Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 11. Juni 2015 - 2 U 136/14

bei uns veröffentlicht am11.06.2015

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 15.10.2014 wird, auch im Umfang der berufungsrechtlichen Hilfsanträge,

z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 35.000,00 EUR

Gründe

 
I.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sie hat der Sache nach jedoch keinen Erfolg.
A
Zum einen wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zusammenfassend und ergänzend:
Die Klägerin erstrebt mit der vorliegenden Klage, sich wieder von einem mit dem Beklagten auf dessen Abmahnung hin geschlossenen Unterlassungsverpflichtungsvertrag zu lösen.
Die Klägerin ist Inhaberin einer stationären Apotheke und zugleich von 5 Domains, über welche sie im Wege des ihr erlaubten Versandhandels nicht verschreibungspflichtige Medikamente vertreibt. Mit diesen Domains ist sie auch gelistet in einem Vergleichsportal „m... .de“, in welchem sich das Ranking zunächst aus der Preisgünstigkeit ergibt, bei Preisgleichheit ergänzend durch Kundenbewertungen. Durch diesen Fünffachauftritt gelang es der Klägerin, in diesem Preisvergleichsportal unter den ersten 8 gelisteten Apotheken 5-mal ausgewiesen zu werden.
Darin hatte der nun beklagte Verband einen Wettbewerbsverstoß gesehen und die Klägerin deshalb am 22.08.2013 unter anderem dahin abgemahnt (K 3 = Bl. 26):
„Sie werben im INTERNET auf dem Preisvergleichsportal www.m... .de für Ihr Apothekensortiment in der Weise, dass Sie dort unter verschiedenen Bezeichnungen und Domains sowie mit verschiedenen Preisangaben für ein und dasselbe Präparat auftreten. So haben Sie beispielsweise am 8. August 2013 für das Mittel "G... extra 240 mg Filmtabletten 80 Stück" Preise von 52,76 EUR (a... .com) 52,77 EUR (a...-g... .de), sowie dreimal 52,97 EUR (a...d... .com, a...s... .de, i... eu) angegeben. Im Ergebnis erscheint Ihre Apotheke dann auf dem Preisvergleichsportal unter den ersten acht gelisteten Apotheken fünf Mal. Ein solches Geschäftsgebaren ist unlauter im Sinne von § 3 UWG, denn es verstößt gegen § 4 Nr. 10 UWG. Dadurch dass Sie mit den verschiedenen Shopseiten, die Sie führen, die Spitzenplätze der Rangliste besetzen, behindern Sie gezielt Ihre Mitbewerber.
Damit verhalten Sie sich wettbewerbswidrig. Wir fordern Sie auf, eine rechtsverbindliche Unterlassungserklärung bis ... abzugeben. ..."
Dies tat die Klägerin am 29.08.2013, allerdings nicht unter Verwendung der der Abmahnung beigefügten Unterlassungserklärung des Beklagten, sondern einer modifizierten, die ansetzte mit (K 4 = Bl. 29):
10 
"... ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage, unter dem auflösenden Vorbehalt einer Änderung der Rechtslage oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung, gleichwohl rechtsverbindlich, ... es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen,
als Inhaber einer Versandhandelserlaubnis für Arzneimittel unter Angabe verschiedener Bezeichnungen und/oder Domains, deren Inhaber die [Klägerin] ist, für identische Arzneimittel auf Preisvergleichsportalen, insbesondere dem Preisvergleichsportal www.m... .de Arzneimittel zur Abgabe im Fernabsatz mit verschiedenen Preisangaben zu werben."
11 
Zugleich versprach die Klägerin die Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 166,60 EUR, welche sie auch erbrachte.
12 
Am 08.08.2014 ließ die Klägerin u.a. erklären (K 6 = Bl. 32/33):
13 
"... Sie haben dies als Verstoß gegen § 4 Ziff.10 UWG tituliert. Unsere Mandantin hat darauf im Vertrauen, dass Ihre Angaben richtig sind, eine Unterlassungserklärung abgegeben.
14 
Diese fechte ich für unsere Mandantin zunächst wegen arglistiger Täuschung an. Tatsächlich ist ein Verstoß gegen § 4 Ziff. 10 UWG nicht ansatzweise erkennbar. Unsere Mandantin weist auf ihr eigenes, attraktives, auf verschiedenen Seiten unterbreitetes Angebot hin. Sie hat ausschließlich ein Eigenförderungsinteresse. Schon durch die Anfechtung ist der Unterlassungsvertrag hinfällig. Da von Anfang an kein Grund für die Abgabe einer Unterlassungserklärung bestand, kündigen wir diese ... auch aus wichtigem Grund. Unsere Mandantin hätte auch einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrages nach §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB, da jedenfalls fahrlässig über die Rechtslage getäuscht wurde (vgl. nur Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 12 Rdnr. 1.165) ... "
15 
Mit diesem Rechtsansatz hat die Klägerin mit ihrem im Kern zweitinstanzlich gleichgerichteten Antrag in I. Instanz die Loslösung von ihrer eingegangenen vertraglichen Verpflichtung begehrt - nur die Hilfsanträge (Berufungsantrag Ziff. 1 a) und Ziff. 2.) werden erstmals in II. Instanz in das Verfahren eingeführt.
16 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, im Wesentlichen damit begründet, dass die Klägerin allenfalls einem rechtlich unbeachtlichen Irrtum im Beweggrund über die Abgabe der Unterlassungserklärung erlegen sei; für einen im Rahmen des § 123 BGB erforderlichen Täuschungsvorsatz fehle zudem hinreichender Anhalt. Letztlich habe die Klägerin den Rechtsstandpunkt der Beklagten auch nicht widerstandslos übernommen, sondern eine eigenformulierte Erklärung abgegeben und sich danach ohne weiteren Rechtsklärungswillen bindend verpflichtet. Zwar könne ein Unterlassungsvertrag als Dauerschuldverhältnis außerordentlich gekündigt werden, wenn dem Schuldner die weitere Erfüllung unter Berücksichtigung und Abwägung aller Umstände nicht (mehr) zugemutet werden könne. Die Vereinbarung eines einseitigen Kündigungsrechts könne regelmäßig nur bei einer aus der Risikosphäre der anderen Partei stammenden Änderung des Vertragsverhältnisses infrage kommen. Eine aus der Risikosphäre des Beklagten stammende nachträgliche Änderung der Vertragsgrundlage sei nicht gegeben. Da sich insbesondere in der Rechtsprechung, aber auch in der Literatur keine Meinung zu der vorliegend betroffenen Fallgestaltung herausgebildet habe, könne auch die Änderung der Gesetzes- oder Rechtslage nicht als Kündigungsgrund fruchtbar gemacht werden. Auch das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sei der Klägerin nicht behilflich. Der Unterlassungsvertrag schaffe eine abstrakte Unterlassungsverpflichtung, die in ihrem Bestand nicht davon abhängig sei, dass das fragliche Verhalten auch mithilfe eines gesetzlichen Unterlassungsanspruchs durchgesetzt werden könnte. Die Klägerin habe selbst, die der Abmahnung beigefügte Formulierungshilfe ablehnend, ihre Erklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, aber dennoch als rechtsverbindlich abgegeben, damit zum Ausdruck gebracht, dass sie ihr Verhalten nicht für wettbewerbswidrig erachte, sich aber ohne weitere Rechtsklärung gleichwohl binden wolle. Die Wirkung der Lösung vom Vertrag ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsabschluss. Zwar könne sich ein solcher Anspruch unter Umständen dann ergeben, wenn sich der Schuldner aufgrund einer fahrlässig falschen Darstellung des Gläubigers zur Unterlassung verpflichtet habe. Dies setze aber das Bestehen besonderer Sorgfaltspflichten und deren Verletzung voraus, wofür eine objektiv unbegründete Abmahnung für sich noch nicht ausreichend sei. Dies gelte, solange - wie hier - sich die Abmahnung in der Darstellung der eigenen Sicht erschöpfe. Der Beklagte habe auch nicht über seine Prozessführungs-/Antragsbefugnis getäuscht, was die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ohnehin nicht dargelegt, im Übrigen im nicht nachgelassenen Schriftsatz auch nicht veranschaulicht habe. Auch das Kartellrecht gebiete keine Aufhebung eines auf die Unterlassung von wettbewerbskonformem Verhalten gerichtete Vereinbarung; eine solche Wettbewerbsbeeinträchtigung müsse spürbar sein, woran es fehle. Diese Rechtswirkungen führten auch dazu, dass die bezahlte Abmahnpauschale nicht zurückzuerstatten sei.
17 
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin,
die unter vertiefender Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und den damit verbundenen Wertungen erneut auf jene Angriffspunkte abstellt, welche nachfolgend im Einzelnen abgehandelt werden; ergänzend führt sie erstmals Hilfsanträge ein.
18 
Die Klägerin beantragt:
19 
1. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Ulm vom 15.10.2014, Az. 10 O 70/14 KfH, wird
20 
a) der Beklagte verurteilt, der rückwirkenden Auflösung des am 29.08.2013/02.09.2013 zwischen den Parteien geschlossenen Unterlassungsvertrages zuzustimmen;
21 
b) hilfsweise: festgestellt, dass die Erklärung der Klägerin vom 29.08.2012 (Anlage K 4) durch Anfechtung vom 08.08.2014 erloschen ist;
22 
c) der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 166,60 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
23 
2. Hilfsweise:
24 
Es wird festgestellt, dass die Klägerin berechtigt ist, im geschäftlichen Verkehr unter Angabe verschiedener Bezeichnungen und/oder Domains, deren Inhaberin die Klägerin ist, auf Preisvergleichsportalen, insbesondere dem Preisvergleichsportal „m... .de“, für identische Produkte mit verschiedenen Preisangaben zu werben.
25 
Der Beklagte beantragt:
26 
die Berufung zurückzuweisen.
27 
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.
28 
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).
B
1.
a)
aa)
29 
Das Landgericht hat, wenngleich es auf US 14 die Wertung ausgesprochen hatte: „Denn gegen § 4 Nr. 10 UWG verstößt das beanstandete Verhalten der Klägerin nicht“, diese Urteilspassage aufgehoben mit: „Die Frage der Wettbewerbswidrigkeit oder Wettbewerbsgemäßheit des beanstandeten Verhaltens kann jedoch dahingestellt bleiben“.
30 
Auch der Senat ist nicht aufgerufen, letztlich zu entscheiden, ob die Abmahnung berechtigt war, weil sie durch einen gesetzlichen Unterlassungsanspruchs gedeckt gewesen war.
bb)
31 
Allerdings erscheinen ihm einige Überlegungen angezeigt, welche belegen, dass für die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gewisse Erwägungen sprachen, welche die Abmahnung nachvollziehbar erscheinen lassen und ihr den Makel nehmen, in einem solchen Maße unvertretbar gewesen zu sein, dass ihr die Berechtigung gänzlich abgeht, was Aufschlüsse über Verschuldensgrade auf Beklagtenseite oder gar deren Täuschungsvorsatz zu geben geeignet sein könnte (vgl. dazu, dass auf innere Vorgänge als dem Beweis nur schwer zugängliche Tatsachen regelmäßig nur aus objektiven Umständen geschlossen werden kann: BGH WM 2013, 333 [Tz.31]).
b)
aa)
32 
§ 4 Nr. 10 UWG erfasst auch die Behinderung von Werbung (Jänich in Münchner Kommentar-LauterkeitsR, 2. Aufl. [2014], § 4 Nr. 10, 29; Peifer in GK-UWG, 2. Aufl. [2013], § 4 Nr. 10, 372 und 378; Hasselblatt in Gloy/Loschelder/Erdmann, UWG, 4. Aufl. [2010], § 57, 124). Dies kann für ein Internetprogramm gelten, das unmittelbar darauf gerichtet ist, Werbemaßnahmen von Wettbewerbern zu behindern (BGH GRUR 2004, 877 [juris Tz. 30] - Werbeblocker; Jänich a.a.O. 29; Götting in Fezer, UWG, 2. Aufl. [2010], § 4 -10, 143; Mankowski in Fezer a.a.O. § 4-S12, 88). § 4 Nr. 10 UWG richtet sich auch gegen die Behinderung der Sichtbarkeit am Markt (Peifer in GK-UWG a.a.O. § 4 Nr. 10, 35). Die gezielte, unmittelbare Vereitelung fremder Werbung ist immer wettbewerbswidrig (Jänich a.a.O. 29; Hasselblatt a.a.O. § 57, 126). Bei einer nur mittelbaren Beeinträchtigung ist auf die Einzelumstände abzustellen (BGH a.a.O. [juris Tz. 38] - Werbeblocker; Hasselblatt a.a.O. § 57, 126). Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (BGH U. v. 12.03.2015 – I ZR 188/13 [Tz. 16] – Uhrenankauf im Internet).
bb)
33 
So ist als unlauter angesehen worden das Abfangen von Kunden, indem sich der Werbende zwischen den Mitbewerber und den Kunden stellt, um diesem eine Änderung des Kaufentschlusses aufzudrängen (Jänich a.a.O. § 4 Nr. 10, 25). Diesem körperlichen (analogen) Dazwischentreten können digitale Manipulationen vergleichbar sein wie Abfangpraktiken im Telekommunikationsbereich (Jänich a.a.O. § 4 Nr. 10, 27) oder das sog. Keyword-Buying, indem der Wettbewerber von der Trefferliste einer Suchmaschine praktisch verdrängt wird (Jänich a.a.O. § 4 Nr. 10, 73). Das entscheidende Argument für die Unlauterkeit liegt hierbei darin, dass dem Markt Kommunikationsmöglichkeiten vorenthalten werden. Für diese Konfliktsituationen haben die Gerichte im Umfeld von Suchbegriffen im Internet eine einfache Faustformel formuliert: Dem Markt hilft es, wenn die Aufmerksamkeit auf weitere Informationen hingelenkt, es hilft ihm nicht, wenn die Aufmerksamkeit von Informationen abgelenkt wird (Peifer a.a.O. § 4 Nr. 10, 373). Ein unlauteres Abfangen von Kunden läge nur vor, wenn dem Nutzer die Möglichkeit eines sachlichen Leistungsvergleichs genommen würde. Der Internet-Nutzer ist aber daran gewöhnt, dass Suchergebnisse eine zufällige Auswahl darstellen und muss daher seinerseits die Auswahl zwischen den angezeigten Websites treffen. Die Schwelle zur Unlauterkeit soll allenfalls dann überschritten sein, wenn ein Unternehmer Metatags oder Schlüsselwörter im Text so massiv einsetzt, dass Suchmaschinen überflutet werden und auf den ersten Plätzen nur noch Links anzeigen, die auf die Website des Unternehmers verweisen (Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl. [2014], § 4, 10/53 a). Beim word stuffing kann ein zusätzlicher Unwert hinzutreten, wenn das Schlüsselwort vielfach in den Quellcode oder in den Text der Website platziert wird. Denn solche zahlenmäßige Dominanz soll Suchmaschinen veranlassen, die Website wegen der häufigen Nennung des Suchworts vorn in die Trefferliste aufzunehmen. Darin liegt eine besondere Wettbewerbsbehinderung. Die Suchmaschinen werden nachgerade systematisch überflutet (Mankowski in Fezer a.a.O. § 4-S12, 98).
c)
34 
Vorliegend geht es nicht darum, der Klägerin die Werbung mit der Günstigkeit ihrer Angebote als Versandapotheke über ihren Onlineshop zu verbieten. Dieses Eigenförderungsinteresse ist schutzwürdig als Merkmal der freien Marktwirtschaft. Vorliegend geht es um die künstliche Vervielfältigung des nämlichen, weil einzigen Angebotes unter unterschiedlichen Domains, womit - bei Günstigkeit des einen Angebots - dieses Angebot unter Anführung mehrerer Onlineshops in der Liste der Suchergebnisse ganz oben und mehrfach auftaucht, wodurch die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass der Kunde unter mehreren gleichen Angeboten eines der mehreren Domains der Klägerin aufruft, die alle nur zu diesem Anbieter führen. Diese vorgetäuschte Anbietervermehrung mag auch deshalb bedenklich erscheinen, da Apotheker einer zahlenmäßigen Beschränkung hinsichtlich der von ihnen führbaren Betriebsstätten unterliegen. So bedarf nach § 1 Abs. 2 ApoG einer Erlaubnis, wer eine Apotheke und bis zu drei Filialapotheken betreiben will. Nach § 2 Abs. 4 und Abs. 5 ApoG ist der Betreiber mehrerer öffentlicher Apotheken Erlaubnisvorbehalten unterworfen, auch sind gewisse Beteiligungen an Apotheken als stiller Gesellschafter gemäß § 8 ApoG verboten. Das Gesetz will verhindern, dass ein Apotheker (wirtschaftlich) eine Apothekenkette eröffnet und unterhält. Wenn ein Versandapotheker seinen Betrieb in mehrere Onlineshops aufspreizt und so als (scheinbarer) Mehrfachanbieter seine Chancen erhöht, die jeweiligen Nachfragen abzufischen, nähert sich dieses Vermarktungskonzept der Unterhaltung einer Apothekenkette an. Verräterisch ist insoweit die Argumentation der Klägerin in der Berufungsbegründung selbst, wenn sie ausführt: „Führen zwei Apotheken ein Produkt zum selben Preis, wird der Anbieter mit der besseren Kundenbewerbung in der Ergebnisliste an vorderer Position geführt“ (Bl. 170), was dem Nachfrager nur hilfreich sein könne. Hier aber gelangen nicht mehrere, sondern eben nur eine Apotheke bei Günstigkeit in die Spitzengruppe der Trefferliste. Das Vorgehen der Klägerin zu Ende gedacht, führt dies - wie auch der Beklagte aufzeigt - dazu, dass jeder Wettbewerber immer mehr Domains generiert, unter denen er das identische Angebot präsentiert, nur um im Wettlauf um viele vordere Plätze im Ranking der jeweiligen Suchmaschine mit dabei zu sein. Die Suchmaschinen werden geflutet mit einer Fülle von scheinbar unterschiedlichen Anbietern. Durch eine solche Angebotsverstopfung wird die Informationsfunktion solcher Internetportale unterlaufen, gar lahmgelegt im Sinne eines reinen Ellenbogenwettbewerbs, bei welchem Verbraucherinteressen gänzlich ins Hintertreffen geraten.
d)
35 
Ob dieses von der Klägerin gewiss bewusst und zielgerichtet eingesetzte Marketinginstrument der künstlichen Mehrung ihrer Repräsentanz in der Ergebnisliste der Suchmaschine, womit zugleich Einmalanbieter in ihren Absatzchancen statistisch und damit faktisch benachteiligt werde, den Tatbestand des § 4 Nr. 10 UWG erfüllt, muss der Senat nicht entscheiden. Die vorstehenden Erwägungen zeigen aber, dass die rechtliche Subsumption des Beklagten in der Abmahnung, es liege ein solcher Verstoß vor, nicht von vornherein von der Hand zu weisen ist, und einer, der solches gleichwohl abmahnend angeht, sich nicht in die Nähe eines leichtfertigen, mutwilligen oder gar vorsätzlich täuschenden Verwarners begibt.
2.
36 
Anfechtung.
a)
37 
§ 123 BGB.
aa)
(1)
38 
Eine Anfechtung gemäß § 123 Abs. 1 BGB setzt eine zur Täuschung geeignete Handlung voraus, die beim Adressaten eine Fehlvorstellung über Tatsachen oder Bewertungen hervorrufen kann (vgl. allg. Ellenberger in Palandt, BGB, 74. Aufl. [2015], § 123, 2 f.), zudem ist ein Bewusstsein des Täuschenden gefordert, dass der Partner ohne die Täuschung die Willenserklärung möglicherweise nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt abgegeben hätte, wofür bedingter Vorsatz ausreicht (BGH NJW 2000, 2497, 2499).
(2)
39 
Einen solchen Irrtum hat die Klägerin zu beweisen (BGH VersR 2012, 615 [Tz. 8]), ebenso wie sämtliche Voraussetzungen der Arglist (BGH NJW 2014, 3296 [Tz. 13]).
(3)
40 
Mit einer erfolgreichen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung kann mithin auch ein Unterwerfungsvertrag aufgelöst werden (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. [2015], § 12, 1.165; Brüning in Hartl/Henning, UWG, 3. Aufl. [2013], § 12, 154; Achilles in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 7. Aufl. [2013], Kap. 8, 45; Feddersen in GK-UWG, 2. Aufl. [2015], § 12, B 157; OLG Köln NJW-RR 1987, 360).
bb)
(1)
41 
Die Klägerin hat schon nicht hinreichend dargelegt geschweige denn bewiesen, dass sie durch die Abmahnung getäuscht worden sei.
42 
In einer Abmahnung liegt, wie jedenfalls ein Kaufmann wie die Klägerin weiß oder zumindest wissen muss, nur die Mitteilung einer Rechtsbewertung wie in jedem Schreiben, in welchem sich jemand gegenüber einem anderen eines Anspruchs berühmt, und nicht die Verlautbarung einer unverbrüchlichen Rechtsposition. Daran ändert nichts, dass es sich bei dem Beklagten um einen Verband mit einer Rechtsabteilung handelt, bei der eine sorgfältige Aufbereitung der Rechtsfrage auch beim Adressaten des Abmahnschreibens erwartet werden kann. Der im Geschäftsleben tätige Kaufmann weiß, dass ein Forderungsschreiben selbst einer rechtlich beratenen Partei nicht unfehlbar und - solches tut die Klägerin nun auch mit der Anfechtung des Unterlassungsverpflichtungsvertrages - einer rechtlichen Überprüfung zugänglich ist, wie dies auch für Entscheidungen von Instanzgerichten nicht minder gilt. Eine ab-weichende Bewertung mag angezeigt sein, wenn in der Abmahnung etwa auf eine aktuelle BGH-Entscheidung verwiesen und dieser die Klärung gerade der streitbetroffenen Konstellation zugeschrieben wird. So liegt der vorliegende Fall aber nicht. Der Beklagte hat in seiner Abmahnung nur eine Rechtsbehauptung aufgestellt und sie als eigene Wertung zu erkennen gegeben. Weitere Zusätze hat jenes Abmahnschreiben nicht enthalten, aus denen die Berühmung einer eindeutigen und unzweifelhaften Rechtseinordnung hätte abgeleitet werden können. Danach geht die Behauptung der Klägerin fehl, der Beklagte habe sie in der Abmahnung irregeführt, gar arglistig getäuscht, indem er seinen Vorwurf als eine keinem Zweifel zugängliche Rechtsbewertung dargestellt hätte, der man sich nur unterwerfen konnte.
(2)
43 
Die Argumentation, die Abmahnung habe sich auf zwei Sätze beschränkt und danach mit ihrer apodiktischen Kürze den Eindruck der Alternativlosigkeit der Einschätzung erweckt, kann in dieser Allgemeinheit ebenso wenig beigetreten werden. In gleicher Weise kann einer umfänglich begründeten Abmahnung beigelegt werden, dass diese eine allumfassende und vertiefte rechtliche Aufbereitung beanspruche und danach Zweifeln, dass die Rechtseinschätzung vorläufig oder gar ungewiss sei, Schweigen gebiete. Maßgeblich bleibt immer die Verlautbarung in ihrem kommerziellen Kommunikationszusammenhang. Dass hier ein Verband die Abmahnung ausgesprochen hatte, legt - wie bereits ausgeführt - diese Erklärungen keine erhöhte Richtigkeitsgewähr bei. Auch dem Kaufmann ist bekannt, dass ein Verband nicht nur gewisse Interessen vertritt, sondern auch in seiner rechtlichen Beurteilung fehl gehen kann. Dass, nur weil die Abmahnung von einer solchen Einrichtung stammt, eine später abweichende letztinstanzliche Beurteilung ausgeschlossen sei, wird kein Kaufmann bei einer solch allgemein gehaltenen Verwarnung annehmen.
