Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 27. Juni 2012 - 9 U 140/11

bei uns veröffentlicht am27.06.2012

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 40. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 03.08.2011, Az. 40 O 28/11 KfH, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Berufung: bis 65.000 EUR

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt von der beklagten Bank Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Zinssatzswap-Geschäfts. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe keine Pflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt. Die Funktionsweise des Zinssatzswaps sei richtig, vollständig und verständlich erläutert worden. Durch den Swap-Vertrag habe die Klägerin aus einem bestehenden, variabel verzinslichen Kredit einen solchen mit einer festen Zinsverpflichtung ohne weiteres Risiko gemacht. Das spekulative Risiko, dass die variablen Darlehenszinsen unter den vereinbarten Festzinssatz fallen können, könne zwar zu einer Verschlechterung der Darlehenskonditionen der Klägerin führen, habe ihr aber höhere Planungssicherheit gegeben. Es sei Aufgabe der Klägerin gewesen selbst zu ermitteln, ob der von der Beklagten angebotene Zinssatz marktgerecht gewesen sei. Die Beklagte habe nicht über den anfänglichen negativen Marktwert aufklären müssen. Die Klägerin habe grundsätzlich gewusst, dass die Beklagte eine Marge verdiene. Es liege keine Zinswette wie im Fall des Bundesgerichtshofs vom 22.03.2011 (XI ZR 33/10) vor. Der Zinssatzswap habe der Sicherung eines konnexen Grundgeschäfts gedient und enthalte nicht die spekulative Übernahme einer offenen Risikoposition. Aus dem Vorwurf, die Beklagte hätte ihr alternativ auch einen Zins-Cap anbieten müssen, könne ein Schadensersatzanspruch nicht abgeleitet werden. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass und mit welchem Inhalt sie einen solchen Vertrag bei umfassender Beratung abgeschlossen hätte. Auch sei der Klageantrag nicht auf eine derartige Pflichtverletzung ausgerichtet.
Gegen das ihr am 16.08.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.09.2011 Berufung eingelegt und diese am 16.10.2011 mit einer Begründung versehen. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte ihr Anlegerprofil nicht ermittelt und eine Befragung nach § 31 Abs. 4 WpHG nicht durchgeführt habe. Der Zeitdruck, unter den sie die Beklagte gesetzt habe, sei ebenso wenig gewürdigt worden wie der Umstand, dass die Zinsmeinung der Klägerin als Entscheidungsgrundlage für den Vertrag mit einer Laufzeit von mehr als 7 Jahren ungeeignet und sie daher nicht in der Lage gewesen sei, den marktgerechten Zins zu ermitteln. Zur Darstellung der Chancen und Risiken fehle eine Beispielsberechnung. Die Beklagte hätte die Klägerin darüber aufklären müssen, dass die Ausführung des Swaps unabhängig von der Valutierung des Darlehens erfolge. Die Klägerin sei der Meinung gewesen, dass sich die Zahlungsverpflichtungen aus dem Swap für beide Seiten nach dem tatsächlich in Anspruch genommenen Darlehensbetrag richteten. Jedenfalls hätte die Beklagte darauf hinweisen müssen, dass wegen des ersten Abrechnungstermins für den Swap am 30.03.2009 auf jeden Fall der volle Betrag von 880.000 EUR zur Grundlage des Zahlungsaustauschs gemacht werde, obwohl die Klägerin das Darlehen erst zum 25.06.2009 habe abrufen müssen. Das Landgericht habe fehlerhaft die unterbliebene Beratung hinsichtlich der Möglichkeit zum Abschluss eines Zins-Caps nicht als pflichtwidrig und schadensursächlich angesehen. Die Klägerin könne mangels eines entsprechenden Angebots allerdings nicht erklären, ob sie gegebenenfalls einen Zins-Cap abgeschlossen hätte. Im Rahmen des Schadensersatzes müsse sie aber keinen hypothetischen Zustand schildern, sondern könne die Herstellung des Zustandes verlangen, der ohne das schädigende Ereignis bestanden hätte. Im Übrigen habe der Swap einen negativen Marktwert von 4-6 % gehabt. Insoweit habe die Beklagte einen aufklärungspflichtigen Wissensvorsprung gehabt.
Die Klägerin beantragt:
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 03.08.2011 zum Az. 40 O 28/11 KfH wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin aus sämtlichen Verbindlichkeiten, die aufgrund der zwischen der Beklagten und der Klägerin getroffenen Vereinbarung über den Zinssatz-Swap mit der Referenznummer 60121 (bestehen), freizustellen.
3. Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin 41.004,24 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.09.2010 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, die Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten in Höhe von 2.052,70 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von 350,04 EUR zu erstatten, zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 2.442,75 EUR seit Rechtshängigkeit.
Die Beklagte beantragt:
10 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
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Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
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Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffenden Gründen die Klage abgewiesen.
13 
Die Beklagte hat bei der Empfehlung des eindeutig zu Absicherungszwecken geschlossenen einfachen Zinssatzswaps keine Aufklärungs- oder Beratungspflichten verletzt. Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen (1.). Die Beklagte hat sowohl anlegergerecht (2.) als auch objektgerecht (3.) beraten und musste auch nicht über den negativen Marktwert aufklären (4.).
14 
1. Das Landgericht hat zu Recht, und von den Parteien nicht angegriffen, den Abschluss eines Beratungsvertrages im Zusammenhang mit der Empfehlung des vorliegenden Zinssatzswaps festgestellt. Inhalt und Umfang der daraus resultierenden Aufklärungs- und Beratungspflichten bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Anlageziele und Risikobereitschaft des Kunden sowie der Eigenschaften und Risiken des empfohlenen Finanzinstruments. Es handelt sich zwar nicht um eine Umschuldungsberatung (vgl. hierzu OLG Köln, Urt. v. 18.01.2012, 13 U 232/10, BB 2012, 539), da es der Klägerin nicht um die Ablösung eines bestehenden Darlehens ging. Die Klägerin hat jedoch einen speziellen Beratungsbedarf hinsichtlich des Ausschlusses des Zinssteigerungsrisikos geäußert und die Beklagte hat die Beratung aufgenommen und ihr ein vom Darlehensvertrag unabhängiges Finanzinstrument i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 lit. c WpHG angeboten.
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2. Die Beklagte hat nicht ihre Pflicht zur anlegergerechten Beratung verletzt. In diesem Zusammenhang ist ein Berater verpflichtet, den Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden zu ermitteln und eine darauf ausgerichtete Empfehlung eines geeigneten Produkts abzugeben (vgl. nur: BGH, Urt. v. 27.09.2011, XI ZR 178/10).
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a. Die von der Beklagten unterlassene gründliche Exploration der Klägerin begründet für sich genommen noch keinen Schadensersatzanspruch. Im Rahmen der anlegergerechten Beratung ist die Bank verpflichtet, zunächst den Anlagezweck und die Risikobereitschaft zu erfragen. Diese Pflicht ist aufsichtsrechtlich in § 31 Abs. 4 WpHG festgelegt. Die Vorschrift strahlt zudem in die zivilrechtlichen Rechtsverhältnisse aus, so dass sie den Pflichtenumfang konkretisiert. Im Übrigen entspricht dies der bereits seit langem bestehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10).
17 
Soweit die Klägerin beanstandet, dass die Beklagte die gemäß § 31 Abs. 4 WpHG erforderliche Exploration unterlassen hat, kann darauf allein kein Schadensersatzanspruch gestützt werden. Die Pflicht zur Exploration als solche ist nicht drittschützend. Entscheidend kommt es darauf an, dass der Berater dem Anleger aufgrund einer sorgfältigen Exploration ein geeignetes Produkt empfehlen kann. Maßgeblich ist daher nicht, ob und in welcher Qualität eine Exploration stattgefunden hat. Entscheidend ist, ob das empfohlene Produkt für den Anleger geeignet war. Unterlässt der Berater eine Exploration, kann er dem Kunden zwar nicht vorhalten, dieser habe sein Anlageziel nicht eindeutig geäußert. Entspricht jedoch das Produkt dem Anlageziel und Profil des Kunden, liegt kein Schaden vor. Es kommt daher maßgeblich darauf an, ob das empfohlene Produkt dem Wissensstand, der Risikobereitschaft und dem Anlageziel des Kunden entsprochen hat.
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b. Der empfohlene Zinssatzswap entsprach dem Anlageziel der Klägerin. Dies ergibt sich aus folgenden Umständen:
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Die Klägerin hatte bereits am 16.07.2008 einen verbindlichen Darlehensvertrag in Höhe von 880.000 EUR abgeschlossen. Das Darlehen war noch nicht vollständig in Anspruch genommen. Es bestand aber die vertragliche Pflicht, es bis spätestens zum 25.06.2009 abzurufen. Als Tilgungsbeginn war der 30.06.2009 und eine vierteljährliche Tilgungsrate in Höhe von 30.344,83 EUR vereinbart. Das Darlehen hatte eine Laufzeit bis zum 30.06.2016. Es war variabel verzinslich mit einem Zinssatz von 2 % zuzüglich des jeweiligen Dreimonats-EURIBOR (Anlage B2). Unstreitig hatte die Klägerin Sorge, dass die Zinssätze steigen und daher die Kosten für ihr variabel verzinsliches Darlehen steigen könnten.
20 
Mit dem streitgegenständlichen Zinssatzswap verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung eines variablen Zinssatzes in Höhe von 2 % zuzüglich des jeweiligen Dreimonats-EURIBOR. Die Klägerin verpflichtete sich, einen Festzinssatz von 5,85 % zu zahlen. Bezugsbetrag war der Darlehensbetrag in Höhe von 880.000 EUR. Laufzeitbeginn war der 30.03.2009. Der Bezugsbetrag reduzierte sich jedoch in Höhe der vierteljährlichen Tilgungsleistungen, die im Darlehensvertrag vereinbart waren, ab dem 30.06.2009 (Anlage K4). Diese Konstruktion hatte zur Folge, dass die Klägerin ihre bestehende darlehensvertragliche Verpflichtung zur Zahlung eines variablen Zinses gegen eine Verpflichtung zur Zahlung eines Festzinssatzes in Höhe von 5,85 % bis zum Ende der Laufzeit weggetauscht hat (Swap). Dadurch hat sie eine Risikoposition geschlossen, nämlich das Risiko, dass ihre Zinsbelastung aufgrund eines steigenden Dreimonats-EURIBOR über den Betrag von 5,85 % p.a. steigen würde. Im Gegenzug hat sie auf die Chance einer sinkenden Zinsbelastung bei fallendem Dreimonats-EURIBOR verzichtet. Es handelt sich aus Sicht der Klägerin um einen so genannten „Payer-Swap“, weil sie Zahlerin des Festzinssatzes war. Da der Bezugsbetrag des Zinssatzswaps an den vertraglichen Tilgungsplan angepasst war, hatte der Swap auch kein wachsendes Spekulationsrisiko. Das wäre nur der Fall gewesen, wenn der Bezugsbetrag während der Laufzeit höher gewesen wäre als die Restschuld aus dem Darlehensvertrag. Dann hätte die Klägerin hinsichtlich des Bezugsbetrages spekuliert, der den aktuellen Darlehenssaldo überschritten hätte.
21 
Da der Zinssatzswap ersichtlich und wie von der Klägerin gewünscht auf den konkreten Darlehensvertrag abgestimmt war, kann der Beklagten im Rahmen der anlegergerechten Beratung nicht der Vorwurf gemacht werden, bei einer Abweichung von den vertraglichen Bedingungen, insbesondere bei einem vertragswidrig verspäteten Darlehensabruf bzw. einem vertraglich nicht vereinbarten verspäteten Tilgungsbeginn ergebe sich ein von der Klägerin nicht gewünschtes zusätzliches Spekulationsrisiko. Die Klägerin hat auch nicht behauptet, dass sie ein Interesse an einem verspäteten Darlehensabruf oder einem verzögerten Tilgungsbeginn gehabt oder ein solches gar geäußert hätte.
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c. Die Klägerin hat weder vorgetragen noch darauf den Vorwurf einer Pflichtverletzung gestützt, dass sie eine besondere Konstruktion gewünscht habe, die ihr einerseits die Flexibilität eines variabel verzinslichen und dadurch mit Dreimonatsfrist kündbaren Darlehens bewahrte und andererseits die Sicherheit einer Festzinsvereinbarung bot. Insbesondere stand nicht im Raum, dass eine vorzeitige Auflösung des Darlehensvertrages ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung, wie sie sonst bei Darlehen mit Zinsbindungsfrist üblicherweise anfällt, erforderlich werden könnte.
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d. Der empfohlene Zinssatzswap war auch unter Berücksichtigung des Wissensstands und der Risikobereitschaft der Klägerin wegen seines reinen Absicherungs-Charakters ein geeignetes Produkt.
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Soweit die Klägerin anführt, zwischen ihr und der Beklagten bestehe hinsichtlich der Ermittlung der marktüblichen Zinsen eine aufklärungsbedürftige Informationsasymmetrie, lässt sich damit keine Pflichtverletzung begründen. Bei dem vorliegenden Absicherungsgeschäft ging es darum, für die Laufzeit und die Bedingungen des bestehenden Darlehens einen „virtuellen“ festen Zinssatz zu vereinbaren, um das bestehende Risiko der variablen Zinsen auszuschalten. Die Klägerin war in der Lage, die Angemessenheit des angebotenen Zinssatzes zu überprüfen. Denn üblicherweise wird das Zinsänderungsrisiko durch den Abschluss eines festverzinslichen Darlehensvertrages ausgeschaltet. Die Klägerin konnte sich daher die marktüblichen Zinssätze für eine Zinsbindung mit einer Dauer von 7-8 Jahren aus öffentlichen Quellen oder von anderen Banken beschaffen. Sie musste also nicht in der Lage sein, selbst den voraussichtlichen durchschnittlichen Zinssatz des Dreimonats-EURIBOR anhand der Zinsstrukturkurve oder mit Prognosemodellen zu berechnen. Maßgeblich war das Sicherungsinteresse der Klägerin gegen steigende Zinsen und die Frage, in welcher Höhe eine Festzins-Vereinbarung, die zum Entstehen eines „virtuellen Festzinsdarlehens“ führt, marktgerecht war. Das konnte die Klägerin eigenverantwortlich beurteilen. Insofern ist die Situation bei einem zu Absicherungszwecken vereinbarten Swap anders als bei einem Swap-Vertrag, der zu Spekulationszwecken ohne ausreichenden Bezug zu einem Grundgeschäft abgeschlossen wird. Im zweiten Fall empfiehlt der Berater dem Kunden die Übernahme einer - ggf. strukturierten - Zahlungsverpflichtung, deren Wert dieser ebenso wenig einschätzen kann wie den Wert der Zahlungsverpflichtung, die ihm die Bank im Austausch hierfür anbietet (vgl. hierzu: Senat, Urt. v. 14.12.2011, 9 U 11/11, WM 2012, 890).
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Der Swap entsprach der Risikobereitschaft der Klägerin. Er gewährte ihr die gewünschte Sicherheit gegen steigende Zinsen, während die Beklagte das - theoretisch unbegrenzte - Risiko eines steigenden Dreimonats-EURIBOR trug.
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e. Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch lässt sich nicht mit dem Vorwurf begründen, die Beklagte habe ihr pflichtwidrig nicht die Möglichkeit des Abschlusses eines Zins-Caps aufgezeigt. Im Rahmen der anlegergerechten Beratung schuldet der Berater eine ex ante vertretbare Empfehlung. Auch darf der Berater sich auf die Empfehlung von hauseigenen Produkten beschränken und muss nicht auf die Produkte von Konkurrenten verweisen (BGH, Urt. v. 19.12.2006, XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226). Nach dem bisherigen Vorbringen steht nicht fest, dass die Beklagte überhaupt bereit gewesen wäre, einen Zins-Cap anzubieten. Auch hat die Klägerin die Konditionen eines äquivalenten Caps nicht vorgetragen. Bei einem Zins-Cap schuldet der Käufer üblicherweise eine Optionsprämie, die sich an dem Risiko der Zinsüberschreitung orientiert. Wenn die Klägerin sich also für einen Zins-Cap entschieden hätte, hätte sie in jedem Fall Kosten gehabt. Beim Zinssatzswap entstehen Zahlungspflichten hingegen nur, wenn der eigene Zinssatz höher ist als derjenige der Gegenpartei. Dementsprechend hätte die Klägerin vortragen müssen, zu welchen Bedingungen sie zum Abschluss eines Zins-Caps bereit gewesen wäre, der ihr ebenfalls den Swapsatz (5,85% p.a.) gesichert hätte. Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen. Auch macht sie ausdrücklich nicht einen Differenzschaden geltend, also die Differenz zwischen den bei einem Cap in jedem Fall entstehenden Kosten und den durch den Swap entstehenden Kosten. Da die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, hätte sie hierfür einen auf den Differenzschaden bezogenen Feststellungsantrag stellen müssen.
27 
Schließlich hat die Klägerin nicht behauptet, dass sie mit Sicherheit einen Zins-Cap abgeschlossen hätte. Wie die Klägerin selbst darlegt, wäre sie in einen Entscheidungskonflikt geraten, ob sie den Zinssatzswap, einen Zins-Cap oder überhaupt keinen Vertrag abgeschlossen hätte. Somit lässt sich nicht feststellen, dass bei pflichtgemäßer Beratung die Klägerin den streitgegenständlichen Vertrag nicht abgeschlossen hätte. Für den Zinssatzswap sprach insbesondere, dass der Klägerin keine Abschlusskosten entstanden sind.
28 
f. Aus der streitigen Behauptung, die Beklagte habe die Klägerin bei Abschluss des Vertrages unter Zeitdruck gesetzt, lässt sich keine Pflichtverletzung ableiten. Der Zeitdruck ergab sich aus den sich täglich ändernden Kapitalmarktbedingungen. Die Klägerin hätte sich mit der Entscheidung mehr Zeit lassen können, riskierte aber dadurch einen bei Abschluss höheren Festsatz.
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g. Der in der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2012 gehaltene Vortrag der Klägerin, die Beklagte habe ihr erklärt, sie könne den bestehenden variabel verzinslichen Darlehensvertrag nicht auflösen und der Abschluss eines festverzinslichen Darlehens sei ihr am Markt nicht möglich, ist in der Berufungsinstanz neu. Da der Sachvortrag nicht unstreitig ist und bereits in der ersten Instanz hätte gebracht werden können, kann er nicht gem. § 531 Abs. 2 Nr. 1, 3 ZPO zugelassen werden.
30 
3. Die Beklagte hat die Klägerin objektgerecht beraten. Im Rahmen der Anlageberatung schuldet der Berater eine Aufklärung über die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (vgl. nur BGH, Urt. v. 27.09.2011, XI ZR 178/10). Dieser Pflicht ist die Beklagte nachgekommen. Sie hat auf die wesentlichen Risiken, insbesondere auf die Möglichkeit der vorzeitigen Auflösung gegen Zahlung des dann bestehenden Marktwertes hingewiesen.
31 
a. Die Beklagte hat hinsichtlich des Chancen-Risiko-Profils, der Verlustrisiken oder der in dem Swap enthaltenen Vermögenswerte keine Aufklärungspflichten verletzt. Der vorliegende Zinssatzswap ist in der Form des so genannten Plain-Vanilla-Swaps ein sehr einfach strukturierter Vertrag mit im Wesentlichen symmetrischen Risiken. Insbesondere trug die Beklagte, nicht die Klägerin, das – theoretisch unbegrenzte – Risiko eines steigenden Dreimonats-EURIBOR. Es handelt sich nicht um ein kompliziert strukturiertes Produkt, in dem die Bank durch Einstrukturierung von exotischen Optionen oder anderen Parametern das Chancen-/Risikoprofil zu ihren Gunsten verändert hätte, ohne dass der Kunde dies erkennen konnte. Da der Swap die Funktion eines Absicherungsgeschäfts hat, bei dem der Kunde, ähnlich wie bei einem festverzinslichen Darlehen, sich einen festen Zinssatz sichert und damit eine offene Risikoposition schließt, war eine nähere Aufklärung über das Chancen-Risiko-Profil nicht erforderlich. Der Kunde erwarb mit Abschluss des Swap-Vertrages keine offene Risikoposition. Er hatte keine Verlustrisiken, die er durch ein effektives Risikomanagement hätte kontrollieren und beherrschen müssen. Der Vertrag hatte, anders als in dem von der Klägerin zitierten Fall des Senats vom 26.02.2010 (9 U 164/08) bzw. im Fall des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10) keinen Glücksspiel- oder Wettcharakter (vgl. zu der Abgrenzung bereits Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 146/08, Tz. 91).
32 
Wegen des absichernden Charakters schuldete die Beklagte auch keine Aufklärung über den Wert der ausgetauschten Leistungen (vgl. hierzu Senat, Urt. v. 14.12.2011, 9 U 11/11). Wie dargelegt, war die Klägerin wie jeder andere Darlehensnehmer in der Lage, die Angemessenheit der Bedingungen des „virtuellen Festzinsdarlehens“ durch einen Vergleich mit am Markt erhältlichen festverzinslichen Darlehen anzustellen und die Marktgerechtigkeit des Swapsatzes zu bewerten.
33 
b. Die Beklagte hat keine Aufklärungspflichten verletzt im Zusammenhang mit dem Risiko, das sich aus dem Auseinanderfallen von Darlehensvalutierung und Abschluss des Swap-Vertrages ergab. Insofern hatte die Klägerin ab Laufzeitbeginn bis zur Valutierung des Darlehens keine offene Risikoposition: Soweit und solange das Darlehen nicht valutiert war, musste sie die Differenz zwischen dem Swapsatz (5,85%) und dem variablen Satz (2% + Dreimonats-EURIBOR) bezogen auf das Nominalkapital bezahlen. Die Zahlungspflichten standen bereits bei Vertragsschluss fest: Nach dem Swap-Vertrag wurde der Zinssatz für die variablen Zinsen zwei Tage vor Beginn der Dreimonats-Periode am 26.03.2009 für die Periode bis zum 30.06.2009 festgelegt. Somit stand fest, dass die Klägerin bis zum Abruf des Darlehens, der vertraglich spätestens zum 25.06.2009 vorgesehen war, die bereits bei Vertragsschluss feststehende Differenz zwischen dem Swapsatz und dem variablen Satz zahlen musste. Am 26.03.2009 lag der Dreimonats-EURIBOR bei 1,538%, woraus sich ein Vertragszinssatz der Beklagten von 3,538% p.a. und eine Differenz zu Lasten der Klägerin von 2,312% p.a. ergaben. Diese Zahlungspflicht war ohne weiteres erkennbar und nicht gesondert aufklärungsbedürftig. Es hing von der wirtschaftlichen Entscheidung der Klägerin ab, zu welchem Zeitpunkt sie das Darlehen valutieren wollte.
34 
Bei der kaufmännischen Klägerin darf vorausgesetzt werden, dass sie die sich aus einem verbindlichen Vertrag ergebende Zahlungspflicht und den Zusammenhang mit der beabsichtigten, aber noch nicht erfolgten Valutierung erkennt. Insbesondere durfte die Beklagte davon ausgehen, dass die Klägerin das Darlehen spätestens bis zum Abruftermin am 25.06.2009 tatsächlich abruft. Andernfalls wäre die Zinssicherung, die von der Klägerin ausdrücklich gewünscht war, wenig sinnvoll gewesen. Die Beklagte hatte keinen Einfluss auf den Zeitpunkt, zu dem die Klägerin das Darlehen abruft. Hätte jene das Darlehen sofort zum 30.03.2009 abgerufen, wäre der Swap-Vertrag ein reines Sicherungsgeschäft gewesen. Die Beklagte musste nicht davon ausgehen, dass die Klägerin das Darlehen nach dem 25.06.2009 abruft.
35 
Die Klägerin hätte einen späteren Vertragsbeginn des Swap-Vertrages verlangen können, der sich stärker an dem Zeitpunkt des geplanten Darlehensabrufs orientiert. Dann hätte sie allerdings, ähnlich wie bei einem Forward-Darlehen, einen Forward-Swap vereinbaren müssen, um sich den gegenwärtigen Zinssatz zu sichern. Sie hatte bereits erfahren, dass sich die Zinskonditionen für den Swap innerhalb von wenigen Tagen zwischen erster Vorstellung und Angebot verschlechtern konnten. Bei einem Forward-Swap zahlt der Kunde allerdings üblicherweise einen Aufschlag auf den aktuellen Zinssatz, mit dem das Zinsänderungsrisiko der Bank abgegolten wird.
36 
Die Beklagte musste angesichts der gewünschten Absicherungsstrategie nicht damit rechnen, dass die Klägerin hinsichtlich des Darlehensvertrages pflichtwidrig einen verspäteten Abruf des Darlehens plante. Eine derartige Absicht hat sie auch nicht behauptet.
37 
c. Schließlich wird der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht auf eine fehlerhafte Aufklärung im Zusammenhang mit der Selbständigkeit des Zinssatzswaps gegenüber dem Grundgeschäft gestützt. Allerdings können sich durch den zusätzlichen Abschluss eines Zinssatzswaps neben einem (konnexen) Darlehensvertrag weitere Risiken ergeben. Bei einem Darlehen mit variabler Verzinsung hat der Darlehensnehmer gemäß § 489 Abs. 2 BGB ein jederzeitiges Kündigungsrecht mit einer Frist von 3 Monaten. Dies bedeutet, dass er bei einer vorzeitigen Ablösung keine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen hat. Diese Struktur ändert sich durch den Abschluss eines konnexen Zinssatzswaps. Zwar konnte das Grundgeschäft, der Darlehensvertrag, immer noch ohne Vorfälligkeitsentschädigung gekündigt werden. Allerdings bleibt nach Kündigung des Darlehensvertrages der Zinssatzswap bestehen, wenn er nicht ebenfalls gekündigt wird. Dies führt zu zwei Risikoszenarien.
38 
Zum einen trägt der Kunde das Marktwertrisiko des Swaps. Kündigt er das Grundgeschäft, muss er logischerweise den zwecklos gewordenen Absicherungs-Swap ebenfalls kündigen. Hierbei fällt unter Umständen ein zum Kündigungszeitpunkt negativer Marktwert als Auflösungspreis an. Insofern ist die Lage teilweise vergleichbar mit der vorzeitigen Kündigung eines Festzinsdarlehens, bei dem eine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt. Es besteht allerdings insofern ein Unterschied, als es sich bei der Auflösung eines Swaps nicht um einen Schadensersatzanspruch der Gegenpartei handelt und der Marktwert bei positiver Entwicklung sogar anstelle einer Pflicht zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zu einem zusätzlichen Ertrag führen kann (vgl. hierzu: Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 148/08, Tz. 77, zit.n.juris).
39 
Auf die Möglichkeit der jederzeitigen Auflösung des Swaps zum dann geltenden Marktwert hat die Beklagte die Klägerin ordnungsgemäß hingewiesen. Ein zusätzliches Risiko aus der Wahl eines Sicherungsswaps anstelle eines Festzinsdarlehens könnte theoretisch dann bestehen, wenn der negative Marktwert höher sein könnte als eine Vorfälligkeitsentschädigung. Ob diese theoretische Möglichkeit besteht, ist nicht bekannt. Die Klägerin behauptet dies nicht und macht diesbezüglich keinen Aufklärungsfehler geltend.
40 
Zum anderen besteht das - dem Senat aus anderen Fällen bekannte - Risiko, dass der Kunde den Swap-Vertrag trotz Kündigung des Grundgeschäfts fortführt. In diesem Fall wandelt sich der Charakter des Swaps von einem Absicherungsgeschäft ohne offene Risikoposition in ein spekulatives Geschäft mit einer offenen Risikoposition. Das ist ein nicht gewolltes Ergebnis für einen Kunden, der zur Absicherung einen Payer-Swap abschließt. In vielen Fällen wird dem Kunden dann die Fähigkeit fehlen, den spekulativ gewordenen Swap dem gebotenen effektiven Risikomanagement zu unterwerfen, weil er bereits die Zusammenhänge nicht erkennt und nicht in der Lage ist, den Marktwert eigenverantwortlich zu beobachten und diesen zum Gegenstand seiner Strategie zu machen (vgl. Senat, Urt. v. 14.12.2011, 9 U 11/11). Er ist daher darauf hinzuweisen, dass er im Falle einer Kündigung des Grundgeschäfts auch den Absicherungsswap kündigen und dabei den Auflösungspreis bei seiner Entscheidung berücksichtigen muss. Insbesondere besteht die Gefahr, dass ein Kunde, der - wie hier - mit dem selben Partner sowohl das Darlehensgeschäft als auch den Absicherungsswap abschließt, bei der Kündigung des Darlehensvertrages davon ausgeht, diese erfasse auch den Absicherungsswap.
41 
Im konkreten Fall lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte hinsichtlich des Risikos des selbständigen Fortbestehens des Swap-Vertrages die Klägerin aufgeklärt hat. Zwar wird in den Präsentationsunterlagen darauf hingewiesen, dass der Zinssatzswap jederzeit (selbstständig) aufgelöst werden kann und hierfür der dann gültige Marktpreis zu zahlen ist. Auf das Risiko, dass bei isoliertem Wegfall des Darlehensvertrages eine offene Risikoposition entsteht, die ein effektives Risikomanagement erfordert, zu dem der Kunde nicht in der Lage ist, wird nicht hingewiesen.
42 
Diese Pflichtverletzung ist jedoch nicht erheblich für den geltend gemachten Schaden, nämlich die Rückabwicklung des gesamten Vertrages. Der unterlassene Hinweis führt zu einem anders gearteten Schaden. Der Kunde wird nämlich bei einem unterbliebenen Hinweis spätestens bei der nächsten Fälligkeit feststellen, dass der Swap-Vertrag weiterläuft und nach wie vor Zahlungspflichten begründet. Wurde er vorher ordnungsgemäß darauf hingewiesen, dass er jederzeit den Vertrag zu dem jeweils gültigen Marktwert auflösen kann, ist er in der Lage, dies nachzuholen. Ein Schaden entsteht dann in der Differenz zwischen dem Marktwert zum Zeitpunkt der Kündigung des Darlehensvertrages und demjenigen zum Zeitpunkt der Kündigung des Swap-Vertrages. Hinzu kommt eine etwaige Nettozahlung, die der Kunde nicht vermieden hat, weil er von einer Beendigung des Swap-Vertrages zum Zeitpunkt der Kündigung des Darlehensvertrages ausgegangen ist. Alternativ könnte der Kunde geltend machen, bei ordnungsgemäßer Belehrung hätte er das Grundgeschäft nicht gekündigt. Diesen Differenzschaden macht die Klägerin jedoch nicht geltend. Sie hat den Swap-Vertrag nicht gekündigt, auch nicht während des laufenden Rechtsstreits, obwohl sie über die Möglichkeit der jederzeitigen Auflösung ordnungsgemäß informiert worden war.
43 
4. Die Beklagte war nicht verpflichtet, die Klägerin über den negativen Marktwert des Zinssatzswaps unter dem Gesichtspunkt der Interessenkollision aufzuklären. Nach Auffassung des Senats betrifft die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Aufklärungspflicht bei Swap-Geschäften (Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10) nur solche Verträge, die zu Spekulationszwecken abgeschlossen wurden (so im Ergebnis auch: OLG Köln, Urt. v. 18.01.2012, 13 U 232/10, BB 2012, 539, Tz. 21 ff., zit.n.juris) . Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung wesentlich darauf abgestellt, dass es sich bei dem CMS Spread Ladder Swap um eine Zinswette gehandelt hat und bei dieser der negative Marktwert eine maßgebliche Bedeutung habe (BGH, a.a.O., Tz. 31). Weiter war für den Bundesgerichtshof ein wesentliches Kriterium, dass der Kunde aus dem Vertrag Verluste erzielen konnte, deren Eintrittswahrscheinlichkeit bzw. Höhe die Bank durch die frei wählbare und von ihr vorgeschlagene Strukturierung der Zahlungspflichten beeinflussen konnte. Die Interessenkollision sah der Bundesgerichtshof darin, dass die Bank sich dieses von ihr konstruierte Verlustrisiko durch Hedge-Geschäfte sofort abkaufen lassen konnte. Bei einer Wette muss der Kunde nicht damit rechnen, dass die Bank heimlich einen Gewinn generiert.
44 
Dies alles trifft nicht zu auf Zinssatzswaps, die zu Sicherungszwecken abgeschlossen werden. Denn diese schließen gerade das Risiko des Kunden aus und generieren keine Verluste. Bei einem Payer-Swap mit einem festen Zinssatz verzichtet der Kunde lediglich bewusst auf Ertragschancen, die sich aus einem sinkenden variablen Zinssatz ergeben könnten. Seine Belastung und die Marktüblichkeit des Zinssatzes für das über den Swap-Vertrag erzeugte „virtuelle Festzinsdarlehen“ kann er selbst beurteilen.
45 
Der Senat hält allerdings den Ansatz für nicht weiterführend, die vom Bundesgerichtshof konkretisierte Aufklärungspflicht von der Komplexität der Strukturierung abhängig zu machen (vgl. hierzu: OLG Köln, a.a.O.). Es ist nicht erkennbar, dass der Bundesgerichtshof selbst das Merkmal der Komplexität zur entscheidenden Grundlage einer Aufklärungspflicht machen wollte. Dieses Kriterium erscheint dem Senat wenig griffig für klare Abgrenzungen. Zudem besteht die Interessenkollision auch bei solchen spekulativen Swap-Verträgen, die - wie beispielsweise Zinswährungsswaps (Cross-Currency-Swaps) - verhältnismäßig einfach strukturiert sind. Auch hier kann die Bank durch die Wahl der Zinssätze, der Währungen und vor allem aufgrund ihres überlegenen Wissens hinsichtlich der Marktbedingungen die Verlustrisiken des Kunden frei gestalten, während der Kunde im Regelfall nicht in der Lage ist, die Leistungen zutreffend zu bewerten (vergleiche hierzu Senat, Urt. v. 14.12.2011, 9 U 11/11). Für den Kunden ist bereits ein aus Sicht der Bank einfacher Swap regelmäßig komplex.
46 
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Die Entscheidung weicht nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofs ab und beruht im Wesentlichen auf den Umständen des Einzelfalls.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 27. Juni 2012 - 9 U 140/11

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 27. Juni 2012 - 9 U 140/11

Referenzen - Gesetze

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh
Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 27. Juni 2012 - 9 U 140/11 zitiert 10 §§.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Zivilprozessordnung - ZPO | § 511 Statthaftigkeit der Berufung


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

Gesetz über den Wertpapierhandel


Wertpapierhandelsgesetz - WpHG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 489 Ordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers


(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,1.wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist,

Wertpapierhandelsgesetz - WpHG | § 31 Verordnungsermächtigung zu den Mitteilungspflichten nach der Verordnung (EU) Nr. 648/2012


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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 27. Juni 2012 - 9 U 140/11 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Sept. 2011 - XI ZR 178/10

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Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2006 - XI ZR 56/05

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 56/05 Verkündet am: 19. Dezember 2006 Weber, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 14. Dez. 2011 - 9 U 11/11

bei uns veröffentlicht am 14.12.2011

Tenor I. Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 21.12.2010, Az. 8 O 247/10, werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass Ziff. 2 des Urteils auf Grund der Antragsänderung wie folgt neu gefasst

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 27. Okt. 2010 - 9 U 148/08

bei uns veröffentlicht am 27.10.2010

Tenor I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ulm, Az. 4 O 122/08, vom 22.08.2008 abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagte wird verurte

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 26. Feb. 2010 - 9 U 164/08

bei uns veröffentlicht am 26.02.2010

Tenor I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 31. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart, Az. 31 O 29/08 KfH, vom 26. September 2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagte
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Landgericht Bonn Urteil, 09. Apr. 2015 - 2 O 11/14

bei uns veröffentlicht am 09.04.2015

Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 164.527,38 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentsätzen über dem Basiszinssatz aus 83.318,95 € seit dem 01.10.2013 sowie aus 81.207,43 € seit dem 31.12.2013 zu zahlen. Wegen der weitergehenden Zinsfo

Landgericht Hamburg Urteil, 01. Okt. 2014 - 404 HKO 33/14

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Oberlandesgericht Köln Urteil, 13. Aug. 2014 - 13 U 128/13

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Landgericht Düsseldorf Urteil, 04. Apr. 2014 - 8 O 89/12

bei uns veröffentlicht am 04.04.2014

Tenor Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, den Kläger von der Verpflichtung zu weiteren Zahlungen auf folgende Geschäfte freizustellen, soweit nicht diesen Zahlungen anzurechnende W gegenüberstehen: -          Zinsphasensw

Referenzen

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Unterrichtung nach Artikel 4a Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a oder nach Artikel 10 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a sowie der Nachweise nach Artikel 4a Absatz 2 Unterabsatz 1 oder nach Artikel 10 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 178/10 Verkündet am:
27. September 2011
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu Aufklärungspflichten der beratenden Bank beim Erwerb von Basketzertifikaten
(Emittentin hier: Lehman Brothers) durch ihren Kunden.
BGH, Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, die
Richterin Mayen sowie die Richter Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 23. April 2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die beklagte Sparkasse auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der inzwischen insolventen Lehman Brothers Treasury Co. B.V. in Anspruch.
2
Der Kläger, ein seinerzeit im Ruhestand befindlicher Lehrer, war seit geraumer Zeit Kunde der Beklagten. Er erwarb im November 2003 für sich selbst Inhaberschuldverschreibungen und Investmentanteile zum Nennwert von 40.000 € und für seinen Sohn eine 2% J. Anleihe zum Nennwert von 10.000 €. Im Herbst 2004 kaufte er eine mit 8% verzinste, auf ungarische Forint lautende Anleihe der niederländischen R. Bank und im Jahre 2005 die sogenannte "Weihnachtszinsanleihe" der D. Bank.
3
Im Dezember 2006 legte der Kläger aufgrund eines Beratungsgesprächs mit einer Mitarbeiterin der Beklagten, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, aus einem frei gewordenen Anlagebetrag von insgesamt 40.000 € einen Teilbetrag von 10.000 € in 10 "ProtectExpress"-Anleihen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zum Nominalwert von jeweils 1.000 € zuzüglich eines Ausgabeaufschlags von 1% an. Die Zertifikate hatte die Beklagte zuvor von der Emittentin zu einem unter dem Nennwert liegenden Preis erworben und sodann aus dem Eigenbestand an den Kläger veräußert, wobei die Beklagte nicht platzierte Anleihen gegen Anrechnung eines Abschlags vom Einstandspreis an die Emittentin zurückgeben durfte.
4
Die Rückzahlung der Zertifikate sollte in Abhängigkeit von der Entwicklung des "Lehman Brothers Deutschland Dividend Basket" - einem virtuellen Aktienkorb, in den die zehn dividendenstärksten Titel des DAX-30-Index Eingang fanden - erfolgen. Durch einen Vergleich des Kurses des Aktienkorbes am anfänglichen Bewertungsstichtag (21. Dezember 2006) mit dem Kurs an zwei nachfolgenden Feststellungstagen (23. Juni 2008, 21. Dezember 2009) bzw. dem Endfälligkeitsdatum (28. Juni 2012) ermittelten sich nach näherer Maßgabe der Zertifikatbedingungen Zeitpunkt und Höhe des Rückzahlbetrages. Dieser sollte - in Abhängigkeit von der Kursentwicklung an den Feststellungstagen bzw. dem Endfälligkeitsdatum - neben der Kapitalrückzahlung (ohne Ausgabeaufschlag ) gegebenenfalls einen Bonus von 10% bzw. 20% oder in Höhe der durchschnittlichen, an 22 vierteljährlichen Beobachtungstagen während der Gesamtlaufzeit gemessenen Wertentwicklung des Aktienkorbes enthalten.In dem für den Kunden ungünstigsten Fall war die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals ohne Ausgabeaufschlag und Bonus nach Ablauf der fünfeinhalbjährigen Gesamtlaufzeit vorgesehen.
5
Im September 2008 wurde die US-amerikanische Muttergesellschaft der Emittentin, die Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc., die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte (nachfolgend: Garantiegeberin ), insolvent. Dies zog die Insolvenz der Emittentin nach sich, so dass die Anleihen weitgehend wertlos wurden.
6
Der Kläger verlangt, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Beratungsfehler der Beklagten, die Rückzahlung von 10.100 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der 10 Lehman-Zertifikate, darüber hinaus die Feststellung, dass die Beklagte sich in Annahmeverzug befinde, und die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das Landgericht hat der Klage bis auf einen geringen Teil der Anwaltskosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

A.

