwischen den Parteien sei nicht ehebedingt, sondern darauf zurückzuführen, dass sie schon vor der Ehe wegen unterschiedlicher Ausbildungen ein unterschiedlich hohes Einkommen erzielt hätten. Das heutige Einkommen der Antragsgegnerin sei nicht anders als es wäre, wenn sie nicht geheiratet hätte. Sie sei ungeachtet der Ehe beruflich voll integriert und verfüge über ein ihren persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechendes adäquates Einkommen, das ihren Lebensverhältnissen vor der Ehe entspreche. Zudem verfüge die Antragsgegnerin über ein Vermögen in Höhe von ca. 55.000 € aus dem Zugewinnausgleich.
8
Bei Abwägung all dieser Umstände erscheine eine zeitlich unbegrenzte Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig. Es sei deswegen geboten, den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin auf insgesamt sieben Jahre, also bis Ende Juli 2011, zu begrenzen. Dabei seien Ehedauer und Übergangszeit nicht schematisch im Sinne einer zeitlich sich entsprechenden Dauer zu verbinden. Vielmehr sei darauf abzustellen, welche Zeit der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung benötige, um sich auf die anschließende Kürzung des Unterhalts einzustellen. Im vorliegenden Fall erscheine trotz der langen Ehedauer eine siebenjährige Zeitspanne angemessen.
9
Zum gleichen Ergebnis gelange man auch nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB und der danach gebotenen Begrenzung des eheangemessenen Unterhalts. Zwar müsse der Antragsgegnerin stets der angemessene Bedarf von derzeit 1.000 € verbleiben. Diesen Bedarf könne sie allerdings in vollem Umfang durch ihr eigenes Einkommen decken.
10
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

II.

11
Gegen die vom Berufungsgericht ausgesprochene Begrenzung des Aufstockungsunterhalts auf die Zeit bis zum 31. Juli 2011 ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
12
1. Schon aus der Entstehungsgeschichte der Vorschriften des § 1573 Abs. 5 und des § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB folgt, dass der nacheheliche Unterhalt in erster Linie ehebedingt entstandene Nachteile des unterhaltsberechtigten Ehegatten ausgleichen will.
13
Allerdings verschafft der Aufstockungsunterhalt dem unterhaltsberechtigten Ehegatten schon dem Grunde nach einen Anspruch auf Teilhabe an dem während der Ehe erreichten Lebensstandard (BVerfG FamRZ 1981, 745, 750 f.). Insoweit unterscheidet er sich von anderen Tatbeständen des nachehelichen Unterhalts, wie dem Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB (vgl. insoweit BVerfG FamRZ 2007, 965, 971), dem Unterhaltsanspruch bis zur Erlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nach § 1574 BGB oder dem Ausbildungsunterhalt nach § 1575 BGB, die im Ansatz auf den Ausgleich ehebedingter Nachteile abstellen (vgl. BT-Drucks. 7/4361 S. 15).
14
Gleichwohl sah das durch das 1. EheRG eingeführte Unterhaltsrecht ursprünglich keine ausdrückliche Befristungsmöglichkeit und auch kaum Raum für Billigkeitsabwägungen vor. Schon seinerzeit wurde jedoch ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen als mit dem Grundsatz der Eigenverantwortung nach § 1569 BGB unvereinbar kritisiert. Vor allem in Fällen, in denen der unterhaltsberechtigte Ehegatte durch die Ehe keine nennenswerten beruflichen Nachteile erlitten hatte und die Ehe nicht von längerer Dauer war, wurde eine zeitlich unbegrenzte Lebensstandardgarantie als unbillig empfunden (Griesche in FamGb [1992] § 1578 Rdn. 58). Um sol- che Unbilligkeiten im Einzelfall ausschließen zu können, hat der Gesetzgeber bereits durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 in § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB eine Möglichkeit zur Begrenzung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen eingeführt (BT-Drucks. 10/2888, S. 18; vgl. auch Dose, Ausgewählte Fragen der Unterhaltsreform FamRZ 2007, 1289, 1293).
15
Außerdem war seinerzeit wegen der ungünstigen Entwicklung am Arbeitsmarkt weit häufiger und für längere Zeiträume Unterhalt wegen Arbeitslosigkeit nach § 1573 Abs. 1 BGB und Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zugesprochen worden, als es der Gesetzgeber vor Inkrafttreten des 1. EheRG vorausgesehen hatte (Griesche in FamGb [1992] § 1573 Rdn. 42). Dadurch hatten der Unterhalt wegen Arbeitslosigkeit und der Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 1 und 2 BGB) eine Bedeutung erlangt, die dem Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit in § 1569 BGB widersprach. Weil diese Rechtswirklichkeit mit der Sicherung des angemessenen Unterhalts als vorrangigem Ziel des nachehelichen Unterhalts nur noch schwer vereinbar war, führte der Gesetzgeber neben der Möglichkeit zur Begrenzung des Unterhalts nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB auch die Möglichkeit zur zeitlichen Befristung der Ansprüche auf Arbeitslosen- und Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 5 BGB) ein (BT-Drucks. 10/2888, S. 18).
16
Beide Vorschriften sollen nach dem Willen des Gesetzgebers unbillige Ergebnisse durch einen lebenslangen Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen verhindern und somit auch den Widerspruch zwischen dem Grundsatz der nachehelichen Eigenverantwortung und dem Zweck des Aufstockungsunterhalts lösen.
17
2. Nach dem Wortlaut des § 1573 Abs. 5 BGB kann u.a. der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zeitlich begrenzt werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Dies gilt in der Regel nicht, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. Die Zeit der Kindeserziehung steht dabei der Ehedauer gleich.
18
a) Trotz dieses Wortlauts scheidet eine Befristung des Aufstockungsunterhalts nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des Senats nicht schon allein wegen einer langen Ehedauer aus, auch wenn diese mehr als 20 Jahre beträgt.
19
Zwar hat § 1573 Abs. 5 BGB als unterhaltsbegrenzende Norm Ausnahmecharakter und findet deswegen vor allem bei kurzen und kinderlosen Ehen Anwendung. Die Vorschrift ist allerdings nicht auf diese Fälle beschränkt. Denn das Gesetz legt in § 1573 Abs. 5 BGB, ebenso wie in § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB, keine bestimmte Ehedauer fest, von der ab eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nicht mehr in Betracht kommt. Wie der Senat inzwischen mehrfach ausgeführt hat, widerspräche es auch dem Sinn und Zweck des § 1573 Abs. 5 BGB, den Billigkeitsgesichtspunkt "Dauer der Ehe" im Sinne einer festen Zeitgrenze zu bestimmen, von der ab der Unterhaltsanspruch grundsätzlich keiner zeitlichen Begrenzung mehr zugänglich sein kann. Vielmehr stellt das Gesetz die Ehedauer als Billigkeitsgesichtspunkt gleichrangig neben die "Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit". Bei der Billigkeitsabwägung sind zudem die Arbeitsteilung der Ehegatten und die Ehedauer lediglich zu "berücksichtigen"; jeder einzelne Umstand lässt sich also nicht zwingend für oder gegen eine Befristung ins Feld führen. Zudem beanspruchen beide Aspekte , wie das Wort "insbesondere" verdeutlicht, für die Billigkeitsprüfung keine Ausschließlichkeit (Senatsurteile vom 23. Mai 2007 - XII ZR 254/04 - FamRZ 2007, 1232, 1236, vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 799 f., vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 190/03 - FamRZ 2007, 200, 203 und vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007).
20
Die zeitliche Begrenzung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB setzt somit - wie die Begrenzung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB - stets eine individuelle Billigkeitsabwägung voraus, die alle Umstände des Einzelfalles einbezieht. Das Ergebnis dieser Billigkeitsabwägung kann deswegen auch bei länger als 20 Jahre andauernden Ehen zu einer Begrenzung des nachehelichen Unterhalts führen, während sie bei erheblich kürzeren Ehen aus anderen Gründen ausgeschlossen sein kann (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007).
21
b) In seiner neueren Rechtsprechung stellt der Senat im Einklang damit und mit dem vorrangigen Zweck des nachehelichen Unterhalts nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer, sondern darauf ab, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz , die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründen könnte, als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen kann (zur Entwicklung der Rechtsprechung vgl. Dose FamRZ 2007, 1289, 1294 f.). Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB bietet deswegen keine - von ehebedingten Nachteilen unabhängige - Lebensstandardgarantie im Sinne einer fortwirkenden Mitverantwortung. Ist die nacheheliche Einkommensdifferenz nicht auf ehebedingte Nachteile, sondern darauf zurückzuführen , dass beide Ehegatten schon vorehelich infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten, kann es im Einzelfall dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nach einer Übergangszeit zu- mutbar sein, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den er auch ohne die Ehe erreicht hätte (BT-Drucks. 10/2888, S. 19).
22
c) Die Begrenzung des Aufstockungsunterhalts aus Billigkeitsgründen nach § 1573 Abs. 5 BGB setzt nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist. Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände bereits eingetreten oder zuverlässig voraussehbar sind, ist eine Entscheidung über eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung nach § 323 Abs. 2 ZPO vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren zu treffen (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 798 f.). Ob die für eine Begrenzung ausschlaggebenden Umstände allerdings bereits im Ausgangsverfahren zuverlässig vorhersehbar sind, lässt sich nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beantworten (vgl. Senatsurteile vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1008 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 800 einerseits sowie Senatsurteile vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 190/03 - FamRZ 2007, 200, 204 und vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232, 1236 andererseits).
23
d) Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 800 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall.
24
2. Auf der Grundlage dieser neueren Rechtsprechung des Senats hat das Berufungsgericht zu Recht entscheidend auf die Fortdauer ehebedingter Nachteile abgestellt und in diesem Zusammenhang die Ehedauer von 20 Jahren und 5 Monaten berücksichtigt.
25
a) Soweit das Berufungsgericht im Rahmen seiner Billigkeitsentscheidung zu dem Ergebnis gelangt ist, ehebedingte Nachteile der Antragsgegnerin seien schon jetzt nicht mehr ersichtlich, wendet sich die Revision dagegen ohne Erfolg. Insbesondere hat das Berufungsgericht zu Recht berücksichtigt, dass die Ehe der Parteien kinderlos geblieben ist und die Antragsgegnerin bei Rechtshängigkeit der Scheidung erst das 41. Lebensjahr vollendet und eine Vollzeittätigkeit in dem vor der Ehe ausgeübten Beruf übernommen hatte. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin entgegen den Feststellungen des Berufungsgerichts jetzt weniger verdient, als sie ohne die Ehe verdient hätte, sind nicht ersichtlich, zumal sie auch während der Ehe ständig, wenn auch nur halbschichtig, berufstätig war. Damit ist das nacheheliche Einkommensgefälle der Parteien nicht auf ehebedingte Nachteile, sondern auf den schon vorehelich bestehenden unterschiedlichen Ausbildungsstand der Parteien zurückzuführen.
26
b) Auch soweit das Berufungsgericht den Aufstockungsunterhalt auf die Dauer von sieben Jahren begrenzt hat, hält dies den Angriffen der Revision stand.
27
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss sich die Übergangszeit vom Wegfall ehebedingter Nachteile bis zum Fortfall des Unterhaltsanspruchs aus § 1573 Abs. 2 BGB nicht schematisch an der Ehedauer orientieren. Vielmehr findet die Übergangszeit ihren Grund darin, dass der Unterhaltsberechtigte nach der Ehescheidung Zeit benötigt, um sich auf die Kürzung des eheangemessenen Unterhalts einzustellen (Senatsurteil vom 9. Juli 1986 - IVb ZR 39/85 - FamRZ 1986, 886, 889). Zwar kann auch dabei die Dauer der Ehe nicht völlig unberücksichtigt bleiben; auch bei sehr langer Ehedauer wird es dem Unterhaltsberechtigten aber in Fällen wie dem hier vorliegenden regelmäßig möglich sein, seine persönlichen und finanziellen Verhältnisse auf die Einkünfte einzurichten, die er ohne die Unterhaltsleistung des geschiedenen Ehegatten zur Verfügung hat.
28
Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist die vom Berufungsgericht ausgesprochene siebenjährige Übergangszeit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit das Berufungsgericht in seiner Billigkeitsentscheidung auch den nicht unerheblichen Zugewinnausgleich der Antragsgegnerin berücksichtigt hat, ist sie dadurch nicht unzulässig beschwert. Zwar wurden die daraus erzielbaren Zinseinkünfte schon bei der Bemessung des Aufstockungsunterhalts berücksichtigt , was einer zusätzlichen Berücksichtigung des Vermögensstamms im Rahmen der Billigkeitsentscheidung aber nicht entgegensteht. Außerdem hat das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen, dass die Antragsgegnerin aus einer vorweggenommenen Erbfolge ein Vermögen in Höhe von mehr als 130.000 € erworben hatte, woraus sie ebenfalls unterhaltsrelevante Einkünfte erzielen kann. Jedenfalls um diesen Betrag übersteigt das Vermögen der Antragsgegnerin dasjenige des Antragstellers aus seinem ehezeitlichen Zugewinn. Unter Berücksichtigung dieses unstreitigen Sachverhalts erzielt die Antragsgegnerin jedenfalls keine deutlich geringeren Einkünfte als der Antragsteller.
29
c) Soweit die Revision schließlich rügt, das Berufungsgericht habe im Rahmen seiner Hilfserwägung den angemessenen Lebensbedarf der Antragsgegnerin nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht individuell ermittelt, sondern sich auf die Sicherung des allgemein angemessenen Bedarfs beim Ehegattenunterhalt in Höhe von 1.000 € beschränkt, trifft dies nicht zu.
30
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erzielt die Antragsgegnerin gegenwärtig Einkünfte, die sie auch ohne ihre Ehe in gleicher Höhe erzielt hätte. Damit steht zugleich fest, dass sie jetzt Einkünfte erzielt, die ihrem angemessenen Lebensbedarf im Sinne des § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Dose

Vorinstanzen:
AG Siegen, Entscheidung vom 04.03.2004 - 15 F 1468/02 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 10.12.2004 - 13 UF 165/04 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
XII ZR 126/06 Verkündet am:
30. Juli 2008
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Darlegungs- und Beweislast für den Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit gemäß

b) Zur Berücksichtigung einer anteiligen Haftung (hier: unter Einbezug fiktiven Einkommens
) beider Eltern für den Volljährigenunterhalt im Rahmen der Bemessung
des Ehegattenunterhalts.
BGH, Versäumnisurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06 - OLG Koblenz
AG Bingen am Rhein
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Juli 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter
Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina sowie die Richter Dose und
Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 25. Juli 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um die Abänderung eines Prozessvergleichs über nachehelichen Unterhalt. Die Parteien heirateten am 3. August 1970. Aus der Ehe stammen die Zwillingsschwestern A. und V. (geboren am 10. Mai 1987). Die Ehe der Parteien ist seit dem 9. Februar 1998 rechtskräftig geschieden.
2
Der Kläger (geboren am 26. August 1946) ist ärztlicher Direktor in einem Universitätsklinikum (Besoldungsstufe A 15). Er war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in zweiter Ehe verheiratet. Die Beklagte (geboren am 21. Mai 1949) ist promovierte Pädagogin und hat zusätzlich eine Prüfung zur Heilpraktikerin abgelegt. Von 1982 bis 1987 unterhielt sie eine Praxis für psychosoziale und pädagogische Betreuung. Seit der Geburt der gemeinsamen Kinder ist sie nicht mehr erwerbstätig.
3
In einem anlässlich der Scheidung geschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Kläger zu nachehelichem Unterhalt von monatlich 1.900 DM und zu Kindesunterhalt nach der neunten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle. Durch Prozessvergleich vom 23. August 1999 änderten die Parteien den Ehegattenunterhalt auf 1.850 DM (bis einschließlich Dezember 2001) ab und legten den Kindesunterhalt nach Einkommensgruppe 12 der Düsseldorfer Tabelle fest. Durch weiteren Prozessvergleich vom 28. Januar 2002 legten die Parteien den Ehegattenunterhalt auf 767 € fest.
4
Mit seiner Abänderungsklage erstrebt der Kläger die Herabsetzung des Ehegattenunterhalts ab Volljährigkeit der Töchter. Zunächst hat er den vollständigen Wegfall begehrt, in der Berufungsinstanz zuletzt nur noch die Herabsetzung auf 450 €. Das Amtsgericht hat den nachehelichen Unterhalt ab Juni 2005 auf 486 € herabgesetzt. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers hat das Oberlandesgericht den Ehegattenunterhalt zeitlich gestaffelt in unterschiedlicher Höhe, zuletzt (ab 1/06) auf 489 € herabgesetzt.
5
Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten, die sich entsprechend ihrem in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Antrag gegen eine Herabsetzung auf unter 700 € zur Wehr setzt.

Entscheidungsgründe:

6
Gegen den im Verhandlungstermin nicht erschienenen Kläger ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand (BGHZ 37, 79, 81 ff.).
7
Die Revision führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

8
Das Oberlandesgericht hat die Abänderungsklage nach Eintritt der Volljährigkeit der gemeinsamen Kinder für zulässig gehalten und nur noch einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt in eingeschränkter Höhe angenommen. Zur Ermittlung des Unterhalts hat es auf Seiten des Klägers das aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielte Einkommen sowie weiteres Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zugrunde gelegt. Aus einem (früheren) Wohnvorteil herrührendes Einkommen beider Parteien (Wohnvorteil auf Seiten der Beklagten und Zinseinkünfte auf Seiten des Klägers) hat das Oberlandesgericht als auf beiden Seiten etwa gleichwertig erachtet und demzufolge nicht in die Unterhaltsberechnung eingestellt. Auf Seiten der Beklagten hat das Oberlandesgericht ein fiktives Einkommen von netto 1.300 € veranschlagt, das sie aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit erzielen könne. Die von ihr dargelegten Erwerbsbemühungen seien nicht ausreichend gewesen. Die Beklagte hätte bei zeitnahen , stetigen und ernsthaften Bemühungen, gegebenenfalls nach Auffrischung und Vertiefung ihrer wissenschaftlichen Ausbildung oder einer Umschulung, eine reale Beschäftigungschance gehabt.
9
Bei der Berechnung des Unterhalts hat das Oberlandesgericht den Kindesunterhalt für die beiden volljährigen Töchter mit den - nicht um das Kindergeld verminderten - Tabellenbeträgen nach der Düsseldorfer Tabelle allein vom Einkommen des Klägers abgezogen. Aus dem Zweck des Kindergelds, vom Barunterhalt des Kindes zu entlasten, folge, dass das Kindergeld bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts nicht als bedarfsprägendes Einkommen der Ehegatten Berücksichtigung finden könne. Einen anteiligen Abzug des Kindesunterhalts vom (fiktiven) Einkommen der Beklagten hat das Oberlandesgericht abgelehnt. Es stelle sich schon die Frage, ob die Durchsetzung eines möglichen Mithaftungsanteils der - tatsächlich nicht leistungsfähigen - Beklagten überhaupt sachgerecht und zumutbar wäre. Unbeschadet dessen könne aber jedenfalls im Rahmen des Ehegattenunterhalts ein allenfalls auf fiktiver Grundlage bestehender Haftungsanteil der nicht erwerbstätigen Beklagten keine Bedeutung gewinnen. Es erscheine nicht gerechtfertigt und unbillig, die Bedürftigkeit der ihre Erwerbsobliegenheit verletzenden Beklagten um einen tatsächlich nicht geleisteten Anteil am Barunterhalt der gemeinsamen Töchter zu erhöhen.
10
Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.

II.