(3)
44 
Im Übrigen sind auch keine Anhaltspunkte für eine Arglist des Beklagten gegeben. Dies umso weniger, als nach den Ausführungen zu oben B 1 die in der Abmahnung vorgenommene rechtliche Einordnung nicht als abwegig oder zumindest als so fragwürdig eingeschätzt werden kann, dass sich daraus ein Rückschluss darauf ergäbe, dass der Beklagte die Unrichtigkeit seiner Rechtsberühmung kannte oder zumindest für nahe liegend gehalten hatte.
b)
45 
Einen Anfechtungstatbestand gemäß § 119 BGB (vgl. hierzu Feddersen a.a.O. § 12 B, 157) hat das Landgericht bereits zutreffend verneint. Denn irrt sich der Schuldner über die Rechtswidrigkeit des abgemahnten Verhaltens, so liegt darin lediglich ein unbeachtlicher Motivirrtum (Schleswig OLG-Report 2002, 9 [juris Tz. 40]; Feddersen a.a.O. § 12 B, 157; Brüning a.a.O. § 12, 155).
46 
Darauf kommt die Berufung denn auch nicht mehr zurück.
3.
47 
Dass die Voraussetzungen des von der Klägerin selbstständig in ihre Unterwerfungserklärung aufgenommenen Vorbehaltes (Änderung der Rechtslage oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung) eingetreten wären (vgl. hierzu Bornkamm a.a.O. § 12, 1.160; Ottofülling in MünchKomm-LauterkeitsR, 2. Aufl. [2014], § 12, 220; Ohly a.a.O. § 8, 60; Achilles a.a.O. Kap. 8, 46), ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Wie aufgezeigt hat sich zu dieser Fallgestaltung keine, schon keine eindeutige Rechtsmeinung herausgebildet. Danach konnte sie auch keiner Änderung unterliegen (vgl. auch Ottofülling a.a.O. § 12, 221). Dies nimmt die Berufung auch nicht in Anspruch.
4.
48 
Rückgängigmachung des Unterwerfungsvertrages wegen culpa in contrahendo.
a)
49 
Zwar wird angenommen, dass, hat der Gläubiger nur fahrlässig gehandelt, dem Schuldner wegen Verschuldens bei Vertragsschluss ein Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrages (§§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB) zusteht (Bornkamm in Köhler/Bornkamm a.a.O. § 12, 1.65; OLG Frankfurt GRUR-RR 2013, 132, 134; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2011, 211, 215; Achilles a.a.O. Kap. 8, 45). Dieser Anspruch setzt jedoch voraus, dass ein Beteiligter nach Einleitung von Vertragsverhandlungen oder nach Begründung eines ähnlichen konkreten Verhältnisses Sorgfaltspflichten gegenüber einem anderen Beteiligten schuldhaft verletzt hat, die sich aus dem durch die Einleitung von Vertragsverhandlungen oder dergleichen begründeten besonderen Vertrauensverhältnis ergeben. Insoweit ist allein eine objektiv unbegründete Abmahnung für sich noch nicht ausreichend. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzukommen, insbesondere wenn dem Schuldner, zu dessen allgemeinem Lebensrisiko die Konfrontation mit unberechtigten Ansprüchen gehört, alles an die Hand gegeben wird, was er benötigt, um sich durch eigene Erkundigungen - und diese obliegen ihm selbst - über die Rechtslage zu vergewissern, statt blindlings den Aussagen zu folgen (OLG Frankfurt a.a.O. 134; Achilles a.a.O. FN 151; vgl. auch OLG Hamm MMR 2012, 538/539). Denn andernfalls würde sich jeder Schuldner, der sich im Hinblick auf eine Forderung einer Gläubigerin, die auch nur fahrlässig nicht erkannt hat, dass ihre Anspruchsberühmung objektiv unberechtigt ist, vertraglich bindet, vom Vertrag einfach wieder lossagen können. Allein die objektive Rechtslage würde über den Fortbestand des Vertrages entscheiden. Rechtlich nachteilige Verträge hätten letztlich keinen Bestand. Dies ist unvereinbar mit dem Selbstverantwortungspostulat an Wirtschaftsbeteiligte im Rahmen der freien Marktwirtschaft.
b)
50 
Vorliegend hätte die Klägerin die Berechtigung der Abmahnung klären lassen können. Dass die Klägerin darauf verzichtet hat und sich aufgrund eigener, laienhafter Sicht oder rechtlich beraten auf eine möglicherweise objektiv rechtlich nicht gebotene Verpflichtung eingelassen hat, weist allenfalls auf auf beiden Seiten bestehende Versäumnisse hin.
51 
Diese geben mangels des Hinzutretens weiterer Umstände kein einseitiges Lossagungsrecht zu Gunsten der Schuldnerin.
c)
52 
Solches wäre allenfalls denkbar, wenn der Beklagte besonderes Vertrauen der Klägerin in Anspruch genommen hätte. Dies trägt die Klägerin selbst nicht vor. Dass es sich beim Beklagten um keine Einzelperson/keinen Wettbewerber, sondern um einen Verband handelt, begründet einen solchen Ausnahmetatbestand nicht. Wie auch einem Kaufmann nicht verborgen bleiben kann, handelt es sich beim Beklagten, wie schon dessen Vorspann in der Abmahnung vom 22.08.2013 selbst ausgewiesen hat, um einen Verein, der die „gewerblichen Interessen seiner Mitglieder“ vertritt. Schon dies offenbarte, dass es die Klägerin letztlich mit Wettbewerbern, jedenfalls nicht mit einer objektiven, staatlichen Einrichtung zu tun hatte. Im Übrigen ist die Klägerin auch nicht Opfer eines Unfehlbarkeitsanscheins der Abmahnenden geworden. Sie hat - worauf der Beklagte zutreffend verweist - sich nicht blindlings oder ergeben dessen Unterlassungserklärungsentwurf unterworfen, sondern eine eigenständig und abgeändert verfasste Erklärung entgegengestellt.
5.
53 
Außerordentliches Kündigungsrecht.
a)
54 
Die Klägerin stellt auf ein außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 314 BGB ab (etwa Bl. 177) und nicht auf das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, wozu nicht nur Darlegungen hinsichtlich der Geschäftsgrundlage fehlen (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast BGH NJW 2003, 510), sondern auch weit strengere Anforderungen als bei der (bloßen) Kündigung aus wichtigem Grund gelten (BGH GRUR 2014, 797 [Tz. 23] - fishtailparka; Z 133, 316 [Tz. 41] - Altunterwerfung I).
b)
55 
Der reine Einwand unzulässiger Rechtsausübung kann auch ohne Kündigung eines Unterwerfungsvertrages der Geltendmachung eines Anspruchs aus diesem entgegengestellt werden, wenn der Anspruch dem Gläubiger aufgrund einer Gesetzesänderung unzweifelhaft, d.h. ohne weiteres erkennbar, nicht mehr zusteht (BGH a.a.O. [Tz. 23] - fishtailparka; GRUR 2001, 85 [Tz. 19] - Altunterwerfung IV; Bornkamm in Köhler/Bornkamm a.a.O. § 12, 1.164; Ottofülling a.a.O. § 12 UWG, 308; vgl. auch BGH U. v. 24.02.2015 - XI ZR 47/14 [Tz. 45]).
56 
Dafür ergibt sich nichts.
c)
aa)
57 
Der Unterlassungsvertrag kann wie jedes andere Dauerschuldverhältnis durch eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB gekündigt werden. Nach dieser Vorschrift liegt ein wichtiger Grund zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Das ist im Allgemeinen nur anzunehmen, wenn die Gründe, auf welche die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen (BGH a.a.O. [Tz. 33] - fishtailparka; BGH U. v. 24.02.2015 - XI ZR 47/14 [Tz. 45]; Büscher in Fezer a.a.O. § 8, 189; Ohly a.a.O. § 8 UWG, 61; Achilles in Ahrens a.a.O. Kap. 8, 49). Dabei kann der Wegfall des dem vertraglich vereinbarten Verbot zu Grunde liegenden gesetzlichen Unterlassungsanspruchs einen wichtigen Grund darstellen (BGH a.a.O. [Tz. 24] - fishtailparka; a.a.O. [Tz. 28] - Altunterwerfung I; Büscher a.a.O. § 8, 191 und 192; Feddersen in GK-UWG a.a.O. § 12, B, 168; Ohly a.a.O. 61; Ottofülling a.a.O. § 12, 299; Achilles a.a.O. Kap. 8, 50 und 51; vgl. auch Brüning in Harte/Henning a.a.O. § 12, 158).
bb)
58 
Eine Fallgruppe hierzu hat Sachverhalte zum Gegenstand, bei denen die Rechtslage zweifelhaft war, der Schuldner sich auf die Abmahnung des Gläubigers hin gleichwohl unterworfen hat, eine Unterlassungsvereinbarung zu Stande gekommen ist und die Zweifelsfrage nunmehr nachträglich im Sinne des Schuldners geklärt werden soll (Büscher in Fezer a.a.O. § 8, 193). Im Unterlassungsvertrag wird nur ausnahmsweise ein Vergleich zu sehen sein (vgl. hierzu Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl. [2011], Kap. 8, 5 und Kap. 20, 27: wenn bewusst gerade rechtliche Ungewissheit beseitigt werden soll; Büscher a.a.O. 193), so doch aber ein abstraktes Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis (Bornkamm a.a.O. § 12, 1.103; Teplitzky a.a.O. Kap. 8, 5 je m.N.). Schwieriger zu fassen sind derartige Kündigungsgründe jedoch, wenn die ihnen zu Grunde liegenden Umstände bereits bei Abschluss des Unterwerfungsvertrages zweifelhaft waren und der Schuldner sich dennoch unterworfen hat bzw. die Vertragsparteien sich über den Umfang des zu unterlassenden Verhaltens, gegebenenfalls sogar auf einer mittleren Linie und unter wechselseitigem Aufgeben von Rechtspositionen, geeinigt haben. Allerdings muss man im Auge behalten, dass zumindest bei üblichen Wettbewerbsstreitigkeiten derartige Unterwerfungsschuldverhältnisse selbst im Falle eines beiderseitigen Nachgebens vielfach maßgeblich von dem Willen der Vertragsparteien geprägt sind, die Rechtslage, wenn man ihr mangels hinreichender Klärung des Erlaubtseins der beanstandeten Wettbewerbshandlung schon nicht in bestimmter Richtung folgen kann, dann jedenfalls inter partes auch nicht noch aufwändig auszuprozessieren. Eine Unterwerfung in Kenntnis der Ungeklärtheit der zu Grunde liegenden Frage hat deshalb nicht zwingend zur Folge, dass darin per se ein jeder Kündigung oder Änderung entgegenstehender Grund gesehen werden kann. Dies ist vielmehr im Rahmen der ohnehin zusätzlich zu betrachtenden Zumutbarkeit zu prüfen, wobei der Umstand, dass die Vertragsbeteiligten das Ungewissheitsrisiko bewusst eingegangen sind, Anlass sein kann, der aus der Interessenlage abgeleiteten Zumutbarkeitsfrage mehr als das häufig nur schematische Augenmerk zu schenken (so Achilles a.a.O. Kap. 8, 52; vgl. auch Büscher in Fezer a.a.O. § 8, 192; Teplitzky a.a.O. Kap. 20, 24 f.; Ottofülling a.a.O. § 12, 301). Häufig wird die durch Annahme zum Unterlassungsvertrag gewordene Unterwerfungserklärung ergeben, dass, weil dieser Erklärende das Risiko einer Ablehnung der Unterwerfung wegen der bestehenden Unklarheit für so groß hält, er sich sogar zur einseitigen, gegenleistungslosen Unterwerfung bereitfindet. In diesem Falle, in dem der Rechtsgedanke des § 779 BGB mangels Nachgebens der Gegenseite unabwendbar ist, wird man billigerweise auch die Risikolage, d.h. die angenommene Möglichkeit, dass der Schuldner den Streit verlieren würde, als - ebenfalls gemeinsame - Geschäftsgrundlage der eingegangenen Verpflichtung ausreichen lassen müssen (so Teplitzky a.a.O. Kap. 20, 28). Die Annahme, in einem solchen Fall werde generell das Veränderungsrisiko auf den Schuldner verlagert, erscheint nicht angemessen; sowohl Parteiwille als auch das Postulat der Wettbewerbsfreiheit werden eher dafür sprechen, den Schuldner nicht an der Unterlassungspflicht festzuhalten. Erforderlich ist aber auch hier eine Würdigung der im Einzelfall gegebenen Umstände und Interessen (so Feddersen a.a.O. § 12, B, 168).
d)
59 
Die Umsetzung dieser Grundsätze ergibt, dass der Klägerin kein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zur Seite steht. Die Klägerin hat sich schon nicht bloß unterworfen, gleichsam widerstandslos ergeben, sondern nicht nur durch sprachkosmetische Umstellungen, vielmehr durch eine eigenverfasste und eigenkonzipierte Unterwerfungserklärung, mithin durch ein eigenes Angebot (§ 150 Abs. 2 BGB), die Gestaltung des Streitverhältnisses selbst vorgenommen. Dies spricht für eine eigene Rechts- und Risikoeinschätzung, mithin für einen Verzicht, diese Frage gerichtlich klären zu lassen. Wird dann durch Annahme der (geänderten) Unterlassungsverpflichtungserklärung ein Unterlassungsvertrag geschlossen, bei dem nicht ersichtlich ist, dass die Parteien - übereinstimmend - eine eindeutige Rechtslage voraussetzen, gilt der Grundsatz: pacta sunt servanda. Es kann nicht angehen, wird auch zur Risikominimierung, eine solche Handhabung gewählt, der Schuldnerin ein jederzeitiges Klärungsrecht zu eröffnen, ob ihre Erklärung einem gesetzlichen Unterlassungsanspruch entsprochen hat und entspricht. Ein solches Verständnis käme einer Unterlassungserklärung unter dem Vorbehalt der jederzeitigen gerichtlichen Überprüfbarkeit gleich, mithin dem Klärungsvorbehalt, ob der Gläubigeranspruch überhaupt besteht. Solche Vorbehalte mögen ausdrücklich möglich sein, falls sich der Gläubiger darauf einlässt. Sie beseitigen, bleiben sie einseitig, nicht die Wiederholungsgefahr, da sie eine schwebend unwirksame Unterwerfungserklärung schaffen. Der Unterlassungsvertrag wäre wertlos, wenn der Schuldner durch Kündigungserklärung jederzeit in eine gerichtliche Klärung der Frage und damit der Rechtsverbindlichkeit des Vertrages eintreten könnte. Dies gilt umso mehr, wenn wie aufgezeigt vieles für die Berechtigung der Abmahnung spricht, sie jedenfalls nicht greifbar unberechtigt war oder geworden ist.
e)
60 
Die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag ergibt sich auch nicht daraus, dass - wie die Klägerin nun vorträgt - andere Apotheker in ähnlicher Weise verfahren und damit die Klägerin angesichts ihrer vertraglichen Beschränkung auf die ein-Preis-eine-Domain-Regel im Wettbewerb ins Hintertreffen gerät. Zum einen hat sie sich in einer noch nicht geklärten, immer noch als rechtlich ungewiss einzuschätzenden Fallgestaltung vertraglich gebunden. Offen ist aber auch, ob das Verhalten der anderen Wettbewerber zu dulden ist und auch unbeanstandet bleiben wird. Und nicht zuletzt fällt auf, dass in den von der Klägerin insoweit nun angeführten Beispielen überwiegend nur eine Verdoppelung der Angebote durch jene Apotheker geschehen ist, während die Klägerin ein Instrument zur beliebigen Vervielfachung eines Angebots geschaffen hat.
61 
Für die Klägerin gilt die Unterlassungsvereinbarung fort.
6.
62 
Dies führt auch dazu, dass die Abmahnkosten nicht zurückzuerstatten sind.
63 
Denn werden sie - wie vorliegend - im Verbund mit einer Unterwerfungserklärung gezahlt und nicht einem isolierten Streit zugeführt, so nimmt die Zahlung am Rechtsgrund des Vertrages als Prüfstein für die endgültige Vermögenszuweisung teil.
C
64 
Erstmalige Anträge im Berufungsverfahren (Hilfsanträge).
1.
65 
Antrag Ziff. 1 b:
66 
hilfsweise: festgestellt, dass die Erklärung der Klägerin vom 29.08.2012 (Anlage K 4) durch Anfechtung vom 08.08.2014 erloschen ist.
67 
Dieser Hilfsantrag ist jedenfalls unbegründet, da, wie sich aus den vorangestellten Ausführungen ergibt, der Klägerin kein Anfechtungsrecht zur Seite steht.
2.
a)
68 
Antrag Ziff. 2:
69 
Hilfsweise:
70 
Es wird festgestellt, dass die Klägerin berechtigt ist, im geschäftlichen Verkehr unter Angabe verschiedener Bezeichnungen und/oder Domains, deren Inhaberin die Klägerin ist, auf Preisvergleichsportalen, insbesondere dem Preisvergleichsportal „m... .de“, für identische Produkte mit verschiedenen Preisangaben zu werben.
71 
Für diesen Antrag, nähme er nur das Nämliche wie Antrag Ziff. 1 a) oder b) auf und stellte er nur den Versuch einer anderen Antragsfassung für das Kernbegehren das, den Unterlassungsvertrag einvernehmlich aufzuheben oder sonst ungeschehen oder unbeachtlich zu machen, ergäbe sich die Unbegründetheit dieser weiteren Antragswendung im nur anderen Gewand ebenfalls aus dem Vorigen. Auch dieses Begehren wäre unbegründet, da die Klägerin an den Vertrag gebunden bleibt.
b)
72 
Die Klägerin will jedoch, wie sich aus der Antragsfassung ergibt (Antrag Ziff. 1 b nur erläuternd; Antrag Ziff. 2 eigenständig gehalten) und sie auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt hat, die Feststellung der Rechtmäßigkeit ihres wettbewerblichen Verhaltens trotz Bindung an den Vertrag herbeiführen. Dieses prozessuale Ansinnen ist unzulässig.
aa)
73 
Eine Klageänderung liegt in einem Hilfsantrag, mit dem ein neuer Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt werden soll (BGH NZM 2015, 196).
bb)
74 
Die Klägerin begehrt dabei auch nicht nur ein Minus. Bleibt - was Voraussetzung des Charakters dieses so verstandenen Hilfsantrages ist - das Verlangen der Beseitigung (Zustimmung zur Auflösung, Anfechtung) des Unterlassungsvertrages ohne Erfolg, so stellt die Klägerin mit diesem Hilfsantrag neben die dann gegenläufige Feststellung der Klageabweisung, nämlich dass der Vertrag Bestand hält, zusätzlich das isolierte Begehren, festgestellt zu erhalten, dass ihr Verhalten gleichwohl rechtmäßig war.
cc)
75 
Ein solch eigenständiges (Fortsetzungs-)Feststellungsinteresse stellt etwas anderes dar (nämlich Klärungsbegehren der Klägerin: ich hatte und habe eigentlich recht) als der Angriff gegen die vertragliche Bindung. Damit liegt eine Klageänderung vor, womit § 533 ZPO betroffen ist. Da nur auf Tatsachen abgestellt wird, welche auch schon in I. Instanz Streitstoff gewesen waren, gilt die weitere Schranke des § 531 ZPO (vgl. hierzu Heßler in Zöller, ZPO, 30. Aufl. [2014], § 533, 35) vorliegend nicht.
dd)
76 
Ungeachtet der Sachdienlichkeit besteht jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis an der Feststellung, dass die Klägerin zwar gegenläufig durch wirksamen Vertrag gebunden, gleichwohl ohne Vertragskündigung mit der Fortsetzung ihres Verhaltens eigentlich rechtmäßig handeln würde.
77 
Für die Klärung dieser (dann abstrakten) Rechtsfrage ist kein Rechtsschutzinteresse gegeben (BGH NZBau 2015, 229 [Tz. 17]). Damit ist dem Rechtsmittel der Klägerin auch nicht im Umfang dieses Hilfsbegehrens Erfolg beschieden.
II.
78 
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.
79 
Der Gegenstandswert wird durch den Hilfsantrag Ziff. 2 erhöht (§ 45 Abs. 1 S. 2 und 3 GKG). Denn er führt erstmals ein isoliertes und anderes Begehren in den Rechtsstreit ein. Der Senat hat das Klärungsinteresse daran mit 10.000,00 EUR veranschlagt (siehe Bl. 244).
80 
Die Rückforderung der Abmahnkosten nimmt diesen nicht deren Charakter als reine Nebenforderung, da sie nur spiegelbildlich eine Abmahnung mit Kostennote rückgängig machen möchte.
81 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat folgt ausschließlich anerkannten, auch und erst jüngst höchstrichterlich gebilligten Rechtsgrundsätzen. Die Sachbehandlung erschöpft sich einzig in deren Umsetzung auf den vorliegenden Einzelfall. Auf die Frage, ob das abgemahnte Marketinginstrument der Klägerin tatsächlich § 4 Nr. 11 oder § 5 UWG unterfällt, kommt es nicht an.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 11. Juni 2015 - 2 U 136/14

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 11. Juni 2015 - 2 U 136/14

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 11. Juni 2015 - 2 U 136/14 zitiert 23 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 8 Beseitigung und Unterlassung


(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwider

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 3 Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen


(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig. (2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtscha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 4 Mitbewerberschutz


Unlauter handelt, wer 1. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;2. über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerb

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 5 Irreführende geschäftliche Handlungen


(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. (2) Eine

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 311 Rechtsgeschäftliche und rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse


(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. (2) Ein Schuldverhä

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung


(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 12 Einstweiliger Rechtsschutz; Veröffentlichungsbefugnis; Streitwertminderung


(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden

Zivilprozessordnung - ZPO | § 533 Klageänderung; Aufrechnungserklärung; Widerklage


Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn1.der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und2.diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidu

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

Zivilprozessordnung - ZPO | § 313 Form und Inhalt des Urteils


(1) Das Urteil enthält:1.die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;2.die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;3.den Tag, an dem die mündliche Ve

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 314 Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund


(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 119 Anfechtbarkeit wegen Irrtums


(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständ

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 779 Begriff des Vergleichs, Irrtum über die Vergleichsgrundlage


(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sach

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 150 Verspätete und abändernde Annahme


(1) Die verspätete Annahme eines Antrags gilt als neuer Antrag. (2) Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag.