7
Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
8
Entgegen der Revisionserwiderung ist das Rechtsmittel nicht mangels Zulassung bereits unzulässig, soweit mit ihm gerügt wird, das Berufungsgericht habe die vom Kläger geltend gemachten Pflichtverletzungen, nicht anlegergerecht beraten und insbesondere nicht hinreichend über die mit dem streitgegenständlichen Zertifikat verbundenen Risiken aufgeklärt worden zu sein, übergangen. Der Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils enthält keinen Zusatz, der die dort zu Gunsten des Klägers zugelassene Revision einschränkt. Die Eingrenzung des Rechtsmittels kann sich zwar auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, BGHZ 153, 358, 360 f.). Aus diesen muss dann aber mit ausreichender Klarheit hervorgehen, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nur wegen eines - tatsächlich und rechtlich selbständigen - abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (BGH, Urteile vom 12. November 2004 - V ZR 42/04, NJW 2005, 894, 895, insoweit in BGHZ 161, 115 nicht abgedruckt, und vom 17. Januar 2008 - IX ZR 172/06, WM 2008, 748 Rn. 8; jeweils mwN). Unter diesen Voraussetzungen kann die Revisionszulassung grundsätzlich auch auf eine von mehreren zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Anlageberatung vorgetragenen Pflichtverletzungen beschränkt werden (BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 6).
9
Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen zwar nur damit begründet , der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Fragen, ob eine Bank im Rahmen der Anlageberatung dem Kunden einen Hinweis auf eine von ihr erzielte Gewinnmarge aus einem Eigengeschäft bzw. neben einem Hinweis auf ein bestehendes Emittentenrisiko auch noch Aufklärung über das Nichteingreifen eines Einlagensicherungssystems schulde, bislang höchstrichterlich nicht geklärt seien. Hiermit hat es indes lediglich den Anlass der Revisionszulassung mitgeteilt, ohne die im Tenor uneingeschränkt zugelassene revisionsrechtliche Nachprüfung entsprechend beschränken zu wollen.

B.

10
Die Revision ist unbegründet.

I.

11
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
12
Dem Kläger stehe wegen des Verkaufs der Zertifikate kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese ihre Pflichten aus dem geschlossenen Beratungsvertrag nicht verletzt habe.
13
Dass die Beklagte den Kläger unstreitig nicht über die von ihr bei dem Verkauf erzielte Gewinnmarge aufgeklärt habe, stelle keine Pflichtverletzung dar. Mit den der "kick back"-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Konstellationen, an denen jeweils drei Personen beteiligt gewesen seien, sei der Streitfall nicht vergleichbar. Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf Sachverhalte der vorliegenden Art, in denen der Anleger das Produkt direkt von der beratenden Bank erwerbe, sei nicht sachgerecht. Die Annahme einer entsprechenden Aufklärungspflicht zwinge Banken, die von ihnen im Anlagegeschäft erzielten Gewinnspannen hinsichtlich sämtlicher empfohlenen Anlagen und damit praktisch ihre gesamte Ertragsstruktur offen zu legen. Dass jedes Kreditinstitut an der Geheimhaltung dieser Daten aus Wettbewerbsgründen ein ganz erhebliches und schutzwürdiges Interesse habe, liege auf der Hand. Demgegenüber bestehe kein schutzwürdiges Interesse des Anlegers an einer derartigen Aufklärung, da jedem Marktteilnehmer, auch dem Privatanleger , der die Beratungsleistung einer Bank in Anspruch nehme, ohne hierfür eine gesonderte Vergütung zu entrichten, klar sein müsse, dass das Unternehmen aus der Leistung einen Gewinn ziehe und daher in dem für das Anlageprodukt zu entrichtenden Preis ein Entgelt für die Bank enthalten sei.
14
Das gelte nicht nur, wenn die Bank ein eigenes Produkt verkaufe, sondern auch dann, wenn - wie vorliegend - aus eigenem Bestand ein fremdes Produkt verkauft werde. Insofern könne auch offen bleiben, ob dem Kläger, wie von ihm bestritten, bekannt gewesen sei, dass die Beklagte den Verkauf als Eigengeschäft durchgeführt habe. Unstreitig seien objektiv weder Rückvergütungen noch Provisionszahlungen geflossen, sondern die Beklagte habe ihren Ertrag, abgesehen von dem in der Wertpapierabrechnung deutlich ausgewiesenen Ausgabeaufschlag von 1%, lediglich aus der Gewinnmarge als einem nicht offen zu legenden Preisbestandteil gezogen. Infolgedessen habe keine Offenbarungspflicht der Beklagten bestanden; die insoweit allein denkbare Aufklärung , dass man gerade keine verdeckten Rückflüsse erhalte oder zahle, wäre offensichtlich sinnlos gewesen.
15
Selbst wenn man aber in Bezug auf die Gewinnmarge von einem den Anleger benachteiligenden Interessenkonflikt ausgehen und daraus grundsätzlich eine Offenbarungspflicht der Bank herleiten wolle, habe jedenfalls im vorliegenden Fall keine solche Pflicht bestanden. Denn der Verkauf der LehmanZertifikate sei für die Beklagte, auch mit Blick auf ihre Gewinnaufschläge beim Verkauf alternativer Anlagen, gerade nicht besonders gewinnträchtig gewesen.
16
Gleichfalls stelle es keine Pflichtverletzung der Beklagten dar, dass im Beratungsgespräch kein ausdrücklicher Hinweis darauf erfolgt sei, dass die verkauften Zertifikate nicht der deutschen Einlagensicherung unterlagen. Ob die beratende Bank grundsätzlich einen solchen Hinweis schulde, könne dahin stehen. Jedenfalls gegenüber dem Kläger, der über das mit den erworbenen Lehman-Zertifikaten verbundene Emittentenrisiko aufgeklärt worden sei, sei eine solche Aufklärung nicht geschuldet gewesen. Ihr komme neben dem Hinweis auf das Emittentenrisiko keine eigenständige Bedeutung mehr zu, da sie einem Kunden, der schon bereit sei, das Insolvenzrisiko der Emittentin zu tra- gen, keine zusätzlichen, für die Anlageentscheidung wesentlichen Informationen liefere. Im Streitfall habe der Kläger schon nicht dargelegt, jedenfalls aber nicht bewiesen, nicht gehörig über das Emittentenrisiko aufgeklärt worden zu sein. Weitergehende Risikohinweise, als sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Beratungsgespräch erfolgt seien, habe die Beklagte nicht geschuldet.
17
Die Beratung sei vor dem Hintergrund, dass der Kläger schon vor Dezember 2006 wiederholt in durchaus risikoreiche Anlagen investiert habe, zudem anlegergerecht gewesen. Hierbei sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass auch im Jahre 2003 beim Erwerb der J. Anleihe, einem dem streitgegenständlichen LehmanZertifikat ganz ähnlich strukturierten Papier, ein Hinweis auf das vom Anleger zu tragende Emittentenrisiko erfolgt sei.
18
Die Struktur der streitgegenständlichen Anlage habe ebenfalls keine weitergehenden Risikohinweise erfordert. Aufgrund des vollständigen Kapitalschutzes zum Laufzeitende habe sich das Zertifikat, die Bonität der Emittentin vorausgesetzt , aus damaliger Sicht nicht als spekulative Anlage dargestellt. Auf die Bonität der Muttergesellschaft der Emittentin und Garantin der Anleihe habe im Dezember 2006 ohne Weiteres vertraut werden können. Auch im Übrigen habe der Kläger eine nicht anleger- oder nicht anlagegerechte Beratung nicht dargelegt.
19
Sofern man demgegenüber im Unterlassen der Aufdeckung der Handelsspanne und/oder in der unterbliebenen Aufklärung zur fehlenden Einlagensicherung eine Pflichtverletzung der Beklagten sehen wolle, habe sie einen solchen Pflichtenverstoß jedenfalls nicht zu vertreten. Für die Beklagte habe im Dezember 2006 keine Veranlassung bestanden, von diesbezüglichen Hinweis- pflichten auszugehen. Zumindest fehle es aber an der erforderlichen Kausalität etwaiger Pflichtverletzungen für die Anlageentscheidung. Der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, dass er sich bei entsprechender Aufklärung gegen den Kauf der Lehman-Zertifikate entschieden hätte.

II.

20
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
21
1. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen der Beklagten und dem Kläger ein Beratungsvertrag geschlossen worden.
22
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Beratungsvertrag nicht verletzt hat.
23
a) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f., vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 12, vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49). In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat (Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129, vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12), muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (Senatsurteile vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12, vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 19).
24
b) Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass die Beklagte ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung nicht deshalb verletzt hat, weil sie den Kläger im Beratungsgespräch im Dezember 2006 nicht über ein konkret bestehendes Insolvenzrisiko der Emittentin oder der Garantiegeberin aufgeklärt hat. Auch die Revision erhebt insoweit keine Rügen.
25
Allerdings musste die Beklagte, die die in Rede stehenden Zertifikate in ihr eigenes Anlageprogramm aufgenommen und sie empfohlen hat, diese zuvor selbst mit banküblichem kritischen Sachverstand überprüfen (vgl. Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129, vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 12 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 15). Das gilt auch hinsichtlich der Bonität der konkreten Emittentin bzw. Garantiegeberin, die für die Risikobeurteilung eines Zertifikats von maßgeblicher Bedeutung ist. Eine Haftung der Beklagten käme nach dem Schutzzweck der gegebenenfalls verletzten Prüf- und Offenbarungspflicht dann in Betracht, wenn bei dieser Prüfung auch ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Kläger hätte aufgeklärt werden müssen oder wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Kapitalanlage nicht anlegeroder objektgerecht ist (vgl. Senatsurteile vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 14 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 17). Jedenfalls daran fehlt es hier. Es sind keine Umstände festgestellt oder dargetan, aus denen sich ergibt, dass ein konkretes Insolvenzrisiko, sollte es bereits zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs Ende Dezember 2006 bestanden haben, für die Beklagte bei einer ordnungsgemäßen Prüfung der empfohlenen Kapitalanlage erkennbar gewesen wäre. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts waren die Bonitätsbewertungen (Ratings ) der Garantiegeberin seinerzeit so positiv, dass Zweifel an ihrer Zahlungsfähigkeit nicht aufkommen mussten. Gegenteiliges behauptet auch der Kläger nicht.
26
c) Ebenso wenig lässt die Annahme des Berufungsgerichts, derKläger sei hinsichtlich der generellen Abhängigkeit der Rückzahlung von der Bonität der Emittentin bzw. Garantiegeberin (sog. allgemeines Emittentenrisiko) hinreichend aufgeklärt worden, einen Rechtsfehler erkennen.
27
aa) Basketzertifikate wie die hier in Rede stehende "ProtectExpress"-Anleihe sind strukturierte Finanzprodukte in der Form einer Inhaberschuldverschreibung , die den Anspruch des Inhabers gegen den Emittenten auf Zahlung eines Geldbetrages verbriefen, dessen Höhe vom Stand der zugrunde gelegten Basiswerte (sog. Underlyings) abhängt (Fuchs in Fuchs, WpHG, § 31 Rn. 178; Kumpan in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., § 2 WpHG Rn. 29; zum allgemeineren Indexzertifikat vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 62 mwN). Da hier - anders als beispiels- weise bei Investmentfonds nach dem Investmentgesetz (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 2 InvG) - kein vom sonstigen Vermögen des Emittenten getrenntes Sondervermögen gebildet wird, trägt der Anleger nicht nur das Marktrisiko in Bezug auf den zugrunde gelegten Basiswert, sondern darüber hinaus auch das Bonitätsrisiko des Emittenten (Köndgen/Schmies in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts -Handbuch, 3. Aufl., § 113 Rn. 56; Mülbert, WM 2007, 1149, 1151; Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 117; Veil, WM 2009, 1585; Witte/Mehrbrey, ZIP 2009, 744, 745). Selbst wenn sich der Basiswert, in den der Anleger mit Erwerb des Zertifikats investiert hat, für ihn günstig entwickelt, wird das Zertifikat zum Verlustgeschäft, wenn der Emittent am Ende der Laufzeit den nach den Anlagebedingungen fälligen Rückzahlungsbetrag nicht aufbringen kann. Zu einer vollständigen Risikodarstellung der Anlageform des Zertifikats gehört mithin auch, dass der Anleger erkennen kann, dass die Rückzahlung generell von der Bonität der jeweiligen Emittentin bzw. Garantiegeberin zum Zeitpunkt der Rückzahlbarkeit der Anleihe abhängt (ebenso Bausch, BB 2009, 1832, 1833; Knops, BB 2008, 2535, 2537; Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 118; zu § 31 WpHG Fuchs in Fuchs, WpHG, § 31 Rn. 179; Koller in Assmann/Schneider, WpHG, 4. Aufl., § 31 Rn. 126; vgl. auch Senatsurteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442). Auch wenn bezogen auf die konkrete Emittentin zum Zeitpunkt der Beratung keine Anhaltspunkte für eine drohende Zahlungsunfähigkeit bestehen, kann es für die Entscheidung des Anlegers dennoch von wesentlicher Bedeutung sein, dass er dieses Risiko - anders als bei anderen Anlageformen - bezogen auf die gesamte Laufzeit des Zertifikats übernimmt.
28
Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang, dass die beratende Bank davon ausgehen kann, dass das theoretisch immer bestehende Insolvenzrisiko eines Schuldners allgemein bekannt und daher in der Regel nicht aufklärungsbedürftig ist (so Hannöver in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch , 3. Aufl., § 110 Rn. 38; Nobbe, WuB I G 1. - 11.10; für spekulative Anleger OLG Schleswig, WM 1996, 1487, 1488). Selbst wenn dem durchschnittlichen Anleger allgemein bewusst ist, dass Unternehmen - auch Banken - zahlungsunfähig werden können, so heißt dies nicht, dass er sich auch bewusst ist, dieses Risiko mangels Bildung eines Sondervermögens mit Erwerb eines Zertifikats in Bezug auf die jeweilige Emittentin und Garantiegeberin zu übernehmen. Letzteres kann nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Grundsätzlich ist damit im Rahmen eines Beratungsvertrages über die generelle Abhängigkeit der Rückzahlung des empfohlenen Zertifikats von der Bonität der Emittentin bzw. Garantiegeberin (sog. allgemeines Emittentenrisiko) aufzuklären. Der Anleger muss informiert sein, dass er im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Emittentin bzw. Garantiegeberin das angelegte Kapital vollständig verliert.
29
bb) Eine solche Aufklärung ist hier nach der für die Revisionsinstanz zugrunde zu legenden tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger sei nach der Aussage der Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin P. , und seinen damit übereinstimmenden eigenen Angaben während des Beratungsgesprächs im Dezember 2006 über das allgemeine Emittentenrisiko unterrichtet worden, erfolgt.
30
(1) Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen die Denk- und Erfahrungsgesetze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 38; BGH, Urteil vom 30. Oktober 2007 - VI ZR 132/06, NJW 2008, 571, Rn. 8 mwN). Derartige Rechtsfehler weist das angegriffene Urteil nicht auf. Vielmehr stellt das Berufungsgericht unangegriffen und rechtsfehlerfrei fest, der Kläger habe gewusst, dass es sich bei der Forderung um eine solche gegen eine US-amerikanische Investmentbank handelte. Er sei auf deren hervorragendes Rating hingewiesen worden. Die Zeugin P. habe geäußert, die Anlage falle dann aus, wenn "alles zusammenbreche". Wenn das Berufungsgericht dies - den eigenen Angaben des Klägers in seiner Anhörung entsprechend - als Hinweis auf die außergewöhnliche und zum damaligen Zeitpunkt von allen maßgeblichen Stimmen für gegeben erachtete Bonität der Emittentin verstanden hat, die nur gefährdet sei, wenn es infolge einer systemischen Krise der Finanzmärkte zu einem Zusammenbruch des Weltfinanzsystems komme, so erscheint diese Würdigung nicht nur nachvollziehbar, sondern auch naheliegend. Mit ihren hiergegen gerichteten Einwänden setzt die Revision lediglich in unzulässiger Weise ihre eigene Würdigung des Sachverhalts an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts.
31
(2) Darüber hinaus war dem Kläger nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts das bei Zertifikaten für den Anleger bestehende allgemeine Emittentenrisiko auch aus seinem bisherigen Anlageverhalten geläufig, so dass er hierüber im Beratungsgespräch vom Dezember 2006 nicht erneut aufgeklärt werden musste.
32
Nach den ebenfalls unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts erwarb der Kläger am 24. November 2003 für seinen Sohn für 10.000 € mit der J. Anleihe ein dem streitgegenständlichen Lehman-Zertifikat ähnlich strukturiertes Papier, wobei ihm während des damaligen Beratungsgesprächs die Broschüre "Basisinformationen zu Festverzinslichen Wertpapieren besonderer Art" ausgehändigt wurde, die einen ausdrücklichen und unmissverständlichen Hinweis auf das allgemeine Emittentenrisiko enthält. Wenn der Kläger in der Folgezeit mit der im Herbst 2004 erworbenen Forint-Anleihe der R. Bank, mit der er nach eigenen Angaben Wechselkursschwankungen ausnutzen wollte, sowie der 2005 gekauften "Weihnachtszinsanleihe" der D. Bank erneut auf Anlageformen setzte, bei denen er bewusst das Insolvenzrisiko der jeweiligen Emittenten übernahm, ohne durch Einlagensicherungssysteme geschützt zu sein, war eine nochmalige Aufklärung über den Charakter einer Anleihe, die - wie er wusste - eine Forderung gegen eine US-amerikanische Investmentbank verbriefte, im Beratungsgespräch vom Dezember 2006 entbehrlich (vgl. für die anlegergerechte Beratung Senatsurteil vom 28. Juni 2005 - XI ZR 363/04, BGHZ 163, 311, 320).
33
d) Das Berufungsgericht hat ebenfalls mit Recht angenommen, dass es keines zusätzlichen Hinweises auf das Nichteingreifen von Einlagensicherungssystemen bedarf, wenn die Aufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko erfolgt ist oder eine dahingehende Aufklärungspflicht deshalb entfällt, weil der konkrete Anleger das generelle Gegenparteirisiko bei Zertifikaten - beispielsweise aus seinem bisherigen Anlageverhalten - kennt oder er sich insoweit als erfahren geriert (dazu Senatsurteil vom 28. September 2004 - XI ZR 259/03, WM 2004, 2205, 2206 mwN).
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aa) Inhaberschuldverschreibungen unterfallen nicht dem Einlagen- und Anlegerschutzgesetz (§ 1 Abs. 2 Satz 2 EAEG; Fischer in Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, KWG, 3. Aufl., § 23a Rn. 60). Generell gilt ferner, dass sie weder vom Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken e.V. (§ 6 Abs. 1a des Statuts; dazu Fischer in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts -Handbuch, 3. Aufl., § 133 Rn. 62) noch vom Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Öffentlicher Banken e.V. (§ 14 Nr. 3 Satz 1 der Satzung) umfasst werden. Die im Streitfall für die Beklagte maßgebliche Institutssicherung des Sparkassenstützungsfonds des Hanseatischen Sparkassen- und Giroverbandes greift nicht ein, weil Schuldner des durch die "ProtectExpress"Anleihe verbrieften Anspruchs nicht die Beklagte selbst ist (§ 2 Satz 3 der Satzung; vgl. Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 117).
35
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass diesem Umstand dann keine eigenständige Bedeutung für die Anlageentscheidung mehr zukommt, wenn der Kunde bereits über das von ihm zu tragende Insolvenzrisiko der Emittentin aufgeklärt wurde. Denn für den Anleger ist es in einem solchen Falle unerheblich, ob er des eingezahlten Kapitals (nur) wegen einer - von ihm bewusst in Kauf genommenen - möglichen Zahlungsunfähigkeit des Emittenten verlustig geht, oder weil dieses Risiko nicht zusätzlich durch Einlagensicherungssysteme gedeckt ist. Weiß der Kunde um die Möglichkeit eines Totalverlustes , kann er nicht gleichzeitig auf das Eingreifen einer Einlagensicherung vertrauen (so auch OLG Bamberg, WM 2010, 1354, 1357; OLG München, WM 2010, 2115, 2117; OLG Celle, Beschluss vom 17. September 2010 - 3 U 154/10, juris Rn. 26; OLG Frankfurt, WM 2010, 2111, 2115; OLG Düsseldorf, WM 2011, 399, 404; Bausch, BB 2009, 1832, 1833; ders. BKR 2010, 257, 259; aA Maier, VuR 2009, 369, 370).
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Dies gilt entgegen der Auffassung der Revision auch für die hier vorliegende Konstellation, dass der Anleger von einer der Einlagensicherung unterliegenden in die ungesicherte Anlageform des Zertifikats wechselt (aA LG Heidelberg , WM 2010, 505, 508: "jedenfalls für einen vergleichsweise unerfahrenen Anleger"; Bömcke/Weck, VuR 2009, 53, 56; Maier, VuR 2009, 369, 370; offen gelassen von OLG Dresden, WM 2010, 1403, 1405). Die Gegenauffassung zeigt ebenso wenig wie die Revision nachvollziehbar auf, worauf sich bei einem anlässlich der "Umschichtung" über das mit der Neuanlage verbundene Insolvenzrisiko belehrten Anleger dessen Vorstellung stützen soll, das ihm offengelegte Verlustrisiko werde gleichwohl durch ein Einlagensicherungssystem aufgefangen. Eine hiervon zu trennende andere Frage ist es, ob einem Anleger, der ausdrücklich eine "sichere" Geldanlage wünscht, eine Anlageform empfohlen werden darf, für die keine Einlagensicherung besteht (vgl. hierzu Senatsurteil vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 50 f.). Auf diese - den Bereich der anlegergerechten Beratung betreffende - Fragestellung kommt es im Streitfall schon deshalb nicht an, weil die Revision selbst nicht geltend macht, das streitgegenständliche Zertifikat habe dem Kläger, der auch vor Dezember 2006 wiederholt in risikoreiche Anlagen investiert hatte, von vornherein nicht angedient werden dürfen.
37
cc) Anders als die Revision ausführt, steht diesem Ergebnis nicht die für Kreditinstitute in § 23a Abs. 1 Satz 3 und 4 KWG normierte - aufsichtsrechtliche - Hinweispflicht entgegen. Denn mit der Aufklärung darüber, dass der Kunde beim Erwerb von Zertifikaten das Bonitätsrisiko des Emittenten übernimmt , ist zugleich - wie es das Kreditwesengesetz fordert - klargestellt, dass für den Fall der Realisierung dieses Risikos hinsichtlich der gewählten Anlage kein Einlagensicherungssystem eingreift.
38
e) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht auch eine Pflicht der Beklagten zur Aufklärung über die Gewinnmarge der von ihr an den Kläger verkauften Zertifikate verneint.
39
aa) In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum ist umstritten , ob eine Bank eine Pflicht zur Offenlegung der Handelsspanne trifft. Ganz überwiegend wird dies verneint (OLG Celle, ZIP 2010, 876, 878; OLG Dresden, WM 2010, 1403, 1405; OLG Bamberg, WM 2010, 1354, 1357 f.; OLG Düsseldorf, WM 2010, 1943, 1945 und WM 2011, 399, 405; OLG Frankfurt (9. Zivilsenat), WM 2010, 2111, 2112 f. und WM 2011, 880, 882; OLG Karlsruhe, WM 2011, 353, 355 f. und WM 2011, 883, 884 f.; OLG Köln, ZIP 2011, 1092, 1093 und WM 2011, 1652, 1653; Assmann, ZIP 2009, 2125, 2130; Spindler, WM 2009, 1821, 1824 ff.; Lang/Balzer, ZIP 2009, 456, 457; Harnos/ Rudzio, BKR 2010, 259, 260; Lang/Bausch, WM 2010, 2101, 2106 f.; Jooß, WM 2011, 1260, 1263; Arnold, WuB I G 1. - 11.09; Blankenheim WuB I G 1. - 13.09; Nobbe, WuB I G 1. - 5.10 und 11.10; Siol, WuB I G 1. - 9.09). Eine Mindermeinung hingegen bejaht dies (OLG Frankfurt (17. Zivilsenat), ZIP 2010, 2039, 2040 f. und ZIP 2011, 1462, 1463; Maier, VuR 2009, 369, 371; Zingel/Rieck, BKR 2009, 353, 354; Buck-Heeb, BKR 2010, 1 ff.; Geßner, BKR 2010, 89, 95; Märker, NJOZ 2010, 524, 528; wohl auch Koch, BKR 2010, 177, 184).
40
bb) Die erstgenannte Auffassung trifft zu. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt; denn in einem solchen Fall ist es für den Kunden offensichtlich , dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (vgl. nur zuletzt Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 38 mwN, für BGHZ bestimmt). Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden (vgl. zum Eigenhandel schon BGH, Urteil vom 18. März 1959 - IV ZR 155/58, WM 1959, 999, 1001).
41
cc) Dem steht - anders als die Revision meint - weder die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen, noch diejenige zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen entgegen.
42
(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter anderem Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 2. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118) muss unter bestimmten Umständen zwar über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden , weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisi- onen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22). Indes fallen die hier in Rede stehenden Einkaufsrabatte nicht unter diese Definition, so dass schon deshalb eine Aufklärungspflicht zu verneinen ist. Das Interesse der Anleger an dem Erwerb einer werthaltigen Anlage wird bereits durch die aus dem Beratungsvertrag fließende Pflicht zur objektgerechten Beratung geschützt. Zudem wird dadurch, dass die Bank beim Einkauf der Zertifikate einen geringeren Preis zahlt, als sie ihrerseits bei der Weiterveräußerung dem Anleger in Rechnung stellt, nicht der Wert des Papiers beeinträchtigt.
43
(2) Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Beratungsvertrag ferner verpflichtet, über ihr zufließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dann vor, wenn beispielsweise Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde an einen Dritten zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank - regelmäßig umsatzabhängig - zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade dieses Produkt zu empfehlen (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
44
Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Sie setzt ein Dreipersonenverhältnis voraus (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 4), wie es etwa für ein Kommissionsgeschäft üblich ist. Dagegen besteht ein solches Verhältnis bei einem Festpreisgeschäft, wie es nach den insoweit bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hier im Wege des Eigengeschäfts abgeschlossen wurde, nicht. Darin, dass das Berufungsgericht festgestellt hat, der Verkauf der Zertifikate an den Kläger sei im Wege des Eigengeschäfts erfolgt, und zugleich offen gelassen hat, ob dem Kläger dies bekannt war, liegt entgegen der Auffassung der Revision kein Widerspruch, da es für die Frage, wie die Beklagte die Annahme ihres Verkaufsangebots durch den Kläger verstehen konnte, maßgeblich auf ihren Empfängerhorizont ankommt.
45
(3) Soweit die Revision unter Hinweis auf das Kommissionsgeschäft darauf abzielt, die Senatsrechtsprechung zu aufklärungspflichtigen Rückvergütungen auf den Wertpapiererwerb im Wege des Eigengeschäfts zu übertragen, kann ihr nicht gefolgt werden.
46
Bei der Abwicklung eines Wertpapierkaufs im Wege des Eigengeschäfts fehlt es an einem vergleichbaren - offen zu legenden - Interessenkonflikt der beratenden Bank, wie er nach den oben unter (2) dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen bei Rückvergütungen besteht. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts erwirtschaftete die Beklagte ihren Ertrag vorliegend nur aus dem offen ausgewiesenen und direkt an sie gezahlten Ausgabeaufschlag von 1% des Nominalwertes sowie aus der Differenz des Einkaufspreises von 96,20% zum Nennwert. Daneben gab es keine an die Emittentin zu entrichtenden und hinter dem Rücken des Klägers an die Beklagte zurückfließenden Posten. Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung trifft die Bank als Verkäuferin der vom Anleger georderten Wertpapiere - anders als etwa den Kommissionär für den Anleger in Bezug auf die erhaltenen Provisionen - keine Pflicht zur Offenlegung ihrer Gewinn- oder Handelsspanne. Der Preis des Deckungsgeschäfts muss dem Kunden nicht offen- bart werden, im Gegenzug hat die Bank keine Provisions- oder Aufwendungsersatzansprüche.
47
Diese gesetzgeberische Grundentscheidung ist auch im Rahmen des neben dem Kaufvertrag abgeschlossenen Beratungsvertrags zu beachten.Die Interessen des Anlegers werden, wie dargelegt, durch die Pflichten der Bank zu einer anleger- und objektgerechten Beratung hinreichend geschützt. In Bezug auf offensichtliche Umstände wie das dem Kaufvertrag immanente Gewinninteresse der Bank als Verkäuferin kommt hiernach eine unterschiedliche Behandlung beider Vertragsverhältnisse nicht in Betracht. Was für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (vgl. auch Buck-Heeb, jurisPR-BKR 2/2011 Anm. 4).
48
(4) Die Revision kann sich in diesem Zusammenhang ferner nicht mit Erfolg auf Bestimmungen des europäischen Rechts, insbesondere nicht auf die Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates - Finanzmarktrichtlinie - (ABl. L 145/1) sowie die hierzu ergangene Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 - Durchführungsrichtlinie - (ABl. L 241/26) berufen. Nach Art. 19 Abs. 1 der Finanzmarktrichtlinie "schreiben" die Mitgliedstaaten "vor, dass eine Wertpapierfirma bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und/oder gegebenenfalls Nebendienstleistungen für ihre Kunden ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden handelt" und insbesondere den in den nachfolgenden Absätzen dieser Bestimmung näher geregelten Grundsätzen genügt. Gemäß Art. 26 Abs. 1 der Durchführungsrichtlinie "sorgen" die Mitglied- staaten "dafür, dass Wertpapierfirmen nicht als ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse eines Kunden handelnd gelten, wenn sie im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen für den Kunden eine Gebühr oder Provision zahlen oder erhalten oder wenn sie eine nicht in Geldform angebotene Zuwendung gewähren oder annehmen", es sei denn, einer der in dieser Vorschrift näher geregelten Ausnahmefälle greift ein. Entgegen der Auffassung der Revision ergeben sich hieraus im Streitfall keine unmittelbaren Rechtswirkungen zugunsten der Anleger.
49
Zwar kann Bestimmungen einer Richtlinie auch dann, wenn sie, wie dies hier sowohl bei der Finanzmarktrichtlinie (Art. 73) als auch der Durchführungsrichtlinie (Art. 55) der Fall ist, die Mitgliedstaaten zu Normadressaten erklärt, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbare Wirkung zukommen. Dies setzt jedoch - neben weiteren Anforderungen - voraus, dass die betreffenden Richtlinienbestimmungen inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt sind (grundlegend EuGH, NJW 1982, 499, 500, dazu BVerfG NJW 1988, 1459, 1460 f.; vgl. auch EuGH NJW 2007, 2029, 2031; Marly in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, 40. Aufl., Art. 22 Rn. 8 mwN). Unbedingt ist eine Richtlinienbestimmung , wenn sie nicht mit einer Bedingung oder einem anderen Vorbehalt versehen ist und ihrem Wesen nach keiner weiteren Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Die Bestimmung muss hierzu Voraussetzungen und Rechtsfolgen festlegen, also justiziabel sein. Eine unmittelbare Wirkung ist demnach ausgeschlossen, wenn der Eintritt einer gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Rechtsfolge von einer gestalterischen Entscheidung des Mitgliedstaates oder eines Gemeinschaftsorgans abhängt (vgl. Gellermann in Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, 2. Aufl., § 33 Rn. 29; Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl., Art. 288 AEUV Rn. 54; Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl., Vorbem. Rn. 12).
50
Danach ergeben sich - eindeutig - weder aus Art. 19 der Finanzmarktrichtlinie noch aus Art. 26 der Durchführungsrichtlinie unmittelbare beratungsvertragliche Rechtswirkungen zugunsten der Anleger im Verhältnis zur Bank. Beide Bestimmungen überlassen es ausdrücklich den Mitgliedstaaten, "vorzuschreiben" bzw. "dafür zu sorgen", dass Wertpapierunternehmen in der dort näher beschriebenen Weise im bestmöglichen Interesse der Kunden handeln. Für die Art und Weise der Umsetzung dieser Vorgabe geben sie keine Regelung vor; diese bleibt vielmehr vollständig den Mitgliedstaaten überlassen. Insbesondere unterliegt es danach deren eigener Entscheidung, ob diese Umsetzung in zivil- oder aufsichtsrechtlicher Form geschieht. Der deutsche Gesetzgeber hat in Gestalt des Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes (FRUG) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) und der hierdurch zum 1. November 2007 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) die Umsetzung nicht auf zivil-, sondern auf aufsichtsrechtlicher Ebene vorgenommen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl. Rn. 981; Mülbert, WM 2007, 1149, 1155). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18) bewirken aufsichtsrechtliche Bestimmungen regelmäßig weder eine Begrenzung noch eine Erweiterung der zivilrechtlich zu beurteilenden Haftung des Anlageberaters (vgl. auch Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl. Rn. 981). Schon aus diesem Grund lässt sich vorliegend aus den dargestellten Richtlinienbestimmungen für die Frage einer Aufklärungspflicht der Beklagten über ihre Gewinnmarge beim Eigenhandel nichts Entscheidendes herleiten.
51
dd) Für den vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch ist es ferner ohne Belang, ob ihm - wie er bestreitet - bekannt war, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege eines Eigengeschäfts der Beklagten erfolgte. Die beratende Bank ist aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt. Die unterbliebene Aufklärung vermag daher keinen Schadensersatzanspruch des Anlegers zu begründen.
52
Zwar ergab sich - jedenfalls aufsichtsrechtlich - eine bereits bei Abschluss des Festpreisgeschäfts zu erfüllende Informationspflicht der Beklagten aus Teil B Nr. 3.3 Abs. 5 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217; vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688 zu der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie vom 26. Mai 1997). Die Informationspflicht nach der Richtlinie soll den Kunden indes lediglich darüber in Kenntnis setzen, dass zwischen ihm und der Bank ein Kaufvertrag zustande kommt. Hierdurch soll der Kunde darüber informiert werden, dass das Wertpapiergeschäft für ihn verbindlich ist und er es - anders als bei der Kommission - bis zu dessen Ausführung durch die Bank nicht durch Kündigung des Vertragsverhältnisses noch verhindern kann. Auf der anderen Seite steht ihm allerdings auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank zu, wenn diese die verkauften Wertpapiere nicht beschaffen kann, sofern der Abschluss des Deckungsgeschäfts nicht als Bedingung des Festpreisgeschäfts vereinbart worden war. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Gewinnmarge lässt sich der Vorschrift - entgegen einzelnen instanzgerichtlichen Entscheidungen (OLG Frankfurt (17. Zivilsenat), ZIP 2011, 1462, 1463; vgl. auch OLG Köln, ZIP 2011, 1092, 1093 und WM 2011, 1652, 1653 f.) - nicht entnehmen.
53
Für eine Pflicht der beratenden Bank sprechen auch nicht die zu berücksichtigenden Interessen des Anlegers. Eine Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft liefe, wie vorliegend schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, im Hinblick auf die Gewinnmarge auf die - als solche bedeutungslose - Information des Anlegers hinaus, dass die Bank ihren Kunden über Exi-stenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären habe. Eine Abschätzung des Gewinninteresses der Bank an dem in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäft wäre ihm daher gar nicht möglich. Darin liegt der entscheidende Unterschied zur Rechtsprechung des Senats zu den aufklärungsbedürftigen Rückvergütungen , bei denen - unabhängig von der vertraglichen Einordnung des zugrunde liegenden Geschäfts - gerade über Existenz und Höhe der gezahlten Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, damit der Anleger das Umsatzinteresse der beratenden Bank abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht der Bank über Provisionen richtet sich daher nach der Rechtsnatur des objektiv vorliegenden Effektengeschäfts, während das Wissen und die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Anlegers in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Wertpapiergeschäfts hierfür unerheblich sind.
54
ee) Die Revision bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als sie eine Aufklärungspflicht über die Höhe der Gewinnmarge dadurch zu begründen sucht, dem Kläger sei infolge der Pflicht zur Zahlung eines Ausgabeaufschlages von 1% des Nennwerts verdeckt geblieben, dass die Beklagte darüber hinaus noch weitere Erträge generieren werde (ähnlich Geßner, BKR 2010, 89, 95). Abgesehen davon, dass die Beklagte nicht den Eindruck erweckt hat, der Ausgabeaufschlag sei der einzige Posten, der zu einem Gewinn führt (vgl. zu falschen Angaben von Gesamtprovisionen Senatsurteil vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 23 ff.), besteht unabhängig von den oben unter e) cc) (1) und (2) genannten Fällen grundsätzlich keine Pflicht der beratenden Bank zur Aufklärung über Existenz, Höhe, Herkunft oder Zusammensetzung des mit einem empfohlenen Produkt erwirtschafteten Gewinns.
55
ff) Auf die vom Berufungsgericht darüber hinaus getroffenen Feststellungen , der Interessenkonflikt auf Seiten der Beklagten entfalle auch deshalb, weil der Verkauf der streitgegenständlichen Zertifikate im Vergleich zu anderen Produkten nicht besonders gewinnträchtig gewesen sei, kommt es demnach nicht an.
56
f) Auch der weitere Vorwurf des Klägers, die Beklagte habe ihn über die Risiken des konkreten Produkts nicht hinreichend aufgeklärt und hierdurch ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung verletzt, trifft nicht zu.
57
aa) Entgegen der Auffassung der Revision bedurfte es keines besonde- ren Hinweises auf den von ihr geltend gemachten „Wett- bzw.Optionscharakter“ des Zertifikats.Wie die Revision nicht in Abrede stellt, wurde dem Kläger die Funktionsweise der "ProtectExpress"-Anleihe erläutert und insbesondere auf die Abhängigkeit des Zeitpunkts und der Höhe der Auszahlung des eingesetzten Kapitals samt Boni von der Entwicklung des in Bezug genommenen Aktienkorbes zu den festgelegten Bewertungsstichtagen hingewiesen. Damit war das spekulative Element der Anlage für den Kläger erkennbar. Seine Chance auf den Erhalt eines Bonus - und spiegelbildlich hierzu das entsprechende Zahlungsrisiko der Emittentin - realisierte sich nur dann, wenn der Kurs des Aktienkorbs zu bestimmten Stichtagen mindestens so hoch war wie am Anfang der Laufzeit. Trat diese Kursentwicklung nicht ein, musste die Emittentin lediglich den Anlagebetrag zurückzahlen. Dass bei einem derart strukturierten Produkt die Erwartungen der Emittentin auf der einen und des Anlegers auf der anderen Seite gegenläufig sind, ist für jeden Anleger offensichtlich. Ohne Hinzutreten besonderer Umstände wie z.B. einer bewusst zum Nachteil des Kun- den gestalteten Risikostruktur (vgl. Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 38, für BGHZ vorgesehen), für die vorliegend indes keine Anhaltspunkte bestehen, wird hierdurch keine Aufklärungspflicht der beratenden Bank ausgelöst.
58
bb) Soweit die Revision schließlich rügt, die Beklagte hätte demKläger darstellen müssen, wie "hinreichend wahrscheinlich" bzw. "hinreichend sicher" ein auf oder über dem Niveau am anfänglichen Bewertungsstichtag (21. Dezember 2006) stehender Kurs des Aktienkorbes am ersten Feststellungstag (23. Juni 2008) war, handelt es sich dabei ersichtlich um eine von zahlreichen Unwägbarkeiten beeinflusste Prognose, die vom Berater in dem von der Revision für notwendig erachteten Maße nicht erbracht werden kann. Dass die Annahme eines entsprechenden Kursverlaufs ex ante betrachtet unvertretbar war (vgl. dazu Senatsurteile vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12, vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 19), behauptet der Kläger selbst nicht.
59
3. Auf die vom Berufungsgericht vorsorglich erörterten weiteren Fragen, ob etwaige Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten schuldhaft erfolgt und für die vom Kläger getroffene Anlageentscheidung auch kausal geworden wären , kommt es nach alledem nicht an.
Wiechers Mayen Grüneberg Maihold Pamp

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 23.06.2009 - 310 O 4/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 23.04.2010 - 13 U 118/09 -

Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Unterrichtung nach Artikel 4a Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a oder nach Artikel 10 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a sowie der Nachweise nach Artikel 4a Absatz 2 Unterabsatz 1 oder nach Artikel 10 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen.