11
1. Das Berufungsgericht hat die Revision im Tenor des Berufungsurteils ohne Einschränkungen zugelassen. Aus den Urteilsgründen geht allerdings hervor, dass es die Revision wegen der Frage nach der anteiligen Haftung des seine Erwerbsobliegenheit verletzenden berechtigten Ehegatten auf den Barunterhalt volljähriger Kinder zugelassen hat. Es kann offen bleiben, ob die Ausführungen des Berufungsgerichts so zu verstehen sind, dass es die Revisionszu- lassung auf diese Frage gegenständlich beschränken wollte (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339, 1340), oder ob damit - was näher liegt - allein das Motiv für die Zulassung der Revision angegeben werden sollte. Denn bei der anteiligen Haftung auf den Barunterhalt der Kinder und deren Berücksichtigung bei der Ermittlung des Ehegattenunterhalts handelt sich um Rechtsfragen, die sich auf einen nicht abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes beziehen. Der durch diese Fragen betroffene Teil des Ehegattenunterhalts wäre insbesondere einem Teilurteil nicht zugänglich (vgl. Senatsurteil BGHZ 153, 358, 361 f.; Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339, 1340). Eine derartige Einschränkung der Revisionszulassung wäre jedenfalls nicht zulässig und bliebe ohne Wirkung.
12
2. Gegen die Zulässigkeit der Abänderungsklage gemäß § 323 Abs. 1, 4 ZPO bestehen keine Bedenken.
13
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte nur noch einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB hat. Unterhalt wegen Krankheit (§ 1572 BGB) oder wegen einer an die Kindererziehung anschließenden Erwerbslosigkeit (§ 1573 Abs. 1, 3 BGB) schuldet der Kläger nicht.
14
a) Dem Berufungsgericht ist zuzustimmen, dass die Beklagte zu einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit verpflichtet ist.
15
Die Revision rügt zu Unrecht, das Berufungsgericht habe das Vorbringen der Beklagten zu gesundheitlichen Einschränkungen ihrer Erwerbsfähigkeit übergangen, woraus sich eine nur halbschichtige Einsetzbarkeit für leichte Arbeiten ergebe. Hierbei handelt es sich um erstinstanzliches Vorbringen der Beklagten. Schon das Urteil des Familiengerichts enthält indessen die Feststellung , dass die Beklagte trotz ihrer "körperlichen Gesundheitsschäden" an der Ausübung einer (vollschichtigen) Tätigkeit mit geistigem Schwerpunkt nicht gehindert sei. Diese Feststellung hat die Beklagte mit ihrer Berufung nicht angegriffen , so dass das Berufungsgericht seinem Urteil gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO ihre vollschichtige Erwerbsfähigkeit mit Recht zugrunde gelegt hat. Einer besonderen Erwähnung in den Gründen des Berufungsurteils bedurfte dies nicht.
16
b) Dass die Beklagte gemäß § 1573 Abs. 1 BGB keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag, hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Das ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
17
aa) Die von der Beklagten dargelegten Bewerbungsbemühungen hat das Berufungsgericht als nicht ausreichend angesehen. Es hat eine Steigerung der Bewerbungsintensität für erforderlich gehalten und die Bewerbungsschreiben als aus der Sicht der angesprochenen Arbeitgeber möglicherweise ungünstig gesehen. Die hierzu von der Revision erhobenen Rügen greifen nicht durch.
18
Nach der Rechtsprechung des Senats ist Voraussetzung des Anspruchs aus § 1573 Abs. 1 BGB, dass sich der Ehegatte unter Einsatz aller zumutbaren und möglichen Mittel nachhaltig bemüht haben muss, eine angemessene Tätigkeit zu finden, wozu die bloße Meldung beim Arbeitsamt nicht genügt. Er trägt im Verfahren zudem die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast für seine Bemühungen und muss in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte und in welchem zeitlichen Abstand er im Einzelnen in dieser Richtung unternommen hat. Die Beweiserleichterung nach § 287 Abs. 2 ZPO kommt ihm nicht zugute (Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791).
19
Den von der Beklagten vorgetragenen und belegten Bewerbungsbemühungen fehlt es bereits an der nötigen Nachhaltigkeit. Die im Berufungsurteil angeführten Bewerbungen aus der Zeit von 1999 bis 2006 sind von ihrer Zahl her unzureichend und weisen zeitliche Lücken auf. Es ist auch nicht ersichtlich, welche Eigeninitiative die Beklagte außer ihrer Arbeitslosmeldung und den vorgelegten Anschreiben an Arbeitgeber in den mehr als acht Jahren seit der Scheidung entwickelt hat. Das Berufungsgericht hat dem entsprechend mit zwar knapper, aber zutreffender Begründung gefordert, die Bewerbungsintensität hätte gesteigert werden müssen, und damit zu erkennen gegeben, dass die vorgetragenen Bewerbungen den Anforderungen nicht genügen. Darüber hinaus hat es auch Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bewerbungen angemeldet und diese aus dem Inhalt der Bewerbungsschreiben hergeleitet. Auch dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Die Revision führt hier anderweitige Erklärungsmöglichkeiten an, die allenfalls auf eine unzulässige Ersetzung der Würdigung des Berufungsgerichts durch die der Revision hinauslaufen.
20
Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts unterliegt nach § 559 Abs. 2 ZPO grundsätzlich nicht der revisionsrechtlichen Kontrolle. Die Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Korrektur durch das Revisionsgericht, etwa weil die Feststellungen auf einer Gesetzesverletzung beruhen, dem Berufungsgericht ein Verstoß gegen die Denkgesetze unterlaufen ist oder Erfahrungssätze nicht beachtet wurden (vgl. Musielak/Ball ZPO 6. Aufl. § 559 Rdn. 22), liegen nicht vor.
21
Die Auffassung der Revision, dass eine nennenswerte Anzahl von Stellen , für welche die Beklagte von ihrem wissenschaftlichen Anforderungsprofil in Frage komme, nicht existiere, stellt die Feststellung unzureichender Erwerbsbemühungen durch das Berufungsgericht nicht in Frage. Die Beklagte hätte sich nicht nur auf Stellen im Bereich der Wissenschaft bewerben können und müssen, sondern ihr stand aufgrund ihrer Ausbildung einschließlich der Zusatz- qualifikation als Heilpraktikerin wie auch der wenigstens zeitweilig ausgeübten Praxis im psychosozialen Bereich ein wesentlich weiteres Berufsfeld offen.
22
bb) Die unzureichende Arbeitssuche führt indessen noch nicht notwendig zur Versagung des Anspruchs aus § 1573 Abs. 1 BGB. Die mangelhafte Arbeitssuche muss vielmehr für die Arbeitslosigkeit auch ursächlich sein. Eine Ursächlichkeit besteht nicht, wenn nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Arbeitsmarktes sowie den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Unterhalt begehrenden Ehegatten für ihn keine reale Beschäftigungschance bestanden hat (Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791).
23
Für das Bestehen einer realen Beschäftigungschance ist im vorliegenden Fall allerdings nicht erst auf den Beginn des streitbefangenen Zeitraums im Juni 2005 abzustellen, als die Beklagte schon 56 Jahre alt war. Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht darin, dass die Beklagte schon längere Zeit zuvor zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet war. Die Parteien gingen bereits anlässlich der Scheidung im Jahr 1998 übereinstimmend davon aus, dass die Beklagte zu einer Teilzeiterwerbstätigkeit verpflichtet war. Dem entsprechend hat die Beklagte sich in den beiden ersten von den Parteien abgeschlossenen Vergleichen vom 9. Februar 1998 und 23. August 1999 jeweils ein fiktives Einkommen von 500 DM und zuletzt im Vergleich vom 28. Januar 2002 ein fiktives Einkommen von 818 € aus dann halbschichtiger Tätigkeit zurechnen lassen. Die Beklagte kann demnach nicht so behandelt werden, als hätte ihre Erwerbsobliegenheit erstmals im Jahr 2005 eingesetzt. Dass sie durch ihre unzureichende Eigeninitiative die Chance einer stufenweisen beruflichen Eingliederung hat verstreichen lassen, darf sich nicht zu Lasten des unterhaltspflichtigen Klägers auswirken. Vielmehr ist für die Frage der realen Beschäftigungschance darauf abzustellen, ob eine solche bestanden hätte, wenn die Beklagte von An- fang an ihrer Erwerbsobliegenheit genügt hätte (vgl. auch Senatsurteil vom 20. Februar 2008 - XII ZR 101/05 - FamRZ 2008, 872, 873 f. mit Anmerkung Hoppenz). Dabei ist vor allem einzubeziehen, dass die Beklagte, wie das Familiengericht und das Berufungsgericht übereinstimmend festgestellt haben, bei einer zunächst in Teilzeit ausgeübten Tätigkeit trotz ihres Alters die Chance einer späteren - sukzessiven - Aufstockung zu einer Vollzeitstelle deutlich verbessert haben könnte. Das Berufungsgericht hat die auf Seiten der Beklagten bestehenden Schwierigkeiten, ihr Alter, ihre kaum entwickelte berufliche Praxis und die lange Zeit des beruflichen Ausstiegs in die Betrachtung mit einbezogen. Auch wenn sich diese Faktoren im Ergebnis lediglich bei der Höhe des erzielbaren Einkommens niedergeschlagen haben, hat das Berufungsgericht sie ersichtlich gewürdigt. Wenn es in Anbetracht der bereits seit 1998 von den Parteien angenommenen (Teilzeit-)Erwerbsobliegenheit unter Einbeziehung von Fortbildungsmöglichkeiten dennoch eine bestehende reale Beschäftigungschance ("im abhängigen oder selbständigen Bereich") gesehen hat, ist dies als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung nicht zu beanstanden. In Anbetracht des vorhandenen beruflichen Spektrums brauchte das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen auch keine konkrete Tätigkeit zu benennen. Eine Tätigkeit als Putz- oder Verkaufshilfe hat das Berufungsgericht der Beklagten ferner nicht unterstellt. Das für erzielbar erklärte Nettoeinkommen von 1.300 € bewegt sich vielmehr im selben Rahmen wie das von der Beklagten im Vergleich vom 28. Januar 2002 akzeptierte Einkommen von 818 € für eine Halbtagstätigkeit und ist schon deswegen im Zweifel noch angemessen im Sinne von § 1574 BGB (alter und neuer Fassung).
24
Auch wenn schließlich eine sichere rückblickende Einschätzung nicht mehr möglich war und ist, gehen verbleibende Zweifel hinsichtlich einer fehlenden realen Beschäftigungschance zu Lasten der beweisbelasteten Beklagten (Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - XII ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791).
Dass es sich bei der realen Beschäftigungschance um eine objektive Voraussetzung handelt (vgl. BVerfG FamRZ 2008, 1145, 1146 - betreffend den Unterhaltsschuldner ), ändert an der Beweislastverteilung nichts. Der vom Berufungsgericht im angefochtenen Urteil darüber hinausgehend zum Ausdruck gebrachten Überzeugung von einer realen Beschäftigungschance der Beklagten bedurfte es wegen der die Beklagte treffenden Beweislast demnach nicht.
25
3. Zum Unterhaltsbedarf der Beklagten nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB entspricht das Berufungsurteil allerdings nicht in vollem Umfang der Rechtsprechung des Senats.
26
a) Die vom Berufungsgericht zum Einkommen des Klägers getroffenen Feststellungen bleiben aus revisionsrechtlicher Sicht bis auf einen nebensächlichen Punkt frei von Beanstandungen.
27
Die Revision rügt allein mit Recht, dass das Oberlandesgericht ohne nähere Begründung nicht von dem Gesamtbruttobetrag der Bezügemitteilung vom Dezember 2005 ausgegangen ist, auf die es in seinem Urteil Bezug genommen hat. Aus der Bezügemitteilung lässt sich erkennen, dass das Oberlandesgericht nur das laufende Bruttoeinkommen ("laufendes Steuer-Brutto") zugrunde gelegt und das sonstige Einkommen ("sonstiges Steuer-Brutto") übergangen hat. Das sonstige Einkommen beläuft sich indessen nach derselben Mitteilung nur auf 80 €. Es handelt sich ersichtlich um das im Juli 2005 ausgezahlte Urlaubsgeld. Davon sind 32 € ("Lohnsteuer sonstiger Bezug") und 1,76 € ("Solizuschlag sonstiger Bezug") abzuziehen, so dass sich der Fehler (allenfalls) mit netto 46,24 € und monatlich also weniger als 4 € niederschlägt.
28
Die weiter von der Revision erhobene Rüge, der Nettobetrag sei nicht nachvollziehbar ermittelt worden, greift indessen nicht durch. Dem Berufungsurteil ist vielmehr zu entnehmen, nach welcher Methode das Berufungsgericht das Nettoeinkommen ermittelt hat. Die Angabe des vollständigen Rechenweges , wie es zu dem Nettoeinkommen gelangt ist, ist nicht erforderlich, wenn die einzelnen Berechnungsgrößen nachvollziehbar dargestellt sind. Das ist hier der Fall, denn das Berufungsgericht hat sowohl die Werbungskosten als auch die Sonderausgaben angegeben. Die weiteren Rechenschritte ergeben sich aus den gesetzlichen Steuerabzügen. Dass das Berufungsgericht von einer lediglich fiktiven getrennten Veranlagung ausgegangen ist, obwohl der Kläger offensichtlich seit 2004 wiederum geschieden ist, ist unschädlich.
29
Dass das Berufungsgericht im Ergebnis zu einem geringeren als dem in erster Instanz noch unstreitigen Nettoeinkommen gelangt ist, erklärt sich daraus , dass es gegenüber dem früheren Monatsfreibetrag (887 €) lediglich den vom Amtsgericht festgesetzten Unterhaltsbetrag (486 €) als monatlichen Freibetrag berücksichtigt hat. Dies ist in den Urteilsgründen ausdrücklich aufgeführt und stimmt mit der Rechtsprechung des Senats zur Berücksichtigung des Realsplittingvorteils überein (Senatsurteile vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 971; vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232, 1234 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 797).
30
b) Die von beiden Parteien gezogenen Nutzungen (Wohnvorteil bei der Beklagten und Zinsen beim Kläger) sind vom Berufungsgericht als annähernd gleichwertig angesehen und daher rechnerisch nicht berücksichtigt worden. Die Kürzung der beiden Vorteile im Rahmen der Bedarfsermittlung beim Ehegattenunterhalt ist deswegen auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159) nicht zu beanstanden und wird auch von der Revision nicht gerügt.
31
c) Bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts hat das Berufungsgericht den Unterhalt der volljährigen Kinder zutreffend vorweg abgezogen. Der Unter- haltsbedarf volljähriger Kinder bemisst sich, soweit er der Altersstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle entnommen wird, nach dem zusammengerechneten Einkommen der Eltern. Nach ständiger Rechtsprechung schuldet ein Elternteil allerdings höchstens den Unterhalt, der sich allein auf der Grundlage seines Einkommens aus der vierten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle ergibt (Senatsurteil BGHZ 164, 375, 378 = FamRZ 2006, 99, 100). Die Berechnung kann abgekürzt werden, wenn nur ein Elternteil Einkommen oberhalb des eigenen angemessenen Unterhalts im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB (angemessener Selbstbehalt; nach den Leitlinien des Berufungsgerichts - Nr. 21.3.1 - sowie der Anmerkung A. 5 zur Düsseldorfer Tabelle ab 1. Juli 2005: 1.100 €; bis Juni 2005: 1.000 €) erzielt und der andere Elternteil nicht leistungsfähig ist. In diesem Fall kann der Kindesunterhalt zur Vereinfachung sogleich allein nach dem Einkommen des allein leistungsfähigen Elternteils bestimmt werden.
32
aa) Das Berufungsgericht hat den Unterhalt der beiden volljährigen Töchter allein nach dem Einkommen des Klägers bestimmt und das der Beklagten zugerechnete Einkommen als bloß fiktives Einkommen außer Acht gelassen. Die Revision bringt dagegen im Ausgangspunkt allerdings zu Recht vor, dass die Anrechnung eines fiktiven Einkommens auch die Beteiligung der Beklagten am Unterhalt der volljährigen Kinder zur Folge hat (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB), soweit sich insgesamt ein den angemessenen Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 1 BGB übersteigendes Einkommen ergibt. Allein aufgrund des Umstands, dass es sich um fiktives Einkommen handelt, folgt auch im Rahmen der anteiligen Unterhaltspflicht nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB noch nicht, dass eine Mithaftung entfällt. Anderenfalls hätte der Elternteil die Möglichkeit, durch seine Pflichtverletzung den Wegfall seiner Unterhaltspflicht herbeizuführen. Das Gleiche muss jedenfalls grundsätzlich gelten, wenn es nicht primär um die Feststellung des Volljährigenunterhalts geht, sondern der Volljährigenunterhalt nur eine Vorfrage bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts ist.
33
Das Berufungsgericht hat jedoch des Weiteren - wie auch die Revision - nicht beachtet, dass die Zurechnung eines fiktiven Einkommens beim Kindesunterhalt unter anderen Voraussetzungen steht als beim Ehegattenunterhalt. Die Zurechnung fiktiven Einkommens ist für jedes Unterhaltsverhältnis gesondert zu beurteilen und setzt voraus, dass der Unterhaltspflichtige im jeweiligen Unterhaltsverhältnis gegen seine unterhaltsrechtliche Erwerbsobliegenheit verstoßen hat. Die Erwerbsobliegenheiten beim Ehegattenunterhalt und beim Kindesunterhalt sind unterschiedlich ausgestaltet. Sie unterscheiden sich nicht zuletzt auch danach, ob sie den Unterhaltsberechtigten oder den Unterhaltspflichtigen betreffen, wie der vorliegende Fall deutlich macht. Während die Beklagte im Rahmen des Ehegattenunterhalts schon seit 1998 unterhaltsrechtlich zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet war, erfüllte sie ihre Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern, solange diese noch minderjährig waren, allein durch deren Pflege und Erziehung (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Da der Barunterhalt der Kinder gesichert war (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB) und auch ansonsten kein Ausnahmefall von der Regel des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB in Betracht kommt, war die Beklagte gegenüber ihren Kindern somit erst seit deren im Mai 2005 eingetretener Volljährigkeit zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Erwerbschancen der Beklagten allerdings gegenüber der Betrachtung beim Ehegattenunterhalt bereits deutlich verschlechtert. Dass die Beklagte seitdem noch in der Lage sein sollte, eine Vollzeitstelle zu erlangen, erscheint schon aufgrund ihres Alters von nunmehr 56 Jahren und ihrer noch deutlich längeren beruflichen Abstinenz zweifelhaft. Aufgrund der fehlerhaften Gleichstellung der Erwerbsobliegenheit der Beklagten einerseits als Gläubigerin des Ehegattenunterhalts und andererseits als Schuldnerin des Kindesunterhalts hat das Berufungsgericht hier die notwendigen Feststellungen unterlassen.
34
Allerdings kann sich das vom Berufungsgericht erzielte Ergebnis auch dann als richtig erweisen, wenn und soweit die Beklagte nicht nur wegen einge- schränkter Vollstreckungsmöglichkeiten, sondern rechtlich gesichert vom Kindesunterhalt befreit ist. Der hierfür in Frage kommende Grund könnte in einer Freistellung der Beklagten durch den Kläger liegen. Soweit der Kläger - wie es offenbar der Fall ist - den Kindesunterhalt seit Eintritt der Volljährigkeit der gemeinsamen Kinder geleistet hat, ohne die Beklagte in Rückgriff nehmen zu wollen , dürfte eine zumindest stillschweigende Freistellungsabrede der Parteien vorliegen. Dass die Beklagte den Naturalunterhalt der Kinder sicherstellt, steht dem nicht notwendig entgegen, weil dieser aus dem Barunterhalt, der insbesondere auch den Wohnbedarf umfasst, zu finanzieren ist (Senatsurteil BGHZ 164, 375, 385 = FamRZ 2006, 99, 102). Auch wenn die Kinder durch eine solche Abrede grundsätzlich nicht gehindert sind, die Beklagte auf ihren Unterhaltsanteil in Anspruch zu nehmen, wird eine rückwirkende Inanspruchnahme regelmäßig ausscheiden, weil es an den Voraussetzungen des § 1613 BGB fehlt. Sind sowohl ein Rückgriff des Klägers als auch eine rückwirkende Inanspruchnahme durch die Kinder aber zuverlässig ausgeschlossen, kann dem in der Tat dadurch Rechnung getragen werden, dass der Unterhalt allein vom Einkommen des zugleich dem Ehegatten und den Kindern zum Unterhalt Verpflichteten abgezogen wird (vgl. Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 2 Rdn. 151). Auch für den künftigen Unterhalt kann es sich ähnlich verhalten, wenn der Kläger auch insoweit der offenbar durchgehenden bisherigen Praxis entsprechend anbietet, den Kindesunterhalt im Verhältnis der Parteien weiter allein aufzubringen. Die Beklagte verstieße dann gegen Treu und Glauben, wenn sie das Freistellungsangebot des Klägers nicht annehmen würde. Etwas anderes kann sich nur ergeben, wenn die Kinder die Beklagte direkt auf Unterhalt in Anspruch nehmen sollten. Dieser Umstand lässt sich anhand der Anforderungen gemäß § 1613 BGB verlässlich feststellen und würde gegebenenfalls eine Abänderung des Ehegattenunterhalts begründen.
35
Weil das Berufungsgericht allein auf die Eigenschaft als fiktives Einkommen abgestellt hat, bedürfen die oben aufgezeigten Voraussetzungen (zur Erwerbsobliegenheit gegenüber den Kindern und zu einer Freistellung der Beklagten ) weiterer Feststellungen.
36
bb) Das Berufungsgericht hat zudem aber den Kindesunterhalt mit den nicht um das Kindergeld gekürzten Tabellenbeträgen nach der Düsseldorfer Tabelle abgezogen. Das entspricht nicht der Rechtsprechung des Senats und ist nach § 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO auch ohne entsprechende Revisionsrüge zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats schuldet der Kläger seinen volljährigen Kindern nur Unterhalt in einer Höhe, wie er sich nach Abzug des vollen Kindergeldes ergibt (Senatsurteile BGHZ 164, 375, 382 f. = FamRZ 2006, 99, 101 f. und vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963). Auch in Höhe des staatlichen Kindergeldes ist der Unterhaltsbedarf der volljährigen Töchter gedeckt. Der Kläger schuldet insoweit keinen Barunterhalt, den er bei der Berechnung des der Beklagten zustehenden Ehegattenunterhalts zusätzlich abziehen könnte. Dadurch wird das Kindergeld entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht als Einkommen des Barunterhaltspflichtigen behandelt. Vielmehr wird dieser durch die bedarfsdeckende Anrechnung des Kindergelds vom Kindesunterhalt entlastet, so dass ihm ein größerer Teil seines Einkommens - auch für den Ehegattenunterhalt - zur Verfügung steht. Damit stellt sich die Lage beim Kindergeld nicht anders dar als bei dem mit ähnlicher Funktion gewährten steuerlichen Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 EStG), der ebenfalls zu einem höheren Nettoeinkommen führt.

III.

37
Demnach kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben und ist gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif, weil weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind.

IV.

38
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
39
Für die Bedarfsermittlung ist neben der geringfügigen Korrektur des vom Kläger bezogenen Einkommens und dessen Fortschreibung seit 2006 der Kindesunterhalt nur nach Abzug des Kindergelds zu berücksichtigen. Neben den seit dem 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Änderungen durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) sind ferner die geänderten Fassungen der Düsseldorfer Tabelle, gegebenenfalls auch davon abweichende vom Kläger gezahlte Beträge zu berücksichtigen.
40
Sollte das Berufungsgericht - bei einer Obliegenheitsverletzung der Beklagten auch gegenüber den Kindern - zu der Feststellung gelangen, dass die Beklagte vom Kläger vollständig vom Kindesunterhalt freigestellt worden ist und eine entsprechende Vereinbarung auch in Zukunft weiteren Bestand hat, ist vom Einkommen der Beklagten grundsätzlich kein Kindesunterhaltsanteil abzuziehen. Das auf Seiten der Beklagten vorhandene Einkommen wäre dann grundsätzlich bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts bereits in zulässiger Weise vereinfachend berücksichtigt.
Hahne Wagenitz Vézina Dose Klinkhammer

Vorinstanzen:
AG Bingen am Rhein, Entscheidung vom 12.09.2005 - 8 F 221/05 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 25.07.2006 - 11 UF 655/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 141/05 Verkündet am:
4. Juli 2007
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die für das Maß des Unterhalts ausschlaggebenden ehelichen Lebensverhältnisse
bestimmen sich grundsätzlich nach den für den allgemeinen Lebensbedarf
genutzten Einkünften. Um sowohl eine zu dürftige Lebensführung
als auch einen übermäßigen Aufwand als Maßstab für die Ansprüche auf
Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt auszuschließen, ist dabei
ein objektiver Maßstab anzulegen. Der für eine Korrektur unangemessener
Vermögensbildung heranzuziehende Maßstab darf allerdings nicht dazu führen
, dass der Boden der ehelichen Lebensverhältnisse verlassen wird und
Vermögenseinkünfte als eheprägend zugrunde gelegt werden, die auch nach
einem objektiven Maßstab nicht für die allgemeine Lebensführung verwendet
worden wären (Fortführung des Senatsurteils vom 20. November 1996
- XII ZR 70/95 - FamRZ 1997, 281, 284).

b) Erträge aus einem im Zugewinnausgleich erworbenen Vermögen sind
eheprägend, wenn sie zuvor als Erträge des ausgleichspflichtigen Ehegatten
die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hatten (Fortführung des Senatsurteils
vom 16. Januar 1985 - IVb ZR 59/83 - FamRZ 1985, 357, 359).
BGH, Urteil vom 4. Juli 2007 - XII ZR 141/05 - OLG Hamm
AG Herne-Wanne
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 14. Juli 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt für die Zeit von Dezember 1998 bis zum 17. April 2000 sowie um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab dem 18. April 2000.
2
Die 1946 geborene Klägerin und der 1943 geborene Beklagte hatten am 1. April 1966 die Ehe geschlossen, aus der zwei volljährige Kinder hervorgegangen sind. Im Herbst 1998 trennten sie sich; seit dem 18. April 2000 sind sie rechtskräftig geschieden.
3
Während der Ehezeit betrieb der Beklagte bis 1996 als Handwerksmeister einen Kfz-Betrieb. Seit Dezember 1998 bezieht er eine monatliche Erwerbsunfähigkeitsrente der gesetzlichen Rentenversicherung, die sich von 2.462,26 DM brutto in der Zeit bis Juni 1999 mehrmals auf zuletzt 1.159,65 € netto für die Zeit ab Januar 2004 erhöhte. Daneben bezieht er eine monatliche Berufsunfähigkeitszusatzrente, die ursprünglich 625 DM betrug und über 362,45 € ab Januar 2002 auf zuletzt 373,70 € für die Zeit ab Januar 2003 anstieg. Außerdem erhält er rückwirkend ab Mitte Mai 2000 eine Zusatzversorgung aus der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes in Höhe von monatlich 33 €. Der Beklagte ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses mit insgesamt drei Wohnungen. Die Erdgeschosswohnung mit einer Größe von 91 m² diente zunächst als Ehewohnung; seit der Trennung der Parteien wird sie vom Beklagten allein genutzt. Eine weitere Wohnung war bis Ende 2000 für 400 DM monatlich (293,42 DM netto + Nebenkosten) an die Tochter der Parteien vermietet und wurde - wie die dritte Wohnung - sodann fremd vermietet.
4
Während der Ehezeit hatte der Beklagte erhebliches Kapital auf Bankkonten , zunächst in Deutschland und später in Luxemburg, angesammelt, das sich im Jahre 1995 auf 1.291.818 DM belief. Die Zinseinkünfte daraus, die sich 1992 auf 99.485 DM, 1993 auf 76.449 DM, 1994 auf 91.083 DM, 1995 auf 57.551 DM, 1996 auf 27.767 DM und 1997 auf 27.386 DM beliefen, setzte der Beklagte allerdings nicht für den Familienunterhalt ein. Im Zusammenhang mit steuerstrafrechtlichen Ermittlungen hatte der Beklagte 1996 Beträge zwischen 600.000 DM und 700.000 DM von seinen Luxemburger Konten abgehoben und dieses Geld versteckt. Später transferierte er es nach Luxemburg zurück; Ende Februar 1999 verfügte er wieder über ein Anlagevermögen im Wert von mindestens 1.290.000 DM.
5
Die Klägerin lebte seit der Trennung der Parteien teilweise in den Souterrain -Räumlichkeiten des Hauses, teilweise in der Wohnung der Tochter. Anfang 2001 zog sie mit der gemeinsamen Tochter in deren inzwischen fertig gestellten Neubau. Schon während der letzten Ehejahre erzielte die Klägerin eigene Einkünfte aus Tätigkeiten in drei fremden Haushalten, die sich während der Trennungszeit auf monatlich 656 DM (268 DM + 268 DM + 120 DM) beliefen. Diese Tätigkeiten gab sie mit Rechtskraft der Scheidung auf. Nach den Feststellungen des sachverständig beratenen Berufungsgerichts ließ die körperliche Leistungsfähigkeit der Klägerin seinerzeit eine regelmäßige und vollschichtige Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu. Während der gesamten unterhaltsrelevanten Zeit unterstützte die Klägerin ihre Tochter in der Haushaltsführung, auch nach dem Umzug in deren neu errichtetes Haus. Über den Zugewinnausgleich einigten sich die Parteien abschließend mit Vergleich vom 9. April 2002. Nachdem die Klägerin um den Jahreswechsel 2000/2001 einen Betrag in Höhe von 256.000 DM und Anfang Januar 2002 weitere 150.000 DM erhalten hatte, zahlte ihr der Beklagte vereinbarungsgemäß Ende April 2002 weitere 290.000 DM.
6
Der Beklagte zahlte an die Klägerin auf den Trennungsunterhalt im Januar und Februar 1999 jeweils 1.000 DM, im März 1999 2.000 DM, im April 1999 535,72 DM und in der Zeit von Mai 1999 bis April 2000 monatlich 935 DM. Zudem lässt sich die Klägerin für die Zeit von Dezember 1998 bis April 1999 monatliche Beträge in Höhe von 400 DM auf ihren Unterhaltsanspruch anrechnen , die ihre Tochter an sie leistete, um damit die dem Beklagten in gleicher Höhe geschuldete Miete zu erfüllen. Auf den nachehelichen Unterhalt zahlte der Beklagte der Klägerin für die Zeit von Mai bis Oktober 2000 monatlich 935 DM sowie im Oktober 2000 weitere 1.126,91 DM. Weiteren Unterhalt leistete er nicht.
7
Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin Trennungsunterhalt sowie nachehelichen Unterhalt in zeitlich gestaffelter Höhe, zuletzt ab Oktober 2002 in Höhe von monatlich 83 € zu zahlen. In ihrer Berufungsbegründung vom 8. März 2004 hat die Klägerin ihren Unterhaltsanspruch hilfsweise auch auf Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt gestützt, den sie in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2005 mit monatlich 107,06 € (Kranken- und Pflegevorsorgeunterhalt) und monatlich 200 € (Altersvorsorgeunterhalt ) beziffert hat. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und den Beklagten zur Zahlung höheren Trennungs- und nachehelichen Unterhalts, zuletzt für die Zeit ab Mai 2005 in Höhe von 870 €, verurteilt. Die Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision des Beklagten und die unselbständige Anschlussrevision der Klägerin, mit denen sie ihre Berufungsanträge weiter verfolgen.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision des Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin sind begründet und führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

9
Das Berufungsgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Der Anspruch ergebe sich für die Trennungszeit der Parteien aus § 1361 Abs. 1 BGB und für die nacheheliche Zeit als Aufstockungsunterhalt aus § 1573 Abs. 2 BGB. Ein Anspruch auf Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB) stehe der 1946 geborenen Klägerin, die somit zum Zeitpunkt der Scheidung 54 Jahre alt gewesen sei, nicht zu, weil von ihr auch weiterhin eine Erwerbstätigkeit zu erwarten gewesen sei. Auch ein Unterhaltsanspruch wegen Krankheit (§ 1572 BGB) scheide aus, da die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu keinem Zeitpunkt dauerhaft außerstande gewesen sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Sachverständige, eine Fachärztin für Arbeitsmedizin, habe aufgrund der Untersuchung vom 9. Oktober 2002 als Diagnose lediglich ein leichtes Übergewicht, einen nicht ausreichend therapierten Bluthochdruck sowie eine ausreichend therapierte reaktive Depression diagnostiziert. Im Einklang mit der Einschätzung der Sachverständigen sei von einer körperlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin für vollschichtige Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen, wovon lediglich Nachtarbeit, Arbeit unter besonderem Zeitdruck , ständiger Publikumsverkehr, besondere Anforderungen an Aufmerksamkeit und Verantwortung, Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg sowie Überkopfarbeiten ausgenommen seien. Die depressive Erkrankung der Klägerin stehe einer weiteren Erwerbstätigkeit ab Mai 2000 ebenfalls nicht entgegen , nachdem die seit 1999 durchgeführte ambulante Therapie eine psychische Stabilisierung ergeben hatte.
10
Allerdings stehe der Klägerin ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zu, zumal sie nicht auf eine vollschichtige Berufstätigkeit verwiesen werden könne. Die Klägerin sei während der mehr als 30 Jahre dauernden Ehe nur in den letzten neun Jahren stundenweise tätig gewesen. Eine Verpflichtung der Klägerin zur Aufnahme einer vollschichtigen Berufstätigkeit scheide jetzt schon wegen der finanziellen Verhältnisse der Parteien aus. Im Hinblick auf den sozialen Zuschnitt der ehelichen Lebensgemeinschaft und das ihn mitbestimmende eigene Verhalten der Unterhaltsberechtigten bei bestehender Ehe sei eine Haushalts- tätigkeit im Umfang von etwa acht Zeitstunden pro Woche zumutbar. Daraus könne die Klägerin Einkünfte in Höhe von monatlich rund 520 DM brutto steuerund sozialversicherungsfrei erzielen, wovon nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus 446 DM unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen seien.
11
Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien seien zuletzt nicht mehr durch die selbständige Tätigkeit des Beklagten geprägt gewesen, zumal er diese Tätigkeit im Einvernehmen mit der Klägerin schon Ende 1996 aufgegeben habe. Anhaltspunkte für eine leichtfertige Aufgabe dieser Tätigkeit seien nicht ersichtlich. Stattdessen seien die ehelichen Lebensverhältnisse allerdings durch die Renteneinkünfte des Beklagten geprägt. Dabei handele es sich um die gesetzliche Erwerbsunfähigkeitsrente, die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung sowie die rückwirkend ab Mitte 2000 hinzugetretene Zusatzversorgung. Dem eheprägenden Einkommen des Beklagten seien nur die tatsächlich erlangten Nettomieten hinzuzurechnen, zumal es dem Beklagten nicht vorzuwerfen sei, dass die Wohnungen in nicht unerheblichen Zeiträumen leer gestanden hätten. Wegen der wechselnden Vermietung sei jeweils von einem Mehrjahresdurchschnitt auszugehen. Die Zahlungen der Tochter in Höhe von monatlich 400 DM, die diese direkt an die Klägerin geleistet habe, seien hingegen nicht als eheprägend zu berücksichtigen, sondern auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin anzurechnen. Der Wohnvorteil des Beklagten in der Erdgeschosswohnung seines Mehrfamilienhauses belaufe sich für die Trennungszeit der Parteien als ersparte Miete auf 500 DM und für die nacheheliche Zeit als objektiver Mietwert auf 865 DM.
12
Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien seien außerdem durch die Kapitaleinkünfte des Beklagten geprägt. Dabei sei für die Zeit bis einschließlich Februar 1999 von jährlichen Zinseinkünften des Beklagten auszugehen, wie sie mit 27.386 DM jährlich für das Jahr 1997 nachgewiesen seien. Für die Zeit ab März 1999 habe der Beklagte wieder über Kapital in Höhe von 1.290.000 DM verfügt, das bei einem Zinssatz von 5 % Einkünfte in Höhe von 5.375 DM monatlich habe erbringen können. Das Kapital und somit die entsprechenden Zinseinkünfte habe sich erst in der Folgezeit durch die Zahlungen auf den Zugewinnausgleich vermindert. Auch wenn die Kapitalerträge selbst nach Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit Ende 1996 nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts eingesetzt worden seien, müsse der Beklagte sich diese als eheprägend anrechnen lassen. Denn die ehelichen Lebensverhältnisse dürften sich nicht an einer übertrieben sparsamen Lebensführung orientieren. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte müsse sich deswegen eine unangemessen einschränkende Vermögensbildung nicht entgegenhalten lassen, auch wenn sie während des Zusammenlebens der Ehegatten widerspruchslos hingenommen worden sei. An einem zugunsten der Vermögensbildung gewählten Konsumverzicht müsse sich der Ehegatte nach dem Scheitern der Ehe somit nicht festhalten lassen, wobei für die Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse ein objektiver Maßstab anzulegen sei.
13
Hier sei von einer solch unangemessen sparsamen Lebensführung auszugehen. Denn die Beklagte habe während der Ehezeit lediglich ein Wirtschaftsgeld in Höhe von wöchentlich 240 DM sowie ein Taschengeld in Höhe von monatlich 200 DM erhalten. Demgegenüber habe der Beklagte in den Jahren 1990 bis 1994 überdurchschnittliche Einkünfte in Höhe von monatlich 11.000 DM und in der hier relevanten Zeit ab Dezember 1998 jedenfalls in Höhe von monatlich rund 6.000 DM verfügt. Weil davon monatlich mehr als 2.000 DM aus Zinseinkünften herrührten, seien die objektiv zu bestimmenden Lebensverhältnisse auch von diesen Einkünften entscheidend mitbestimmt. Ob die Klägerin während intakter Ehe von dem entsprechenden Kapital und den Zinseinkünften gewusst habe, sei nicht erheblich.
14
Die Zinseinkünfte des Beklagten seien aber auch deswegen eheprägend, weil sie zum Ausgleich der rentenbedingten Einkommensminderung heranzuziehen seien. Nachdem an die Stelle des höheren Erwerbseinkommens ein erheblich niedrigeres Renteneinkommen getreten sei, sei die Grundlage für eine weitere Vermögensbildung auf bisherigem Niveau nach allgemeiner Lebensanschauung ohnehin entfallen. Die Ersparnisse bzw. die daraus zu ziehenden Früchte seien vielmehr zum Ausgleich der rentenbedingten Einkommensminderung heranzuziehen und bereits aus diesem Grunde eheprägend.
15
Weiter seien die ehelichen Lebensverhältnisse durch die Einkünfte der Klägerin aus ihrer Erwerbstätigkeit geprägt worden. Dadurch habe sie zwar nicht die vom Beklagten behaupteten Einkünfte von 1.200 DM monatlich erzielt, wohl aber monatlich 656 DM. Die Klägerin habe solche Haushaltstätigkeit auch in der Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung weiter ausüben und dadurch - nach Abzug des Erwerbstätigenbonus - monatlich rund 446 DM erzielen können. Die zunächst nur sporadische Haushaltstätigkeit für ihre Tochter sei mit eheprägenden Einkünften von monatlich 100 DM und - seit dem gemeinsamen Umzug in das neue Haus der Tochter - mit monatlich 200 DM zu bemessen. Der Wohnvorteil der Klägerin von der Zeit der Trennung der Parteien bis Ende 2000 im Souterrain des Mehrfamilienhauses sei lediglich mit 100 DM monatlich zu bewerten, zumal die Wohnung nur über eine Toilette mit Waschbecken verfüge und eine Kochgelegenheit nicht vorhanden sei. Das gelegentliche Aufsuchen der Ehewohnung könne den Wohnwert nicht erhöhen. Soweit die Klägerin sich in der Wohnung der Tochter aufgehalten habe, habe diese ihr das nicht gestattet, um den unterhaltspflichtigen Beklagten zu entlasten. Die von der Tochter in der Zeit von Dezember 1998 bis April 1999 geleisteten Zahlungen in Höhe der dem Beklagten geschuldeten Miete (monatlich 400 DM) seien auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin anzurechnen, ohne dass dadurch ihr Unterhaltsbedarf geprägt werde.
16
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die Klägerin schon im Zeitpunkt der Trennung über ein eigenes Vermögen in Höhe von 84.342,05 DM verfügt habe, aus dem sie Kapitalerträge habe erzielen können. Die Klägerin sei dem substantiierten Vortrag des Beklagten, wonach sie eigenes Guthaben in dieser Höhe u.a. bei der C.-Bank und der P.-Bank unter dem Namen der Tochter angelegt habe, nicht in gleicher Weise substantiiert entgegen getreten. Die Einlassung der Klägerin, sie wisse nicht mehr, ob sie noch im Jahre 1995 bei der C.-Bank eigene Mittel angelegt habe und könne auch nicht sagen, wohin diese Gelder transferiert worden seien, überzeuge nicht. Die Aussage der Tochter, wonach nie Geld der Mutter auf ihren Namen angelegt worden sei, sei schon dadurch widerlegt, dass nach Auskunft der C.Bank im Jahre 1995 Gelder der Klägerin als Sparbriefanlage auf ein Konto der Tochter geflossen seien. Durch Anlage des vorhandenen Kapitals von 84.342,05 DM habe die Klägerin bei einem Zinssatz von jährlich 4 % monatlich 281 DM bzw. 144 € erzielen können. Hinzuzurechnen seien Kapitaleinkünfte aus den später erhaltenen Abschlagsbeträgen auf den Zugewinnausgleich. Auch diese seien in der Folgezeit mit 4,5 % bzw. 4 % anzulegen gewesen.
17
Der von der Klägerin hilfsweise begehrte Kranken- und Altersvorsorgeunterhalt stehe ihr erst für die Zeit ab dem 14. April 2005 zu, nachdem sie diese Ansprüche konkret beziffert habe.
18
Weder der Anspruch der Klägerin auf Trennungsunterhalt noch ihr Anspruch auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt sei verwirkt. Allerdings habe die Klägerin zunächst unzutreffend behauptet, sie habe monatlich nicht mehr als 200 DM aus ihrer Putz- und Haushaltstätigkeit erzielt. Dass diese Angaben unzutreffend gewesen seien, habe die Klägerin im Senatstermin vom 14. April 2005 selbst eingeräumt. Der ursprünglich bewusst falsche Vortrag erfülle die Voraussetzungen eines versuchten Prozessbetruges, der geeignet sei, sich auf Bestand und Höhe des Unterhaltsanspruchs auszuwirken. Zudem habe die Klägerin den Beklagten unzutreffend einer Urkundenfälschung bezichtigt, indem sie in der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2000 geäußert habe, der Beklagte habe die Unterschrift unter einer Glückwunschkarte der Familie S. gefälscht , um so den Erhalt einer besonderen Zuwendung zu belegen. Weil die Klägerin diese Behauptung nicht belegen könne, sei von einer Straftat gegen den Beklagten auszugehen. Ein versuchter Prozessbetrug der Klägerin liege auch darin, dass sie in erster Instanz abgestritten habe, ihrer Tochter Haushaltsleistungen in nennenswertem Umfang zu erbringen. Die Relevanz dieses Verhaltens sei allerdings "nicht sehr hoch" einzuschätzen, zumal ihr letztlich nur eine eingeschränkte Mitarbeit im Haushalt der Tochter nachweisbar sei. Auch der weitere Vortrag der Klägerin, wonach sie wegen ihrer gesundheitlichen Situation ab Mai 2000 keine Einkünfte mehr erzielt habe, sei wahrheitswidrig erfolgt. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe sie noch bis Ende 2000 Reinigungsarbeiten erledigt. Im Haushalt S. habe sie die Arbeiten Ende Mai/Anfang Juni 2000 zudem mit der Bemerkung eingestellt, ihr Mann spioniere ihr hinterher. Ein betrügerisches Verhalten sei in der Erklärung zur Arbeitsaufgabe allerdings nicht zu sehen, weil sie sich im Frühjahr 2000 einer Operation unterzogen und unter psychischen Problemen gelitten habe. Auch sei nicht ersichtlich , dass das Verschweigen der noch fortdauernden Erwerbstätigkeit Auswirkungen auf das Ergebnis der Begutachtung der Klägerin gehabt habe. Trotz des versuchten Prozessbetrugs und der weiteren Straftat gegen den Beklagten sei der Unterhaltsanspruch der Klägerin allerdings nach einer umfassenden Würdigung des beiderseitigen Verhaltens der Parteien nicht verwirkt. Dem vorsätzlichen schädigenden Verhalten der Klägerin stehen die Dauer der Ehe und das seinerseits verschleiernde Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Zugewinnausgleichs- und Unterhaltsansprüchen entgegen.
19
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision und der Anschlussrevision in mehreren Punkten nicht stand.

