Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 07. Juli 2010 - 3 U 82/09
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters des Landgerichts Ellwangen vom 19.10.2007 - 3 O 147/07 - wird mit der Maßgabe
z u r ü c k g e w i e s e n,
dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 23.415,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.04.2007 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs …, Fahrgestellnummer ….
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 24.739,31 EUR.
Gründe
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Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 07. Juli 2010 - 3 U 82/09
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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 07. Juli 2010 - 3 U 82/09 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters des Landgerichts Ellwangen vom 19.10.2007 (3 O 147/07) wird mit der Maßgabe
zurückgewiesen,
dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 23.415,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.04.2007 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges… Fahrgestellnummer ….
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger seinerseits vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert der Berufung: 24.739,31 EUR
Gründe
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Neufahrzeug.
- 2
- Der Kläger erwarb von der Beklagten einen Pkw Opel Zafira 1.9 CTDI zum Kaufpreis von 26.470,01 €. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselpartikelfilter ausgestattet. Da es im Kurzstreckenbetrieb mehrfach zu Störungen kam, die überwiegend auf der Verstopfung des Partikelfilters beruhten, hat der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Der Kläger meint, darin sei ein Mangel des Fahrzeugs zu sehen, während die Beklagte der Auffassung ist, das Fahrzeug entspreche dem Stand der Technik. Da der Kläger das Fahrzeug überwiegend im Kurzstreckenverkehr einsetze, sei keine ausreichende Reinigung des Partikelfilters gewährleistet. Dieser müsse in bestimmten Intervallen freigebrannt werden, was die Einhaltung einer bestimmten Mindestgeschwindigkeit über mehrere Minuten erfordere, damit die dafür erforderliche Temperatur erreicht werde. Die Notwendigkeit des Reinigungsvorganges werde durch eine Kontrollleuchte angezeigt.
- 3
- Mit der Klage hat der Kläger Zahlung von 24.739,31 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.248,31 € jeweils nebst Zinsen sowie die Feststellung begehrt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Verurteilung zur Kaufpreisrückzahlung sich unter Berücksichtigung weiteren Nutzungsersatzes auf den vom Kläger in zweiter Instanz ermäßigten Betrag von 23.415,81 € beschränkt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht (OLG Stuttgart, NJW-RR 2008, 1077) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
- 6
- Der vom Kläger erworbene Pkw sei mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB. Nach den Ausführungen des Sachverständigen seien Fahrzeuge, die mit einem Dieselpartikelfilter ausgestattet seien, nach dem der- zeitigen Stand der Technik für einen überwiegenden Kurzstreckeneinsatz nicht geeignet, weil für die Regeneration des Partikelfilters eine erhöhte Abgastemperatur erforderlich sei, die im reinen Kurzstreckenbetrieb nicht erreicht werde. Diese Technik komme auch bei Fahrzeugen anderer Hersteller zum Einsatz. Danach entspreche der erworbene Pkw zwar dem Stand der Technik, wenn als Vergleichsmaßstab lediglich Fahrzeuge mit Partikelfilter herangezogen würden. Für die Beurteilung, ob ein Sachmangel anzunehmen sei, sei jedoch darauf abzustellen , inwieweit Kraftfahrzeuge mit Dieselmotor generell für den überwiegenden Kurzstreckenbetrieb geeignet seien. Ein durchschnittlicher Verbraucher könne mangels entsprechender Hinweise seitens der Kraftfahrzeughersteller oder Händler davon ausgehen, dass ein Fahrzeug mit Dieselmotor - ebenso wie ein solches mit Benzinmotor - grundsätzlich ohne technische Probleme im Kurzstreckenbetrieb uneingeschränkt verwendbar sei.
II.
- 7
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Rücktrittsrecht des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des ihm von der Beklagten verkauften Fahrzeugs nicht bejaht werden. Damit ist zugleich der Entscheidung des Berufungsgerichts über die vom Kläger geltend gemachten Nebenforderungen und den Feststellungsantrag die Grundlage entzogen.
- 8
- Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass zur Feststellung der Mangelfreiheit bzw. Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB darauf abzustellen ist, ob es sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Eine Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien in Bezug auf die Eignung des Fahrzeugs zum ausschließlichen oder überwiegenden Kurzstreckenbetrieb , die gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB vorrangig zu berücksichtigen wäre, hat das Berufungsgericht ebenso wenig festgestellt wie eine nach dem Vertrag vorausgesetzte, von der gewöhnlichen Verwendung abweichende Verwendung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB). Übergangenen Sachvortrag hierzu zeigt die Revisionserwiderung nicht auf.