Tenor

I. Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 21.12.2010, Az. 8 O 247/10, werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass Ziff. 2 des Urteils auf Grund der Antragsänderung wie folgt neu gefasst wird:

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 7.437,34 EUR zu zahlen.

II. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Berufung: bis 410.000 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von der beklagten Landesbank als Vertragspartnerin sowie von seiner Hausbank als Beraterin Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Cross-Currency-Swap-Vertrages. Der Kläger hatte im Jahr 2005 zwei Zinswährungsswap-Verträge mit der Beklagten zu 1 auf Beratung der Beklagten zu 2 abgeschlossen. Die Vertragsparteien hatten das Währungspaar Euro/Schweizer Franken und eine Verzinsung fest (Bank)/variabel (Kläger) vereinbart. Auf Empfehlung der Beklagten zu 2 wurden diese Swap-Verträge vorzeitig mit Gewinn für den Kläger aufgelöst. Auf Vorschlag der Beklagten zu 2 schlossen die Parteien am 02.08.2007 einen neuen Zinswährungsswap. Darin verpflichtete sich die Beklagte zu 1 zur vierteljährlichen Verzinsung von 1 Mio Britischer Pfund (GBP) in Höhe von 5,84 % p.a. (fest) und der Kläger zur Verzinsung von 2,446 Mio. Schweizer Franken (CHF) zu 3,31 % p.a. (fest). Das Nominalkapital sollte zum Laufzeitende (30.06.2009) ausgetauscht werden.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Kläger habe gegen die Beklagte zu 2 einen Schadensersatzanspruch, weil diese ihre Pflichten aus einem Beratungsvertrag verletzt habe. Die Beratung sei nicht objektgerecht gewesen, da die Beklagte zu 2 den Kläger nicht über die Höhe und die Bedeutung des anfänglichen Marktwertes aufgeklärt habe. Dies stehe nach der Beweisaufnahme fest. Auch bei den streitgegenständlichen Cross-Currency-Swap-Verträgen hätte die Beklagte auf den anfänglichen negativen Marktwert hinweisen müssen. Dieser enthalte die Bewertung des Währungsrisikos, die nur den Beklagten, nicht jedoch dem Kläger möglich war. Insofern habe eine deutliche Informationsasymmetrie vorgelegen, an der sich die Beratungspflichten der Beklagten zu 2 zu orientieren hätten. Das vom Kläger eingegangene Risiko habe sich vor allem aus dem zum Enddatum des Vertrages fälligen Tausch der Bezugsbeträge ergeben. Aus der Sicht des Klägers habe der vereinbarte Endtausch das Recht enthalten, 1 Million GBP zum Kurs von 2,446 CHF zu kaufen. Dieses Recht habe bei Vertragsschluss einen Marktwert gehabt, der sich an den Prämien entsprechender Devisenoptionen orientiert haben dürfte. Der Marktwert, sowie die Marktwerte der weiteren der Beklagten zu 1 eingeräumten Rechte seien der Beklagten bekannt gewesen, nicht jedoch dem Kläger. Die Beklagte zu 2 hätte daher wenigstens die Höhe des saldierten Marktwertes des Gesamtgeschäfts mitteilen müssen. Die Lage sei vergleichbar mit einem Tausch von zwei Wertpapieren. In diesem Fall hätte die Beratungspflicht der Beklagten zu 2 die Mitteilung der Kurswerte der Wertpapiere umfasst. Die Pflicht zur Mitteilung der Marktwerte lasse sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vermittlung von Optionen ableiten. Auch wenn die Beklagte zu 2 nicht als Vermittlerin von Optionen gehandelt habe, so sei ihre Position dennoch vergleichbar, weil die Devisenoptionen in den Swap-Vertrag einstrukturiert waren. Nach dieser Rechtsprechung sei die Beklagte ebenfalls verpflichtet gewesen, die Optionsprämie bekanntzugeben. Bei dem negativen Marktwert handele es sich nicht um eine einstrukturierte Gewinnmarge. Der negative Marktwert sei eine objektive Größe und habe wesentliche Bedeutung für das Risikomanagement und das Rechnungswesen. Auch sei die Gewinnmarge nicht unmittelbar aus dem Marktwert ablesbar, weil der negative Marktwert noch Kosten der Verwaltung und der Risikoabsicherung enthalte, wobei die Beklagte zu 2 einen Betrag von 8.000 bis 9.000 EUR genannt habe. In der Entscheidung des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26.02.2010 (9 U 164/08) sei seitens der Bank eine übliche Gewinnmarge von 3-5 % des Bezugsbetrages genannt worden. Übertragen auf den vorliegenden Fall würde sich bei solchen Prozentsätzen eine Gewinnmarge von insgesamt 30.000 bis 50.000 GBP ergeben. Der Kläger sei trotz der vorherigen zwei Swap-Verträge aufklärungsbedürftig gewesen. Auch bei diesen beiden Verträgen habe die Beklagte zu 2 den Kläger nicht über den Marktwert aufgeklärt. Zudem habe sich der streitgegenständliche Vertrag auf ein anderes Währungspaar bezogen und sei anders konstruiert gewesen. Die Pflichtverletzung sei für den Abschluss des Vertrages ursächlich gewesen. Zwar habe der Kläger sich ausdrücklich nach dem Verdienst erkundigt, die Höhe sei ihm aber nicht mitgeteilt worden.
Die Beklagte zu 2 habe den geltend gemachten Schaden einschließlich vorgerichtlicher Anwaltskosten unter Berechnung einer 1,5-Geschäftsgebühr zu ersetzen. Ein Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last. Der Kläger habe zwar höhere Bezugsbeträge als von der Beklagten zu 2 vorgeschlagen gewünscht (1.000.000 GBP anstatt 825.000 GBP). Die daraus sprechende Risikobereitschaft des Klägers habe jedoch ihren Grund in der mangelhaften Beratung der Beklagten zu 2 gehabt. Weiter könne dem Kläger nicht vorgehalten werden, dass er nicht bereits Ende 2007 den streitgegenständlichen Swap-Vertrag glattgestellt habe, als dies noch zu einem negativen Marktwert von 70.000 EUR möglich gewesen wäre. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Mitarbeiter der Beklagten zu 2 eine Auflösung nicht empfohlen hatten. Der Kläger habe unter diesen Umständen damit rechnen müssen, dass die Beklagte zu 2 bei einer Realisierung des Verlustes Ende 2007 ihm später eine eventuelle Erholung des Swap-Vertrages entgegenhalten werde.
Die Beklagte zu 1 hafte wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung. Sie hätte den Kläger über den anfänglichen Marktwert des Swap-Vertrages aufklären müssen. Aus dem Tausch-Charakter des Vertrages habe sich eine besondere Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers ergeben. Er habe für die ihm mit dem Vertrag eingeräumten Optionen keine Prämie gezahlt. Seine Gegenleistung habe in der Übernahme von Pflichten bestanden, deren Marktwert er allerdings nicht gekannt habe und auch nicht habe ermitteln können.
Gegen das der Beklagten zu 1 am 28.12.2010 und der Beklagten zu 2 am 29.12.2010 zugestellte Urteil haben die Beklagte zu 1 am 24.01.2011 und die Beklagte zu 2 am 25.01.2011 Berufung eingelegt, die sie beide innerhalb verlängerter Frist am 28.03.2011 mit einer Begründung versehen haben.
In der Berufungsinstanz trägt die Beklagte zu 1 erstmalig Folgendes vor:
Der Kläger sei mit Finanzierungsfragen aller Art einschließlich des Absicherns („Hedge“) von Zinsentwicklungsrisiken seit vielen Jahren in allen Einzelheiten bestens vertraut gewesen. Der Swap-Vertrag habe eine Marge der Bank in Höhe von lediglich 12.500 EUR enthalten. Diese Marge sei verkehrsüblich. Eine Marge von 4 %, wie sie der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.03.2011 (XI ZR 33/10) oder der Entscheidung des Senats vom 26.02.2010 (9 U 164/08: 3%-5%) zu Grunde gelegen habe, habe eine nicht verkehrsübliche Höhe.
Die Berufung der Beklagten zu 1 ist der Auffassung, die Beratung der Beklagten zu 2 sei anleger- und objektgerecht gewesen. Der Kläger habe spekulative Gewinne aus den Swap-Geschäften erzielen wollen, um aus diesen Erträgen die laufenden Annuitäten aus seinen Immobilienverbindlichkeiten zu verringern sowie im bestmöglichen Fall darüber hinausgehende Gesamtüberschüsse zu erzielen. Dem Kläger sei dabei bewusst gewesen, dass die Beklagte zu 2 das Geschäft nicht ohne eigene Marge, also unentgeltlich angeboten habe. Ihm sei bewusst gewesen, dass eine Marge der Bank einstrukturiert gewesen sei, so dass er hierüber nicht hätte aufgeklärt werden müssen. Für ihn sei lediglich entscheidend gewesen, dass sich die anfallende Marge im Rahmen des Verkehrsüblichen halte. Mit einer Marge in dieser Größenordnung habe der Kläger ohne weiteres gerechnet. Das Landgericht hätte den Mitverschuldenseinwand der beiden Beklagten beachten müssen. Dem Kläger sei ausdrücklich die Möglichkeit mitgeteilt worden, den Swap-Vertrag bei einem negativen Marktwert von 70.000 EUR glatt zu stellen. Dies habe der Kläger nicht getan, sondern stattdessen weiter spekuliert und so den Schaden in Höhe von über 390.000 EUR entstehen lassen, was nicht den Beklagten anzulasten sei. Der Kläger hätte nicht die Auflösung des Vertrages Ende 2007 davon abhängig machen dürfen, dass die Beklagte zu 2 sich an dem eingetretenen Verlust beteilige. Der Kläger habe auch nicht mit dem Einwand der Beklagten rechnen müssen, durch einen zu frühen Verkauf eine Verringerung des Schadens infolge der Verbesserung des Marktwertes verhindert zu haben. Der negative Marktwert habe sich seit Ende 2007 kontinuierlich verschlechtert und es habe keine Hinweise dafür gegeben, dass der Markttrend sich in absehbarer Zeit in die Gegenrichtung entwickeln könnte. Eine ex ante überhaupt nicht vorhersehbare und objektiv fern liegende Erholung des negativen Marktwert hätte der Kläger sich unter keinen denkbaren Umständen entgegenhalten lassen müssen.
10 
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte zu 2 in der Berufungsinstanz erstmalig Folgendes vor:
11 
Die in dem Swap-Vertrag einstrukturierte Marge habe für die Beklagte zu 1 3.500 EUR und für die Beklagte zu 2 9.000 EUR betragen.
12 
Die Beklagte zu 2 wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Beratung sei anleger- und objektgerecht erfolgt. Der Kläger sei von Berufs wegen in nennenswertem Umfang mit Finanzierungen vertraut gewesen. Er habe das Geschäft vollständig verstanden. Den bei der Beratung zu den ersten Swap-Verträgen zu Tage getretenen Irrtum des Klägers, aus dem Geschäft könne kein Verlust entstehen, habe die Beklagte zu 2 beseitigt durch die Darstellung bestimmter Veränderungen der Zins- und Währungslandschaft. Der streitgegenständliche Vertrag sei denkbar einfach strukturiert, sehr leicht begreiflich und selbst vom "Laien-"Anleger stets simpel überprüfbar. Der Verlauf habe anhand der in den Präsentationsunterlagen befindlichen "Ampeldarstellung" einfach überwacht werden können. Das Risiko des Geschäfts bestand im Währungsverlust von CHF/GBP, der in der Tagespresse mühelos feststellbar sei. Die Verdienstmarge der Beklagten sei nicht offenbarungspflichtig gewesen. Der anfängliche negative Marktwert sei dem Kläger bekannt gewesen (Bl. 238 d.A.). Aus der nicht bezifferten Marge, die nach dem Vortrag der Beklagten zu 2 identisch mit dem negativen Marktwert war, resultiere kein Beratungsfehler. Weil der Kläger wusste, dass die Beklagten eine Marge erhalten, sei die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens widerlegt. Der Kläger müsse sich ein Mitverschulden anrechnen lassen. Der Kläger habe weiter spekulieren wollen, nachdem ihm der schwebende Gesamtverlust von rund 70.000 EUR Ende 2007 mitgeteilt wurde, weil er auf eine Schadensbeteiligung seitens der Beklagten zu 2 und seitens seines Steuerberaters gesetzt habe.
13 
Die Beklagten beantragen:
14 
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21.12.2010 (8 O 247/10) wird dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.
15 
Der Kläger beantragt zuletzt:
16 
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen und das Urteil des LG Stuttgart vom 21.12.2010, Az. 8 O 247/10, aufrecht erhalten mit der Maßgabe, dass dieses Urteil in Ziff. 2 wie folgt geändert wird:
17 
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger die von ihm an die Beklagte 2 für einen Kredit für die Schadenssumme von EUR 390.724,87 im Zeitraum vom 01.10.2010 bis 28.02.2011 gezahlten Zinsen in Höhe von zusammen EUR 7.437,34 zu zahlen.
18 
Zur Begründung der Antragsänderung in der Berufungsinstanz führt der Kläger, von den Beklagten nicht bestritten, aus, dass die Geschäftsbeziehung zwischen ihm und der Beklagten zu 2 zwischenzeitlich beendet sei. Für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 28.02.2011 zahlte der Kläger an die Beklagte zu 2 für den Betrag von 390.724,87 EUR Zinsen in Höhe von 7.437,34 EUR.
19 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Das Gericht hat mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet.
II.
20 
Die gem. § 511 ZPO statthaften, form- und fristgerecht eingelegten und mit Begründungen versehenen Berufungen sind zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben. Die Beklagte zu 2 haftet wegen einer Fehlberatung im Zusammenhang mit einem Beratungsvertrag (1.). Die Beklagte zu 1 haftet wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen (2.).
21 
1. Klage gegen die Beklagte zu 2
22 
Zwischen der Beklagten zu 2 und dem Kläger ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen (a.). Die Beklagte zu 2 hat pflichtwidrig weder objektgerecht (b.) noch anlegergerecht (c.) beraten. Die Pflichtverletzung war schuldhaft und kausal (d.) für den Schaden (e.). Den Kläger trifft kein Mitverschulden (f.).
23 
a. Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2 ist im Zusammenhang mit dem Abschluss des Cross-Currency-Swap-Vertrags vom 02.08.2007 ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Die Beklagte zu 2 hat auf eigene Initiative ihre Beratungstätigkeit gegenüber dem Kläger und seinem Steuerberater entfaltet. Die Beklagte zu 2 greift diese Feststellung des Landgerichts zu Recht nicht an. Soweit sie der Auffassung ist, es handele sich bei dem Cross-Currency-Swap-Vertrag um ein Eigengeschäft, das die Beklagte zu 1 für die Beklagte zu 2 ausgeführt hat, ändert dies nichts an dem daneben abgeschlossenen Beratungsvertrag. Ein Eigengeschäft der Beklagten zu 2 lässt sich zudem auf der Grundlage des Parteivortrages und der Vertragsunterlagen nicht feststellen. Vertragspartner des Cross-Currency-Swap-Vertrags ist eindeutig nur die Beklagte zu 1. Danach war die Beklagte zu 2 zur anleger- und objektgerechten Beratung des Klägers verpflichtet. Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10; Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93).
24 
b. Die Beklagte zu 2 hat ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung verletzt. Im Rahmen der objektgerechten Beratung hat der Anlageberater den Kunden über diejenigen Eigenschaften und Risiken aufzuklären, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Die Beratung der Bank muss richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig sein. Die Bank muss zeitnah über alle Umstände unterrichten, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind. Fehlen ihr derartige Kenntnisse, so hat sie das dem Kunden mitzuteilen und offenzulegen, dass sie zu einer Beratung z.B. über das konkrete Risiko eines Geschäfts mangels eigener Information nicht in der Lage ist (BGH, Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, Tz. 18 f.).
25 
Bei von der Bank selbst konstruierten Finanzprodukten besitzt diese gegenüber dem Kunden einen erheblichen Informationsvorsprung über die Marktverhältnisse, die spezifischen Risiken des Produkts, den Wert des Produkts und das erforderliche Risikomanagement zur Vermeidung von theoretisch möglichen ruinösen Verlusten. Im Rahmen der objektgerechten Aufklärung hat sie die bestehende Informationsasymmetrie zu beseitigen, um der „Angewiesenheit“ des Anlegers auf die Bank Rechnung zu tragen und ihn zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung zu befähigen (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rn. 1059; Senat, Urt. v. 26.02.2010, 9 U 164/08, Tz. 100, zit.n.juris).
26 
Bei den aufklärungsbedürftigen wesentlichen Eigenschaften eines Swap-Vertrages lassen sich zwei Kategorien hervorheben: das Chancen-/Risikoprofil (aa.) und der (buchmäßige) Vermögenswert des Swap-Vertrages bzw. der in diesen einstrukturierten Zahlungsversprechen (bb.).
27 
aa. (1) Das Chancen-/Risikoprofil des Swap-Vertrages ist gekennzeichnet durch die mathematisch-theoretisch maximale Gewinnchance und das maximale, gegebenenfalls sogar unbegrenzte Verlustrisiko. Wird ein Swap-Vertrag - wie hier unstreitig - zu Spekulationszwecken und nicht zur Absicherung gegenläufiger Risiken abgeschlossen, übernimmt der Kunde eine offene Risikoposition. Die Information über diesen Rahmen von Chancen und Risiken ist daher wesentlich. Bei Verträgen mit hohen Risiken benötigt der Anleger allerdings zusätzliche Informationen über die Faktoren, die für das Risikoprofil und die Art des Risikos maßgeblich sind. Einen Einfluss auf den Erfolg haben beispielsweise die Art der gewählten Währungen, die unterschiedlichen Volatilitäten der für die Bank und den Kunden maßgeblichen Basiswerte, die gewählten Zinssätze und länderspezifischen Zinsstrukturkurven, die Wahrscheinlichkeiten (Value at Risk) oder asymmetrische Risikostrukturen mit Gewinn- oder Verlustbegrenzungen. Bei nur theoretischen Informationen über den maximalen Rahmen von Risiken und Chancen verhelfen dem Anleger erst Einschätzungen über deren Wahrscheinlichkeiten zu einer geeigneten Entscheidungsgrundlage. Das gilt insbesondere, wenn – wie bei Swap-Verträgen üblich – der Erfolg des Geschäfts von langfristigen Prognosen über Basiswerte wie Zinssätze oder Devisen abhängig ist, die über die Dauer der Vertragslaufzeit seriös nicht aufgestellt werden können. Daher hat der Senat es beanstandet, wenn Anlegern suggeriert wurde, sie könnten anhand eigener Zinsmeinungen für die Vertragslaufzeit eine verantwortbare Anlageentscheidung treffen (Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 148/08, Tz. 49ff., zit.n.juris). Zwar können auch Wahrscheinlichkeitsmodelle die zukünftige Entwicklung nicht sicher vorhersagen, insbesondere nicht extreme Ereignisse wie eine Finanzkrise. Es handelt sich bei den Wahrscheinlichkeitsmodellen jedoch um Hilfsmittel, derer sich der professionelle Kapitalmarkt zur Beurteilung von Risiken bedient.
28 
Ist auf der Grundlage von Berechnungs- oder Simulationsverfahren bekannt, dass die Wahrscheinlichkeit des Verlustes höher ist als diejenige des Gewinns, ist das eine dem Kunden zu offenbarende Eigenschaft des von der Bank konstruierten Swaps. Auch sind Informationen über Verlustrisiken innerhalb eines definierten Zeitraums (z.B. Value at Risk) eine wichtige Entscheidungshilfe, weil sie die Eigenschaft der Zins- oder Währungswette auf der Grundlage der aktuellen Wirtschaftsdaten widerspiegeln. Ebenso wichtig ist die Kenntnis, wie schnell sich Verluste einstellen können und wie schnell man daher auf ungünstige Entwicklungen der Basiswerte oder anderer Umstände reagieren kann und muss, um ungewollte Verluste zu vermeiden. So können hoch volatile Basiswerte unter Umständen zu sehr schnellen Verlusten führen.
29 
(2) Die vorgenannten Umstände spiegeln sich in zwei verschiedenen Verlustszenarien wider. Einerseits ist der Anleger bis zum Laufzeitende vertraglich an das Geschäft gebunden. Ist die Bank nicht zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages verpflichtet, trägt er das Liquiditätsrisiko (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1051). Das ist das Risiko, dass er den Vertrag bei einer ungünstigen Entwicklung der Basiswerte oder sonstigen Umstände nicht durch ein Gegengeschäft am Markt glattstellen kann. Er bleibt dann an den Vertrag gebunden und seine Verluste ergeben sich aus der Summe sämtlicher Nettozahlungen bis zum Laufzeitende. Sie sind gegebenenfalls unbegrenzt.
30 
(3) Bietet die Bank, wie hier, dem Kunden ein nach Marktusancen bestehendes tägliches Auflösungsrecht zum aktuellen Marktwert an oder ist der Markt liquide, trägt der Kunde das Marktpreisrisiko (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1040). Dann setzt sich bei ungünstiger Entwicklung sein Verlust aus zwei Komponenten zusammen, nämlich dem (positiven oder negativen) Saldo der bisherigen Zahlungen bis zur vorzeitigen Beendigung und dem (positiven oder negativen) Marktwert zum Auflösungszeitpunkt.
31 
Für einen nicht erfahrenen Kunden genügt es jedoch nicht, das Marktpreisrisiko als solches zu kennen. Er muss zusätzlich darüber aufgeklärt werden, dass die Beherrschung dieses Risikos zwingend ein effektives Risikomanagement verlangt, damit rechtzeitig Verluste begrenzt werden können (vgl. Rudolf in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 19.65). Dies setzt voraus, dass der Anleger sich seiner Risikobereitschaft bewusst wird und beispielsweise einen Maximalverlust sowie einen realistisch erzielbaren Ertrag festlegt, die er zum Maßstab seiner Strategie wählt. Um insbesondere sich abzeichnende Verluste verhindern zu können, muss er die während der Vertragslaufzeit durch die Nettozahlungen erzielten Erträge mit dem jeweils aktuellen Auflösungspreis in der Form des aktuellen Marktwertes saldieren. Zudem muss er sich eine Meinung über die zukünftige Entwicklung des Marktwertes bilden können. Ohne Verständnis für das Marktpreisrisiko als charakteristisches Risiko des Vertrages (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1040) ist er nicht in der Lage zu erkennen, dass er die Entwicklung des Marktpreises ständig und engmaschig überwachen muss, um erforderlichenfalls den richtigen Ausstiegszeitpunkt wählen zu kennen. Hierzu muss der Anleger wissen, dass er ohne professionelle Hilfsmittel nicht in der Lage ist, allein den Marktwert beispielsweise auf der Grundlage der Entwicklung des Basiswerts zu ermitteln. Die Ermittlung ist deutlich komplexer. Beispielsweise ist die Ermittlung des Marktpreises für ein Devisentermingeschäft nicht nur vom aktuellen Wechselkurs abhängig, sondern auch von dem unterschiedlichen Zinsniveau in den beteiligten Ländern (Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, 40. Aufl., Teil III, Ziff. 8.2.2.2). So ist es durchaus möglich, dass sich der Marktwert gegenläufig zu der Entwicklung des Basiswerts entwickelt.
32 
(4) Zwar hat die Beklagte zu 2 schriftsätzlich die Auffassung vertreten, dass sich der Marktpreis des Zinswährungsswaps auch für einen Laien einfach mit den vier Grundrechenarten ermitteln lasse (so die Klageerwiderung, Bl. 52 d.A.). Dem haben aber bereits ihre eigenen Mitarbeiter widersprochen und erklärt, dass sie hierfür eine Software einsetzen. Der Zeuge P. hat bestätigt, dass der Kläger und sein Steuerberater den Wert „natürlich“ nicht selbst beurteilen konnten (Bl. 116 d.A.).
33 
(5) Im Zusammenhang mit der Risikostrategie erhält auch der anfängliche Marktwert seine eigenständige Bedeutung: Ohne Kenntnis des anfänglichen Marktwertes kennt der Anleger bereits nicht den Ausgangspunkt seiner Risikostrategie und kann beispielsweise auch nicht erkennen, dass die ersten Netto-Zinszahlungen seinen Vertrag noch nicht in die Gewinnzone führen können (vgl. a. Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 148/08, Tz. 78, 80).
34 
(6) Die Beklagte zu 2 hat es unterlassen, den Kläger über die komplexen Zusammenhänge und das Erfordernis eines eigenen, effektiven Risikomanagements aufzuklären. Der Zeuge P. (Bl. 114 d.A.) erläuterte, dass dem Kläger mit derartigen Geschäften eine Zinsverbilligung von 2% als möglich dargestellt worden sei. Bezogen auf das Nominalkapital des Swap-Vertrages von ca. 1.477.500 EUR (1 Mio GBP umgerechnet zum damaligen Kurs EUR/GBP von ca. 1,4775) hätte dies für den Kläger eine Verbilligung um ca. 29.510 EUR p.a. bzw. insgesamt 59.020 EUR bedeutet. Auch wenn die Ertrags-Chancen rechnerisch höher waren, hat die Beklagte zu 2 offenbar die für „wahrscheinlich“ gehaltene Ertrags-Chance des Cross-Currency-Swaps dargestellt. Diese realistische Chance war mit einem weder nach Wahrscheinlichkeit noch nach Höhe quantifizierten Verlustrisiko verbunden. Dieses überstieg die von der Beklagten zu 2 als wahrscheinlich dargestellte Chance um ein Vielfaches und konnte existenzbedrohende Dimensionen annehmen. Daher war auch im konkreten Fall ein effektives Risikomanagement des Klägers zwingend erforderlich, worauf die Beklagte zu 2 den Kläger hätte hinweisen müssen.
35 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte zu 2 hingegen vorgetragen, dass sie sich nicht zu einer Überwachung des Vertrages verpflichtet habe. Insbesondere hat sie nicht behauptet, den Kläger auf das Erfordernis einer eigenverantwortlichen Marktpreisüberwachung hingewiesen zu haben. Bei einer Privatperson ist es offenkundig, dass sie zur Überwachung des Marktpreises nicht in der Lage ist.
36 
(7) Angesichts der bereits fehlerhaften Aufklärung über das Risikomanagement kann es dahingestellt bleiben, ob die Beklagte zu 2 im Rahmen der objektgerechten Aufklärung verpflichtet gewesen wäre, im Zusammenhang mit der Konstruktion des Swap-Vertrages Wahrscheinlichkeitsberechnungen durchzuführen und deren Ergebnisse dem Anleger vorher mitzuteilen oder zumindest darauf hinzuweisen, dass diese Berechnungen möglich sind, aber von ihr nicht durchgeführt wurden, so dass sie die Günstigkeit des Geschäfts und die mit diesem verbundenen wahrscheinlichen Risiken nicht beurteilen könne.
37 
bb. Die objektgerechte Aufklärung im Zusammenhang mit dem Vermögenswert des Swaps betrifft eine andere Dimension. Die Beklagte zu 2 hat den Kläger pflichtwidrig nicht über den Wert der von ihm im Rahmen des Swap-Vertrages übernommenen Leistungsverpflichtungen und den Wert der im Austausch hierzu von der Beklagten zu 1 erworbenen Zahlungsansprüche aufgeklärt.
38 
(1) Ein Swap-Vertrag setzt sich aus verschiedenen Einzelkomponenten zusammen (vgl. Rudolf in: Kümpel/Wittig, a.a.O., Rn. 19.147). Bei dem streitgegenständlichen Swap hat der Kläger die Verpflichtung zum zeitlich hinausgeschobenen Erwerb von 1 Mio. GBP zum Preis von 2,446 Mio. CHF übernommen. Das hat den Charakter eines Devisentermingeschäfts und wird vom Markt nach üblichen Methoden unter Berücksichtigung der landesspezifischen Zinssätze ermittelt (siehe hierzu: Obst/Hintner, a.a.O., Teil III, Ziff. 8.2.2.2). Der Kunde ist regelmäßig zu einer Preisermittlung nicht in der Lage. Er kann daher nicht abschätzen, welchen Wert die Endtauschzahlung zu einem bei Vertragsschluss festgelegten Wechselkurs hat, die er auf Vorschlag seiner Bank übernimmt. Auch der Wert der regelmäßigen Zinszahlungspflichten ist durch Abzinsung ermittelbar, unter Anwendung des jeweils maßgeblichen Abzinsungssatzes. Auch hier war der Kläger nicht in der Lage, den Wert der Leistungen, bezogen auf den Abschlusstag zu ermitteln.
39 
Der negative Marktwert ist daher nicht nur Ausdruck einer Interessenkollision der beratenden Bank (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10), sondern auch der Saldo des Wertes der ausgetauschten Leistungen. Dies hat das Landgericht zutreffend dargestellt und einen anschaulichen Vergleich mit dem Tausch von Wertpapieren angestellt, deren Wert der Anleger nicht ermitteln kann. Der Anleger erleidet bei Abschluss eines spekulativen Swap-Vertrages mit einem negativen Marktwert sofort eine Vermögenseinbuße. Diesen Umstand und das Ausmaß der Vermögenseinbuße muss er erkennen können, weil er andernfalls nicht zu einer verantwortlichen Anlageentscheidung befähigt wird.
40 
(2) Der Einwand der Beklagten zu 2, sie brauche als Bank, die den Swap im Wege des Eigengeschäfts vertreibe, nicht über ihren Gewinn aufzuklären, überzeugt den Senat nicht. Insbesondere stützen nicht die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 27.09.2011 (XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10) ihre Auffassung. Zunächst liegt, wie bereits dargelegt, kein Eigengeschäft der Beklagten zu 2 vor, sondern ausschließlich ein Beratungsvertrag, der zudem durch ein Eigengeschäft nicht beseitigt wird. Darauf kommt es aber nicht an. Selbst wenn ein Eigengeschäft vorläge, ist dem besonderen Umstand Rechnung zu tragen, dass der Kläger eine für ihn nicht eindeutig erkennbare und bewertbare Leistung übernimmt. Er bietet der Bank nicht bewusst einen bei sich bereits vorhandenen und von ihm bewerteten Vermögensgegenstand im eigenen Interesse an. Die Bank schafft erst durch den Swap-Vertrag eine Verbindlichkeit des Anlegers, deren Höhe er nicht bewerten kann. Dieser Verbindlichkeit stellt sie im Wege des Austausches (Swap) eine Verbindlichkeit der Bank gegenüber. Die Bank ist dabei in der Lage, nach ihrem - vom Anleger nicht kontrollierbaren - Belieben den Wert der Leistung des Kunden hoch anzusetzen und den Wert der Gegenleistung des Austauschgeschäfts niedrig zu gestalten, wodurch sie ihre Gewinnspanne generieren kann. Wenn aber eine Partei auf Grund besserer Marktkenntnisse und sonstiger Informationsvorsprünge in der Lage ist, ihre Position in einer Weise auszunutzen, dass es als Verstoß gegen die Waffengleichheit und Fairness am Markt erscheint, muss sie über den sonst nicht aufklärungspflichtigen Wert der eigenen Leistung oder denjenigen der Gegenleistung aufklären (so auch Kramer in: Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 241 Rn. 124). Nur so ist der Anleger in der Lage zu beurteilen, ob er die wirtschaftliche (buchmäßige) Vermögenseinbuße übernehmen will, weil er das damit verbundene Chancen-/Risikoprofil, sofern er es beurteilen kann, für vorteilhaft hält. Dann wäre er in der Lage einzuschätzen, ob er die von den Beklagten verlangten Kosten für das Geschäft für angemessen hält.
41 
c. Die Beratung der Beklagten zu 2 war auch nicht anlegergerecht. Eine beratende Bank ist verpflichtet ist, vor Abgabe ihrer Anlageempfehlung den Wissensstand, die Erfahrungen und die Anlageziele, zu denen der Anlagezweck und die Risikobereitschaft gehören, zu erfragen. Diese Pflicht ist für Wertpapierdienstleistungsunternehmen - wie die Beklagte zu 2 - aufsichtsrechtlich auch normiert (§ 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG aF, jetzt: § 31 Abs. 4 WpHG nF). Die Erkundigungspflicht entfällt nur dann, wenn der beratenden Bank diese Umstände bereits bekannt sind. Auch wenn theoretische Risiken geschildert oder Berechnungsbeispiele gegeben werden, kann die Bank nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Kunde auch bereit ist, hohe Risiken zu tragen. Es ist gerade die Aufgabe des Anlageberaters, ausschließlich Produkte zu empfehlen, die mit den Anlagezielen des Kunden - Anlagezweck und Risikobereitschaft - tatsächlich übereinstimmen. Erkundigt er sich nicht bereits - wie von der Rechtsprechung und aufsichtsrechtlich gefordert - vor seiner Anlageempfehlung nach der Risikobereitschaft des Kunden, so kann er seiner Pflicht zu einer anlegergerechten Empfehlung nur dadurch entsprechen, dass er sich noch vor der Anlageentscheidung seines Kunden die Gewissheit verschafft, dass dieser die von ihm geschilderten Risiken des Finanzprodukts in jeder Hinsicht verstanden hat (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10).
42 
Bei der Empfehlung von spekulativen Swap-Verträgen mit hohen Gewinnchancen und Verlustrisiken muss der Anlageberater daher abklären, mit welchem Ertrag der Kunde auf Grund seiner persönlichen Einschätzung der Marktentwicklung rechnet und bis zu welcher Höhe er bereit ist, Verluste in Kauf zu nehmen, um festzustellen, ob ein darauf ausgerichtetes Risikomanagement möglich ist. Er muss sich vergewissern, dass der Anleger nicht dem Irrtum unterliegt, dieses Risikomanagement laienhaft auf der Grundlage der Beobachtung eines Basiswertes, wie hier des Wechselkurses zwischen Schweizer Franken und Britischen Pfund durchführen zu können. Der Anlageberater muss sich überzeugen, dass der Anleger in der Lage ist, eigenverantwortlich zur Berechnung des Marktwertes und zur Risikoanalyse komplexe Berechnungen anzustellen oder sich bewusst ist, diesbezüglich verbindliche professionelle Unterstützung zu benötigen.
43 
Vor diesem Hintergrund war die Empfehlung der Beklagten zu 2 nicht anlegergerecht. Sie hat es bereits versäumt, die Höhe des vom Kläger akzeptierten Verlustes zu erfragen. Sie wusste zudem, dass der Kläger als Privatmann unfähig war, das sich aus dem Cross-Currency-Swap ergebende hohe Risiko zu „managen“, weil er nicht über die Mittel eines geeigneten Risikomanagements und die Fähigkeit verfügte, den Marktpreis zu ermitteln. Der angebotene Swap war daher für den Kläger ungeeignet und hätte ihm nicht angeboten werden dürfen.
44 
Die fehlende Eignung des Swap-Vertrages für den Kläger sowie die Pflichtwidrigkeit der Empfehlung werden auch nicht beseitigt durch eine Praxis der Banken, ohne konkrete vertragliche Vereinbarung den Swap-Vertrag zu überwachen, nach eigenem Gutdünken Auflösungsempfehlungen zu geben oder in frei gewählten Abständen Marktwerte mitzuteilen. Solange nicht die wesentlichen Parameter der Risikobereitschaft des Anlegers erfragt wurden (vgl. a. BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10), insbesondere der vom Anleger akzeptierte Maximalverlust und die erhoffte Rendite, ist die Bank nicht in der Lage, für den Kunden eine geeignete Risikostrategie umzusetzen. Auch kann nur eine effektive -verbindliche -Risikostrategie den Anleger davor schützen, dass er ungewollte Verluste erleidet oder ein - im Verhältnis zu dem erhofften Ertrag - unangemessenes Verlustrisiko übernimmt.
45 
d. Das Verschulden der Beklagten zu 2 liegt auf der Hand und wurde von ihr nicht widerlegt. Die Pflichtverletzungen der Beklagten zu 2 waren für die Anlageentscheidung ursächlich. Hierfür spricht bereits die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10, Tz. 40; Urt. v. 09.06.1998, XI ZR 220/97). Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte (BGH, Beschl. v. 09.03.2011, XI ZR 191/10). Etwas anderes könnte dann gelten, wenn eine gehörige Aufklärung beim Vertragspartner im konkreten Einzelfall einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (BGH, Urt. v. 13.07.2004, XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, Rn. 28).
46 
Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger in einen Entscheidungskonflikt gekommen wäre, wenn ihm das Erfordernis eines professionellen Risikomanagements mitgeteilt worden wäre, über das er unstreitig nicht verfügte und das die Beklagte zu 2 ihm auch nicht verbindlich angeboten hat. Auch ist nicht anzunehmen, dass der Kläger bei einem als wahrscheinlich dargestellten Ertrag von 59.020 EUR einen Austauschvertrag (Swap) mit einem sofortigen Wertverlust von 12.500 EUR, also von über 21% des erhofften Ertrages, akzeptiert hätte. Der Kläger war offensichtlich der ursprünglichen Auffassung, aus den Verträgen keine Verluste erzielen zu können. Dies ergibt sich u.a. aus dem Gesprächsprotokoll der Beklagten zu 2 vom 26.07.2005 (Anlage B2). Dem Kläger wurde zwar das generelle Verlustrisiko auf Grund von sich nach Vertragsschluss ändernden Umständen erläutert, nicht jedoch, dass der Vertrag bereits in der Verlustzone starten könnte. Im Übrigen wäre ihm bei einer anlegergerechten Beratung der streitgegenständliche Cross-Currency-Swap nicht angeboten worden, so dass er nicht in einen Entscheidungskonflikt hätte geraten können.
47 
e. Das Landgericht hat den Schaden zutreffend auf 390.724,87 EUR zuzüglich Kreditzinsen in Höhe von 21.554,16 EUR beziffert. Auch die weiteren Kreditzinsen aus dem Schadensbetrag von 390.724,87 EUR ab dem 01.12.2010, die erst in der Berufungsinstanz beziffert wurden, sind unstreitig. Die Berufung der Beklagten greift die Schadensberechnung nicht an. Soweit die Beklagten den Ansatz einer 1,5-fachen Anwaltsgebühr beanstanden, hat das Landgericht zu Recht wegen der im Zusammenhang mit den Swap-Verträgen bestehenden besonderen Schwierigkeit eine erhöhte Anwaltsgebühr anerkannt.
48 
f. Der Kläger muss sich kein Mitverschulden anrechnen lassen. Die Ausführungen des Landgerichts sind zutreffend und überzeugend. Für den Erfolg des Vertrages kam es entscheidend auf den Wechselkurs zum Stichtag am 30.06.2009 an. Auch die Beklagte zu 2 hat dem Kläger, entgegen dem missverständlichen erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten, keine Empfehlung zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages gegeben. Sie räumt selbst ein, dass der Vertrag trotz des Kurses und des vorübergehenden negativen Marktwertes noch ins Plus hätte drehen können (Schriftsatz vom 06.12.2010, S. 7, Bl. 141 d.A.), so dass der Schaden noch nicht feststand. Wenn jedoch sich bereits die fachkundige Beklagte zu 2 keine Prognose zutraute oder keine eindeutige Empfehlung zur Auflösung des Vertrages abgeben wollte, dann kann sie dem Kläger sein Festhalten am Vertrag nicht vorhalten. Entgegen dem Vortrag der Beklagten drängte sich dem Kläger die Notwendigkeit der Veräußerung nicht auf, sondern ihm wurden von der Beklagten zu 2 lediglich die möglichen Alternativen (Gesamtauflösung, Teilauflösung, Fortsetzung) gleichwertig nebeneinander dargestellt.
49 
Zudem war der Swap-Vertrag wegen des fehlenden Wissensstands des Klägers über dieses Produkt für diesen nicht geeignet, so dass seine vermeintliche Fehlentscheidung bereits ihre Ursache in der Empfehlung eines ungeeigneten Vertrages hat. Das kann die Beklagte zu 2 nicht entlasten.
50 
2. Klage gegen die Beklagte zu 1
51 
Die Beklagte zu 1 ist wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen gem. §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Ihre Aufklärungspflicht richtete sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Danach war die Beklagte zu 1 auch im unmittelbaren Kundengeschäft (OTC) zur Aufklärung über die entscheidungserheblichen Tatsachen verpflichtet (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1060, 1068). Der Umfang der Aufklärung hängt von der Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers und der Art der Anlage ab. Dabei ist die Informationsasymmetrie bzw. das Angewiesenheitsverhältnis zwischen Kunde und Bank zu berücksichtigten (Clouth in: Praktikerhandbuch, a.a.O., Rn. 1059 ff.). Der Kunde darf eine Vermittlung aller Informationen erwarten, die ihn in die Lage versetzen, eine eigenverantwortliche Entscheidung über den Abschluss oder Nichtabschluss des Geschäfts zu treffen. Insofern darf der Kunde ebenfalls eine Aufklärung darüber erwarten, dass es sich entgegen dem durch die Namensbezeichnung erweckten Eindruck (Swap) nicht um den Tausch von gleichwertigen Leistungen handelt, sondern um - für den Kunden nicht erkennbar - ungleichwertige Leistungen, die mit einem in der Höhe des anfänglichen negativen Marktwertes bestehenden Verlust verbunden sind. Auf die Ausführungen zur nicht objektgerechten Beratung durch die Beklagte zu 2 wird Bezug genommen. Insofern decken sich im Bereich der Informationspflichten die Aufklärungs- und Beratungspflichten, so dass es auf das Vorliegen eines Beratungsvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 nicht ankommt (Braun/Lang/Loy in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 13f. 222 ff.). Die fehlerhafte objektbezogene Aufklärung der Beklagten zu 2 muss sich die Beklagte zu 1 gem. § 278 BGB zurechnen lassen, weil sie dieser die Aufklärung des Kunden überlassen hat.
52 
Entgegen ihrer Auffassung wird die Beklagte zu 1 durch die Pflicht zur Offenbarung des negativen Marktwertes eines zu Spekulationszwecken konstruierten Swapvertrages auch nicht in ihrer Berufsausübungsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigt. Dieses Recht wird nur im Rahmen der allgemeinen Gesetze gewährt. Die vor allem in früheren Verfahren wiederholt vorgebrachte Argumentation, die Offenbarungspflicht würde die Banken verpflichten, ihre Gewinnmarge zu offenbaren, trifft nicht zu und wird in dieser Form von den Beklagten nicht aufrecht erhalten. Es ist unstreitig, dass der Marktwert nicht ausschließlich die Gewinnmarge wiederspiegelt, sondern auch weitere Verwaltungskosten und Kosten der Risikoabsicherung.
53 
Die Aufklärungspflicht gründet sich in den besonderen Umständen bei der Konstruktion des Swap-Vertrages und in der sich aus § 242 BGB ergebenden Pflicht, einen Vertragspartner nach Treu und Glauben über wesentliche Umstände aufzuklären, die ihm nicht bekannt sind, aber für den Abschluss und die Erreichung des Vertragszwecks von entscheidender Bedeutung sind. Die Informationspflicht hat nicht den Zweck, die Bank zur Offenbarung ihrer Gewinnmargen zu verpflichten. Sie resultiert aus einem außerordentlich hohen Informationsgefälle, das die Bank befähigt, ihre Erwerbsinteressen einseitig und ohne Rücksicht auf die Interessen des Kunden durchzusetzen. Es handelt sich um einen für den Kunden atypischen Austauschvertrag, den die Bank in einer für den Kunden nicht nachvollziehbaren Weise konstruiert hat und dessen Wert sich für den Kunden nicht erschließt. Es ist zwar nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte zu 1 für diese Leistung eine Vergütung verlangt, die ihrem Aufwand und ihrem legitimen Gewinnstreben Rechnung trägt. Nachdem die Beklagte vorträgt, die Gegenposition im Vertrag nicht selbst zu übernehmen, sondern das Risiko an andere Marktteilnehmer durch Hedge-Geschäfte weiterzugeben, handelt es sich bei der Marge letztendlich um einen Preis, den sie ihrem Kunden abverlangt. Die Beklagte zu 1 nennt allerdings diesen Preis nicht, wie andere Dienstleister oder Verkäufer es tun. Sie kann diesen verstecken, indem sie die im Swap-Vertrag enthaltenen und auszutauschenden Leistungen nicht gleichwertig gestaltet, sondern, ohne dass der Kunde das erkennen kann, dem Kunden eine höherwertige Leistungsverpflichtung unterschiebt. Dadurch ist sie in der Lage, dem Kunden den scheinbar kostenlosen Erwerb einer Gewinnchance zu suggerieren.
54 
Bezüglich Verschulden, Kausalität, Schaden und Mitverschulden kann auf die Ausführungen bei der Beklagten zu 2 verwiesen werden, soweit sie die objektgerechte Aufklärung betreffen. Insbesondere trifft der Beklagtenvortrag nicht zu, die Beklagte zu 2 habe die Auflösung des Cross-Currency-Swap empfohlen, so dass der Kläger auf eigenes Risiko weiter spekuliert habe.
55 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Die Entscheidung weicht nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofs ab und beruht im Wesentlichen auf den Umständen des Einzelfalls.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 56/05 Verkündet am:
19. Dezember 2006
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 276 Hb, 676
Wenn eine Bank einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile
empfiehlt, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen
und jährlichen Verwaltungsgebühren erhält, muss sie den Kunden
über diese Rückvergütungen aufklären, damit der Kunde beurteilen kann, ob
die Anlageempfehlung allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anlegerund
objektgerechter Beratung erfolgt ist, oder im Interesse der Bank, möglichst
hohe Rückvergütungen zu erhalten.
BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. Oktober 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
2
Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklag- te für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Falle von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
3
Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
4
Zur Begründung beruft er sich im Revisionsverfahren im Wesentlichen darauf, die Beklagte habe gegen ihre aus § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG folgende Interessenwahrungspflicht verstoßen, weil sie nur Fonds von konzerneigenen Gesellschaften empfohlen habe. Außerdem habe sie vorsätzlich Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds verschwiegen. Wenn er davon Kenntnis gehabt hätte, wäre er dem Anlagevorschlag der Beklagten, auch was die empfohlenen Aktien angehe, nicht gefolgt.
5
Beklagte Die hat eine Fehlberatung in Abrede gestellt und gemeint , über die Rückvergütungen nicht aufklären zu müssen. Außerdem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
6
Diese hat das Landgericht als durchgreifend erachtet und die Klage abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