Apothekengesetz - ApoG | § 2


(1) Die Erlaubnis ist auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller 1. (weggefallen)2. voll geschäftsfähig ist;3. die deutsche Approbation als Apotheker besitzt;4. die für den Betrieb einer Apotheke erforderliche Zuverlässigkeit besitzt; dies ist ni

Apothekengesetz - ApoG | § 1


(1) Den Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung beim Menschen bestimmt sind

Apothekengesetz - ApoG | § 8


Mehrere Personen zusammen können eine Apotheke nur in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft betreiben; in diesen Fällen bedürfen alle Gesellschafter der Erlaubnis. Beteiligungen an einer Apotheke

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 11. Juni 2015 - 2 U 136/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 11. Juni 2015 - 2 U 136/14 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2015 - I ZR 188/13

bei uns veröffentlicht am 12.03.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I Z R 1 8 8 / 1 3 Verkündet am: 12. März 2015 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGH

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Feb. 2015 - XI ZR 47/14

bei uns veröffentlicht am 24.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X I Z R 4 7 / 1 4 Verkündet am: 24. Februar 2015 Herrwerth, Justizangstellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesg

Referenzen

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I Z R 1 8 8 / 1 3 Verkündet am:
12. März 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Uhrenankauf im Internet
UWG § 4 Nr. 10, § 8 Abs. 1; Gemeinschaftsmarkenverordnung Art. 9 Abs. 1

a) Die Einlegung einer sogenannten allgemeinen Markenbeschwerde beim Betreiber einer
Internetsuchmaschine ist nicht deshalb eine unlautere Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10
UWG, weil Mitbewerber, die eine nicht markenverletzende Adwords-Werbung beabsichtigen,
die vorherige Zustimmung des Markeninhabers einholen müssen.

b) Es stellt eine gezielte Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG dar, wenn der Markeninhaber
nach Einlegung einer Markenbeschwerde bei Google, durch die die Verwendung der
Marke in Adwords-Anzeigen unterbunden wird, die Zustimmung zu der Adwords-Werbung
eines Mitbewerbers nicht erteilt, obwohl die beabsichtigte Werbung das Markenrecht nicht
verletzt.

c) Doppelidentität im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV kann vorliegen, wenn sich
Marke und Zeichen nur in ihrer Groß- oder Kleinschreibung unterscheiden.

d) Als geeignete Maßnahme zur Beseitigung der Störung kann der Beseitigungsanspruch nach
§ 8 Abs. 1 UWG die ausdrückliche Aufhebung eines rechtswidrigen Verbots umfassen.
BGH, Urteil vom 12. März 2015 - I ZR 188/13 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Dezember 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch
und Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Juli 2013 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist auf dem Gebiet des An- und Verkaufs von Schmuck und Juwelierwaren tätig. Sie handelt mit gebrauchten Uhren der Marke "ROLEX".
2
Die Beklagte ist Inhaberin der am 21. Mai 2008 eingetragenen Gemeinschaftsmarke "ROLEX". Sie stellt hochwertige Uhren her, die sie selbst oder über konzessionierte Fachhändler in Deutschland vertreibt. Die Beklagte und ihre Fachhändler bieten ausschließlich neue und keine gebrauchten Uhren zum Kauf an.
3
Die Klägerin beabsichtigt, im Internet über "Google Adwords" folgende Werbeanzeige zu veröffentlichen: Ankauf: Rolex Armbanduhren Ankauf: einfach, schnell, kompetent Ankauf: Rolex-Uhr dringend gesucht www.
4
Google lehnte die Schaltung der Anzeige im Oktober 2010 wegen einer von der Beklagten eingelegten sogenannten "allgemeinen Markenbeschwerde" ab. Durch eine solche Markenbeschwerde ermöglicht Google Markeninhabern, sich gegen die Nutzung ihrer Kennzeichen im Text von Adwords-Anzeigen zu wenden. Die Klägerin forderte daraufhin die Beklagte ohne Erfolg auf, der beabsichtigten Verwendung der Bezeichnung "Rolex" in der geplanten Werbeanzeige zuzustimmen.
5
Soweit in der Revisionsinstanz von Interesse, hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, gegenüber der Firma Google Ireland Ltd., … die Zustimmung zur Verwendung des Begriffs "ROLEX" durch die Klägerin in einer Werbeanzeige zu erteilen, wenn diese Werbeanzeige zur Veröffentlichung bei "Google Adwords" … vorgesehen ist und dabei von der Klägerin der folgende Anzeigentext verwendet wird: Ankauf: Rolex Armbanduhren Ankauf: einfach, schnell, kompetent Ankauf: Rolex-Uhr dringend gesucht www. , ohne dass die Klägerin hierbei den Begriff "ROLEX" als sogenanntes Keyword für die Schaltung der vorstehenden Werbeanzeige verwenden wird.
6
Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
7
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

8
A. Das Berufungsgericht hat eine Verpflichtung der Beklagten angenommen , der von der Klägerin begehrten Adwords-Nutzung zuzustimmen. Dazu hat es ausgeführt:
9
Es könne dahinstehen, ob bereits die Einlegung einer allgemeinen Markenbeschwerde im Rahmen des "Google Adwords"-Programms eine gezielte Behinderung eines Mitbewerbers (§ 4 Nr. 10 UWG) darstellen könne. Jedenfalls liege eine unlautere Behinderung der Klägerin darin, dass sich die Beklagte trotz Aufforderung geweigert habe, Google gegenüber ihre Zustimmung zu der von der Klägerin beabsichtigten Anzeige zu erteilen. Die Verweigerung der Zustimmung sei bei objektiver Würdigung in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung der Klägerin gerichtet gewesen, weil die Beklagte bei gewissenhafter Prüfung ohne weiteres habe erkennen können, dass die Klägerin jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Erschöpfung des Markenrechts zu der beabsichtigten Werbung berechtigt gewesen sei. Nachdem von der allgemeinen Markenbeschwerde der Beklagten nicht nur potentielle Markenverletzer , sondern auch rechtmäßig handelnde Mitbewerber betroffen worden seien, habe eine Rechtspflicht der Beklagten zum Handeln - hier zur Erteilung der begehrten Zustimmung - aus vorangegangenem gefährdendem Tun bestanden.
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B. Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der von der Klägerin beabsichtigten Adwords-Werbung wie beantragt zuzustimmen. Dieser Anspruch steht der Klägerin aus § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 10 UWG als Beseitigungsanspruch unter dem Aspekt der unlauteren Mitbewerberbehinderung zu.
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I. Die Klage ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich im Streitfall aus Art. 5 Nr. 3 Lugano-Übereinkommen, der inhaltsgleich mit Art. 5 Nr. 3 der EuGVÜ und der Brüssel-I-Verordnung sowie Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO ist. Nach dieser Bestimmung (Art. 5 Nr. 3 LuganoÜbereinkommen ) kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates hat, in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt werden , wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Deutschland und die Schweiz sind durch das Übereinkommen gebunden. Zu den unerlaubten Handlungen zählen auch unerlaubte Wettbewerbshandlungen. Gegenstand der Klage ist ein Beseitigungsanspruch wegen eines behaupteten Verstoßes gegen § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 10 UWG durch eine gezielte Behinderung. Die Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist", bezeichnet sowohl den Ort des ursächlichen Geschehens als auch den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs. Die Maßstäbe des Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO (vgl. EuGH, Urteil vom 19. April 2012 - C-523/10, GRUR 2012, 654 Rn. 19 - Wintersteiger/Products 4U; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2013 - I ZR 131/12, GRUR 2014, 601 Rn. 17 = WRP 2014, 584 - englischsprachige Pressemitteilung) sind zur Auslegung des Art. 5 Nr. 3 Lugano-Übereinkommen entsprechend heranzuziehen (vgl. Fezer /Hausmann/Obergfell, UWG, 2. Aufl., I Einl. Rn. 351, Bd. 1, S. 318). Der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs liegt nach den für Wettbewerbshandlungen geltenden Grundsätzen im Inland. Hier ist die Klägerin nach ihrer Behauptung in ihrer wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeit durch das Verhalten der Beklagten gezielt behindert worden.
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II. Die Klage ist auch begründet.
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1. Die Klägerin ist als Mitbewerberin der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert. Für am Erwerb der hochpreisigen Uhren der Beklagten interessierte Kunden kann der Kauf einer gebrauchten Rolex-Uhr bei der Klägerin eine Alternative zum Erwerb einer neuen Uhr bei Vertragshändlern der Beklagten darstellen. Dementsprechend kann sich der Absatz der Neuware der Beklagten verringern, wenn die Klägerin ihren Absatz gebrauchter Rolex-Uhren steigert.
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2. Die Beklagte behindert die Klägerin gezielt im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG.
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a) Allerdings kann eine solche Behinderung nicht schon darin gesehen werden, dass die Beklagte eine allgemeine Markenbeschwerde gegen die Verwendung der Bezeichnung "Rolex" im Text bei Google geschalteter Werbeanzeigen eingelegt hat.
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aa) Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - I ZR 164/12, GRUR 2014, 393 Rn. 28 = WRP 2014, 424 - wetteronline.de; Urteil vom 30. April 2014 - I ZR 224/12, GRUR 2014, 785 Rn. 23 = WRP 2014, 839 - Flugvermittlung im Internet).

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bb) Nach diesen Grundsätzen erfüllt die allgemeine Markenbeschwerde bei Google nicht den Tatbestand der gezielten Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG. Mit der allgemeinen Markenbeschwerde verfolgt die Beklagte das Ziel, Verletzungen ihrer Markenrechte durch im Internet erscheinende Anzeigen zu verhindern. Damit fehlt es an einer Behinderungsabsicht. Diese kann zwar anzunehmen sein, wenn die Maßnahme keinem anderen Zweck als der Schwächung des Mitbewerbers dient (vgl. OLG Hamburg, GRUR-RR 2004, 151, 152; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4.10 Rn. 9). Bei objektiver Betrachtung stellt sich die legitime Durchsetzung von Markenrechten für die davon betroffenen Mitbewerber aber als wettbewerbsimmanente Handlungsbeschränkung und nicht als unlautere Behinderung der Entfaltungsmöglichkeiten dar.
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Soweit Mitbewerber infolge der allgemeinen Markenbeschwerde daran gehindert werden, bestimmte Adwords-Anzeigen zu veröffentlichen, können sie sich an die Beschwerdeführer - hier die Beklagte - wenden und um Zustimmung zu ihrer Werbung bitten. Eine gezielte Behinderung von Mitbewerbern kommt erst in Betracht, wenn der Markeninhaber die Zustimmung verweigert, obwohl seine Markenrechte durch die beabsichtigte Werbung nicht verletzt werden. Allein aufgrund der allgemeinen Markenbeschwerde werden davon betroffene Mitbewerber aber nicht daran gehindert, ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung in angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist im Streitfall entscheidend, dass der Beklagten eine effektive Durchsetzung ihrer Markenrechte im Internet wegen der Vielzahl und Vielfältigkeit möglicher Verletzungshandlungen ohne die Möglichkeit einer allgemeinen Markenbeschwerde bei Google kaum möglich sein wird. Eine allgemeine Überwachung des Internets liegt außerhalb ihrer Fähigkeiten. Im Hinblick darauf ist es im Interesse der Verhinderung zahlreicher Markenverletzungen angemessen, wenn Mitbewerber, die eine nicht markenverletzende AdwordsWerbung planen, die vorherige Zustimmung der Beklagten einholen müssen.
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b) Die Beklagte behindert die Klägerin jedoch gezielt im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG, weil sie die Zustimmung zu der Adwords-Werbung der Klägerin nicht erteilt, obwohl die konkret beabsichtigte Werbung ihre Markenrechte nicht verletzt.
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aa) Die von der Klägerin beabsichtigte Adwords-Werbung ist markenrechtlich zulässig. Der Beklagten steht gegen diese Werbung kein Unterlassungsanspruch nach Art. 9 Abs. 1 GMV aus ihrer Gemeinschaftsmarke "ROLEX" zu.
21
(1) Allerdings kann die Beklagte Identitätsschutz gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV gegenüber der Klägerin beanspruchen. Die Klägerin möchte die Bezeichnung "Rolex" für Uhren und damit für Produkte benutzen, für die die Gemeinschaftsmarke "ROLEX" der Beklagten geschützt ist. Trotz der unterschiedlichen Groß- und Kleinschreibung sind die Marke "ROLEX" und die Bezeichnung "Rolex" im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV identisch.
22
Das Kriterium der Zeichenidentität ist zwar restriktiv auszulegen. Zei- chenidentität setzt danach grundsätzlich eine vollständige Übereinstimmung der kollidierenden Zeichen voraus; unschädlich sind aber so geringfügige Unterschiede zwischen den Zeichen, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können (EuGH, Urteil vom 20. März 2003 - C-291/00, Slg. 2003, I-2799 = GRUR 2003, 422 Rn. 50 ff. - LTJ Diffusion [Arthur/Arthur et Félicie]). So hat der Gerichtshof der Europäischen Union die Marke "INTERFLORA" und das Zeichen "Interflora" im Fall der Nutzung für Blumenlieferdienste als im Wesentlichen identisch angesehen und deshalb einen Fall der Doppelidentität angenommen (EuGH, Urteil vom 22. September 2011 - C-323/09, Slg. 2011, I-8625 = GRUR 2011, 1124 Rn. 33 - Interflora). Der Streitfall ist nicht anders zu beurteilen.
23
(2) Die Klägerin beabsichtigt auch eine von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV erfasste Benutzung der Gemeinschaftsmarke der Beklagten. Das mit der Gemeinschaftsmarke identische Zeichen "Rolex" soll in der Adwords-Werbung der Klägerin für Uhren der Beklagten und damit für Waren benutzt werden, die mit denjenigen identisch sind, für die die Gemeinschaftsmarke eingetragen ist.
24
(3) Allerdings kann der Markeninhaber einer Benutzung des mit der Marke identischen Zeichens auch im Fall der Doppelidentität nur widersprechen, wenn dadurch eine der Funktionen der Marke beeinträchtigt werden kann (vgl. nur EuGH, Urteil vom 12. November 2002 - C-206/01, Slg. 2002, I-10273 = GRUR 2003, 55 Rn. 51 - Arsenal Football Club; Urteil vom 18. Juni 2009 - C487 /07, Slg. 2009, I-5185 = GRUR 2009, 756 Rn. 60 - L'Oréal; EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - C-558/08, Slg. 2010, I-6963 = GRUR 2010, 841 Rn. 29 - Portakabin; GRUR 2011, 1124 Rn. 34 - Interflora). Die von der Klägerin beabsichtigte Zeichennutzung beeinträchtigt aber die Hauptfunktion der Marke, die Gewährleistung der Waren- oder Dienstleistungsherkunft.
25
Wird eine Marke im Rahmen des Warenabsatzes zur Produktbezeichnung und damit zur Unterscheidung der Waren eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen benutzt, tritt hierdurch eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke ein, gegen die der Markeninhaber geschützt ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2009 - I ZR 42/07, BGHZ 181, 77 Rn. 55 - DAX). Für die Verwendung der Marke beim Ankauf von mit ihr gekennzeichneten Waren gilt nichts anderes. Die Verwendung der Marke erfolgt bei Ankauf und Verkauf in gleicher Weise als Unterscheidungsmittel für Waren. Der Händler, der die Ware mit der Absicht des Wiederverkaufs erwirbt, benutzt die Marke auch beim Ankauf im Rahmen des Produktabsatzes.
26
(4) Das Berufungsgericht hat jedoch zu Recht angenommen, dass die Beklagte die beabsichtigte Adwords-Werbung der Klägerin nicht verbieten kann, weil einem Unterlassungsanspruch der Beklagten die Schutzschranke der Erschöpfung entgegensteht.
27
Der Inhaber einer Gemeinschaftsmarke kann einem Dritten nicht verbieten , die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind (Art. 13 Abs. 1 GMV i.V.m. Art. 65 Abs. 2, Protokoll 28 und Anhang XVII Nr. 4 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum). Die von der in Deutschland ansässigen Klägerin beabsichtigte Anzeige in deutscher Sprache bezieht sich auf Waren, bei denen die Voraussetzungen der Erschöpfung vorliegen. Sie richtet sich auf den Ankauf von Originalware der Beklagten, die durch deren Vertriebsorganisation im Europäischen Wirtschaftsraum und insbesondere in Deutschland in Verkehr gebracht worden ist. Daran ändert die bloße Möglichkeit nichts, dass von der Klägerin auch Uhren angeboten werden könnten, die von der Beklagten oder ihren Händlern außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums - etwa in der Schweiz - in Verkehr gebracht worden sind. Solange keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Werbung tatsächlich zu einem Ankauf derartiger Ware führen wird, kann die Beklagte die Anzeige der Klägerin im Hinblick auf Art. 13 Abs. 1 GMV nicht gestützt auf ihr Markenrecht verbieten. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte stellt sich die Anzeige nicht als Vorbereitungshandlung für eine Markenverletzung dar.
28
Berechtigte Gründe im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GMV, aufgrund derer die Beklagte sich dem Vertrieb von der Klägerin angekaufter erschöpfter Originalware widersetzen dürfte, sind nicht ersichtlich.
29
bb) Ist die beabsichtigte Werbung der Klägerin markenrechtlich zulässig, so ist die Verweigerung der Zustimmung durch die Beklagte bei objektiver Betrachtung unmittelbar auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfal- tungsmöglichkeiten der Klägerin gerichtet und nicht in erster Linie auf die Förderung eigenen Wettbewerbs (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - I ZR 190/05, GRUR 2008, 917 Rn. 23 = WRP 2008, 1319 - EROS). Die Klägerin kann in diesem Fall ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen, weil sie die von ihr beabsichtigte Adwords -Werbung nur mit Zustimmung der Beklagten durchführen kann. Zwar könnte sie weiterhin uneingeschränkt allgemein für den Ankauf gebrauchter Luxusuhren werben. Sie ist aber daran gehindert, gezielt über eine AdwordsWerbung bei Google für den Ankauf gebrauchter Uhren der Beklagten zu werben , die sie für die Vollständigkeit ihres Sortiments benötigt und an deren Ankauf sie ein besonderes kaufmännisches Interesse hat.
30
Dabei steht dem erheblichen Interesse der Klägerin an der Durchführung einer markenrechtlich zulässigen Adwords-Werbung kein anerkennenswertes Interesse der Beklagten an deren Unterbindung gegenüber. Ein Interesse, zulässiges Wettbewerbshandeln von Mitbewerbern zu verhindern, kann im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, das nach § 1 Satz 2 UWG im Interesse der Allgemeinheit auf den Schutz des unverfälschten Wettbewerbs gerichtet ist, von vornherein nicht anerkannt werden. Zum Schutz ihrer Markenrechte kann die Beklagte das allgemeine Markenbeschwerdeverfahren bei Google nutzen. Macht sie davon Gebrauch, ist ihr zuzumuten, die Zustimmung zu AdwordsAnzeigen zu erteilen, die markenrechtlich zulässig sind und deren Platzierung sie durch ihre Markenbeschwerde verhindert.
31
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Verbraucher ein schützenswertes Interesse haben, sich im Internet konkret über die Ankaufsmöglichkeiten von Uhren einer bestimmten Marke zu orientieren. Dazu leisten AdwordsAnzeigen der von der Klägerin beabsichtigten Art einen wichtigen Beitrag.
32
cc) Es kommt im Streitfall nicht darauf an, ob ein schlichtes Unterlassen den Tatbestand der gezielten Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG erfüllen könn- te. Die Beklagte hat die Klägerin durch aktives Tun behindert. Sie hat die von der Klägerin begehrte Zustimmung wiederholt verweigert. Unabhängig davon, ob die Beklagte die Zustimmung ablehnt oder auf eine Anfrage der Beklagten nicht reagiert hat, liegt eine unlautere Behinderung dadurch vor, dass die Beklagte der Aufforderung der Klägerin nicht entsprochen hat, ihrer beabsichtigten Werbung zuzustimmen. Insoweit sind die Einlegung der allgemeinen Markenbeschwerde und eine unterbliebene Zustimmung zu einer markenrechtlich unbedenklichen Werbung nach einer vorherigen Aufforderung durch den Werbenden als ein einheitliches Verhalten des Markeninhabers anzusehen, durch das eine an sich unbedenkliche Sperrwirkung einer Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes eingesetzt wird (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 - I ZR 29/02, GRUR 2005, 581, 582 = WRP 2005, 881 - The Colour of Elégance , mwN, zur bösgläubigen Markenanmeldung).
33
c) Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zustimmung zu der beabsichtigten Adwords-Werbung ergibt sich als Beseitigungsanspruch aus § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 10 UWG.
34
aa) Die Klägerin begehrt von der Beklagten kein Unterlassen, sondern die Beseitigung einer Behinderung, die in der Nichterteilung der begehrten Zustimmung liegt. Vergeblich macht die Beklagte geltend, aus dem Markenrecht könne sich nur ein Verbietungsrecht, jedoch keine Zustimmungspflicht ergeben. Die Zustimmungspflicht der Beklagten folgt nicht aus dem Markenrecht, sondern aus § 4 Nr. 10 UWG. Soweit die Beklagte ihre Zustimmung zu einer zulässigen Adwords-Werbung verweigert und diese Werbung aufgrund der von der Beklagten zuvor eingelegten allgemeinen Markenbeschwerde unterbleiben muss, verhindert die Beklagte ein erlaubtes Wettbewerbsverhalten der Klägerin. Die Verweigerung der Zustimmung stellt sich dann als gezielte Behinderung durch aktives Tun dar (dazu vorstehend Rn. 32). Auf die von der Revision angesprochene Frage, ob den Nutzer der Google-Markenbeschwerde gegenüber rechtmäßigen Markennutzern eine Rechtspflicht zur Erlaubniserteilung aus vorangegangenem gefährdendem Tun trifft, kommt es daher nicht an.
35
bb) Die geeignete und erforderliche Maßnahme zur Beseitigung der gezielten Behinderung ist die Erteilung der begehrten Zustimmung. Der Beseitigungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG kann alle geeigneten Maßnahmen umfassen , die zur Beseitigung der fortwirkenden Störung geeignet und erforderlich sind. Dazu kann auch die Aufhebung eines rechtswidrigen Verbots gehören (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rn. 1.69 und 1.80; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 24 Rn. 1; Fezer /Büscher aaO § 8 Rn. 9 und 16).
36
cc) Eine umfassende Prüfungspflicht wird der Beklagten dadurch nicht zugemutet. Vielmehr hat sie nach einer Aufforderung nur zu prüfen, ob sie einer konkreten Werbung zustimmen muss. Der damit verbundene Aufwand ist der Beklagten zuzumuten, da er die Kehrseite der Möglichkeit ist, das Markenbeschwerdeverfahren bei Google zu nutzen, um die Markenrechte effektiv zu schützen. In einfachen Fällen wird die Beklagte die Zustimmung kurzfristig und ohne tiefergehende Prüfung erteilen oder verweigern können. Wirft die begehrte Zustimmung komplexere markenrechtliche Fragen auf, so hat die Beklagte abzuwägen , ob sie den höheren Prüfungsaufwand tragen oder die fragliche Werbung zulassen möchte. In diesem Fall stellt sich die Lage nicht anders dar als bei einer Werbung, die im Hinblick auf ihre markenrechtliche Zulässigkeit schwierig zu beantwortende Fragen aufwirft. Der Markeninhaber muss in diesem Fall entscheiden, ob er gegen diese Werbung trotz des damit verbundenen Risikos vorgehen will. Dieser Prüfung kann er sich durch Erhebung einer allgemeinen Markenbeschwerde und Verweigerung der Zustimmung oder bloßes Untätigbleiben nach einer Aufforderung nicht entziehen.
37
d) Die Klage ist auch nicht wegen einer vorrangigen Verantwortlichkeit von Google als Anbieter des Adwords-Dienstes unbegründet.
38
Dabei bedarf es keiner Entscheidung darüber, inwiefern Unternehmen, die durch eine allgemeine Markenbeschwerde an zulässiger Werbung mit Adwords -Anzeigen gehindert werden, Ansprüche auch gegen Google zustehen können. Jedenfalls ist die Klägerin berechtigt, sich gegen die Beklagte als diejenige zu wenden, die sie unmittelbar behindert.
39
III. Die Revision der Beklagten ist somit zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Büscher Schaffert Kirchhoff Richter am BGH Feddersen hat Urlaub und ist daher verhindert zu unterschreiben. Koch Büscher
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 04.12.2012 - 1 HKO 13833/12 -
OLG München, Entscheidung vom 18.07.2013 - 6 U 4941/12 -