- 9
- Von Rechtsfehlern beeinflusst ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts , dass als Vergleichsmaßstab nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB nicht Fahrzeuge des Herstellers Opel oder anderer Hersteller heranzuziehen seien, die gleichfalls mit einem Dieselpartikelfilter ausgestattet sind, sondern darauf abzustellen sei, inwieweit Kraftfahrzeuge mit Dieselmotor generell für den überwiegenden Kurzstreckenbetrieb geeignet seien. Damit setzt sich das Berufungsgericht über den Wortlaut des Gesetzes hinweg, das in § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB als Vergleichsmaßstab ausdrücklich die Beschaffenheit bezeichnet , die bei "Sachen der gleichen Art" üblich ist und die der Käufer "nach der Art der Sache" erwarten kann. Wenn Ursache des geltend gemachten Mangels der fehlenden Eignung für einen überwiegenden Kurzstreckenbetrieb - wie im vorliegenden Fall - gerade der Dieselpartikelfilter ist, so können als "Sachen der gleichen Art" nicht Dieselfahrzeuge herangezogen werden, die nicht mit einem Partikelfilter ausgestattet sind und bei denen die hier in Rede stehende Störungsursache daher von vornherein nicht vorliegen kann. Sollbeschaffenheit nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB ist vielmehr nur die Beschaffenheit, die bei "Sachen der gleichen Art", das heißt bei Personenkraftwagen mit Dieselmotor und Partikelfilter üblich ist und die der Käufer "nach der Art der (gekauften) Sache" - nämlich eines Dieselfahrzeugs mit Partikelfilter - erwarten kann.
- 10
- Hieran gemessen ist das vom Kläger gekaufte Fahrzeug mangelfrei. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die sich auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten stützen und die von der Revisionserwiderung nicht angegriffen werden, sind Fahrzeuge aller Hersteller, die mit einem Dieselpartikelfilter ausgestattet sind, nach dem derzeitigen Stand der Technik für einen überwiegenden Kurzstreckeneinsatz nicht geeignet, weil für die Regeneration (Reinigung) des Partikelfilters eine erhöhte Abgastemperatur erforderlich ist, die im reinen Kurzstreckenbetrieb gewöhnlich nicht erreicht wird. Das Fahrzeug des Klägers weist somit in dieser Hinsicht eine Beschaffenheit auf, die bei allen Dieselfahrzeugen mit Partikelfilter ("Sachen der gleichen Art") üblich ist und die der Käufer eines derartigen Fahrzeugs "nach der Art der Sache" erwarten kann.
- 11
- Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann auch nicht deswegen auf die Kurzstreckeneignung von Dieselfahrzeugen ohne Partikelfilter abgestellt werden, weil ein durchschnittlich informierter Käufer ohne weitere Aufklärung nicht zu der Erkenntnis gelangen könne, dass ein mit Dieselpartikelfilter ausgestattetes Neufahrzeug anders als Dieselfahrzeuge ohne Partikelfilter oder Fahrzeuge mit Benzinmotor für einen überwiegenden Einsatz im Kurzstreckenverkehr nicht geeignet seien. Für die Sollbeschaffenheit nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB kommt es weder auf die konkret vorhandene Vorstellung des jeweiligen Käufers noch auf einen durchschnittlichen technischen Informationsstand - sofern ein solcher überhaupt feststellbar sein sollte - der Käuferseite, sondern allein darauf an, welche Beschaffenheit der Käufer "nach der Art der Sache" erwarten kann. Maßstab ist danach die objektiv berechtigte Käufererwartung , die sich in Ermangelung abweichender Anhaltspunkte an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen orientiert (Senatsurteil vom 7. Februar 2007 - VIII ZR 266/06, NJW 2007, 1351, Tz. 21). Als übliche Beschaffenheit kann der Käufer in technischer Hinsicht aber grundsätzlich nicht mehr erwarten, als dass die Kaufsache dem jeweiligen Stand der Technik entspricht. Ist nach dem Stand der Technik die Eignung von Dieselfahrzeugen mit Partikelfilter zum Kurzstreckenbetrieb im Vergleich zu Dieselfahrzeugen ohne Partikelfilter eingeschränkt , so kann der Käufer eines Dieselfahrzeugs mit Partikelfilter objektiv keine uneingeschränkte Eignung zum Kurzstreckenbetrieb erwarten. Dass dem durchschnittlichen Autokäufer die Einschränkung nicht bekannt sein wird, wie das Berufungsgericht annimmt, ist für die objektiv berechtigte Käufererwartung irrelevant. Eine Kaufsache, die dem Stand der Technik gleichartiger Sachen entspricht, ist nicht deswegen nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil der Stand der Technik hinter der tatsächlichen oder durchschnittlichen Käufererwartung zurückbleibt.