8
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
9
Ansprüche der Zedentin gegen die Beklagte aufgrund des Beratungsgesprächs vom 15. Februar 2000 seien zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 13. August 2003 gemäß § 37a WpHG verjährt gewesen. Die dreijährige Verjährungsfrist habe spätestens mit dem letzten Erwerbsakt vom 14. Juni 2000 zu laufen begonnen. Die Verjährung sei nicht gehemmt worden, weil Verhandlungen über die Schadensersatzpflicht nicht stattgefunden hätten.

10
Die nach § 37a WpHG eingetretene Verjährung ergreife auch mögliche konkurrierende deliktische Ansprüche aufgrund fahrlässiger Falschberatung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 WpHG und auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 19 Abs. 1 KAGG wegen unterlassener Zurverfügungstellung eines Verkaufsprospektes.
11
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemäß §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 263 StGB gegen die Beklagte wegen des Verschweigens von Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds zu. Eine Offenbarungspflicht hinsichtlich der Rückvergütungen habe für die Beklagte schon deshalb nicht bestanden, weil sie weder die Stellung eines unabhängigen Maklers noch diejenige eines unabhängigen Vermögensverwalters inne gehabt habe, sondern vielmehr in ihrer Eigenschaft als Wertpapierdienstleistungsunternehmen am Markt teilgenommen habe. In dieser Stellung sei die Beklagte im Unterschied zu einem zur Neutralität verpflichteten Makler zum einen nicht verpflichtet gewesen, aus der breiten Palette in Betracht zu ziehender Aktien- und Fondsanlagen stets allein die für den Kunden günstigste zu empfehlen. Vielmehr sei sie rechtlich befugt gewesen, bevorzugt Produkte ihrer eigenen Fondsgesellschaft zu empfehlen und mithin eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Dieser Umstand sei dem Wertpapierkunden, der sich nicht an einen unabhängigen Berater, sondern an eine Bank wende, im Allgemeinen auch bekannt. Abgesehen davon habe der Geschäftsführer der Zedentin aufgrund der erhaltenen Bonifikation von bis zu 2,5% annehmen müssen, dass die Beklagte an den Ausgabeaufschlägen der Fondsgesellschaften partizipiere. Ein als Geschäftsführer einer GmbH im Wirtschaftsleben stehender Wertpapierkunde müsse davon ausgehen, dass eine Bank solche Gutschriften nicht aus ihrem eigenen Vermögen leiste.

II.


12
Berufungsurteil Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
13
Zu 1. Recht hat das Berufungsgericht allerdings etwaige Schadensersatzansprüche wegen fahrlässiger Verletzung eines am 15. Februar 2000 geschlossenen Beratungsvertrages bzw. wegen fahrlässiger Verletzung einer Informationspflicht aus § 31 WpHG nach § 37a WpHG als verjährt angesehen. Wie der erkennende Senat mit Urteil vom 8. März 2005 (BGHZ 162, 306, 311 ff.), nach Erlass des Berufungsurteils , entschieden und ausführlich begründet hat, unterfallen nicht nur vertragliche Ansprüche aus einer fahrlässigen Falschberatung der dreijährigen Verjährungsfrist des § 37a WpHG, sondern auch etwaige deliktische Ansprüche aus fahrlässiger Schutzgesetzverletzung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 WpHG). Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei - von der Revision nicht angegriffen - festgestellt, dass diese dreijährige Verjährungsfrist bei Klageerhebung abgelaufen war.
14
Entgegen der Ansicht der Revision ist die Verjährungsvorschrift des § 37a WpHG im Hinblick auf das Parteigutachten von Prof. Dr. Micklitz vom 21. Juli 2004 (siehe auch Micklitz WM 2005, 536 ff. und EWiR 2005, 491 f.) nicht etwa auf ihre Europarechtskonformität hin zu überprüfen. Die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaf- ten über Wertpapierdienstleistungen vom 10. Mai 1993 (93/22 EWG; ABl. EG Nr. L 141 S. 27) regelt Verjährungsfragen nicht, sondern überlässt diese der nationalen Gesetzgebung. Die Ansicht, § 37a WpHG verstoße gegen Gemeinschaftsrecht, liegt auch unter Berücksichtigung des Aspekts effektiven Rechtsschutzes so fern, dass eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung nicht in Betracht kommt. Das von Micklitz (EWiR 2005, 491, 492) statuierte Verbot der verjährungsrechtlichen „Benachteiligung der Ansprüche aus § 37a WpHG“, gemeint sind wohl Ansprüche aus §§ 31 und 32 WpHG, "gegenüber Ansprüchen aus anderen Anspruchsgrundlagen, insbesondere § 823 BGB", entbehrt einer haltbaren gemeinschaftsrechtlichen Verankerung. Im Übrigen wäre vorliegend die statuierte Benachteiligung schon deswegen nicht gegeben, da auch ein Anspruch aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit §§ 31, 32 WpHG) bei Einreichung der Klage am 13. August 2003 verjährt gewesen wäre (§ 852 Abs. 1 BGB a.F.), weil der Geschäftsführer der Zedentin spätestens am 8. August 2000 von einer etwaigen Beratungspflichtverletzung der Beklagten Kenntnis hatte.
15
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch ausgeführt, dass ein etwaiger, allein auf Fahrlässigkeit gestützter Anspruch der Zedentin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG (in der bis zum 31. Juli 2001 geltenden Fassung), wegen unterlassener Zurverfügungstellung der Verkaufsprospekte der Fondsgesellschaften nach § 37a WpHG verjährt ist. Die allgemeinen Verjährungsvorschriften (§§ 195 ff. BGB a.F.) werden durch § 37a WpHG verdrängt. Nach der Gesetzesbegründung zu § 37a WpHG (BT-Drucks. 13/8933 S. 97) sollen auch Aufklärungsfehler , die mittels eines Prospekts begangen werden, der allge- meinen Verjährung entzogen werden und der kurzen kapitalmarktrechtlichen Verjährungsfrist unterliegen. Bei einem Unterlassen der erforderlichen Aufklärung kann nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes (vgl. BGHZ 162, 306, 312) nichts anderes gelten. Für den Anleger ist es unerheblich , ob ihm die erforderliche Information in einem Gespräch nicht erteilt oder ihm dadurch vorenthalten wird, dass ihm ein Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft nicht zur Verfügung gestellt wird (vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.565). Der Einwand der Revision, § 37a WpHG solle lediglich spezielle Beratungsrisiken begrenzen , greift nach dem Wortlaut ersichtlich nicht durch. Erfasst werden danach nicht nur Schadensersatzansprüche aus fehlerhafter Beratung, sondern auch solche aus einer Informationspflichtverletzung. Wegen des Durchgreifens der Verjährungseinrede bedarf es vorliegend keiner Entscheidung , ob die Beklagte als Vertriebsbank der Fondsanteile überhaupt nach § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG verpflichtet ist, einem Erwerber von Fondsanteilen einen Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft zur Verfügung zu stellen (vgl. zum Streitstand Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 7 Rdn. 18, § 18 Rdn. 173; Baur, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 9/495; a.A. Köndgen, in: Schimansky /Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 113 Rdn. 81) und ob § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. dazu Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 7 Rdn. 185 Rn. 489; Baur, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 9/499).
16
3. Entgegen der Ansicht der Revision kann der Kläger aus einem etwaigen Verstoß der Beklagten gegen ihre Pflicht, zur Wahrung des Kundeninteresses Interessenkonflikte durch organisatorische Maßnah- men zu vermeiden (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG), keinen unverjährten Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB herleiten.
17
aa) Ob und inwieweit den §§ 31, 32 WpHG Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zukommt, hat der erkennende Senat bisher offen gelassen (Senatsurteile BGHZ 142, 345, 356; 147, 343, 353; 163, 311, 321; vom 24. Juli 2001 - XI ZR 329/00, WM 2001, 1718, 1719 und vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 26). In der Literatur wird die Frage für einzelne Pflichten bejaht (vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. vor § 31 WpHG Rdn. 9; Assmann/ Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. vor § 31 Rdn. 17; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.11; Schäfer, WpHG vor § 31 Rdn. 9; zweifelnd Horn, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 1304). Einer abschließenden Entscheidung der Frage bedarf es auch hier nicht.
18
Schutzgesetzcharakter i.S. des § 823 Abs. 2 BGB können die §§ 31 ff. WpHG nur haben, soweit sie nicht lediglich aufsichtsrechtlicher Natur sind, sondern ihnen auch anlegerschützende Funktion zukommt. Ist dies der Fall, so können sie zwar für Inhalt und Reichweite (vor-)vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten von Bedeutung sein. Ihr zivilrechtlicher Schutzbereich geht aber nicht über diese (vor-)vertraglichen Pflichten hinaus. Daraus folgt, dass ihnen keine eigenständige, über die zivilrechtlichen Aufklärungs- und Beratungspflichten hinausgehende schadensersatzrechtliche Bedeutung zukommt (vgl. Nobbe, in: Schimansky/Horn, Bankrecht 1998, S. 235, 250 f.).
19
bb) Die Pflicht eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, sich zu bemühen, Interessenkonflikte zu ver- meiden, hat danach keinen Schutzgesetzcharakter, soweit diese Pflicht die Ergreifung organisatorischer Maßnahmen beinhaltet. Soweit ein Wertpapierhandelsunternehmen einen Interessenkonflikt nicht nur durch organisatorische Maßnahmen, sondern auch durch sachgerechte Information des Kunden vermeiden kann (vgl. dazu Assmann/Schneider/ Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 43, 74, 77), geht der zivilrechtliche Schutzzweck einer solchen Informationspflicht nicht weiter als die Aufklärungs - und Beratungspflichten aus einem Beratungsvertrag oder aus §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB. Entgegen der Ansicht der Revision unterliegen auch Schadensersatzansprüche aus einer unterbliebenen, aber zur Vermeidung eines Interessenkonflikts erforderlichen Information (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) der kurzen Verjährungsfrist. § 37a WpHG differenziert nicht danach, aus welchem Grund eine Information des Kunden erforderlich ist.
20
4. Rechtsfehlerhaft sind die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es eine vorsätzliche Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung , die nicht unter die kurze Verjährungsfrist des § 37a WpHG fällt (BGHZ 162, 306, 312), in Bezug auf die Rückvergütungen der empfohlenen Fonds verneint hat.
21
Im a) Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings keinen Beratungsfehler darin gesehen, dass die Beklagte, was Fondsanteile angeht, ausschließlich hauseigene Produkte empfohlen hat. Maßgeblich für Kapitalanlageempfehlungen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr einer Bank ist grundsätzlich das von ihr zusammengestellte Anlageprogramm (vgl. BGHZ 123, 126, 129). Soweit bank-, konzern - oder institutsgruppeneigene Anlageprodukte wie etwa Fondsanteile vorhanden sind, ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass solche Produkte, nicht aber vergleichbare konkurrierender Banken oder Institutsgruppen in das Anlageprogramm aufgenommen werden und die Bank nur solche Produkte, nicht aber Konkurrenzprodukte empfiehlt. Ebenso wenig wie ein Kreditnehmer, der sich von einer bestimmten Bank beraten lässt, kann ein Anlageinteressent, der die Beratung einer Bank in Anspruch nimmt, vernünftigerweise erwarten und erwartet auch nicht, dass die Bank ihm von sich aus Produkte konkurrierender Banken oder Institutsgruppen empfiehlt. Das gilt auch dann, wenn diese Produkte besser oder günstiger sind. Erst wenn die Bank gegenüber dem Kunden damit hervortritt, auch über die Produkte konkurrierender Banken zu beraten, oder aber wenn der Anlageinteressent von sich aus die Erwartung zum Ausdruck bringt, auch über solche, etwa von ihm angesprochene Konkurrenzprodukte beraten zu werden, muss die Bank, wenn sie die Beratung insoweit nicht ablehnt, ihn auch darüber objektiv richtig und vollständig informieren und beraten und die Konkurrenzprodukte gegebenenfalls auch empfehlen. Dass die Beklagte vor oder bei dem Beratungsgespräch am 15. Februar 2000 die Beratung auch über Fondsprodukte anderer Banken angeboten oder der Geschäftsführer der Zedentin eine solche von sich aus gewünscht hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Beratungsvertrag erstreckte sich deshalb auf solche Produkte nicht. Es ist einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nicht verboten, ausschließlich hauseigene Produkte oder Produkte verbundener Unternehmen ihren Kunden anzubieten, wenn dies - wie hier - für den Kunden erkennbar ist (vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 28).
22
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, aber darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält.
23
aa) Die Aufklärung über die Rückvergütung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) offen zu legen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen (vgl. Assmann/Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 74; a.A. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 27) und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 146, 235, 239) hat eine Bank, die einem Vermögensverwalter Provisionen und Depotgebühren rückvergütet, ihren Kunden vor Abschluss der vom Vermögensverwalter initiierten Effektengeschäfte darauf hinzuweisen, dass sie dadurch eine Gefährdung der Kundeninteressen durch den Vermögensverwalter geschaffen hat. Diese Rechtsprechung ist auch auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Dabei spielt es entgegen der Ansicht der Beklagten keine Rolle, ob die Rückvergütungen einem bestimmten Geschäft unmittelbar zugeordnet werden oder in gewissen Zeitabständen gezahlt werden. Wesentlich ist nur, dass die Rückvergütungen umsatzabhängig sind.
24
Entgegen bb) der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht daran, dass der Geschäftsführer der Zedentin nicht aufklärungsbedürftig war, weil er über die Rückvergütungen dadurch informiert war, dass ihm ein Teil davon seitens der Beklagten als Bonifikation gutgeschrieben wurde. Selbst wenn, was nicht festgestellt ist, der Geschäftsführer der Zedentin davon ausgegangen sein sollte, dass es sich bei diesen Bonifikationen um die Reduzierung der Ausgabeaufschläge handelte, so bleibt er, was die Größenordnung der Rückvergütungen angeht, aufklärungsbedürftig. Ohne deren Kenntnis konnte er das Interesse der Beklagten an dem empfohlenen Erwerb von Fondsanteilen und die damit verbundene Gefährdung der Interessen der Zedentin nicht richtig einschätzen.
25
cc) Nach dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Vorbringen des Klägers ist eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung durch die Beklagte nicht auszuschließen. Der Kläger hat vorgetragen, der Mitarbeiter K. der Beklagten, dessen Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen muss (§ 278 BGB), habe erklärt, aufgrund seiner guten Verbindungen habe er die Möglichkeit, die Ausgabeaufschläge für die Zedentin günstiger ausfallen zu lassen als üblich. Danach hatte der Mitarbeiter K. der Beklagten offenbar Kenntnis davon, dass Rückvergütungen an die Beklagte flossen, hat dies der Zedentin aber nicht mitgeteilt. Das Verschweigen der Rückvergütungen ist nur dann vorsätzlich geschehen, wenn K. die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewusst war. Auch ein bloßer Rechtsirrtum schließt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Vorsatz aus (BGHZ 69, 128, 142; 118, 201, 208).

III.


26
angefochtene Das Urteil war nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, war sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird die erforderlichen Feststellungen zum vorsätzlichen Verschweigen der Rückvergütungen zu treffen haben.
27
Sollte nach erneuter Verhandlung eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung feststehen, weist der Senat darauf hin, dass Schadensersatz in der Form der Rückabwicklung der erworbenen Kapitalanlagen grundsätzlich nur bezüglich der Fondsanteile beansprucht werden kann, bei denen Rückvergütungen verschwiegen worden sind. Ob auch die Wertpapiergeschäfte schadensersatzrechtlich rückabzuwickeln sind, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, richtet sich danach, ob die Zedentin bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der Beklagten abgebrochen hätte, wofür der Kläger darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. auch BGHZ 146, 235, 240 f.). Bei Effektengeschäften , die über eine Bank außerhalb eines Vermögensverwaltungs- vertrages abgewickelt werden, kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Geschäftsverbindung insgesamt nicht zustande gekommen wäre, wenn die Bank in Bezug auf einzelne Geschäfte ein Aufklärungsverschulden trifft.
Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Schmitt

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 06.10.2004 - 7 U 3009/04 -

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 178/10 Verkündet am:
27. September 2011
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu Aufklärungspflichten der beratenden Bank beim Erwerb von Basketzertifikaten
(Emittentin hier: Lehman Brothers) durch ihren Kunden.
BGH, Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, die
Richterin Mayen sowie die Richter Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 23. April 2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die beklagte Sparkasse auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der inzwischen insolventen Lehman Brothers Treasury Co. B.V. in Anspruch.
2
Der Kläger, ein seinerzeit im Ruhestand befindlicher Lehrer, war seit geraumer Zeit Kunde der Beklagten. Er erwarb im November 2003 für sich selbst Inhaberschuldverschreibungen und Investmentanteile zum Nennwert von 40.000 € und für seinen Sohn eine 2% J. Anleihe zum Nennwert von 10.000 €. Im Herbst 2004 kaufte er eine mit 8% verzinste, auf ungarische Forint lautende Anleihe der niederländischen R. Bank und im Jahre 2005 die sogenannte "Weihnachtszinsanleihe" der D. Bank.
3
Im Dezember 2006 legte der Kläger aufgrund eines Beratungsgesprächs mit einer Mitarbeiterin der Beklagten, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, aus einem frei gewordenen Anlagebetrag von insgesamt 40.000 € einen Teilbetrag von 10.000 € in 10 "ProtectExpress"-Anleihen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zum Nominalwert von jeweils 1.000 € zuzüglich eines Ausgabeaufschlags von 1% an. Die Zertifikate hatte die Beklagte zuvor von der Emittentin zu einem unter dem Nennwert liegenden Preis erworben und sodann aus dem Eigenbestand an den Kläger veräußert, wobei die Beklagte nicht platzierte Anleihen gegen Anrechnung eines Abschlags vom Einstandspreis an die Emittentin zurückgeben durfte.
4
Die Rückzahlung der Zertifikate sollte in Abhängigkeit von der Entwicklung des "Lehman Brothers Deutschland Dividend Basket" - einem virtuellen Aktienkorb, in den die zehn dividendenstärksten Titel des DAX-30-Index Eingang fanden - erfolgen. Durch einen Vergleich des Kurses des Aktienkorbes am anfänglichen Bewertungsstichtag (21. Dezember 2006) mit dem Kurs an zwei nachfolgenden Feststellungstagen (23. Juni 2008, 21. Dezember 2009) bzw. dem Endfälligkeitsdatum (28. Juni 2012) ermittelten sich nach näherer Maßgabe der Zertifikatbedingungen Zeitpunkt und Höhe des Rückzahlbetrages. Dieser sollte - in Abhängigkeit von der Kursentwicklung an den Feststellungstagen bzw. dem Endfälligkeitsdatum - neben der Kapitalrückzahlung (ohne Ausgabeaufschlag ) gegebenenfalls einen Bonus von 10% bzw. 20% oder in Höhe der durchschnittlichen, an 22 vierteljährlichen Beobachtungstagen während der Gesamtlaufzeit gemessenen Wertentwicklung des Aktienkorbes enthalten.In dem für den Kunden ungünstigsten Fall war die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals ohne Ausgabeaufschlag und Bonus nach Ablauf der fünfeinhalbjährigen Gesamtlaufzeit vorgesehen.
5
Im September 2008 wurde die US-amerikanische Muttergesellschaft der Emittentin, die Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc., die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte (nachfolgend: Garantiegeberin ), insolvent. Dies zog die Insolvenz der Emittentin nach sich, so dass die Anleihen weitgehend wertlos wurden.
6
Der Kläger verlangt, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Beratungsfehler der Beklagten, die Rückzahlung von 10.100 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der 10 Lehman-Zertifikate, darüber hinaus die Feststellung, dass die Beklagte sich in Annahmeverzug befinde, und die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das Landgericht hat der Klage bis auf einen geringen Teil der Anwaltskosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

A.

7
Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
8
Entgegen der Revisionserwiderung ist das Rechtsmittel nicht mangels Zulassung bereits unzulässig, soweit mit ihm gerügt wird, das Berufungsgericht habe die vom Kläger geltend gemachten Pflichtverletzungen, nicht anlegergerecht beraten und insbesondere nicht hinreichend über die mit dem streitgegenständlichen Zertifikat verbundenen Risiken aufgeklärt worden zu sein, übergangen. Der Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils enthält keinen Zusatz, der die dort zu Gunsten des Klägers zugelassene Revision einschränkt. Die Eingrenzung des Rechtsmittels kann sich zwar auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, BGHZ 153, 358, 360 f.). Aus diesen muss dann aber mit ausreichender Klarheit hervorgehen, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nur wegen eines - tatsächlich und rechtlich selbständigen - abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (BGH, Urteile vom 12. November 2004 - V ZR 42/04, NJW 2005, 894, 895, insoweit in BGHZ 161, 115 nicht abgedruckt, und vom 17. Januar 2008 - IX ZR 172/06, WM 2008, 748 Rn. 8; jeweils mwN). Unter diesen Voraussetzungen kann die Revisionszulassung grundsätzlich auch auf eine von mehreren zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Anlageberatung vorgetragenen Pflichtverletzungen beschränkt werden (BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 6).
9
Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen zwar nur damit begründet , der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Fragen, ob eine Bank im Rahmen der Anlageberatung dem Kunden einen Hinweis auf eine von ihr erzielte Gewinnmarge aus einem Eigengeschäft bzw. neben einem Hinweis auf ein bestehendes Emittentenrisiko auch noch Aufklärung über das Nichteingreifen eines Einlagensicherungssystems schulde, bislang höchstrichterlich nicht geklärt seien. Hiermit hat es indes lediglich den Anlass der Revisionszulassung mitgeteilt, ohne die im Tenor uneingeschränkt zugelassene revisionsrechtliche Nachprüfung entsprechend beschränken zu wollen.

B.

10
Die Revision ist unbegründet.

I.

11
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
12
Dem Kläger stehe wegen des Verkaufs der Zertifikate kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese ihre Pflichten aus dem geschlossenen Beratungsvertrag nicht verletzt habe.
13
Dass die Beklagte den Kläger unstreitig nicht über die von ihr bei dem Verkauf erzielte Gewinnmarge aufgeklärt habe, stelle keine Pflichtverletzung dar. Mit den der "kick back"-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Konstellationen, an denen jeweils drei Personen beteiligt gewesen seien, sei der Streitfall nicht vergleichbar. Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf Sachverhalte der vorliegenden Art, in denen der Anleger das Produkt direkt von der beratenden Bank erwerbe, sei nicht sachgerecht. Die Annahme einer entsprechenden Aufklärungspflicht zwinge Banken, die von ihnen im Anlagegeschäft erzielten Gewinnspannen hinsichtlich sämtlicher empfohlenen Anlagen und damit praktisch ihre gesamte Ertragsstruktur offen zu legen. Dass jedes Kreditinstitut an der Geheimhaltung dieser Daten aus Wettbewerbsgründen ein ganz erhebliches und schutzwürdiges Interesse habe, liege auf der Hand. Demgegenüber bestehe kein schutzwürdiges Interesse des Anlegers an einer derartigen Aufklärung, da jedem Marktteilnehmer, auch dem Privatanleger , der die Beratungsleistung einer Bank in Anspruch nehme, ohne hierfür eine gesonderte Vergütung zu entrichten, klar sein müsse, dass das Unternehmen aus der Leistung einen Gewinn ziehe und daher in dem für das Anlageprodukt zu entrichtenden Preis ein Entgelt für die Bank enthalten sei.
14
Das gelte nicht nur, wenn die Bank ein eigenes Produkt verkaufe, sondern auch dann, wenn - wie vorliegend - aus eigenem Bestand ein fremdes Produkt verkauft werde. Insofern könne auch offen bleiben, ob dem Kläger, wie von ihm bestritten, bekannt gewesen sei, dass die Beklagte den Verkauf als Eigengeschäft durchgeführt habe. Unstreitig seien objektiv weder Rückvergütungen noch Provisionszahlungen geflossen, sondern die Beklagte habe ihren Ertrag, abgesehen von dem in der Wertpapierabrechnung deutlich ausgewiesenen Ausgabeaufschlag von 1%, lediglich aus der Gewinnmarge als einem nicht offen zu legenden Preisbestandteil gezogen. Infolgedessen habe keine Offenbarungspflicht der Beklagten bestanden; die insoweit allein denkbare Aufklärung , dass man gerade keine verdeckten Rückflüsse erhalte oder zahle, wäre offensichtlich sinnlos gewesen.
15
Selbst wenn man aber in Bezug auf die Gewinnmarge von einem den Anleger benachteiligenden Interessenkonflikt ausgehen und daraus grundsätzlich eine Offenbarungspflicht der Bank herleiten wolle, habe jedenfalls im vorliegenden Fall keine solche Pflicht bestanden. Denn der Verkauf der LehmanZertifikate sei für die Beklagte, auch mit Blick auf ihre Gewinnaufschläge beim Verkauf alternativer Anlagen, gerade nicht besonders gewinnträchtig gewesen.
16
Gleichfalls stelle es keine Pflichtverletzung der Beklagten dar, dass im Beratungsgespräch kein ausdrücklicher Hinweis darauf erfolgt sei, dass die verkauften Zertifikate nicht der deutschen Einlagensicherung unterlagen. Ob die beratende Bank grundsätzlich einen solchen Hinweis schulde, könne dahin stehen. Jedenfalls gegenüber dem Kläger, der über das mit den erworbenen Lehman-Zertifikaten verbundene Emittentenrisiko aufgeklärt worden sei, sei eine solche Aufklärung nicht geschuldet gewesen. Ihr komme neben dem Hinweis auf das Emittentenrisiko keine eigenständige Bedeutung mehr zu, da sie einem Kunden, der schon bereit sei, das Insolvenzrisiko der Emittentin zu tra- gen, keine zusätzlichen, für die Anlageentscheidung wesentlichen Informationen liefere. Im Streitfall habe der Kläger schon nicht dargelegt, jedenfalls aber nicht bewiesen, nicht gehörig über das Emittentenrisiko aufgeklärt worden zu sein. Weitergehende Risikohinweise, als sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Beratungsgespräch erfolgt seien, habe die Beklagte nicht geschuldet.
17
Die Beratung sei vor dem Hintergrund, dass der Kläger schon vor Dezember 2006 wiederholt in durchaus risikoreiche Anlagen investiert habe, zudem anlegergerecht gewesen. Hierbei sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass auch im Jahre 2003 beim Erwerb der J. Anleihe, einem dem streitgegenständlichen LehmanZertifikat ganz ähnlich strukturierten Papier, ein Hinweis auf das vom Anleger zu tragende Emittentenrisiko erfolgt sei.
18
Die Struktur der streitgegenständlichen Anlage habe ebenfalls keine weitergehenden Risikohinweise erfordert. Aufgrund des vollständigen Kapitalschutzes zum Laufzeitende habe sich das Zertifikat, die Bonität der Emittentin vorausgesetzt , aus damaliger Sicht nicht als spekulative Anlage dargestellt. Auf die Bonität der Muttergesellschaft der Emittentin und Garantin der Anleihe habe im Dezember 2006 ohne Weiteres vertraut werden können. Auch im Übrigen habe der Kläger eine nicht anleger- oder nicht anlagegerechte Beratung nicht dargelegt.
19
Sofern man demgegenüber im Unterlassen der Aufdeckung der Handelsspanne und/oder in der unterbliebenen Aufklärung zur fehlenden Einlagensicherung eine Pflichtverletzung der Beklagten sehen wolle, habe sie einen solchen Pflichtenverstoß jedenfalls nicht zu vertreten. Für die Beklagte habe im Dezember 2006 keine Veranlassung bestanden, von diesbezüglichen Hinweis- pflichten auszugehen. Zumindest fehle es aber an der erforderlichen Kausalität etwaiger Pflichtverletzungen für die Anlageentscheidung. Der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, dass er sich bei entsprechender Aufklärung gegen den Kauf der Lehman-Zertifikate entschieden hätte.