II.

20
Im Ansatz zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass sich sowohl die Höhe des Anspruchs auf Trennungsunterhalt nach § 1361 Abs. 1 BGB als auch der Anspruch auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt nach §§ 1573 Abs. 2, 1578 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmt. Die Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse widerspricht allerdings in mehreren Punkten der Rechtsprechung des Senats.
21
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen, dass die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien nicht mehr von dem früheren Arbeitseinkommen des Beklagten, sondern von den an dessen Stelle getretenen Renten geprägt sind. Dabei kommt es nicht auf die neuere Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen an, wonach grundsätzlich auch eine nachehelich eingetretene Einkommensminderung bei der Bedarfsbemessung zu berücksichtigen ist (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 795 m.w.N.). Denn der Beklagte hatte seine Erwerbstätigkeit bereits im Jahre 1996 und somit zwei Jahre vor der Trennung der Parteien im Einvernehmen mit der Klägerin aufgegeben. Damit sind die Renten des Beklagten als Surrogat an die Stelle des früheren Erwerbseinkommens des rentenberechtigten Ehegatten getreten (Senatsurteil vom 8. Juni 2005 - XII ZR 294/02 - FamRZ 2005, 1479, 1480). Zwar war der im Jahre 1943 geborene Beklagte bei Aufgabe seiner Erwerbstätigkeit im Jahre 1996 erst 53 Jahre alt und hatte somit noch keinen Anspruch auf Vollrente wegen Alters. Gleichwohl beruht der Wegfall seiner Erwerbseinkünfte nicht auf einer Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit. Denn der Beklagte hatte seine Erwerbstätigkeit schon während der intakten Ehe im Einvernehmen mit der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben. Entsprechend erhält er ab der hier relevanten Zeit seit Dezember 1998 Erwerbsunfähigkeitsrente der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Außerdem wurde ihm später Rente aus der Zusatzversorgung des Baugewerbes bewilligt. Damit sind die Renten schon für den Anspruch auf Trennungsunterhalt als eheprägend an die Stelle des früher erzielten Erwerbseinkommens getreten. Ob und in welchem Umfang der Beklagte den dadurch bedingten Rückgang seines Einkommens durch zumutbaren Einsatz seiner Vermögenserträge auffangen kann, wird unabhängig davon zu prüfen sein.
22
2. Weil das Dreifamilienhaus des Beklagten bereits im Jahre 1990 fertig gestellt war und seither als weitere Einkommensquelle diente, hat das Berufungsgericht zu Recht auch die daraus erzielten Mieten abzüglich der Kosten als eheprägend berücksichtigt. Zutreffend und von der Anschlussrevision der Klägerin auch nicht weiter angegriffen geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Beklagte sich insoweit nur die tatsächlich erzielten Einkünfte zurechnen lassen muss, weil es ihm nicht vorwerfbar ist, dass die Wohnungen zeitweilig leer standen.
23
Soweit das Berufungsgericht die Höhe der in den einzelnen Unterhaltsabschnitten erzielten Mieten allerdings nicht konkret, sondern nach einem Mehrjahresdurchschnitt ermittelt hat, widerspricht dies der Rechtsprechung des Senats. Während die Bemessung eines Unterhaltsanspruchs für die Zukunft stets auf einer Einkommensprognose beruht (Senatsurteil vom 3. November 2004 - XII ZR 120/02 - FamRZ 2005, 101, 102 f.), ist für die in der Vergangen- heit liegenden Unterhaltszeiträume stets von den in dieser Zeit tatsächlich erzielten Einkünften auszugehen, wobei zur Vereinfachung der Berechnung von einem Jahresdurchschnitt ausgegangen werden kann. Von durchschnittlichen Einkünften aus mehreren Jahren darf das Gericht hingegen nur dann ausgehen , wenn es den rückständigen Unterhalt für diese Gesamtzeit ermittelt oder der laufende Unterhaltsanspruch auf der Grundlage einer Einkommensprognose ermittelt werden muss.
24
3. Den eheprägenden Wohnvorteil des Beklagten durch mietfreie Nutzung der Erdgeschosswohnung in seinem Dreifamilienhaus hat das Berufungsgericht zutreffend für die Trennungszeit der Parteien mit einer ersparten Miete (Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879, 881) und für die nacheheliche Zeit mit dem objektiven Mietwert der Wohnung (Senatsurteil vom 5. April 2000 - XII ZR 96/98 - FamRZ 2000, 950, 951) bemessen. Soweit das Berufungsgericht im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens die ersparte angemessene Miete mit monatlich 500 DM und den objektiven Mietwert der 91 m² großen Wohnung mit monatlich 865 DM ermittelt hat, bestehen dagegen keine rechtlichen Bedenken. Auch die Revision wendet sich dagegen nicht.
25
4. Soweit das Berufungsgericht für die gesamte unterhaltsrelevante Zeit Zinseinkünfte aus dem Vermögen des Beklagten als eheprägend berücksichtigt hat, hält auch dies den Angriffen der Revision nicht stand.
26
a) Die ehelichen Lebensverhältnisse, die sowohl für die Bemessung des Trennungsunterhalts (§ 1361 Abs. 1 BGB) als auch für die Bemessung des nachehelichen Unterhalts (§ 1578 Abs. 1 BGB) relevant sind, richten sich nach den für die allgemeine Lebensführung verfügbaren Einkünften der Ehegatten. Allerdings wird das verfügbare Einkommen - gerade bei gehobenen Einkünf- ten - häufig nicht in vollem Umfang für den allgemeinen Lebensbedarf verbraucht , sondern teilweise auch der Vermögensbildung zugeführt. Solche der Vermögensbildung vorbehaltene Einkommensteile dienen dann nicht mehr der Befriedigung laufender Lebensbedürfnisse und sind damit grundsätzlich der Unterhaltsbemessung entzogen (Senatsurteile vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 68/85 - FamRZ 1987, 36, 39 und vom 23. November 1983 - IVb ZR 21/82 - FamRZ 1984, 149, 151).
27
Allerdings ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowohl bei der Bemessung des Trennungsunterhalts als auch bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist derjenige Lebensstandard, der nach dem vorhandenen Einkommen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus als angemessen erscheint. Dabei hat, gemessen am verfügbaren Einkommen, sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch ein übermäßiger Aufwand außer Betracht zu bleiben. Nur in diesem Rahmen kann das tatsächliche Konsumverhalten der Ehegatten während des Zusammenlebens berücksichtigt werden (Senatsurteile vom 20. November 1996 - XII ZR 70/95 - FamRZ 1997, 281, 284, vom 12. Juli 1989 - IVb ZR 66/88 - FamRZ 1989, 1160, 1161 und vom 24. Juni 1987 - IVb ZR 73/86 - FamRZ 1989, 838, 839).
28
Soweit das Berufungsgericht die Lebensführung der Parteien als unangemessen sparsam beurteilt hat, weil die Klägerin lediglich ein Wirtschaftsgeld in Höhe von wöchentlich 240 DM sowie ein Taschengeld in Höhe von monatlich 200 DM erhielt, während der Beklagte ursprünglich 11.000 DM monatlich erzielt hatte und über Vermögen in Höhe von rund 1,3 Mio. DM verfügte, ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
29
b) Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Beklagten steht der eheprägenden Berücksichtigung von Zinseinkünften auch nicht entgegen, dass er sein Vermögen in thesaurierenden Fonds angelegt hat, die keine laufenden Erträge abwerfen. Diese Anlageform steht der Berücksichtigung von Zinseinkünften schon deswegen nicht entgegen, weil der Beklagte mit Blick auf die objektiv geprägten ehelichen Lebensverhältnisse aus unterhaltsrechtlicher Sicht gehalten war, laufende Vermögenseinkünfte für die allgemeine Lebensführung vorzuhalten. Wenn er nach der Trennung gleichwohl im Februar 1999 erhebliche Teile seines Vermögens in thesaurierenden Fonds angelegt hat, ist er nicht anders zu behandeln, als wenn die Erträge laufend ausgeschüttet und von ihm selbst wieder angelegt worden wären. Er ist deswegen fiktiv so zu behandeln, als wären seine Vermögenserträge laufend verfügbar gewesen (Senatsurteil vom 4. November 1987 - IVb ZR 81/86 - FamRZ 1988, 145, 149; vgl. auch Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 425, 428 ff.). Allein durch die Anlageform kann der Beklagte also nicht bestimmen, ob Gewinne eines erheblichen Vermögens den unterhaltsrelevanten Einkünften zuzuordnen sind oder ob sie einer Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten vorbehalten bleiben.
30
c) Mit der Feststellung einer unangemessen sparsamen Lebensführung steht allerdings noch nicht abschließend fest, in welchem Umfang Vermögenseinkünfte des Beklagten, die er in der Vergangenheit gerade nicht für den allgemeinen Lebensbedarf eingesetzt hatte, gleichwohl eheprägend sind. Denn auch unter Berücksichtigung des gebotenen objektiven Maßstabs ist ein Unterhaltsschuldner - insbesondere bei erheblichen Vermögensbeträgen - nicht gehalten, sämtliche Vermögenseinkünfte dem Verbrauch zuzuführen. Der für eine Korrektur der unangemessenen Vermögensbildung heranzuziehende Maßstab darf nämlich nicht dazu führen, dass der Boden der ehelichen Lebensverhältnisse verlassen und Einkünfte des Unterhaltspflichtigen als prägend zugrunde gelegt werden, die auch nach einem objektiven Maßstab nicht für die Kosten der allgemeinen Lebensführung verwendet werden (vgl. Senatsurteil vom 20. November 1996 - XII ZR 70/95 - FamRZ 1997, 281, 284). In welchem Umfang solches hier der Fall ist, hängt von den gesamten Umständen des Einzelfalles ab. Das Berufungsgericht hat eine solche Gesamtwürdigung bisher nicht vorgenommen, sondern hat pauschal alle erzielbaren Zinseinkünfte zugrunde gelegt.
31
d) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist bei der Berücksichtigung der Kapitaleinkünfte des Beklagten schließlich zwischen dem Trennungsunterhalt und dem nachehelichen Unterhalt zu unterscheiden:
32
aa) Nachehelichen Unterhalt schuldet der Beklagte lediglich unter Berücksichtigung der nach Durchführung des Zugewinnausgleichs noch vorhandenen Vermögenseinkünfte. Umgekehrt muss sich die Klägerin für diesen Unterhaltsanspruch das im Wege des Zugewinnausgleichs erhaltene Vermögen und somit die daraus erzielbaren Einkünfte entgegenhalten lassen. Weil der unterhaltspflichtige Beklagte nach § 1581 Satz 2 BGB grundsätzlich nur die Vermögenseinkünfte und nicht den Vermögensstamm einsetzen muss, führt dies nicht zu einer Doppelberücksichtigung ein und desselben Vermögensbetrages im Zugewinnausgleich und im Unterhaltsrecht.
33
bb) Insoweit unterscheidet sich die Situation allerdings von derjenigen beim Trennungsunterhalt, was das Berufungsgericht verkannt hat. Die Klägerin konnte ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich nur deswegen in der vereinbarten Höhe durchsetzen, weil der Beklagte die Vermögensgewinne während der Ehezeit und auch später nicht für die eheliche Lebensführung verwendet, sondern damit sein Vermögen gemehrt hatte. Auch während der hier relevanten Trennungszeit sind die Vermögenseinkünfte also dem Vermögen zugeflossen, das für die Zeit bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags bereits über den Zugewinn ausgeglichen worden ist. Ist ein und dieselbe Vermögensmasse allerdings bereits durch den Zugewinn ausgeglichen, steht das Verbot der Doppelberücksichtigung einem erneuten Ausgleich dieses Betrages im Wege des Unterhalts entgegen (vgl. zur arbeitsrechtlichen Abfindung Senatsurteil vom 21. April 2004 - XII ZR 185/01 - FamRZ 2004, 1352, 1353). Jedenfalls für die Zeit bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags durfte das Berufungsgericht deswegen nur von dem sonstigen Einkommen des Beklagten abzüglich der Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung ausgehen. Kapitaleinkünfte konnten die ehelichen Lebensverhältnisse für diese Zeit hingegen nicht rückwirkend prägen (zur Unterscheidung zwischen dem Trennungsunterhalt und dem nachehelichen Unterhalt beim Wohnvorteil vgl. Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879, 881 f.)
34
5. Zu Recht hat das Berufungsgericht bei der Unterhaltsberechnung allerdings ein (fiktives) Erwerbseinkommen der Klägerin berücksichtigt. Nach seinen Feststellungen hat die Klägerin während der Trennungszeit Haushaltstätigkeiten in drei verschiedenen Haushalten verrichtet und daraus monatlich insgesamt 656 DM erzielt. Gegen die Angemessenheit dieses Einkommens bestehen aus revisionsrechtlicher Sicht keine Bedenken, zumal die Klägerin schon während der letzten Jahre des ehelichen Zusammenlebens gleiche Arbeiten verrichtet hatte (§ 1361 Abs. 2 BGB). Nichts anderes gilt im Grundsatz auch für den nachehelichen Aufstockungsunterhalt.
35
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die insoweit von der Anschlussrevision auch nicht angegriffen werden, war die Klägerin auch in der Folgezeit körperlich in der Lage, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die festgestellten Einschränkungen hinsichtlich der Art der Tätigkeit (keine Nachtarbeit, kein zusätzlicher Zeitdruck, kein ständiger Publikumsver- kehr, keine besonderen Anforderungen an Aufmerksamkeit und Verantwortung, kein Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg ohne Hilfsmittel und keine Überkopfarbeit) standen der Fortsetzung der zuvor ausgeübten Haushaltstätigkeit jedenfalls nicht entgegen. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der schon zuvor während der Ehe und der Trennungszeit ausgeübten Haushaltstätigkeit, war diese Tätigkeit auch für die nacheheliche Zeit angemessen im Sinne des § 1574 Abs. 1 und 2 BGB (Senatsurteil vom 26. September 1990 - XII ZR 84/89 - FamRZ 1991, 170, 171). Weil das Berufungsgericht keine hinreichenden Bemühungen der Klägerin um (Wieder-)Aufnahme einer entsprechenden Erwerbstätigkeit feststellen konnte, hat es ihr zu Recht im Rahmen des nachehelichen Aufstockungsunterhalts ein fiktives Einkommen als eheprägend zugerechnet (vgl. insoweit Senatsurteil vom 7. September 2005 - XII ZR 311/02 - FamRZ 2005, 1979, 1981).
36
b) Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision entfällt die Anrechnung eines fiktiven Erwerbseinkommens der Klägerin auch nicht wegen einer fehlenden Beschäftigungschance. Zwar setzt die Hinzurechnung fiktiver Erwerbseinkünfte grundsätzlich neben nicht ausreichenden Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit auch eine reale Beschäftigungschance auf dem Arbeitsmarkt voraus (Senatsurteil vom 8. April 1987 - IVb ZR 39/86 - FamRZ 1987, 912, 913). Insoweit obliegt dem Unterhaltsberechtigten, der trotz seiner Erwerbslosigkeit Unterhalt beansprucht, allerdings die Darlegungs- und Beweislast für seine Bedürftigkeit (Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 531). Dieser Darlegungslast ist die Klägerin insbesondere unter Berücksichtigung der vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen zu ihrem Gesundheitszustand nicht hinreichend nachgekommen. Die bloß pauschale Behauptung einer alters- und gesundheitsbedingten Unvermittelbarkeit liefe deswegen - worauf der Beklagte zu Recht hinweist - auf einen reinen Ausforschungsbeweis hinaus. Das Berufungsgericht hat es deswegen zu Recht abgelehnt, ein weiteres Gutachten zur realen Beschäftigungschance der Klägerin einzuholen.
37
c) Unabhängig davon kann die Erwerbslosigkeit der Klägerin die Höhe ihres Unterhaltsanspruchs auch aus einem weiteren Grund nicht zu ihren Gunsten beeinflussen. Denn nach § 1579 Nr. 3 BGB ist ein Unterhaltsanspruch zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit der Unterhaltsberechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat. Dabei muss es sich zwar nicht um ein vorsätzliches oder gar absichtliches Verhalten handeln, sondern es genügt auch eine leichtfertige Handlungsweise. Denn der Bereich der ehelichen Solidarität, die § 1579 BGB gegen grob unbillige Unterhaltsforderungen abgrenzt, würde auch verlassen, wenn der Unterhaltspflichtige die Folgen einer leichtfertigen Herbeiführung der Bedürftigkeit durch den anderen Ehegatten unterhaltsrechtlich mittragen müsste. Das Verhalten muss aber zu der Unterhaltsbedürftigkeit in einer Beziehung stehen, die sich nicht in bloßer Ursächlichkeit erschöpft; erforderlich ist vielmehr eine unterhaltsbezogene Leichtfertigkeit (Senatsurteil vom 14. Dezember 1983 - IVb ZR 38/82 - FamRZ 1984, 364, 367 f.). Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ebenfalls erfüllt. Denn die Klägerin, die während der letzten Ehejahre und auch während der Trennungszeit einer Erwerbstätigkeit nachgegangen war, hat diese Tätigkeit trotz fortbestehender Erwerbsfähigkeit aufgegeben. Auch der Unterhaltsbezug dieser leichtfertigen Aufgabe des Arbeitsplatzes steht außer Zweifel. Wenn das Berufungsgericht gleichwohl für den Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt lediglich ein fiktives Erwerbseinkommen der Klägerin in Höhe von 446 DM (6/7 von 520 DM) und nicht das zuvor erzielte Einkommen von 562 DM (6/7 von 656 DM) berücksichtigt hat, belastet dies - entgegen der Anschlussrevision - die Klägerin jedenfalls nicht.
38
6. Soweit das Berufungsgericht weitere Einkünfte der Klägerin für Leistungen im Haushalt der Tochter berücksichtigt hat, bestehen auch dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht keine Bedenken (vgl. Senatsurteil vom 5. Mai 2004 - XII ZR 132/02 - FamRZ 2004, 1173, 1174 f. zu Versorgungsleistungen in einer neuen Lebensgemeinschaft). Auch die Höhe des fiktiven monatlichen Entgelts von zunächst 100 DM und - ab dem gemeinsamen Umzug in das Haus der Tochter - später 200 DM wird von der Anschlussrevision der Klägerin nicht angegriffen.
39
7. Rechtliche Bedenken bestehen allerdings, soweit das Berufungsgericht - abweichend von der amtsgerichtlichen Entscheidung - die monatlichen Zahlungen der gemeinsamen Tochter an die Klägerin in Höhe von 400 DM während der Zeit von Dezember 1998 bis April 1999 nicht als eheprägend berücksichtigt hat. Zu Recht und im Einvernehmen mit der Klägerin hat das Berufungsgericht ihr diese Zahlungen zwar als Einkommen angerechnet, weil sie als Mietzahlungen an den Beklagten geschuldet waren und mit dieser einvernehmlichen Regelung der Anspruch des Beklagten erfüllt sein soll. Dann haben die Zahlungen, die ihren Rechtsgrund in der geschuldeten Miete finden, aber auch die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt und sind deswegen auch bei der Bedarfsermittlung der Klägerin zu berücksichtigen.
40
8. Wiederum zu Recht hat das Berufungsgericht der Klägerin für die Trennungs- und nacheheliche Zeit bis Ende 2000 wegen ersparter Mietkosten den Wohnwert der von ihr genutzten Souterrainwohnung zugerechnet.
41
Zur Höhe ist die tatrichterliche Ermittlung der ersparten Wohnkosten vom Revisionsgericht zwar nur auf Rechtsfehler zu überprüfen. Die Begründung des Berufungsgerichts trägt die Bemessung der ersparten Wohnkosten auf lediglich 100 DM monatlich allerdings nicht. Selbst wenn die Souterrainwohnung nur über eine Toilette mit Waschbecken und nicht über eine Kochgelegenheit verfügte , hätte das Berufungsgericht berücksichtigen müssen, dass die Klägerin zum Ausgleich gelegentlich auch die Ehewohnung aufsuchte und damit in der Trennungszeit jedenfalls höhere Mietkosten erspart hat (vgl. Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879, 880 f.). Auch ist nicht nachvollziehbar , aus welchem Grund das Berufungsgericht den Wohnwert hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts für die Zeit von Mai bis Dezember 2000 mit dem gleichen Betrag angesetzt hat, obwohl nach der Rechtsprechung des Senats für den nachehelichen Unterhalt nicht mehr auf ersparte Wohnkosten, sondern auf den objektiven Mietwert abzustellen ist (Senatsurteil vom 5. April 2000 - XII ZR 96/98 - FamRZ 2000, 950, 951).
42
9. Keine rechtlichen Bedenken bestehen hingegen, soweit das Berufungsgericht der Klägerin Zinseinkünfte aus einem ursprünglich eigenen Vermögen in Höhe von 84.342,05 DM zugerechnet hat. Das Berufungsurteil widerspricht insoweit - entgegen der Auffassung der Anschlussrevision - auch nicht der Beweiswürdigung des Amtsgerichts, sondern stützt sich auf weitere, vom Amtsgericht nicht berücksichtigte, Umstände, insbesondere den Vortrag der Parteien und die Auskunft der C.-Bank. Danach sind im Jahre 1995 Gelder der Klägerin als Sparbriefanlage auf ein Konto der Tochter geflossen, ohne dass die Klägerin dies im Einzelnen erklären konnte oder wollte. Im Hinblick auf den substantiierten Vortrag des Beklagten, wonach es sich weiterhin um Vermögen der Klägerin in dieser Größenordnung handelte, ist das pauschale Bestreiten der Klägerin teilweise widerlegt und insgesamt unerheblich. Dass die Klägerin aus diesem - nach wie vor ihr zurechenbaren - Vermögen jedenfalls Zinsgewinne erzielen konnte und diese für ihren eigenen Unterhalt einsetzen muss, steht deswegen außer Zweifel, wobei es auf die Herkunft des ertragbringenden Vermögens nicht ankommt (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 403 ff. m.w.N.).
43
10. Schließlich hat das Berufungsgericht der Klägerin ebenfalls zu Recht Zinseinkünfte zugerechnet, die sie aus den sukzessive gezahlten Beträgen auf den Zugewinnausgleich erzielen kann.
44
a) Unstreitig hat die Klägerin auf ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich um den Jahreswechsel 2000/2001 256.000 DM, Anfang Januar 2002 weitere 150.000 DM und Ende April 2002 nochmals 290.000 DM erhalten. Aus unterhaltsrechtlicher Sicht obliegt es ihr, diese Beträge möglichst zinsträchtig anzulegen und jedenfalls die Vermögenserträge für den eigenen Unterhalt zu verwenden (§ 1577 Abs. 1, 3 BGB). Dabei ist es unerheblich, ob es sich um Vermögen handelt, dass schon zuvor im Eigentum des Unterhaltsberechtigten stand, oder ob das Vermögen im Wege des Zugewinnausgleichs erworben wurde (Senatsurteil vom 16. Januar 1985 - IVb ZR 59/83 - FamRZ 1985, 357, 359).
45
b) Auch insoweit hält die Bemessung der zu berücksichtigenden Kapitaleinkünfte der revisionsrechtlichen Prüfung allerdings nicht stand. Während das Berufungsgericht dem Beklagten durchweg Kapitaleinkünfte auf der Grundlage eines erzielbaren Zinssatzes von 5 % zurechnet, geht es bei den Kapitaleinkünften der Klägerin nur hinsichtlich eines Anfang 2001 anzulegenden Betrages in Höhe von 200.000 DM von 4,5 % und sonst durchweg lediglich von einem erzielbaren Zinssatz in Höhe von 4 % aus. Die unterschiedliche Behandlung lässt sich jedenfalls nicht durch die Höhe der anzulegenden Beträge begründen , zumal die Klägerin auf den Zugewinnausgleich insgesamt 696.000 DM erhalten hat, was auch ihr entsprechend günstige Konditionen ermöglichen müsste. Zudem weist das Berufungsgericht selbst darauf hin, dass der Beklagte ein Angebot der P.-Bank vom 12. Juni 2002 vorgelegt hat, wonach seinerzeit jedenfalls noch Zinsen in Höhe von 4,3 % jährlich erzielbar waren.
46
c) Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht den Stamm ihres Vermögens für Unterhaltszwecke einsetzen muss. Nach § 1577 Abs. 3 BGB muss der Unterhaltsberechtigte den Vermögensstamm nicht verwerten, soweit dies unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Das ist hier der Fall. Denn nach Durchführung des Zugewinnausgleichs verfügen beide Parteien über ganz erhebliche Vermögenswerte, die hinreichende Vermögenserträge abwerfen. Wegen des insoweit unsubstantiierten Vortrags des Beklagten ist das Berufungsgericht im Rahmen der Billigkeitsabwägung auch zu Recht davon ausgegangen, dass dem Beklagten nach Durchführung des Zugewinnausgleichs jedenfalls Vermögen verblieben ist, das den Vermögensstamm der Klägerin erreicht.
47
d) Soweit der Klägerin Zinseinkünfte aus ihrem ursprünglichen Vermögen und insbesondere aus dem im Zugewinnausgleich erlangten Vermögen zugerechnet wurden, sind diese Einkünfte nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch als eheprägend bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen. Das Berufungsgericht hat die Revision insbesondere wegen der Frage zugelassen, "ob angesichts des Senatsurteils vom 13. Juni 2001 (XII ZR 343/99 - FamRZ 2001, 986) die infolge eines vollzogenen Zugewinnausgleichs auf Seiten des Unterhaltsgläubigers erzielten oder erzielbaren Erträge im Rahmen der Unterhaltsberechnung als eheprägend anzusehen und mithin in die Differenzberechnung einzustellen" seien. Wenn das entsprechende Vermögen allerdings - wie hier - auch schon vor der Durchführung des Zugewinnausgleichs vorhanden war und die Vermögenserträge (§ 100 BGB) schon seinerzeit die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hatten, macht es keinen Unterschied, ob sie nach wie vor von einem Ehegatten gezogen werden oder ob sie jetzt - nach Durchführung des Zugewinnausgleichs - auf beide Ehegatten verteilt sind. In beiden Fällen prägen die dann zu berücksichtigenden Vermögenseinkünfte auch die ehe- lichen Lebensverhältnisse und sind deswegen im Wege der Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen (zum Wohnvorteil vgl. Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159, 1161).
48
11. Soweit das Berufungsgericht der Klägerin den hilfsweise geltend gemachten Vorsorgeunterhalt für die Zeit von März 2004 bis zum 13. April 2005 mit der Begründung versagt, diese Unterhaltsansprüche seien erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2005 beziffert worden, hält auch dies den Angriffen der Anschlussrevision nicht stand.
49
a) Nach § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB, der gemäß § 1360 a Abs. 3 BGB auch für den Trennungsunterhalt gilt, sowie nach § 1585 b Abs. 2 BGB kann Unterhalt für die Vergangenheit u.a. von dem Zeitpunkt an gefordert werden, in dem der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Jedenfalls von diesem Zeitpunkt an wird der Unterhaltspflichtige vom Gesetzgeber nicht mehr als schutzwürdig angesehen, weil er das Unterhaltsbegehren kennt und ggf. Rücklagen bilden muss (zur Verzugswirkung durch ein bloßes Auskunftsverlangen beim Trennungsunterhalt, dessen Regelung der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts in § 1585 b Abs. 2 BGB-E [BT-Drucks. 16/1830 S. 21 f.] auch für den nachehelichen Unterhalt übernehmen will, vgl. Senatsurteil vom 22. November 2006 - XII ZR 24/04 - FamRZ 2007, 193, 195 f.).
50
b) Der Altersvorsorgeunterhalt gehört ab Beginn des Monats, in dem die Scheidungsklage rechtshängig wird (hier: August 1999), gemäß § 1361 Abs. 1 Satz 2 BGB zum Lebensbedarf im Rahmen des Trennungsunterhalts. Das Gesetz sorgt auf diese Weise für eine lückenlose soziale Biografie, da der Versorgungsausgleich gemäß § 1587 Abs. 2 BGB nur die Zeit bis zum Ende des Monats umfasst, der der Rechtshängigkeit der Scheidungsklage vorangeht, und § 1578 Abs. 3 BGB erst ab dem Tag der Rechtskraft der Scheidung eingreift. Dabei sind der Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt nicht Gegenstand eigenständiger Ansprüche, sondern lediglich Teile des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf umfassenden Unterhaltsanspruchs (Senatsurteil vom 22. November 2006 - XII ZR 24/04 - FamRZ 2007, 193, 196).
51
Nach § 1578 Abs. 2 BGB gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit. Zwar entstehen regelmäßig mit der Trennung der Ehegatten - solange sie noch nicht geschieden sind - noch keine zusätzlichen Krankenversicherungskosten , sofern die Krankenvorsorge durch die Mitversicherung bei dem erwerbstätigen Ehegatten sichergestellt ist. Eine solche Mitversicherung besteht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 10 SGB V, bei Ersatzkassen und Privatkassen nach Maßgabe der jeweiligen Satzung. Nur wenn der Unterhaltsberechtigte eine eigene private Krankenversicherung unterhält, umfasst sein Unterhaltsbedarf auch schon während der Trennungszeit nach § 1361 BGB die Kosten der Krankenvorsorge. Auch dieser Anspruch bildet mit dem Anspruch auf Elementarunterhalt einen einheitlichen Unterhaltsanspruch.
52
c) Mit Rücksicht auf die Einheitlichkeit des Unterhaltsanspruchs reicht es für die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen aus, wenn von ihm ein einheitlich bezifferter Unterhaltsanspruch geltend gemacht ist. Eines gesonderten Hinweises, es werde damit auch Krankenvorsorge- bzw. Altersvorsorgeunterhalt in bestimmter Höhe verlangt, bedarf es dabei nicht. Ob der Unterhaltsberechtigte letztlich auch Vorsorgeunterhalt beanspruchen kann, wird maßgeblich durch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen bestimmt, die dieser selbst beurteilen kann. Weil die Klägerin ihren bezifferten Unterhaltsanspruch später hilfsweise auch auf Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt gestützt hat, stand ihr im Rahmen dieses Antrags von Beginn an der Anspruch auf Vorsorgeunterhalt zu, was das Berufungsgericht ebenfalls verkannt hat (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2006 - XII ZR 24/04 - FamRZ 2007, 193, 196).
53
12. Soweit das Berufungsgericht schließlich eine Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt nach §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2, 4 und 7 BGB abgelehnt hat, hält seine tatrichterliche Ermessensentscheidung den Angriffen der Revision stand.
54
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht zunächst die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 2 und 4 BGB festgestellt, zumal die Klägerin ihr eigenes Einkommen aus Putz- und Haushaltstätigkeit bewusst erheblich niedriger dargestellt hat, als es den Tatsachen entsprach. Ebenso hat die Klägerin den Beklagten ohne haltbare Begründung einer Urkundenfälschung bezichtigt. Auch den Umfang ihrer Haushaltstätigkeit zugunsten der Tochter hatte die Klägerin falsch dargestellt, um dadurch - wenn auch geringe - unterhaltsrechtliche Vorteile zu gewinnen.
55
Wenn das Berufungsgericht trotz der erfüllten Tatbestandsvoraussetzungen im Rahmen der umfassenden Gesamtwürdigung zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Trennungsunterhalt weder zu versagen, noch herabzusetzen, noch zeitlich zu begrenzen sind, ist dagegen revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Insbesondere hat das Berufungsgericht zu Recht berücksichtigt, dass die Ehe bis zur Trennung der Parteien 32 Jahre und bis zur Scheidung 34 Jahre gedauert hat und dass auch der Beklagte durch unrichtigen Sachvortrag versucht hat, sich der Unterhaltsforderung der Klägerin zu entziehen. Insoweit stellt die Revision des Beklagten lediglich ihr eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens des Berufungsgerichts, was ihr versagt ist.
56
b) Soweit das Berufungsgericht mit der gleichen Begründung auch eine Verwirkung des nachehelichen Unterhalts abgelehnt hat, wird aus der Ent- scheidung allerdings nicht hinreichend deutlich, ob es sich des Grundsatzes der nachehelichen Eigenverantwortung aus § 1569 BGB hinreichend bewusst war. Denn dadurch gewinnt auch die Bedeutung der Verwirkungsgründe für den nachehelichen Unterhalt stärkeres Gewicht, als es für den Trennungsunterhalt (§ 1361 Abs. 3 BGB) der Fall ist. Weil der Unterhalt, auch wenn die Voraussetzungen der Ziff. 1-7 des § 1579 BGB erfüllt sind, ohnehin nicht zwingend in vollem Umfang zu versagen ist, sondern auch herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden kann, hätte das Berufungsgericht auch diese Möglichkeiten in seine Billigkeitsprüfung einbeziehen müssen.