(1) Den Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung beim Menschen bestimmt sind, und Tierarzneimittel.

(2) Wer eine Apotheke und bis zu drei Filialapotheken betreiben will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde.

(3) Die Erlaubnis gilt nur für den Apotheker, dem sie erteilt ist, und für die in der Erlaubnisurkunde bezeichneten Räume.

(1) Die Erlaubnis ist auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller

1.
(weggefallen)
2.
voll geschäftsfähig ist;
3.
die deutsche Approbation als Apotheker besitzt;
4.
die für den Betrieb einer Apotheke erforderliche Zuverlässigkeit besitzt; dies ist nicht der Fall, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Antragstellers in bezug auf das Betreiben einer Apotheke dartun, insbesondere wenn strafrechtliche oder schwere sittliche Verfehlungen vorliegen, die ihn für die Leitung einer Apotheke ungeeignet erscheinen lassen, oder wenn er sich durch gröbliche oder beharrliche Zuwiderhandlung gegen dieses Gesetz, die auf Grund dieses Gesetzes erlassene Apothekenbetriebsordnung oder die für die Herstellung von Arzneimitteln und den Verkehr mit diesen erlassenen Rechtsvorschriften als unzuverlässig erwiesen hat;
4a.
5.
die eidesstattliche Versicherung abgibt, daß er keine Vereinbarungen getroffen hat, die gegen § 8 Satz 2, § 9 Abs. 1, § 10 oder § 11 verstoßen, und den Kauf- oder Pachtvertrag über die Apotheke sowie auf Verlangen der zuständigen Behörde auch andere Verträge, die mit der Einrichtung und dem Betrieb der Apotheke in Zusammenhang stehen, vorlegt;
6.
nachweist, daß er im Falle der Erteilung der Erlaubnis über die nach der Apothekenbetriebsordnung (§ 21) vorgeschriebenen Räume verfügen wird;
7.
nicht in gesundheitlicher Hinsicht ungeeignet ist, eine Apotheke ordnungsgemäß zu leiten;
8.
mitteilt, ob und gegebenenfalls an welchem Ort er in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in einem Vertragsstaat, dem Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, eine oder mehrere Apotheken betreibt.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist einem approbierten Antragsteller, der nicht gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 der Bundes-Apothekerordnung die pharmazeutische Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden hat, die Erlaubnis nur zu erteilen, wenn sie für eine Apotheke beantragt wird, die seit mindestens drei Jahren betrieben wird.

(2a) Absatz 2 gilt nicht für approbierte Antragsteller, deren förmliche Qualifikationen bereits durch die zuständigen Behörden für andere Zwecke anerkannt wurden und die tatsächlich und rechtmäßig die beruflichen Tätigkeiten eines Apothekers mindestens drei Jahre lang ununterbrochen im Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübt haben.

(3) Hat der Apotheker nach seiner Approbation oder nach Erteilung eines nach § 4 Abs. 1a bis 1d, 2 oder 3 der Bundes-Apothekerordnung der pharmazeutischen Prüfung gleichwertigen Diploms, Prüfungszeugnisses oder sonstigen Befähigungsnachweises mehr als zwei Jahre lang ununterbrochen keine pharmazeutische Tätigkeit ausgeübt, so ist ihm die Erlaubnis nur zu erteilen, wenn er im letzten Jahr vor der Antragstellung eine solche Tätigkeit mindestens sechs Monate lang wieder in einer in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in einem Vertragsstaat, dem Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, gelegenen Apotheke oder Krankenhausapotheke ausgeübt hat.

(4) Die Erlaubnis zum Betrieb mehrerer öffentlicher Apotheken ist auf Antrag zu erteilen, wenn

1.
der Antragsteller die Voraussetzungen nach den Absätzen 1 bis 3 für jede der beantragten Apotheken erfüllt und
2.
die von ihm zu betreibende Apotheke und die von ihm zu betreibenden Filialapotheken innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten liegen.

(5) Für den Betrieb mehrerer öffentlicher Apotheken gelten die Vorschriften dieses Gesetzes mit folgenden Maßgaben entsprechend:

1.
Der Betreiber hat eine der Apotheken (Hauptapotheke) persönlich zu führen.
2.
Für jede weitere Apotheke (Filialapotheke) hat der Betreiber schriftlich einen Apotheker als Verantwortlichen zu benennen, der die Verpflichtungen zu erfüllen hat, wie sie in diesem Gesetz und in der Apothekenbetriebsordnung für Apothekenleiter festgelegt sind.
Soll die Person des Verantwortlichen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 geändert werden, so ist dies der Behörde von dem Betreiber zwei Wochen vor der Änderung schriftlich anzuzeigen. Bei einem unvorhergesehenen Wechsel der Person des Verantwortlichen muss die Änderungsanzeige nach Satz 2 unverzüglich erfolgen.

Mehrere Personen zusammen können eine Apotheke nur in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft betreiben; in diesen Fällen bedürfen alle Gesellschafter der Erlaubnis. Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft und Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, insbesondere auch am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge sind unzulässig. Pachtverträge über Apotheken nach § 9, bei denen die Pacht vom Umsatz oder Gewinn abhängig ist, gelten nicht als Vereinbarungen im Sinne des Satzes 2. Die Sätze 1 bis 3 gelten für Apotheken nach § 2 Abs. 4 entsprechend.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.

(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.

(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X I Z R 4 7 / 1 4 Verkündet am:
24. Februar 2015
Herrwerth,
Justizangstellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Februar 2015 durch den Richter Dr. Joeres als Vorsitzenden, die Richter
Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und
Dr. Derstadt

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. Januar 2014 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht gegen den beklagten Staat Zinsansprüche aus einer von diesem begebenen Inhaberschuldverschreibung geltend.
2
Die Beklagte emittierte im Jahr 1996 die 11¾% Deutsche Mark-Anleihe 1996/2026 im Gesamtnennbetrag von 500 Mio. DM (Wertpapierkennnummer …10) in unterschiedlicher Stückelung und jeweils effektiv verbrieften und girosammelverwahrten Inhaber-Schuldverschreibungen zu bestimmten Nennbeträgen nebst in Zinsscheinen verbrieften Zinsansprüchen. In den Anleihebedingungen wurden die Anwendung deutschen Rechts und der Gerichtsstand Frankfurt am Main bestimmt. Ferner verpflichtete sich die Beklagte, an den jeweiligen Inhaber der Zinsscheine nachträglich zum 13. November eines jeden Jahres, erstmals zum 13. November 1997, Zinsen in Höhe von jährlich 11¾% des Nominalbetrags zu zahlen. Der Kläger erwarb von der Anleihe fünf InhaberSchuldverschreibungen über jeweils 10.000 DM mit den Nummern …01, …91 , …32, …33 und …34.
3
Die Beklagte sieht sich seit 1999 mit erheblichen volkswirtschaftlichen Problemen konfrontiert, die sich zumindest zeitweise bis zu einer Finanzkrise des Staates ausgeweitet hatten. Mit Gesetz Nr. 25.561 über den öffentlichen Notstand und die Reform des Wechselkurssystems vom 6. Januar 2002 erklärte sie den "öffentlichen Notstand auf sozialem, wirtschaftlichem, administrativem, finanziellem und währungspolitischem Gebiet". Auf der Grundlage der daraufhin erlassenen Verordnung Nr. 256/2002 vom 6. Februar 2002 zur Umstrukturierung der Verbindlichkeiten und Schuldenzahlungen der argentinischen Regierung wurde der Auslandsschuldendienst durch die Beklagte ausgesetzt, um ihn neu zu ordnen. Das Gesetz über den öffentlichen Notstand wurde immer wieder - zuletzt bis zum 31. Dezember 2015 - verlängert. Aufgrund dessen fiel auch der Kläger mit den auf die von ihm erworbene Staatsanleihe anfallenden Zinsen aus. Die Zinsansprüche für das Jahr 2003 klagte er in einem anderen Rechtsstreit mit Erfolg ein.
4
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die Zahlung der am 13. November 2005 fällig gewordenen Zinsen aus den von ihm gehaltenen fünf Inhaber-Schuldverschreibungen in Höhe von insgesamt 3.003,84 € (= 5.875 DM) gegen Aushändigung der Zinsscheine Nummer zu den von der Beklagten ausgegebenen 11¾% Deutsche Mark-Inhaberschuldverschreibungen mit der Wertpapierkennnummer …10, Stückenummer …01, …91 , …32, …33 und …34, und Schadensersatz in Höhe von mindestens 300 € als im Zusammenhang mit dem Zinsausfall entstandenen Wiederanlageschaden nebst Rechtshängigkeitszinsen; ferner hat er die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Zahlungsverweigerung entstanden sei oder noch entstehen werde. Die Beklagte beruft sich im Hinblick auf das von ihr erklärte Zahlungsmoratorium und die mit anderen Gläubigern geschlossenen Umstrukturierungsvereinbarungen auf ein völkerrechtliches Leistungsverweigerungsrecht gegenüber sogenannten Holdout-Gläubigern. Das Amtsgericht hat der Klage mit Ausnahme des Feststellungsantrags und im Hauptantrag im Wege der Zug-um-Zug-Leistung stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Verurteilung zur Zahlung nicht Zug um Zug, sondern gegen Aushändigung der Zinsscheine zu erfolgen hat. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist unbegründet.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - ausgeführt:
7
Das Amtsgericht habe zu Recht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus der streitgegenständlichen Inhaberschuldverschreibung auf Zahlung des am 13. November 2005 fällig gewordenen Zinsbetrags von 3.003,84 € gemäß § 793 BGB in Verbindung mit den Anleihebedingungen bejaht. Der Beklagten stehe gegenüber dem Kläger kein Leistungsverweigerungsrecht zu.
8
Das von der Beklagten vorgelegte Rechtsgutachten von Tietje/Lehmann, wonach aufgrund eines völkerrechtlichen Gewohnheitsrechts die wirtschaftliche und finanzielle Staatsinsolvenz der Beklagten zu berücksichtigen seien, sei nicht überzeugend. Das Gutachten begründe nicht die Feststellung eines entsprechenden völkerrechtlichen Grundsatzes bzw. Gewohnheitsrechts, wonach eine solche nachträgliche Einwirkung auf die verbrieften Staatsanleihen privater Gläubiger gerechtfertigt sein könnte. Das Gutachten beruhe vor allem auf der These, dass im Hinblick auf die jüngsten Entwicklungen im Rahmen der internationalen Staatengemeinschaft grundsätzlich ein völkerrechtliches Gewohnheitsrecht in dem Sinne erkannt werden müsste, dass die Mehrheit von Gläubigern solcher Staatsanleihen im Falle einer qualifizierten Mehrheitsentscheidung (75 Prozent der Gläubiger solcher Inhaberschuldverschreibungen) an den Konsens gebunden seien, und sich eine Minderheit nicht auf Kosten der Mehrheit einen Sondervorteil sichern dürfe. Dem könne indes bereits deswegen nicht gefolgt werden, weil in dem Gutachten ein solches völkerrechtliches Gewohnheitsrecht nicht nachvollziehbar dargestellt werde. Das Gutachten begründe dies damit, dass die Bedingungen von Staatsanleihen heute regelmäßig sogenannte Collective Action Clauses enthielten, die im Nachhinein eine Schuldenumstrukturierung durch Mehrheitsentscheid der Gläubiger ermöglichen würden. Dies übersehe jedoch, dass es im völkerrechtlichen Bereich erst der Einführung solcher Klauseln bedurft habe, um überhaupt eine solche Möglichkeit im Rahmen von Staatsanleihen zu schaffen. Aufgrund dessen verbiete es sich, in der Schaffung und Einbeziehung solcher Klauseln rückwirkend eine entsprechende gewohnheitsrechtliche Praxis zu sehen, weil es dann solcher Klauseln als Grundlage späterer Schuldumschaffungen nicht bedurft hätte.
9
Darüber hinaus überzeuge das Gutachten auch deshalb nicht, weil die Autoren ihren Auftraggeber nicht benannt hätten, so dass Misstrauen gegen die wissenschaftliche Neutralität der von ihnen vertretenen Rechtsmeinung beste- hen würde. Außerdem hätten die Gutachter durch die Bezugnahme auf den Schuldenschnitt für Griechenland oder die Forderungskürzung für Gläubiger zyprischer Banken weder eine für die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht erforderliche gefestigte Praxis (consuetudo) noch die zugehörige Überzeugung rechtlicher Verbindlichkeit (opinio iuris) belegt. Der "Fall Zypern" sei bereits deshalb nicht vergleichbar, weil die dortigen Maßnahmen private Schuldner betroffen hätten. Der "Fall Griechenland" sei erkennbar kein Beleg für eine gefestigte völkerrechtliche Praxis. Gegen eine solche Praxis spreche schließlich auch, dass die in dem Gutachten in Bezug genommenen "Principles on Promoting Responsible Sovereign Lending and Borrowing" der United Nations Conference on Trade and Development vom 10. Januar 2012 lediglich eine in die Zukunft gerichtete Empfehlung für den Fall einer Umstrukturierung von Staatsschulden seien und ihnen keine allgemeine, rückwirkende Geltung zukommen könne.
10
Schließlich stehe dem Kläger auch ein Schadensersatzbetrag von 300 € als Verzugsschaden nebst Rechtshängigkeitszinsen zu. Er habe unter Vorlage von Kaufabrechnungen entsprechend den Anforderungen der § 252 BGB, § 287 ZPO glaubhaft dargelegt, dass er die Zinserträge bei rechtzeitiger Zahlung in eine 7,82%-Anleihe der Beklagten investiert hätte.

II.