- 12
- Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung lässt sich ein Mangel des dem Kläger verkauften Fahrzeugs auch nicht damit begründen, dass es sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eigne, weil es im Kurzstreckenbetrieb nicht, zumindest nicht störungsfrei eingesetzt werden könne. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob unter der gewöhnlichen Verwendung eines Personenkraftwagens mit Dieselmotor auch ein reiner oder überwiegender Kurzstreckenbetrieb zu verstehen sein kann, wie die Revisionserwiderung meint. Denn auch dafür eignet sich das verkaufte Fahrzeug, sofern der Dieselpartikelfilter nach den Vorgaben der Bedienungsanleitung bei Bedarf gereinigt wird. Dass die Durchführung dieser Filterreinigung für den Käufer unter Umständen mit gewissen Unannehmlichkeiten verbunden sein mag, berührt die Eignung des Fahrzeugs für die gewöhnliche Verwendung nicht. Dieses Ergebnis wird auch durch die von der Revisionserwiderung angeführten Gebrauchsbeeinträchtigungen nicht in Frage gestellt, die sich daraus ergeben, dass der Partikelfilter in bestimmten Abständen bei einer Abgastemperatur freigebrannt werden muss, die im reinen Kurzstreckenbetrieb gewöhnlich nicht erreicht wird, und dass deshalb regelmäßig allein zum Zweck der Filterreinigung unter Umständen längere Überlandfahrten erforderlich werden. Denn dabei handelt es sich lediglich um die praktischen Auswirkungen des gegenwärtigen Stands einer Filtertechnik, die man als unbefriedigend empfinden mag, die aber bei allen Fahrzeugen mit Dieselpartikelfilter auftreten und nach den Feststellungen des Berufungsgerichts beim derzeitigen Stand der Technik nicht zu vermeiden sind.
III.
- 13
- Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - nach seiner Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen zu dem weiteren Vorbringen des Klägers getroffen hat, dass jedenfalls das in sein Fahrzeug eingebaute System mangelhaft sei (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Dr.Wolst Hermanns Dr.Milger Dr.Hessel
LG Ellwangen, Entscheidung vom 19.10.2007 - 3 O 147/07 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 04.06.2008 - 3 U 236/07 -
(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.
(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat, - 2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und - 3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet, - 2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung - a)
der Art der Sache und - b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
- 3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und - 4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage
- 1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder - 2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.
(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit Vertrag vom 14. September 2003 verkaufte die Klägerin den Beklagten auf einer Verbrauchermesse einen Bausatz zur Selbstmontage einer Solarheizungsanlage ; der Vertrag wurde unter der aufschiebenden Bedingung der Gewährung von Solarförderungsmitteln durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle geschlossen. Die Solaranlage sollte auf einem Flachdach des Hauses der Beklagten in einem Ort an der Wismarer Bucht angebracht werden. Bei dem Verkaufsgespräch erklärten Mitarbeiter der Klägerin, die Solaranlage könne auch von Laien montiert werden, die Klägerin stelle umfangreiche Montage- und VerIegeanleitungen zur Verfügung.
- 2
- Die den Beklagten später übergebene Montageanleitung enthält einleitend folgenden Hinweis: "Die in dieser Montageanweisung beschriebenen Tätigkeiten setzen Fachkenntnisse entsprechend einer abgeschlossenen Berufsausbildung im Gas-/Wasserinstallationshandwerk voraus. Führen sie diese Montageschritte nur dann selber aus, wenn Sie über diese Fachkenntnisse verfügen."