II.

20
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
21
1. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen der Beklagten und dem Kläger ein Beratungsvertrag geschlossen worden.
22
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Beratungsvertrag nicht verletzt hat.
23
a) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f., vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 12, vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49). In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat (Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129, vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12), muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (Senatsurteile vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12, vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 19).
24
b) Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass die Beklagte ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung nicht deshalb verletzt hat, weil sie den Kläger im Beratungsgespräch im Dezember 2006 nicht über ein konkret bestehendes Insolvenzrisiko der Emittentin oder der Garantiegeberin aufgeklärt hat. Auch die Revision erhebt insoweit keine Rügen.
25
Allerdings musste die Beklagte, die die in Rede stehenden Zertifikate in ihr eigenes Anlageprogramm aufgenommen und sie empfohlen hat, diese zuvor selbst mit banküblichem kritischen Sachverstand überprüfen (vgl. Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129, vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 12 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 15). Das gilt auch hinsichtlich der Bonität der konkreten Emittentin bzw. Garantiegeberin, die für die Risikobeurteilung eines Zertifikats von maßgeblicher Bedeutung ist. Eine Haftung der Beklagten käme nach dem Schutzzweck der gegebenenfalls verletzten Prüf- und Offenbarungspflicht dann in Betracht, wenn bei dieser Prüfung auch ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Kläger hätte aufgeklärt werden müssen oder wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Kapitalanlage nicht anlegeroder objektgerecht ist (vgl. Senatsurteile vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 14 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 17). Jedenfalls daran fehlt es hier. Es sind keine Umstände festgestellt oder dargetan, aus denen sich ergibt, dass ein konkretes Insolvenzrisiko, sollte es bereits zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs Ende Dezember 2006 bestanden haben, für die Beklagte bei einer ordnungsgemäßen Prüfung der empfohlenen Kapitalanlage erkennbar gewesen wäre. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts waren die Bonitätsbewertungen (Ratings ) der Garantiegeberin seinerzeit so positiv, dass Zweifel an ihrer Zahlungsfähigkeit nicht aufkommen mussten. Gegenteiliges behauptet auch der Kläger nicht.
26
c) Ebenso wenig lässt die Annahme des Berufungsgerichts, derKläger sei hinsichtlich der generellen Abhängigkeit der Rückzahlung von der Bonität der Emittentin bzw. Garantiegeberin (sog. allgemeines Emittentenrisiko) hinreichend aufgeklärt worden, einen Rechtsfehler erkennen.
27
aa) Basketzertifikate wie die hier in Rede stehende "ProtectExpress"-Anleihe sind strukturierte Finanzprodukte in der Form einer Inhaberschuldverschreibung , die den Anspruch des Inhabers gegen den Emittenten auf Zahlung eines Geldbetrages verbriefen, dessen Höhe vom Stand der zugrunde gelegten Basiswerte (sog. Underlyings) abhängt (Fuchs in Fuchs, WpHG, § 31 Rn. 178; Kumpan in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., § 2 WpHG Rn. 29; zum allgemeineren Indexzertifikat vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 62 mwN). Da hier - anders als beispiels- weise bei Investmentfonds nach dem Investmentgesetz (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 2 InvG) - kein vom sonstigen Vermögen des Emittenten getrenntes Sondervermögen gebildet wird, trägt der Anleger nicht nur das Marktrisiko in Bezug auf den zugrunde gelegten Basiswert, sondern darüber hinaus auch das Bonitätsrisiko des Emittenten (Köndgen/Schmies in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts -Handbuch, 3. Aufl., § 113 Rn. 56; Mülbert, WM 2007, 1149, 1151; Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 117; Veil, WM 2009, 1585; Witte/Mehrbrey, ZIP 2009, 744, 745). Selbst wenn sich der Basiswert, in den der Anleger mit Erwerb des Zertifikats investiert hat, für ihn günstig entwickelt, wird das Zertifikat zum Verlustgeschäft, wenn der Emittent am Ende der Laufzeit den nach den Anlagebedingungen fälligen Rückzahlungsbetrag nicht aufbringen kann. Zu einer vollständigen Risikodarstellung der Anlageform des Zertifikats gehört mithin auch, dass der Anleger erkennen kann, dass die Rückzahlung generell von der Bonität der jeweiligen Emittentin bzw. Garantiegeberin zum Zeitpunkt der Rückzahlbarkeit der Anleihe abhängt (ebenso Bausch, BB 2009, 1832, 1833; Knops, BB 2008, 2535, 2537; Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 118; zu § 31 WpHG Fuchs in Fuchs, WpHG, § 31 Rn. 179; Koller in Assmann/Schneider, WpHG, 4. Aufl., § 31 Rn. 126; vgl. auch Senatsurteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442). Auch wenn bezogen auf die konkrete Emittentin zum Zeitpunkt der Beratung keine Anhaltspunkte für eine drohende Zahlungsunfähigkeit bestehen, kann es für die Entscheidung des Anlegers dennoch von wesentlicher Bedeutung sein, dass er dieses Risiko - anders als bei anderen Anlageformen - bezogen auf die gesamte Laufzeit des Zertifikats übernimmt.
28
Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang, dass die beratende Bank davon ausgehen kann, dass das theoretisch immer bestehende Insolvenzrisiko eines Schuldners allgemein bekannt und daher in der Regel nicht aufklärungsbedürftig ist (so Hannöver in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch , 3. Aufl., § 110 Rn. 38; Nobbe, WuB I G 1. - 11.10; für spekulative Anleger OLG Schleswig, WM 1996, 1487, 1488). Selbst wenn dem durchschnittlichen Anleger allgemein bewusst ist, dass Unternehmen - auch Banken - zahlungsunfähig werden können, so heißt dies nicht, dass er sich auch bewusst ist, dieses Risiko mangels Bildung eines Sondervermögens mit Erwerb eines Zertifikats in Bezug auf die jeweilige Emittentin und Garantiegeberin zu übernehmen. Letzteres kann nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Grundsätzlich ist damit im Rahmen eines Beratungsvertrages über die generelle Abhängigkeit der Rückzahlung des empfohlenen Zertifikats von der Bonität der Emittentin bzw. Garantiegeberin (sog. allgemeines Emittentenrisiko) aufzuklären. Der Anleger muss informiert sein, dass er im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Emittentin bzw. Garantiegeberin das angelegte Kapital vollständig verliert.
29
bb) Eine solche Aufklärung ist hier nach der für die Revisionsinstanz zugrunde zu legenden tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger sei nach der Aussage der Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin P. , und seinen damit übereinstimmenden eigenen Angaben während des Beratungsgesprächs im Dezember 2006 über das allgemeine Emittentenrisiko unterrichtet worden, erfolgt.
30
(1) Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen die Denk- und Erfahrungsgesetze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 38; BGH, Urteil vom 30. Oktober 2007 - VI ZR 132/06, NJW 2008, 571, Rn. 8 mwN). Derartige Rechtsfehler weist das angegriffene Urteil nicht auf. Vielmehr stellt das Berufungsgericht unangegriffen und rechtsfehlerfrei fest, der Kläger habe gewusst, dass es sich bei der Forderung um eine solche gegen eine US-amerikanische Investmentbank handelte. Er sei auf deren hervorragendes Rating hingewiesen worden. Die Zeugin P. habe geäußert, die Anlage falle dann aus, wenn "alles zusammenbreche". Wenn das Berufungsgericht dies - den eigenen Angaben des Klägers in seiner Anhörung entsprechend - als Hinweis auf die außergewöhnliche und zum damaligen Zeitpunkt von allen maßgeblichen Stimmen für gegeben erachtete Bonität der Emittentin verstanden hat, die nur gefährdet sei, wenn es infolge einer systemischen Krise der Finanzmärkte zu einem Zusammenbruch des Weltfinanzsystems komme, so erscheint diese Würdigung nicht nur nachvollziehbar, sondern auch naheliegend. Mit ihren hiergegen gerichteten Einwänden setzt die Revision lediglich in unzulässiger Weise ihre eigene Würdigung des Sachverhalts an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts.
31
(2) Darüber hinaus war dem Kläger nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts das bei Zertifikaten für den Anleger bestehende allgemeine Emittentenrisiko auch aus seinem bisherigen Anlageverhalten geläufig, so dass er hierüber im Beratungsgespräch vom Dezember 2006 nicht erneut aufgeklärt werden musste.
32
Nach den ebenfalls unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts erwarb der Kläger am 24. November 2003 für seinen Sohn für 10.000 € mit der J. Anleihe ein dem streitgegenständlichen Lehman-Zertifikat ähnlich strukturiertes Papier, wobei ihm während des damaligen Beratungsgesprächs die Broschüre "Basisinformationen zu Festverzinslichen Wertpapieren besonderer Art" ausgehändigt wurde, die einen ausdrücklichen und unmissverständlichen Hinweis auf das allgemeine Emittentenrisiko enthält. Wenn der Kläger in der Folgezeit mit der im Herbst 2004 erworbenen Forint-Anleihe der R. Bank, mit der er nach eigenen Angaben Wechselkursschwankungen ausnutzen wollte, sowie der 2005 gekauften "Weihnachtszinsanleihe" der D. Bank erneut auf Anlageformen setzte, bei denen er bewusst das Insolvenzrisiko der jeweiligen Emittenten übernahm, ohne durch Einlagensicherungssysteme geschützt zu sein, war eine nochmalige Aufklärung über den Charakter einer Anleihe, die - wie er wusste - eine Forderung gegen eine US-amerikanische Investmentbank verbriefte, im Beratungsgespräch vom Dezember 2006 entbehrlich (vgl. für die anlegergerechte Beratung Senatsurteil vom 28. Juni 2005 - XI ZR 363/04, BGHZ 163, 311, 320).
33
d) Das Berufungsgericht hat ebenfalls mit Recht angenommen, dass es keines zusätzlichen Hinweises auf das Nichteingreifen von Einlagensicherungssystemen bedarf, wenn die Aufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko erfolgt ist oder eine dahingehende Aufklärungspflicht deshalb entfällt, weil der konkrete Anleger das generelle Gegenparteirisiko bei Zertifikaten - beispielsweise aus seinem bisherigen Anlageverhalten - kennt oder er sich insoweit als erfahren geriert (dazu Senatsurteil vom 28. September 2004 - XI ZR 259/03, WM 2004, 2205, 2206 mwN).
34
aa) Inhaberschuldverschreibungen unterfallen nicht dem Einlagen- und Anlegerschutzgesetz (§ 1 Abs. 2 Satz 2 EAEG; Fischer in Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, KWG, 3. Aufl., § 23a Rn. 60). Generell gilt ferner, dass sie weder vom Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken e.V. (§ 6 Abs. 1a des Statuts; dazu Fischer in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts -Handbuch, 3. Aufl., § 133 Rn. 62) noch vom Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Öffentlicher Banken e.V. (§ 14 Nr. 3 Satz 1 der Satzung) umfasst werden. Die im Streitfall für die Beklagte maßgebliche Institutssicherung des Sparkassenstützungsfonds des Hanseatischen Sparkassen- und Giroverbandes greift nicht ein, weil Schuldner des durch die "ProtectExpress"Anleihe verbrieften Anspruchs nicht die Beklagte selbst ist (§ 2 Satz 3 der Satzung; vgl. Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 117).
35
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass diesem Umstand dann keine eigenständige Bedeutung für die Anlageentscheidung mehr zukommt, wenn der Kunde bereits über das von ihm zu tragende Insolvenzrisiko der Emittentin aufgeklärt wurde. Denn für den Anleger ist es in einem solchen Falle unerheblich, ob er des eingezahlten Kapitals (nur) wegen einer - von ihm bewusst in Kauf genommenen - möglichen Zahlungsunfähigkeit des Emittenten verlustig geht, oder weil dieses Risiko nicht zusätzlich durch Einlagensicherungssysteme gedeckt ist. Weiß der Kunde um die Möglichkeit eines Totalverlustes , kann er nicht gleichzeitig auf das Eingreifen einer Einlagensicherung vertrauen (so auch OLG Bamberg, WM 2010, 1354, 1357; OLG München, WM 2010, 2115, 2117; OLG Celle, Beschluss vom 17. September 2010 - 3 U 154/10, juris Rn. 26; OLG Frankfurt, WM 2010, 2111, 2115; OLG Düsseldorf, WM 2011, 399, 404; Bausch, BB 2009, 1832, 1833; ders. BKR 2010, 257, 259; aA Maier, VuR 2009, 369, 370).
36
Dies gilt entgegen der Auffassung der Revision auch für die hier vorliegende Konstellation, dass der Anleger von einer der Einlagensicherung unterliegenden in die ungesicherte Anlageform des Zertifikats wechselt (aA LG Heidelberg , WM 2010, 505, 508: "jedenfalls für einen vergleichsweise unerfahrenen Anleger"; Bömcke/Weck, VuR 2009, 53, 56; Maier, VuR 2009, 369, 370; offen gelassen von OLG Dresden, WM 2010, 1403, 1405). Die Gegenauffassung zeigt ebenso wenig wie die Revision nachvollziehbar auf, worauf sich bei einem anlässlich der "Umschichtung" über das mit der Neuanlage verbundene Insolvenzrisiko belehrten Anleger dessen Vorstellung stützen soll, das ihm offengelegte Verlustrisiko werde gleichwohl durch ein Einlagensicherungssystem aufgefangen. Eine hiervon zu trennende andere Frage ist es, ob einem Anleger, der ausdrücklich eine "sichere" Geldanlage wünscht, eine Anlageform empfohlen werden darf, für die keine Einlagensicherung besteht (vgl. hierzu Senatsurteil vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 50 f.). Auf diese - den Bereich der anlegergerechten Beratung betreffende - Fragestellung kommt es im Streitfall schon deshalb nicht an, weil die Revision selbst nicht geltend macht, das streitgegenständliche Zertifikat habe dem Kläger, der auch vor Dezember 2006 wiederholt in risikoreiche Anlagen investiert hatte, von vornherein nicht angedient werden dürfen.
37
cc) Anders als die Revision ausführt, steht diesem Ergebnis nicht die für Kreditinstitute in § 23a Abs. 1 Satz 3 und 4 KWG normierte - aufsichtsrechtliche - Hinweispflicht entgegen. Denn mit der Aufklärung darüber, dass der Kunde beim Erwerb von Zertifikaten das Bonitätsrisiko des Emittenten übernimmt , ist zugleich - wie es das Kreditwesengesetz fordert - klargestellt, dass für den Fall der Realisierung dieses Risikos hinsichtlich der gewählten Anlage kein Einlagensicherungssystem eingreift.
38
e) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht auch eine Pflicht der Beklagten zur Aufklärung über die Gewinnmarge der von ihr an den Kläger verkauften Zertifikate verneint.
39
aa) In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum ist umstritten , ob eine Bank eine Pflicht zur Offenlegung der Handelsspanne trifft. Ganz überwiegend wird dies verneint (OLG Celle, ZIP 2010, 876, 878; OLG Dresden, WM 2010, 1403, 1405; OLG Bamberg, WM 2010, 1354, 1357 f.; OLG Düsseldorf, WM 2010, 1943, 1945 und WM 2011, 399, 405; OLG Frankfurt (9. Zivilsenat), WM 2010, 2111, 2112 f. und WM 2011, 880, 882; OLG Karlsruhe, WM 2011, 353, 355 f. und WM 2011, 883, 884 f.; OLG Köln, ZIP 2011, 1092, 1093 und WM 2011, 1652, 1653; Assmann, ZIP 2009, 2125, 2130; Spindler, WM 2009, 1821, 1824 ff.; Lang/Balzer, ZIP 2009, 456, 457; Harnos/ Rudzio, BKR 2010, 259, 260; Lang/Bausch, WM 2010, 2101, 2106 f.; Jooß, WM 2011, 1260, 1263; Arnold, WuB I G 1. - 11.09; Blankenheim WuB I G 1. - 13.09; Nobbe, WuB I G 1. - 5.10 und 11.10; Siol, WuB I G 1. - 9.09). Eine Mindermeinung hingegen bejaht dies (OLG Frankfurt (17. Zivilsenat), ZIP 2010, 2039, 2040 f. und ZIP 2011, 1462, 1463; Maier, VuR 2009, 369, 371; Zingel/Rieck, BKR 2009, 353, 354; Buck-Heeb, BKR 2010, 1 ff.; Geßner, BKR 2010, 89, 95; Märker, NJOZ 2010, 524, 528; wohl auch Koch, BKR 2010, 177, 184).
40
bb) Die erstgenannte Auffassung trifft zu. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt; denn in einem solchen Fall ist es für den Kunden offensichtlich , dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (vgl. nur zuletzt Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 38 mwN, für BGHZ bestimmt). Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden (vgl. zum Eigenhandel schon BGH, Urteil vom 18. März 1959 - IV ZR 155/58, WM 1959, 999, 1001).
41
cc) Dem steht - anders als die Revision meint - weder die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen, noch diejenige zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen entgegen.
42
(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter anderem Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 2. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118) muss unter bestimmten Umständen zwar über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden , weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisi- onen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22). Indes fallen die hier in Rede stehenden Einkaufsrabatte nicht unter diese Definition, so dass schon deshalb eine Aufklärungspflicht zu verneinen ist. Das Interesse der Anleger an dem Erwerb einer werthaltigen Anlage wird bereits durch die aus dem Beratungsvertrag fließende Pflicht zur objektgerechten Beratung geschützt. Zudem wird dadurch, dass die Bank beim Einkauf der Zertifikate einen geringeren Preis zahlt, als sie ihrerseits bei der Weiterveräußerung dem Anleger in Rechnung stellt, nicht der Wert des Papiers beeinträchtigt.
43
(2) Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Beratungsvertrag ferner verpflichtet, über ihr zufließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dann vor, wenn beispielsweise Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde an einen Dritten zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank - regelmäßig umsatzabhängig - zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade dieses Produkt zu empfehlen (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
44
Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Sie setzt ein Dreipersonenverhältnis voraus (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 4), wie es etwa für ein Kommissionsgeschäft üblich ist. Dagegen besteht ein solches Verhältnis bei einem Festpreisgeschäft, wie es nach den insoweit bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hier im Wege des Eigengeschäfts abgeschlossen wurde, nicht. Darin, dass das Berufungsgericht festgestellt hat, der Verkauf der Zertifikate an den Kläger sei im Wege des Eigengeschäfts erfolgt, und zugleich offen gelassen hat, ob dem Kläger dies bekannt war, liegt entgegen der Auffassung der Revision kein Widerspruch, da es für die Frage, wie die Beklagte die Annahme ihres Verkaufsangebots durch den Kläger verstehen konnte, maßgeblich auf ihren Empfängerhorizont ankommt.
45
(3) Soweit die Revision unter Hinweis auf das Kommissionsgeschäft darauf abzielt, die Senatsrechtsprechung zu aufklärungspflichtigen Rückvergütungen auf den Wertpapiererwerb im Wege des Eigengeschäfts zu übertragen, kann ihr nicht gefolgt werden.
46
Bei der Abwicklung eines Wertpapierkaufs im Wege des Eigengeschäfts fehlt es an einem vergleichbaren - offen zu legenden - Interessenkonflikt der beratenden Bank, wie er nach den oben unter (2) dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen bei Rückvergütungen besteht. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts erwirtschaftete die Beklagte ihren Ertrag vorliegend nur aus dem offen ausgewiesenen und direkt an sie gezahlten Ausgabeaufschlag von 1% des Nominalwertes sowie aus der Differenz des Einkaufspreises von 96,20% zum Nennwert. Daneben gab es keine an die Emittentin zu entrichtenden und hinter dem Rücken des Klägers an die Beklagte zurückfließenden Posten. Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung trifft die Bank als Verkäuferin der vom Anleger georderten Wertpapiere - anders als etwa den Kommissionär für den Anleger in Bezug auf die erhaltenen Provisionen - keine Pflicht zur Offenlegung ihrer Gewinn- oder Handelsspanne. Der Preis des Deckungsgeschäfts muss dem Kunden nicht offen- bart werden, im Gegenzug hat die Bank keine Provisions- oder Aufwendungsersatzansprüche.
47
Diese gesetzgeberische Grundentscheidung ist auch im Rahmen des neben dem Kaufvertrag abgeschlossenen Beratungsvertrags zu beachten.Die Interessen des Anlegers werden, wie dargelegt, durch die Pflichten der Bank zu einer anleger- und objektgerechten Beratung hinreichend geschützt. In Bezug auf offensichtliche Umstände wie das dem Kaufvertrag immanente Gewinninteresse der Bank als Verkäuferin kommt hiernach eine unterschiedliche Behandlung beider Vertragsverhältnisse nicht in Betracht. Was für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (vgl. auch Buck-Heeb, jurisPR-BKR 2/2011 Anm. 4).
48
(4) Die Revision kann sich in diesem Zusammenhang ferner nicht mit Erfolg auf Bestimmungen des europäischen Rechts, insbesondere nicht auf die Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates - Finanzmarktrichtlinie - (ABl. L 145/1) sowie die hierzu ergangene Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 - Durchführungsrichtlinie - (ABl. L 241/26) berufen. Nach Art. 19 Abs. 1 der Finanzmarktrichtlinie "schreiben" die Mitgliedstaaten "vor, dass eine Wertpapierfirma bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und/oder gegebenenfalls Nebendienstleistungen für ihre Kunden ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden handelt" und insbesondere den in den nachfolgenden Absätzen dieser Bestimmung näher geregelten Grundsätzen genügt. Gemäß Art. 26 Abs. 1 der Durchführungsrichtlinie "sorgen" die Mitglied- staaten "dafür, dass Wertpapierfirmen nicht als ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse eines Kunden handelnd gelten, wenn sie im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen für den Kunden eine Gebühr oder Provision zahlen oder erhalten oder wenn sie eine nicht in Geldform angebotene Zuwendung gewähren oder annehmen", es sei denn, einer der in dieser Vorschrift näher geregelten Ausnahmefälle greift ein. Entgegen der Auffassung der Revision ergeben sich hieraus im Streitfall keine unmittelbaren Rechtswirkungen zugunsten der Anleger.
49
Zwar kann Bestimmungen einer Richtlinie auch dann, wenn sie, wie dies hier sowohl bei der Finanzmarktrichtlinie (Art. 73) als auch der Durchführungsrichtlinie (Art. 55) der Fall ist, die Mitgliedstaaten zu Normadressaten erklärt, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbare Wirkung zukommen. Dies setzt jedoch - neben weiteren Anforderungen - voraus, dass die betreffenden Richtlinienbestimmungen inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt sind (grundlegend EuGH, NJW 1982, 499, 500, dazu BVerfG NJW 1988, 1459, 1460 f.; vgl. auch EuGH NJW 2007, 2029, 2031; Marly in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, 40. Aufl., Art. 22 Rn. 8 mwN). Unbedingt ist eine Richtlinienbestimmung , wenn sie nicht mit einer Bedingung oder einem anderen Vorbehalt versehen ist und ihrem Wesen nach keiner weiteren Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Die Bestimmung muss hierzu Voraussetzungen und Rechtsfolgen festlegen, also justiziabel sein. Eine unmittelbare Wirkung ist demnach ausgeschlossen, wenn der Eintritt einer gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Rechtsfolge von einer gestalterischen Entscheidung des Mitgliedstaates oder eines Gemeinschaftsorgans abhängt (vgl. Gellermann in Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, 2. Aufl., § 33 Rn. 29; Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl., Art. 288 AEUV Rn. 54; Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl., Vorbem. Rn. 12).
50
Danach ergeben sich - eindeutig - weder aus Art. 19 der Finanzmarktrichtlinie noch aus Art. 26 der Durchführungsrichtlinie unmittelbare beratungsvertragliche Rechtswirkungen zugunsten der Anleger im Verhältnis zur Bank. Beide Bestimmungen überlassen es ausdrücklich den Mitgliedstaaten, "vorzuschreiben" bzw. "dafür zu sorgen", dass Wertpapierunternehmen in der dort näher beschriebenen Weise im bestmöglichen Interesse der Kunden handeln. Für die Art und Weise der Umsetzung dieser Vorgabe geben sie keine Regelung vor; diese bleibt vielmehr vollständig den Mitgliedstaaten überlassen. Insbesondere unterliegt es danach deren eigener Entscheidung, ob diese Umsetzung in zivil- oder aufsichtsrechtlicher Form geschieht. Der deutsche Gesetzgeber hat in Gestalt des Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes (FRUG) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) und der hierdurch zum 1. November 2007 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) die Umsetzung nicht auf zivil-, sondern auf aufsichtsrechtlicher Ebene vorgenommen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl. Rn. 981; Mülbert, WM 2007, 1149, 1155). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18) bewirken aufsichtsrechtliche Bestimmungen regelmäßig weder eine Begrenzung noch eine Erweiterung der zivilrechtlich zu beurteilenden Haftung des Anlageberaters (vgl. auch Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl. Rn. 981). Schon aus diesem Grund lässt sich vorliegend aus den dargestellten Richtlinienbestimmungen für die Frage einer Aufklärungspflicht der Beklagten über ihre Gewinnmarge beim Eigenhandel nichts Entscheidendes herleiten.
51
dd) Für den vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch ist es ferner ohne Belang, ob ihm - wie er bestreitet - bekannt war, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege eines Eigengeschäfts der Beklagten erfolgte. Die beratende Bank ist aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt. Die unterbliebene Aufklärung vermag daher keinen Schadensersatzanspruch des Anlegers zu begründen.
52
Zwar ergab sich - jedenfalls aufsichtsrechtlich - eine bereits bei Abschluss des Festpreisgeschäfts zu erfüllende Informationspflicht der Beklagten aus Teil B Nr. 3.3 Abs. 5 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217; vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688 zu der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie vom 26. Mai 1997). Die Informationspflicht nach der Richtlinie soll den Kunden indes lediglich darüber in Kenntnis setzen, dass zwischen ihm und der Bank ein Kaufvertrag zustande kommt. Hierdurch soll der Kunde darüber informiert werden, dass das Wertpapiergeschäft für ihn verbindlich ist und er es - anders als bei der Kommission - bis zu dessen Ausführung durch die Bank nicht durch Kündigung des Vertragsverhältnisses noch verhindern kann. Auf der anderen Seite steht ihm allerdings auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank zu, wenn diese die verkauften Wertpapiere nicht beschaffen kann, sofern der Abschluss des Deckungsgeschäfts nicht als Bedingung des Festpreisgeschäfts vereinbart worden war. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Gewinnmarge lässt sich der Vorschrift - entgegen einzelnen instanzgerichtlichen Entscheidungen (OLG Frankfurt (17. Zivilsenat), ZIP 2011, 1462, 1463; vgl. auch OLG Köln, ZIP 2011, 1092, 1093 und WM 2011, 1652, 1653 f.) - nicht entnehmen.
53
Für eine Pflicht der beratenden Bank sprechen auch nicht die zu berücksichtigenden Interessen des Anlegers. Eine Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft liefe, wie vorliegend schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, im Hinblick auf die Gewinnmarge auf die - als solche bedeutungslose - Information des Anlegers hinaus, dass die Bank ihren Kunden über Exi-stenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären habe. Eine Abschätzung des Gewinninteresses der Bank an dem in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäft wäre ihm daher gar nicht möglich. Darin liegt der entscheidende Unterschied zur Rechtsprechung des Senats zu den aufklärungsbedürftigen Rückvergütungen , bei denen - unabhängig von der vertraglichen Einordnung des zugrunde liegenden Geschäfts - gerade über Existenz und Höhe der gezahlten Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, damit der Anleger das Umsatzinteresse der beratenden Bank abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht der Bank über Provisionen richtet sich daher nach der Rechtsnatur des objektiv vorliegenden Effektengeschäfts, während das Wissen und die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Anlegers in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Wertpapiergeschäfts hierfür unerheblich sind.
54
ee) Die Revision bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als sie eine Aufklärungspflicht über die Höhe der Gewinnmarge dadurch zu begründen sucht, dem Kläger sei infolge der Pflicht zur Zahlung eines Ausgabeaufschlages von 1% des Nennwerts verdeckt geblieben, dass die Beklagte darüber hinaus noch weitere Erträge generieren werde (ähnlich Geßner, BKR 2010, 89, 95). Abgesehen davon, dass die Beklagte nicht den Eindruck erweckt hat, der Ausgabeaufschlag sei der einzige Posten, der zu einem Gewinn führt (vgl. zu falschen Angaben von Gesamtprovisionen Senatsurteil vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 23 ff.), besteht unabhängig von den oben unter e) cc) (1) und (2) genannten Fällen grundsätzlich keine Pflicht der beratenden Bank zur Aufklärung über Existenz, Höhe, Herkunft oder Zusammensetzung des mit einem empfohlenen Produkt erwirtschafteten Gewinns.
55
ff) Auf die vom Berufungsgericht darüber hinaus getroffenen Feststellungen , der Interessenkonflikt auf Seiten der Beklagten entfalle auch deshalb, weil der Verkauf der streitgegenständlichen Zertifikate im Vergleich zu anderen Produkten nicht besonders gewinnträchtig gewesen sei, kommt es demnach nicht an.
56
f) Auch der weitere Vorwurf des Klägers, die Beklagte habe ihn über die Risiken des konkreten Produkts nicht hinreichend aufgeklärt und hierdurch ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung verletzt, trifft nicht zu.
57
aa) Entgegen der Auffassung der Revision bedurfte es keines besonde- ren Hinweises auf den von ihr geltend gemachten „Wett- bzw.Optionscharakter“ des Zertifikats.Wie die Revision nicht in Abrede stellt, wurde dem Kläger die Funktionsweise der "ProtectExpress"-Anleihe erläutert und insbesondere auf die Abhängigkeit des Zeitpunkts und der Höhe der Auszahlung des eingesetzten Kapitals samt Boni von der Entwicklung des in Bezug genommenen Aktienkorbes zu den festgelegten Bewertungsstichtagen hingewiesen. Damit war das spekulative Element der Anlage für den Kläger erkennbar. Seine Chance auf den Erhalt eines Bonus - und spiegelbildlich hierzu das entsprechende Zahlungsrisiko der Emittentin - realisierte sich nur dann, wenn der Kurs des Aktienkorbs zu bestimmten Stichtagen mindestens so hoch war wie am Anfang der Laufzeit. Trat diese Kursentwicklung nicht ein, musste die Emittentin lediglich den Anlagebetrag zurückzahlen. Dass bei einem derart strukturierten Produkt die Erwartungen der Emittentin auf der einen und des Anlegers auf der anderen Seite gegenläufig sind, ist für jeden Anleger offensichtlich. Ohne Hinzutreten besonderer Umstände wie z.B. einer bewusst zum Nachteil des Kun- den gestalteten Risikostruktur (vgl. Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 38, für BGHZ vorgesehen), für die vorliegend indes keine Anhaltspunkte bestehen, wird hierdurch keine Aufklärungspflicht der beratenden Bank ausgelöst.
58
bb) Soweit die Revision schließlich rügt, die Beklagte hätte demKläger darstellen müssen, wie "hinreichend wahrscheinlich" bzw. "hinreichend sicher" ein auf oder über dem Niveau am anfänglichen Bewertungsstichtag (21. Dezember 2006) stehender Kurs des Aktienkorbes am ersten Feststellungstag (23. Juni 2008) war, handelt es sich dabei ersichtlich um eine von zahlreichen Unwägbarkeiten beeinflusste Prognose, die vom Berater in dem von der Revision für notwendig erachteten Maße nicht erbracht werden kann. Dass die Annahme eines entsprechenden Kursverlaufs ex ante betrachtet unvertretbar war (vgl. dazu Senatsurteile vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12, vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 19), behauptet der Kläger selbst nicht.
59
3. Auf die vom Berufungsgericht vorsorglich erörterten weiteren Fragen, ob etwaige Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten schuldhaft erfolgt und für die vom Kläger getroffene Anlageentscheidung auch kausal geworden wären , kommt es nach alledem nicht an.
Wiechers Mayen Grüneberg Maihold Pamp

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 23.06.2009 - 310 O 4/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 23.04.2010 - 13 U 118/09 -

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 31. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart, Az. 31 O 29/08 KfH, vom 26. September 2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 929.679,78 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.03.2008 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 16.03.2005 mit der Referenznummer 1114192 L geschlossenen Zinsswap noch entstehen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 571.680,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 313.180,55 Euro seit dem 27.03.2008 bis 29.07.2008 sowie aus 435.680,55 Euro vom 30.07.2008 bis 22.02.2009 sowie aus 571.680,55 Euro seit dem 23.02.2009 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der weiteren Zahlungsverpflichtung von 136.000,00 Euro aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap freizustellen.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap noch entstehen.