III.

57
Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann deswegen keinen Bestand haben. Weil das angefochtene Urteil Rechtsfehler teils zu Lasten des Beklagten und teils zu Lasten der Klägerin enthält, ist es auf die Revision und die Anschlussrevision insgesamt aufzuheben. Das Verfahren ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, weil ergänzende tatrichterliche Feststellungen zu den ehelichen Lebensverhältnissen erforderlich sind. Das Berufungsgericht wird darüber unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu befinden haben.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Herne-Wanne, Entscheidung vom 18.12.2003 - 3 F 129/99 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 14.07.2005 - 3 UF 10/04 -

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.

(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 143/08 Verkündet am:
26. Mai 2010
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 1573, 1578 b; ZPO § 323 a.F.; EGZPO § 36; FamFG § 239

a) Für die Abänderung eines Prozessvergleichs über nachehelichen Unterhalt wegen
Unterhaltsbefristung kommt es vorrangig darauf an, inwiefern der Vergleich
im Hinblick auf die spätere Befristung eine bindende Regelung enthält. Mangels
einer entgegenstehenden ausdrücklichen oder konkludenten vertraglichen Regelung
ist jedenfalls bei der erstmaligen Festsetzung des nachehelichen Unterhalts
im Zweifel davon auszugehen, dass die Parteien die spätere Befristung des Unterhalts
offenhalten wollen. Eine Abänderung des Vergleichs ist insoweit auch
ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse und ohne Bindung an den Vergleich
möglich.

b) § 36 EGZPO regelt lediglich die Abänderung solcher Unterhaltstitel und
-vereinbarungen, deren Grundlagen sich durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz
vom 21. Dezember 2007 geändert haben. Bei der Abänderung einer vor
dem 1. Januar 2008 geschlossenen Vereinbarung zum Aufstockungsunterhalt ist
das nicht der Fall (im Anschluss an Senatsurteil vom 18. November 2009 - XII ZR
65/09 - FamRZ 2010, 111).

c) Zur Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB.
BGH, Urteil vom 26. Mai 2010 - XII ZR 143/08 - OLG München
AG München
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Mai 2010 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin
Weber-Monecke und die Richter Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Klinkhammer und
Schilling

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 31. Juli 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten über die Befristung des nachehelichen Unterhalts.
2
Die Parteien heirateten im September 1988. Sie waren seinerzeit beide 38 Jahre alt. Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen. Die Ehe wurde auf den im Juni 1999 zugestellten Scheidungsantrag am 15. Juni 2004 geschieden. Der Kläger ist Leitender Oberarzt an einem Universitätsklinikum. Die Beklagte hat nach einem abgebrochenen Studium keine abgeschlossene Berufsausbildung und arbeitet nach einer Weiterbildung zur Kulturmanagerin - wie schon zum Zeitpunkt der Scheidung - bei einem Goethe-Institut.
3
Im Zuge des Scheidungsverfahrens schlossen die Parteien am 15. Juni 2004 einen Prozessvergleich über den nachehelichen Unterhalt, in dem sich der Kläger zu einem monatlichen Unterhalt von 1.500 € verpflichtete. Als Grundlagen des Vergleichs waren die beiderseitigen Nettoeinkommen (4.900 € und 1.400 €) niedergelegt. Außerdem vereinbarten die Parteien eine Abänderungsmöglichkeit für den Fall, dass ihre Einkommen sich um mehr als 10 % veränderten.
4
Der Kläger begehrt die Abänderung des Unterhalts und hat sich neben einer Verringerung seiner Einkünfte wegen nicht mehr anfallender Sonderdienste auf eine Befristung des Unterhalts berufen. Die Beklagte macht geltend, der Kläger sei mit dem Befristungseinwand ausgeschlossen.
5
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Klage abgewiesen, weil sich die Verhältnisse seit dem Vergleichsabschluss insbesondere hinsichtlich der Befristung nicht geändert hätten. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht den Unterhalt bis einschließlich Dezember 2012 befristet. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte den Wegfall der Befristung.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Unterhalt sei nach § 1578 b Abs. 2 BGB grundsätzlich zu befristen, es sei denn, es lägen besondere Umstände vor, die dies unbillig erscheinen ließen, wie die Dauer der Ehe, die Zeit der Kinderbetreuung und die Gestaltung der Haushaltsführung. Die Ehe habe bis zur Zustellung des Scheidungsantrags mehr als zehn Jahre gedauert und sei daher nicht als kurz anzusehen. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass die Parteien bereits vorher längere Zeit zusammengelebt hätten. Eine Befristung sei dagegen nicht unbillig, weil ehebedingte Nachteile nicht zu erkennen seien. Die Beklagte habe keine abgeschlossene Ausbildung. Angesichts ihres Alters von damals bereits 38 Jahren sei mit einem Abschluss auch nicht mehr zu rechnen gewesen, zumal die Beklagte - da aus der Ehe keine Kinder hervorgegangen seien - jederzeit die Möglichkeit gehabt hätte, ihre Abschlussprüfung zu machen. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beklagte auch ohne die Ehe keine besser bezahlte Erwerbstätigkeit gefunden hätte, als sie sie jetzt beim Goethe-Institut ausübe. Die Gestaltung einer Ehe als Haushaltsführungsehe stehe einer Beschränkung nur entgegen, soweit der Bedürftige im beiderseitigen Einvernehmen eine eigene Erwerbstätigkeit zurückstelle, um dem anderen Ehegatten die volle berufliche Entfaltung zu ermöglichen, und dadurch selbst berufliche Nachteile erlitten habe. Das sei hier nicht der Fall. Der schon abgelaufene Zeitraum von vier Jahren seit der Scheidung würde ausreichend berücksichtigen, dass sie sich auf die neue Situation einstellen müsse.
8
§ 1578 b BGB sei aber nur nach Maßgabe des § 36 EGZPO auf vor dem 1. Januar 2008 getroffene Unterhaltsvereinbarungen anzuwenden. Die Parteien hätten eine unbefristete Unterhaltsvereinbarung getroffen, nachdem sie sich zunächst intensiv wegen einer Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. auseinandergesetzt hätten. Dadurch habe die Beklagte in besonderem Maße davon ausgehen können, dass sie den Unterhaltsanspruch so lange behalte, wie auf Seiten des Klägers Leistungsfähigkeit und auf ihrer Seite Bedürftigkeit vorliege. Unter Berücksichtigung dieses Umstands und der Tatsache, dass aufgrund des jetzigen Alters der Beklagten davon auszugehen sei, dass sie ihre Einkommenssituation voraussichtlich nicht mehr verbessern werde, die Parteien aber auch vor der Scheidung lange Zeit getrennt gelebt hätten, erscheine eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs bis einschließlich Dezember 2012 angemessen.

II.

9
Das hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
10
1. Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2009 - XII ZR 8/08 - FamRZ 2010, 192). Die Abänderung des Prozessvergleichs vom 15. Juni 2004 richtet sich somit nach § 323 ZPO a.F. (vgl. nunmehr §§ 238, 239 FamFG).
11
2. Die Revision rügt allerdings zu Recht, dass das Berufungsgericht sich nicht mit der Bindungswirkung des Vergleichs auseinandergesetzt hat. Denn eine Abänderung wäre von vornherein nicht zulässig, wenn und soweit ihr die Bindungswirkung des Vergleichs entgegensteht.
12
a) Die Präklusionsvorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO a.F. findet nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf Vergleiche keine Anwendung (BGHZ 85, 64, 73 = FamRZ 1983, 22, 24; Senatsurteil vom 23. November 1994 - XII ZR 168/93 - FamRZ 1995, 221, 223). Dass sich die Sachlage seit dem Vergleichsabschluss nicht wesentlich verändert hat, wovon hier aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts allerdings auszugehen sein dürfte, steht also anders als regelmäßig bei einem Urteil (dazu vgl. Senatsurteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - FamRZ 2010, 111 Tz. 17 ff.) der Abänderung eines Vergleichs nicht ohne weiteres im Wege.
13
Abgesehen davon, dass sich auch aus einem Urteil ergeben kann, dass die Frage einer künftigen Befristung vom Gericht nicht abschließend geprüft worden ist (vgl. Senatsurteil vom 17. Mai 2000 - XII ZR 88/98 - FamRZ 2000, 1499, 1501) und auch dem Urteil in diesem Fall nur eine eingeschränkte Rechtskraftwirkung zukommt, richtet sich die Abänderung eines Prozessvergleichs allein nach materiellrechtlichen Kriterien (Senatsurteil vom 25. November 2009 - XII ZR 8/08 - FamRZ 2010, 192 Tz. 13; BGHZ 85, 64, 73 = FamRZ 1983, 22, 24; Senatsurteil vom 19. März 1997 - XII ZR 277/95 - FamRZ 1997, 811, 813; klarstellend zu Senatsurteil vom 9. Juni 2004 - XII ZR 308/01 - FamRZ 2004, 1357, 1360; vgl. § 239 Abs. 2 FamFG). Dabei ist - vorrangig gegenüber einer Störung der Geschäftsgrundlage - durch Auslegung zu ermitteln, ob und mit welchem Inhalt die Parteien eine insoweit bindende Regelung getroffen haben.
14
b) Im vorliegenden Fall ist die Abänderung wegen Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB durch den Vergleich nicht gehindert. Vielmehr ergibt eine interessengerechte Auslegung des Vergleichs, dass im Hinblick auf die Unterhaltsbefristung eine spätere Abänderung vorbehalten bleiben sollte.
15
Die Ermittlung des Inhalts und der Bedeutung von Individualvereinbarungen ist Aufgabe der Tatsacheninstanzen. Deren Auslegung kann vom Revisionsgericht grundsätzlich nur darauf geprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf im Revisionsverfahren gerügten Verfahrensfehlern beruht (BGHZ 150, 32, 37 = NJW 2002, 3248, 3249 und Senatsurteil vom 28. Juli 2004 - XII ZR 292/02 - NJW-RR 2004, 1452, 1453), wobei die Auslegung auch ohne entsprechende Rüge vom Revisionsgericht zu überprüfen ist (§ 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO; Senatsurteil vom 4. März 2009 - XII ZR 18/08 - FamRZ 2009, 768 Tz. 15 m.w.N.).
16
Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht die gebotene Auslegung des Vergleichs unterlassen. Denn es hat sich in seiner Entscheidung mit dem - vom Amtsgericht für begründet erachteten - Einwand der Beklagten, die dem Vergleich zugrunde liegenden Verhältnisse hätten sich nicht geändert und eine Unterhaltsbegrenzung habe nicht dem damaligen Parteiwillen entsprochen, nicht auseinandergesetzt. Es hat ein Vertrauen der Beklagten auf den Fortbestand des Unterhaltstitels nur bei der Bemessung der Unterhaltsdauer herangezogen und damit eine mögliche Bindungswirkung des Vergleichs vernachlässigt.
17
Da aber die hier maßgeblichen Tatsachen unstreitig sind und eine weitere Aufklärung nicht geboten ist, kann der Senat die Auslegung des Vergleichs selbst vornehmen (vgl. Musielak/Ball ZPO 7. Aufl. § 546 Rdn. 5 m.w.N.). Diese führt zu dem Ergebnis, dass der Kläger den Befristungseinwand auch noch nachträglich erheben kann, ohne dass es auf eine Änderung der Tatsachenlage ankommt.
18
aa) Dass die Parteien den Befristungseinwand für die Zukunft ausschließen wollten, lässt sich dem Wortlaut des Vergleichs nicht entnehmen. Auch daraus, dass die Parteien im Hinblick auf die Einkommensentwicklung eine spätere Abänderung des Vergleichs bedachten und insoweit zur Abänderbarkeit des Vergleichs eine nähere Regelung trafen, folgt noch nicht, dass sie andere, Abänderungsgründe ausschließen wollten. Bei der gebotenen interessengerechten Auslegung ist vielmehr zu berücksichtigen, dass neben den Einkommensverhältnissen etliche andere Gesichtspunkte für eine Abänderung in Betracht kommen (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2009 - XII ZR 8/08 - FamRZ 2010, 192: verfestigte Lebensgemeinschaft), die einen generellen Ausschluss der Abänderung aus weiteren Gründen als fernliegend erscheinen lassen. Schon aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Abänderungsbestimmung in dem Vergleich im Zweifel nicht als eine abschließende Regelung gewollt war.
19
bb) Wohl kann die Befristung oder ihr Ausschluss im Einzelfall Verhandlungsgegenstand und Bestandteil der Äquivalenzvorstellungen der Parteien geworden sein, indem sie etwa die Höhe des Unterhalts und die Befristung gegeneinander abgewogen haben. Dies hätte zur Folge, dass die Befristung in die Unterhaltsbemessung eingeflossen wäre und eine spätere Abänderung an der Bindungswirkung des Vergleichs scheitern würde. Davon kann im vorliegenden Fall aber nicht ausgegangen werden.
20
Die zeitliche Begrenzung des Unterhalts war allerdings zwischen den Parteien vor Abschluss des Vergleichs umstritten. Ferner hat die Beklagte vorgetragen , dass sie dem Kläger zur streitigen Höhe des von ihm erzielten Einkommens teilweise nachgegeben habe, indem der Unterhalt gegenüber dem Trennungsunterhalt niedriger festgelegt worden sei. Daraus folgt indessen noch nicht, dass die Parteien von einer Unabänderbarkeit des Vergleichs ausgingen.
21
Ein etwaiges Nachgeben der Beklagten zur Unterhaltshöhe hat im Wortlaut der Vereinbarung keinen Niederschlag gefunden. Selbst ein gegenüber dem seinerzeit vom Oberlandesgericht Köln festgesetzten Trennungsunterhalt teilweise geübter Verzicht der Beklagten in dem von ihr - allerdings ohne nachvollziehbare Begründung - dargelegten Umfang von monatlich 300 € stünde nach seiner wirtschaftlichen Bedeutung offensichtlich außer Verhältnis zu einem endgültigen Verlust des Befristungseinwands für den Kläger. Außerdem verfügte die Beklagte einschließlich des vereinbarten Unterhalts jedenfalls über Ein- künfte von monatlich insgesamt 2.900 €, was ohne Darlegung eines konkreten Unterhaltsbedarfs in dieser Höhe bereits eine vollständige Notwendigkeit der Unterhaltsbeträge zur Bestreitung des Lebensbedarfs in Frage stellt.
22
Auch dass der Kläger seinen früher erhobenen Einwand, der Unterhalt sei zeitlich zu begrenzen, schließlich fallen ließ, besagt noch nichts zu einer späteren Befristung des Unterhalts. Denn die Beklagte hatte den Vorschlag des Klägers einer Befristung bis Oktober 2004 seinerzeit mit der Begründung abgelehnt , dass ihr eine Befristung nicht zugemutet werden könne, weil nicht absehbar sei, ob der zunächst befristete Arbeitsvertrag mit dem Goethe-Institut verlängert werde oder nicht. Wenn der Kläger unter diesen Umständen nicht auf der Befristung bestand und in dem Vergleich eine zunächst unbefristete Unterhaltspflicht übernahm, kann daraus jedenfalls nicht gefolgert werden, die Parteien seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass der Unterhalt auch in Zukunft nicht mehr befristet werden könne. Auch ein Nachgeben des Klägers, nachdem er zuvor die Befristung geltend gemacht hatte, geht demnach nicht weiter, als dass die Prüfung der Befristung auf einen späteren Zeitpunkt hinausgeschoben werden sollte.
23
cc) Mangels einer entgegenstehenden ausdrücklichen oder konkludenten vertraglichen Regelung ist im Zweifel vielmehr davon auszugehen, dass die Parteien die spätere Befristung des Unterhalts offenhalten wollten. Der Vergleich entfaltet dann insoweit keine Bindungswirkung für die Zukunft, sondern eröffnet den Parteien - vergleichbar mit einem Urteil, durch das über eine spätere Befristung ausweislich der Entscheidungsgründe noch nicht entschieden sein soll - eine spätere Abänderung auch ohne Änderung der zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse.
24
Anders als bei Tatsachen, die unmittelbar für die Bemessung des Unterhalts maßgeblich sind, besteht bei der Befristung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB1573 Abs. 5 BGB a.F.) die Besonderheit, dass sie von der Unbilligkeit einer weitergehenden Unterhaltsleistung abhängt und dieser Umstand jedenfalls bei der erstmaligen Festlegung des nachehelichen Unterhalts im Zusammenhang mit der Scheidung regelmäßig erst in der Zukunft eintritt. Es liegt daher nahe, dass der Unterhaltspflichtige, wenn im Vergleich nicht sogleich eine Regelung zur Dauer der Unterhaltsgewährung getroffen oder aber eine Befristung ausgeschlossen worden ist, mit einem Ausschluss des Befristungseinwands regelmäßig nicht einverstanden ist und auch der Unterhaltsberechtigte nach Treu und Glauben die Zahlungsbereitschaft des Unterhaltspflichtigen nur als eine in diesem Sinne eingeschränkte verstehen kann.
25
Dass der Senat in ständiger Rechtsprechung bei der Abänderung eines Urteils für die Präklusion nach § 323 Abs. 2 ZPO a.F. (vgl. § 238 Abs. 2 FamFG) nicht darauf abstellt, ob die Voraussetzungen der Unterhaltsbegrenzung bereits eingetreten waren, sondern darauf, ob die Gründe für eine Unterhaltsbegrenzung bereits zuverlässig vorauszusehen waren (zuletzt Senatsurteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - FamRZ 2010, 111, 117 m.w.N.), lässt sich auf die Abänderung von Prozessvergleichen nicht ohne weiteres übertragen. Denn im Gegensatz zu einem Urteil, dem eine von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB vorauszugehen hat und das auch im Fall, dass die Befristung vom Gericht übersehen wurde, Rechtskraftwirkung entfaltet, steht es den Parteien eines Vergleichs frei, die - gegenwärtig noch nicht eingreifende - Befristung einer späteren Klärung vorzubehalten.
26
Da die Befristung erst in der Zukunft eingreift und von einer auf den Befristungszeitpunkt bezogenen umfassenden Billigkeitsabwägung abhängt, ist eine Festlegung der Unterhaltsdauer anders als beim Urteil jedenfalls nicht zwingend und wird daher von den Parteien zum Zeitpunkt der Scheidung eine frühzeitige Festlegung im Zweifel noch nicht gewollt sein. Dementsprechend wird eine anlässlich der Scheidung ohne Befristung getroffene Unterhaltsvereinbarung noch nicht auf der Vorstellung beruhen, dass eine Abänderung wegen einer erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt eingreifenden Befristung nicht mehr stattfinden könne (vgl. auch Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1008).
27
c) Allerdings ist zu beachten, dass der im Vergleich getroffenen Regelung eine gewisse Mindestdauer zukommen muss, um dem Interesse der Parteien an einer rechtssicheren Regelung zu genügen. Daher wird es regelmäßig jedenfalls treuwidrig sein, wenn der Unterhaltspflichtige schon kurze Zeit nach dem Vergleichsschluss eine Abänderung der getroffenen Regelung verlangt. Von welchem Zeitraum hier auszugehen ist und ob die Frage nicht bereits im Rahmen der schließlich vom Familiengericht festzulegenden Unterhaltsdauer ausreichend berücksichtigt werden kann, braucht hier indessen nicht entschieden zu werden. Denn maßgeblich ist nicht auf das Datum des Abänderungsverlangens abzustellen, sondern auf den geltend gemachten Befristungszeitpunkt, weil durch diesen auch die Geltungsdauer des Vergleichs bestimmt wird und einem verfrühten Abänderungsverlangen im Übrigen schon das den Unterhaltspflichtigen treffende Prozess- und Kostenrisiko hinreichend entgegenwirken dürfte.
28
Im vorliegenden Fall bezieht sich die vom Kläger verfolgte Befristung auf das Ende des Jahres 2012 und somit auf mehr als achteinhalb Jahre nach dem Vergleichsabschluss. Demnach ist das Abänderungsverlangen des Klägers jedenfalls nicht treuwidrig.
29
d) Da sich die Zulässigkeit der nachträglichen Geltendmachung des Befristungseinwands schon aus einer interessengerechten Auslegung des Vergleichs ergibt und insoweit eine Bindung an den Vergleich nicht besteht, kommt es auf die Frage einer Störung der Geschäftsgrundlage und einer Anpassung des Vergleichs nach § 313 BGB nicht an.
30
3. Das Berufungsgericht hat demnach mangels weiterer Bindungen im Ergebnis zu Recht über die Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB entschieden. Die im angefochtenen Urteil ausgesprochene Befristung ist wiederum im Ergebnis nicht zu beanstanden.
31
Auf die Befristung ist das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht anzuwenden (Art. 4 Unterhaltsrechtsänderungsgesetz; vgl. auch § 36 Nr. 7 EGZPO und Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 - Tz. 27 f.).
32
a) Die Revision rügt insoweit, dass das Berufungsgericht einen fehlerhaften Rechtssatz aufgestellt habe, indem es davon ausgegangen sei, dass ein Unterhaltsanspruch grundsätzlich zu begrenzen sei, es sei denn, es lägen besondere Gesichtspunkte vor, die eine Begrenzung als unbillig erscheinen ließen. Diese Rüge ist im Ausgangspunkt begründet.
33
Die Befristung ist nach § 1578 b Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 BGB vom Familiengericht auszusprechen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Aus § 1578 b BGB ergibt sich, dass nach der gesetzlichen Konzeption die Befristung des Unterhalts nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt. Das Familiengericht hat demnach zu prüfen, ob die fortdauernde Unterhaltspflicht unbillig ist, nicht aber, ob der Befristung Billigkeitsgründe entgegenstehen (vgl. Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - zur Veröffentlichung bestimmt - Tz. 22). http://www.juris.de/jportal/portal/t/1mmw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE263800377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1mmw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE000202377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1mmw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE263800377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 13 -
34
b) Allerdings beruht die Entscheidung nicht auf dem vom Berufungsgericht vorangestellten Regel-Ausnahme-Verhältnis (§§ 545, 561 ZPO), weil die vom Berufungsgericht ausgesprochene Befristung aufgrund der von ihm abschließend getroffenen Feststellungen im Ergebnis gleichwohl Bestand hat.
35
aa) Die Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit nach § 1578 b Abs. 1, Abs. 2 BGB hängt insbesondere davon ab, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes , aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB).
36
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Beklagten durch die Rollenverteilung in der Ehe keine beruflichen Nachteile entstanden sind. Die Klägerin war bei Eheschließung 38 Jahre alt und hatte keine abgeschlossene Berufsausbildung. Die Weiterbildung zur Kulturmanagerin absolvierte sie während der Ehe. Da sie in diesem Beruf auch nach der Scheidung eine Vollzeitbeschäftigung ausübt, ist ihr aus der Ehe insoweit kein Nachteil entstanden. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist schließlich vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 42 und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508 Tz. 25).
37
bb) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BT-Drucks.
16/1830 S. 19). Denn indem § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB "insbesondere" auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt er andere Gesichtspunkte für die Billigkeitsabwägung nicht aus (Senatsurteil vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - zur Veröffentlichung bestimmt - Tz. 44).
38
Insofern hat das Berufungsgericht mit der Dauer der Ehe, dem Vertrauen der Beklagten in den Fortbestand des Unterhalts, dem Alter der Beklagten bei Scheidung und ihrer voraussichtlich mangelnden Möglichkeit zur Verbesserung ihrer Einkommenssituation die wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt.
39
Dass das Berufungsgericht in der nach dem Vorbringen der Beklagten voraussichtlich unzureichenden Altersvorsorge keinen Hinderungsgrund für die Befristung gesehen hat, ist wiederum nicht zu beanstanden. Die unzureichende Altersvorsorge beruht auf der Erwerbsbiografie der Beklagten vor der Eheschließung , die im Alter von 38 Jahren nicht über eine adäquate Altersvorsorge verfügte. Dass auch der Versorgungsausgleich die vorhandene Lücke nicht schließen kann, beruht auf der Ehezeit von nur knapp elf Jahren. Das voreheliche Zusammenleben ist, anders als es das Berufungsgericht gesehen hat, grundsätzlich kein Billigkeitskriterium im Sinne von § 1578 b BGB. Denn daraus kann sich weder ein ehebedingter Nachteil ergeben, noch kann das voreheliche Zusammenleben ohne weiteres ein erhöhtes Maß an nachehelicher Solidarität begründen. Eine Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts kann schließlich nicht allein mit der Erwägung abgelehnt werden, dass damit der Einsatzzeitpunkt für einen späteren Anspruch auf Altersunterhalt nach § 1571 Nr. 3 BGB entfällt (Senatsurteil vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508 Tz. 24 f.).
40
cc) In Anbetracht der Unterhaltsbefristung bis 2012 ist nicht davon auszugehen , dass für das Berufungsgericht die von ihm unzutreffend formulierte http://www.juris.de/jportal/portal/t/ame/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002440877BJNE003900301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ame/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002440877BJNE000300302&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ame/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE038104160&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 15 - Prämisse zum Regel-Ausnahme-Verhältnis von Unterhalt und Befristung bei der Bemessung der Frist entscheidende Bedeutung zugekommen wäre. Das könnte allenfalls in Anbetracht des Umstands gelten, dass das Berufungsgericht aufgrund der nach § 1578 b Abs. 2, Abs. 1 BGB zu treffenden Abwägung eine Unterhaltsdauer von etwas mehr als vier Jahren seit der Scheidung für ausreichend gehalten hat. Ob diese Frist hier angemessen gewesen wäre, kann jedoch dahinstehen. Denn das Berufungsgericht ist aufgrund einer Einbeziehung von § 36 EGZPO im Ergebnis zu einer deutlich längeren Frist gelangt, die sich insgesamt auf mehr als achteinhalb Jahre nach der Scheidung und mehr als fünfzehn Jahre nach der Trennung im Jahr 1997 beläuft.
41
Dabei hat das Berufungsgericht allerdings übersehen, dass § 36 EGZPO nicht einschlägig ist. § 36 Nr. 1 EGZPO findet nur für den Fall Anwendung, dass im Rahmen der Abänderung von Unterhaltstiteln oder -vereinbarungen Umstände "durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts erheblich geworden sind". § 36 Nr. 1, 2 EGZPO stellt in diesem Fall die Abänderung unter die einschränkende weitere Voraussetzung der Zumutbarkeit und enthält im Übrigen lediglich die Klarstellung, dass die Gesetzesänderung, soweit sie zu einer Änderung der wesentlichen Verhältnisse führt, einen Abänderungsgrund im Sinne von § 323 Abs. 1 ZPO darstellt (Senatsurteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - FamRZ 2010, 111 Tz. 16). Im vorliegenden Fall hat sich indessen durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 keine Änderung ergeben. Im Hinblick auf den Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB war eine Befristung schon nach der zuvor bestehenden Gesetzeslage gemäß § 1573 Abs. 5 BGB (a.F.) zulässig. Die Änderung der Rechtsprechung zum Stellenwert der Ehedauer bei der Unterhaltsbefristung (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006) betrifft den vorliegenden Fall nicht, weil § 36 Nr. 1, 2 EGZPO auf die Änderung der Rechtsprechung - abgesehen von deren Erheblichkeit im vorliegenden Fall - keine Anwendung findet.
42
Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Befristung des Unterhalts ist demnach im Ergebnis jedenfalls nicht unangemessen kurz. Die unzutreffende Anwendung von § 36 EGZPO beschwert die Beklagte als Revisionsklägerin schließlich nicht. Hahne Weber-Monecke Prof. Dr. Wagenitz ist urlaubsbedingt an der Unterschrift verhindert. Hahne Klinkhammer Schilling
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 28.09.2007 - 526 F 2789/07 -
OLG München, Entscheidung vom 31.07.2008 - 12 UF 1736/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 175/08 Verkündet am:
24. März 2010
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Im Rahmen der Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des Unterhalts ist der
Unterhaltspflichtige für die Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet, die für eine
Befristung sprechen.