- 3
- Zur Montage der Sonnenkollektoren auf einem Flachdach mithilfe sogenannter Flachdachständer heißt es in der Montageanweisung: "Die Montage des Flachdachständers muss von einer Fachfirma ausgeführt werden. […] 3.3 Zusätzliche Befestigung Bei höheren Windgeschwindigkeiten (bis zu 200 km/h z. B. in Küstennähe oder auf hohen Dächern) können Kräfte am KoIlektor von bis zu 2 kN auftreten, die eine zusätzliche Befestigung der Flachdachständer notwendig machen. Wir empfehlen eine der folgenden Varianten durchzuführen.
a) Flachdachständer mit Drahtseilen befestigen Jeden Flachdachständer bauseits mit mind. zwei Drahtseilen unten am Ständer und an geeigneter Stelle des Daches ausreichend befestigen (Abb. 14).
b) Flachdachständer auf Aufstellfläche befestigen Alternativ zu a) ist eine Befestigung der Flachdachständer direkt auf dem Dach möglich. Bauseits ist vom Dachdecker eine entsprechende Klemmvorrichtung vorzusehen, die eine ausreichende Festigkeit der Konstruktion und Dichtheit des Daches garantiert. Verwenden Sie hierzu mind. zwei M8-Schrauben."
- 4
- Die Beklagten beantragten beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle keine Solarförderungsmittel und erklärten gegenüber der Klägerin die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung. Sie begründeten dies damit, dass sie entgegen den Angaben der Klägerin als Laien nicht in der Lage seien, die Solaranlage an ihrem Haus zu montieren.
- 5
- Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung des Kaufpreises von 10.942 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Auslieferung der Solarheizungsanlage sowie auf Feststellung des Annahmeverzugs in Anspruch.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 8
- Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:
- 9
- Der Kaufvertrag sei zwar nicht deshalb unwirksam, weil die aufschiebende Bedingung der Gewährung von Fördermitteln durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle nicht eingetreten sei. Die aufschiebende Bedingung gelte gemäß § 162 Abs. 1 BGB als eingetreten, weil die Beklagten den Förderantrag nicht gestellt und den Bedingungseintritt damit in treuwidriger Weise verhindert hätten. Sie hätten den Antrag stellen müssen, nachdem ihnen das Schreiben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle vom 11. Mai 2004 im November 2004 zur Kenntnis gebracht worden sei. Denn sie hätten nunmehr aus ihrer Sicht mit der Bewilligung von Fördergeldern rechnen können.
- 10
- Der Kaufvertrag sei jedoch infolge der Anfechtungserklärung der Beklagten gemäß § 123, § 142 BGB nichtig. In der Erklärung der Mitarbeiter der Klägerin , die Solaranlage könne von Laien montiert werden, sei eine arglistige Täuschung im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB zu sehen.
- 11
- Es liege nicht nur eine werbende Anpreisung von Waren vor, sondern eine Tatsachenbehauptung. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten die Beklagten darüber getäuscht, dass die Montage der Solaranlage durch Laien erfolgen könne. Aus der eigenen Montageanleitung der Klägerin gehe hervor, dass dies nicht zutreffe. Die Beklagten hätten sich nach diesen Anweisungen richten müssen und die Arbeiten nicht selbst ausführen dürfen, widrigenfalls sie Gewährleistungsansprüche gegenüber der Klägerin aufs Spiel gesetzt hätten.
- 12
- Ob ein Laie die Selbstmontage vornehmen könne oder nicht, sei eine Rechtsfrage, die der Senat auch ohne Anhörung eines Sachverständigen oder Vernehmung von Zeugen beurteilen könne. Die Beklagten hätten die Erklärung, dass die Solaranlage auch von Laien montiert werden könne, dahin verstehen dürfen, dass nur solche Arbeiten erforderlich sein würden, die nach der Verkehrsanschauung einem Laien zugetraut würden. Von einem durchschnittlichen Laien könne nach diesem Maßstab nicht erwartet werden, die nach Ziffer 3.3 der Montageanleitung wegen höherer Windgeschwindigkeiten in Küstennähe notwendigen Arbeiten zur zusätzlichen Befestigung des Flachdachständers durchzuführen. Es sei daher unerheblich, ob - wie von der Klägerin behauptet und unter Beweis gestellt - zahlreichen Käufern die Montage gelungen sei.
- 13
- Die Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 BGB seien auch in subjektiver Hinsicht erfüllt. Arglist erfordere keine Absicht, sondern nur Vorsatz, wobei bedingter Vorsatz genüge. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten die eigene Monta- geanleitung der Klägerin kennen müssen und nicht entgegenstehende Hinweise erteilen dürfen.
- 14
- Es sei unerheblich, dass jedermann wisse, dass die Vornahme der hier anstehenden Arbeiten gewisse handwerkliche Fähigkeiten voraussetze und der Einbau einer Heizungsanlage ein gewisses Geschick bei der Metallverarbeitung erfordere. Auch ein Leichtgläubiger könne getäuscht werden. Darüber hinaus habe die Klägerin den Beklagten Hinweise erteilt, die den Montageanweisungen widersprochen hätten.