II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert und Beschwer der Beklagten: 1.657.360,33 Euro

Gründe

 
I.
1.
Die Klägerin ist ein mittelständisches Unternehmen aus dem Bereich des Maschinen- und Anlagenbaus und verlangt von ihrer früheren Hausbank Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss von zwei Zinsswap-Verträgen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Sie werden wie folgt ergänzt:
Die Beklagte schloss mit der Klägerin am 28.03.2002 einen Rahmenvertrag über Finanztermingeschäfte (Anlage K1) sowie am 21.11.2003 einen Anhang zum Rahmenvertrag über die vorzeitige Erfüllung durch Ausgleichszahlung (Anlage K2). Die Parteien hatten in der Folgezeit fünf verschiedene Swap-Verträge abgeschlossen, darunter einen 3-Monats-EURIBOR-Zinsswap und einen EURIBOR-Ladder-Swap. Diese sind nicht im Streit. Gegenstand des Rechtsstreits sind ein weiterer sog. "Ladder-Swap" und ein sog. "CMS-Spread-Sammler-Swap".
Zum Ladder-Swap:
Die Beklagte übergab der Klägerin ein auf den 3. Februar 2005 datierendes Strategiepapier  "Strukturierter und vorzeitig mit Ausgleichszahlung beendbarer EUR-Zinsswap mit Euribor-Koppelung - "Ladder-Swap mit MTC" (Anlage B18). Es hatte auszugsweise folgenden Inhalt:
Kundenpositionierung und Markterwartung
- Sie haben einen Finanzierungsbedarf bzw. bestehende Finanzierungen in EUR
- Sie möchten Ihre Zinsbelastung für die kommenden Jahre reduzieren
- Sie rechnen in den nächsten Jahren nicht mit einem steilen Anstieg des 3-Monats-Euribors.
10 
- Diese Markterwartung möchten Sie zur Verbilligung Ihrer bestehenden EUR-Finanzierung nutzen.
11 
- (…)
12 
Strategievorschlag:
13 
Abschluss eines strukturierten EUR-Zinsswaps mit Euribor-Koppelung ("Ladder-Swap")
14 
Chancen
15 
Verbleibt der 3-Monats-EURIBOR auf dem derzeitigen Stand oder steigt er nur geringfügig und wird der Swap von der (Beklagten) nicht vorzeitig beendet, so verbilligen Sie Ihre Finanzierung auf die folgenden Perioden.
16 
Risiken
17 
- Bei einem starken Anstieg des 3-Monats-EURIBOR verringert sich Ihre Verbilligung. Ergibt die o.g. Formel unter Einbeziehung des Zinssatzes der vorherigen Periode und des festgestellten 3-Monats-EURIBOR einen Zinssatz von mehr als 3,50%, so schlägt die Strategie zur Zinsverbilligung ins Gegenteil um und Sie zahlen für diese Periode einen höheren Zinssatz, als Sie von der (Beklagten) empfangen. Bei entsprechender Entwicklung des 3-Monats-EURIBOR ist für die folgende Periode eine Verbilligung unter Umständen wieder möglich.
18 
- Worst Case": Da die Entwicklung des 3-Monats-EURBIOR nicht voraussehbar ist, kann kein "wort-case" beziffert werden, d.h. die Strategie ist bei einer für Sie ungünstigen Entwicklung des Referenzzinssatzes mit einem theoretisch unbegrenzten Verlustrisiko verbunden.
19 
Das Strategiepapier enthielt 3 Szenarioanalysen im Tabellenformat zur Darstellung der Zahlungsverpflichtungen, bezogen auf einen Basiswert von 11 Mio Euro. Das erste Szenario sah eine nahezu gleichmäßige kontinuierliche Steigerung des 3-Monats-EURIBOR während der 20 Perioden der Laufzeit von 2,14% auf 3,68% vor und endete mit einer "Zinsersparnis" in Höhe von ca. 1,4 Mio Euro. Das zweite Szenario stellte beginnend bei einem 3-Monats-EURIBOR in Höhe von 2,14% eine halbjährliche Steigerung von 0,25 Prozentpunkten dar und schloss mit einer "Zinsersparnis" in Höhe von ca. 1,19 Mio Euro. Das dritte Szenario enthielt eine vierteljährliche Steigerung des 3-Monats-EURIBOR um 0,2 Prozentpunkte und schloss mit einer negativen "Zinsersparnis" in Höhe von ca. 1,5 Mio Euro.
20 
Die im Rahmen einer Präsentation der Beklagten vom 25.02.2005 verwendeten Präsentationsfolien (Anlage K3) enthielten ähnliche Hinweise. Auch die Szenarien ähnelten denen des Strategiepapiers mit der Abweichung, dass - bezogen auf leicht geänderte Vertragsdaten - das zweite Szenario einen geringfügig niedrigeren Gewinn und das dritte Szenario einen deutlich kleineren Verlust (96.000 Euro) auswiesen.
21 
Die Klägerin entschloss sich zum Abschluss des angebotenen Ladder-Swaps, allerdings mit einem reduzierten Bezugsbetrag in Höhe von 5 Mio Euro. Die hierüber getroffene Vereinbarung vom 18./23.03.2005 (Anlage K4) sah im Wesentlichen folgende Zahlungsbedingungen vor:
22 
Bezugsbetrag:
5 Mio Euro (wird nicht gezahlt, sondern ist nur
Basis für Zinsberechnung)
Laufzeit:
18.03.2005 - 18.03.2010 (vorbehaltlich
einer Anpassung)
Fälligkeitstermine und
Zinsfeststellungstermine:
vierteljährlich
Zahlungsverpflichtung
der Beklagten:
3,60% p.a. (fest)
Zahlungsverpflichtung
der Klägerin:
        
Erstes Jahr (4 Perioden):    
2,00% p.a. (fest)
Ab der 5. Periode:
Variabel nach folgender Formel:
        
Zinssatz der Vorperiode ./. Abschlag + Basissatz
Basissatz:
3-Monats-EURIBOR
Abschlag:
anfänglich 2,80%, im Jahresrhythmus um 0,50% steigend
Zinsfeststellung:
Der Vertragszinssatz wurde für jede Zinsperiode anhand
des zum jeweiligen Feststellungstag gültigen Zinssatzes
des 3-Monats-EURIBOR festgesetzt
Mindestzinssatz
der Klägerin:
0,00%
23 
Zudem hatte die Beklagte ein Recht zur vorzeitigen Beendigung ohne Ausgleichszahlung zu bestimmten Terminen. Unstreitig ist zudem ein beidseitiges Kündigungsrecht gegen Ausgleichszahlung zu jährlichen Beendigungsterminen ab 2008.
24 
Der Ladder-Swap hatte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einen - aus Sicht der Klägerin - negativen Marktwert. Die Beklagte hatte Kosten für Risikoabsicherung, Kapitalkosten und Abwicklungskosten sowie ihren Ertrag in den Ladder-Swap einkalkuliert, woraus sich auf der Grundlage von Bewertungsmethoden ein negativer Marktwert ergab. Diesen teilte die Beklagte der Klägerin nicht mit.
25 
Zum CMS-Spread-Sammler-Swap
26 
Die Beklagte stellte der Klägerin mit Strategiepapier vom 13.05.2005 (Anlage K5) sowie Präsentationsfolien vom 13.05.2005 (Anlage K6) einen CMS-Spread-Sammler-Swap vor. Im Strategiepapier machte sie u.a. folgende Angaben:
27 
Kundenpositionierung und Markterwartung
28 
- Sie verfügen über bestehende Euro-Finanzierungen bzw. -Anlagen
29 
- Sie möchten die hieraus resultierenden Zinszahlungen optimieren.
30 
- Sie rechnen damit, dass sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz (…) innerhalb der nächsten 5 Jahre nicht deutlich verringern wird, d.h. dass die Zinsstrukturkurve nicht wesentlich flacher wird.
31 
- Diese Markterwartung über die CMS-Differenz ("CMS-Spread") möchten Sie zur Optimierung Ihrer bestehenden EUR-Finanzierung bzw. -anlagen um bis zu 1,10% nutzen.
32 
- Sollte Ihre Markterwartung nicht eintreten und sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres-EUR-Swapsatz und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz verringern, so sind Sie bei einer erheblichen Verringerung bereit, eine Erhöhung Ihrer Zinsbelastung bzw. Reduzierung Ihrer Zinseinnahme in Kauf zu nehmen, wobei die Höhe Ihrer Zinszahlung auf 7% begrenzt ist.
33 
Strategievorschlag:
34 
Abschluss eines strukturierten EUR-Zinsswaps mit CMS-Spread-Koppelung
35 
Risiko:
36 
- Bei einem starken Rückgang der Differenz zwischen dem 10-Jahres-EUR-Swapsatz und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz verringert sich zunächst Ihre Verbilligung. Je höher die Anzahl der Tage in einer Periode, an denen die Differenz zwischen EUR CMS10 und EUR CMS2 unterhalb der jeweils gültigen strikes festgestellt wird, desto höher wird der Zinssatz, den Sie für diese Periode an die (Beklagte) zahlen, maximal bis zu 7,00%
37 
- Ihre Zinsvergünstigung wird bei einer Verringerung der Zinsdifferenz zwischen dem EUR CMS10 und EUR CMS2 unter die strikes zunächst aufgezehrt. Liegt der Zinsunterschied an mehr als 13 Bankarbeitstagen pro Periode (unter der Annahme von insgesamt 120 Bankarbeitstagen in der Periode) unter den strikes, so schlägt diese Verbilligungsstrategie ins Gegenteil um und Sie zahlen einen höheren Zinssatz an die (Beklagte), als Sie von der Bank empfangen.
38 
In dem Strategiepapier und der Präsentation wurde zudem der historische Verlauf des Spreads dargestellt sowie ein Histogramm der CMS-Spreads seit 1995. Dabei wurde das Histogramm beispielhaft erläutert, dass an 23 von 2621 Beobachtungstagen die Differenz zwischen dem CMS10-Satz und dem CMS2-Satz zwischen 0,03 und 0,40% lag. Wegen der weiteren Hinweise wird auf die Anlage K6 Bezug genommen.
39 
Die Klägerin entschied sich zum Abschluss des Swap-Vertrages. Die Vertragsbestandteile wurden im schriftlichen Vertrag vom 19./27.05.2005 festgehalten und hatten folgenden wesentlichen Inhalt:
40 
Bezugsbetrag:
5 Mio Euro (wird nicht gezahlt, sondern ist
nur Basis für Zinsberechnung)
Laufzeit:
27.07.2005 - 27.07.2010 (vorbehaltlich
einer Anpassung)
Fälligkeitstermine und
Zinsfeststellungstermine:    
Halbjährlich
Zahlungsverpflichtung
der Beklagten:
3,10% p.a. (fest)
Zahlungsverpflichtung
der Klägerin:
Variabel nach folgender Formel:
        
2,00% + 5,00% p.a. x (2N : D)
Schwelle:
0,82%
        
N = Anzahl der Bankarbeitstage im jeweiligen
Berechnungszeitraum, an dem die Differenz
zwischen dem 10-Jahres-Swap-Satz und dem
2-Jahres-Swap-Satz kleiner 0,82% ist
        
D = Anzahl der Bankarbeitstage
im Berechnungszeitraum.
Zinsfeststellung:
Der Vertragszinssatz wurde für jede Zinsperiode
anhand der zum jeweiligen Feststellungstag
gültigen Zinssätze festgesetzt
Höchstzinssatz
der Klägerin:
7,00%
41 
Nachdem der Vertrag sich für die Klägerin ungünstig entwickelte, vereinbarten die Parteien eine rückwirkende Restrukturierung des Vertrages. Die Beklagte überließ der Klägerin erneut ein Strategiepapier vom 31.10.2005 (Anlage K8) sowie Präsentationsfolien (Anlage K9). Die geänderten Konditionen hielten die Parteien in der Vereinbarung vom 11.11./07.12.2005 (Anlage K10) fest. Geändert wurden insbesondere folgende Werte:
42 
Zahlungsverpflichtung    
der Klägerin:
Variabel nach folgender Formel:
        