b) Hinsichtlich der Tatsache, dass ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind, trifft
den Unterhaltsberechtigten aber nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen
eine sog. sekundäre Darlegungslast (Klarstellung der Senatsurteile vom
14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134; vom 16. April 2008
- XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325; vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 -
FamRZ 2009, 1990 und vom 28. März 1990 - XII ZR 64/89 - FamRZ 1990, 857).

c) Der Unterhaltsberechtigte muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten
Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche
konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen
des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen
ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.
BGH, Urteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - OLG Hamm
AG Essen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. März 2010 durch den Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und
die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 1. September 2008 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind geschiedene Eheleute und streiten über nachehelichen Unterhalt sowie dessen Befristung.
2
Die Parteien heirateten im August 1990. Sie waren seinerzeit beide 22 Jahre alt. Aus der Ehe sind zwei Söhne (die Kläger zu 2 und 3) hervorgegangen , die 1992 und 1995 geboren wurden. Die Ehe wurde nach Trennung der Parteien im September 2004 auf den seit Dezember 2005 rechtshängigen Scheidungsantrag im August 2006 geschieden. Der Unterhalt für die beiden Söhne ist durch Jugendamtsurkunde aus dem Jahr 2006 mit je 135 % der damaligen Regelbeträge tituliert, für die Zeit ab Februar 2008 aufgrund des erstinstanzlichen Urteils im vorliegenden Verfahren mit 112,1 % des Mindestunterhalts nach § 1612 a Abs. 1 BGB.
3
Der Beklagte ist technischer Angestellter. Die Klägerin hatte bei Eheschließung keine Berufsausbildung. Eine nach der Eheschließung begonnene Ausbildung zur Köchin musste sie wegen einer Nickelallergie abbrechen, auch eine anschließend aufgenommene Berufsausbildung zur Bürokauffrau beendete sie unter anderem aus gesundheitlichen Gründen. Nach der Geburt des ersten Sohnes arbeitete sie zunächst nicht mehr. Von April 2004 bis April 2006 war sie geringfügig beschäftigt, von Mai 2006 bis Juni 2006 arbeitete sie in Teilzeit als Vertriebsmitarbeiterin. Sie erkrankte in dieser Zeit an einem Nasenkarzinom und wurde zweimal operiert. Später litt sie an einer Belastungsstörung und wurde teilstationär in einer Tagesklinik behandelt. Von Mai 2008 bis August 2008 war sie mit 30 Wochenstunden im Schichtdienst beschäftigt, arbeitete krankheitsbedingt aber wiederum nur einen Monat. Die Klägerin ist zu 60 % schwerbehindert.
4
Die Klägerin hat sich für ihren Unterhaltsanspruch unter anderem auf die Betreuungsbedürftigkeit der unter gesundheitlichen Beschwerden leidenden Söhne berufen. Der Beklagte hat eingewandt, dass der Unterhalt bis Februar 2009 zu befristen sei.
5
Das Amtsgericht hat - neben dem Kindesunterhalt - den Ehegattenunterhalt unbefristet ab Februar 2008 in Höhe von monatlich 342 € zugesprochen. Das Oberlandesgericht hat die vom Beklagten hinsichtlich des Ehegattenunterhalts eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision ver- folgt der Beklagte weiterhin eine Befristung des Unterhalts und die entsprechende Abweisung der weitergehenden Klage ab März 2009.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Das Berufungsgericht ist in seinem in FamRZ 2009, 519 veröffentlichten Urteil davon ausgegangen, dass sich der Unterhalt ab März 2009 allein aus § 1573 Abs. 2 BGB ergebe und ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB nicht mehr bestehe.
7
Eine Befristung sei nicht vorzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs komme es für die Frage der Befristung vorwiegend darauf an, ob die Klägerin ehebedingte Nachteile erlitten habe.
8
Im vorliegenden Fall habe der Beklagte nicht dargelegt, dass der Klägerin durch die Ehe und die dort gewählte Rollenverteilung keine Erwerbsnachteile entstanden seien. Die Ehe habe bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags 15 Jahre und vier Monate bestanden. Die Klägerin habe sich nach der Geburt des ersten Sohnes abgesehen von geringfügigen Beschäftigungszeiten ausschließlich der Betreuung und Erziehung der beiden Kinder gewidmet. Entgegen der Auffassung des Beklagten ließen sich ehebedingte Nachteile nicht mit der Begründung verneinen, dass die Klägerin weder vor noch während der Ehe einen qualifizierten Berufsabschluss erworben habe, so dass ihr nach dem Scheitern der Ehe keine Erwerbsmöglichkeiten verschlossen seien, die sich ihr ohne die in der Ehezeit eingelegte Berufspause eröffnet hätten. Insoweit bliebe nämlich unberücksichtigt, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Eheschließung erst 22 Jahre alt gewesen sei und kurz zuvor erst den Realschulabschluss nachgeholt habe, sie also zu diesem Zeitpunkt noch am Anfang ihres beruflichen Werdegangs gestanden habe. Wie sich ihre weitere berufliche Entwicklung ohne die Ehe gestaltet hätte, sei völlig offen.
9
Bei einer Gesamtwürdigung könne auch nicht außer Acht gelassen werden , dass die Klägerin bereits "im zeitlichen Zusammenhang mit der Eheschließung" im Jahr 1990 eine Totgeburt erlitten habe und der nachfolgende Abbruch zweier Berufsausbildungen etwa in dem Zeitraum zwischen Eheschließung und Geburt des ersten Kindes im Jahr 1992 gelegen habe. Die Annahme des Beklagten , dass es der Klägerin auch ohne Eheschließung und Schwangerschaften nicht gelungen wäre, im Erwerbsleben Fuß zu fassen und insbesondere eine Berufsausbildung abzuschließen, erscheine vor diesem Hintergrund als zu weitgehend. Jedenfalls wirkten sich diesbezügliche Unwägbarkeiten nach der Verteilung der Darlegungslast zu Lasten des Beklagten aus. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Klägerin aufgrund ihrer Prüfungsangst letztlich keine Berufsausbildung abgeschlossen hätte, dürfte manches dafür sprechen, dass sie ohne die praktizierte Rollenverteilung einer Berufstätigkeit nachgegangen wäre und zumindest umfassende Berufserfahrung habe sammeln können, die ihr bessere Einkommensquellen eröffnet hätte. Ins Gewicht falle in diesem Zusammenhang auch, dass die Klägerin bei Eheschließung und während der Schwangerschaften noch jung gewesen sei und sich nicht die Aussage treffen lasse, dass sie seinerzeit schon ihre endgültige Stellung im Erwerbsleben gefunden hätte. Das möge anders liegen, wenn aufgrund des Alters und sonstiger Umstände zur Zeit der Eheschließung nicht ernsthaft habe erwartet werden können, dass der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe eine weitergehende Qualifikation habe erwerben können, was hier aber nicht der Fall sei.

II.

10
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
11
1. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen bereits eine Unterhaltsbedürftigkeit der Klägerin jedenfalls im Umfang des zugesprochenen Unterhalts nicht, was von der Revision im Ergebnis mit Recht gerügt wird. Einer insoweit bestehenden Bedürftigkeit der Klägerin widersprechen die vom Berufungsgericht zum Unterhaltstatbestand getroffenen Feststellungen.
12
Das Berufungsgericht ist - im Rahmen der Befristung - davon ausgegangen , dass sich der Unterhaltsanspruch ab März 2009 allein aus § 1573 Abs. 2 BGB ergebe. Einen Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB hat es ab diesem Zeitpunkt mit der Begründung verneint, dass die Betreuung der beiden Söhne trotz deren gesundheitlicher Einschränkungen die Klägerin nicht mehr an einer vollschichtigen Tätigkeit hindere. Das steht im Gegensatz zu den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Amtsgerichts. Das Amtsgericht ist bei seiner Unterhaltsberechnung davon ausgegangen, dass die Klägerin lediglich zu einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit im Umfang von 20 Wochenstunden verpflichtet sei. Hinderungsgründe an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit hat das Amtsgericht in der Betreuungsbedürftigkeit der Söhne gesehen und weil die Klägerin aufgrund ihrer Vorerkrankung eine umfangreichere ärztliche Kontrolle benötige als eine nicht vorerkrankte Mutter. In seinen Ausführungen zur von ihm noch offen gelassenen Frage der Befristung hat das Amtsgericht darauf verwiesen, dass es sich um Betreuungsunterhalt handele, der grundsätzlich nicht zu befristen sei.
13
Bei dem vom Berufungsgericht im Gegensatz zum Amtsgericht angenommenen alleinigen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB hätte das Berufungsgericht Feststellungen zu der Frage treffen müssen, welches Einkommen die Klägerin aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit erzielen kann. Eine Bedürftigkeit der Klägerin besteht demnach jedenfalls nicht in dem vom Amtsgericht angenommenen Umfang und durfte daher vom Berufungsgericht nicht im Anschluss an das Amtsgericht unverändert zugrunde gelegt werden. Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass ein Unterhalt in der Größenordnung des vom Amtsgericht titulierten Monatsbetrags auch bei einer vollschichtigen Erwerbsobliegenheit der Klägerin gerechtfertigt sei, entbehrt jeder Grundlage.
14
2. Das Berufungsgericht hat eine Befristung nach § 1578 b Abs. 2 BGB mit der Begründung abgelehnt, der Beklagte habe nicht (ausreichend) dargelegt , dass der Klägerin durch die Ehe und die dort gewählte Rollenverteilung keine Erwerbsnachteile entstanden seien. Wie sich die weitere berufliche Entwicklung der Klägerin ohne die Ehe gestaltet hätte, sei völlig offen. Unwägbarkeiten wirkten sich nach der Darlegungs- und Beweislast zu Lasten des Beklagten aus. Selbst ohne Abschluss einer Berufsausbildung hätten sich der Klägerin aufgrund erworbener Berufserfahrung höhere Einkommensquellen erschlossen.
15
Diese Beurteilung begegnet durchgreifenden Bedenken.
16
a) Die Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB hängt insbesondere davon ab, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes , aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB).
17
Die Berücksichtigung von Nachteilen, die auf einer ehebedingt nicht aufgenommenen oder abgebrochenen Berufsausbildung beruhen, scheitert entgegen der Auffassung der Revision nicht schon daran, dass ein Anspruch der Klägerin auf Ausbildungsunterhalt gemäß § 1575 BGB nicht besteht oder von ihr nicht geltend gemacht worden ist. Auch wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 1575 BGB nicht gegeben sind, kann durch die Rollenverteilung in der Ehe und die deswegen nicht abgeschlossene Berufsausbildung ein ehebedingter Nachteil entstehen, der im Rahmen von § 1578 b Abs. 1, 2 BGB zu berücksichtigen ist. Eine Obliegenheit der Klägerin, ihre Verdienstmöglichkeiten durch eine nach der Scheidung aufgenommene Ausbildung zu verbessern , kommt unter den Umständen des vorliegenden Falls schließlich nicht in Betracht.
18
b) Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass der Beklagte als Unterhaltsschuldner, der sich mit der Befristung auf eine prozessuale Einwendung beruft, die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der für eine Befristung sprechenden Tatsachen trägt (Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 22 und vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 41). In die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltspflichtigen fällt grundsätzlich auch der Umstand, dass der Klägerin keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB entstanden sind.
19
Die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast erfährt jedoch Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen.
20
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft den Prozessgegner der für eine negative Tatsache beweisbelasteten Partei ei- ne sogenannte sekundäre Darlegungslast (Senatsurteil BGHZ 171, 232 = FamRZ 2007, 896 - Tz. 20 f.; BGHZ 128, 167, 171 = NJW 1995, 662, 663; BGHZ 154, 5, 9 = NJW 2003, 1449, 1450; BGH Urteile vom 27. September 2002 - V ZR 98/01 - NJW 2003, 1039; vom 18. Mai 2005 - VIII ZR 268/03 - NJW 2005, 2395, 2397; vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08 - ZIP 2009, 1654 Tz. 38; vom 19. Mai 1958 - II ZR 53/57 - NJW 1958, 1188 f. und vom 4. Februar 2010 - IX ZR 18/09 - juris Tz. 81; zum Unterhaltsrecht vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 6 Rdn. 721 ff.; vgl. auch Empfehlungen des Arbeitskreises 15 des 18. Deutschen Familiengerichtstages ). Dadurch soll eine unbillige Belastung der beweispflichtigen Partei vermieden werden. Der Umfang der sekundären Darlegungslast richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Darlegungen müssen so konkret sein, dass der beweisbelasteten Partei eine Widerlegung möglich ist.
21
bb) Diese Grundsätze sind auf die Darlegung ehebedingter Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB ebenfalls anzuwenden. Würde den Unterhaltspflichtigen die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast treffen, so müsste er sämtliche auch nur theoretisch denkbaren und nicht näher bestimmten Nachteile widerlegen, die aufgrund der Rollenverteilung innerhalb der Ehe möglicherweise entstanden sind. Das würde in Anbetracht dessen, dass die Tatsachen zur hypothetischen beruflichen Entwicklung den persönlichen Bereich des Unterhaltsberechtigten betreffen, zu einer unbilligen Belastung des Unterhaltspflichtigen führen.
22
Soweit der Senat in der Vergangenheit für den Fall, dass der Unterhaltsberechtigte eine ehebedingt unterbrochene Erwerbstätigkeit nach der Scheidung wieder aufnehmen konnte, erwähnt hat, dass den Unterhaltsberechtigten dafür, dass ihm dennoch ehebedingte Nachteile entstanden seien, neben der Darlegungslast auch die Beweislast treffe (Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 22; vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 41 und vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 18), hält er daran nicht fest. In den beiden erstgenannten Fällen fehlte es bereits an hinreichenden Darlegungen des Unterhaltsberechtigten zu fortbestehenden ehebedingten Nachteilen und ist der Senat in der Sache bereits nach den oben genannten Grundsätzen verfahren (ähnlich auch Senatsurteil vom 28. März 1990 - XII ZR 64/89 - FamRZ 1990, 857, 859 f.). Für eine mit weiterreichenden Folgen verbundene Beweislastumkehr fehlt es nach der geltenden Gesetzeslage und dem Regel-Ausnahme-Verhältnis von Unterhaltspflicht und Unterhaltsbegrenzung, das auch durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 nicht verändert worden ist, an einer hinreichenden Rechtfertigung, zumal den Beweisschwierigkeiten des Unterhaltspflichtigen bereits durch die sekundäre Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten wirksam zu begegnen ist.
23
Die sekundäre Darlegungslast hat im Rahmen von § 1578 b BGB zum Inhalt, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.
24
c) Das im Berufungsurteil zugrunde gelegte Vorbringen der Klägerin genügt den Anforderungen an ihre sekundäre Darlegungslast nicht.
25
aa) Aufgrund der vom Berufungsgericht angenommenen vollschichtigen Erwerbsobliegenheit ist davon auszugehen, dass die Klägerin zu einer entsprechenden Tätigkeit in der Lage ist. Das Amtsgericht hat der Klägerin aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit (1.470 € brutto bei 30 Wochenstunden) einen erzielbaren Verdienst von ca. 1.000 € brutto (= 2/3, bei 20 Wochenstunden) und 800 € netto zugerechnet. Diese Feststellungen sind vom Berufungsgericht nicht beanstandet worden. Für die Frage, ob ehebedingte Nachteile entstanden sind, ist demnach als Vergleichsgröße ein auf dieser Grundlage erzielbarer Verdienst aus einer vollschichtigen Tätigkeit zugrunde zu legen. Hinsichtlich des vom Unterhaltsberechtigten aufgrund der aktuellen Gegebenheiten erzielbaren Einkommens stellt sich die Frage der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen von § 1578 b BGB nicht. Denn dieser Umstand ist bereits vorgreiflich im Rahmen der Bedürftigkeit zu überprüfen, welche vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und zu beweisen ist (Senatsurteile vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Tz. 62 und vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - zur Veröffentlichung bestimmt Tz. 42).
26
bb) Hinsichtlich der weiteren Vergleichsgröße des ohne die Ehe und die praktizierte Rollenverteilung (hypothetisch) erzielbaren Einkommens hat es das Berufungsgericht im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin damit bewenden lassen , Umstände aufzuführen, die eine berufliche Qualifizierung der Klägerin und ein höheres erzielbares Einkommen lediglich möglich erscheinen lassen. Das genügt den genannten Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast der Klägerin nicht.
27
Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Unterhaltsberechtigte, der zur Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem von ihm erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf in der Lage ist, Umstände dafür darzulegen, dass ihm dennoch ein Nachteil verblieben ist (vgl. Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 22; vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Tz. 41; vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 18 und vom 28. März 1990 - XII ZR 64/89 - FamRZ 1990, 857, 859 f.). Ähnliches gilt, wenn der Unterhaltsberechtigte - wie die Klägerin - vor der Ehe keine Berufsausbildung abgeschlossen hat, im Hinblick auf eine von ihr zu verlangende - auch unqualifizierte - Erwerbstätigkeit.
28
Die Klägerin hätte demnach Umstände dafür vortragen müssen, dass sie ohne Eheschließung und Kindererziehung eine konkrete Berufsausbildung aufgenommen und abgeschlossen hätte, die ihr ein höheres Einkommen ermöglicht hätte, als sie es unter den heute gegebenen Verhältnissen erzielen kann.
29
Der Hinweis auf das Alter der Klägerin bei Eheschließung, die Totgeburt und die Geburt des ersten Kindes zwei Jahre nach Eheschließung genügt hier nicht. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Eheschließung 22 Jahre alt und somit in einem Alter, in dem unter regelmäßigen Umständen eine Berufsausbildung nach einem Haupt- oder Realschulabschluss bereits abgeschlossen gewesen wäre. Daraus, dass sie erst kurz vor der Eheschließung den Realschulabschluss nachgeholt hatte, folgt nichts anderes. Die Klägerin nahm vielmehr noch nach der Eheschließung zwei Berufsausbildungen auf, zunächst als Köchin , dann als Bürokauffrau. Dass sie beide Ausbildungen abbrach, beruhte nach ihrem Vorbringen auf gesundheitlichen Gründen und bei der Ausbildung zur Bürokauffrau zudem auf ihrer Prüfungsangst. Hierbei handelte es sich aber nicht um Nachteile, die "durch die Ehe" im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB entstanden sind. Ein Zusammenhang des Abbruchs ihrer zweiten Ausbildung mit der Geburt und der anschließenden Betreuung des ersten Kindes ist nicht vorgetragen. Einen Anspruch auf Krankheitsunterhalt hat schließlich weder das Berufungsgericht noch das Amtsgericht angenommen.
30
Somit fehlt es bereits an einem hinreichend konkreten Vorbringen der Klägerin, dass ihr aufgrund ihrer fehlenden beruflichen Qualifikation ein ehebe- dingter Nachteil entstanden sei. Die von ihr vorgebrachten Gründe sprechen vielmehr gegen das Vorliegen eines ehebedingten Nachteils.
31
Hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten ohne einen Berufsabschluss trägt die Begründung des Berufungsgerichts die Ablehnung einer Unterhaltsbefristung ebenfalls nicht. Auch hier fehlt es an einem konkreten Vorbringen, dass die Klägerin durch eine kontinuierliche Erwerbstätigkeit auch ohne Berufsausbildung ein höheres Einkommen hätte erzielen können, als sie es heute erzielen kann. Das gilt insbesondere in Anbetracht des von beiden Vorinstanzen als erzielbar unterstellten Einkommens von - hochgerechnet auf 40 Wochenstunden - brutto rund 2.000 €. Ohne Rücksicht darauf kann aber bei einer fehlenden Berufsausbildung ohne konkrete Anhaltspunkte jedenfalls schon nicht davon ausgegangen werden, dass der Unterhaltsberechtigte über längere Zeit eine kontinuierliche Beschäftigung auf einer bestimmten Arbeitsstelle überhaupt hätte ausüben können. Auch die Darlegung einer Einkommenssteigerung wegen einer ohne die Ehe kontinuierlichen Erwerbstätigkeit erfordert daher die Angabe konkreter und überprüfbarer Anhaltspunkte, die diese Annahme rechtfertigen.

III.

32
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Dem Senat ist eine abschließende Entscheidung in der Sache nicht möglich. Zur Bedürftigkeit bedarf es ergänzender Feststellungen zum von der Klägerin erzielbaren Einkommen. Wenn noch eine Unterhaltsbedürftigkeit der Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer Erwerbsminderung bestehen sollte und ehebedingte Nachteile zu verneinen sind, ist die im Rahmen von § 1578 b Abs. 1, 2 BGB für eine Befristung sowie die Bemessung der sogenannten Schonfrist anzustellende Billigkeitsabwägung Aufgabe des Tatrichters (Senatsurteile vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Tz. 19 und vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134 Tz. 23).

IV.

33
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Unterhaltsanspruch sich ab März 2009 nicht aus § 1570 BGB, sondern allein aus § 1573 Abs. 2 BGB ergebe, steht mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang. Vor einer erneuten Entscheidung ist beiden Parteien zur Frage der Bedürftigkeit der Klägerin und zu der anzustellenden Billigkeitsabwägung nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB Gelegenheit zum ergänzenden Vortrag zu geben. Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Essen, Entscheidung vom 31.01.2008 - 107 F 253/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 01.09.2008 - 8 UF 42/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 53/09 Verkündet am:
20. Oktober 2010
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 1573, 1574, 1578, 1578 b; ZPO §§ 287, 323 aF; EGZPO § 36 Nr. 1
a) Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss
der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten
im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen
treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß
§§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz aus den beiden Positionen
ergibt grundsätzlich den ehebedingten Nachteil.
b) Der Unterhaltsberechtigte kann im Einzelfall seiner - sekundären - Darlegungslast
genügen, wenn er vorträgt, dass in dem von ihm erlernten Beruf
Gehaltssteigerungen in einer bestimmten Höhe mit zunehmender Berufserfahrung
bzw. Betriebszugehörigkeit üblich sind.
c) Bei feststehenden Nachteilen ist eine exakte Feststellung zum hypothetisch
erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten nicht notwendig. Die
Tatsachengerichte können sich bei geeigneter Grundlage einer Schätzung
entsprechend § 287 ZPO bedienen.
Das Gericht muss in der Entscheidung jedoch die tatsächlichen Grundlagen
seiner Schätzung und ihre Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise angeben.
d) Bei den in § 1578 b BGB aufgeführten Kriterien handelt es sich um objektive
Umstände, denen kein Unwerturteil bzw. keine subjektive Vorwerfbarkeit
anhaftet, weshalb im Rahmen der Abwägung des § 1578 b BGB keine Aufarbeitung
ehelichen Fehlverhaltens stattfindet.
BGH, Urteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - OLG Frankfurt am Main
AG Hanau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Oktober 2010 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterinnen
Weber-Monecke und Dr. Vézina sowie die Richter Schilling und
Dr. Günter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 3. März 2009 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt die Abänderung eines Urteils über die Zahlung von Aufstockungsunterhalt.
2
Die am 1. Juni 1973 geschlossene Ehe der Parteien wurde am 26. September 2000 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe sind drei Töchter hervorgegangen, die 1974, 1977 und 1981 geboren sind. Die 1951 geborene Beklagte lernte nach ihrem Schulabschluss den Beruf der Erzieherin und übte diese Tätigkeit bis 1974 aus. Die folgenden 24 Jahre war die Beklagte Hausfrau und Mutter ohne eigene Berufstätigkeit. Von 1998 bis Sommer 2000 arbeitete sie im Bereich der Hausaufgabenbetreuung stundenweise. Im August 2000 nahm sie eine Teilzeitbeschäftigung als Erzieherin auf, die sie im Jahre 2001 auf eine Tätigkeit mit einer 35-Stunden-Woche aufstockte. Aus betriebsbedingten Gründen wurde ihr zum 31. März 2007 gekündigt. Vom 1. April 2007 bis zum 17. Oktober 2007 war sie befristet in Vollzeit als Erzieherin eingestellt. Anschließend arbeitete sie mit einer 87 %-Stelle, befristet bis zum 31. August 2009.
3
Das Amtsgericht Duisburg hatte den Kläger mit Urteil vom 17. November 2004 verpflichtet, an die Beklagte monatlichen Unterhalt in Höhe von gerundet 564 € zu zahlen. Dem Urteil liegen die Renteneinkünfte des Klägers mit bereinigt 2.189 € und die damaligen Einnahmen der Beklagten mit bereinigt 1.061 € zugrunde.
4
Auf die Abänderungsklage des Klägers hat das Amtsgericht den titulierten Aufstockungsunterhalt bis 31. Dezember 2008 befristet. Auf die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist zulässig und begründet.

A.

6
Zu Recht verweist die Revision darauf, dass die Zulassung der Revision unbeschränkt ist. Zwar hat das Berufungsgericht die Zulassung damit begründet , dass die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei langen Berufspausen der Unterhaltsanspruch nach neuem Recht zu begrenzen sei, noch offen sei. Darin ist jedoch keine - unzulässige - Beschränkung der Revision auf bestimmte Rechtsfragen zu sehen (vgl. dazu Senatsurteil vom 15. September 2010 - XII ZR 148/09 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGHZ 101, 276, 278; BGH Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - BGHR ZPO [1. Januar 2002] § 543 - Revisionszulassung , beschränkte 1), sondern lediglich ein Hinweis auf die Motivation der Revisionszulassung.