II.
- 15
- Diese Beurteilung hält im Ergebnis der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
- 16
- 1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann allerdings nicht angenommen werden, dass der Kaufvertrag über die Solarheizungsanlage jedenfalls deshalb nach § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen ist, weil die Beklagten ihn nach § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten haben.
- 17
- a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der Erklärung, die Solaranlage könne von Laien montiert werden , um eine Tatsachenbehauptung und nicht nur um eine werbende Anpreisung von Waren handelt. Die Behauptung ist - anders als werbende Anpreisungen ohne sachlichen Gehalt - der Beurteilung als wahr oder falsch zugänglich; sie kann damit Mittel einer Täuschung sein. Soweit das Berufungsgericht die Frage, ob ein Laie die Selbstmontage vornehmen könne, in anderem Zusammenhang - fälschlich - als eine Rechtsfrage bezeichnet hat, liegt darin entgegen der Ansicht der Revision kein Widerspruch, der für sich genommen eine Aufhebung des Berufungsurteils erfordern würde.
- 18
- b) Nicht gefolgt werden kann jedoch der Beurteilung des Berufungsgerichts , die Mitarbeiter der Klägerin hätten die Beklagten darüber getäuscht, dass die Montage der Solaranlage durch Laien erfolgen könne.
- 19
- aa) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten die Erklärung , die Solaranlage könne auch von Laien montiert werden, dahin verstehen dürfen, dass nur solche Arbeiten erforderlich sein würden, die nach der Verkehrsanschauung einem Laien zugetraut werden, ist indessen von Rechts wegen nicht zu beanstanden und von der Revision auch nicht angegriffen. Soweit das Berufungsgericht danach den durchschnittlichen Laien als Maßstab herangezogen hat, begegnet dies gleichfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Der Senat kann die Auslegung der individualrechtlichen Erklärung, die Solaranlage könne auch von Laien montiert werden, die ausweislich der von den Parteien vorgelegten - unveröffentlichten - Urteile (vgl. etwa OLG Hamm, Urteil vom 25. Oktober 2005 - 19 U 67/05 und OLG Nürnberg NJW-RR 2001, 1558) im Handel mit Solaranlagen häufig verwendet wird, im Interesse einer einheitlichen Handhabung und damit der Rechtssicherheit uneingeschränkt überprüfen (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 307, 309; BGHZ 122, 256, 260, m.w.N.).
- 20
- Unter einem Laien ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine Person zu verstehen, die - im Gegensatz zu einem Fachmann - auf einem bestimmten Gebiet keine abgeschlossene Ausbildung hat (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch). Dieses Begriffsverständnis schließt es jedoch nicht aus, dass auch ein Laie über gewisse Fachkenntnisse verfügt. Der Umfang des Begriffs "Laie" reicht vom "blutigen" Laien, ohne jegliche Fachkenntnisse, bis zum "gebildeten" Laien, dessen Fachkenntnisse denen eines Fachmanns gleichstehen können (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache , 2. Aufl.). Mit dem "durchschnittlichen" Laien ist demnach eine Person bezeichnet , die handwerklich nicht völlig unbegabt ist, deren Fertigkeiten aber auch nicht denen eines Fachmannes entsprechen. Da es, wie auch das Berufungsgericht angenommen hat, allgemein bekannt ist, dass die Selbstmontage einer Solarheizungsanlage gewisse handwerkliche Fähigkeiten voraussetzt, durften die Beklagten die Erklärung der Mitarbeiter der Klägerin, die Solaranlage könne auch von Laien montiert werden, dahin verstehen, dass hierzu zwar gewisse handwerkliche Fähigkeiten, nicht aber die Fähigkeiten eines Fachmannes erforderlich seien.
- 21
- bb) Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann jedoch nicht angenommen werden, dass die so zu verstehende Behauptung der Mitarbeiter der Klägerin falsch ist.
- 22
- (1) Auf die den Beklagten übergebene Montageanleitung kann, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, die Beurteilung, dass Laien nicht dazu in der Lage sind, die Solaranlage selbst zu montieren, nicht gestützt werden.