2,00% + 6,00% p.a. x (2N : D)
Schwelle:
0,735%
Höchstzinssatz
der Klägerin:
8,00% (zwischen den Parteien ist allerdings
ein Höchstsatz von 7,00% unstreitig)
43 
Auch der CMS-Spread-Sammler-Swap hatte bei Vertragsschluss einen negativen Marktwert in Höhe der von der Beklagten einkalkulierten Kosten und Gewinnmarge.
44 
Zum weiteren Verlauf
45 
Die Klägerin beendete am 16.06.2007 den Ladder-Swap gegen Ausgleichszahlung an die Beklagte in Höhe von 1.015.500 Euro. Am 22.01.2009 (im Laufe des Berufungsverfahrens) beendete sie den CMS-Spread-Sammler-Swap gegen eine vereinbarte Ausgleichszahlung in Höhe von 272.000 Euro. Davon zahlte die Klägerin lediglich 136.000 Euro an die Beklagte. Erstinstanzlich hat die Klägerin die Rückzahlung ihrer Verluste, die Freistellung von zukünftigen Verbindlichkeiten aus dem Vertrag sowie die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten begehrt.
2.
46 
Das Landgericht hat der Klage unter Berücksichtigung eines 50prozentigen Mitverschuldens der Klägerin stattgegeben. Zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zu Stande gekommen. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung zur objektgerechten Beratung erfüllt. Die schriftlichen Risikohinweise seien ausreichend gewesen. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten von sich aus zum Ausdruck bringen müssen, wenn sie weitergehende Informationen für erforderlich gehalten hätten. Die Funktionsweise der Swaps sei anhand der Unterlagen erklärt worden. Die Risiken der Swap-Verträge seien ausreichend dargestellt worden. Der Hinweis auf den "worst case" habe genügt. Die Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Falles sei anhand der Unterlagen ausreichend erkennbar gewesen, um der durch Betriebswirte vertretenen Klägerin eine eigenständige Anlageentscheidung zu ermöglichen. Die Beklagte habe der Klägerin nicht ihr Eigeninteresse verschwiegen. Die geschäftserfahrene Klägerin musste davon ausgehen, dass die vorliegenden Rechtsgeschäfte der Gewinnerzielung der Beklagten dienen sollten und dass diese daher eine ihr zufließende Marge bei der Konstruktion des sekundären Finanzproduktes eingepreist habe. Ein Hinweis darauf sowie auf ihre Kalkulation sei deshalb nicht erforderlich gewesen. Daher habe die Beklagte auch nicht auf den anfänglichen negativen Marktwert hinweisen müssen. Kaufleuten sei bekannt, dass, wenn sie einen gegenseitig verpflichtenden Vertrag abschließen, eine sofortige Beendigung des Vertrages zu einem negativen Vertragswert für den führt, der sich von dem Vertrag lösen will.
47 
Die Beklagte habe die Klägerin jedoch nicht anlegergerecht beraten. Die Beklagte habe in ihrem Informationsmaterial vielfach auf die Zinsbelastung der Klägerin Bezug genommen. Das habe für die Mitarbeiter der Klägerin bedeuten müssen, dass die Anlagegeschäfte zumindest in einem mittelbaren Zusammenhang mit den Zinsverpflichtungen der Klägerin aus ihren Kreditverträgen standen. Die Beklagte wäre daher verpflichtet gewesen darauf hinzuweisen, dass bei den vorliegenden sekundären Finanzprodukten die Chancen und vor allem die Risiken sich nicht in vergleichbaren Dimensionen bewegen müssen, wie der gegenwärtige Zinsaufwand der Klägerin. Die Beklagte habe auch mit der Möglichkeit rechnen müssen, dass die Klägerin trotz der Hinweise auf den "worst case" nicht mit einer den gegenwärtigen Zinsaufwand übersteigenden Eintrittswahrscheinlichkeit rechnen würde.
48 
Die Klägerin müsse sich jedoch ein Mitverschulden in Höhe von 50% anrechnen lassen. Sie hätte anhand der Unterlagen erkennen können, dass die Finanzprodukte wegen ihres Risikopotenzials nicht für ihren Unternehmensgegenstand geeignet waren.
3.
49 
Das Urteil wurde der Klägerin am 02.10.2008 und der Beklagten am 06.10.2008 zugestellt. Beide habe dagegen fristgerecht (Montag, 03.11.2008 bzw. 29.10.2008) Berufung eingelegt und diese jeweils innerhalb verlängerter Frist begründet.
50 
Die Beklagte hält ihre Beratung für anlegergerecht und ist der Auffassung, die landgerichtlichen Feststellungen würden den Ausführungen zur objektgerechten Beratung widersprechen. Das Landgericht habe bei seiner Begründung nicht zwischen den beiden Swap-Verträgen differenziert. Bei dem CMS-Spread-Sammler-Swap sei das Verlustrisiko erkennbar und betragsmäßig begrenzt gewesen. Aus der objektgerechten Beratung habe die Klägerin ihr hohes Verlustrisiko auch bei dem Ladder-Swap erkennen können, zumal sie bereits Erfahrungen mit Swap-Verträgen gehabt habe. Eine etwaige Pflichtverletzung sei nicht kausal für den Schaden, weil die Klägerin die Swap-Verträge angesichts der Möglichkeit der Gewinne ohne Einsatz von Kapital auch dann abgeschlossen hätte, wenn sie über die Höhe der potentiellen Risiken aufgeklärt worden wäre. Das Mitverschulden der Klägerin betrage zudem 100%, weil sie das hohe Risiko habe erkennen können. Eine hilfsweise erhobene Widerklage hat die Beklagte später zurückgenommen. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie - auch mit Blick auf die Berufungsangriffe der Klägerin - ihre erstinstanzlichen Ausführungen und verteidigt das Urteil, soweit es Beratungsfehler verneint hat.
51 
Die Klägerin greift das Urteil an, weil sie die Berücksichtigung des Mitverschuldens in Höhe von 50% für nicht sachgerecht hält. Dies begründet sie unter anderem - und hilfsweise zur Stützung des landgerichtlichen Urteils gegen die Angriffe der Berufung der Beklagten - mit einer nicht objektgerechten Aufklärung. Die Preisregelung sei intransparent und verstoße gegen AGB-Recht. Es sei nicht ausreichend über die Höhe der Verlustrisiken aufgeklärt. Die tatsächliche Risikostruktur hätte anhand finanzmathematischer Kennzahlen (Value at Risk, Potential Future Exposure) dargestellt werden können. Bezüglich des CMS-Spread-Sammler-Swaps hätten Informationen gefehlt, wie hoch der durchschnittliche Spread lag. Die Präsentationsunterlagen hätten ein Unterschreiten der vereinbarten Barriere unwahrscheinlicher erscheinen lassen, als es tatsächlich war. Die Beklagte hätte über die Höhe der einstrukturierten Gewinnmarge aufklären müssen, um den Interessenkonflikt offen zu legen. Der Vertrieb der Swap-Verträge zur Zinsoptimierung sei irreführend, weil sie keinen Bezug zu den vermeintlich zu kompensierenden Grundgeschäften aufwiesen. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit es einen Beratungsfehler angenommen hat.
52 
Wegen der Einzelheiten des umfangreichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze in beiden Instanzen Bezug genommen.
53 
Nachdem die Klägerin zunächst noch entsprechend der erstinstanzlich gestellten Anträge die Verurteilung der Beklagten beantragt hat, hat sie nach Beendigung des CMS-Spread-Sammler-Swap gegen Ausgleichszahlung ihre Anträge umgestellt.
54 
Die Klägerin beantragt:
55 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 929.679,78 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
56 
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die aus dem am 16.03.2005 mit der Referenznummer 1114192 L geschlossenen Zinsswap noch entstehen.
57 
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 571.680,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 313.180,55 Euro ab Rechtshängigkeit bis 29.07.2008 sowie aus 435.680,55 Euro vom 30.07.2008 bis 22.02.2009 sowie aus 571.680,55 Euro seit dem 23.02.2009 zu zahlen.
58 
4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der weiteren Zahlungsverpflichtung von 136.000,00 Euro aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap freizustellen.
59 
5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die weiteren, zukünftigen Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap noch entstehen.
60 
Die Beklagte beantragt:
61 
1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
62 
2. Die Klage wird abgewiesen.
63 
Die Klägerin beantragt:
64 
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
65 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 03.02.2010 einen Mitarbeiter der Beklagten, der für die Konstruktion und Produktentwicklung von Derivaten zuständig ist, als informierten Vertreter der Beklagten angehört. Diesbezüglich wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung (GA 510 ff.) verwiesen.
II.
66 
Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage, insbesondere die Feststellungsklage, ist zulässig (1.). Die Beklagte hat die Klägerin pflichtwidrig fehlerhaft sowohl im Zusammenhang mit dem Ladder Swap (2.) als auch mit dem CMS Spread Sammler Swap (3.) beraten.
67 
1. Zulässigkeit des Feststellungsantrags
68 
Die Feststellungsklage ist gem. § 256 ZPO zulässig, weil ein rechtliches Feststellungsinteresse besteht. Die Klägerin macht geltend, dass ihr auf Grund der geforderten Schadensersatzleistungen der Beklagten Steuernachteile entstehen können, die nicht durch vorherige Steuervorteile kompensiert werden können.
69 
2. Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Ladder Swap
70 
Die Beklagte schuldet der Klägerin Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Beratung beim Abschluss des Ladder Swaps. Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen (a.). Dabei hat die Beklagte ihre Pflicht zur objektgerechten (b.) und anlegergerechten (c.) Beratung verletzt und eine fehlerhafte Empfehlung (d.) abgegeben. Die Pflichtverletzung war schuldhaft (e.) und hat bei der Klägerin kausal (f.) den geltend gemachten Schaden (g.) entstehen lassen. Ein Mitverschulden der Klägerin ist nicht anzurechnen (h.).
71 
a. Beratungsvertrag
72 
Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (std. Rspr. vgl. BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beratungsleistung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt (BGH Urt. v. 04.03.1987, IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117; Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02, zit.n.juris; Siol in Schimansky/Bunte/Lwowski (S/B/L), Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl. § 43 Rn. 7).
73 
Das Landgericht hat den Abschluss eines Beratungsvertrages angenommen. Das ist zutreffend, weil die Beklagte als Hausbank der Klägerin an diese herangetreten ist und konkret eine Empfehlung zur "Zinsoptimierung" (Präsentationsfolie Anlage K3, S. 10) im Hinblick auf die steigenden Avalzinsen sowie die Belastung mit Kreditzinsen unterbreitet hat und somit unaufgefordert einen Rat erteilt hat. Diese landgerichtlichen Feststellungen nehmen die Parteien hin.
74 
Aus dem Beratungsvertrag, der gegenüber dem später abgeschlossenen Swap-Vertrag eine selbständige Bedeutung hat, folgt die Pflicht zur vollständigen, verständlichen und richtigen Beratung über das Anlageobjekt (objektgerechte Beratung). Das empfohlene Anlageobjekt muss zudem auf den Kunden zugeschnitten, also anlegergerecht sein (std. Rspr, vgl. nur: BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851; Braun/Lang/Loy in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang (E/S/C/L), Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 192 ff.). Bewertungen und Empfehlungen müssen hingegen ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH Urt. v. 14.07.2009, XI ZR 152/08, WM 2009, 1647; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851).
75 
b. Objektgerechte Beratung
76 
In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts (Kurs-, Zins- und Währungsrisiko) ergeben (std. Rspr, BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126). Diese Pflichten hat die Beklagte verletzt. Sie hat die Klägerin nicht darüber aufgeklärt, dass es sich bei dem Ladder-Swap um ein synthetisches, von ihr konstruiertes Finanzinstrument und Glücksspiel handelt, dessen Chancen und Risiken derart intransparent sind, dass sie nur mittels anerkannter Risikomodelle beurteilt werden können (aa.). Sie hat es unterlassen, die Klägerin auf ein in das Finanzinstrument von ihr einstrukturiertes erhöhtes Verlustrisiko hinzuweisen (bb.). Zudem wurden die Einflüsse der Volatilität des 3-Monats-EURIBOR in Verbindung mit dem Ladder-Effekt in der Zinsformel nicht dargestellt (cc.). Bezüglich aller Aspekte war die Klägerin aufklärungsbedürftig (dd.).
77 
aa. Risikobeurteilung mit Hilfe von Risikomodellen
78 
Bei Zinsswap-Geschäften handelt es sich in der Regel um sehr komplexe, von der emittierenden Bank frei konstruierte Verträge, in denen verschiedene Optionen, Risiken und Chancen einstrukturiert sind (1). Die Chancen und Risiken sind für den Anleger nicht transparent und durchschaubar (2). Die emittierenden Banken verfügen hingegen über geeignete Risikomodelle und Berechnungsmethoden, um das Risiko festzulegen und darzustellen (3). Der Swap-Vertrag stellt sich so als Glücksspiel dar, das die Parteien mit ungleichen Mitteln spielen (4). Dies führt zu einer Pflicht der Bank, den Kunden auf den Charakter des Vertrages und die Notwendigkeit einer professionellen, auf Risikomodellen beruhenden Risikoabschätzung hinzuweisen (5).
79 
(1) Ein Zinsswap-Geschäft ist ein OTC-Geschäft (over the counter), also ein individuell vereinbartes Geschäft zwischen zwei Vertragsparteien, das nicht über die Börse gehandelt wird. Das Bezugskapital (hier: 5 Mio. Euro) wird nicht bezahlt. Die Parteien tauschen lediglich Zins-Zahlungsströme aus, die jeweils zu den vertraglich vereinbarten Fälligkeitsterminen saldiert werden. Bei dieser Konstruktion kann es über die gesamte Laufzeit des Vertrages nur einen Gewinner geben. Das ist die Partei, die bis zum Vertragsende per Saldo weniger gezahlt hat als sie von der Gegenpartei empfangen hat. Dabei kann es vorkommen, dass anfängliche, für den Anleger positive Salden durch spätere höhere negative Salden übertroffen werden. Am Ende der Laufzeit ist der Gewinn der einen Partei immer identisch mit dem Verlust der anderen Partei (wenn man die Zinsvorteile, die aus den unterschiedlichen Zeitpunkten der periodischen Zahlungen entstehen können, vernachlässigt).
80 
Der Zinsswap ist ein synthetisches Finanzinstrument, das von der emittierenden Bank unter Einstrukturierung beliebiger Faktoren frei gestaltet werden kann und wird. Er kann in einer einfachen Form in dem Austausch eines Festzinssatzes gegen einen beliebigen Geld- oder Kapitalmarktzinssatz bestehen, wobei zum Ausgleich der verschiedenen Zinshöhen ein Abschlag (strike) auf einen der beiden Zinssätze vereinbart wird. Hierbei handelt es sich um einen Prozentsatz, der bis auf zwei oder drei Dezimalstellen hinter dem Komma festgelegt wird. Ein Swap kann aber auch einen Austausch eines variablen Zinssatzes (z.B. 6-Monats-EURIBOR) gegen einen anderen variablen Zinssatz (z.B. 10-Jahres-Swapsatz) enthalten. Weiter kann für eine Partei ein variabler Zinssatz gewählt werden, der sich nur mittelbar aus anderen Zinskurven ableitet, beispielsweise aus dem Verhältnis (Abstand) zweier Zinssätze zueinander (Spread) oder aus der Häufigkeit (Quote) der Unterschreitung bestimmter Schwellenwerte einer Zinskurve oder gar eines Spreads multipliziert mit einem Zinssatz. Es können Hebel in die Zinsformel einkalkuliert werden, die bei dem Eintritt bestimmter Ereignisse überproportionale Verluste oder Gewinne generieren. Weiter können die Verlustrisiken für eine oder beide Parteien durch Kündigungsrechte mit und ohne Ausgleichszahlungen, Mindest- oder Höchstzinssätze, durch an Vorperioden anknüpfende sich fortschreibende Zinssätze und zahlreiche weitere Strukturelemente beliebig beeinflusst werden. Häufig werden Zinsswapverträge mit einer anfänglichen Prämie bzw. garantierten positiven Salden für einige Zinsperioden zu Gunsten des Kunden strukturiert, um den Vertrag für ihn attraktiv erscheinen zu lassen. Diese können später durch gegenläufige Elemente kompensiert werden. Zudem ist eine nahezu beliebige Kombination der Elemente möglich. Sie münden in eine mehr oder weniger komplizierte Berechnungsformel für den variablen Zinssatz einer Partei.
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(2) Swap-Verträge werden häufig auf der Basis von bestimmten "Zinsmeinungen" angeboten, beispielsweise bezüglich des voraussichtlichen Anstiegs des 3-Monats-EURIBOR oder des wachsenden Abstands (Spread) zwischen einem Geld- und einem Kapitalmarktzinssatz für den bevorstehenden Vertragszeitraum. Die Zinsmeinung mag eine erste Motivation für die Wahl einer bestimmten Konstruktion eines Zinsswaps sein. Als ausschlaggebende oder gar alleinige Entscheidungsgrundlage für den Abschluss eines konkret angebotenen Vertrages ist sie hingegen untauglich, weil sie unzureichend die Auswirkung der einstrukturierten Optionen erfasst und bewertet. Vielleicht mag ein Vertragspartner noch eine "Meinung" über die voraussichtliche Entwicklung der absoluten Höhe eines bestimmten Zinssatzes (z.B. 12-Monats-EURIBOR) in einem überschaubaren Zeitraum haben. Ohne professionelle Hilfsmittel ist jedoch bereits nicht mehr vorstellbar, dass er diese Meinung bezogen auf beispielsweise 20 konkrete Zinsfeststellungstermine über die Dauer von 5 Jahren hat. Hierfür müsste der Vertragspartner u.a. auch die Volatilität des entsprechenden Zinssatzes berücksichtigen, die beispielsweise dazu führen kann, dass der Basiszins an einem Fälligkeitstermin vorübergehend weit überdurchschnittlich hoch ist und für eine Zinsperiode zu einem starken negativen Saldo führt. Je nach dem Stand des Basiszinssatzes zu den einzelnen Fälligkeitsterminen können die Zahlungsströme in unterschiedlicher Höhe positiv oder negativ für den Anleger sein, was den voraussichtlichen Gesamtsaldo, zumal unter Berücksichtigung von Kündigungsoptionen, nicht mehr einschätzbar macht. Noch weniger abschätzbar sind die Chancen eines Zinswaps, wenn die Zinszahlungslast nicht unmittelbar von der Höhe eines Basiszinssatzes abhängt, sondern das Unterschreiten eines definierten Schwellenwertes lediglich ein Ereignis darstellt, das Grundlage für den Faktor bildet, mit dem ein anderer Zinssatz zu multiplizieren ist. Komplexer wird es, wenn dabei nicht auf den Schwellenwert eines Marktzinssatzes (z. B. 3-Monats-EURIBOR), sondern auf den eines Spreads (Differenz zwischen zwei Marktzinssätzen) abgestellt wird. Die Kurve des Spreads (Zinsstrukturkurven) zwischen zwei Geld- oder Kapitalmarktzinssätzen wird nicht durch die absolute Höhe der beiden Zinssätze bestimmt, sondern hängt von den wechselnden Marktbedingungen für lang- und kurzfristige Kredite ab. So kann der Wert des Spreads steigen, obwohl die Kreditzinsen fallen. Um das Risiko eines solchen Vertrages abschätzen zu können, muss der Anleger wissen, auf Grund welcher Faktoren das Verhältnis der beiden Zinssätze, die den Spread bilden, beeinflusst werden kann. Er muss sich, erneut bezogen auf die zahlreichen vertraglichen Zinsfeststellungstermine während der Laufzeit und unter Berücksichtigung der Volatilität der Kurve, hierüber eine Meinung bilden können. Dies ist schlechterdings nicht vorstellbar (so auch OLG Frankfurt, Urt. v. 30.12.2009, 23 U 175/08, S. 17). Aber selbst bei einem verhältnismäßig einfachen Swap, bei dem zum Ausgleich des Unterschieds zwischen einem Festzinssatz und einem 3-Monats-EURIBOR lediglich ein Abschlag vereinbart wird, kommt es auf die präzise Festlegung des Prozentsatzes an. Liegt der vereinbarte Abschlag beispielsweise nur 0,2% über dem durchschnittlichen Abstand beider Zinssätze, entsteht bei einer 5-jährigen Laufzeit und einem Bezugswert von 5 Mio Euro ein Verlust in Höhe von 50.000 Euro. Eine derart präzise Vorhersage kann nicht auf der Basis von Marktkenntnissen und Zinsmeinungen getroffen werden.
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Im konkreten Fall des Ladder-Swaps waren insbesondere folgende Elemente (Optionen, Chancen, Risiken) einstrukturiert:
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- Der Swap begann mit einem "garantierten" positiven Saldo zu Gunsten der Klägerin in Höhe von 1,60% p.a. für die Dauer eines Jahres. Nachdem die Beklagte einräumt, bei dem Ladder-Swap einen Gewinn einkalkuliert zu haben, musste dieser Betrag in der Folgezeit durch negative Salden ausgeglichen und um den kalkulierten Gewinn übertroffen werden.
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- Der Vertragszinssatz der Klägerin knüpfte ab der 5. Zinsperiode an den Zinssatz des 3-Monats-EURIBOR an. Ab diesem Zeitpunkt übernahmen die Parteien das Kursrisiko.
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- Ebenfalls ab der 5. Zinsperiode wurde der Vertragszinssatz der Klägerin auf der Basis des 3-Monats-EURIBOR um den jeweiligen Zinssatz der Vorperiode erhöht. Diese Regelung hat den so genannten Ladder-Effekt zur Folge, nämlich dass sich der Vertragszinssatz von dem Basiszinssatz teilweise lösen kann, sich überproportional verändert und verlangsamt auf Kursschwankungen reagiert.
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- Der aus der Summe von 3-Monats-EURIBOR und Vorperiodenzins errechnete Zinssatz wurde - gegenläufig - um einen Abschlag (strike) in Höhe von 2,80 Prozentpunkten reduziert.
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- Die Höhe des Abschlages stieg jährlich im Rhythmus um 0,5 Prozentpunkte auf zuletzt 4,30%. Die steigende Höhe des Abschlages begünstigte tendenziell die Klägerin, weil sie zu einer Reduzierung des Vertragszinssatzes beitrug und etwaige Steigerungen des 3-Monats-EURIBOR kompensierte. Allerdings ist der Jahresrhythmus der Steigerung relativ lang.
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- Der Swap sah eine vierteljährliche Zinsfeststellung an 20 Terminen vor, wobei die ersten 4 Termine durch die beidseitigen Festzinszahlungen statisch waren. Die Häufigkeit der Zinsfeststellung konnte in Verbindung mit dem Ladder-Effekt einen Einfluss auf die Entwicklung des Vertragszinses haben. Die Häufigkeit unterscheidet sich von der Häufigkeit, mit der der Abschlag (s.o.) erhöht wurde.
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- Der von der Klägerin zu zahlende Vertragszinssatz konnte nicht kleiner als 0% werden. Dadurch war die Veränderung des 3-Monats-EURIBOR zum Nachteil der Beklagten (Sinken des Zinssatzes) gedeckelt, während die Veränderung zum Vorteil der Beklagten (Steigen des Zinssatzes) nach oben unbegrenzt war.
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- Die Beklagte hatte ein Kündigungsrecht ohne Ausgleichszahlung jeweils zu zwei halbjährlichen Terminen. Dies ermöglichte ihr, einen ungünstig verlaufenden Vertrag und damit weitere Verluste zu begrenzen. Ebenfalls konnte sie sich dadurch vorzeitig etwaig erzielte Gewinne sichern und der Klägerin die Möglichkeit der Kompensation von Verlusten in späteren Zinsperioden nehmen.
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- Nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien bestand ein beidseitiges Kündigungsrecht mit Ausgleichszahlung ab dem 18. Juni 2008, dass jährlich ausgeübt werden konnte. Zwar lässt sich nach der Auffassung des Senats der Vertrag auch so auslegen, dass lediglich die Beklagte ein Kündigungsrecht durch Ausgleichszahlung hatte. Hierauf kommt es aber nicht an. Durch das Kündigungsrecht hatten beide Parteien zusätzlich die Möglichkeit, den Vertrag zum dann jeweils bestehenden Marktpreis abzulösen, wodurch erneut die Möglichkeit bestand, vorzeitig Gewinne mitzunehmen oder Verluste zu begrenzen. Die zeitlich eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten führten bei den Parteien zum sog. Stillhalterrisiko.
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Durch die verschiedenen frei einstrukturierbaren Elemente sowie die von der Bank erfolgten Festlegungen für Schwellenwert oder Höhe und Steigerung von Abschlägen entstand für den Zinsswap eine Risikostruktur, die mit einfachen Hilfsmitteln wie historischen Daten und einer auf Kenntnis der volkswirtschaftlichen Faktoren und Zusammenhänge beruhenden Abschätzung der zukünftigen Entwicklungen, schon gar über die mehrjährige Laufzeit des gesamten Swap-Vertrages, nicht mehr erfassbar war. Das Risiko des Ladder-Swaps konnte daher nur noch anhand von komplexen Berechnungsverfahren und Bewertungsmethoden ermittelt werden.
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(3) Die emittierende Bank verfügt über finanzmathematisch ausgebildetes Personal und hoch entwickelte Risikomodelle und Bewertungsmethoden. Sie ist zu deren Anwendung sowohl zum Zwecke des Risikomanagements (§ 25a KWG, vgl. Braun in Boos/Fischer/Schulte-Mattler (B/F/S), KWG, 3. Aufl., § 25a KWG, Rn. 53ff, 74ff.) als auch bilanzrechtlich verpflichtet (vgl. § 285 Nr. 18, 19 HGB a.F., § 255 Abs. 4 HGB n.F., § 340e Abs. 3 HGB, § 13 KWG, §§ 17, 21 Nr. 1, 312ff. SolvV). Für interne Risikomodelle der Banken legt § 316 SolvV fest, welche Risikofaktoren mindestens berücksichtigt werden müssen, um die Genehmigung der BAFIN zu erhalten. Auch wenn diese Vorschrift zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht in Kraft war, veranschaulicht sie die im Zusammenhang mit einem Swap-Vertrag zu beachtenden Risiken. § 316 Abs. 3 SolvV regelt beispielsweise ausdrücklich die Erfassung von Zinsstrukturrisiken, wie sie bei der Einarbeitung eines Spreads in die Zinsformel eines Swaps bestehen, und schreibt die Bildung von mindestens sechs Zinsrisikozonen vor, um so der Volatilität Rechnung zu tragen (vgl. B/F/S-Gaumert, a.a.O. § 316 SolvV Rn. 10).
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Der informierte Vertreter der Beklagten, ein Diplommathematiker, bestätigte bei seiner Anhörung vor dem Senat im Wesentlichen die Ausführungen der Klägerin zur Konstruktion der Swaps. Er erläuterte, dass ausgehend von einer Marktidee oder Impulsen aus anderen Bankabteilungen oder von Händlern die Produkte entwickelt werden. Dabei könne es von Vorteil sein, einen Swap so zu konstruieren, dass man dem Kunden Zinsgrenzen demonstrieren könne oder eine anfängliche Verbilligung, was für den Kunden attraktiv sei. Zur Kalkulation des Swaps verwendet die Beklagte ein Standardmodell, nämlich das von Heath-Jarrow-Morton. Bei dem Wahrscheinlichkeitsmodell werden insbesondere die aktuelle Zinsstrukturkurve, Volatilitätswerte und Korrelationen berücksichtigt. Mit diesem Modell kann zu jedem Zeitpunkt der Marktpreis des Vertrages errechnet werden. Der informierte Vertreter der Beklagten bestätigte den Klägervortrag, dass der Marktpreis der saldierte Wert der beiden vertraglichen Zahlungsströme sei, die mithilfe des Standardmodells berechnet worden seien. Seien die Chancen beider Seiten gleich, betrage der Marktpreis 0 Euro (fairer Marktpreis). Da die Bank aber mit dem Vertrag einen Gewinn erzielen wolle, würden die Elemente des Swaps so verändert werden, dass nach den Wahrscheinlichkeitsmodellen der Zahlungsstrom des Kunden um den kalkulierten Gewinn der Bank höher sei. Dies führe zu einem negativen Marktwert. Der Justiziar der Beklagten erklärte, dass eine Gewinnmarge von 3 % bis 5 % vom Basiswert üblicherweise einkalkuliert werde.
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Die Fähigkeit der präzisen Konstruktion und Steuerung der Swap-Verträge erschließt sich auch aus einem Vergleich der im Strategiepapier vom 3. Februar 2005 angebotenen Bedingungen mit denen im schriftlichen Vertrag vom 18./23.03.2005. Ursprünglich hatte die Beklagte einen eigenen Festzinssatz von 3,50% angeboten und bezüglich der Zahlungsverpflichtung der Klägerin einen Abschlag in Höhe von anfänglich 2,85%. Vereinbart wurden schließlich ein um 0,10 Prozentpunkte höherer Festzinssatz der Beklagten von 3,60% und ein um 0,05 Prozentpunkte niedrigerer Abschlag von anfänglichen 2,80 %.
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Die auf der Grundlage von Risikomodellen beruhende Konstruktion, seine Chancenverteilung und seine Marktbewertung sind für den Swap-Vertrag daher charakteristisch und prägend.
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(4) Im Kern ist der angebotene Ladder-Swap eine Art Glücksspiel (so auch OLG Frankfurt, Urt. v. 30.12.2009, 23 U 175/08, S. 17). Er ist dadurch geprägt, dass beide Seiten ein Risiko übernehmen und das Pflichtenprogramm bzw. die Zahlungen der Parteien vom Zufall oder der subjektiven Ungewissheit der Parteien über bestimmte Ereignisse abhängen (vgl. zur Definition des Glückspiels: Münchener Kommentar-Habersack, BGB, 5. Aufl., § 762, Rn. 4). Die Frage, ob ein Glückspiel i.S.v. § 762 BGB nur dann vorliegt, wenn kein ernsthafter sittlicher oder wirtschaftlicher Zweck dahinter steht (vgl. BGH Urt. v. 29.09.1977, III ZR 164/75, NJW 1977, 2357f.), kann hier dahingestellt bleiben, da es nicht um die Verbindlichkeit der vertraglichen Zahlungsverpflichtungen geht, sondern um die Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten im Vorfeld.
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Bei einem Glücksspiel hängen typischerweise Gewinn und Verlust von entgegengesetzten Bedingungen ab (Staudinger-Engel (2008), § 762 BGB Rn. 3). Im vorliegenden Fall sind diese Bedingungen auf Grund der Optionsstruktur mit Ladder-Effekt, steigendem Abschlag, Mindestzinssatz, Volatilität und Kündigungsrechten, die zu vorzeitigen Ausstiegsszenarien führen können, ausgesprochen komplex. Im Wesentlichen ging es jedoch darum, welche Werte der 3-Monats-EURIBOR an den 16 Feststellungstagen haben würde, die für die Berechnung des Vertragszinssatzes der Klägerin von Bedeutung waren. Dabei spielte die Bank gegen den Kunden, denn sie wollte, wie sie einräumt, einen Gewinn erzielen, der zwangsläufig den Verlust des Gegners ausmacht.
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Allerdings wird dieses Spiel mit ungleich verteilten Mitteln gespielt. Die Bank hat das Spiel (den Swap) entworfen und die Spielregeln (z.B. Zinsformel, Optionsstruktur, Kündigungsrechte) selbst festgelegt. Dabei kann sie die Gewinnwahrscheinlichkeiten mit ihren anerkannten auf Wahrscheinlichkeitsmodellen beruhenden Bewertungsmethoden präzise berechnen. Der Kunde als Gegenspieler muss hingegen das Spiel ohne Bewertungsmodelle antreten und kennt die Gewinnwahrscheinlichkeiten nicht. Er gewinnt das Spiel, wenn seine "Zinsmeinung" z.B. von einem "nicht steilen Anstieg" des 3-Monats-EURIBOR besser ist als das von der Bank verwendete Wahrscheinlichkeitsmodell. Es ist ein Spiel "Zinsmeinung des Kunden gegen EDV-gestützte Wahrscheinlichkeitsberechnung der Bank".
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(5) An diesem Risikomodell-geprägten Glücksspiel-Charakter des Swap-Vertrages haben sich die Aufklärungspflichten der beklagten Bank zu orientieren. Es liegt eine deutliche Informationsasymmetrie vor, die zu einer Angewiesenheit des Anlegers auf die Bank führt (Clouth in E/S/C/L, a.a.O., Rn. 962). Dieses für die Bank offenkundige Informationsdefizit muss sie durch die Vermittlung aller Informationen ausgleichen, um den Anleger in die Lage zu versetzen, eine informierte Entscheidung über den Abschluss oder Nichtabschluss des Geschäfts zu treffen (Clouth, a.a.O., Rn. 970). Dies erwartet der Anleger auch, der seiner beratenden Bank erkennbar ein großes Vertrauen entgegenbringt.
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Wenn die Bank ihre Aufklärungspflicht über ein Swap-Vertrag erfüllen will, muss sie daher den Anleger darauf hinweisen, dass sie das angebotene synthetische Finanzinstrument unter Einstrukturierung verschiedener Elemente und unter der Verwendung von Risikomodellen modelliert hat und dass dementsprechend auch die mit dem Produkt verbundenen, für den Anleger nicht transparenten Risiken ausschließlich anhand von professionellen Risikomodellen abschätzbar sind. Insbesondere muss sie einen möglichen, sich aufdrängenden Irrtum des Anlegers verhindern, er könne allein auf Grund der Kenntnis von allgemeinen volkswirtschaftlichen Daten, der Konjunkturlage und seiner Meinung von der Entwicklung des Kapitalmarkts sich ein zuverlässiges Bild über das mit dem Swapvertrag verbundene Risiko machen. Vielmehr muss der Anleger auf Grund der Beratung erkennen, dass der Swap-Vertrag ein Glücksspiel ist, das nach den Regeln der Risikomodelle gespielt und bewertet wird. Ihm muss klar sein, dass er mit seiner unscharfen "Zinsmeinung" bezüglich der allgemeinen Marktentwicklung gegen die auf Risikomodelle gestützte Erwartung der Bank antritt und dass ein solches Verhalten - wie hier eines GmbH-Geschäftführers - vor dem Hintergrund des hochspekulativen Glücksspiel-Charakters der Zinsswap-Verträge und des theoretisch unbegrenzten Verlustrisikos wohl kaum mit der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar ist, vgl. § 43 Abs. 1 GmbHG.
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Diese Pflicht hat die Beklagte verletzt. Sie hat mit ihrem Strategiepapier und den Präsentationsfolien den grob vereinfachenden und irreführenden Eindruck erweckt, zur Beurteilung der Erfolgsaussichten des Ladder-Swaps komme es allein auf die Markterwartung von einem "nicht steilen" Anstieg des 3-Monats-EURIBOR an. Präzise Angaben über die Erfolgsfaktoren, die der Präzision ihrer Bewertungsmodelle entsprechen, hat sie nicht gemacht. Es wird noch nicht einmal klar, ab welchem Maß der Anstieg als steil oder nicht steil anzusehen ist. Den Umstand, dass sich die Risiken eines nach Risikomodellen konstruierten Swaps nur mit eben solchen Modellen seriös abschätzen lassen, hat sie verschwiegen. Der Glücksspiel-Charakter des Geschäfts wurde durch die nur scheinbar bestehende, aber von der Beklagten missverständlich in den Vordergrund gestellte Grundgeschäftsbezogenheit ("Optimierung" der Zinszahlungen auf Geschäftskredite) verschleiert.
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Diese Aufklärungspflicht gilt unabhängig von der Frage, ob die Gewinn-Chancen fair verteilt waren oder der Vertrag einen negativen Marktwert hatte. Denn bereits bei der Aufklärung über den Risikomodell-geprägten Charakter des Vertrages wird einem Anleger bewusst, dass er mit Blick auf die Optionsstruktur des Vertrages eine Reihe von Zinsmeinungen bezüglich der einzelnen Zinstermine und ihre Korrelation zu anderen Optionen und Strukturelementen entwickeln und Alternativszenarien bedenken und auch berechnen muss. Ihm wären dann auch der Glückspielcharakter und die Ungeeignetheit seiner Zinsmeinung als Beurteilungsgrundlage klar geworden.
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bb. Einstrukturierte Verlustrisiken (negativer Marktwert)
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Die Beklagte hat zudem fehlerhaft nicht über die Strukturierung des Vertrages zum Nachteil ihres Kunden aufgeklärt. Wenn eine Bank einen Ladder-Swap zur "Zinsoptimierung" anbietet, weckt sie beim Kunden die berechtigte Erwartung, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit des Vertrages höher ist als die Wahrscheinlichkeit des Misserfolges. Bestenfalls wird er ein ausgewogenes Chancen-Risikoverhältnis erwarten, das einem Marktwert von 0 Euro entspricht. Wenn die Bank den Vertrag jedoch wegen der eigenen Gewinnerzielungsabsicht so strukturiert, dass die Verlustwahrscheinlichkeit des Kunden höher ist als die Gewinnwahrscheinlichkeit, dann ist diese Risikostruktur wegen des Risikomodell-geprägten Charakters des Vertrages und des Widerspruchs zu der bewusst beim Kunden erzeugten Erwartung aufklärungspflichtig.
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Daran ändert nichts, dass die Beklagte wie alle Banken Gewinne erzielen möchte und der Geschäftsverkehr auch nichts anderes erwartet. In erster Linie darf der Geschäftsverkehr von seinem Berater erwarten, dass er seine Pflicht zur vollständigen und richtigen Aufklärung über sämtliche wesentlichen Eigenschaften des Anlageobjekts erfüllt. Hierzu gehört sicher die Information, dass der Markt auf der Grundlage von Risikomodellen dem Vertrag überwiegende Verlustrisiken beimisst und ihm daher einen objektiv feststellbaren negativen Marktwert beimisst (a.A. OLG Celle, Urt. v. 30.09.2009, 3 U 45/09, OLG Frankfurt, Urt. v. 29.07.2009, 23 U 76/08, OLG Düsseldorf Urt. v. 29.06.2009, 9 U 187/08).
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Irrtümlich ist das Landgericht in diesem Zusammenhang und unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LG Wuppertal (Urt. v. 16.07.2008, 3 O 33/08 zit.n.juris) davon ausgegangen, der negative Marktwert ergebe sich daraus, dass man aus längerfristigen verpflichtenden Verträgen nicht ohne weiteres aussteigen könne. In diesem Sinne haben anscheinend auch das OLG Celle und das OLG Frankfurt (jeweils a.a.O.) den negativen Marktwert verstanden. Sie haben in ihm eine Art Vorfälligkeitsentschädigung gesehen. Das OLG Celle ist zudem davon ausgegangen, dass andere Marktteilnehmer den Wert bestimmen. Das OLG Frankfurt hat lediglich vermutet, dass der Bank auch der negative Marktwert bei Vertragsschluss bekannt gewesen sei. Diesen Irrtum hat die Beklagte wiederholt genährt, indem sie sich auch in diesem Verfahren - wider besseres Wissen - ausdrücklich auf die Entscheidung des LG Wuppertal berief. Demgegenüber haben die Beklagte selbst, bzw. ihr informierter Vertreter, bei der Anhörung vor dem Senat angegeben, dass der Marktwert allein anhand der Bewertungsmethoden (hier Heath-Jarrow-Morton) ermittelt wird und den wahrscheinlichen Wert der auszutauschenden Zahlungsströme wiederspiegelt. Es handelt sich um eine objektiv ermittelbare Größe, die bereits zum Abschluss des Vertrages feststeht. Sie ermöglicht die jederzeitige Ablösung des Vertrages nach objektiven Kriterien, was nach den Angaben der Beklagten auch Usance sei, unabhängig von den vertraglich vereinbarten Kündigungsrechten.
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Es geht beim negativen Marktwert nicht um eine einstrukturierte Gewinnmarge, die die Bank nicht offen legen möchte. Der negative Marktwert ist eine objektive Größe, die in der realen Geschäftswelt eine wesentliche Bedeutung für das Risikomanagement und für das Rechnungswesen darstellt. Der objektiv ermittelbare und der Bank von Anfang an bekannte negative Marktwert hat bereits bei Vertragsschluss für den bilanzpflichtigen Kunden eine Bedeutung. Er stellt nämlich den gem. § 255 Abs. 4 HGB n.F. (früher § 285 Nr. 18, 19 HGB) zu berücksichtigenden beizulegenden Zeitwert dar. Ein schützenswertes betriebliches Geheimnis der Beklagten über die Höhe ihrer Gewinnmarge ist damit überhaupt nicht verbunden. Im Übrigen ist aus dem Marktwert nicht die volle Gewinnmarge ablesbar, weil die Beklagte zusätzlich Kosten der Verwaltung und Risikoabsicherung einkalkuliert hat.
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Der negative Marktwert ist, weil er auf den Risikomodellen beruht, ein Indikator für die "unfaire" Verteilung der Chancen und Risiken zu Lasten der Partei, die die höheren Verlustwahrscheinlichkeiten übernimmt. Ein "fairer" Swap hat den Marktwert von 0 Euro. Einen solchen würde die Bank aber nicht anbieten, da sie mit ihren Geschäften Geld verdienen möchte.
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Die aus dem Beratungsvertrag resultierende Pflicht zur objektgerechten und anlegergerechten Beratung wird nicht dadurch ausgehebelt, dass die Bank ein eigenes Produkt anstelle des Finanzinstruments eines Dritten anbietet. Bei dem Produkt eines Dritten würde man selbstverständlich erwarten, dass die Bank über die negativen Erfolgsaussichten aufklärt. Die Bank ist und bleibt auf Grund ihrer vertraglichen Verpflichtung zunächst einmal Beraterin. Als solche war sie gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F. verpflichtet, ihre Beratungsleistungen mit Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse ihrer Kunden zu erbringen. Gem. § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. war sie zur Vermeidung von Interessenkonflikten verpflichtet. Diese gesetzlichen und selbstverständlichen vertraglichen Verpflichtungen wurden nicht stillschweigend abbedungen. Das trägt die Beklagte auch nicht vor.
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Die Beratereigenschaft der Banken ist mit einem großen Vertrauen verbunden, das diese nicht als Einfallstor für eigennützige Geschäfte missbrauchen dürfen, um sich anschließend mit dem Hinweis auf die Erkennbarkeit oder Offensichtlichkeit ihrer Eigeninteressen der gesetzlichen Sorgfalts- und Interessenwahrungspflichten zu entledigen. Im Gegenteil sind Interessenkonflikte zu vermeiden und unvermeidbare Interessenkonflikte unter Wahrung der Kundeninteressen aufzulösen (Koller in: Assmann/Schneider, WpHG, 4. Aufl., § 31 Rn. 32).
112 
Der Interessenkonflikt, der durch die Ausführung von Eigengeschäften mit dem beratenen Kunden entsteht, lässt sich am einfachsten durch Unterlassen der Durchführung des Geschäfts vermeiden (Koller, a.a.O., Rn. 41). Wenn die Bank das Unterlassen für unzumutbar hält, ist sie in einem besonderen Maße an die Einhaltung ihrer Sorgfaltspflichten gebunden und hat sämtliche zweckdienlichen Informationen zu erteilen, die den dadurch in die Gefahr eines Nachteils geratenen Kunden in die Lage versetzt, das Eigeninteresse der Bank abzuschätzen. In keinem Fall darf die Empfehlung den Interessen des Kunden widersprechen (Koller, a.a.O., Rn. 77). Die Bank ist mindestens im gleichen Maße zur Mitteilung von Tatsachen und Abgabe von Empfehlungen verpflichtet, wie bei der Empfehlung eines Geschäfts mit einem Dritten.
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Gerät die Beklagte durch ein angebotenes Eigengeschäft in einen unausweichlichen Interessenskonflikt, weil wie beim Swap-Vertrag der Gewinn der einen Seite der Verlust der anderen Seite ist, muss sie sich entscheiden. Sie darf nicht im Gewande der vertrauenerweckenden Beraterin dem Anleger eine ihn mit Wahrscheinlichkeit benachteiligende Empfehlung abgeben, wie es der negative Marktwert indiziert, und dabei wesentliche Informationen verschweigen.
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Im Übrigen hält der Senat die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.11.2005 (XI ZR 76/05), die bezüglich Terminsoptionsgeschäften ergangen ist, für auf Fälle der vorliegenden Art übertragbar. Auch hier kann der Kunde nicht erkennen, dass sein Berater, der zugleich sein zukünftiger Vertragspartner ist, in den Vertrag eine eigene Gewinnmarge einkalkuliert hat, die den Vertrag dadurch - nach Einschätzung des auf Risikomodelle abstellenden Marktes - in einen "unfairen" Vertrag umwandelt. Andere Marktteilnehmer würde diesen Vertrag nur gegen Erhalt einer Prämie in Höhe des negativen Marktwertes übernehmen.
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cc. Volatilität des 3-Monats-EURIBOR und Ladder-Effekt
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Die Beklagte hat nicht über das Risiko der Volatilität des 3-Monats-EURIBOR in Verbindung mit dem Ladder-Effekt aufgeklärt.
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(1) Ein Berater hat seinen Kunden vollständig, richtig und unmissverständlich auf die wesentlichen Risiken einer Kapitalanlage hinzuweisen. Hierzu gehört auch das Risiko der Volatilität des Marktes. Diese Pflichten ergeben sich bereits unmittelbar aus dem nach Treu und Glauben auszulegenden Beratungsvertrag. Zur Konkretisierung bzw. als Mindeststandard werden bei Wertpapierdienstleistungen bzw. Wertpapiernebendienstleistungen im Bereich des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) die hierzu ergangenen Richtlinien des früheren BAWe (insbesondere die sog. Wohlverhaltensrichtlinien vom 26.05.1997 und 23.08.2001) bzw. jetzt die Verhaltens- und Organisationsverordnung des Bundesministeriums der Finanzen (WpDVerOV vom 20.07.2007) herangezogen (vgl. nur E/S/C/L-Braun/Lang/Loy Rn. 205 m.w.N., bezüglich der Festlegung als Mindeststandards: OLG Frankfurt, Urt. v. 17.06.2009, 23 U 34/08; noch offen gelassen BGH Urt. v. 08.05.2001, XI ZR 192/00, zit.n.juris).
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(2) Ein besonderes Risiko lag in dem Ladder-Effekt in Verbindung mit der Volatilität des 3-Monats-EURIBOR. Dieses Risiko veranschaulicht bereits die grafische Darstellung des tatsächlichen Verlaufes der Zahlungspflichten der Parteien auf der Grundlage der im Internet verfügbaren Daten des 3-Monats-EURIBOR ( www.euribor.org ).
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Die Gerade in der Grafik stellt den Zinssatz der Zahlungsverpflichtungen der Bank dar (immer konstant 3,6%). Die zackig ansteigende Kurve zeigt den Zinssatz der Zahlungsverpflichtungen der Klägerin. Die dritte Kurve bildet den Verlauf des 3-Monats-EURIBOR ab. Solange die Kurve der Klägerin unterhalb derjenigen der Bank lag, hatte die Klägerin einen Gewinn. Die Zahlungskurve der Klägerin veranschaulicht eindrucksvoll die Auswirkung des Ladder-Effektes (stufenförmiger Verlauf). Dieser führte zu einer gewissen Entkoppelung des Vertragszinses von dem 3-Monats-EURIBOR und ließ die Zahlungskurve stärker steigen als den Basiszinssatz. Der Vertragszinssatz stieg sogar durch den Ladder-Effekt noch weiter, obwohl der Basiszinssatz sank, und folgte diesem erst nach einem steilen Abfall mit Verzögerung. In dem obigen Beispiel - die Grafik dient ausschließlich der realitätsnahen Veranschaulichung und ist nicht Teil der gerichtlichen Feststellungen – ist der 3-Monats-EURIBOR über die dargestellte Vertragslaufzeit sogar leicht von 2,136% auf 1,811% gesunken.
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(3) Die Beklagte hat nicht auf das mit dem Ladder-Effekt verbundene Risiko hingewiesen. Insbesondere geht dies nicht aus ihrem Strategiepapier oder ihren Präsentationsunterlagen hervor. Im Gegenteil hat sie - irreführend - als Entscheidungsgrundlage und Erfolgskriterium für den Vertrag einzig auf einen "nicht steilen Anstieg" des 3-Monats-EURIBOR abgestellt. Hierbei hat sie es nicht nur unterlassen klarzustellen, was unter diesem Begriff vor dem Hintergrund der Volatilität der Kurve zu verstehen ist. Das Kriterium des nicht steilen Anstiegs des 3-Monats-EURIBOR war bereits für sich genommen als Entscheidungsgrundlage ungeeignet.
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(a) Die Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, die Klägerin darüber aufzuklären, was unter einem "nicht steilen Anstieg" des 3-Monats-EURIBOR als Erfolgskriterium für den Vertrag zu verstehen ist. Bei dem komplex strukturierten Vertrag konnte bereits ein Zehntel Prozentpunkt bei der Festlegung des Festzinssatzes der Beklagten oder der Höhe des Abschlags über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Demgegenüber können die Vorstellungen, was unter einem steilen Anstieg zu verstehen ist, um Prozentpunkte auseinanderliegen.
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In der Mathematik kann die Steigung oder Steilheit einer Kurve für jede beliebige Teilstrecke und gar für jeden beliebigen Punkt der Kurve errechnet werden. Nur bei einer Geraden ist die Steigung an allen Punkten identisch. Bei einer volatil verlaufenden Kurve variiert hingegen die Steigung und nimmt während des Verlaufs unterschiedliche Werte an. Sie kann flach oder stark ansteigen, über eine längere oder kürzere Strecke diese Steigung beibehalten oder verändern und auch wieder im gleichen Maße fallen. Schließlich lässt sich die Steigung zwischen Anfangs- und Endpunkt errechnen. Diese ist in der Regel nicht identisch einer Maximalsteigung auf einer Teilstrecke.
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Die Beklagte hat mit der Formulierung
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"Sie rechnen in den nächsten Jahren nicht mit einem steilen Anstieg des 3-Monats-EURIBOR"
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den Eindruck erweckt, es komme auf die durchschnittliche Steigung des 3-Monats-EURIBOR zwischen Anfangstermin und Endtermin oder jedenfalls mehrjährig auseinanderliegenden Terminen an. Dies folgt aus der Formulierung "in den nächsten Jahren". Diesen Eindruck hat sie dadurch verstärkt, dass sie in ihren Beispielsszenarien ausschließlich lineare Verläufe des 3-Monats-EURIBOR modelliert hat.
126 
Bei dieser Betrachtung hätte die Beklagte die Aussage treffen können, dass (auf der Grundlage der in der Präsentationsfolie enthaltenen Vertragsdaten) der Basiszinssatz vierteljährlich nicht um mehr als ca. 0,146 Prozentpunkte (bzw. insgesamt 2,774 Prozentpunkten) steigen darf, um noch in der Gewinnzone zu bleiben. Dies ergibt sich aus einer Berechnung der Zinsformel mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms, wie es auch die Beklagte verwendet hat. Die Beklagte hätte weiter darstellen können, dass ein um ein Hundertstel Prozentpunkt höherer Anstieg von 0,156 Prozentpunkten pro Vierteljahr (= insgesamt 2,964 Prozentpunkte) bereits einen Verlust von über 300.000 Euro generieren würde. Warum ein Anstieg von vierteljährlich 0,1 4 6 Prozentpunkten bzw. insgesamt 2,774 Prozentpunkten innerhalb von 5 Jahren nicht steil sein soll und ein vierteljährlicher Anstieg von 0,1 5 6 Prozentpunkten bzw. insgesamt 2,964 Prozentpunkten steil, erschließt sich nicht. Das Kriterium der Steilheit ist in der von der Beklagten verwendeten Unschärfe absolut untauglich.
127 
(b) Unklar bleibt zusätzlich, wie sich zwischenzeitliche steile Anstiege auf den Erfolg des Vertrages auswirken. Bereits die oben dargestellte Grafik des Verlaufs des Vertrages enthält, bezogen auf die Werte des Anfangstermins (März 2005) und Endtermins (März 2009), ein (geringes?) Gefälle des 3-Monats-EURIBOR von 2,136% auf 1,811% und hat dennoch einen Verlust generiert. Die Volatilität des 3-Monats-EURIBOR bringt es mit sich, dass sich der Zinssatz kurzfristig verändern kann und zu unterschiedlichen Zeitpunkten einen steilen Anstieg aufweisen kann. Dies veranschaulichen zwei Beispielsgrafiken in Abwandlung des Beispielsszenarios 2 der Beklagten in der Präsentationsfolie (Anlage K3).
128 
Simuliert man anstelle eines linearen Anstiegs um halbjährlich 0,25 Prozentpunkte auf zuletzt 4,390% einen früheren (steilen?) Anstieg des 3-Monats-EURIBOR auf 4,390% mit einem anschließenden (flachen) Absinken auf den Ausgangswert 2,140% zurück, erreicht der 3-Monats-EURIBOR einen gegenüber dem Beispiel der Bank niedrigeren Durchschnittssatz von 3,246% und über die gesamte Laufzeit keine Steigung . Anhand der grafischen Darstellung erkennt man dennoch einen stark negativen Verlauf der Zinszahlungspflicht der Klägerin:
129 
Bei dieser Konstellation hätte die Klägerin einen Verlust in Höhe von 991.631,13 Euro erlitten (Differenz zum Beispielsszenario 2 der Beklagten: 1.947.531,13 Euro). Dieses Phänomen liegt an dem Ladder-Effekt der an dem Vorperiodenzinssatz anknüpft und nicht durch den einkalkulierten Abschlag kompensiert wird. In diesem Beispiel löste die Wende der Zahlungskurve im März 2008 erst die weitere Erhöhung des Abschlags auf 3,80% aus.
130 
Dennoch lässt sich nicht aus dem Beispiel folgern, dass jeder steile Anstieg des 3-Monats-EURIBOR während der Laufzeit zu einem Verlust der Klägerin geführt hätte. Simuliert man nämlich einen zunächst flachen und erst später steilen Anstieg, ergibt sich folgendes Bild über die wechselseitigen Zahlungsverpflichtungen:
131 
Bei diesem Beispiel hatte der Basiszinssatz während der Laufzeit einen starken Anstieg um 6,490 Prozentpunkte und - im Vergleich zum Beispielszenario der Beklagten - höheren Durchschnittszinssatz von 3,423%. Dennoch hätte die Klägerin bei diesem Szenario trotz des insgesamt und punktuell steilen Anstiegs einen Gewinn von 964.975,00 Euro erzielen können. Die Grafik veranschaulicht zudem die ungleiche Verteilung des Risikos des Ladder-Effekts durch die Begrenzung des Vertragszinssatzes der Klägerin nach unten auf 0%. Dadurch konnte sich der Vertragszins nicht im gleichen Maße für die Klägerin günstig entwickeln, wie er sich bei einem gegenteiligen Szenario ungünstig hätte entwickeln können.
132 
Aus dem Vorstehenden folgt, dass angesichts des volatilen 3-Monats-EURIBOR in Verbindung mit dem Ladder-Effekt das Kriterium des "nicht steilen Anstiegs" ungeeignet für die Abschätzung der Erfolgsaussichten war. Dabei entlastet es die Beklagte nicht, dass die Klägerin selbst unter Zuhilfenahme eines Tabellenkalkulationsprogramms diese Szenarien hätte simulieren können. Die Beklagte war als Beraterin verpflichtet, der Klägerin zutreffende und vollständige Informationen zu erteilen und musste damit rechnen, dass sich der Kunde darauf verlässt.
133 
dd. Aufklärungsbedürftigkeit der Klägerin
134 
Die Klägerin war bezüglich sämtlicher Punkte aufklärungsbedürftig.
135 
(1) Zwar mag die Klägerin als mittelständisches Unternehmen eine Größe haben, die zu einer Einstufung als professionelle Kundin i.S.v. § 31a Abs. 2 S. 2 Nr. 2 WpHG n.F. führen würde. Dieses von der Beklagten vorgetragene Argument vermag eine Abweisung der Klage nicht zu begründen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses galt § 31a WpHG noch nicht. Zudem schreibt § 31a Abs. 6 S. 2 WpHG vor, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden am Beginn der Geschäftsbeziehung darauf hinweisen muss, dass sie ihn als professionellen Kunden behandelt und er die Möglichkeit hat, eine Einstufung als Privatkunde zu vereinbaren. Diese Pflicht soll eine ansonsten bestehende Unklarheit über die vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen anzuwendenden Verhaltenspflichten vermeiden (Clouth-Seyfried in E/S/C/L, a.a.O, Rn. 74). Die Einstufung in Kundenkategorien ist im Zusammenhang mit der parallel zur Vorschrift erlassenen WPDVerOV (s.o. II.2.b.cc (1)) zu sehen. Sie befreit das Wertpapierdienstleistungsunternehmen aber nicht vollständig von seinen Aufklärungspflichten. So ist zwar § 4 WPDVerOV von seinem aufsichtsrechtlich verpflichtenden Anwendungsbereich auf Privatkunden beschränkt. Die in § 5 WPDVerOV enthaltene Pflicht zur Information des Kunden über Risiken und Kosten gilt hingegen für alle Kundenkategorien.
136 
(2) Auch der Umstand, dass für die Klägerin Betriebswirte als Mitarbeiter tätig waren, die mit der Betreuung ihrer Kredite und liquiden Mittel beauftragt waren, lässt keinen Rückschluss zu, dass diese den erforderlichen Wissensstand über die komplexe Risikostruktur des Ladder Swaps besaßen. Welchen konkreten Wissensstand die Mitarbeiter in Bezug auf die Risikostrukturierung von Swap-Verträgen hatten, legt die Beklagte nicht dar. Allein auf der Grundlage einer allgemeinen betriebswirtschaftlichen Ausbildung kann kein finanzmathematisches Spezialwissen erwartet werden. Auch folgt dieses nicht aus der beruflichen Befassung mit den Finanzen eines Unternehmens (vgl. zur vorsichtigen Bewertung von beruflichen Tätigkeiten und Unternehmenseigenschaft: Braun/Lang/Loy in: E/S/C/L, a.a.O., Rn. 263). Für die Beklagte ersichtlich verfügte die Klägerin auch nicht über die erforderlichen Mittel zur Risikoabschätzung, insbesondere die hierfür erforderlichen Rechenmodelle. Dass ein Kunde, wie die Beklagte es dargestellt hat, mit dem angebotenen Zinsswap zu einer anderen Bank gehen und sich von dort ein Konkurrenzangebot einholen kann, lässt die im Verhältnis der Parteien auf Grund des Beratungsvertrages bestehende Aufklärungsbedürftigkeit nicht entfallen. In erster Linie ist die beratende Bank, die zugleich bewusst ein erhebliches Vertrauen ihres Kunden in Anspruch nimmt, zur umfassenden und wahrheitsgemäßen Aufklärung verpflichtet.
137 
(3) Aus diesem Grund lässt sich aus den bereits früher mit der Beklagten geschlossenen Swap-Verträgen nicht auf eine ausreichende Kenntnis der Klägerin über die damit verbundenen Risiken schließen. Dies könnte bezüglich der allgemeinen Risiken von Swap-Verträgen allenfalls dann der Fall sein, wenn die Beklagte die Klägerin bei Abschluss der früheren Verträge aufgeklärt hätte. Das hat sie nicht behauptet. Es ist daher davon auszugehen, dass die Mitarbeiter der Klägerin das in den Swap-Verträgen liegende Risikopotential auch früher nicht richtig erfasst haben. Ihre Erfahrung aus den Swap-Verträgen beschränkt sich daher darauf, dass diese günstig oder ungünstig verlaufen und vorzeitig aufgelöst werden können. Bezüglich der konkret im Ladder-Swap einstrukturierten und nur professionell zu erfassenden Risiken wären die früheren Verträge ohnehin ohne Bedeutung, da es insoweit auf die einzelnen Vertragsbedingungen einschließlich der bei Vertragsabschluss vorherrschenden Marktbedingungen und die bis auf zwei Dezimalstellen hinter dem Komma vereinbarten Prozentsätze ankam.
138 
c. Anlegergerechte Beratung
139 
Die Beratung der Beklagten war nicht anlegergerecht. Der Inhalt der Beratung hat sich an dem Kunden zu orientieren. Maßgeblich sind insbesondere dessen Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft. Zudem hat sich die Beratung danach auszurichten, welches Anlageziel der Kunde verfolgt (std. Rspr., vgl. BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126). Der angebotene Ladder-Swap entsprach weder dem Wissensstand der Klägerin über derartige Anlagegeschäfte (aa.) noch ihrem Anlageziel (bb.).
140 
aa. Wissensstand
141 
Die synthetisch und unter Anwendung von Risikomodellen konstruierten Swap-Verträge lassen sich bezüglich ihres Options-Charakters und ihrer Risikostruktur nur mit geeigneten Risikomodellen zutreffend erfassen und bewerten. Auf die - von der Beklagten irreführend in den Vordergrund gestellte - Zinsmeinung des Anlegers kommt es nur partiell an. Der Anleger benötigt ein vertieftes statistisches Wissen und die notwendigen Werkzeuge (Berechnungsmethoden), um die nicht transparenten Risiken des Produkts zu verstehen. Über diese muss er entweder selbst verfügen oder sie jedenfalls - über Dritte - verfügbar haben. Ohne das Wissen und die Berechnungsmethoden ist der Anleger auch während der Laufzeit des Vertrages nicht in der Lage, angemessen auf geänderte Gegebenheiten zu reagieren und beispielsweise durch die Ausübung der vertraglichen Kündigungsrechte Verluste zu begrenzen oder Gewinne mitzunehmen. Zum Beispiel kann er nicht den sich ändernden Marktwert errechnen und dies zur Grundlage seiner Entscheidungen machen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, zumal die Beklagte selbst einräumt, dass sie - entgegen den restriktiven Vertragsbedingungen - auch zur vorzeitigen Auflösung der Verträge entsprechend den Marktgepflogenheiten und unabhängig von den vertraglichen Kündigungsrechten bereit gewesen wäre. Die bestehende Wissensasymmetrie zwischen den Parteien war so offenkundig, dass die Beklagte davor nicht die Augen verschließen durfte.
142 
bb. Anlageziel
143 
Der Ladder-Swap entsprach ersichtlich nicht dem Anlageziel der Klägerin und hätte ihr daher nicht (schon gar nicht unaufgefordert) angeboten werden dürfen. Unstreitig wandte sich die Beklagte als Hausbank an die Klägerin im Zusammenhang mit der bevorstehenden Erhöhung der Avalzinsen. In dem Strategiepapier vom 03.02.2005 (Anlage B18) definiert sie das Anlageziel. Sie verweist auf einen bestehenden Finanzierungsbedarf und stellt das Interesse der Klägerin zur Reduktion der damit einhergehenden Zinsbelastung in den Vordergrund. Im Übrigen ist es das selbstverständliche Ziel eines jeden Gewerbetreibenden, nicht nur der Banken, mit ihren Geschäften Gewinne zu erzielen.
144 
Mit diesem Anlageziel vertrug sich ersichtlich kein Swap-Vertrag, bei dem wegen des von der Beklagten für sich einkalkulierten Gewinns mit einem identischen Verlust in dieser Höhe zu rechnen war. Bei einem einkalkulierten Gewinn in Höhe von 3% bis 5% bei einem Basiswert von 5 Mio Euro war somit ein Verlust der Klägerin in Höhe von 150.000,00 Euro bis 250.000,00 Euro wahrscheinlich.
145 
Hiergegen lässt sich nicht einwenden, die Entwicklung des Basiszinssatzes (3-Monats-EURIBOR) sei für niemanden vorhersehbar. Dieses Argument ist nur in der Laiensphäre richtig, verfehlt aber den Charakter des Swap-Vertrages. Dieser ist ein synthetisches, von der Bank selbst unter Anwendung von Wahrscheinlichkeitsmodellen konstruiertes Zinsderivat. Die Ergebnisse der Berechnungsmethoden sind nicht vollkommen belanglos, sondern die Grundlage für eine Vielzahl von wirtschaftlich weit reichenden Entscheidungen im Finanzsektor. Die Methoden und Ergebnisse sind gesetzlich vorgeschriebener Bestandteil des Risikomanagements (vgl. § 25a KWG, §§ 17, 21 Nr. 1, 312ff. SolvV). Die Bedeutung der Aussagen der Risikomodelle für die professionelle Beurteilung von Finanzinstrumenten muss daher in die Anlageberatung einfließen und ist ein entscheidendes Kriterium für die Frage, ob ein Produkt zum Anlageziel des Kunden passt. Die Beklagte legt auch nicht dar, dass sie auf Grund anderer Erkenntnisse und entgegen den Ergebnissen der eigenen Berechnungsmethoden von einer Gewinnwahrscheinlichkeit zu Gunsten der Klägerin ausgegangen ist. Im Gegenteil vertraut sie selbst der Aussagekraft ihrer Modelle so sehr, dass sie darauf ihre Gewinnerwartungen, aber auch ihre Risiken (vgl. § 25a KWG) berechnet.
146 
Das im Zusammenhang mit der Frage der Aufklärung über den negativen Marktwert angeführte Argument, der Kunde rechne mit der Gewinnerzielungsabsicht seiner Bank, weshalb die Bank über die Höhe nicht aufklären müsse, führt hier nicht weiter. Bei der anlegergerechten Beratung kommt es ausschließlich darauf an, ob ein Produkt zum Anlageziel des Kunden passt. Ist das nicht der Fall, darf der Berater das Produkt dem Kunden bereits überhaupt nicht anbieten (BGH Urt. v. 14.07.2009, XI ZR 152/08, Rn. 51) und den Versuch unternehmen, dennoch damit Geld zu verdienen. Im vorliegenden Fall war der Ladder-Swap ein voraussichtliches Verlustgeschäft. Einen solchen Vertrag durfte die Beklagte nicht anbieten. Mit ihrem Verhalten verstieß sie gleichzeitig gegen die Pflicht gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F., ihre Beratungsleistung im Interesse ihres Kunden zu erbringen. Denn schließlich war auch der Bank bekannt, dass ihre Kunden ausschließlich mit Gewinnerzielungsabsicht handeln.
147 
d. Fehlerhafte Empfehlung
148 
Der Berater schuldet seinem Kunden eine - ex ante betrachtet - vertretbare Empfehlung. Die Beklagte hat im Strategiepapier vom 3. Februar 2005 (Anlage B18) einen "Strategievorschlag" zum Abschluss des Ladder-Swaps, mithin eine Empfehlung abgegeben. Die Empfehlung eines Swap-Vertrages zur "Zinsoptimierung", der nach den anerkannten Berechnungsmethoden ein Verlustgeschäft enthält, ist nicht vertretbar.
149 
e. Verschulden
150 
Das Verschulden der Beklagten ist offensichtlich. Sie hatte Kenntnis von der im Vertrag einstrukturierten Gewinnmarge, die nur durch einen entsprechenden Verlust der Klägerin erzielt werden konnte und daher einen gleichzeitigen Vorteil der Klägerin aus dem Vertrag ausschloss. Sie konnte auch erkennen, dass die Klägerin mangels eigener Werkzeuge die Verlustgefahr des Vertrages nicht erkennen konnte. Der Beklagten musste gleichzeitig bewusst sein, dass der Begriff der "Zinsoptimierung" und die Herausstellung der Marktwerterwartung (kein steiler Anstieg des 3-Monats-EURIBOR) zudem geeignet waren, von den wahren Risiken des Vertrages und seiner komplexen Risikostruktur abzulenken. Da sie unstreitig mit dem Vertrag auf Kosten der Klägerin Gewinn erzielen wollte, handelte sie vorsätzlich. Wie sehr sich die Klägerin über das Verhalten der Beklagten empört hat, lässt sich daran erkennen, dass sie den Tatbestand des Betrugs gem. § 263 StGB erfüllt sieht.
151 
f. Kausalität
152 
Zu Gunsten der Klägerin greift die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens. Sie drängt sich im vorliegenden Fall geradezu auf. Es ist nicht anzunehmen, dass ein wirtschaftlich rational handelnder Geschäftsführer den Ladder-Swap abgeschlossen hätte, wenn ihm offenbart worden wäre, dass nach den anerkannten Wahrscheinlichkeitsmodellen die Zinsoptimierungsstrategie scheitern und zu einem Verlust in Höhe des Gewinns der Beklagten führen wird.
153 
g. Schaden
154 
Die Schadenshöhe ist betragsmäßig unstreitig und besteht in den von der Klägerin geleisteten Zahlungen nach Abzug der von der Beklagten erhaltenen Zahlungen. Auch der Feststellungsantrag ist begründet, da eine Steuerbelastung der Klägerin auf Grund der anstehenden Schadensersatzleistung der Beklagten nicht ausgeschlossen ist. Insofern ist zu beachten, dass die Klägerin eine GmbH ist. Kapitalgesellschaften verfügen steuerrechtlich gesehen über keine außerbetriebliche Sphäre (vgl. BFH, Beschl. v. 20.11.2007, I R 54/05), so dass grundsätzlich alle Einnahmen, auch Schadensersatzleistungen Dritter, der Steuer unterliegen. Demgegenüber konnte die Klägerin ihre Verluste aus dem Geschäft wegen § 15 Abs. 4 S. 3 EStG nicht steuerlich geltend machen. Diese Frage bedarf im Rahmen des Feststellungsantrags jedoch keiner abschließenden Klärung.
155 
h. Mitverschulden
156 
Ein gem. § 254 BGB zu berücksichtigendes Mitverschulden der Klägerin liegt nicht vor. Grundsätzlich darf ein Anleger dem Rat seines Beraters vertrauen, ohne dass ihm ein Vorwurf daraus gemacht werden kann (BGH Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02). Zwar sind unter Umständen von diesem Grundsatz Ausnahmen zu machen, wenn ein Berater erkennbar für die Kapitalsucherseite handelt (vgl. BGH Urt. v. 25.11.1981, IVa ZR 286/80). Gegen die Berücksichtigung eines Mitverschuldens spricht jedoch die Vorgehensweise der Beklagten. Sie hat als Hausbank ein hohes Maß an Vertrauen in Anspruch genommen. Die Klägerin musste nicht ihr Wissensdefizit bezüglich der komplexen Risikostruktur erkennen. Dies gilt umso mehr, als eine Großbank wie die Beklagte als seriöses Institut wahrgenommen wird, das sich für die Interessen ihrer Kunden einsetzt und über eine hohe Erfahrung auf dem Finanzsektor verfügt. Für die Klägerin bestand überhaupt kein Anlass für die Annahme, sie müsse die Chancen des Swap-Vertrages nach anderen Kriterien als allein der Zinsmeinung bezüglich eines geringen Anstiegs des 3-Monats-EURIBOR beurteilen. Noch weniger musste sie damit rechnen, dass die Beklagte ihr ein "Zinsoptimierungsgeschäft" anbietet, das lediglich den Zweck hatte, einen Gewinn der Beklagten zu generieren. Demgegenüber war der Hinweis der Beklagten auf das theoretisch unbegrenzte Verlustrisiko ungeeignet, um der Klägerin die tatsächlichen Risiken und die einstrukturierten Wahrscheinlichkeiten vor Augen zu führen.
157 
3. Schadensersatz im Zusammenhang mit dem CMS-Spread-Sammler-Swap
158 
Die Beklagte hat bezüglich des CMS Spread Sammler Swap ihre Beratungspflichten schuldhaft verletzt, so dass sie der Klägerin zu Schadensersatz verpflichtet ist. Auch der CMS Spread Sammler Swap war ein komplexes Finanzinstrument mit verschiedenen Optionen.
159 
- Er stellte nicht auf einen Interbanken-Zinssatz ab, sondern auf die Differenz (Spread) zwischen zwei Interbankenzinssätze (10-Jahres-Swapsatz und 2-Jahres-Swapsatz). Hierzu hätte die Klägerin in der Lage sein müssen, sich eine Meinung bezüglich der Faktoren bilden zu können, die das Verhältnis dieser beiden Zinssätze zueinander beeinflussen.
160 
- Der Vertrag hatte eine fünfjährige Laufzeit mit 10 halbjährlichen Zinsfeststellungsterminen. Eine Zinsmeinung hätte sich daher auf sämtliche Termine und die Korrelation der verschiedenen Faktoren beziehen müssen.
161 
- Es kam nicht auf die Höhe des Spreads an, sondern auf die verhältnismäßig geringe Häufigkeit, mit der der Spread eine Schwelle pro Periode unterschritt. Hierzu hätte die Klägerin in der Lage sein müssen, sich eine Meinung über dieses Kriterium bezogen auf die 10 Perioden bilden zu können.
162 
- Der Vertragszinssatz der Klägerin leitete sich nicht unmittelbar aus einer Zinskurve ab, sondern wurde aus der Häufigkeitsquote des Unterschreitens, multipliziert mit einem Festzinssatz zuzüglich eines weiteren Festzinssatzes vom 2,00% ermittelt.
163 
- Die Festlegung der Schwelle durch die Beklagte enthielt bereits bezüglich ihrer Angemessenheit ein erhebliches Risiko.
164 
- Die Beklagte hatte ein Recht zur vorzeitigen Beendigung ohne Ausgleichszahlung zu jedem Zinszahlungstermin nach einem Jahr. Hierdurch bestand für die Klägerin die Gefahr, dass sie Verluste durch den späteren Verlauf des Vertrages nicht mehr würde kompensieren können.
165 
- Das Beendigungsrecht der Klägerin gegen Ausgleichszahlung galt erst ab dem 3. Jahr und war nur jährlich möglich (Stillhalterrisiko).
166 
Die Beklagte hat es unterlassen, die Klägerin auf den besonderen synthetischen Charakter des Produkts hinzuweisen, der eine Risikoabschätzung nur mittels anerkannter Berechnungsmodelle erlaubt. Über die einstrukturierten überwiegenden Verlustrisiken, erkennbar an dem negativen Marktwert, wurde ebenfalls nicht aufgeklärt. Vor dem Hintergrund der einstrukturierten Gewinnmarge war die Beratung nicht anlegergerecht und die Empfehlung nicht vertretbar und fehlerhaft. Insofern gilt das Gleiche wie für den Ladder-Swap.
167 
Darüber hinaus war die Beratung auch aus weiteren Gründen nicht objektgerecht. Im Zuge der objektgerechten Beratung war die Beklagte verpflichtet, der Klägerin diejenigen Eigenschaften und Risiken mitzuteilen, die für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sein konnten. Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts (Kurs-, Zins- und Währungsrisiko) ergeben.
168 
Diese Pflicht hat die Beklagte verletzt, indem sie die konkreten das Risiko beeinflussenden Faktoren nicht dargestellt und missverständlich die Höhe des Spreads als entscheidenden Faktor in den Vordergrund gestellt hat. Im Strategiepapier vom 13.05.2005 (Anlage K6) und in der Präsentation wurde darauf abgestellt, dass die Klägerin nicht mit einer Verringerung der Differenz (Spread) zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-Swapsatz rechne. Bei dem vorliegenden CMS-Swap kommt es hingegen nicht auf die Höhe des Spreads zur unmittelbaren Berechnung des Vertragszinses an, sondern auf die Häufigkeit , mit der der Spread eine vertraglich vereinbarte Schwelle unterschreitet. Die Häufigkeit der Unterschreitung pro Periode bildet die Quote für den Vertragszinssatz der Klägerin. Zwar weist die Beklagte in ihrem Strategiepapier vom 31.10.2005 (Anlage K18) darauf hin, dass der Swap nachteilig für die Klägerin wird, wenn in einer Periode (120 Banktage) der Schwellenwert an 12 Banktagen unterschritten wird. Auch hat sie in ihrer Präsentation des Swaps vom 13.05.2005 (Anlage K5, S. 10) ein Histogramm der CMS Spreads der letzten 10 Jahre dargestellt und als Beispiel darauf hingewiesen, dass an 23 von 2621 Beobachtungstagen der Spread zwischen 0,30% und 0,40% gelegen hat. Das entspricht einer Quote von 1,05 von 120 Tagen. (Dabei hat die Beklagte ihre eigene Tabelle falsch abgelesen, weil diese Quote den Spread zwischen 0,4% und 0,5% betraf.)
169 
Damit hat die Beklagte das Risiko durch die Bezugnahme auf nicht maßgebliche Daten sowie eine zu unscharfe Beschreibung des Erfolgs- bzw. Risikoszenarios verharmlost. Die Beklagte hätte angeben müssen, mit welcher Häufigkeit der vertraglich vorgesehene Schwellenwert von zunächst 0,82% (Anlage K7) und später 0,735% (Anlage K10) in der Vergangenheit unterschritten wurde. Die Darstellung der Unterschreitung eines Schwellenwertes von 0,5% an umgerechnet 1,05 Tagen von 120 Banktagen gibt nicht genügend Anhaltspunkte und das Histogramm ist zu unscharf, um daraus selbständig Werte abzulesen. Die Beklagte hätte die Angaben anhand des verfügbaren Datenmaterials ohne Weiteres machen können. Diese Angabe war jedoch zu einer ersten groben Einschätzung des Risikos erforderlich, auch wenn historische Daten nur eine begrenzte Aussagekraft für die Zukunft haben. Zu dem verharmlosenden Verweis auf die falschen Werte hat die Beklagte missverständlich die Höhe des Spreads als Entscheidungskriterium in ihrem Strategiepapier und ihren Präsentationsfolien betont. Dabei stellte sie vollkommen konturlos auf eine "nicht deutliche" Verringerung der Differenz zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz ab. Zum Zeitpunkt der Produktpräsentation am 13.05.2005 lagen ausweislich des Strategiepapiers der Spread in Höhe von 1,11% und der angebotene Schwellenwert von 0,85% nur um 0,26 Prozentpunkte auseinander. Durch den unscharfen Begriff verstellt sich der Blick auf die hoch präzise Kalkulation des Vertrages nach Wahrscheinlichkeitsmodellen. Dem Anleger wird vermittelt, er könne sich bezüglich minimaler Veränderungen in der Differenz zweier Interbanken-Zinssätze bei einem Spielraum von 0,26 Prozentpunkten eine Meinung bilden. Bereits dies ist ihm nicht möglich, weil ihm in der Regel nicht die Faktoren bekannt sein dürften, die nicht einen einzelnen Zinssatz, sondern das Verhältnis zwischen zwei verschiedenen Zinssätzen (Zinsstrukturkurve) beeinflusst. Auch die Zeugin Glenk gab bei ihrer Vernehmung an nicht zu wissen, ob sie die Klägerin über die Faktoren, die den Spread beeinflussen können, aufgeklärt habe.
170 
Zudem wird dem Risiko der Volatilität des Spreads nicht die erforderliche Beachtung geschenkt. Denn die absolute oder durchschnittliche Höhe des Spreads war nach der Zinsformel für den Vertragszins ohne Relevanz. So bringt es die Formel mit sich, dass selbst ein durchschnittlich knapp über dem Schwellenwert liegender Spread pro Periode öfter als zwölfmal die Schwelle unterschreitet. Entscheidend war also zusätzlich, wie hoch neben dem erwarteten durchschnittlichen Spread die Abweichungen von diesem sein konnten.
171 
Auch die Restrukturierung des Swap im Oktober/November 2005 belegt die Grenze der menschlichen Fähigkeit, die Risiken abzuschätzen. Die Beklagte war in der Lage, den neuen Schwellenwert ohne nähere Begründung festzulegen. Die Klägerin war zu einer Überprüfung der Angemessenheit der Höhe des Schwellenwertes ersichtlich nicht in der Lage. Noch weniger wird sie in der Lage gewesen sein, anhand einer noch so dezidierten Zinsmeinung oder Erfahrung mit dem Kapitalmarkt die Auswirkung der Herabsenkung des Schwellenwertes von 0,82% auf 0,735% um lediglich 0,085 Prozentpunkte nachzuvollziehen und dessen Risikopotential abzuschätzen. Sie war bei der Vertragsgestaltung der finanzmathematisch überlegenen Beklagten ausgeliefert.
172 
Zu Verschulden, Kausalität, Schaden und Mitverschulden gilt das beim Ladder-Swap Ausgeführte. Soweit bei der Klägerin bezüglich der Ausgleichszahlung der Schaden in Höhe von 136.000 Euro mangels Zahlung noch nicht entstanden ist, kann sie von der Beklagten Freistellung verlangen.
III.
173 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
174 
Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Entscheidung auch auf den Umständen des Einzelfalls, insbesondere bezüglich der konkret fehlerhaften Aufklärung (Stichwort: Volatilität) in den Beratungsunterlagen und -gesprächen beruht.