B.

7
Im Revisionsverfahren steht nur noch der Unterhaltsanspruch der Beklagten für die Zeit nach dem 31. Dezember 2008 im Streit. Denn wegen des davor liegenden Zeitraums ist das amtsgerichtliche Urteil, gegen das allein die Beklagte Berufung eingelegt hatte, rechtskräftig.
8
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
9
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteile vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - juris Rn. 8 und vom 25. November 2009 - XII ZR 8/08 - FamRZ 2010, 192 Rn. 5).

I.

10
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
11
Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse sei seit der Entscheidung des Amtsgerichts Duisburg keine wesentliche Änderung eingetreten. Soweit der Beklagten nach dem Vortrag des Klägers bei einer Vollbeschäftigung ein Nettoeinkommen von 1.426 € zuzurechnen wäre, verblieben nach Abzug der berufsbedingten Aufwendungen von 5 % und des Erwerbstätigenbonus von 1/7 nur 1.161,42 €. Unter Berücksichtigung eines unbestrittenen Nettoeinkommens des Klägers von 2.316 € errechne sich ein den titulierten Betrag sogar übersteigender Aufstockungsunterhalt von 577 €. Zinseinkünfte seien der Beklagten nicht fiktiv zuzurechnen, da diese bereits bei der Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts keine Berücksichtigung gefunden hätten. Eine Befristung oder Beschränkung des im Jahr 2004 vom Amtsgericht titulierten Aufstockungsunterhalts komme nicht in Betracht, wobei der Kläger mit dem Einwand der Befristung nicht bereits gemäß § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert sei. Zwar führe nach der neuen Rechtslage allein die Annahme einer langen Ehe nicht dazu, dass eine Begrenzung der Unterhaltsansprüche ausgeschlossen wäre. Entscheidend sei vielmehr das Vorliegen ehebedingter Nachteile. Die Dauer der Ehe sei aber gleichwohl von Bedeutung, da sich der (berufliche) Nachteil, der sich nach der Scheidung für den sich der Kinderbetreuung und der Haushaltsführung widmenden Ehegatten ergebe, in aller Regel mit zunehmender Dauer der Ehe erhöhe.
12
Dass auf Seiten der Beklagten ehebedingte Nachteile eingetreten seien, stehe fest. Die 27 Jahre bestehende Ehe der Parteien sei geprägt durch die klassische Aufteilung in einen haushaltsführenden und einen erwerbstätigen Teil. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass die Beklagte nach der Scheidung wieder eine Anstellung als Erzieherin und zum Teil auch in Vollzeit habe finden können. Der derzeitige Vertrag der Beklagten sei bis Ende August 2009 befristet; eine nachhaltige Sicherung ihres Einkommens aus Berufstätigkeit könne damit nicht angenommen werden. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte einen gesicherten Arbeitsplatz hätte, wenn sie durchgängig berufstätig gewesen wäre.
13
Ein ehebedingter Nachteil sei aber auch darin zu sehen, dass der berufliche Werdegang der Beklagten anders verlaufen wäre, wenn sie ihre Berufstätigkeit nicht über mehrere Jahrzehnte unterbrochen hätte. Bei einer derart langen Berufspause wie im vorliegenden Fall dürften keine überspitzten Anforderungen an die Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten gestellt werden. Wenn eine abgeschlossene Schulausbildung und eine abgeschlossene Berufsausbildung mit anschließender Übernahme zur weiteren Beschäftigung gegeben sei, indiziere eine Berufspause von über 25 Jahren auch den ehebedingten Nachteil im beruflichen Fortkommen. Die Beklagte habe substantiiert dargelegt , welche Aufstiegschancen sie ohne Berufspause gehabt hätte und über welches Einkommen sie dann verfügen könnte. Der titulierte Unterhalt entspreche danach auch in der Höhe dem erlittenen Nachteil. Die Beklagte habe ohne Probleme ihre Schul- und Berufsausbildung abgeschlossen. Anschließend habe sie ihren Beruf ausgeübt und binnen kürzester Zeit eigenverantwortlich eine Gruppe geleitet. Sie habe sich dann engagiert der Versorgung ihrer Familie und der Erziehung der drei kurz hintereinander geborenen Töchter gewidmet. Dass ihr später der Einstieg in ihrem erlernten Beruf trotz ihres fortgeschrittenen Alters gelungen sei, spreche dafür, dass sie engagiert, zielstrebig und leistungsbereit sei. Diese Eigenschaften hätten der Beklagten zu einem beruflichen Aufstieg verholfen. Dies zeige sich auch darin, dass ihr nach der Kündigung der ersten Tätigkeit noch eine Anstellung bei einer anderen Einrichtung in einer völ- lig anderen Region gelungen sei. Ihr Vortrag, sie hätte bei fortgesetzter Tätigkeit Aufstiegschancen gehabt, sei damit schlüssig und nachvollziehbar.
14
Zudem ergebe sich aus dem Rechtsgedanken des § 36 EGZPO ein schützenswertes Vertrauen der Beklagten auf den Bestand ihres Unterhaltsanspruchs. Für die Bemessung der "Schonfrist" könne im Sinne dieser Vorschrift nicht auf die Scheidung im Jahre 2000 abgestellt werden. Insofern sei zu berücksichtigen , dass die Beklagte bereits zwei unbefristete Unterhaltstitel seit der Trennung erstritten habe und ihre Einkünfte bis zur Rente nicht mehr steigern könne. Sie arbeite nahezu vollschichtig. Aufstiegschancen habe sie nicht. Aufgrund ihres Alters und aufgrund der langen Ehe und bisher geleisteten Unterhaltszahlung sei eine derartige wirtschaftliche Verflechtung eingetreten, dass der Beklagten eine Änderung nicht zumutbar erscheine.

II.

15
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
16
1. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und im Übrigen von der Revision auch nicht gerügt ist, dass das Berufungsgericht hinsichtlich des Erwerbseinkommens und der Zinseinkünfte eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse im Sinne von § 323 ZPO aF abgelehnt hat.
17
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht zudem ausgeführt, dass der Kläger mit seinem Befristungsverlangen nicht präkludiert sei.
18
Eine wesentliche Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse im Sinne von § 323 Abs. 2 ZPO aF kann sich auch aus einer Änderung der höchstrichter- lichen Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof ergeben (Senatsurteile vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 22 und BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793 Rn. 36). Eine solche Änderung liegt hier vor. Die Rechtsprechung des Senats hat sich mit Urteil vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006), also nach Abschluss des Vorprozesses, dahin geändert, dass es schon bei der nach § 1573 Abs. 5 BGB aF anzustellenden Billigkeitsabwägung nicht mehr vorrangig auf die Dauer der Ehe ankam, sondern auf die dem Unterhaltsberechtigten entstandenen ehebedingten Nachteile (Senatsurteil vom 18. November 2009 - XII ZR 65/09 - FamRZ 2010, 111 Rn. 60 und vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 22).
19
Auf das Fehlen solcher Nachteile hat der Kläger seine Abänderungsklage vorwiegend gestützt.
20
3. Jedoch rechtfertigen die vom Berufungsgericht vorgenommenen Feststellungen die Ablehnung einer Begrenzung nach § 1578 b BGB nicht.
21
a) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist bei der Billigkeitsabwägung vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Ehe ergeben.
22
aa) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b Abs. 1 BGB die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemessenen Unterhaltsbedarf erreichen, oder könnte er solche Einkünfte erzielen , kann dies im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalts in Form einer Befristung führen (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 14 f.). Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hingegen lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit aber bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 16), was freilich voraussetzt, dass der eheangemessene Bedarf den angemessenen Lebensbedarf übersteigt.
23
Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Ein- kommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz aus den beiden Positionen ergibt den ehebedingten Nachteil.
24
bb) Der Umstand, dass der Unterhaltsberechtigte eine vollschichtige Tätigkeit in seinem erlernten Beruf ausübt, ist ein Indiz gegen fortdauernde ehebedingte Nachteile (vgl. Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 41). Hat der Unterhaltsschuldner, der die Darlegungsund Beweislast hinsichtlich der für eine Begrenzung sprechenden Tatsachen trägt, eine solche Beschäftigung behauptet, trifft daher den Unterhaltsberechtigten die so genannte sekundäre Darlegungslast. Er muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen (Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 Rn. 23). Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (Senatsurteil vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08 - FamRZ 2010, 875 Rn. 23).
25
cc) Die Feststellung aller für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578 b BGB in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist - ebenso wie die entsprechende Billigkeitsabwägung - Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen oder Beweisregeln verkannt hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungsgesetze verstößt (Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - juris Rn. 42 u. 47).
26
b) Diesen Maßstäben wird das Berufungsurteil nicht gerecht.
27
aa) Entgegen der Auffassung der Revision kann dem Berufungsgericht nicht vorgehalten werden, dass es nicht auf den Vortrag des Klägers eingegangen ist, wonach er die Beklagte schon während bestehender Ehe angehalten habe, berufstätig zu sein. Zu Recht verweist die Revisionserwiderung insoweit auf die Begründung zum Gesetzesentwurf, wonach es sich bei den in § 1578 b BGB aufgeführten Kriterien um objektive Umstände handelt, denen kein Unwerturteil bzw. keine subjektive Vorwerfbarkeit anhaftet, weshalb im Rahmen der Abwägung des § 1578 b BGB nicht etwa eine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens stattfinde (BT-Drucks. 16/1830 S. 20; s. auch Senatsurteil vom 9. Juli 1986 - IVb ZR 39/85 - FamRZ 1986, 886, 888 zu §§ 1573, 1578 BGB aF).
28
bb) Jedoch begegnen die vom Berufungsgericht im Rahmen des § 1578 b BGB gezogenen Schlussfolgerungen rechtlichen Bedenken, weil ihnen keine entsprechenden Feststellungen zugrunde liegen.
29
(1) Das Berufungsgericht hat zum einen in der Befristung der Arbeitsverhältnisse der Beklagten einen "erheblichen Nachteil" erblickt. Es sei davon auszugehen , dass die Beklagte einen gesicherten Arbeitsplatz hätte, wenn sie durchgängig berufstätig gewesen wäre.
30
Es hat bei seinen Ausführungen unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte bereits im August 2000 eine Beschäftigung als Erzieherin im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung aufgenommen hat, die sie im Jahr 2001 auf eine 35Stunden -Woche aufstocken konnte. Diese ersichtlich unbefristete Stelle ist ihr nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aus betriebsbedingten Gründen zum 31. März 2007 gekündigt worden. Erst danach erhielt die Beklagte wiederholt befristete Anstellungen. Der vom Berufungsgericht hieraus gezogene Schluss, die nunmehr eingetretene unsichere Beschäftigungslage seitens der Beklagten sei Folge der während der Ehe eingelegten Berufspause, ist nicht zwingend. Denn immerhin hat die Beklagte nach der Ehescheidung rund sieben Jahre in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gearbeitet. Zu Recht rügt die Revision , dass die Beklagte dem Risiko einer betriebsbedingten Kündigung auch ausgesetzt gewesen wäre, wenn sie durchgehend gearbeitet hätte. Zwar mag es sein, dass sie in diesem Fall wegen ihrer langen Betriebszugehörigkeit eher eine betriebsbedingte Kündigung hätte abwenden können. Damit und mit der Frage, wie dieser Nachteil unterhaltsrechtlich im Rahmen des § 1578 b BGB zu berücksichtigen ist, hätte sich das Berufungsgericht auseinandersetzen müssen.
31
(2) Ferner hat das Berufungsgericht einen ehebedingten Nachteil darin gesehen, dass der berufliche Werdegang der Beklagten anders verlaufen wäre, wenn sie ihre Berufstätigkeit nicht über mehrere Jahrzehnte unterbrochen hätte. Zwar erscheint es vor dem Hintergrund der vom Berufungsgericht vorgenommenen Würdigung der Persönlichkeit und des Lebenslaufs der Beklagten durchaus möglich, dass die Beklagte heute ein - über ihren tatsächlich erzielten Lohn hinausgehendes - Einkommen bezöge, wenn sie keine Berufspause eingelegt hätte. Jedoch sind die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Bemessung des ehebedingten Nachteils nicht hinreichend konkret, obgleich die Beklagte - wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend gemacht hat - zu ihren möglichen Aufstiegschancen und der damit einhergehenden Bezahlung unter Vorlage entsprechender Entgelttabellen im Einzelnen vorgetragen hat.
32
Dem Berufungsgericht ist zwar dahin Recht zu geben, dass bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden Art keine überspannten Anforderungen an die Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten gestellt werden dürfen. Deshalb kann der Unterhaltsberechtigte im Einzelfall seiner - sekundären - Darlegungs- last genügen, wenn er vorträgt, dass in dem von ihm erlernten Beruf Gehaltssteigerungen in einer bestimmten Höhe mit zunehmender Berufserfahrung bzw. Betriebszugehörigkeit üblich sind.
33
Anders verhält es sich indes bei einem behaupteten beruflichen Aufstieg. Hier muss der Unterhaltsberechtigte darlegen, aufgrund welcher Umstände (wie etwa Fortbildungsbereitschaft, bestimmte Befähigungen, Neigungen Talente etc.) er eine entsprechende Karriere gemacht hätte. Im Übrigen hat der Senat bereits ausgeführt, dass bei feststehenden Nachteilen eine exakte Feststellung zum hypothetisch erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten nicht notwendig ist; die Tatsachengerichte können sich vielmehr insoweit bei geeigneter Grundlage einer Schätzung entsprechend § 287 ZPO bedienen. Für die Billigkeitsbetrachtung wird es dann in der Regel genügen, wenn das ungefähre Ausmaß der Einbuße feststeht (Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 39). Dies entbindet das Gericht indes nicht davon, in seiner Entscheidung die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung und ihre Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise anzugeben (BGHZ 6, 62, 63; Senatsurteil vom 26. März 2003 - XII ZR 167/01 - NJW-RR 2003, 873, 874; Laumen in Prütting/Gehrlein ZPO § 287 Rn. 21).
34
Demgegenüber hat das Berufungsgericht lediglich ausgeführt, dass sich die Beklagte in ihrem erlernten Beruf weiter entwickelt hätte und damit über Einkommen aus einer höheren Lohngruppe verfügen würde; dabei entspreche der titulierte Unterhalt in der Höhe dem erlittenen Nachteil. Zwar lässt sich daraus schließen, dass das Berufungsgericht von einem ehebedingten Nachteil in Höhe von 564 € ausgegangen ist. Welchen angemessenen Lebensbedarf es auf Seiten der Beklagten zugrunde gelegt hat, bleibt indessen offen. Seinen Ausführungen lässt sich schon nicht entnehmen, welches Einkommen es ihr tatsächlich zugerechnet hat; den Einwand des Klägers, bei einer Vollbeschäfti- gung könne ihr ein Nettoeinkommen von 1.426 € zugerechnet werden, hat das Berufungsgericht ersichtlich dahin stehen lassen. Ebenso wenig wird deutlich, ob es der Beklagten - in diesem Fall zu Unrecht (vgl. BGHZ 178, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 17) - einen Erwerbstätigenbonus zugebilligt hat. Nach alledem hat das Berufungsgericht die Grundlagen seiner Schätzung nicht konkretisiert. Allein durch die pauschale Bezugnahme auf den Vortrag der Beklagten kann sich das Gericht diesem Erfordernis nicht entziehen.
35
cc) Ebenso wenig vermögen die Feststellungen des Berufungsgerichts zu einer wirtschaftlichen Verflechtung der Parteien und zum Vertrauensschutz die angefochtene Entscheidung zu rechtfertigen. Beides hat das Berufungsgericht ausweislich der Urteilsgründe unter dem Rechtsgedanken des § 36 EGZPO geprüft. Beide Gesichtspunkte sind bereits Bestandteil der nach § 1578 b BGB durchzuführenden Billigkeitsabwägung.
36
(1) Die wirtschaftliche Verflechtung der Eheleute stellt einen eigenen Gesichtspunkt der Billigkeitsprüfung dar. Die Ehedauer gewinnt hierdurch insbesondere bei Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung besonderes Gewicht. (Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 48). Soweit das Berufungsgericht jedoch sinngemäß ausgeführt hat, dass auf Grund des Alters der Beklagten, der langen Ehe und der bisher geleisteten Unterhaltszahlungen eine derartige wirtschaftliche Verflechtung eingetreten sei, so dass der Beklagten eine Änderung nicht zumutbar erscheine, fehlt es bereits an einer zutreffenden Feststellung der Ehedauer. Ersichtlich hat das Berufungsgericht auf die Rechtskraft der Ehescheidung abgestellt. Für die Ehedauer ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Senats auf die Zeit von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrags abzustellen (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 30 mwN). Feststellungen zur Zustellung des Scheidungsantrags enthält weder das Berufungsurteil noch das Urteil des Amtsgerichts.
37
(2) Soweit das Berufungsgericht ferner unter Bezugnahme auf § 36 EGZPO ausführt, die Beklagte habe ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand ihres Unterhaltsanspruchs, vermag dies die getroffene Entscheidung schließlich ebenso wenig zu rechtfertigen.
38
Voraussetzung für die Abänderung eines vor dem 1. Januar 2008 rechtskräftig gewordenen Urteils gemäß § 36 Nr. 1 EGZPO ist u.a., dass die Änderung dem anderen Teil - hier also der Beklagten - unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. Dabei ist dieser Gesichtspunkt bereits bei der Prüfung der Unbilligkeit nach § 1578 b BGB zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 32). Das Vertrauen des Unterhaltsberechtigten auf den Fortbestand eines titulierten Unterhalts ist danach insbesondere dann schutzwürdig, wenn sich die unterhaltsberechtigte Person auf den Fortbestand der Regelung eingestellt hat (BT-Drucks. 16/1830 S. 33). Gewiss können im Rahmen der am Maßstab des § 36 Nr. 1 EGZPO vorzunehmenden Zumutbarkeitsprüfung der Dauer der Ehe und der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder sowie der Gestaltung von Haushaltsführung indizielle Bedeutung für einen Vertrauensschutz zukommen. Entscheidend geht es aber um die Frage, wie sehr sich der Unterhaltsberechtigte auf den - zur Überprüfung gestellten - Unterhaltstitel verlassen darf. Dabei ist schließlich zu beachten, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Unabänderbarkeit eines Titels nicht den Regelfall darstellt (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 34).
39
Diesen Anforderungen werden die vom Berufungsgericht gemachten Ausführungen nicht gerecht.

III.

40
Das angefochtene Urteil war danach aufzuheben, § 562 Abs. 1 ZPO. Der Senat vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. Sie war vielmehr gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen , damit es die für die Frage einer Befristung maßgeblichen Feststellungen treffen kann.

IV.

41
Die Zurückverweisung wird dem Berufungsgericht Gelegenheit geben, neben den noch zu treffenden Feststellungen die aktuelle Beschäftigungssituation der Beklagten bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.
42
Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung das Vorliegen eines konkreten ehebedingten Nachteils bejahen, wäre nichts dagegen einzuwenden, der Beklagten in Höhe dieses Nachteils unbefristet Unterhalt zu gewähren. Sollte es hingegen einen ehebedingten Nachteil ablehnen, wäre - vorbehaltlich der noch zu treffenden Feststellungen im Übrigen wie namentlich der Ehedauer - zumindest zu erwägen, der Beklagten bei einer etwaigen Befristung eine großzügige Frist einzuräumen. Hahne Weber-Monecke Vézina Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Hanau, Entscheidung vom 14.08.2008 - 63 F 1699/07 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 03.03.2009 - 3 UF 275/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 146/08 Verkündet am:
14. Oktober 2009
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b BGB regelmäßig die
Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem
Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus
eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber
zugleich, dass es sich grundsätzlich um einen Bedarf handeln muss, der das Existenzminimum
wenigstens erreicht.

b) Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung des § 1578 b BGB in Betracht kommenden
Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin
überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe
verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt
gelassen hat. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob
der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei
auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich
ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.

c) Nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige
Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist.
Die Urteilsgrundlage wird also regelmäßig durch das Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen.
Die Vorschrift ist allerdings einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimmtem
Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung
einfließen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz
ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange einer Partei
nicht entgegenstehen.
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - KG Berlin
AG Berlin-Schöneberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß
§ 128 Abs. 2 ZPO i.V.m. Art. 111 FGG-RG aufgrund der bis zum 2. September
2009 eingegangenen Schriftsätze durch die Vorsitzende Richterin
Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer, Grupp und Schilling

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Kammergerichts in Berlin vom 11. April 2008 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten im Scheidungsverbundverfahren noch über den nachehelichen Unterhalt.
2
Sie hatten am 1. Oktober 1993 geheiratet, am 12. Dezember 1993 wurde ihr gemeinsamer Sohn geboren. Nach der Trennung im April 2004 wurde die Ehe der Parteien mit Urteil vom 27. März 2007 geschieden.
3
Die 1963 geborene Antragstellerin ist ausgebildete Gymnasiallehrerin, war aber seit 1991 als Texterin in der Werbebranche tätig. Nach ihrem Aufstieg zur Cheftexterin erzielte sie zuletzt im Jahre 2000 ein Nettoeinkommen, das sich ohne Abzug von Krankenversicherungsbeiträgen auf 4.974,38 DM (= 2.543,36 €) belief. Diese Tätigkeit gab die Antragstellerin Mitte 2000 auf, weil die Parteien wegen der Erwerbstätigkeit des Antragsgegners nach Brüssel umzogen. Dort erzielte sie lediglich Einkünfte aus untergeordneter Bürotätigkeit. Nach der Trennung war die Antragstellerin seit Oktober 2005 zunächst mit 80 % als Lehrerin in einem Internat erwerbstätig und erzielte daraus Monatseinkünfte in Höhe von 3.200 € brutto. Zum 23. August 2007 wechselte sei an ein privates Gymnasium, wo sie in Teilzeit (73 %) Nettomonatseinkünfte erzielt, die ursprünglich 1.489,85 € betrugen und sich seit Februar 2008 auf 1.591,92 € belaufen. Im Falle einer Vollzeitbeschäftigung würde sie aus dieser Erwerbstätigkeit Nettomonatseinkünfte in Höhe von 1.848,19 € erzielen.
4
Der 1957 geborene Antragsgegner arbeitete seit 1987 als freiberuflicher Konferenzdolmetscher für das Europäische Parlament in Straßburg und Brüssel. Während der Ehe studierte er daneben Rechtswissenschaften und schloss das Studium 1997 ab. Im Frühjahr 2000 erhielt er beim Europäischen Parlament eine Stelle als Beamter im Sprachendienst. Deswegen zogen die Parteien mit dem gemeinsamen Kind Mitte 2000 nach Brüssel um. Zum 15. September 2007 wurde der Antragsgegner in eine leitende Position versetzt. Daraus erzielt er Einkünfte, die sich nach Abzug berufsbedingter Kosten und des Kindesunterhalts jedenfalls auf 5.427,80 € netto belaufen.
5
Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien geschieden und den Antragsgegner verurteilt, an die Antragstellerin Kindesunterhalt für den gemeinsamen Sohn in Höhe von monatlich 563,20 € sowie nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 1.545,70 € zu zahlen. Auf die gegen den Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt gerichtete Berufung des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht das Urteil für die Zeit ab Januar 2012 abgeändert und den nachehelichen Unterhalt auf 500 € herabgesetzt. Die weitere Berufung des Antragsgegners mit dem Ziel einer Befristung des nachehelichen Unterhalts bis Ende Dezember 2009 hat es ebenso abgewiesen wie die auf einen höheren nach- ehelichen Unterhalt gerichtete Anschlussberufung der Antragstellerin. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Antragsgegners , mit der er sein Begehren weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7
Das Oberlandesgericht hat die Anschlussberufung der Antragstellerin zurückgewiesen , weil ihr kein höherer Unterhalt zustehe, als vom Amtsgericht zugesprochen. Zwar sei ihr die Aufgabe der ursprünglich nach der Trennung ausgeübten Tätigkeit als Lehrerin in einem Internat nicht als Obliegenheitsverletzung vorzuwerfen, weil sie dort weitere überobligatorische Tätigkeiten ausgeübt habe. Im Hinblick auf das Alter des gemeinsamen Sohnes, der beim Wechsel an das private Gymnasium bereits fast 14 Jahre alt gewesen sei, sei die Antragstellerin allerdings zur Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet gewesen. Dass sie sich um eine solche Vollzeitstelle bemüht habe, habe die Antragstellerin selbst nicht behauptet. Ihr sei deswegen ein fiktives Einkommen aus Vollzeittätigkeit in Höhe von 1.848,19 € netto zuzurechnen.
8
Auf die Berufung des Antragsgegners sei der nacheheliche Unterhalt für die Zeit ab Januar 2012 auf monatlich 500 € herabzusetzen. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs scheide demgegenüber aus. Für die von der Berufung des Antragsgegners erfasste Zeit ab Januar 2010 gehe es allein um Aufstockungsunterhalt , zumal der Antragstellerin eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zumutbar sei. § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB konkretisiere im Rahmen der Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts den Maßstab der Unbilligkeit. Eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts hänge im Wesentlichen davon ab, ob und in welchem Ausmaß durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten seien, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Dabei genüge es, wenn der Nachteil ganz überwiegend oder im Wesentlichen auf die vereinbarte Aufgabenverteilung während der Ehe zurückzuführen sei. Die Antragstellerin habe zu dem beruflichen Fortkommen des Antragsgegners wesentlich beigetragen, indem sie während der Ehe die Betreuung des gemeinsamen Kindes übernommen und dem Antragsgegner sein Jurastudium neben der Dolmetschertätigkeit ermöglicht habe. Im Zusammenhang mit der Verlegung des Wohnsitzes nach Brüssel habe sie außerdem ihre Festanstellung als Cheftexterin in einer Werbeagentur aufgegeben und damit ihr berufliches Fortkommen zugunsten des Antragsgegners zurückgestellt. Infolge der Aufgabe dieser Tätigkeit habe die Antragstellerin bis heute fortwirkende ehebedingte Nachteile zu tragen, die auch durch eine Vollzeittätigkeit in ihrem Beruf als Lehrerin nicht aufgefangen würden. In ihrer Position als Cheftexterin würde sie heute ein Einkommen von mindestens 4.500 € brutto verdienen. Zwar habe die Antragstellerin nach der mehrjährigen Unterbrechung dieser Tätigkeit jetzt keine realistische Aussicht mehr auf eine Rückkehr auf einen gesicherten Arbeitsplatz in der Werbebranche. Das besage aber nichts zur Wahrscheinlichkeit der Fortbeschäftigung , wenn die Antragstellerin ihre Tätigkeit als Cheftexterin ohne die Ehe und den Umzug nach Brüssel nicht aufgegeben hätte. Sie sei seit 1991 mit nur sechsmonatiger Unterbrechung wegen der Geburt des Kindes dort tätig gewesen und habe im Zeitpunkt des Umzugs bereits seit mehreren Jahren eine Festanstellung als Cheftexterin gehabt. Es sei deswegen davon auszugehen, dass sie diese Tätigkeit ohne den ehebedingten Umzug noch heute ausüben und daraus ein Monatseinkommen in Höhe von 4.500 € brutto erzielen würde.
Weil sie aus ihrer Tätigkeit als Lehrerin jedenfalls kein höheres Bruttoeinkommen als 3.630 € monatlich erzielen könne, errechne sich eine ehebedingte Einkommenseinbuße in Höhe von monatlich rund 900 € brutto.
9
Unter Berücksichtigung des Alters der Parteien, der Dauer der Ehe und des besonderen Einsatzes der Antragstellerin für ihre Vollzeittätigkeit, die Kinderbetreuung und die Haushaltsführung in den ersten Jahren der Ehe sowie der ehebedingten Nachteile komme eine Befristung des nachehelichen Unterhalts nicht in Betracht. Allerdings entspreche auch ein unbegrenzter Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht der Billigkeit. Unter Abwägung aller Umstände sei eine Übergangszeit bis Ende 2012 angemessen, in der es der Antragstellerin zumutbar sei, sich persönlich und wirtschaftlich von den günstigeren ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensstandard einzurichten, den sie erreicht hätte, wenn sie die vor dem Umzug nach Brüssel ausgeübte Beschäftigung fortgesetzt hätte. Weil es bei diesem Nachteil aller Voraussicht nach auf Dauer bleiben werde, sei der Unterhaltsanspruch hier nicht zeitlich zu befristen, sondern nach der Übergangszeit auf den Betrag zu begrenzen, der netto als Einkommenseinbuße verbleibe. Diesen Betrag schätzte das Berufungsgericht auf jedenfalls 500 €. Mit einem solchen Unterhalt und den Einkünften aus einer Vollzeittätigkeit aus dem ausgeübten Beruf stehe der Antragstellerin ein Betrag zur Verfügung, der ihren angemessenen Lebensbedarf i.S. von § 1578 b BGB erreiche. Eine unbefristete Unterhaltspflicht in Höhe von monatlich 500 € belaste auch den Antragsgegner nicht unbillig , zumal dieser nach Abzug des Kindesunterhalts über ein bereinigtes Nettomonatseinkommen in Höhe von 5.427,80 € verfüge.
10
Das Oberlandesgericht hat die Revision zugelassen, weil es für die Neuregelung in § 1578 b BGB noch an höchstrichterlichen Maßstäben für die Billigkeitsprüfung bei Vorliegen ehebedingter Nachteile fehle.

II.