- 23
- Nach der Montageanleitung, die entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht von der Klägerin, sondern von der Herstellerin der Solaranlage stammt, setzen die in der Montageanweisung beschriebenen Tätigkeiten Fachkenntnisse entsprechend einer abgeschlossenen Berufsausbildung im Gas-/ Wasserinstallationshandwerk voraus und sollen die Montageschritte nur dann selber ausgeführt werden, wenn der Ausführende über diese Fachkenntnisse verfügt. Wäre dieser Hinweis richtig, wäre die Erklärung, die Solaranlage könne von Laien montiert werden, allerdings falsch. Denn ein durchschnittlicher Laie verfügt jedenfalls nicht über die Fachkenntnisse eines Gas- oder Wasserinstallateurs mit abgeschlossener Berufsausbildung.
- 24
- Das Berufungsgericht hat aber nicht festgestellt, dass der Hinweis in der Montageanleitung tatsächlich zutreffend ist. Entsprechender Feststellungen hätte es jedoch, wie die Revision zu Recht rügt, bedurft, weil die Klägerin die Richtigkeit dieses Hinweises mit der von ihr unter Beweis gestellten Behauptung bestritten hat, dass zahlreichen Käufern die Montage gelungen sei und Tausende von Laien die von ihr verkauften Solaranlagen problemlos mangelfrei installiert hätten. Mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Behauptung der Klägerin, die Montageanweisung sei in diesem Punkt unzutreffend, im Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin als richtig zu unterstellen.
- 25
- (2) Die Auffassung des Berufungsgerichts, von einem durchschnittlichen Laien könne nicht erwartet werden, die nach Ziffer 3.3 der Montageanleitung wegen höherer Windgeschwindigkeiten in Küstennähe notwendigen Arbeiten zur zusätzlichen Befestigung des Flachdachständers durchzuführen, entbehrt gleichfalls einer tragfähigen Grundlage.
- 26
- Das Berufungsgericht hat gemeint, nur ein Dachdecker oder Zimmerer sei dazu in der Lage, den für die Montage der Sonnenkollektoren erforderlichen Flachdachständer - wie unter Ziffer 3.3 Buchstabe a) der Montageanleitung beschrieben - mit Drahtseilen auf dem Dach zu befestigen. Denn hierzu müssten gegebenenfalls an zahlreichen Stellen Löcher in das Dach gebohrt werden, durch die Wasser und Feuchtigkeit eindringen könne, wenn sie nicht handwerksgerecht abgedichtet würden. Der durchschnittliche Laie sei zur Vornahme von solch komplizierten Dachdeckerarbeiten nicht in der Lage. Da der Flachdachständer erhebliches Gewicht habe, sei die Statik des Daches daraufhin zu überprüfen, ob die Dachkonstruktion ausreichenden Halt biete. Jedenfalls dies erfordere Kenntnisse des Dachdecker- oder Zimmererhandwerks.
- 27
- Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass es sich bei dem Bohren von Löchern in ein Flachdach um eine komplizierte Dachdeckerarbeit handelt, zu der ein durchschnittlicher Laie nicht in der Lage ist. Derartige Feststellungen wären jedoch erforderlich gewesen, denn es ist, wie die Revision zu Recht geltend macht, nicht ersichtlich, weshalb ein handwerklich nicht völlig unbegabter Laie nicht dazu im Stande sein sollte, mittels eines Bohrers Löcher in ein Flachdach zu bohren, in diese Löcher Dübel zu stecken und in diese Dübel Befestigungsschrauben zu drehen. Desgleichen ist nicht ohne weiteres erkennbar, weshalb bei einer solchen Verfahrensweise die Gefahr bestehen sollte, dass Wasser oder Feuchtigkeit eindringt. Das Berufungsgericht hat auch nicht festgestellt, weshalb der Flachdachständer ein Gewicht hat, das eine Überprüfung der Statik der Dachkonstruktion erfordern würde. Selbst wenn ein Fachmann die Statik des Daches wegen des Gewichts des Flachdachständers überprüfen müsste, würde dies im Übrigen nicht bedeuten, dass ein Laie den Flachdachständer nicht auf dem Dach anbringen kann. Die Behauptung, ein Laie sei zur Montage der Solaranlage in der Lage, besagt nicht, dass keinerlei Vorarbeiten oder Zuarbeiten durch Fachleute erforderlich sind.
- 28
- c) Die Revision rügt schließlich mit Recht, dass das Berufungsgericht keine ausreichenden Feststellungen zur subjektiven Seite einer arglistigen Täuschung getroffen hat.