11
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht den vom Kläger im Berufungsverfahren noch geltend gemachten Anspruch auf Zahlung des am 13. November 2005 fällig gewordenen Zinsbetrags von 3.003,84 € gemäß § 793 BGB in Verbindung mit den Anleihebedingungen nebst einem Verzugsschaden von 300 € bejaht.
12
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagten kein auf dem Völkerrecht beruhendes Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Entgegen der Auffassung der Revision ist keine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG feststellbar, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung - wie hier - fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf ein rechtlich zu missbilligendes Verhalten von sogenannten Holdout-Gläubigern zu verweigern, um diese dadurch zu einer Beteiligung an einer mit der Mehrheit der Gläubiger zustande gekommenen Umschuldung der emittierten Staatsanleihen zu zwingen.
13
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Regel des Völkerrechts dann allgemein im Sinne des Art. 25 GG, wenn sie von der überwiegenden Mehrheit der Staaten anerkannt wird (vgl. BVerfGE 15, 25, 34; 118, 124, 134). Die Allgemeinheit der Regel bezieht sich auf deren Geltung, nicht auf den Inhalt, wobei eine Anerkennung durch alle Staaten nicht erforderlich ist. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass gerade die Bundesrepublik Deutschland die Regel anerkannt hat. Allgemeine Regeln des Völkerrechts sind Regeln des universell geltenden Völkergewohnheitsrechts, ergänzt durch aus den nationalen Rechtsordnungen tradierte allgemeine Rechtsgrundsätze (vgl. BVerfGE 15, 25, 32 ff.; 16, 27, 33; 23, 288, 317; 94, 315, 328; 96, 68, 86; 118, 124, 134). Ob eine Regel eine solche des Völkergewohnheitsrechts ist oder ob es sich um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz handelt, ergibt sich aus dem Völkerrecht selbst, welches die Kriterien für die Völkerrechtsquellen vorgibt. Nach einhelliger Auffassung bezieht sich Art. 25 GG dagegen nicht auf völkervertragliche Regelungen. Völkerrechtliche Verträge sind von den Fachgerichten selbst anzuwenden und auszulegen (vgl. BVerfGE 15, 25, 32 f., 34 f.; 16, 27, 33; 18, 441, 450; 59, 63, 89; 99, 145, 160; 118, 124, 134 f.). An die Feststellung einer allgemeinen Regel des Völkerrechts sind wegen der darin zum Ausdruck kommenden grundsätzlichen Verpflichtung aller Staaten hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfGE 118, 124, 135).
14
Völkergewohnheitsrecht ist der Brauch, hinter dem die Überzeugung rechtlicher Verpflichtung steht. Seine Entstehung ist demnach an zwei Voraussetzungen geknüpft: erstens an das zeitlich andauernde und möglichst einheitliche Verhalten unter weit gestreuter und repräsentativer Beteiligung von Staaten und anderen, rechtsetzungsbefugten Völkerrechtssubjekten; zweitens an die hinter dieser Übung stehende Auffassung, "im Rahmen des völkerrechtlich Gebotenen und Erlaubten oder Notwendigen zu handeln" (opinio iuris sive necessitatis , vgl. BVerfGE 66, 39, 64 f.; 96, 68, 86 f.; 109, 13, 27 f.). Zu seiner Ermittlung sind die einschlägige Staatspraxis, die sich aus dem völkerrechtlich erheblichen Verhalten der Staatsorgane ergibt, sowie als Hilfsmittel richterliche Entscheidungen und völkerrechtliche Lehrmeinungen heranzuziehen. Ebenfalls zu berücksichtigen sind die Handlungen von Organen internationaler Organisationen und internationaler Gerichte sowie die Arbeiten der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen und weitere Vorschläge zur Kodifikation des Völkerrechts (BVerfGE 109, 13, 28; 117, 141, 150 f., 161; jeweils mwN).
15
Die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts (Art. 38 Abs. 1 lit. c IGH-Statut) sind im Wege der Rechtsvergleichung in einer Gesamtschau der großen Rechtsordnungen zu entwickelnde Prinzipien, die sich von ihrem Inhalt her auf die Rechtsbeziehungen in der Völkergemeinschaft und auf das Recht internationaler Organisationen übertragen lassen (vgl. BVerfGE 94, 315, 328; 96, 68, 86; 117, 141, 149 f.; BVerfG [1. Kammer des Zweiten Senats], NJW 1988, 1462, 1463). Dazu gehören etwa das Prinzip von Treu und Glauben (vgl. BVerfGE 16, 27, 63), der Vertrauensschutz oder die Verwirkung. Die allgemei- nen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts haben in erster Linie lückenfüllende Bedeutung (in Ergänzung von Völkervertrags- und Völkergewohnheitsrecht; vgl. Maunz/Dürig/Herdegen, GG, Stand: Juli 2014, Art. 25 Rn. 35 mwN).
16
b) Nach diesen Maßgaben hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2007 - auf mehrere Vorlagen des Amtsgerichts Frankfurt am Main - im Zusammenhang mit anderen Staatsanleihen der Beklagten festgestellt, dass das Völkerrecht weder ein einheitliches noch ein kodifiziertes Konkursrecht der Staaten kennt (BVerfGE 118, 124, 135). Das Bundesverfassungsgericht hat dies damit begründet, dass zwar einzelne völkerrechtliche Abkommen allgemeine Notstandsklauseln enthielten, es aber bereits im Einzelfall eine Frage der Auslegung sei, ob diese sich überhaupt auf den wirtschaftlichen Notstand und auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse beziehen würden. Aufgrund dessen seien die Regelungen der Rechtsfolgen der Zahlungsunfähigkeit eines Staates nur fragmentarischer Natur und könnten, wenn sich die entsprechende Verfestigung anhand der völkerrechtlichen Kriterien nachweisen lasse, nur dem Völkergewohnheitsrecht oder den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zuzuordnen sein (BVerfG aaO).
17
Des Weiteren hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass zwar im Völkergewohnheitsrecht die Berufung auf den Staatsnotstand in solchen Rechtsverhältnissen anerkannt sei, die ausschließlich dem Völkerrecht unterliegen ; für eine Erstreckung der Rechtfertigung auf Privatrechtsverhältnisse zu privaten Gläubigern fehle es hingegen an Belegen für eine von der notwendigen Rechtsüberzeugung (opinio juris sive necessitatis) getragene Staatenpraxis (vgl. BVerfGE 118, 124, 135). Dabei hat sich das Bundesverfassungsgericht insbesondere mit Art. 25 des von der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen (International Law Commission - ILC) im Jahre 2001 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vorgelegten Konventionsentwurfs zum The- ma Responsibility of States for internationally wrongful acts befasst, der die Staatenverantwortlichkeit betrifft (im Folgenden: Art. 25 der ILC-Artikel zur Staatenverantwortlichkeit ). Diese Vorschrift stelle zwar geltendes Völkergewohnheitsrecht dar, enthalte aber lediglich einen Rechtfertigungsgrund in einem Völkerrechtsverhältnis (BVerfG aaO, S. 136 ff.). Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der einschlägigen Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte und den Stellungnahmen des völkerrechtlichen Schrifttums. Vielmehr erlaubten auch diese nicht die positive Feststellung einer allgemeinen Regel des Völkerrechts, wonach ein Staat über den auf Völkerrechtsverhältnisse beschränkten Anwendungsbereich des Art. 25 der ILC-Artikel zur Staatenverantwortlichkeit hinaus berechtigt wäre, nach Erklärung des Staatsnotstandes wegen Zahlungsunfähigkeit auch die Erfüllung fälliger Zahlungsansprüche in Privatrechtsverhältnissen gegenüber privaten Gläubigern zeitweise zu verweigern. Es fehle an einer einheitlichen Staatenpraxis, die einen solchen Rechtfertigungsgrund kraft Völkerrechts anerkenne (BVerfG aaO, S. 138 ff.).
18
c) Diese Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts haben nach wie vor Gültigkeit. Entgegen der Auffassung der Revision hat sich insbesondere nicht als Folge der Weltfinanzmarktkrise in den Jahren 2008 und 2009 und der sogenannten Euro-Rettungsmaßnahmen für Griechenland und Zypern eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG mit dem Inhalt herausgebildet , dass sich sämtliche privaten Gläubiger eines Staates im Falle eines wirtschaftlichen und finanziellen Staatsnotstands an einer Umstrukturierung der Schulden beteiligen müssen und dem notleidend gewordenen Staat bis zu einer entsprechenden Vereinbarung ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich fälliger Zahlungsansprüche aus Privatrechtsverhältnissen zusteht.
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aa) Soweit die Revision ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten aus einer nach Art. 25 GG zu berücksichtigenden allgemeinen Regel des Völ- kerrechts zu begründen versucht, dass auf der Grundlage der von den Kulturvölkern anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätze gemäß Art. 38 Abs. 1 lit. c IGH-Statut zwei verallgemeinerungsfähige Prinzipien, nämlich die Gleichbehandlung aller Gläubiger und die Integrität eines geordneten Insolvenzverfahrens , herzuleiten seien, kann sie damit keinen Erfolg haben.
20
Denn in der Sache besagt dieser Ansatz nichts anderes, als dass dadurch das völkergewohnheitsrechtliche Institut des Notstands für den Sonderfall der Zahlungsunfähigkeit in Voraussetzungen und Rechtsfolgen konkretisiert wird. Im Kern beinhaltet er damit die Behauptung eines von der Staatengemeinschaft anerkannten Insolvenzrechts der Staaten. Ein solches besteht indes unzweifelhaft nicht. Nach den Regeln des Völkerrechts kann ein Staat die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche gegenüber Privatpersonen nicht unter Berufung auf einen wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand verweigern (vgl. BVerfGE 118, 124; BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
21
(1) Nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 8. Mai 2007 kannte das Völkerrecht zu diesem Zeitpunkt weder ein einheitliches noch ein kodifiziertes Konkursrecht der Staaten (BVerfGE 118, 124, 135). Das Bundesverfassungsgericht hat dies - wie bereits oben näher ausgeführt worden ist - vor allem damit begründet, dass zwar einzelne völkerrechtliche Abkommen allgemeine Notstandsklauseln enthielten, es aber bereits im Einzelfall eine Frage der Auslegung sei, ob diese sich überhaupt auf den wirtschaftlichen Notstand und auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse beziehen würden. Aufgrund dessen seien die Regelungen der Rechtsfolgen der Zahlungsunfähigkeit eines Staates nur fragmentarischer Natur. An diesem Befund hat sich seitdem nichts geändert.
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(2) Dies wird bereits durch die Resolution Nr. A/Res/68/304 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. September 2014 (Towards the establishment of a multilateral legal framework for sovereign debt restructuring processes; abrufbar unter: www.un.org) bestätigt, in dem die Anregung der Group of 77 and China aufgegriffen wird, die Bemühungen um die Etablierung eines Staateninsolvenzverfahrens voranzutreiben. Daran wird deutlich, dass es bislang an völkerrechtlichen Regelungen fehlt, die die Zahlungseinstellung eines Staates in geordnete Bahnen lenken und die Gläubiger zu einer Zwangsgemeinschaft zusammenführen würden. Dies wird auch - entgegen der Revision - durch die auf freiwilliger Basis beruhenden Umschuldungsmaßnahmen in den Fällen Zypern und Griechenland belegt.
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(3) Dies entspricht auch der einschlägigen Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte.
24
Das International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID), das als Schiedsgericht fungiert und organisatorisch der Weltbank angegliedert ist, hat im Rahmen einer Schiedsklage 180.000 italienischer Anleihegläubiger gegen die Beklagte am 4. August 2011 angenommen, dass es kein völkerrechtliches Insolvenzrecht für Staaten gebe, das eine Nichtzahlung rechtfertigen könne (Abaclat and Others v. Argentine Republik, ICSID Case No. ARB/07/5, Award, Rn. 323 und 325, abrufbar unter: http://italaw.com; siehe dazu auch Bischoff, WM 2012, 1371,1373).
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In den zahlreichen Klagen von Anlegern gegen die Beklagte vor New Yorker Bundesgerichten stand zuletzt nur noch die Problematik der pari passuKlauseln zur Diskussion, während ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten nicht erörtert wurde (vgl. etwa Urteil des New Yorker Court of Appeal vom 26. Oktober 2012 in Sachen NML Capital Ltd. v. Republic of Argentina; dazu und zu weiteren Entscheidungen siehe Sandrock, RIW 2014, 703 ff. mwN). Zuletzt hat der US Supreme Court mit Urteil vom 16. Juni 2014 die im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens getroffene discovery-Anordnung eines New Yorker Gerichts hinsichtlich desjenigen Vermögens der Beklagten, das außerhalb der USA belegen ist, in vollem Umfang bestätigt (Republic of Argentina v. NML Capital Ltd., No. 12-842; abrufbar unter: www.supremecourt.gov).
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In Deutschland hat neben dem Berufungsgericht auch das in diversen Verfahren mit Argentinien-Anleihen befasste Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten verneint (vgl. nur OLG Frankfurt am Main, NJW 2006, 2931, 2932 ff.; Urteile vom 9. März 2012 - 8 U 149/11, juris Rn. 45, 47 und vom 4. Mai 2012 - 8 U 188/11, juris Rn. 29). Ein solches ist bislang auch vom Senat nicht angenommen worden (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2013 - XI ZR 160/12, WM 2013, 1264 ff.; Senatsbeschlüsse vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris und vom 13. November 2012 - XI ZR 161/12, juris).
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(4) Schließlich wird auch im völkerrechtlichen Schrifttum - soweit es sich dazu überhaupt äußert - die Einführung eines Restrukturierungsverfahrens für Staatsinsolvenzen zwar für wünschenswert gehalten, das verbindliche Vorhandensein solcher Regelungen aber einhellig verneint (vgl. nur Herdegen, WM 2011, 913, 914 ff.; Paulus/van den Busch, WM 2014, 2025; Sester, WM 2011, 1057, 1062 ff.; jeweils mwN).
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(5) Die Revision kann ihre abweichende Rechtsauffassung auch nicht auf das UNCTAD-Prinzip Nr. 7 stützen. Dieses hat sinngemäß folgenden Wortlaut: "Treten Umstände ein, in denen ein Staat offenkundig nicht in der Lage ist, seine Schulden zu bedienen, haben alle Kreditgeber die Pflicht, sich nach Treu und Glauben und kooperativ zu verhalten, um eine einvernehmliche Umschul- dung der Verbindlichkeiten zu erreichen. Gläubiger sollten eine schnelle und geordnete Lösung für das Problem anstreben."
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In dem UNCTAD-Prinzip Nr. 7 kommt jedoch noch keine für die Staatengemeinschaft verbindliche Grundregel nationaler Insolvenzrechtsordnungen dahingehend zum Ausdruck, dass es zu einer bestmöglichen Befriedigung unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots aller Gläubiger kommen soll. Zielsetzung der UNCTAD-Prinzipien ist vielmehr - was auch die Resolution Nr. A/Res/68/304 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. September 2014 eindeutig belegt - erst die Schaffung neuen Rechts, nicht dagegen die Beschreibung bereits bestehenden Völkerrechts. Dies ergibt sich aus der konsolidierten Fassung des UNCTAD-Papiers vom 10. Januar 2012 (abrufbar unter: www.unctad.org). Danach sollte die UNCTAD in einem "ersten Schritt" lediglich allgemeine Prinzipien für die staatliche Aufnahme und Vergabe von Krediten als Leitlinien entwickeln und Einigkeit über eine Reihe international anerkannter Prinzipien "zur Verhinderung einer unverantwortlichen Staatsfinanzierung" erzielen. In einem zweiten Schritt sollten auf staatlicher und regionaler Ebene Rückmeldungen zur Gestaltung der Prinzipien und zur Möglichkeit ihrer freiwilligen Umsetzung durch die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen eingeholt werden.
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Dieser bloß in die Zukunft weisende Charakter des UNCTAD-Prinzips Nr. 7 kommt auch unzweifelhaft in der mit "Konsequenzen" ("implications") überschriebenen Begründung dieses Vorschlags zum Ausdruck. Darin heißt es zutreffend, dass "bis heute … kein universeller Mechanismus zur Restrukturie- rung von Staatsschulden eingerichtet worden" ist. Gerate ein Schuldnerstaat in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten, habe er daher keine andere Wahl, als an seine Gläubiger mit dem Ziel einer "einvernehmlichen Umschuldung" der Schuldenlast heranzutreten. Aufgrund dessen "sollten" Kreditgeber bereit sein, nach Treu und Glauben in Verhandlungen mit dem Schuldner und anderen Gläubigern einzutreten, um eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden. Ferner wird noch ergänzend ausgeführt, dass ein Gläubiger, der Schuldverschreibungen eines Staates in finanzieller Notlage mit der Absicht erwerbe, außerhalb des einvernehmlichen Umschuldungsprozesses eine bevorzugte Befriedigung seiner Forderung zu erzwingen, rechtsmissbräuchlich handle.
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(6) Schließlich zeigt die Revision keine entgegenstehende einschlägige Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum auf, die Zweifel an dem Fehlen völkerrechtlicher Regelungen für eine in geordneten, insolvenzrechtsähnlichen Bahnen geleitete Restrukturierung eines Staates erwecken könnten, geschweige denn, das Bestehen solcher Regelungen belegen würden. In dem von ihr vorgelegten Privatgutachten Goldmann werden vielmehr lediglich Lösungsansätze gesucht, um dem als ordnungspolitisch unerwünscht eingestuften Verhalten der Holdout-Gläubiger zu begegnen. Dabei wird eingeräumt, dass bislang kein Gericht einem Schuldnerstaat eine (dauerhafte) Einrede gegen HoldoutGläubiger wegen Rechtsmissbräuchlichkeit zugestanden habe (S. 31) und sich das Völkerrecht erst in der Phase der Anpassung befinde (S. 22). Davon abgesehen wird in dem Gutachten auch verkannt, dass die Staaten - was im Einzelnen nachfolgend ausgeführt wird - mehrheitlich nicht einen insolvenzrechtlichen , d.h. öffentlich-rechtlichen Ansatz eines geordneten Umschuldungsverfahrens , sondern einen privatrechtlichen Ansatz einer Einbeziehung sogenannter Collective Action Clauses verfolgen.
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bb) Entgegen der Revision ergibt sich aus der in den letzten Jahren zu verzeichnenden sukzessiven Verbreitung von sogenannten Collective Action Clauses (im Folgenden: CAC) nichts anderes. Dabei handelt es sich um einen Oberbegriff für im Einzelfall unterschiedlich ausgestaltete Anleihebedingungen, denen gemein ist, dass sie qualifizierte Mehrheitsentscheidungen auf Gläubigerseite mit Bindungswirkung für alle Gläubiger vorsehen. Solche Klauseln müssen jedoch zu ihrer Anwendbarkeit wirksam Bestandteil der Anleihebedingungen geworden sein und können nicht unabhängig davon als rechtsverbindlich angesehen werden, ob eine entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen worden ist.
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(1) Wie aus dem von der Beklagten beauftragten Rechtsgutachten von Tietje/Lehmann hervorgeht, waren CAC im englischen Recht bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts gebräuchlich. Des Weiteren wurden im Jahre 1922 tschechische Anleihen in Absprache mit dem Völkerbund ausgegeben, die eine Mehrheitsentscheidung von Gläubigern ermöglichten, um die Anleihebedingungen nachträglich zu ändern. Auch in Japan sollen CAC bereits vor dem Jahr 2002 obligatorisch gewesen sein (Gutachten, S. 21 mwN; siehe auch Seitz, Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) in Staatsanleihen des europäischen Währungsraumes, 2014, S. 30 ff.). Am 20. April 2002 beschlossen die Finanzminister und Notenbankchefs der G-7-Staaten einen Aktionsplan für emerging markets (abrufbar unter: www.g7.utoronto.ca) und forderten unter anderem, Staatsanleihen nur noch mit CAC auszugeben. Im April 2003 verpflichteten sich die EU-Mitgliedstaaten in der Absicht, "mit gutem Beispiel" voranzugehen , künftig Umschuldungsklauseln in ihre nach fremdem Recht emittierten Anleihen aufzunehmen (siehe dazu Mitteilung der Kommission an den Rat - Überprüfung der Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten nach Artikel 119 EG-Vertrag vom 25. Juli 2005, KOM/2005/0331 endg., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu; Monatsbericht der Europäischen Zentralbank, November 2003, S. 75).
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Diese Umstände haben indes dem Bundesverfassungsgericht keinen Anlass gegeben, sie in der maßgeblichen Entscheidung vom 8. Mai 2007 zu erörtern , obwohl sich daraus - vom Rechtsstandpunkt der Revision aus gesehen - eine allgemeine Regel des Völkerrechts ergeben soll, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand zeitweise oder unter Berufung auf den Abschluss einer Umschuldungsvereinbarung mit den Gläubigern (hier: die Umschuldungsvereinbarung aus dem Jahr 2005) teilweise zu verweigern. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass das Bundesverfassungsgericht ein solches Leistungsverweigerungsrecht verneint hat, falls nicht in den streitgegenständlichen Anleihebedingungen - wie hier nicht - eine solche Möglichkeit rechtsverbindlich vereinbart worden ist.
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(2) Diese Sichtweise entspricht auch dem gegenwärtigen Rechtszustand. Danach müssen CAC zu ihrer Gültigkeit ausdrücklich in den Anleihebedingungen vereinbart worden sein. Dies ergibt sich aus den einschlägigen Rechtsgrundlagen.
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In der Europäischen Union sind CAC durch Art. 12 Abs. 3 des Vertrages über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zwingend für Staatsanleihen im Euroraum seit dem 1. Januar 2013 vorgesehen. Damit haben sich die Mitgliedstaaten der Eurozone für eine Lösung auf vertraglicher, d.h. zivilrechtlicher Grundlage entschieden und damit die vor allem vom IWF befürwortete "große" Lösung eines umfassenden insolvenzrechtlichen Ansatzes, also der Einführung eines insolvenzartigen Verfahrens für Staaten namens "Sovereign Debt Resolution Mechanism" (SDRM; siehe dazu Keller in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, 2004, S. 155, 165; Paulus, WM 2002, 725) - zumindest vorerst - zurückgestellt (vgl. European Council, EUCO 10/11 vom 25. März 2011, S. 29; siehe auch Sester, WM 2011, 1057 f. mwN; Seitz, Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) in Staatsanleihen des europäischen Währungsraumes, 2014, S. 15 spricht sogar von einem politischen Scheitern des SDRM).
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Vergleichbare Regelungen im nationalen (deutschen) Recht sehen die bereits am 5. August 2009 in Kraft getretenen §§ 5 ff. des Schuldverschreibungsgesetzes für die Anleihebedingungen der unter dieses Gesetz fallenden Schuldverschreibungen und die mit Wirkung zum 19. September 2012 eingefügten §§ 4a bis 4k des Bundesschuldenwesengesetzes für die Emissionsbedingungen der vom Bund begebenen Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von über einem Jahr vor. Ihnen ist gemein, dass die Möglichkeit zu einer Änderung der Anleihebedingungen, wie insbesondere eine solche zum Zwecke der Umschuldung, bereits in den ursprünglichen Anleihebedingungen vorgesehen sein muss. Die Änderung des Bundesschuldenwesengesetzes diente der Umsetzung der Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus Art. 12 Abs. 3 des Vertrages über den Europäischen Stabilitätsmechanismus, die Verwendung von Umschuldungsklauseln durch Ergänzung der Emissionsbedingungen von Bundeswertpapieren mit einer Laufzeit von über zwölf Monaten vorzusehen. Dies wäre allerdings auch ohne eine Gesetzesänderung durch schlichte Einfügung entsprechender Klauseln in den Anleihebedingungen möglich gewesen. Die Gesetzesänderung sollte daher vor allem dem Umstand Rechnung tragen, dass Emissionsbedingungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteile vom 5. Oktober 1992 - II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 312, vom 28. Juni 2005 - XI ZR 363/04, BGHZ 163, 311, 314, vom 30. Juni 2009 - XI ZR 364/08, WM 2009, 1500 Rn. 20 und vom 29. April 2014 - II ZR 395/12, WM 2014, 1076 Rn. 24) Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen und daher einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Um die Anleihebedingungen insoweit der gerichtlichen Kontrolle zu entziehen, übernehmen das Schuldverschrei- bungsgesetz und das Bundesschuldenwesengesetz jeweils die Funktion eines Leitbildes, das die wesentlichen Inhalte der unter den Staaten der Eurozone abgestimmten Umschuldungsklauseln nachzeichnet und damit "kontrollfest" macht (BT-Drucks. 16/12814, S. 1 f., 13 f. und BT-Drucks. 17/9049, S. 1 f., 7; zur Möglichkeit der Änderung der Anleihebedingungen von Altschuldverschreibungen nach § 24 Abs. 2 SchVG siehe BGH, Urteil vom 1. Juli 2014 - II ZR 381/13, BGHZ 202, 7).
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(3) Diese Rechtslage spricht eindeutig gegen eine allein völkerrechtlich begründete Geltung von CAC ohne eine entsprechende Vereinbarung in den Anleihebedingungen. Es sind insoweit keine Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum ersichtlich, die ein darauf gründendes Leistungsverweigerungsrecht des insolventen Staates bejaht hätten. Die oben angeführten Entscheidungen des ICSID-Schiedsgerichts und der US-amerikanischen Gerichte haben ein solches Recht nicht angenommen. Soweit im völkerrechtlichen Schrifttum das zivilrechtliche Modell der Vereinbarung von CAC erörtert wird, wird - teilweise unausgesprochen - davon ausgegangen, dass solche Umschuldungsklauseln nur im Falle ihrer ausdrücklichen Vereinbarung in den Anleihebedingungen Geltung beanspruchen können, ihnen jedoch keine rückwirkende Geltung als allgemeine Regel zukommt (vgl. Herdegen, WM 2011, 913, 914 f.; Kolling, BKR 2007, 481, 488; Paulus/van den Busch, WM 2014, 2025, 2029 ff.; Sester, WM 2011, 1057, 1063 f.; Tietje/Szodruch, ZBB 2007, 498, 503).
39
Die Bemühungen zur Verwirklichung einer Gleichbehandlung der Gläubiger eines überschuldeten Staates, zu denen neben der Einbeziehung von CAC in die Anleihebedingungen auch das vom IWF entwickelte SDRM-Konzept gehört , wären unnötig, wenn die Gläubiger schon heute bzw. nach Auffassung der Revision sogar schon seit Beginn des 21. Jahrhunderts aufgrund einer allge- meinen Regel des Völkerrechts zu einem kooperativen Schuldenmanagement verpflichtet wären und einem dazu nicht bereiten Gläubiger kein Rechtsschutz gewährt werden dürfte (so bereits Ohler, JZ 2005, 590, 595).
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(4) Weder die Revision noch die von der Beklagten vorgelegten Rechtsgutachten zeigen insoweit einschlägige Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum auf, die eine Geltung von CAC auch ohne eine entsprechende Vereinbarung , d.h. in Form einer allgemein anerkannten Regel des Völkerrechts, bejahen. Insoweit legt die Revision auch nicht dar, welchen näheren Inhalt diese Regel haben sollte. Wie die genannten gesetzlichen Vorschriften des Schuldverschreibungsgesetzes und des Bundesschuldenwesengesetzes wie auch entsprechende Anleihebedingungen zeigen, regeln diese - entgegen der Revision - nicht "nur noch Feinheiten" eines solchen Verfahrens zur Änderung der Anleihebedingungen, sondern legen deren Grundlagen - insbesondere auch zum Schutz der Gläubiger - fest. Ohne entsprechende Regelungen bliebe unter anderem offen, welche Maßnahmen Gegenstand einer Beschlussfassung der Gläubiger sein können, mit welchem Stimmenquorum sie zu ihrer Verbindlichkeit getroffen werden müssen, wer stimmberechtigt ist, wie er seine Stimme abgeben kann, ob er sich vertreten lassen kann, wer mit welcher Frist und an welchem Ort die Gläubigerversammlung einberufen kann, wie dies und gegebenenfalls gefasste Beschlüsse bekannt zu machen sind und auf welche Weise solche Beschlüsse einer gerichtlichen Kontrolle unterworfen werden können.
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d) Einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 2 i.V.m. Art. 25 GG bedarf es nicht. Danach ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen, wenn in einem Rechtsstreit objektiv zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (vgl. BVerfGE 109, 13, 23 f.). Dies setzt voraus, dass das erkennende Gericht bei der Prüfung der Frage, ob und mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt, auf ernstzunehmende Zweifel stößt, mag das Gericht selbst auch keine Zweifel haben (vgl. BVerfGE 23, 288, 316 ff.; 64, 1, 13 ff.; 96, 68, 77; 109, 13, 23). Ernstzunehmende Zweifel bestehen dann, wenn das Gericht von der Meinung eines Verfassungsorgans oder von den Entscheidungen hoher deutscher , ausländischer oder internationaler Gerichte oder von den Lehren anerkannter Autoren der Völkerrechtswissenschaft abweichen würde (vgl. BVerfGE 23, 288, 319; 96, 68, 77; 109, 13, 23). Anzeichen mangelnder Eindeutigkeit sind Meinungsverschiedenheiten in der Frage, ob oder mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt (vgl. BVerfGE 64, 1, 15). Bestehen solche Zweifel nicht, ist die Rechtslage also offenkundig, sind die Gerichte dagegen auch in Völkerrechtsfragen uneingeschränkt selbst prüfungs- und entscheidungsberechtigt und -verpflichtet (vgl. BVerfG [1. Kammer des Zweiten Senats], NJW 1986, 1427; BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 - III ZR 245/98, BGHZ 155, 279, 284 f.). So liegt der Fall hier.
42
Im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Mai 2007 (BVerfGE 118, 124) war die erste Umschuldung durch die Beklagte , bei der mehr als 75% aller Anleihegläubiger ihre notleidenden gegen neue Staatsanleihen getauscht hatten (vgl. Sester, NJW 2006, 2891), bereits erfolgt, ohne dass das Bundesverfassungsgericht - sei es auch nur auf einen entsprechenden Vortrag der Beklagten - Anlass gesehen hätte, diesen Gesichtspunkt in seiner Entscheidung zu erörtern, obwohl bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Revision als richtig die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage dann nicht gegeben gewesen wäre. Aufgrund dessen spricht nichts dafür, dass bereits vor Mai 2007 eine von der Revision behauptete Regel des Völkerrechts mit dem Inhalt bestanden hätte, dem insolventen Staat stehe gegenüber seinen Gläubigern bis zum Abschluss einer Umschuldungsvereinbarung ein Leistungsverweigerungsrecht zu.
43
Wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist, bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich eine solche Regel im Hinblick auf die Weltfinanzmarktkrise nach dem Jahr 2007 entwickelt hätte. Vielmehr lässt sich dies eindeutig verneinen. Ernsthafte objektive Zweifel, die gegen diesen Befund sprechen könnten, bestehen nicht und werden auch von der Revision nicht aufgezeigt.
44
2. Davon abgesehen steht der Beklagten vorliegend auch dann kein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn eine ihrer Behauptung entsprechende allgemeine Regel des Völkerrechts existieren würde, wonach auch private Gläubiger grundsätzlich verpflichtet sind, sich an einer geordneten Umstrukturierung der Schulden eines notleidend gewordenen Staates zu beteiligen. Die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Berechtigung der Einrede obliegt dem Fachgericht und unterfällt nicht der Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, NJW 2006, 2907 Rn. 7 ff.; Beschluss vom 14. September 2006 - 2 BvR 1504/06 u.a., Umdruck, S. 7; BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
45
a) Nach allgemeinen Grundsätzen - auf die auch die Revision unter Anknüpfung an § 242 BGB und § 313 BGB abstellt - gebieten Treu und Glauben, dass die Parteien eines Schuldverhältnisses je nach dessen Inhalt auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen haben. Allerdings muss eine Vertragspartei keine allgemeine Interessenverfolgung zu Gunsten der anderen betreiben, weil die Parteien häufig gegenläufige Interessen haben. Deshalb sind sie nicht verpflichtet, gleich- oder höherrangige Interessen hinter die des anderen Teils zurückzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 220/11, NJW 2012, 2184 Rn. 23). Nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse rechtfertigen eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung. Eine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage ist vielmehr erst dann als missbräuchlich und unzulässig anzusehen, wenn dem anderen Vertragsteil ein Festhalten an den vertraglichen Vereinbarungen unzumutbar ist (vgl. nur BGH, Urteile vom 8. Februar 2006 - VIII ZR 304/04, NJW-RR 2006, 1037 Rn. 10 und vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10, WM 2012, 2020 Rn. 30). Unzumutbarkeit setzt in der Regel voraus, dass das Festhalten am Vertrag für den betroffenen Vertragspartner zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde. Dies erfordert eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung (vgl. BGH, Urteile vom 11. Oktober 1994 - XI ZR 189/93, BGHZ 127, 212, 218 und vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10, WM 2012, 2020 Rn. 30).
46
b) Nach diesen Maßgaben kann ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers nicht bejaht werden. Nach Auffassung der Beklagten handele der Kläger rechtsmissbräuchlich, soweit er mehr verlange, als er bei einer Teilnahme an den Umschuldungen in den Jahren 2005 und 2010 erhalten hätte. Damit wolle er im Ergebnis einen ungerechtfertigten Sondervorteil auf Kosten derjenigen Gläubiger der Beklagten erlangen, die durch ihre Vermögensopfer die Sanierung des Staatshaushalts der Beklagten ermöglicht hätten. Damit kann sie indes nicht durchdringen.
47
aa) Die Voraussetzungen für die von der Beklagten erhobene Einrede des Rechtsmissbrauchs, wonach ein privater Gläubiger treuwidrig handele, wenn er sich nicht an einer geordneten Umstrukturierung der Schulden eines notleidend gewordenen Staates beteilige, liegen bereits im Ausgangspunkt nicht vor. Bei dem Erlass des argentinischen Notstandsgesetzes und des Zahlungsmoratoriums handelt es sich nicht um ein geordnetes Umschuldungsverfahren , sondern um einseitige Maßnahmen der Beklagten als Schuldnerin, mit denen sie eigenständig über die Aussetzung der Zahlungen an ihre Gläubiger entschieden hat. Die von ihr erlassenen Vorschriften dienen in erster Linie den Interessen des argentinischen Staates (vgl. Art. 1 und 19 des Gesetzes Nr. 25.561).
48
bb) Dem Kläger war es mangels Vorhandenseins eines einheitlichen oder eines kodifizierten Konkursrechts der Staaten oder internationaler Normen für die Durchführung eines Umschuldungsverfahrens weder zuzumuten, sich an dem von der Beklagten durchgeführten Restrukturierungsverfahren zu beteiligen , noch muss er sich dessen Ergebnis entgegenhalten lassen. Für ihn war insbesondere nicht erkennbar, auf welcher Grundlage und nach welchen Maßgaben die Gläubiger auf den Umschuldungsvorschlag der Beklagten eingegangen sind. Insbesondere ist offen, ob die Verhandlungen einen für die Gläubiger günstigeren Ausgang genommen hätten (z.B. in Form von Besserungsscheinen ), wenn sie - etwa im Rahmen eines geordneten Insolvenzverfahrens - besser organisiert gewesen wären (vgl. dazu Sester, NJW 2006, 2891, 2892). Des Weiteren durfte der Kläger darauf vertrauen, dass die Beklagte - unabhängig von der Frage der Wirksamkeit solcher Klauseln in Deutschland - wegen des Fehlens einer Umschuldungsklausel in den Anleihebedingungen die von ihm gezeichnete Anleihe auch im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten in voller Höhe bedienen und ihm jedenfalls nicht eine mit anderen Gläubigern getroffene Umschuldungsvereinbarung entgegenhalten würde. Dieses Vertrauen durfte der Kläger darauf gründen, dass die Beklagte in anderen Staaten auch Anleihen mit CAC unterschiedlichen Inhalts emittiert hat (vgl. dazu Kolling, BKR 2007, 481, 487 f.; Sester, WM 2011, 1057, 1061).
49
Darüber hinaus fehlt es an einem substantiierten Vorbringen der Beklagten , dass die Bezahlung der eingeklagten Forderung in Höhe von 3.067,75 € nebst Zinsen eine schwerwiegende Bedrohung eines essenziellen Interesses, wie zum Beispiel den Ausfall oder einen drohenden Ausfall essenzieller Staatsfunktionen im Bereich der Sicherheit und Daseinsvorsorge zur Folge hätte (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Lübbe-Wolff in ihrem Sondervotum, BVerfGE 118, 124, 146, 150 ff.).
50
Schließlich spricht gegen ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten nach Treu und Glauben auch der Umstand, dass die Beklagte dieses nicht gegenüber allen Gläubigern durchsetzen kann, wie etwa das in den USA anhängige Verfahren der Beklagten gegen NML Capital Ltd. zeigt. In der bislang letzten Entscheidung des Supreme Court of the United States vom 16. Juni 2014 (No. 12-842), die ein Vollstreckungsverfahren betrifft, ergibt sich aus den Gründen nicht, dass die Beklagte unter Berufung auf eine allgemeine Regel des Völkerrechts ein daraus abgeleitetes Leistungsverweigerungsrecht geltend gemacht hätte.
51
3. Entgegen der Revision steht der Beklagten die Einrede eines Leistungshindernisses wegen des argentinischen Zahlungsmoratoriums auch nicht nach den Regeln des Internationalen Privatrechts zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats kann ein Staat die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche gegenüber Privatpersonen nicht unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand verweigern (vgl. BVerfGE 118, 124; Senatsbeschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
52
Die dagegen von der Revision vorgebrachten Einwände rechtfertigen keine andere Entscheidung. Da die Anleihe vor dem 17. Dezember 2009 bege- ben wurde, unterliegt sie gemäß Art. 28 Rom-I-VO nicht den Regelungen dieser Verordnung, sondern Art. 27 ff. EGBGB a.F. Entgegen der Revision kann danach das argentinische Zahlungsmoratorium kein Leistungshindernis begründen. Bei dem Zahlungsmoratorium und den zu seiner Durchsetzung erlassenen Regelungen handelt es sich aus interlokaler Sicht um "ausländische" international zwingende Bestimmungen (Eingriffsnormen; vgl. MünchKommBGB/Martiny, 4. Aufl., Art. 34 EGBGB Rn. 7 ff., 9; Palandt/Thorn, BGB, 68. Aufl., Art. 34 EGBGB Rn. 4, 5), und zwar hier aus einer Rechtsordnung, die weder das Vertragsstatut stellt, noch der lex fori angehört (sog. drittstaatliche Normen; vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1994 - III ZR 70/93, BGHZ 128, 41, 52; MünchKomm /Martiny, aaO Rn. 37). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind ausländische Eingriffsnormen, die - wie hier - allein der Verwirklichung wirtschaftlicher oder staatspolitischer Ziele des rechtsetzenden Staates selbst dienen, nur zu beachten, wenn und soweit dieser die Möglichkeit besitzt, die Bestimmungen durchzusetzen, etwa, wenn sie auf seinem Territorium belegene Sachen und Rechte oder Handlungen, die dort zu vollziehen sind, betreffen (vgl. BGH, Urteile vom 17. Dezember 1959 - VII ZR 198/58, BGHZ 31, 367, 371, vom 16. April 1975 - I ZR 40/73, BGHZ 64, 183, 188 ff. und vom 17. November 1994 - III ZR 70/93, BGHZ 128, 41, 52 f.). Das ist hier nicht der Fall.
53
Die Revision kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Wirkungen eines Auslandskonkurses oder eines ausländischen Zwangsvergleichs im Inland berufen. Nach dieser Rechtsprechung erfasst ein solches Verfahren das im Inland belegene Vermögen des Gemeinschuldners , weil der Konkurs oder der Zwangsvergleich - anders als Enteignung und Konfiskation - nicht dem Staat, sondern ausschließlich allen Gläubigern des Gemeinschuldners und ihrer gleichmäßigen Befriedigung dient (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juli 1985 - IX ZR 178/84, BGHZ 95, 256, 263 ff. und vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 80 ff.). Voraussetzung für die An- erkennung ist allerdings, dass es sich bei dem Auslandsverfahren nach den inländischen Rechtsgrundsätzen überhaupt um ein Insolvenz-(Konkurs- oder Vergleichs-)Verfahren handelt (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juli 1985 - IX ZR 178/84, BGHZ 95, 256, 269 f. und vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 80). Daran fehlt es hier. Das argentinische Notstandsgesetz und das Zahlungsmoratorium sind einem Insolvenzverfahren funktionell nicht vergleichbar , weil die Beklagte als Schuldnerin eigenständig über die Aussetzung der Zahlungen an ihre Gläubiger entschieden hat und es sich daher nicht um ein staatlich geordnetes Verfahren handelt, das der Kontrolle und Aufsicht durch eine neutrale Stelle unterliegt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 89). Zudem dienen die von der Beklagten erlassenen Vorschriften in erster Linie den Interessen des argentinischen Staates (vgl. Art. 1 und 19 des Gesetzes Nr. 25.561).
54
Soweit aufgrund dessen die argentinische Notstandsgesetzgebung allenfalls auf materiell-rechtlicher Ebene, d.h. hier nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), Berücksichtigung finden können, scheidet dies vorliegend - wie bereits oben ausgeführt worden ist - aus.
55
4. Aufgrund dessen steht dem Kläger auch der geltend gemachte Verzögerungsschaden von 300 € zu. Die diesbezüglichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Revision nicht angegriffen und lassen auch keinen Rechtsfehler erkennen.
Joeres Grüneberg Maihold Menges Derstadt

Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.04.2013 - 30 C 2877/11 (20) -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 13.01.2014 - 2-24 S 95/13 -

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X I Z R 4 7 / 1 4 Verkündet am:
24. Februar 2015
Herrwerth,
Justizangstellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Februar 2015 durch den Richter Dr. Joeres als Vorsitzenden, die Richter
Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und
Dr. Derstadt

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. Januar 2014 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht gegen den beklagten Staat Zinsansprüche aus einer von diesem begebenen Inhaberschuldverschreibung geltend.
2
Die Beklagte emittierte im Jahr 1996 die 11¾% Deutsche Mark-Anleihe 1996/2026 im Gesamtnennbetrag von 500 Mio. DM (Wertpapierkennnummer …10) in unterschiedlicher Stückelung und jeweils effektiv verbrieften und girosammelverwahrten Inhaber-Schuldverschreibungen zu bestimmten Nennbeträgen nebst in Zinsscheinen verbrieften Zinsansprüchen. In den Anleihebedingungen wurden die Anwendung deutschen Rechts und der Gerichtsstand Frankfurt am Main bestimmt. Ferner verpflichtete sich die Beklagte, an den jeweiligen Inhaber der Zinsscheine nachträglich zum 13. November eines jeden Jahres, erstmals zum 13. November 1997, Zinsen in Höhe von jährlich 11¾% des Nominalbetrags zu zahlen. Der Kläger erwarb von der Anleihe fünf InhaberSchuldverschreibungen über jeweils 10.000 DM mit den Nummern …01, …91 , …32, …33 und …34.
3
Die Beklagte sieht sich seit 1999 mit erheblichen volkswirtschaftlichen Problemen konfrontiert, die sich zumindest zeitweise bis zu einer Finanzkrise des Staates ausgeweitet hatten. Mit Gesetz Nr. 25.561 über den öffentlichen Notstand und die Reform des Wechselkurssystems vom 6. Januar 2002 erklärte sie den "öffentlichen Notstand auf sozialem, wirtschaftlichem, administrativem, finanziellem und währungspolitischem Gebiet". Auf der Grundlage der daraufhin erlassenen Verordnung Nr. 256/2002 vom 6. Februar 2002 zur Umstrukturierung der Verbindlichkeiten und Schuldenzahlungen der argentinischen Regierung wurde der Auslandsschuldendienst durch die Beklagte ausgesetzt, um ihn neu zu ordnen. Das Gesetz über den öffentlichen Notstand wurde immer wieder - zuletzt bis zum 31. Dezember 2015 - verlängert. Aufgrund dessen fiel auch der Kläger mit den auf die von ihm erworbene Staatsanleihe anfallenden Zinsen aus. Die Zinsansprüche für das Jahr 2003 klagte er in einem anderen Rechtsstreit mit Erfolg ein.
4
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die Zahlung der am 13. November 2005 fällig gewordenen Zinsen aus den von ihm gehaltenen fünf Inhaber-Schuldverschreibungen in Höhe von insgesamt 3.003,84 € (= 5.875 DM) gegen Aushändigung der Zinsscheine Nummer zu den von der Beklagten ausgegebenen 11¾% Deutsche Mark-Inhaberschuldverschreibungen mit der Wertpapierkennnummer …10, Stückenummer …01, …91 , …32, …33 und …34, und Schadensersatz in Höhe von mindestens 300 € als im Zusammenhang mit dem Zinsausfall entstandenen Wiederanlageschaden nebst Rechtshängigkeitszinsen; ferner hat er die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Zahlungsverweigerung entstanden sei oder noch entstehen werde. Die Beklagte beruft sich im Hinblick auf das von ihr erklärte Zahlungsmoratorium und die mit anderen Gläubigern geschlossenen Umstrukturierungsvereinbarungen auf ein völkerrechtliches Leistungsverweigerungsrecht gegenüber sogenannten Holdout-Gläubigern. Das Amtsgericht hat der Klage mit Ausnahme des Feststellungsantrags und im Hauptantrag im Wege der Zug-um-Zug-Leistung stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Verurteilung zur Zahlung nicht Zug um Zug, sondern gegen Aushändigung der Zinsscheine zu erfolgen hat. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist unbegründet.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - ausgeführt:
7
Das Amtsgericht habe zu Recht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus der streitgegenständlichen Inhaberschuldverschreibung auf Zahlung des am 13. November 2005 fällig gewordenen Zinsbetrags von 3.003,84 € gemäß § 793 BGB in Verbindung mit den Anleihebedingungen bejaht. Der Beklagten stehe gegenüber dem Kläger kein Leistungsverweigerungsrecht zu.
8
Das von der Beklagten vorgelegte Rechtsgutachten von Tietje/Lehmann, wonach aufgrund eines völkerrechtlichen Gewohnheitsrechts die wirtschaftliche und finanzielle Staatsinsolvenz der Beklagten zu berücksichtigen seien, sei nicht überzeugend. Das Gutachten begründe nicht die Feststellung eines entsprechenden völkerrechtlichen Grundsatzes bzw. Gewohnheitsrechts, wonach eine solche nachträgliche Einwirkung auf die verbrieften Staatsanleihen privater Gläubiger gerechtfertigt sein könnte. Das Gutachten beruhe vor allem auf der These, dass im Hinblick auf die jüngsten Entwicklungen im Rahmen der internationalen Staatengemeinschaft grundsätzlich ein völkerrechtliches Gewohnheitsrecht in dem Sinne erkannt werden müsste, dass die Mehrheit von Gläubigern solcher Staatsanleihen im Falle einer qualifizierten Mehrheitsentscheidung (75 Prozent der Gläubiger solcher Inhaberschuldverschreibungen) an den Konsens gebunden seien, und sich eine Minderheit nicht auf Kosten der Mehrheit einen Sondervorteil sichern dürfe. Dem könne indes bereits deswegen nicht gefolgt werden, weil in dem Gutachten ein solches völkerrechtliches Gewohnheitsrecht nicht nachvollziehbar dargestellt werde. Das Gutachten begründe dies damit, dass die Bedingungen von Staatsanleihen heute regelmäßig sogenannte Collective Action Clauses enthielten, die im Nachhinein eine Schuldenumstrukturierung durch Mehrheitsentscheid der Gläubiger ermöglichen würden. Dies übersehe jedoch, dass es im völkerrechtlichen Bereich erst der Einführung solcher Klauseln bedurft habe, um überhaupt eine solche Möglichkeit im Rahmen von Staatsanleihen zu schaffen. Aufgrund dessen verbiete es sich, in der Schaffung und Einbeziehung solcher Klauseln rückwirkend eine entsprechende gewohnheitsrechtliche Praxis zu sehen, weil es dann solcher Klauseln als Grundlage späterer Schuldumschaffungen nicht bedurft hätte.
9
Darüber hinaus überzeuge das Gutachten auch deshalb nicht, weil die Autoren ihren Auftraggeber nicht benannt hätten, so dass Misstrauen gegen die wissenschaftliche Neutralität der von ihnen vertretenen Rechtsmeinung beste- hen würde. Außerdem hätten die Gutachter durch die Bezugnahme auf den Schuldenschnitt für Griechenland oder die Forderungskürzung für Gläubiger zyprischer Banken weder eine für die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht erforderliche gefestigte Praxis (consuetudo) noch die zugehörige Überzeugung rechtlicher Verbindlichkeit (opinio iuris) belegt. Der "Fall Zypern" sei bereits deshalb nicht vergleichbar, weil die dortigen Maßnahmen private Schuldner betroffen hätten. Der "Fall Griechenland" sei erkennbar kein Beleg für eine gefestigte völkerrechtliche Praxis. Gegen eine solche Praxis spreche schließlich auch, dass die in dem Gutachten in Bezug genommenen "Principles on Promoting Responsible Sovereign Lending and Borrowing" der United Nations Conference on Trade and Development vom 10. Januar 2012 lediglich eine in die Zukunft gerichtete Empfehlung für den Fall einer Umstrukturierung von Staatsschulden seien und ihnen keine allgemeine, rückwirkende Geltung zukommen könne.
10
Schließlich stehe dem Kläger auch ein Schadensersatzbetrag von 300 € als Verzugsschaden nebst Rechtshängigkeitszinsen zu. Er habe unter Vorlage von Kaufabrechnungen entsprechend den Anforderungen der § 252 BGB, § 287 ZPO glaubhaft dargelegt, dass er die Zinserträge bei rechtzeitiger Zahlung in eine 7,82%-Anleihe der Beklagten investiert hätte.