11
Gegen die vom Berufungsgericht ausgesprochene Begrenzung des nachehelichen Unterhalts für die Zeit ab Januar 2012 auf monatlich 500 € unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags des Antragsgegners ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
12
1. Nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den in § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB genannten Gesichtspunkten.
13
a) Danach ist bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder eine zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts vorrangig zu berücksichtigen , inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile begrenzen regelmäßig die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts und stehen einer Befristung grundsätzlich entgegen. Sie können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (BT-Drucks. 16/1830 S. 18 f.; Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207, 1210 Tz. 35).
14
b) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unter- halts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass es sich grundsätzlich um einen Bedarf handeln muss, der das Existenzminimum wenigstens erreicht (Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 583).
15
Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemessenen Unterhaltsbedarf erreichen oder könnte er solche Einkünfte erzielen, kann dies im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalts in Form einer Befristung führen (Eschenbruch /Klinkhammer/Schürmann Der Unterhaltsprozess 5. Aufl. 1. Rdn. 1021; zur Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. vgl. Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007 f.).
16
Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hingegen lediglich Einkünfte, die den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 b BGB nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit aber bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt.
17
c) Die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578 b BGB setzt dabei nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist. Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung bereits eingetreten oder zuverlässig vor- aussehbar sind, ist eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung nach § 238 FamFG (= § 323 ZPO a.F.) vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren auszusprechen (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328 m.w.N.).
18
d) Die Darlegungs- und Beweislast für Umstände, die zu einer Befristung oder Beschränkung des nachehelichen Unterhalts führen können, trägt grundsätzlich der Unterhaltsverpflichtete, weil § 1578 b BGB als Ausnahmetatbestand konzipiert ist. Hat der Unterhaltspflichtige allerdings Tatsachen vorgetragen, die - wie z.B. die Aufnahme einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem vom Unterhaltsberechtigten erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf oder die Möglichkeit dazu - einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahe legen, obliegt es dem Unterhaltsberechtigten , Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere "Schonfrist" sprechen (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328 und vom 14. November 2005 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134, 136). Das ist allerdings nur dann der Fall, wenn die Einkünfte des Unterhaltsberechtigten aus seiner ausgeübten oder der ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit wenigstens die Einkünfte aus einer ehebedingt aufgegebenen Erwerbstätigkeit erreichen. Nur dann trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass gleichwohl ehebedingte Nachteile vorliegen , etwa weil mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehezeit Einbußen im beruflichen Fortkommen verbunden waren. Bleibt das jetzt erzielte oder erzielbare Einkommen jedoch hinter dem Einkommen aus der früher ausgeübten Tätigkeit zurück, weil eine Wiederaufnahme der früheren Erwerbstätigkeit nach längerer Unterbrechung nicht mehr möglich ist, bleibt es insoweit bei einem ehebedingten Nachteil, den der Unterhaltsschuldner widerlegen muss.
19
2. Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (Senatsurteile vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134, 136; vom 26. September 2007 - XII ZR 11/05 - FamRZ 2007, 2049, 2051 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 800). Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteil vom 11. Februar 1987 - IVb ZR 23/86 - FamRZ 1987, 470, 471). Das setzt voraus, dass in dem Urteil die wesentlichen Gründe aufgeführt werden, die für die richterliche Überzeugungsbildung im Rahmen der Billigkeitsabwägung leitend gewesen sind. Nicht erforderlich ist hingegen die ausdrückliche Auseinandersetzung mit allen denkbaren und fern liegenden Gesichtspunkten, wenn sich nur ergibt, dass eine sachgerechte Beurteilung stattgefunden hat (BGH Urteil vom 24. Juni 1993 - IX ZR 96/92 - NJW-RR 1993, 1379).
20
3. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des Senats ist das Berufungsgericht im Rahmen seiner Billigkeitsabwägung zu Recht von einem fortdauernden ehebedingten Nachteil der Antragstellerin ausgegangen.
21
Zutreffend sind die Erwägungen des Berufungsgerichts, wonach die Antragstellerin während der Ehe zuletzt als Cheftexterin in der Werbebranche beschäftigt war und aus dieser Tätigkeit heute ein deutlich höheres Einkommen erzielen würde, als sie in ihrem Beruf als Gymnasiallehrerin erzielen kann. Die frühere Tätigkeit hat die Antragstellerin ehebedingt aufgegeben, weil sie nach dem Aufstieg des Antragsgegners mit ihm und dem gemeinsamen Kind nach Brüssel gezogen ist. Das Berufungsgericht durfte auch davon ausgehen, dass sich die eigene Lebensstellung der Antragstellerin - wenn sie die Tätigkeit nicht ehebedingt aufgegeben hätte - nach wie vor nach ihren Einkünften als Cheftexterin richten würde. Die dagegen von der Revision vorgebrachten Bedenken erschöpfen sich in Mutmaßungen, die nicht den Schluss nahe legen, die Antragstellerin würde heute ohnehin nicht mehr in diesem Beruf arbeiten. Auch die Feststellungen des Berufungsgerichts, die Antragstellerin würde in diesem Beruf unter Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen Einkommenssteigerungen gegenwärtig ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von 4.500 € erzielen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruht auf substantiiertem Vortrag der Antragstellerin zur Entwicklung der Einkünfte in der Werbebranche, die von dem Antragsgegner bereits nicht hinreichend bestritten worden sind.
22
Auch soweit das Berufungsgericht dem ohne Ehe erzielbaren Einkommen als Cheftexterin lediglich ein aus einer Vollzeittätigkeit als Gymnasiallehrerin erzielbares Einkommen gegenübergestellt hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner trägt als Unterhaltsschuldner die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 1578 b BGB. Er hat deswegen grundsätzlich auch das Fehlen eines ehebedingten Nachteils darzulegen. Dazu gehört auch ein Vortrag, dass die Ehefrau Einkünfte erzielt oder erzielen könnte, die in der Höhe den Einkünften entsprechen, die sie wegen der ehebedingten Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit nicht mehr erzielen konnte. Weil der Antragsgegner dem nicht im erforderlichen Umfang nachgekommen ist, hat das Berufungsgericht zu Recht eine fortdauernde ehebedingte Einkommenseinbuße in Höhe von monatlich 900 € brutto angenommen. Zwar ist die Antragstellerin auch unter Berücksichtigung der Belange des im Dezember 1993 geborenen gemeinsamen Sohnes gehalten, eine Vollzeiterwerbstätigkeit auszuüben. Zutreffend ist das Berufungsgericht deswegen von einem Unterhaltsanspruch der Antragstellerin ausgegangen, der sich lediglich auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB richtet. Soweit es der Antragstellerin keine fiktiven Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit als Cheftexterin zugerechnet hat, widerspricht dies nicht den Ausführungen zum ehebedingten Nachteil infolge der Aufgabe dieser Erwerbstätigkeit. Denn nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts spricht der Umstand, dass die Antragstellerin einen Beruf als Cheftexterin ohne ehebedingte Unterbrechung bis heute ausüben würde, nicht notwendig dafür, dass sie nach der ehebedingten mehrjährigen Unterbrechung dieser Tätigkeit auch heute noch eine solche Stelle bekommen würde. Wenn das Berufungsgericht stattdessen an der von der Antragstellerin tatsächlich ausgeübten Tätigkeit in ihrem Beruf als Gymnasiallehrerin anknüpft, liegt das in seinem tatrichterlichen Ermessen.
23
4. Auch die weiteren Angriffe der Revision gegen die Billigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts überzeugen nicht. Das Berufungsgericht hat insoweit alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigt. Zu Recht ist es davon ausgegangen, dass eine zeitliche Befristung des Aufstockungsunterhalts gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB regelmäßig dann nicht in Betracht kommt, wenn die Einkommensdifferenz zwischen den Ehegatten auf fortwirkenden ehebedingten Nachteilen zu Lasten des Unterhaltsberechtigten beruht (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007 f. und seitdem in ständiger Rechtsprechung). Eine solche dauerhafte ehebedingte Einkommenseinbuße hat das Oberlandesgericht mit monatlich 500 € ermittelt, was zur Höhe von der Revision nicht angegriffen wird. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung hat das Oberlandesgericht außerdem die Dauer der Ehe der Parteien von Oktober 1993 bis zur Trennung im April 2004 sowie die Ausgestaltung der Kindererziehung und Erwerbstätigkeit während der Ehe berücksichtigt. Obwohl auch die Antragstellerin zunächst vollschichtig erwerbstätig war, hat sie - neben der Tagesbetreuung des gemeinsamen Kindes durch Au-pair-Mädchen und Ta- gesmütter - den überwiegenden Teil der weiteren Betreuung selbst sichergestellt. Denn der Antragsgegner war durch seine Berufstätigkeit in Straßburg und Brüssel und durch das parallel absolvierte Jurastudium dazu nur sehr eingeschränkt in der Lage. Auch die Einkommensverhältnisse beider Parteien hat das Berufungsgericht zutreffend berücksichtigt, indem es ausführt, dass eine dauerhafte Unterhaltspflicht in Höhe von 500 € den Antragsgegner bei dessen bereinigtem Nettoeinkommen von 5.427,80 € nicht übermäßig belastet.
24
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts entspricht schließlich auch der gesetzlichen Intention des § 1578 b BGB. Denn es hat den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin nach einer im Wege der Billigkeit ermittelten Übergangsfrist bis Ende 2011 auf 500 € monatlich und damit auf die Höhe des ehebedingten Nachteils reduziert. Ab diesem Zeitpunkt belaufen sich die Einkünfte der Antragstellerin aus ihrer Erwerbstätigkeit und dem Unterhaltsanspruch gegen den Antragsgegner auf den Betrag, den sie ohne die Ehe selbst erzielen würde. Wenn das Berufungsgericht eine Befristung dieses Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b Abs. 2 BGB abgelehnt hat, um der Antragstellerin den Ausgleich ihrer ehebedingten Nachteile dauerhaft zu sichern, ist dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen Einkommensverhältnisse aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
25
5. Die Revision des Antragsgegners hat schließlich auch keinen Erfolg, soweit sie sich auf neue Umstände stützt, die nach Erlass des Berufungsurteils entstanden sind.
26
a) Zwar hat der Antragsgegner mit der Revision dargelegt, dass die Antragstellerin ab September 2008 eine monatliche Kinder- und Haushaltszulage in Höhe von 478,94 € nebst einer Nachzahlung für die Zeit seit April 2007 erhält. Diese neue Tatsache ist aber im Revisionsverfahren nicht mehr zu berück- sichtigen. Denn nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. Art. 111 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz - FGG-RG) unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die Urteilsgrundlage wird also regelmäßig durch das Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen (BGHZ 104, 215, 220 = NJW 1988, 3092, 3094); neue Tatsachen dürfen im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht berücksichtigt werden.
27
b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO allerdings einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung einfließen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen. Der Gedanke der Konzentration der Revisionsinstanz auf die rechtliche Bewertung eines festgestellten Sachverhalts verliert nämlich an Gewicht, wenn die Berücksichtigung von neuen tatsächlichen Umständen keine nennenswerte Mehrarbeit verursacht und die Belange des Prozessgegners gewahrt bleiben. Dann kann es aus prozessökonomischen Gründen nicht zu verantworten sein, die vom Tatsachenausschluss betroffene Partei auf einen weiteren, ggf. durch mehrere Instanzen zu führenden Prozess zu verweisen. In einem solchen Fall ist vielmehr durch die Zulassung neuen Vorbringens im Revisionsverfahren eine rasche und endgültige Streitbereinigung herbeizuführen (Senatsurteil vom 21. November 2001 - XII ZR 162/99 - FamRZ 2002, 318, 319 m.w.N.).
28
c) Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Selbst wenn die Zahlung der Kinder- und Haushaltszulage an die Antragstellerin unstreitig sein sollte, stünde damit noch nicht fest, auf welcher Grundlage dieser Betrag an die Antragstellerin gezahlt wird, wie er unterhaltsrechtlich einzuordnen ist und ob auch die Kinderzulage als ihr Einkommen zu berücksichtigen ist (zu einem vom Arbeitgeber gezahlten Kinderzuschlag vgl. Senatsurteil vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - FamRZ 2007, 882, 885; zum Kinderzuschlag nach § 6 a BKGG vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rdn. 462 b ff.).
29
Schließlich wäre ein weiteres Einkommen der Antragstellerin auch im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB zu berücksichtigen , zumal dann ihr ehebedingter Nachteil überwiegend kompensiert würde. Ob dieser Umstand, der zu einer weiteren Absenkung des ehebedingten Nachteils führen kann, im Hinblick auf die ungewisse Fortzahlung der Kinder- und Haushaltszulage nur zu einer weiteren Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs oder sogar zu einer Befristung des nachehelichen Unterhalts führen kann, muss deswegen einer umfassenden Prüfung im Abänderungsverfahren nach § 238 FamFG323 ZPO a.F.) vorbehalten bleiben. Schließlich lässt die Zulage den ehebedingten Nachteil der Antragstellerin nicht entfallen, sondern kompensiert diesen lediglich teilweise. Damit sind auch schützenswerte Belange der Antragstellerin betroffen, die im Rahmen der umfassenden Billigkeitsabwägung Berücksichtigung finden müssen.
Hahne Dose Klinkhammer Grupp Schilling

Vorinstanzen:
AG Berlin-Schöneberg, Entscheidung vom 27.03.2007 - 20 F 119/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 11.04.2008 - 3 UF 67/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 111/08 Verkündet am:
27. Mai 2009
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Auch der Unterhaltspflichtige darf grundsätzlich neben der gesetzlichen Altersvorsorge
eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben, die beim Ehegattenunterhalt
mit einem Betrag bis zu 4 % seines Bruttoeinkommens zu berücksichtigen
ist. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Senats zu den
wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen nicht darauf an, ob bereits während
der Ehezeit Beiträge für eine solche Altersvorsorge gezahlt wurden.

b) Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Herabsetzung oder zeitliche
Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ist vorrangig zu berücksichtigen
, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten
sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. § 1578 b BGB beschränkt
sich allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern
berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (im
Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406).
BGH, Urteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - OLG Hamm
AG Rheine
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Mai 2009 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, Dose und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 13. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 27. Juni 2008 wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussrevision der Klägerin wird das genannte Urteil aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab Februar 2007.
2
Sie hatten im April 1972 geheiratet, als die Klägerin 16 Jahre alt und vom Beklagten schwanger war. Aus ihrer Ehe sind insgesamt vier Kinder hervorgegangen , von denen nur noch die im Oktober 1987 geborene jüngste Tochter, die im Haushalt der Klägerin wohnt, unterhaltsbedürftig ist. Die Ehe der Partei- en wurde im Mai 1998 geschieden. Im Hinblick auf die Unterhaltspflicht des Beklagten für die gemeinsamen Kinder machte die Klägerin zunächst keinen nachehelichen Unterhalt geltend.
3
Die Klägerin ist nach einer im Jahre 1989 diagnostizieren Darmkrebserkrankung seit 1993 als zu 100 % schwerbehindert eingestuft und bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente, die sich zunächst auf 1.039,21 € belief und seit Juli 2007 1.040,19 € beträgt. Daneben erzielt sie Einkünfte aus einer geringfügigen Erwerbstätigkeit in Höhe von monatlich 349 €. Um den Arbeitsplatz zu erreichen , muss sie zweimal wöchentlich mit dem Pkw 30 km zurücklegen. Für eine Lebensversicherung zahlt die Klägerin monatliche Beiträge in Höhe von 51,13 €. Im Jahre 2007 musste sie eine Steuernachzahlung in Höhe von insgesamt 74 €, im Jahre 2008 eine solche in Höhe von 488 € leisten.
4
Der Beklagte erzielt als Beamter Nettoeinkünfte in Höhe von 2.601,28 €, in denen eine Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von monatlich 104,17 € enthalten ist. Hinzu kommt eine Steuererstattung, die sich nach Abzug der Kosten für die Erstellung der Steuererklärung im Jahre 2007 auf insgesamt 790,02 € und im Jahre 2008 auf insgesamt 744,78 € belief. Die Beiträge des Beklagten zur Krankenversicherung betrugen im Jahre 2007 monatlich 303,98 € und belaufen sich ab Januar 2008 auf monatlich 314,85 €. Für eine Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zahlte der Beklagte ursprünglich monatlich 302,16 €, wovon nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 111,85 € auf die Berufsunfähigkeitsversicherung und 190,31 € auf die Lebensversicherung entfielen. Für die Zeit ab Juli 2007 ist der Gesamtbeitrag auf monatlich 317,27 € gestiegen. Für sich und die noch unterhaltsberechtigte Tochter Yvonne zahlt der Beklagte monatliche Beiträge für eine Krankenhaustagegeldversicherung , die ursprünglich 13,01 € betrugen und sich seit November 2007 auf 17,51 € belaufen. Außerdem zahlt der Beklagte monatliche Beiträge für eine weitere Lebensversicherung in Höhe von ursprünglich 49,49 € und von 52,02 € seit September 2007. Schließlich zahlt er Monatsraten auf einen Bausparvertrag in Höhe von 75 €. Auf den Unterhaltsanspruch der Tochter Yvonne zahlt der Beklagte monatlich 250 €, während die Klägerin für den restlichen Barunterhalt der volljährigen Tochter aufkommt.
5
Das Amtsgericht hat der auf einen Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 111,40 € gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung der mit einer Klagerweiterung verbundenen Anschlussberufung der Klägerin - der Klage in geringerem Umfang stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die Zeit ab dem 20. Februar 2007 Unterhalt in wechselnder Höhe, zuletzt für die Zeit ab Januar 2008 in Höhe von monatlich 103 € zu zahlen. Die vom Beklagten begehrte Befristung des Unterhaltsanspruchs hat es abgelehnt. Die Revision hat das Berufungsgericht "im Hinblick auf die Anwendung des neuen Unterhaltsrechts zur Frage der Beschränkung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB" zugelassen.
6
Gegen das Berufungsurteil richten sich die Revision des Beklagten, mit der er nach wie vor Klageabweisung begehrt, und die Anschlussrevision der Klägerin, die auf einen höheren Unterhalt für die Zeit ab Juli 2007, zuletzt für die Zeit ab Juni 2008 auf monatlich 209 €, gerichtet ist.

Entscheidungsgründe:

A.

7
Die Revision des Beklagten ist nur teilweise zulässig, die Anschlussrevision der Klägerin hingegen in vollem Umfang.

I.

8
Die Revision des Beklagten ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zu nachehelichem Unterhalt für die Zeit bis Ende 2007 richtet. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
9
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339, 1340; Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (Senatsurteil vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier der Fall.
10
Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das Oberlandesgericht die Revision nur zur Höhe und Dauer des Betreuungsunterhalts nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht zulas- sen wollte. Denn die ausdrücklich in Bezug genommene Neuregelung des § 1578 b BGB ist erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten. Die grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wirkt sich deswegen nur auf den Unterhaltsanspruch ab Januar 2008 aus. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage - wie hier - nur auf einen Teil des streitigen Zeitraums, liegt regelmäßig die Annahme nahe, das Berufungsgericht habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils zulassen wollen. Ein derartiges Verständnis des Ausspruchs über die Zulassung trägt auch der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des Revisionsgerichts auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung. Es verhindert umgekehrt, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 – FamRZ 2009, 770, 771 Tz. 9 und vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 446).

II.

11
Die Anschlussrevision der Klägerin ist hingegen nach § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO in vollem Umfang zulässig.
12
Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit zur Einlegung einer Anschlussrevision durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 2001, 1887, 1901) dadurch erweitert, dass nach § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO - abweichend vom bis dahin geltenden Recht (vgl. insoweit Senatsurteil vom 19. November 1997 - XII ZR 1/96 - FamRZ 1998, 286, 287) - eine Anschlussrevision auch ohne eine vorherige Zulassung statthaft ist. Dem Revisionsbeklagten soll nach der Gesetzesbegründung die Möglichkeit eröffnet wer- den, eine Abänderung des Berufungsurteils zu seinen Gunsten zu erreichen, wenn das Revisionsverfahren ohnehin durchgeführt werden muss. Es sei unbillig , der friedfertigen Partei, die bereit sei, sich mit der Entscheidung abzufinden, die Anschließungsmöglichkeit für den Fall abzuschneiden, dass der Gegner die Entscheidung wider Erwarten angreife (BT-Drucks. 14/4722, S. 108). Daher kann eine Anschlussrevision bei beschränkter Zulassung der Revision auch dann wirksam eingelegt werden, wenn die Anschlussrevision nicht den Streitgegenstand betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (BGHZ 174, 244, 253 = FamRZ 2008, 402 m.w.N.).
13
Die Neuregelung der Anschlussrevision in § 554 ZPO ändert aber nichts daran, dass sie als unselbständiges Rechtsmittel akzessorischer Natur ist. Dieser Abhängigkeit der Anschlussrevision würde es widersprechen, wenn mit ihr Streitstoff eingeführt werden könnte, der mit dem Gegenstand der Hauptrevision weder in einem rechtlichen noch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht. Es kommt hinzu, dass eine unbeschränkte Statthaftigkeit der Anschlussrevision in Fällen, in denen die Hauptrevision zu Gunsten einer Partei nur teilweise zugelassen wurde, zu einer Benachteiligung des Revisionsklägers führte und somit über den Gesetzeszweck der Schaffung einer Art Waffengleichheit zwischen den Parteien hinausginge. Die - grundsätzlich zulässige - Beschränkung der Revision führt dazu, dass der Revisionskläger das Urteil im Revisionsverfahren nur zum Teil angreifen kann. Soweit kein Revisionszulassungsgrund vorliegt, muss er das Berufungsurteil hinnehmen. Im Falle der Einlegung der Revision könnte dann aber bei einer uneingeschränkten Statthaftigkeit der Anschlussrevision der Revisionsbeklagte das Urteil - soweit er unterlegen ist - insgesamt anfechten, selbst wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen Fehlens eines Zulassungsgrundes oder mangels Erreichens des Beschwerdewerts gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO nicht erfolgreich gewesen wäre. Eine Benachteiligung des Revisionsklägers wäre nur dann nicht gegeben, wenn man ihm das Recht zu einer Gegenanschließung gewährte. Eine derartige Möglichkeit hat der Gesetzgeber indes nicht vorgesehen. Die insoweit bestehende Ungleichbehandlung ist dann nicht gerechtfertigt, wenn der Gegenstand der Anschlussrevision in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Hauptrevision steht (BGHZ 174, 244, 253 f. = FamRZ 2008, 402 f. m.w.N.).
14
Diese Einschränkung der Zulässigkeit einer Anschlussrevision kommt hier allerdings nicht zum Tragen. Denn der Unterhaltszeitraum von Februar bis Dezember 2007 steht wegen der auch insoweit zu entscheidenden Rechtsfragen schon in rechtlichem Zusammenhang mit dem von der Revision zulässig angegriffenen Unterhaltszeitraum ab Januar 2008.

B.

15
Soweit die Revision des Beklagten zulässig ist, bleibt sie ohne Erfolg, während die Anschlussrevision der Klägerin im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht führt.

I.

16
Das Berufungsgericht hat der Klage zur Höhe lediglich teilweise stattgegeben und eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin abgelehnt. Zur Begründung hat es folgendes ausgeführt:
17
Der Unterhaltsanspruch der Klägerin richte sich nach § 1572 Nr. 1 BGB, weil diese bereits im Zeitpunkt der Ehescheidung wegen ihrer Krebserkrankung erwerbsunfähig bzw. nur sehr eingeschränkt erwerbsfähig gewesen sei und dieser Zustand unverändert andauere. Auf ihren Unterhaltsanspruch habe die Klägerin weder ausdrücklich noch stillschweigend verzichtet. Der Anspruch sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH Urteil vom 22. November 2006 - XII ZR 152/04 - FamRZ 2007, 453) auch nicht verwirkt, weil kein Unterhalt geltend gemacht werde, der länger als ein Jahr zurück gelegen habe. Weil die Klägerin den Unterhaltsanspruch erst mit Mahnschreiben vom 16. Februar 2007 geltend gemacht habe, das dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 20. Februar 2007 zugegangen sei, könne sie auch erst ab diesem Zeitpunkt Unterhalt verlangen.
18
Im Rahmen der Unterhaltsbemessung sei von dem unstreitigen Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von 2.601,28 € auszugehen. Ein fiktiv höheres Nettoeinkommen wegen einer ausgeschlagenen Beförderung könne nicht berücksichtigt werden, weil die Klägerin einen solchen Sachverhalt nicht hinreichend substantiiert vorgetragen habe und eine Beweisaufnahme deswegen auf einen Ausforschungsbeweis hinauslaufe. Dem Nettoeinkommen seien die dem Kläger in den Jahren 2007 und 2008 zugeflossenen Steuererstattungen hinzuzurechnen. Davon seien allerdings die Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen abzusetzen, die untrennbar mit den Steuererstattungen verbunden seien. Weiter abzusetzen seien die Dienstaufwandsentschädigung sowie die Kosten für die Krankenversicherung, die Tagegeldversicherung für den Beklagten und die unterhaltsberechtigte Tochter Yvonne, die Berufsunfähigkeitsversicherung sowie der Zahlbetrag des Unterhalts für die Tochter. Die Beiträge für die weiteren Lebensversicherungen und den Bausparvertrag seien ebenfalls in voller Höhe abzusetzen, weil schon die ehelichen Lebensverhältnisse von diesen Beiträgen geprägt gewesen seien.
19
Für die Klägerin sei von ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente und den Einkünften aus der geringfügigen Erwerbstätigkeit auszugehen. Von diesem Er- werbseinkommen seien allerdings monatliche Fahrtkosten abzusetzen, die sich auf zunächst 55,20 € beliefen und ab Januar 2008 (0,30 €/km) 69 € betrügen. Außerdem seien die Beiträge der Klägerin für ihre Lebensversicherung und die Steuernachzahlungen abzusetzen. Daraus ergebe sich ein monatlicher Unterhaltsanspruch der Klägerin für die Zeit vom 20. Februar bis Juni 2007 in Höhe von 119 €, für die Zeit von Juli bis August 2007 in Höhe von 109 €, für die Zeit von September bis Oktober 2007 in Höhe von 108 €, für die Zeit von November bis Dezember 2007 in Höhe von 106 € und für die Zeit ab Januar 2008 in Höhe von 103 €.
20
Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei nicht zeitlich zu befristen und auch nicht zur Höhe zu beschränken. Eine Befristung unter dem Gesichtspunkt der gesteigerten Eigenverantwortlichkeit geschiedener Ehegatten scheide aus, obwohl die Klägerin erst 1955 geboren und im Zeitpunkt des Berufungsurteils noch nicht 53 Jahre alt gewesen sei. Denn sie sei bereits seit 1993 dauerhaft und zu 100 % schwerbehindert und deswegen nicht in der Lage, eine weitergehende Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Auch eine Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB scheide aus, weil ein zeitlich unbefristeter Unterhaltsanspruch in der zugesprochenen Höhe nicht unbillig sei. Zwar sei die Krebserkrankung der Klägerin nicht ehebedingt. Im Rahmen des Krankheitsunterhalts gewinne die nacheheliche Solidarität allerdings gesteigerte Bedeutung, während einem ehebedingten Nachteil als Voraussetzung für eine Befristung und Begrenzung des Unterhaltsanspruchs weniger Gewicht zukomme. Die Umstände des Einzelfalles, insbesondere die sehr lange Ehedauer, die fehlende Berufsausbildung im Zeitpunkt der Heirat im Alter von 16 Jahren und die sodann folgende Hausfrauenehe mit Kindererziehung sowie das Alter der jüngsten Tochter im Zeitpunkt der Scheidung sprächen gegen eine Befristung oder Begrenzung des Unterhalts. Der Beklagte werde schon durch die Er- werbsunfähigkeitsrente der Klägerin entlastet und eine weitere Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs sei aus Billigkeitsgründen nicht geboten.

II.