- 29
- Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die arglistige Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB keine Absicht, sondern Vorsatz erfordert, und dass insoweit bedingter Vorsatz genügt (BGH, Urteil vom 21. Juni 1974 - V ZR 15/73, WM 1974, 866, unter I). Auch der bedingte Vorsatz setzt allerdings voraus, dass der Erklärende die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung kennt oder zumindest für möglich hält (BGH, Urteil vom 11. Mai 2001 - V ZR 14/00, WM 2001, 1420, unter II 2 a). Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Mitarbeiter der Klägerin hätten deren eigene Montageanleitung kennen müssen und nicht entgegenstehende Hinweise erteilen dürfen, kann daher, wie die Revision zu Recht rügt, allenfalls ein fahrlässiges Verhalten , nicht aber einen bedingten Vorsatz der Mitarbeiter der Klägerin belegen.
- 30
- 2. Das Berufungsurteil stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die insoweit erhobenen Gegenrügen der Revisionserwiderung haben Erfolg.
- 31
- Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts haben die Beklagten den Eintritt der aufschiebenden Bedingung für den Abschluss des Kaufvertrages - die Gewährung von Fördermitteln durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle - nicht dadurch treuwidrig verhindert, dass sie keinen Förderantrag gestellt haben. Die aufschiebende Bedingung gilt demnach nicht nach § 162 Abs. 1 BGB als eingetreten. Da auch ein künftiger Bedingungseintritt ausgeschlossen erscheint, ist der nach § 158 Abs. 1 BGB bestehende Schwebezustand beendet und der aufschiebend bedingte Kaufvertrag endgültig wirkungslos (vgl. Senatsurteil vom 16. Oktober 1974 - VIII ZR 192/73, WM 1974, 1154, unter I). Die Klägerin hat daher keinen Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB auf Kaufpreiszahlung und Abnahme der Solarheizungsanlage. Die Beklagten befinden sich demzufolge auch nicht nach § 293 BGB in Annahmeverzug.
- 32
- Eine Bedingung gilt nach § 162 Abs. 1 BGB als eingetreten, wenn deren Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird. Ob die Beeinflussung des Geschehensablaufs treuwidrig ist, ist aufgrund einer umfassenden Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbeson- dere des Inhalts des Rechtsgeschäfts, festzustellen (BGH, Urteil vom 16. September 2005, V ZR 244/04, WM 2005, 2287, unter II 1 m.w.N.). Anders als das Berufungsgerichts meint, kann es danach nicht als treuwidrig angesehen werden , dass die Beklagten im November 2004, nachdem ihnen das Schreiben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle vom 11. Mai 2004 zur Kenntnis gebracht worden war, wonach sie aus ihrer Sicht mit der Bewilligung von Fördergeldern rechnen konnten, keinen Fördermittelantrag gestellt haben.
- 33
- Das Berufungsgericht hat bei der Würdigung des Verhaltens der Beklagten nicht berücksichtigt, dass diesen mittlerweile auch die ihnen erst nach Abschluss des Kaufvertrages ausgehändigte Montageanleitung der Herstellerin vorlag, aus der hervorging, dass die Montage der Solaranlage Fachkenntnisse entsprechend einer abgeschlossenen Berufsausbildung im Gas-/Wasserinstallationshandwerk voraussetze und nur von Käufern mit solchen Fachkenntnissen selbst ausgeführt werden dürfe. Den Beklagten war demnach im November 2004 bekannt, dass die Mitarbeiter der Klägerin es unterlassen hatten, sie vor Abschluss des Kaufvertrages auf diesen Hinweis der Herstellerin aufmerksam zu machen, und dass deren Erklärung, die Solaranlage könne auch von Laien montiert werden, mit dem Hinweis, die Montage der Solaranlage setze Fachkenntnisse entsprechend einer abgeschlossenen Berufsausbildung im Gas-/Wasserinstallationshandwerk voraus, unvereinbar war.
- 34
- Unter diesen Umständen kann es nicht als treuwidrig angesehen werden, dass die Beklagten keinen Fördermittelantrag gestellt und damit den Bedingungseintritt und das Wirksamwerden des Kaufvertrages verhindert haben. Denn die Beklagten hätten - die Wirksamkeit des Kaufvertrages unterstellt - wegen dieses als fahrlässige Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht zu wertenden Verhaltens der Mitarbeiter der Klägerin gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 278, § 276, § 249 Abs. 1 BGB auch die Rückgängigmachung des Kaufvertrages verlangen können (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, WM 2001, 1118, unter II 4, m.w.N.).