II.

11
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht den vom Kläger im Berufungsverfahren noch geltend gemachten Anspruch auf Zahlung des am 13. November 2005 fällig gewordenen Zinsbetrags von 3.003,84 € gemäß § 793 BGB in Verbindung mit den Anleihebedingungen nebst einem Verzugsschaden von 300 € bejaht.
12
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagten kein auf dem Völkerrecht beruhendes Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Entgegen der Auffassung der Revision ist keine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG feststellbar, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung - wie hier - fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf ein rechtlich zu missbilligendes Verhalten von sogenannten Holdout-Gläubigern zu verweigern, um diese dadurch zu einer Beteiligung an einer mit der Mehrheit der Gläubiger zustande gekommenen Umschuldung der emittierten Staatsanleihen zu zwingen.
13
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Regel des Völkerrechts dann allgemein im Sinne des Art. 25 GG, wenn sie von der überwiegenden Mehrheit der Staaten anerkannt wird (vgl. BVerfGE 15, 25, 34; 118, 124, 134). Die Allgemeinheit der Regel bezieht sich auf deren Geltung, nicht auf den Inhalt, wobei eine Anerkennung durch alle Staaten nicht erforderlich ist. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass gerade die Bundesrepublik Deutschland die Regel anerkannt hat. Allgemeine Regeln des Völkerrechts sind Regeln des universell geltenden Völkergewohnheitsrechts, ergänzt durch aus den nationalen Rechtsordnungen tradierte allgemeine Rechtsgrundsätze (vgl. BVerfGE 15, 25, 32 ff.; 16, 27, 33; 23, 288, 317; 94, 315, 328; 96, 68, 86; 118, 124, 134). Ob eine Regel eine solche des Völkergewohnheitsrechts ist oder ob es sich um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz handelt, ergibt sich aus dem Völkerrecht selbst, welches die Kriterien für die Völkerrechtsquellen vorgibt. Nach einhelliger Auffassung bezieht sich Art. 25 GG dagegen nicht auf völkervertragliche Regelungen. Völkerrechtliche Verträge sind von den Fachgerichten selbst anzuwenden und auszulegen (vgl. BVerfGE 15, 25, 32 f., 34 f.; 16, 27, 33; 18, 441, 450; 59, 63, 89; 99, 145, 160; 118, 124, 134 f.). An die Feststellung einer allgemeinen Regel des Völkerrechts sind wegen der darin zum Ausdruck kommenden grundsätzlichen Verpflichtung aller Staaten hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfGE 118, 124, 135).
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Völkergewohnheitsrecht ist der Brauch, hinter dem die Überzeugung rechtlicher Verpflichtung steht. Seine Entstehung ist demnach an zwei Voraussetzungen geknüpft: erstens an das zeitlich andauernde und möglichst einheitliche Verhalten unter weit gestreuter und repräsentativer Beteiligung von Staaten und anderen, rechtsetzungsbefugten Völkerrechtssubjekten; zweitens an die hinter dieser Übung stehende Auffassung, "im Rahmen des völkerrechtlich Gebotenen und Erlaubten oder Notwendigen zu handeln" (opinio iuris sive necessitatis , vgl. BVerfGE 66, 39, 64 f.; 96, 68, 86 f.; 109, 13, 27 f.). Zu seiner Ermittlung sind die einschlägige Staatspraxis, die sich aus dem völkerrechtlich erheblichen Verhalten der Staatsorgane ergibt, sowie als Hilfsmittel richterliche Entscheidungen und völkerrechtliche Lehrmeinungen heranzuziehen. Ebenfalls zu berücksichtigen sind die Handlungen von Organen internationaler Organisationen und internationaler Gerichte sowie die Arbeiten der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen und weitere Vorschläge zur Kodifikation des Völkerrechts (BVerfGE 109, 13, 28; 117, 141, 150 f., 161; jeweils mwN).
15
Die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts (Art. 38 Abs. 1 lit. c IGH-Statut) sind im Wege der Rechtsvergleichung in einer Gesamtschau der großen Rechtsordnungen zu entwickelnde Prinzipien, die sich von ihrem Inhalt her auf die Rechtsbeziehungen in der Völkergemeinschaft und auf das Recht internationaler Organisationen übertragen lassen (vgl. BVerfGE 94, 315, 328; 96, 68, 86; 117, 141, 149 f.; BVerfG [1. Kammer des Zweiten Senats], NJW 1988, 1462, 1463). Dazu gehören etwa das Prinzip von Treu und Glauben (vgl. BVerfGE 16, 27, 63), der Vertrauensschutz oder die Verwirkung. Die allgemei- nen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts haben in erster Linie lückenfüllende Bedeutung (in Ergänzung von Völkervertrags- und Völkergewohnheitsrecht; vgl. Maunz/Dürig/Herdegen, GG, Stand: Juli 2014, Art. 25 Rn. 35 mwN).
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b) Nach diesen Maßgaben hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2007 - auf mehrere Vorlagen des Amtsgerichts Frankfurt am Main - im Zusammenhang mit anderen Staatsanleihen der Beklagten festgestellt, dass das Völkerrecht weder ein einheitliches noch ein kodifiziertes Konkursrecht der Staaten kennt (BVerfGE 118, 124, 135). Das Bundesverfassungsgericht hat dies damit begründet, dass zwar einzelne völkerrechtliche Abkommen allgemeine Notstandsklauseln enthielten, es aber bereits im Einzelfall eine Frage der Auslegung sei, ob diese sich überhaupt auf den wirtschaftlichen Notstand und auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse beziehen würden. Aufgrund dessen seien die Regelungen der Rechtsfolgen der Zahlungsunfähigkeit eines Staates nur fragmentarischer Natur und könnten, wenn sich die entsprechende Verfestigung anhand der völkerrechtlichen Kriterien nachweisen lasse, nur dem Völkergewohnheitsrecht oder den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zuzuordnen sein (BVerfG aaO).
17
Des Weiteren hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass zwar im Völkergewohnheitsrecht die Berufung auf den Staatsnotstand in solchen Rechtsverhältnissen anerkannt sei, die ausschließlich dem Völkerrecht unterliegen ; für eine Erstreckung der Rechtfertigung auf Privatrechtsverhältnisse zu privaten Gläubigern fehle es hingegen an Belegen für eine von der notwendigen Rechtsüberzeugung (opinio juris sive necessitatis) getragene Staatenpraxis (vgl. BVerfGE 118, 124, 135). Dabei hat sich das Bundesverfassungsgericht insbesondere mit Art. 25 des von der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen (International Law Commission - ILC) im Jahre 2001 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vorgelegten Konventionsentwurfs zum The- ma Responsibility of States for internationally wrongful acts befasst, der die Staatenverantwortlichkeit betrifft (im Folgenden: Art. 25 der ILC-Artikel zur Staatenverantwortlichkeit ). Diese Vorschrift stelle zwar geltendes Völkergewohnheitsrecht dar, enthalte aber lediglich einen Rechtfertigungsgrund in einem Völkerrechtsverhältnis (BVerfG aaO, S. 136 ff.). Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der einschlägigen Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte und den Stellungnahmen des völkerrechtlichen Schrifttums. Vielmehr erlaubten auch diese nicht die positive Feststellung einer allgemeinen Regel des Völkerrechts, wonach ein Staat über den auf Völkerrechtsverhältnisse beschränkten Anwendungsbereich des Art. 25 der ILC-Artikel zur Staatenverantwortlichkeit hinaus berechtigt wäre, nach Erklärung des Staatsnotstandes wegen Zahlungsunfähigkeit auch die Erfüllung fälliger Zahlungsansprüche in Privatrechtsverhältnissen gegenüber privaten Gläubigern zeitweise zu verweigern. Es fehle an einer einheitlichen Staatenpraxis, die einen solchen Rechtfertigungsgrund kraft Völkerrechts anerkenne (BVerfG aaO, S. 138 ff.).
18
c) Diese Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts haben nach wie vor Gültigkeit. Entgegen der Auffassung der Revision hat sich insbesondere nicht als Folge der Weltfinanzmarktkrise in den Jahren 2008 und 2009 und der sogenannten Euro-Rettungsmaßnahmen für Griechenland und Zypern eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG mit dem Inhalt herausgebildet , dass sich sämtliche privaten Gläubiger eines Staates im Falle eines wirtschaftlichen und finanziellen Staatsnotstands an einer Umstrukturierung der Schulden beteiligen müssen und dem notleidend gewordenen Staat bis zu einer entsprechenden Vereinbarung ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich fälliger Zahlungsansprüche aus Privatrechtsverhältnissen zusteht.
19
aa) Soweit die Revision ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten aus einer nach Art. 25 GG zu berücksichtigenden allgemeinen Regel des Völ- kerrechts zu begründen versucht, dass auf der Grundlage der von den Kulturvölkern anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätze gemäß Art. 38 Abs. 1 lit. c IGH-Statut zwei verallgemeinerungsfähige Prinzipien, nämlich die Gleichbehandlung aller Gläubiger und die Integrität eines geordneten Insolvenzverfahrens , herzuleiten seien, kann sie damit keinen Erfolg haben.
20
Denn in der Sache besagt dieser Ansatz nichts anderes, als dass dadurch das völkergewohnheitsrechtliche Institut des Notstands für den Sonderfall der Zahlungsunfähigkeit in Voraussetzungen und Rechtsfolgen konkretisiert wird. Im Kern beinhaltet er damit die Behauptung eines von der Staatengemeinschaft anerkannten Insolvenzrechts der Staaten. Ein solches besteht indes unzweifelhaft nicht. Nach den Regeln des Völkerrechts kann ein Staat die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche gegenüber Privatpersonen nicht unter Berufung auf einen wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand verweigern (vgl. BVerfGE 118, 124; BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
21
(1) Nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 8. Mai 2007 kannte das Völkerrecht zu diesem Zeitpunkt weder ein einheitliches noch ein kodifiziertes Konkursrecht der Staaten (BVerfGE 118, 124, 135). Das Bundesverfassungsgericht hat dies - wie bereits oben näher ausgeführt worden ist - vor allem damit begründet, dass zwar einzelne völkerrechtliche Abkommen allgemeine Notstandsklauseln enthielten, es aber bereits im Einzelfall eine Frage der Auslegung sei, ob diese sich überhaupt auf den wirtschaftlichen Notstand und auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse beziehen würden. Aufgrund dessen seien die Regelungen der Rechtsfolgen der Zahlungsunfähigkeit eines Staates nur fragmentarischer Natur. An diesem Befund hat sich seitdem nichts geändert.
22
(2) Dies wird bereits durch die Resolution Nr. A/Res/68/304 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. September 2014 (Towards the establishment of a multilateral legal framework for sovereign debt restructuring processes; abrufbar unter: www.un.org) bestätigt, in dem die Anregung der Group of 77 and China aufgegriffen wird, die Bemühungen um die Etablierung eines Staateninsolvenzverfahrens voranzutreiben. Daran wird deutlich, dass es bislang an völkerrechtlichen Regelungen fehlt, die die Zahlungseinstellung eines Staates in geordnete Bahnen lenken und die Gläubiger zu einer Zwangsgemeinschaft zusammenführen würden. Dies wird auch - entgegen der Revision - durch die auf freiwilliger Basis beruhenden Umschuldungsmaßnahmen in den Fällen Zypern und Griechenland belegt.
23
(3) Dies entspricht auch der einschlägigen Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte.
24
Das International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID), das als Schiedsgericht fungiert und organisatorisch der Weltbank angegliedert ist, hat im Rahmen einer Schiedsklage 180.000 italienischer Anleihegläubiger gegen die Beklagte am 4. August 2011 angenommen, dass es kein völkerrechtliches Insolvenzrecht für Staaten gebe, das eine Nichtzahlung rechtfertigen könne (Abaclat and Others v. Argentine Republik, ICSID Case No. ARB/07/5, Award, Rn. 323 und 325, abrufbar unter: http://italaw.com; siehe dazu auch Bischoff, WM 2012, 1371,1373).
25
In den zahlreichen Klagen von Anlegern gegen die Beklagte vor New Yorker Bundesgerichten stand zuletzt nur noch die Problematik der pari passuKlauseln zur Diskussion, während ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten nicht erörtert wurde (vgl. etwa Urteil des New Yorker Court of Appeal vom 26. Oktober 2012 in Sachen NML Capital Ltd. v. Republic of Argentina; dazu und zu weiteren Entscheidungen siehe Sandrock, RIW 2014, 703 ff. mwN). Zuletzt hat der US Supreme Court mit Urteil vom 16. Juni 2014 die im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens getroffene discovery-Anordnung eines New Yorker Gerichts hinsichtlich desjenigen Vermögens der Beklagten, das außerhalb der USA belegen ist, in vollem Umfang bestätigt (Republic of Argentina v. NML Capital Ltd., No. 12-842; abrufbar unter: www.supremecourt.gov).
26
In Deutschland hat neben dem Berufungsgericht auch das in diversen Verfahren mit Argentinien-Anleihen befasste Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten verneint (vgl. nur OLG Frankfurt am Main, NJW 2006, 2931, 2932 ff.; Urteile vom 9. März 2012 - 8 U 149/11, juris Rn. 45, 47 und vom 4. Mai 2012 - 8 U 188/11, juris Rn. 29). Ein solches ist bislang auch vom Senat nicht angenommen worden (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2013 - XI ZR 160/12, WM 2013, 1264 ff.; Senatsbeschlüsse vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris und vom 13. November 2012 - XI ZR 161/12, juris).
27
(4) Schließlich wird auch im völkerrechtlichen Schrifttum - soweit es sich dazu überhaupt äußert - die Einführung eines Restrukturierungsverfahrens für Staatsinsolvenzen zwar für wünschenswert gehalten, das verbindliche Vorhandensein solcher Regelungen aber einhellig verneint (vgl. nur Herdegen, WM 2011, 913, 914 ff.; Paulus/van den Busch, WM 2014, 2025; Sester, WM 2011, 1057, 1062 ff.; jeweils mwN).
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(5) Die Revision kann ihre abweichende Rechtsauffassung auch nicht auf das UNCTAD-Prinzip Nr. 7 stützen. Dieses hat sinngemäß folgenden Wortlaut: "Treten Umstände ein, in denen ein Staat offenkundig nicht in der Lage ist, seine Schulden zu bedienen, haben alle Kreditgeber die Pflicht, sich nach Treu und Glauben und kooperativ zu verhalten, um eine einvernehmliche Umschul- dung der Verbindlichkeiten zu erreichen. Gläubiger sollten eine schnelle und geordnete Lösung für das Problem anstreben."
29
In dem UNCTAD-Prinzip Nr. 7 kommt jedoch noch keine für die Staatengemeinschaft verbindliche Grundregel nationaler Insolvenzrechtsordnungen dahingehend zum Ausdruck, dass es zu einer bestmöglichen Befriedigung unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots aller Gläubiger kommen soll. Zielsetzung der UNCTAD-Prinzipien ist vielmehr - was auch die Resolution Nr. A/Res/68/304 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. September 2014 eindeutig belegt - erst die Schaffung neuen Rechts, nicht dagegen die Beschreibung bereits bestehenden Völkerrechts. Dies ergibt sich aus der konsolidierten Fassung des UNCTAD-Papiers vom 10. Januar 2012 (abrufbar unter: www.unctad.org). Danach sollte die UNCTAD in einem "ersten Schritt" lediglich allgemeine Prinzipien für die staatliche Aufnahme und Vergabe von Krediten als Leitlinien entwickeln und Einigkeit über eine Reihe international anerkannter Prinzipien "zur Verhinderung einer unverantwortlichen Staatsfinanzierung" erzielen. In einem zweiten Schritt sollten auf staatlicher und regionaler Ebene Rückmeldungen zur Gestaltung der Prinzipien und zur Möglichkeit ihrer freiwilligen Umsetzung durch die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen eingeholt werden.
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Dieser bloß in die Zukunft weisende Charakter des UNCTAD-Prinzips Nr. 7 kommt auch unzweifelhaft in der mit "Konsequenzen" ("implications") überschriebenen Begründung dieses Vorschlags zum Ausdruck. Darin heißt es zutreffend, dass "bis heute … kein universeller Mechanismus zur Restrukturie- rung von Staatsschulden eingerichtet worden" ist. Gerate ein Schuldnerstaat in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten, habe er daher keine andere Wahl, als an seine Gläubiger mit dem Ziel einer "einvernehmlichen Umschuldung" der Schuldenlast heranzutreten. Aufgrund dessen "sollten" Kreditgeber bereit sein, nach Treu und Glauben in Verhandlungen mit dem Schuldner und anderen Gläubigern einzutreten, um eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden. Ferner wird noch ergänzend ausgeführt, dass ein Gläubiger, der Schuldverschreibungen eines Staates in finanzieller Notlage mit der Absicht erwerbe, außerhalb des einvernehmlichen Umschuldungsprozesses eine bevorzugte Befriedigung seiner Forderung zu erzwingen, rechtsmissbräuchlich handle.
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(6) Schließlich zeigt die Revision keine entgegenstehende einschlägige Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum auf, die Zweifel an dem Fehlen völkerrechtlicher Regelungen für eine in geordneten, insolvenzrechtsähnlichen Bahnen geleitete Restrukturierung eines Staates erwecken könnten, geschweige denn, das Bestehen solcher Regelungen belegen würden. In dem von ihr vorgelegten Privatgutachten Goldmann werden vielmehr lediglich Lösungsansätze gesucht, um dem als ordnungspolitisch unerwünscht eingestuften Verhalten der Holdout-Gläubiger zu begegnen. Dabei wird eingeräumt, dass bislang kein Gericht einem Schuldnerstaat eine (dauerhafte) Einrede gegen HoldoutGläubiger wegen Rechtsmissbräuchlichkeit zugestanden habe (S. 31) und sich das Völkerrecht erst in der Phase der Anpassung befinde (S. 22). Davon abgesehen wird in dem Gutachten auch verkannt, dass die Staaten - was im Einzelnen nachfolgend ausgeführt wird - mehrheitlich nicht einen insolvenzrechtlichen , d.h. öffentlich-rechtlichen Ansatz eines geordneten Umschuldungsverfahrens , sondern einen privatrechtlichen Ansatz einer Einbeziehung sogenannter Collective Action Clauses verfolgen.
32
bb) Entgegen der Revision ergibt sich aus der in den letzten Jahren zu verzeichnenden sukzessiven Verbreitung von sogenannten Collective Action Clauses (im Folgenden: CAC) nichts anderes. Dabei handelt es sich um einen Oberbegriff für im Einzelfall unterschiedlich ausgestaltete Anleihebedingungen, denen gemein ist, dass sie qualifizierte Mehrheitsentscheidungen auf Gläubigerseite mit Bindungswirkung für alle Gläubiger vorsehen. Solche Klauseln müssen jedoch zu ihrer Anwendbarkeit wirksam Bestandteil der Anleihebedingungen geworden sein und können nicht unabhängig davon als rechtsverbindlich angesehen werden, ob eine entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen worden ist.
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(1) Wie aus dem von der Beklagten beauftragten Rechtsgutachten von Tietje/Lehmann hervorgeht, waren CAC im englischen Recht bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts gebräuchlich. Des Weiteren wurden im Jahre 1922 tschechische Anleihen in Absprache mit dem Völkerbund ausgegeben, die eine Mehrheitsentscheidung von Gläubigern ermöglichten, um die Anleihebedingungen nachträglich zu ändern. Auch in Japan sollen CAC bereits vor dem Jahr 2002 obligatorisch gewesen sein (Gutachten, S. 21 mwN; siehe auch Seitz, Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) in Staatsanleihen des europäischen Währungsraumes, 2014, S. 30 ff.). Am 20. April 2002 beschlossen die Finanzminister und Notenbankchefs der G-7-Staaten einen Aktionsplan für emerging markets (abrufbar unter: www.g7.utoronto.ca) und forderten unter anderem, Staatsanleihen nur noch mit CAC auszugeben. Im April 2003 verpflichteten sich die EU-Mitgliedstaaten in der Absicht, "mit gutem Beispiel" voranzugehen , künftig Umschuldungsklauseln in ihre nach fremdem Recht emittierten Anleihen aufzunehmen (siehe dazu Mitteilung der Kommission an den Rat - Überprüfung der Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten nach Artikel 119 EG-Vertrag vom 25. Juli 2005, KOM/2005/0331 endg., abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu; Monatsbericht der Europäischen Zentralbank, November 2003, S. 75).
34
Diese Umstände haben indes dem Bundesverfassungsgericht keinen Anlass gegeben, sie in der maßgeblichen Entscheidung vom 8. Mai 2007 zu erörtern , obwohl sich daraus - vom Rechtsstandpunkt der Revision aus gesehen - eine allgemeine Regel des Völkerrechts ergeben soll, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand zeitweise oder unter Berufung auf den Abschluss einer Umschuldungsvereinbarung mit den Gläubigern (hier: die Umschuldungsvereinbarung aus dem Jahr 2005) teilweise zu verweigern. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass das Bundesverfassungsgericht ein solches Leistungsverweigerungsrecht verneint hat, falls nicht in den streitgegenständlichen Anleihebedingungen - wie hier nicht - eine solche Möglichkeit rechtsverbindlich vereinbart worden ist.