21
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten nicht in allen Punkten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
22
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings die Einwände des Beklagten gegen den Anspruch auf Krankheitsunterhalt zurückgewiesen, soweit sie auf einen Verzicht der Klägerin oder eine Verwirkung ihres Unterhaltsanspruchs gerichtet sind. Auch die Revision des Beklagten erinnert hierzu nichts.
23
2. Die Anschlussrevision der Klägerin hat schon deswegen Erfolg, weil das Oberlandesgericht ihren Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht zutreffend ermittelt hat.
24
a) Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Höhe des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Klägerin gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet. Der unbestimmte Rechtsbegriff der "ehelichen Lebensverhältnisse" ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats allerdings nicht mehr im Sinne eines strikten Stichtagsprinzips auszulegen. Eine solche Fixierung auf einen bestimmten Stichtag lässt sich der Vorschrift des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entnehmen. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sind bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen vielmehr spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Die in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB vor- gegebene Anknüpfung an die ehelichen Lebensverhältnisse kann deren grundsätzliche Wandelbarkeit lediglich nach dem Zweck des nachehelichen Unterhalts einerseits und der fortwirkenden ehelichen Solidarität andererseits begrenzen (Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411, 413 f.).
25
b) Diesen Vorgaben der neueren Rechtsprechung des Senats hält das angefochtene Urteil nicht in allen Punkten stand.
26
aa) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht bei der Bemessung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Klägerin allerdings von den unstreitigen Nettoeinkünften des Beklagten in Höhe von 2.601,28 € ausgegangen und hat dem - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil BGHZ 175, 182, 195 = FamRZ 2008, 968, 971) - die vom Beklagten erhaltenen Steuererstattungen hinzugerechnet.
27
Bei der Bemessung der unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Steuererstattungen hat das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend die Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen abgesetzt. In seiner neueren Rechtsprechung zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen knüpft der Senat grundsätzlich an die tatsächlichen Verhältnisse während des Unterhaltszeitraums an. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts musste der Beklagte für seine Steuererklärung im Jahre 2007 84 € und im Jahre 2008 115 € aufwenden, die seine Steuererstattung entsprechend schmälern. Eine Berücksichtigung dieser Verringerung des verfügbaren Einkommens findet nach der neueren Rechtsprechung des Senats erst in der nachehelichen Solidarität ihre Grenze. Nur bei einem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten ist deswegen entgegen den tatsächlichen Verhältnissen von fiktiv höheren Einkünften auszugehen (Senatsurteil BGHZ 175, 182, 195 f. = FamRZ 2008, 968, 971 f.). Ein solches unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten hat das Oberlandesgericht bezüglich der Kosten für die Erstellung der Steuererklärungen zu Recht abgelehnt. Denn die steuerliche Behandlung der Erwerbseinkünfte ist auch für abhängig beschäftigte Arbeitnehmer nicht offenkundig, eine geringere Steuerlast kommt auch dem unterhaltsberechtigten Ehegatten zugute und oftmals ergibt sich erst durch die Beratung, ob steuerrechtlich zu beachtende Besonderheiten vorliegen. Ein Abzug tatsächlich angefallener Kosten für die Steuererklärung ist deswegen nur dann ausgeschlossen, wenn von vornherein feststeht, dass für das abgelaufene Steuerjahr weder eine Steuerpflicht noch eine Erstattung in Betracht kommt (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rdn. 108; a.A. OLG Hamm FamRZ 1992, 1177 und Kalthoener/Büttner/ Niepmann Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 1051).
28
Zu Recht hat das Berufungsgericht vom Nettoeinkommen des Beklagten auch neben der Dienstaufwandsentschädigung die Kosten für seine Krankenversicherung , seine Berufsunfähigkeitsversicherung und die Krankenhaustagegeldversicherung abgesetzt. Diese Beiträge dienen der Sicherung des Erwerbseinkommens des Beklagten im Falle von Krankheit oder Arbeitslosigkeit, ohne dass der Beklagte dadurch zu Lasten der Klägerin eigenes Vermögen bildet. Die Kosten für diese reinen Risikoversicherungen sind deswegen als Kosten zur Erhaltung des Arbeitseinkommens zu berücksichtigen.
29
bb) Zutreffend weist die Anschlussrevision der Klägerin allerdings darauf hin, dass das Berufungsgericht mit dem Abzug der Beiträge für zwei Lebensversicherungen und einen Bausparvertrag Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt hat, die den nach der Rechtsprechung des Senats geltenden Höchstbetrag der zusätzlichen Altersvorsorge übersteigen.
30
Nach der Rechtsprechung des Senats darf auch der Unterhaltspflichtige von seinen Einkünften grundsätzlich neben der gesetzlichen Altersvorsorge eine zusätzliche Altersvorsorge betreiben, die unterhaltsrechtlich beim Elternunterhalt bis zu 5 % des Bruttoeinkommens (Senatsurteile vom 14. Januar 2004 - XII ZR 149/01 - FamRZ 2004, 792, 793 und vom 30. August 2006 - XII ZR 98/04 - FamRZ 2006, 1511, 1514) und im Übrigen bis zu 4 % des Bruttoeinkommens (Senatsurteile BGHZ 163, 84, 97 ff. = FamRZ 2005, 1817, 1821 f. und BGHZ 171, 206, 216 = FamRZ 2007, 793, 795) betragen kann.
31
Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts jedoch nicht darauf an, ob bereits während der Ehezeit Beiträge für eine solche Altersvorsorge gezahlt wurden. Denn wenn der Unterhaltspflichtige bereits während der Ehezeit eine zusätzliche Altersvorsorge - wie hier in Form einer Kapitallebensversicherung - betrieben hatte, profitiert der andere Ehegatte regelmäßig im Zugewinnausgleich davon. Für die Zeit ab Zustellung des Scheidungsantrags , die vom Zugewinnausgleich nicht mehr erfasst wird, können überhöhte ehezeitliche Vorsorgekosten keine Rechtfertigung für deren Fortdauer geben. Dies würde nunmehr auf eine einseitige Vermögensbildung des unterhaltspflichtigen Ehegatten zu Lasten der Unterhaltsansprüche des unterhaltsberechtigten Ehegatten hinauslaufen (vgl. zum Wohnvorteil Senatsurteil vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963, 965 Tz. 17 ff.). Umgekehrt ist nach der Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen allerdings auch eine erst nachehelich hinzutretende zusätzliche Altersvorsorge zu berücksichtigen, weil darin kein unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten liegt, welches die nacheheliche Solidarität der geschiedenen Ehegatten verletzt (vgl. Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411, 413 f.).
32
Das Oberlandesgericht durfte danach die der Altersvorsorge dienenden Beiträge des Beklagten für seine beiden Lebensversicherungen und den Bausparvertrag nicht in voller Höhe von monatlich 314,80 € (190,31 € + 49,49 € + 75 €), sondern lediglich in Höhe von 4 % des Bruttoeinkommens berücksichtigen. Der Senat kann insoweit aber nicht selbst abschließend entscheiden, weil es an den erforderlichen Feststellungen durch das Berufungsgericht fehlt. Denn es hat weder das Bruttoeinkommen des Beklagten festgestellt, noch die Höhe des auf die Lebensversicherung entfallenden Beitrags für den mit der Berufsunfähigkeitsversicherung verbundenen Versicherungsvertrag. Zwar hatte das Amtsgericht die monatlichen Kosten für diesen Versicherungsvertrag in Höhe von ursprünglich 302,16 € entsprechend dem Vortrag des Beklagten in einen Teil für die Berufsunfähigkeitsversicherung von 111,85 € und einen weiteren Teil für die Lebensversicherung in Höhe von 190,31 € aufgeteilt. Dies widerspricht allerdings der in Bezug genommenen Auskunft der Versicherungsgesellschaft , die den Beitrag in einen Teil von 122,14 € für die Berufsunfähigkeitsversicherung und einen Teil von 180,02 € für die Lebensversicherung aufgeteilt hatte. Auch die Aufteilung für die Zeit ab der Erhöhung des Gesamtbeitrages zum 1. Juli 2007 von 302,16 € auf 317,27 € hat das Oberlandesgericht - aus seiner Sicht konsequent - nicht festgestellt. Das angefochtene Urteil ist deswegen aufzuheben und der Rechtsstreit ist insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
33
3. Soweit der Beklagte mit seiner Revision eine zeitliche Befristung oder eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578 b BGB begehrt, hat diese hingegen keinen Erfolg. Denn das Oberlandesgericht hat im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgelehnt.
34
a) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den nach § 1578 b Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechend anzuwendenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB.
35
aa) Danach ist bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts vorrangig zu berücksichtigen , inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Wie schon nach der Rechtsprechung des Senats zu § 1573 Abs. 5 BGB a.F. (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007) schränken solche ehebedingten Nachteile regelmäßig auch nach der Neufassung des § 1578 b BGB (BT-Drucks. 16/1830 S. 19) die Möglichkeit einer Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ein (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328). Solche Nachteile können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
36
Im Rahmen des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB führt etwa eine fehlende oder eingeschränkte Erwerbsmöglichkeit wegen Betreuung eines gemeinsamen Kindes zu einem ehebedingten Nachteil, der regelmäßig unterhaltsrechtlich auszugleichen ist (vgl. insoweit Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 ff.). Auch bei der Entscheidung über eine Begrenzung oder Befristung des Unterhalts wegen Alters nach § 1571 BGB ist zu berücksichtigen, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte trotz eines durchgeführten Versorgungsausgleichs geringere Renteneinkünfte erzielt, als er ohne die Ehe und die Erziehung der gemeinsamen Kinder erzielen würde. Beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB, bei dem die Krankheit regelmäßig nicht ehebedingt ist, kann sich ein ehebedingter Nachteil nur daraus ergeben, dass ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsunfähigenrente infolge der Ehe und Kindererziehung geringer ist, als sie ohne die Ehe wäre (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406, 408). Insoweit entsprechen sich der Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB und der Altersunterhalt nach § 1571 BGB. In beiden Fällen ist allerdings zu berücksichtigen , dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1328 f. und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508, 1511).
37
bb) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Denn indem § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB "insbesondere" auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt es andere Gesichtspunkte für die Billigkeitsabwägung nicht aus. Dieser Umstand gewinnt besonders beim nachehelichen Unterhalt gemäß § 1572 BGB wegen einer Krankheit, die regelmäßig nicht ehebedingt ist, an Bedeutung (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406, 409).
38
Allerdings handelt es sich bei einer schweren Krankheit und der durch sie bedingten Erwerbsunfähigkeit in der Regel um eine schicksalhafte Entwicklung. Eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten für das allein im zeitlichen Zusammenhang mit der Ehe stehende Krankheitsrisiko ist deswegen nicht ohne weiteres gerechtfertigt. Der Einsatzzeitpunkt in § 1572 BGB schließt deswegen eine Einstandspflicht des geschiedenen Ehegatten für erst nachehelich eingetretene Erkrankungen aus (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406, 409).
39
Andererseits hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit oder Gebrechen in § 1572 BGB ein besonderes Maß an nachehelicher Solidarität festgeschrieben, das auch im Rahmen der Begrenzung oder Befristung dieses nachehelichen Unterhalts nicht unberücksichtigt bleiben kann. Auch in solchen Fällen, in denen die fortwirkende eheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, fällt den in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB genannten Umständen besondere Bedeutung zu (BT-Drucks. 16/1830 S. 19). Auf deren Grundlage, insbesondere der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ist auch der Umfang einer geschuldeten nachehelichen Solidarität zu bemessen.
40
b) Soweit das Berufungsgericht auf dieser rechtlichen Grundlage eine Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin abgelehnt hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
41
aa) Zwar ist die Krebserkrankung der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unabhängig von Ehe, Kindererziehung und Rollenverteilung in der Ehe eingetreten und somit nicht ehebedingt. Dass die Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer Kindererziehungszeiten und der damit verbundenen Anrechnungszeiten sowie des durchgeführten Versorgungsausgleichs geringer ist, als sie ohne die Ehe und Kindererziehung wäre , hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht festgestellt.
42
bb) Der unbegrenzte Ausspruch des nachehelichen Unterhalts als Billigkeitsentscheidung ist gleichwohl aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat der nachehelichen Solidarität der Ehegatten hier zu Recht eine besondere Bedeutung eingeräumt. Denn die Parteien waren 26 Jahre verheiratet und hatten eine reine Hausfrauenehe geführt. Die Klägerin hatte bereits im Alter von 16 Jahren wegen der eingetretenen Schwangerschaft geheiratet und konnte deswegen keine Berufsausbildung absolvieren. Die vier ehelich geborenen Kinder sind von ihr betreut und erzogen worden. Im Zeitpunkt der Scheidung war die jüngste Tochter erst zehn Jahre alt und noch betreuungsbedürftig. Die Klägerin hat sich somit seit Abschluss ihrer Schulzeit und weit über den Zeitpunkt ihrer Krebserkrankung im Jahre 1989 hinaus allein für die Ehe der Parteien eingesetzt. Dies begründet ein besonders gewichtiges Vertrauen, das im Rahmen einer Befristung und Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB ebenfalls zu berücksichtigen ist.
43
Auch die weiteren Umstände stehen der Entscheidung des Berufungsgerichts im Rahmen der notwendigen Gesamtschau aus revisionsrechtlicher Sicht nicht entgegen. Denn die Klägerin erzielt aus ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente und ihren Nebeneinkünften abzüglich aller Kosten lediglich Einkünfte in Höhe von rund 1.140 €, die nur wenig über den angemessenen Selbstbehalt hinausgehen. Demgegenüber verbleiben dem Beklagten nach Abzug sämtlicher unterhaltsrelevanter Kosten und des für die volljährige Tochter gezahlten Unterhalts deutlich höhere Einkünfte, von denen er den relativ geringen Unterhaltsanspruch der Klägerin ohne besondere Einschränkung erbringen kann. Ein berechtigtes Vertrauen, das einem unbefristeten Unterhaltsanspruch der Klägerin entgegenstehen könnte, konnte sich schon deswegen nicht bilden, weil die Klägerin bereits im Jahre 1989 erkrankt und seit 1993 dauerhaft als zu 100 % erwerbsunfähig eingestuft war, während die Ehe der Parteien erst im Jahre 1998 geschieden wurde.
Hahne Sprick Wagenitz Dose Klinkhammer
Vorinstanzen:
AG Rheine, Entscheidung vom 10.10.2007 - 13 F 90/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 27.06.2008 - 13 UF 272/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 15/05 Verkündet am:
26. September 2007
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Befristung des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 5 BGB
und zur Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen
nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn die Ehe kinderlos geblieben ist und der
unterhaltsberechtigte Ehegatte in dem auch vorehelich ausgeübten Beruf eine Vollzeittätigkeit
ausübt (im Anschluss an die Senatsurteile vom 23. Mai 2007 - XII ZR
245/04 - FamRZ 2007, 1232, vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007,
793 und vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 190/03 - FamRZ 2007, 200).
BGH, Urteil vom 26. September 2007 - XII ZR 15/05 - OLG Hamm
AG Siegen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. September 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Dr. Ahlt und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. Dezember 2004 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten im Scheidungsverbundverfahren noch um den nachehelichen Ehegattenunterhalt.
2
Der am 3. Juni 1962 geborene Antragsteller und die am 29. September 1961 geborene Antragsgegnerin hatten am 16. November 1982 die Ehe geschlossen , die kinderlos blieb. Nachdem sich die Parteien im April 2002 getrennt hatten, wurde ihre Ehe auf den im April 2003 zugestellten Scheidungsantrag durch Verbundurteil vom 4. März 2004 geschieden. Der Scheidungsausspruch und die Entscheidung zum Versorgungsausgleich sind seit dem 20. Juli 2004 rechtskräftig.
3
Der Antragsteller, der schon bei Eingehung der Ehe als Zerspanungsmechaniker beschäftigt war, erzielt aus dieser Berufstätigkeit nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus ein unterhaltsrelevantes monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.478,56 €. Die Antragsgegnerin ist gelernte Drogistin, arbeitete aber schon vor der Ehe als Verkäuferin im Lebensmittelbereich. Während der Ehe war sie - neben der Haushaltstätigkeit und der Pflege ihres schwer erkrankten Vaters - weiterhin halbschichtig in diesem Bereich berufstätig. Seit Januar 2003 übt sie eine vollschichtige Berufstätigkeit als Kassiererin aus. Aus dieser Tätigkeit erzielt sie Nettoeinkünfte, die sich abzüglich eines Erwerbstätigenbonus auf monatlich 987,99 € belaufen. Mit Rechtskraft der Ehescheidung hat die Antragsgegnerin , die selbst aus dem Verkauf eines im Wege vorweggenommener Erbfolge erhaltenen Hauses ein Anfangsvermögen in Höhe von 260.000 DM (= 132.935,88 €) erhalten hatte, einen Zugewinnausgleich in Höhe von 60.000 € erlangt, wovon sie 53.150 € verzinslich anlegen kann. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kann sie daraus monatliche Zinseinkünfte von 163,02 € erzielen.
4
Das Amtsgericht hat den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung monatlichen Unterhalt in Höhe von 164 € zu zahlen. Eine vom Antragsteller hilfsweise begehrte zeitliche Befristung hat es abgelehnt. Auf die Berufung des Antragstellers hat das Oberlandesgericht die Unterhaltspflicht auf die Zeit bis zum 31. Juli 2011 befristet und die Revision zur Frage der zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs zugelassen. Gegen diese Befristung richtet sich die Revision der Antragsgegnerin.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht ist unter Bezug auf die von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts von einem monatlichen Anspruch der Antragsgegnerin auf Aufstockungsunterhalt in Höhe von 164 € ausgegangen. Der Anspruch sei allerdings nach den §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die Zeit bis zum 31. Juli 2011 zu begrenzen. Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt könne nach diesen Vorschriften zeitlich begrenzt werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Dies setze eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalles voraus, die auch nicht deswegen entbehrlich sei, weil die Ehe der Parteien von der Eheschließung bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags 20 Jahre und 5 Monate gedauert habe. Trotz dieser langen Ehedauer, die in einem Bereich liege, in dem ihr durchschlagendes Gewicht für eine dauerhafte Unterhaltsgarantie zukomme, sei hier wegen der übrigen Umstände eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts geboten.
7
Die Antragsgegnerin sei zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags erst 42 Jahre alt gewesen, und ihre Erwerbsmöglichkeiten seien nicht durch ehebedingte Nachteile beeinträchtigt. Die Ehe der Parteien sei kinderlos geblieben, und die Antragsgegnerin sei auch während der Ehe ihrem erlernten Beruf als Verkäuferin nachgegangen. Diesen habe sie nach der Trennung problemlos auf eine Vollzeitbeschäftigung ausweiten können. Das Ein- kommensgefälle zwischen den Parteien sei nicht ehebedingt, sondern darauf zurückzuführen, dass sie schon vor der Ehe wegen unterschiedlicher Ausbildungen ein unterschiedlich hohes Einkommen erzielt hätten. Das heutige Einkommen der Antragsgegnerin sei nicht anders als es wäre, wenn sie nicht geheiratet hätte. Sie sei ungeachtet der Ehe beruflich voll integriert und verfüge über ein ihren persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechendes adäquates Einkommen, das ihren Lebensverhältnissen vor der Ehe entspreche. Zudem verfüge die Antragsgegnerin über ein Vermögen in Höhe von ca. 55.000 € aus dem Zugewinnausgleich.
8
Bei Abwägung all dieser Umstände erscheine eine zeitlich unbegrenzte Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig. Es sei deswegen geboten, den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin auf insgesamt sieben Jahre, also bis Ende Juli 2011, zu begrenzen. Dabei seien Ehedauer und Übergangszeit nicht schematisch im Sinne einer zeitlich sich entsprechenden Dauer zu verbinden. Vielmehr sei darauf abzustellen, welche Zeit der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung benötige, um sich auf die anschließende Kürzung des Unterhalts einzustellen. Im vorliegenden Fall erscheine trotz der langen Ehedauer eine siebenjährige Zeitspanne angemessen.
9
Zum gleichen Ergebnis gelange man auch nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB und der danach gebotenen Begrenzung des eheangemessenen Unterhalts. Zwar müsse der Antragsgegnerin stets der angemessene Bedarf von derzeit 1.000 € verbleiben. Diesen Bedarf könne sie allerdings in vollem Umfang durch ihr eigenes Einkommen decken.
10
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

II.

11
Gegen die vom Berufungsgericht ausgesprochene Begrenzung des Aufstockungsunterhalts auf die Zeit bis zum 31. Juli 2011 ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
12
1. Schon aus der Entstehungsgeschichte der Vorschriften des § 1573 Abs. 5 und des § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB folgt, dass der nacheheliche Unterhalt in erster Linie ehebedingt entstandene Nachteile des unterhaltsberechtigten Ehegatten ausgleichen will.
13
Allerdings verschafft der Aufstockungsunterhalt dem unterhaltsberechtigten Ehegatten schon dem Grunde nach einen Anspruch auf Teilhabe an dem während der Ehe erreichten Lebensstandard (BVerfG FamRZ 1981, 745, 750 f.). Insoweit unterscheidet er sich von anderen Tatbeständen des nachehelichen Unterhalts, wie dem Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB (vgl. insoweit BVerfG FamRZ 2007, 965, 971), dem Unterhaltsanspruch bis zur Erlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nach § 1574 BGB oder dem Ausbildungsunterhalt nach § 1575 BGB, die im Ansatz auf den Ausgleich ehebedingter Nachteile abstellen (vgl. BT-Drucks. 7/4361 S. 15).
14
Gleichwohl sah das durch das 1. EheRG eingeführte Unterhaltsrecht ursprünglich keine ausdrückliche Befristungsmöglichkeit und auch kaum Raum für Billigkeitsabwägungen vor. Schon seinerzeit wurde jedoch ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen als mit dem Grundsatz der Eigenverantwortung nach § 1569 BGB unvereinbar kritisiert. Vor allem in Fällen, in denen der unterhaltsberechtigte Ehegatte durch die Ehe keine nennenswerten beruflichen Nachteile erlitten hatte und die Ehe nicht von längerer Dauer war, wurde eine zeitlich unbegrenzte Lebensstandardgarantie als unbillig empfunden (Griesche in FamGb [1992] § 1578 Rdn. 58). Um sol- che Unbilligkeiten im Einzelfall ausschließen zu können, hat der Gesetzgeber bereits durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 in § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB eine Möglichkeit zur Begrenzung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen eingeführt (BT-Drucks. 10/2888, S. 18; vgl. auch Dose, Ausgewählte Fragen der Unterhaltsreform FamRZ 2007, 1289, 1293).
15
Außerdem war seinerzeit wegen der ungünstigen Entwicklung am Arbeitsmarkt weit häufiger und für längere Zeiträume Unterhalt wegen Arbeitslosigkeit nach § 1573 Abs. 1 BGB und Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zugesprochen worden, als es der Gesetzgeber vor Inkrafttreten des 1. EheRG vorausgesehen hatte (Griesche in FamGb [1992] § 1573 Rdn. 42). Dadurch hatten der Unterhalt wegen Arbeitslosigkeit und der Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 1 und 2 BGB) eine Bedeutung erlangt, die dem Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit in § 1569 BGB widersprach. Weil diese Rechtswirklichkeit mit der Sicherung des angemessenen Unterhalts als vorrangigem Ziel des nachehelichen Unterhalts nur noch schwer vereinbar war, führte der Gesetzgeber neben der Möglichkeit zur Begrenzung des Unterhalts nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB auch die Möglichkeit zur zeitlichen Befristung der Ansprüche auf Arbeitslosen- und Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 5 BGB) ein (BT-Drucks. 10/2888, S. 18).
16
Beide Vorschriften sollen nach dem Willen des Gesetzgebers unbillige Ergebnisse durch einen lebenslangen Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen verhindern und somit auch den Widerspruch zwischen dem Grundsatz der nachehelichen Eigenverantwortung und dem Zweck des Aufstockungsunterhalts lösen.
17
2. Nach dem Wortlaut des § 1573 Abs. 5 BGB kann u.a. der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zeitlich begrenzt werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Dies gilt in der Regel nicht, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. Die Zeit der Kindeserziehung steht dabei der Ehedauer gleich.
18
a) Trotz dieses Wortlauts scheidet eine Befristung des Aufstockungsunterhalts nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des Senats nicht schon allein wegen einer langen Ehedauer aus, auch wenn diese mehr als 20 Jahre beträgt.
19
Zwar hat § 1573 Abs. 5 BGB als unterhaltsbegrenzende Norm Ausnahmecharakter und findet deswegen vor allem bei kurzen und kinderlosen Ehen Anwendung. Die Vorschrift ist allerdings nicht auf diese Fälle beschränkt. Denn das Gesetz legt in § 1573 Abs. 5 BGB, ebenso wie in § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB, keine bestimmte Ehedauer fest, von der ab eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nicht mehr in Betracht kommt. Wie der Senat inzwischen mehrfach ausgeführt hat, widerspräche es auch dem Sinn und Zweck des § 1573 Abs. 5 BGB, den Billigkeitsgesichtspunkt "Dauer der Ehe" im Sinne einer festen Zeitgrenze zu bestimmen, von der ab der Unterhaltsanspruch grundsätzlich keiner zeitlichen Begrenzung mehr zugänglich sein kann. Vielmehr stellt das Gesetz die Ehedauer als Billigkeitsgesichtspunkt gleichrangig neben die "Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit". Bei der Billigkeitsabwägung sind zudem die Arbeitsteilung der Ehegatten und die Ehedauer lediglich zu "berücksichtigen"; jeder einzelne Umstand lässt sich also nicht zwingend für oder gegen eine Befristung ins Feld führen. Zudem beanspruchen beide Aspekte , wie das Wort "insbesondere" verdeutlicht, für die Billigkeitsprüfung keine Ausschließlichkeit (Senatsurteile vom 23. Mai 2007 - XII ZR 254/04 - FamRZ 2007, 1232, 1236, vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 799 f., vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 190/03 - FamRZ 2007, 200, 203 und vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007).
20
Die zeitliche Begrenzung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB setzt somit - wie die Begrenzung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB - stets eine individuelle Billigkeitsabwägung voraus, die alle Umstände des Einzelfalles einbezieht. Das Ergebnis dieser Billigkeitsabwägung kann deswegen auch bei länger als 20 Jahre andauernden Ehen zu einer Begrenzung des nachehelichen Unterhalts führen, während sie bei erheblich kürzeren Ehen aus anderen Gründen ausgeschlossen sein kann (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007).
21
b) In seiner neueren Rechtsprechung stellt der Senat im Einklang damit und mit dem vorrangigen Zweck des nachehelichen Unterhalts nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer, sondern darauf ab, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz , die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründen könnte, als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen kann (zur Entwicklung der Rechtsprechung vgl. Dose FamRZ 2007, 1289, 1294 f.). Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB bietet deswegen keine - von ehebedingten Nachteilen unabhängige - Lebensstandardgarantie im Sinne einer fortwirkenden Mitverantwortung. Ist die nacheheliche Einkommensdifferenz nicht auf ehebedingte Nachteile, sondern darauf zurückzuführen , dass beide Ehegatten schon vorehelich infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten, kann es im Einzelfall dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nach einer Übergangszeit zu- mutbar sein, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den er auch ohne die Ehe erreicht hätte (BT-Drucks. 10/2888, S. 19).
22
c) Die Begrenzung des Aufstockungsunterhalts aus Billigkeitsgründen nach § 1573 Abs. 5 BGB setzt nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist. Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände bereits eingetreten oder zuverlässig voraussehbar sind, ist eine Entscheidung über eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung nach § 323 Abs. 2 ZPO vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren zu treffen (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 798 f.). Ob die für eine Begrenzung ausschlaggebenden Umstände allerdings bereits im Ausgangsverfahren zuverlässig vorhersehbar sind, lässt sich nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beantworten (vgl. Senatsurteile vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1008 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 800 einerseits sowie Senatsurteile vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 190/03 - FamRZ 2007, 200, 204 und vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232, 1236 andererseits).
23
d) Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 800 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall.
24
2. Auf der Grundlage dieser neueren Rechtsprechung des Senats hat das Berufungsgericht zu Recht entscheidend auf die Fortdauer ehebedingter Nachteile abgestellt und in diesem Zusammenhang die Ehedauer von 20 Jahren und 5 Monaten berücksichtigt.
25
a) Soweit das Berufungsgericht im Rahmen seiner Billigkeitsentscheidung zu dem Ergebnis gelangt ist, ehebedingte Nachteile der Antragsgegnerin seien schon jetzt nicht mehr ersichtlich, wendet sich die Revision dagegen ohne Erfolg. Insbesondere hat das Berufungsgericht zu Recht berücksichtigt, dass die Ehe der Parteien kinderlos geblieben ist und die Antragsgegnerin bei Rechtshängigkeit der Scheidung erst das 41. Lebensjahr vollendet und eine Vollzeittätigkeit in dem vor der Ehe ausgeübten Beruf übernommen hatte. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin entgegen den Feststellungen des Berufungsgerichts jetzt weniger verdient, als sie ohne die Ehe verdient hätte, sind nicht ersichtlich, zumal sie auch während der Ehe ständig, wenn auch nur halbschichtig, berufstätig war. Damit ist das nacheheliche Einkommensgefälle der Parteien nicht auf ehebedingte Nachteile, sondern auf den schon vorehelich bestehenden unterschiedlichen Ausbildungsstand der Parteien zurückzuführen.
26
b) Auch soweit das Berufungsgericht den Aufstockungsunterhalt auf die Dauer von sieben Jahren begrenzt hat, hält dies den Angriffen der Revision stand.
27
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss sich die Übergangszeit vom Wegfall ehebedingter Nachteile bis zum Fortfall des Unterhaltsanspruchs aus § 1573 Abs. 2 BGB nicht schematisch an der Ehedauer orientieren. Vielmehr findet die Übergangszeit ihren Grund darin, dass der Unterhaltsberechtigte nach der Ehescheidung Zeit benötigt, um sich auf die Kürzung des eheangemessenen Unterhalts einzustellen (Senatsurteil vom 9. Juli 1986 - IVb ZR 39/85 - FamRZ 1986, 886, 889). Zwar kann auch dabei die Dauer der Ehe nicht völlig unberücksichtigt bleiben; auch bei sehr langer Ehedauer wird es dem Unterhaltsberechtigten aber in Fällen wie dem hier vorliegenden regelmäßig möglich sein, seine persönlichen und finanziellen Verhältnisse auf die Einkünfte einzurichten, die er ohne die Unterhaltsleistung des geschiedenen Ehegatten zur Verfügung hat.
28
Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist die vom Berufungsgericht ausgesprochene siebenjährige Übergangszeit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit das Berufungsgericht in seiner Billigkeitsentscheidung auch den nicht unerheblichen Zugewinnausgleich der Antragsgegnerin berücksichtigt hat, ist sie dadurch nicht unzulässig beschwert. Zwar wurden die daraus erzielbaren Zinseinkünfte schon bei der Bemessung des Aufstockungsunterhalts berücksichtigt , was einer zusätzlichen Berücksichtigung des Vermögensstamms im Rahmen der Billigkeitsentscheidung aber nicht entgegensteht. Außerdem hat das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen, dass die Antragsgegnerin aus einer vorweggenommenen Erbfolge ein Vermögen in Höhe von mehr als 130.000 € erworben hatte, woraus sie ebenfalls unterhaltsrelevante Einkünfte erzielen kann. Jedenfalls um diesen Betrag übersteigt das Vermögen der Antragsgegnerin dasjenige des Antragstellers aus seinem ehezeitlichen Zugewinn. Unter Berücksichtigung dieses unstreitigen Sachverhalts erzielt die Antragsgegnerin jedenfalls keine deutlich geringeren Einkünfte als der Antragsteller.
29
c) Soweit die Revision schließlich rügt, das Berufungsgericht habe im Rahmen seiner Hilfserwägung den angemessenen Lebensbedarf der Antragsgegnerin nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht individuell ermittelt, sondern sich auf die Sicherung des allgemein angemessenen Bedarfs beim Ehegattenunterhalt in Höhe von 1.000 € beschränkt, trifft dies nicht zu.
30
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erzielt die Antragsgegnerin gegenwärtig Einkünfte, die sie auch ohne ihre Ehe in gleicher Höhe erzielt hätte. Damit steht zugleich fest, dass sie jetzt Einkünfte erzielt, die ihrem angemessenen Lebensbedarf im Sinne des § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Dose

Vorinstanzen:
AG Siegen, Entscheidung vom 04.03.2004 - 15 F 1468/02 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 10.12.2004 - 13 UF 165/04 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.