- 35
- a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht selbst bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck (des anderen) vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten konnte (Senatsurteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, aaO, unter II 3 b, m.w.N.). Vom Verkäufer kann nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung eine Mitteilung über solche Umstände erwartet werden, die nur ihm bekannt sind oder bekannt sein müssen und von denen er weiß oder wissen muss, dass sie für den Käufer von wesentlicher Bedeutung für den Vertragsschluss sind (vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - VIII ZR 185/00, WM 2002, 1839, unter III 2 b, m.w.N.).
- 36
- Der Käufer eines Bausatzes für die Selbstmontage einer Solarheizungsanlage muss nach diesen Grundsätzen zwar nicht ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die Montage der Solaranlage ein gewisses handwerkliches Geschick voraussetzt, denn dies versteht sich, wie die Revision zu Recht geltend macht und was das Berufungsgericht auch nicht verkennt, von selbst und ist daher nicht nur dem Verkäufer, sondern auch dem verständigen Käufer bekannt (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 11. Juli 2006 - 10 U 49/06; OLG Hamm, Urteil vom 25. Oktober 2005 - 19 U 67/05; OLG Hamm, Urteil vom 4. Juni 2004 - 19 U 160/03; LG Frankenthal, Urteil vom 22. Februar 2002 - 4 O 407/05; aA OLG Nürnberg aaO).
- 37
- Ein Käufer, dem ein solcher Bausatz auf einer Verbrauchermesse zum Kauf angeboten wird, kann aber nicht damit rechnen, dass die Montageanleitung der Herstellerin Fachkenntnisse entsprechend einer abgeschlossenen Berufsausbildung im Gas-/Wasserinstallationshandwerk fordert und verlangt, dass die Montage nur dann selbst durchgeführt wird, wenn der Montierende über derartige Fachkenntnisse verfügt. Dass dieser Umstand für einen Käufer, der die Solaranlage zur Selbstmontage erwirbt, von wesentlicher Bedeutung für den Vertragsschluss ist, liegt auf der Hand. Der Verkäufer muss den Käufer deshalb darüber unterrichten. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Hinweis in der Montageanweisung, wie die Revision geltend macht, tatsächlich unzutreffend und rechtlich unverbindlich ist. Selbst wenn der Verkäufer der Auffassung ist, die Montageanweisung der Herstellerin sei in diesem Punkt falsch, muss er den Käufer auf diesen Hinweis der Herstellerin aufmerksam machen. Er mag dem Käufer zugleich mitteilen, dass dieser Hinweis seiner Ansicht nach unzutreffend ist. Er darf ihm diese für die Kaufentscheidung wesentliche Information jedoch nicht vorenthalten.
- 38
- b) Da den das Verkaufsgespräch mit den Beklagten führenden Mitarbeitern der Klägerin die Montageanleitung der Herstellerin bekannt sein musste, haben sie eine der Klägerin entsprechend § 278 BGB zurechenbare fahrlässige Aufklärungspflichtverletzung begangen, indem sie den Beklagten nicht nur den Hinweis der Herstellerin auf die für die Montage der Solaranlage erforderlichen Fachkenntnisse eines Gas-/Wasserinstallationshandwerk mit abgeschlossener Berufsausbildung verschwiegen, sondern - entgegen diesem Hinweis - sogar erklärt haben, die Solaranlage könne auch von Laien montiert werden.
- 39
- c) Das Verschweigen des Hinweises und die Erteilung einer dem Hinweis widersprechenden Auskunft waren auch ursächlich für den Kaufentschluss der Beklagten. Derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt, muss darlegen und beweisen, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre, der Geschädigte also den Hinweis unbeachtet gelassen und auch bei wahrheitsgemäßen Angaben den Kaufvertrag so wie geschehen abgeschlossen hätte (Senatsurteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, aaO, unter II 3 d, m.w.N.). Anhaltspunkte für ein solches - hypothetisches - Verhalten der Beklagten sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ball Wiechers Dr. Wolst Dr. Koch Dr. Hessel
LG Schwerin, Entscheidung vom 13.10.2005 - 4 O 382/04 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 31.07.2006 - 3 U 160/05 -
(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.
(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.
(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.
(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.
(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.
(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.
(1) Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
(2) Ein im Grundbuch eingetragenes Recht hat der Verkäufer zu beseitigen, auch wenn es der Käufer kennt.
(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.
(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat, - 2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und - 3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet, - 2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung - a)
der Art der Sache und - b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
- 3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und - 4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage
- 1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder - 2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.
(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.
Außer in den Fällen des § 281 Absatz 2 und des § 323 Absatz 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 Absatz 4 verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Eine Nachbesserung gilt nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.