35
(2) Diese Sichtweise entspricht auch dem gegenwärtigen Rechtszustand. Danach müssen CAC zu ihrer Gültigkeit ausdrücklich in den Anleihebedingungen vereinbart worden sein. Dies ergibt sich aus den einschlägigen Rechtsgrundlagen.
36
In der Europäischen Union sind CAC durch Art. 12 Abs. 3 des Vertrages über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zwingend für Staatsanleihen im Euroraum seit dem 1. Januar 2013 vorgesehen. Damit haben sich die Mitgliedstaaten der Eurozone für eine Lösung auf vertraglicher, d.h. zivilrechtlicher Grundlage entschieden und damit die vor allem vom IWF befürwortete "große" Lösung eines umfassenden insolvenzrechtlichen Ansatzes, also der Einführung eines insolvenzartigen Verfahrens für Staaten namens "Sovereign Debt Resolution Mechanism" (SDRM; siehe dazu Keller in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, 2004, S. 155, 165; Paulus, WM 2002, 725) - zumindest vorerst - zurückgestellt (vgl. European Council, EUCO 10/11 vom 25. März 2011, S. 29; siehe auch Sester, WM 2011, 1057 f. mwN; Seitz, Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) in Staatsanleihen des europäischen Währungsraumes, 2014, S. 15 spricht sogar von einem politischen Scheitern des SDRM).
37
Vergleichbare Regelungen im nationalen (deutschen) Recht sehen die bereits am 5. August 2009 in Kraft getretenen §§ 5 ff. des Schuldverschreibungsgesetzes für die Anleihebedingungen der unter dieses Gesetz fallenden Schuldverschreibungen und die mit Wirkung zum 19. September 2012 eingefügten §§ 4a bis 4k des Bundesschuldenwesengesetzes für die Emissionsbedingungen der vom Bund begebenen Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von über einem Jahr vor. Ihnen ist gemein, dass die Möglichkeit zu einer Änderung der Anleihebedingungen, wie insbesondere eine solche zum Zwecke der Umschuldung, bereits in den ursprünglichen Anleihebedingungen vorgesehen sein muss. Die Änderung des Bundesschuldenwesengesetzes diente der Umsetzung der Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus Art. 12 Abs. 3 des Vertrages über den Europäischen Stabilitätsmechanismus, die Verwendung von Umschuldungsklauseln durch Ergänzung der Emissionsbedingungen von Bundeswertpapieren mit einer Laufzeit von über zwölf Monaten vorzusehen. Dies wäre allerdings auch ohne eine Gesetzesänderung durch schlichte Einfügung entsprechender Klauseln in den Anleihebedingungen möglich gewesen. Die Gesetzesänderung sollte daher vor allem dem Umstand Rechnung tragen, dass Emissionsbedingungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteile vom 5. Oktober 1992 - II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 312, vom 28. Juni 2005 - XI ZR 363/04, BGHZ 163, 311, 314, vom 30. Juni 2009 - XI ZR 364/08, WM 2009, 1500 Rn. 20 und vom 29. April 2014 - II ZR 395/12, WM 2014, 1076 Rn. 24) Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen und daher einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Um die Anleihebedingungen insoweit der gerichtlichen Kontrolle zu entziehen, übernehmen das Schuldverschrei- bungsgesetz und das Bundesschuldenwesengesetz jeweils die Funktion eines Leitbildes, das die wesentlichen Inhalte der unter den Staaten der Eurozone abgestimmten Umschuldungsklauseln nachzeichnet und damit "kontrollfest" macht (BT-Drucks. 16/12814, S. 1 f., 13 f. und BT-Drucks. 17/9049, S. 1 f., 7; zur Möglichkeit der Änderung der Anleihebedingungen von Altschuldverschreibungen nach § 24 Abs. 2 SchVG siehe BGH, Urteil vom 1. Juli 2014 - II ZR 381/13, BGHZ 202, 7).
38
(3) Diese Rechtslage spricht eindeutig gegen eine allein völkerrechtlich begründete Geltung von CAC ohne eine entsprechende Vereinbarung in den Anleihebedingungen. Es sind insoweit keine Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum ersichtlich, die ein darauf gründendes Leistungsverweigerungsrecht des insolventen Staates bejaht hätten. Die oben angeführten Entscheidungen des ICSID-Schiedsgerichts und der US-amerikanischen Gerichte haben ein solches Recht nicht angenommen. Soweit im völkerrechtlichen Schrifttum das zivilrechtliche Modell der Vereinbarung von CAC erörtert wird, wird - teilweise unausgesprochen - davon ausgegangen, dass solche Umschuldungsklauseln nur im Falle ihrer ausdrücklichen Vereinbarung in den Anleihebedingungen Geltung beanspruchen können, ihnen jedoch keine rückwirkende Geltung als allgemeine Regel zukommt (vgl. Herdegen, WM 2011, 913, 914 f.; Kolling, BKR 2007, 481, 488; Paulus/van den Busch, WM 2014, 2025, 2029 ff.; Sester, WM 2011, 1057, 1063 f.; Tietje/Szodruch, ZBB 2007, 498, 503).
39
Die Bemühungen zur Verwirklichung einer Gleichbehandlung der Gläubiger eines überschuldeten Staates, zu denen neben der Einbeziehung von CAC in die Anleihebedingungen auch das vom IWF entwickelte SDRM-Konzept gehört , wären unnötig, wenn die Gläubiger schon heute bzw. nach Auffassung der Revision sogar schon seit Beginn des 21. Jahrhunderts aufgrund einer allge- meinen Regel des Völkerrechts zu einem kooperativen Schuldenmanagement verpflichtet wären und einem dazu nicht bereiten Gläubiger kein Rechtsschutz gewährt werden dürfte (so bereits Ohler, JZ 2005, 590, 595).
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(4) Weder die Revision noch die von der Beklagten vorgelegten Rechtsgutachten zeigen insoweit einschlägige Rechtsprechung internationaler und nationaler Gerichte oder bedeutsame Stimmen aus dem völkerrechtlichen Schrifttum auf, die eine Geltung von CAC auch ohne eine entsprechende Vereinbarung , d.h. in Form einer allgemein anerkannten Regel des Völkerrechts, bejahen. Insoweit legt die Revision auch nicht dar, welchen näheren Inhalt diese Regel haben sollte. Wie die genannten gesetzlichen Vorschriften des Schuldverschreibungsgesetzes und des Bundesschuldenwesengesetzes wie auch entsprechende Anleihebedingungen zeigen, regeln diese - entgegen der Revision - nicht "nur noch Feinheiten" eines solchen Verfahrens zur Änderung der Anleihebedingungen, sondern legen deren Grundlagen - insbesondere auch zum Schutz der Gläubiger - fest. Ohne entsprechende Regelungen bliebe unter anderem offen, welche Maßnahmen Gegenstand einer Beschlussfassung der Gläubiger sein können, mit welchem Stimmenquorum sie zu ihrer Verbindlichkeit getroffen werden müssen, wer stimmberechtigt ist, wie er seine Stimme abgeben kann, ob er sich vertreten lassen kann, wer mit welcher Frist und an welchem Ort die Gläubigerversammlung einberufen kann, wie dies und gegebenenfalls gefasste Beschlüsse bekannt zu machen sind und auf welche Weise solche Beschlüsse einer gerichtlichen Kontrolle unterworfen werden können.
41
d) Einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 2 i.V.m. Art. 25 GG bedarf es nicht. Danach ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen, wenn in einem Rechtsstreit objektiv zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (vgl. BVerfGE 109, 13, 23 f.). Dies setzt voraus, dass das erkennende Gericht bei der Prüfung der Frage, ob und mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt, auf ernstzunehmende Zweifel stößt, mag das Gericht selbst auch keine Zweifel haben (vgl. BVerfGE 23, 288, 316 ff.; 64, 1, 13 ff.; 96, 68, 77; 109, 13, 23). Ernstzunehmende Zweifel bestehen dann, wenn das Gericht von der Meinung eines Verfassungsorgans oder von den Entscheidungen hoher deutscher , ausländischer oder internationaler Gerichte oder von den Lehren anerkannter Autoren der Völkerrechtswissenschaft abweichen würde (vgl. BVerfGE 23, 288, 319; 96, 68, 77; 109, 13, 23). Anzeichen mangelnder Eindeutigkeit sind Meinungsverschiedenheiten in der Frage, ob oder mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt (vgl. BVerfGE 64, 1, 15). Bestehen solche Zweifel nicht, ist die Rechtslage also offenkundig, sind die Gerichte dagegen auch in Völkerrechtsfragen uneingeschränkt selbst prüfungs- und entscheidungsberechtigt und -verpflichtet (vgl. BVerfG [1. Kammer des Zweiten Senats], NJW 1986, 1427; BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 - III ZR 245/98, BGHZ 155, 279, 284 f.). So liegt der Fall hier.
42
Im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Mai 2007 (BVerfGE 118, 124) war die erste Umschuldung durch die Beklagte , bei der mehr als 75% aller Anleihegläubiger ihre notleidenden gegen neue Staatsanleihen getauscht hatten (vgl. Sester, NJW 2006, 2891), bereits erfolgt, ohne dass das Bundesverfassungsgericht - sei es auch nur auf einen entsprechenden Vortrag der Beklagten - Anlass gesehen hätte, diesen Gesichtspunkt in seiner Entscheidung zu erörtern, obwohl bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Revision als richtig die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage dann nicht gegeben gewesen wäre. Aufgrund dessen spricht nichts dafür, dass bereits vor Mai 2007 eine von der Revision behauptete Regel des Völkerrechts mit dem Inhalt bestanden hätte, dem insolventen Staat stehe gegenüber seinen Gläubigern bis zum Abschluss einer Umschuldungsvereinbarung ein Leistungsverweigerungsrecht zu.
43
Wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist, bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich eine solche Regel im Hinblick auf die Weltfinanzmarktkrise nach dem Jahr 2007 entwickelt hätte. Vielmehr lässt sich dies eindeutig verneinen. Ernsthafte objektive Zweifel, die gegen diesen Befund sprechen könnten, bestehen nicht und werden auch von der Revision nicht aufgezeigt.
44
2. Davon abgesehen steht der Beklagten vorliegend auch dann kein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn eine ihrer Behauptung entsprechende allgemeine Regel des Völkerrechts existieren würde, wonach auch private Gläubiger grundsätzlich verpflichtet sind, sich an einer geordneten Umstrukturierung der Schulden eines notleidend gewordenen Staates zu beteiligen. Die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Berechtigung der Einrede obliegt dem Fachgericht und unterfällt nicht der Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, NJW 2006, 2907 Rn. 7 ff.; Beschluss vom 14. September 2006 - 2 BvR 1504/06 u.a., Umdruck, S. 7; BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
45
a) Nach allgemeinen Grundsätzen - auf die auch die Revision unter Anknüpfung an § 242 BGB und § 313 BGB abstellt - gebieten Treu und Glauben, dass die Parteien eines Schuldverhältnisses je nach dessen Inhalt auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen haben. Allerdings muss eine Vertragspartei keine allgemeine Interessenverfolgung zu Gunsten der anderen betreiben, weil die Parteien häufig gegenläufige Interessen haben. Deshalb sind sie nicht verpflichtet, gleich- oder höherrangige Interessen hinter die des anderen Teils zurückzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 220/11, NJW 2012, 2184 Rn. 23). Nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse rechtfertigen eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung. Eine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage ist vielmehr erst dann als missbräuchlich und unzulässig anzusehen, wenn dem anderen Vertragsteil ein Festhalten an den vertraglichen Vereinbarungen unzumutbar ist (vgl. nur BGH, Urteile vom 8. Februar 2006 - VIII ZR 304/04, NJW-RR 2006, 1037 Rn. 10 und vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10, WM 2012, 2020 Rn. 30). Unzumutbarkeit setzt in der Regel voraus, dass das Festhalten am Vertrag für den betroffenen Vertragspartner zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde. Dies erfordert eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung (vgl. BGH, Urteile vom 11. Oktober 1994 - XI ZR 189/93, BGHZ 127, 212, 218 und vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10, WM 2012, 2020 Rn. 30).
46
b) Nach diesen Maßgaben kann ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers nicht bejaht werden. Nach Auffassung der Beklagten handele der Kläger rechtsmissbräuchlich, soweit er mehr verlange, als er bei einer Teilnahme an den Umschuldungen in den Jahren 2005 und 2010 erhalten hätte. Damit wolle er im Ergebnis einen ungerechtfertigten Sondervorteil auf Kosten derjenigen Gläubiger der Beklagten erlangen, die durch ihre Vermögensopfer die Sanierung des Staatshaushalts der Beklagten ermöglicht hätten. Damit kann sie indes nicht durchdringen.
47
aa) Die Voraussetzungen für die von der Beklagten erhobene Einrede des Rechtsmissbrauchs, wonach ein privater Gläubiger treuwidrig handele, wenn er sich nicht an einer geordneten Umstrukturierung der Schulden eines notleidend gewordenen Staates beteilige, liegen bereits im Ausgangspunkt nicht vor. Bei dem Erlass des argentinischen Notstandsgesetzes und des Zahlungsmoratoriums handelt es sich nicht um ein geordnetes Umschuldungsverfahren , sondern um einseitige Maßnahmen der Beklagten als Schuldnerin, mit denen sie eigenständig über die Aussetzung der Zahlungen an ihre Gläubiger entschieden hat. Die von ihr erlassenen Vorschriften dienen in erster Linie den Interessen des argentinischen Staates (vgl. Art. 1 und 19 des Gesetzes Nr. 25.561).
48
bb) Dem Kläger war es mangels Vorhandenseins eines einheitlichen oder eines kodifizierten Konkursrechts der Staaten oder internationaler Normen für die Durchführung eines Umschuldungsverfahrens weder zuzumuten, sich an dem von der Beklagten durchgeführten Restrukturierungsverfahren zu beteiligen , noch muss er sich dessen Ergebnis entgegenhalten lassen. Für ihn war insbesondere nicht erkennbar, auf welcher Grundlage und nach welchen Maßgaben die Gläubiger auf den Umschuldungsvorschlag der Beklagten eingegangen sind. Insbesondere ist offen, ob die Verhandlungen einen für die Gläubiger günstigeren Ausgang genommen hätten (z.B. in Form von Besserungsscheinen ), wenn sie - etwa im Rahmen eines geordneten Insolvenzverfahrens - besser organisiert gewesen wären (vgl. dazu Sester, NJW 2006, 2891, 2892). Des Weiteren durfte der Kläger darauf vertrauen, dass die Beklagte - unabhängig von der Frage der Wirksamkeit solcher Klauseln in Deutschland - wegen des Fehlens einer Umschuldungsklausel in den Anleihebedingungen die von ihm gezeichnete Anleihe auch im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten in voller Höhe bedienen und ihm jedenfalls nicht eine mit anderen Gläubigern getroffene Umschuldungsvereinbarung entgegenhalten würde. Dieses Vertrauen durfte der Kläger darauf gründen, dass die Beklagte in anderen Staaten auch Anleihen mit CAC unterschiedlichen Inhalts emittiert hat (vgl. dazu Kolling, BKR 2007, 481, 487 f.; Sester, WM 2011, 1057, 1061).
49
Darüber hinaus fehlt es an einem substantiierten Vorbringen der Beklagten , dass die Bezahlung der eingeklagten Forderung in Höhe von 3.067,75 € nebst Zinsen eine schwerwiegende Bedrohung eines essenziellen Interesses, wie zum Beispiel den Ausfall oder einen drohenden Ausfall essenzieller Staatsfunktionen im Bereich der Sicherheit und Daseinsvorsorge zur Folge hätte (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Lübbe-Wolff in ihrem Sondervotum, BVerfGE 118, 124, 146, 150 ff.).
50
Schließlich spricht gegen ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten nach Treu und Glauben auch der Umstand, dass die Beklagte dieses nicht gegenüber allen Gläubigern durchsetzen kann, wie etwa das in den USA anhängige Verfahren der Beklagten gegen NML Capital Ltd. zeigt. In der bislang letzten Entscheidung des Supreme Court of the United States vom 16. Juni 2014 (No. 12-842), die ein Vollstreckungsverfahren betrifft, ergibt sich aus den Gründen nicht, dass die Beklagte unter Berufung auf eine allgemeine Regel des Völkerrechts ein daraus abgeleitetes Leistungsverweigerungsrecht geltend gemacht hätte.
51
3. Entgegen der Revision steht der Beklagten die Einrede eines Leistungshindernisses wegen des argentinischen Zahlungsmoratoriums auch nicht nach den Regeln des Internationalen Privatrechts zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats kann ein Staat die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche gegenüber Privatpersonen nicht unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand verweigern (vgl. BVerfGE 118, 124; Senatsbeschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
52
Die dagegen von der Revision vorgebrachten Einwände rechtfertigen keine andere Entscheidung. Da die Anleihe vor dem 17. Dezember 2009 bege- ben wurde, unterliegt sie gemäß Art. 28 Rom-I-VO nicht den Regelungen dieser Verordnung, sondern Art. 27 ff. EGBGB a.F. Entgegen der Revision kann danach das argentinische Zahlungsmoratorium kein Leistungshindernis begründen. Bei dem Zahlungsmoratorium und den zu seiner Durchsetzung erlassenen Regelungen handelt es sich aus interlokaler Sicht um "ausländische" international zwingende Bestimmungen (Eingriffsnormen; vgl. MünchKommBGB/Martiny, 4. Aufl., Art. 34 EGBGB Rn. 7 ff., 9; Palandt/Thorn, BGB, 68. Aufl., Art. 34 EGBGB Rn. 4, 5), und zwar hier aus einer Rechtsordnung, die weder das Vertragsstatut stellt, noch der lex fori angehört (sog. drittstaatliche Normen; vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1994 - III ZR 70/93, BGHZ 128, 41, 52; MünchKomm /Martiny, aaO Rn. 37). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind ausländische Eingriffsnormen, die - wie hier - allein der Verwirklichung wirtschaftlicher oder staatspolitischer Ziele des rechtsetzenden Staates selbst dienen, nur zu beachten, wenn und soweit dieser die Möglichkeit besitzt, die Bestimmungen durchzusetzen, etwa, wenn sie auf seinem Territorium belegene Sachen und Rechte oder Handlungen, die dort zu vollziehen sind, betreffen (vgl. BGH, Urteile vom 17. Dezember 1959 - VII ZR 198/58, BGHZ 31, 367, 371, vom 16. April 1975 - I ZR 40/73, BGHZ 64, 183, 188 ff. und vom 17. November 1994 - III ZR 70/93, BGHZ 128, 41, 52 f.). Das ist hier nicht der Fall.
53
Die Revision kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Wirkungen eines Auslandskonkurses oder eines ausländischen Zwangsvergleichs im Inland berufen. Nach dieser Rechtsprechung erfasst ein solches Verfahren das im Inland belegene Vermögen des Gemeinschuldners , weil der Konkurs oder der Zwangsvergleich - anders als Enteignung und Konfiskation - nicht dem Staat, sondern ausschließlich allen Gläubigern des Gemeinschuldners und ihrer gleichmäßigen Befriedigung dient (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juli 1985 - IX ZR 178/84, BGHZ 95, 256, 263 ff. und vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 80 ff.). Voraussetzung für die An- erkennung ist allerdings, dass es sich bei dem Auslandsverfahren nach den inländischen Rechtsgrundsätzen überhaupt um ein Insolvenz-(Konkurs- oder Vergleichs-)Verfahren handelt (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juli 1985 - IX ZR 178/84, BGHZ 95, 256, 269 f. und vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 80). Daran fehlt es hier. Das argentinische Notstandsgesetz und das Zahlungsmoratorium sind einem Insolvenzverfahren funktionell nicht vergleichbar , weil die Beklagte als Schuldnerin eigenständig über die Aussetzung der Zahlungen an ihre Gläubiger entschieden hat und es sich daher nicht um ein staatlich geordnetes Verfahren handelt, das der Kontrolle und Aufsicht durch eine neutrale Stelle unterliegt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. November 1996 - IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 89). Zudem dienen die von der Beklagten erlassenen Vorschriften in erster Linie den Interessen des argentinischen Staates (vgl. Art. 1 und 19 des Gesetzes Nr. 25.561).
54
Soweit aufgrund dessen die argentinische Notstandsgesetzgebung allenfalls auf materiell-rechtlicher Ebene, d.h. hier nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), Berücksichtigung finden können, scheidet dies vorliegend - wie bereits oben ausgeführt worden ist - aus.
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4. Aufgrund dessen steht dem Kläger auch der geltend gemachte Verzögerungsschaden von 300 € zu. Die diesbezüglichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Revision nicht angegriffen und lassen auch keinen Rechtsfehler erkennen.
Joeres Grüneberg Maihold Menges Derstadt

Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.04.2013 - 30 C 2877/11 (20) -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 13.01.2014 - 2-24 S 95/13 -

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

(1) Die verspätete Annahme eines Antrags gilt als neuer Antrag.

(2) Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.