Tenor

I. Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 21.12.2010, Az. 8 O 247/10, werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass Ziff. 2 des Urteils auf Grund der Antragsänderung wie folgt neu gefasst wird:

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 7.437,34 EUR zu zahlen.

II. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Berufung: bis 410.000 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von der beklagten Landesbank als Vertragspartnerin sowie von seiner Hausbank als Beraterin Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Cross-Currency-Swap-Vertrages. Der Kläger hatte im Jahr 2005 zwei Zinswährungsswap-Verträge mit der Beklagten zu 1 auf Beratung der Beklagten zu 2 abgeschlossen. Die Vertragsparteien hatten das Währungspaar Euro/Schweizer Franken und eine Verzinsung fest (Bank)/variabel (Kläger) vereinbart. Auf Empfehlung der Beklagten zu 2 wurden diese Swap-Verträge vorzeitig mit Gewinn für den Kläger aufgelöst. Auf Vorschlag der Beklagten zu 2 schlossen die Parteien am 02.08.2007 einen neuen Zinswährungsswap. Darin verpflichtete sich die Beklagte zu 1 zur vierteljährlichen Verzinsung von 1 Mio Britischer Pfund (GBP) in Höhe von 5,84 % p.a. (fest) und der Kläger zur Verzinsung von 2,446 Mio. Schweizer Franken (CHF) zu 3,31 % p.a. (fest). Das Nominalkapital sollte zum Laufzeitende (30.06.2009) ausgetauscht werden.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Kläger habe gegen die Beklagte zu 2 einen Schadensersatzanspruch, weil diese ihre Pflichten aus einem Beratungsvertrag verletzt habe. Die Beratung sei nicht objektgerecht gewesen, da die Beklagte zu 2 den Kläger nicht über die Höhe und die Bedeutung des anfänglichen Marktwertes aufgeklärt habe. Dies stehe nach der Beweisaufnahme fest. Auch bei den streitgegenständlichen Cross-Currency-Swap-Verträgen hätte die Beklagte auf den anfänglichen negativen Marktwert hinweisen müssen. Dieser enthalte die Bewertung des Währungsrisikos, die nur den Beklagten, nicht jedoch dem Kläger möglich war. Insofern habe eine deutliche Informationsasymmetrie vorgelegen, an der sich die Beratungspflichten der Beklagten zu 2 zu orientieren hätten. Das vom Kläger eingegangene Risiko habe sich vor allem aus dem zum Enddatum des Vertrages fälligen Tausch der Bezugsbeträge ergeben. Aus der Sicht des Klägers habe der vereinbarte Endtausch das Recht enthalten, 1 Million GBP zum Kurs von 2,446 CHF zu kaufen. Dieses Recht habe bei Vertragsschluss einen Marktwert gehabt, der sich an den Prämien entsprechender Devisenoptionen orientiert haben dürfte. Der Marktwert, sowie die Marktwerte der weiteren der Beklagten zu 1 eingeräumten Rechte seien der Beklagten bekannt gewesen, nicht jedoch dem Kläger. Die Beklagte zu 2 hätte daher wenigstens die Höhe des saldierten Marktwertes des Gesamtgeschäfts mitteilen müssen. Die Lage sei vergleichbar mit einem Tausch von zwei Wertpapieren. In diesem Fall hätte die Beratungspflicht der Beklagten zu 2 die Mitteilung der Kurswerte der Wertpapiere umfasst. Die Pflicht zur Mitteilung der Marktwerte lasse sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vermittlung von Optionen ableiten. Auch wenn die Beklagte zu 2 nicht als Vermittlerin von Optionen gehandelt habe, so sei ihre Position dennoch vergleichbar, weil die Devisenoptionen in den Swap-Vertrag einstrukturiert waren. Nach dieser Rechtsprechung sei die Beklagte ebenfalls verpflichtet gewesen, die Optionsprämie bekanntzugeben. Bei dem negativen Marktwert handele es sich nicht um eine einstrukturierte Gewinnmarge. Der negative Marktwert sei eine objektive Größe und habe wesentliche Bedeutung für das Risikomanagement und das Rechnungswesen. Auch sei die Gewinnmarge nicht unmittelbar aus dem Marktwert ablesbar, weil der negative Marktwert noch Kosten der Verwaltung und der Risikoabsicherung enthalte, wobei die Beklagte zu 2 einen Betrag von 8.000 bis 9.000 EUR genannt habe. In der Entscheidung des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26.02.2010 (9 U 164/08) sei seitens der Bank eine übliche Gewinnmarge von 3-5 % des Bezugsbetrages genannt worden. Übertragen auf den vorliegenden Fall würde sich bei solchen Prozentsätzen eine Gewinnmarge von insgesamt 30.000 bis 50.000 GBP ergeben. Der Kläger sei trotz der vorherigen zwei Swap-Verträge aufklärungsbedürftig gewesen. Auch bei diesen beiden Verträgen habe die Beklagte zu 2 den Kläger nicht über den Marktwert aufgeklärt. Zudem habe sich der streitgegenständliche Vertrag auf ein anderes Währungspaar bezogen und sei anders konstruiert gewesen. Die Pflichtverletzung sei für den Abschluss des Vertrages ursächlich gewesen. Zwar habe der Kläger sich ausdrücklich nach dem Verdienst erkundigt, die Höhe sei ihm aber nicht mitgeteilt worden.
Die Beklagte zu 2 habe den geltend gemachten Schaden einschließlich vorgerichtlicher Anwaltskosten unter Berechnung einer 1,5-Geschäftsgebühr zu ersetzen. Ein Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last. Der Kläger habe zwar höhere Bezugsbeträge als von der Beklagten zu 2 vorgeschlagen gewünscht (1.000.000 GBP anstatt 825.000 GBP). Die daraus sprechende Risikobereitschaft des Klägers habe jedoch ihren Grund in der mangelhaften Beratung der Beklagten zu 2 gehabt. Weiter könne dem Kläger nicht vorgehalten werden, dass er nicht bereits Ende 2007 den streitgegenständlichen Swap-Vertrag glattgestellt habe, als dies noch zu einem negativen Marktwert von 70.000 EUR möglich gewesen wäre. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Mitarbeiter der Beklagten zu 2 eine Auflösung nicht empfohlen hatten. Der Kläger habe unter diesen Umständen damit rechnen müssen, dass die Beklagte zu 2 bei einer Realisierung des Verlustes Ende 2007 ihm später eine eventuelle Erholung des Swap-Vertrages entgegenhalten werde.
Die Beklagte zu 1 hafte wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung. Sie hätte den Kläger über den anfänglichen Marktwert des Swap-Vertrages aufklären müssen. Aus dem Tausch-Charakter des Vertrages habe sich eine besondere Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers ergeben. Er habe für die ihm mit dem Vertrag eingeräumten Optionen keine Prämie gezahlt. Seine Gegenleistung habe in der Übernahme von Pflichten bestanden, deren Marktwert er allerdings nicht gekannt habe und auch nicht habe ermitteln können.
Gegen das der Beklagten zu 1 am 28.12.2010 und der Beklagten zu 2 am 29.12.2010 zugestellte Urteil haben die Beklagte zu 1 am 24.01.2011 und die Beklagte zu 2 am 25.01.2011 Berufung eingelegt, die sie beide innerhalb verlängerter Frist am 28.03.2011 mit einer Begründung versehen haben.
In der Berufungsinstanz trägt die Beklagte zu 1 erstmalig Folgendes vor:
Der Kläger sei mit Finanzierungsfragen aller Art einschließlich des Absicherns („Hedge“) von Zinsentwicklungsrisiken seit vielen Jahren in allen Einzelheiten bestens vertraut gewesen. Der Swap-Vertrag habe eine Marge der Bank in Höhe von lediglich 12.500 EUR enthalten. Diese Marge sei verkehrsüblich. Eine Marge von 4 %, wie sie der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.03.2011 (XI ZR 33/10) oder der Entscheidung des Senats vom 26.02.2010 (9 U 164/08: 3%-5%) zu Grunde gelegen habe, habe eine nicht verkehrsübliche Höhe.
Die Berufung der Beklagten zu 1 ist der Auffassung, die Beratung der Beklagten zu 2 sei anleger- und objektgerecht gewesen. Der Kläger habe spekulative Gewinne aus den Swap-Geschäften erzielen wollen, um aus diesen Erträgen die laufenden Annuitäten aus seinen Immobilienverbindlichkeiten zu verringern sowie im bestmöglichen Fall darüber hinausgehende Gesamtüberschüsse zu erzielen. Dem Kläger sei dabei bewusst gewesen, dass die Beklagte zu 2 das Geschäft nicht ohne eigene Marge, also unentgeltlich angeboten habe. Ihm sei bewusst gewesen, dass eine Marge der Bank einstrukturiert gewesen sei, so dass er hierüber nicht hätte aufgeklärt werden müssen. Für ihn sei lediglich entscheidend gewesen, dass sich die anfallende Marge im Rahmen des Verkehrsüblichen halte. Mit einer Marge in dieser Größenordnung habe der Kläger ohne weiteres gerechnet. Das Landgericht hätte den Mitverschuldenseinwand der beiden Beklagten beachten müssen. Dem Kläger sei ausdrücklich die Möglichkeit mitgeteilt worden, den Swap-Vertrag bei einem negativen Marktwert von 70.000 EUR glatt zu stellen. Dies habe der Kläger nicht getan, sondern stattdessen weiter spekuliert und so den Schaden in Höhe von über 390.000 EUR entstehen lassen, was nicht den Beklagten anzulasten sei. Der Kläger hätte nicht die Auflösung des Vertrages Ende 2007 davon abhängig machen dürfen, dass die Beklagte zu 2 sich an dem eingetretenen Verlust beteilige. Der Kläger habe auch nicht mit dem Einwand der Beklagten rechnen müssen, durch einen zu frühen Verkauf eine Verringerung des Schadens infolge der Verbesserung des Marktwertes verhindert zu haben. Der negative Marktwert habe sich seit Ende 2007 kontinuierlich verschlechtert und es habe keine Hinweise dafür gegeben, dass der Markttrend sich in absehbarer Zeit in die Gegenrichtung entwickeln könnte. Eine ex ante überhaupt nicht vorhersehbare und objektiv fern liegende Erholung des negativen Marktwert hätte der Kläger sich unter keinen denkbaren Umständen entgegenhalten lassen müssen.
10 
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte zu 2 in der Berufungsinstanz erstmalig Folgendes vor:
11 
Die in dem Swap-Vertrag einstrukturierte Marge habe für die Beklagte zu 1 3.500 EUR und für die Beklagte zu 2 9.000 EUR betragen.
12 
Die Beklagte zu 2 wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Beratung sei anleger- und objektgerecht erfolgt. Der Kläger sei von Berufs wegen in nennenswertem Umfang mit Finanzierungen vertraut gewesen. Er habe das Geschäft vollständig verstanden. Den bei der Beratung zu den ersten Swap-Verträgen zu Tage getretenen Irrtum des Klägers, aus dem Geschäft könne kein Verlust entstehen, habe die Beklagte zu 2 beseitigt durch die Darstellung bestimmter Veränderungen der Zins- und Währungslandschaft. Der streitgegenständliche Vertrag sei denkbar einfach strukturiert, sehr leicht begreiflich und selbst vom "Laien-"Anleger stets simpel überprüfbar. Der Verlauf habe anhand der in den Präsentationsunterlagen befindlichen "Ampeldarstellung" einfach überwacht werden können. Das Risiko des Geschäfts bestand im Währungsverlust von CHF/GBP, der in der Tagespresse mühelos feststellbar sei. Die Verdienstmarge der Beklagten sei nicht offenbarungspflichtig gewesen. Der anfängliche negative Marktwert sei dem Kläger bekannt gewesen (Bl. 238 d.A.). Aus der nicht bezifferten Marge, die nach dem Vortrag der Beklagten zu 2 identisch mit dem negativen Marktwert war, resultiere kein Beratungsfehler. Weil der Kläger wusste, dass die Beklagten eine Marge erhalten, sei die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens widerlegt. Der Kläger müsse sich ein Mitverschulden anrechnen lassen. Der Kläger habe weiter spekulieren wollen, nachdem ihm der schwebende Gesamtverlust von rund 70.000 EUR Ende 2007 mitgeteilt wurde, weil er auf eine Schadensbeteiligung seitens der Beklagten zu 2 und seitens seines Steuerberaters gesetzt habe.
13 
Die Beklagten beantragen:
14 
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21.12.2010 (8 O 247/10) wird dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.
15 
Der Kläger beantragt zuletzt:
16 
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen und das Urteil des LG Stuttgart vom 21.12.2010, Az. 8 O 247/10, aufrecht erhalten mit der Maßgabe, dass dieses Urteil in Ziff. 2 wie folgt geändert wird:
17 
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger die von ihm an die Beklagte 2 für einen Kredit für die Schadenssumme von EUR 390.724,87 im Zeitraum vom 01.10.2010 bis 28.02.2011 gezahlten Zinsen in Höhe von zusammen EUR 7.437,34 zu zahlen.
18 
Zur Begründung der Antragsänderung in der Berufungsinstanz führt der Kläger, von den Beklagten nicht bestritten, aus, dass die Geschäftsbeziehung zwischen ihm und der Beklagten zu 2 zwischenzeitlich beendet sei. Für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 28.02.2011 zahlte der Kläger an die Beklagte zu 2 für den Betrag von 390.724,87 EUR Zinsen in Höhe von 7.437,34 EUR.
19 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Das Gericht hat mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet.
II.
20 
Die gem. § 511 ZPO statthaften, form- und fristgerecht eingelegten und mit Begründungen versehenen Berufungen sind zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben. Die Beklagte zu 2 haftet wegen einer Fehlberatung im Zusammenhang mit einem Beratungsvertrag (1.). Die Beklagte zu 1 haftet wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen (2.).
21 
1. Klage gegen die Beklagte zu 2
22 
Zwischen der Beklagten zu 2 und dem Kläger ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen (a.). Die Beklagte zu 2 hat pflichtwidrig weder objektgerecht (b.) noch anlegergerecht (c.) beraten. Die Pflichtverletzung war schuldhaft und kausal (d.) für den Schaden (e.). Den Kläger trifft kein Mitverschulden (f.).
23 
a. Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2 ist im Zusammenhang mit dem Abschluss des Cross-Currency-Swap-Vertrags vom 02.08.2007 ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Die Beklagte zu 2 hat auf eigene Initiative ihre Beratungstätigkeit gegenüber dem Kläger und seinem Steuerberater entfaltet. Die Beklagte zu 2 greift diese Feststellung des Landgerichts zu Recht nicht an. Soweit sie der Auffassung ist, es handele sich bei dem Cross-Currency-Swap-Vertrag um ein Eigengeschäft, das die Beklagte zu 1 für die Beklagte zu 2 ausgeführt hat, ändert dies nichts an dem daneben abgeschlossenen Beratungsvertrag. Ein Eigengeschäft der Beklagten zu 2 lässt sich zudem auf der Grundlage des Parteivortrages und der Vertragsunterlagen nicht feststellen. Vertragspartner des Cross-Currency-Swap-Vertrags ist eindeutig nur die Beklagte zu 1. Danach war die Beklagte zu 2 zur anleger- und objektgerechten Beratung des Klägers verpflichtet. Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10; Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93).
24 
b. Die Beklagte zu 2 hat ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung verletzt. Im Rahmen der objektgerechten Beratung hat der Anlageberater den Kunden über diejenigen Eigenschaften und Risiken aufzuklären, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Die Beratung der Bank muss richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig sein. Die Bank muss zeitnah über alle Umstände unterrichten, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind. Fehlen ihr derartige Kenntnisse, so hat sie das dem Kunden mitzuteilen und offenzulegen, dass sie zu einer Beratung z.B. über das konkrete Risiko eines Geschäfts mangels eigener Information nicht in der Lage ist (BGH, Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, Tz. 18 f.).
25 
Bei von der Bank selbst konstruierten Finanzprodukten besitzt diese gegenüber dem Kunden einen erheblichen Informationsvorsprung über die Marktverhältnisse, die spezifischen Risiken des Produkts, den Wert des Produkts und das erforderliche Risikomanagement zur Vermeidung von theoretisch möglichen ruinösen Verlusten. Im Rahmen der objektgerechten Aufklärung hat sie die bestehende Informationsasymmetrie zu beseitigen, um der „Angewiesenheit“ des Anlegers auf die Bank Rechnung zu tragen und ihn zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung zu befähigen (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rn. 1059; Senat, Urt. v. 26.02.2010, 9 U 164/08, Tz. 100, zit.n.juris).
26 
Bei den aufklärungsbedürftigen wesentlichen Eigenschaften eines Swap-Vertrages lassen sich zwei Kategorien hervorheben: das Chancen-/Risikoprofil (aa.) und der (buchmäßige) Vermögenswert des Swap-Vertrages bzw. der in diesen einstrukturierten Zahlungsversprechen (bb.).
27 
aa. (1) Das Chancen-/Risikoprofil des Swap-Vertrages ist gekennzeichnet durch die mathematisch-theoretisch maximale Gewinnchance und das maximale, gegebenenfalls sogar unbegrenzte Verlustrisiko. Wird ein Swap-Vertrag - wie hier unstreitig - zu Spekulationszwecken und nicht zur Absicherung gegenläufiger Risiken abgeschlossen, übernimmt der Kunde eine offene Risikoposition. Die Information über diesen Rahmen von Chancen und Risiken ist daher wesentlich. Bei Verträgen mit hohen Risiken benötigt der Anleger allerdings zusätzliche Informationen über die Faktoren, die für das Risikoprofil und die Art des Risikos maßgeblich sind. Einen Einfluss auf den Erfolg haben beispielsweise die Art der gewählten Währungen, die unterschiedlichen Volatilitäten der für die Bank und den Kunden maßgeblichen Basiswerte, die gewählten Zinssätze und länderspezifischen Zinsstrukturkurven, die Wahrscheinlichkeiten (Value at Risk) oder asymmetrische Risikostrukturen mit Gewinn- oder Verlustbegrenzungen. Bei nur theoretischen Informationen über den maximalen Rahmen von Risiken und Chancen verhelfen dem Anleger erst Einschätzungen über deren Wahrscheinlichkeiten zu einer geeigneten Entscheidungsgrundlage. Das gilt insbesondere, wenn – wie bei Swap-Verträgen üblich – der Erfolg des Geschäfts von langfristigen Prognosen über Basiswerte wie Zinssätze oder Devisen abhängig ist, die über die Dauer der Vertragslaufzeit seriös nicht aufgestellt werden können. Daher hat der Senat es beanstandet, wenn Anlegern suggeriert wurde, sie könnten anhand eigener Zinsmeinungen für die Vertragslaufzeit eine verantwortbare Anlageentscheidung treffen (Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 148/08, Tz. 49ff., zit.n.juris). Zwar können auch Wahrscheinlichkeitsmodelle die zukünftige Entwicklung nicht sicher vorhersagen, insbesondere nicht extreme Ereignisse wie eine Finanzkrise. Es handelt sich bei den Wahrscheinlichkeitsmodellen jedoch um Hilfsmittel, derer sich der professionelle Kapitalmarkt zur Beurteilung von Risiken bedient.
28 
Ist auf der Grundlage von Berechnungs- oder Simulationsverfahren bekannt, dass die Wahrscheinlichkeit des Verlustes höher ist als diejenige des Gewinns, ist das eine dem Kunden zu offenbarende Eigenschaft des von der Bank konstruierten Swaps. Auch sind Informationen über Verlustrisiken innerhalb eines definierten Zeitraums (z.B. Value at Risk) eine wichtige Entscheidungshilfe, weil sie die Eigenschaft der Zins- oder Währungswette auf der Grundlage der aktuellen Wirtschaftsdaten widerspiegeln. Ebenso wichtig ist die Kenntnis, wie schnell sich Verluste einstellen können und wie schnell man daher auf ungünstige Entwicklungen der Basiswerte oder anderer Umstände reagieren kann und muss, um ungewollte Verluste zu vermeiden. So können hoch volatile Basiswerte unter Umständen zu sehr schnellen Verlusten führen.
29 
(2) Die vorgenannten Umstände spiegeln sich in zwei verschiedenen Verlustszenarien wider. Einerseits ist der Anleger bis zum Laufzeitende vertraglich an das Geschäft gebunden. Ist die Bank nicht zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages verpflichtet, trägt er das Liquiditätsrisiko (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1051). Das ist das Risiko, dass er den Vertrag bei einer ungünstigen Entwicklung der Basiswerte oder sonstigen Umstände nicht durch ein Gegengeschäft am Markt glattstellen kann. Er bleibt dann an den Vertrag gebunden und seine Verluste ergeben sich aus der Summe sämtlicher Nettozahlungen bis zum Laufzeitende. Sie sind gegebenenfalls unbegrenzt.
30 
(3) Bietet die Bank, wie hier, dem Kunden ein nach Marktusancen bestehendes tägliches Auflösungsrecht zum aktuellen Marktwert an oder ist der Markt liquide, trägt der Kunde das Marktpreisrisiko (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1040). Dann setzt sich bei ungünstiger Entwicklung sein Verlust aus zwei Komponenten zusammen, nämlich dem (positiven oder negativen) Saldo der bisherigen Zahlungen bis zur vorzeitigen Beendigung und dem (positiven oder negativen) Marktwert zum Auflösungszeitpunkt.
31 
Für einen nicht erfahrenen Kunden genügt es jedoch nicht, das Marktpreisrisiko als solches zu kennen. Er muss zusätzlich darüber aufgeklärt werden, dass die Beherrschung dieses Risikos zwingend ein effektives Risikomanagement verlangt, damit rechtzeitig Verluste begrenzt werden können (vgl. Rudolf in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 19.65). Dies setzt voraus, dass der Anleger sich seiner Risikobereitschaft bewusst wird und beispielsweise einen Maximalverlust sowie einen realistisch erzielbaren Ertrag festlegt, die er zum Maßstab seiner Strategie wählt. Um insbesondere sich abzeichnende Verluste verhindern zu können, muss er die während der Vertragslaufzeit durch die Nettozahlungen erzielten Erträge mit dem jeweils aktuellen Auflösungspreis in der Form des aktuellen Marktwertes saldieren. Zudem muss er sich eine Meinung über die zukünftige Entwicklung des Marktwertes bilden können. Ohne Verständnis für das Marktpreisrisiko als charakteristisches Risiko des Vertrages (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1040) ist er nicht in der Lage zu erkennen, dass er die Entwicklung des Marktpreises ständig und engmaschig überwachen muss, um erforderlichenfalls den richtigen Ausstiegszeitpunkt wählen zu kennen. Hierzu muss der Anleger wissen, dass er ohne professionelle Hilfsmittel nicht in der Lage ist, allein den Marktwert beispielsweise auf der Grundlage der Entwicklung des Basiswerts zu ermitteln. Die Ermittlung ist deutlich komplexer. Beispielsweise ist die Ermittlung des Marktpreises für ein Devisentermingeschäft nicht nur vom aktuellen Wechselkurs abhängig, sondern auch von dem unterschiedlichen Zinsniveau in den beteiligten Ländern (Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, 40. Aufl., Teil III, Ziff. 8.2.2.2). So ist es durchaus möglich, dass sich der Marktwert gegenläufig zu der Entwicklung des Basiswerts entwickelt.
32 
(4) Zwar hat die Beklagte zu 2 schriftsätzlich die Auffassung vertreten, dass sich der Marktpreis des Zinswährungsswaps auch für einen Laien einfach mit den vier Grundrechenarten ermitteln lasse (so die Klageerwiderung, Bl. 52 d.A.). Dem haben aber bereits ihre eigenen Mitarbeiter widersprochen und erklärt, dass sie hierfür eine Software einsetzen. Der Zeuge P. hat bestätigt, dass der Kläger und sein Steuerberater den Wert „natürlich“ nicht selbst beurteilen konnten (Bl. 116 d.A.).
33 
(5) Im Zusammenhang mit der Risikostrategie erhält auch der anfängliche Marktwert seine eigenständige Bedeutung: Ohne Kenntnis des anfänglichen Marktwertes kennt der Anleger bereits nicht den Ausgangspunkt seiner Risikostrategie und kann beispielsweise auch nicht erkennen, dass die ersten Netto-Zinszahlungen seinen Vertrag noch nicht in die Gewinnzone führen können (vgl. a. Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 148/08, Tz. 78, 80).
34 
(6) Die Beklagte zu 2 hat es unterlassen, den Kläger über die komplexen Zusammenhänge und das Erfordernis eines eigenen, effektiven Risikomanagements aufzuklären. Der Zeuge P. (Bl. 114 d.A.) erläuterte, dass dem Kläger mit derartigen Geschäften eine Zinsverbilligung von 2% als möglich dargestellt worden sei. Bezogen auf das Nominalkapital des Swap-Vertrages von ca. 1.477.500 EUR (1 Mio GBP umgerechnet zum damaligen Kurs EUR/GBP von ca. 1,4775) hätte dies für den Kläger eine Verbilligung um ca. 29.510 EUR p.a. bzw. insgesamt 59.020 EUR bedeutet. Auch wenn die Ertrags-Chancen rechnerisch höher waren, hat die Beklagte zu 2 offenbar die für „wahrscheinlich“ gehaltene Ertrags-Chance des Cross-Currency-Swaps dargestellt. Diese realistische Chance war mit einem weder nach Wahrscheinlichkeit noch nach Höhe quantifizierten Verlustrisiko verbunden. Dieses überstieg die von der Beklagten zu 2 als wahrscheinlich dargestellte Chance um ein Vielfaches und konnte existenzbedrohende Dimensionen annehmen. Daher war auch im konkreten Fall ein effektives Risikomanagement des Klägers zwingend erforderlich, worauf die Beklagte zu 2 den Kläger hätte hinweisen müssen.
35 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte zu 2 hingegen vorgetragen, dass sie sich nicht zu einer Überwachung des Vertrages verpflichtet habe. Insbesondere hat sie nicht behauptet, den Kläger auf das Erfordernis einer eigenverantwortlichen Marktpreisüberwachung hingewiesen zu haben. Bei einer Privatperson ist es offenkundig, dass sie zur Überwachung des Marktpreises nicht in der Lage ist.
36 
(7) Angesichts der bereits fehlerhaften Aufklärung über das Risikomanagement kann es dahingestellt bleiben, ob die Beklagte zu 2 im Rahmen der objektgerechten Aufklärung verpflichtet gewesen wäre, im Zusammenhang mit der Konstruktion des Swap-Vertrages Wahrscheinlichkeitsberechnungen durchzuführen und deren Ergebnisse dem Anleger vorher mitzuteilen oder zumindest darauf hinzuweisen, dass diese Berechnungen möglich sind, aber von ihr nicht durchgeführt wurden, so dass sie die Günstigkeit des Geschäfts und die mit diesem verbundenen wahrscheinlichen Risiken nicht beurteilen könne.
37 
bb. Die objektgerechte Aufklärung im Zusammenhang mit dem Vermögenswert des Swaps betrifft eine andere Dimension. Die Beklagte zu 2 hat den Kläger pflichtwidrig nicht über den Wert der von ihm im Rahmen des Swap-Vertrages übernommenen Leistungsverpflichtungen und den Wert der im Austausch hierzu von der Beklagten zu 1 erworbenen Zahlungsansprüche aufgeklärt.
38 
(1) Ein Swap-Vertrag setzt sich aus verschiedenen Einzelkomponenten zusammen (vgl. Rudolf in: Kümpel/Wittig, a.a.O., Rn. 19.147). Bei dem streitgegenständlichen Swap hat der Kläger die Verpflichtung zum zeitlich hinausgeschobenen Erwerb von 1 Mio. GBP zum Preis von 2,446 Mio. CHF übernommen. Das hat den Charakter eines Devisentermingeschäfts und wird vom Markt nach üblichen Methoden unter Berücksichtigung der landesspezifischen Zinssätze ermittelt (siehe hierzu: Obst/Hintner, a.a.O., Teil III, Ziff. 8.2.2.2). Der Kunde ist regelmäßig zu einer Preisermittlung nicht in der Lage. Er kann daher nicht abschätzen, welchen Wert die Endtauschzahlung zu einem bei Vertragsschluss festgelegten Wechselkurs hat, die er auf Vorschlag seiner Bank übernimmt. Auch der Wert der regelmäßigen Zinszahlungspflichten ist durch Abzinsung ermittelbar, unter Anwendung des jeweils maßgeblichen Abzinsungssatzes. Auch hier war der Kläger nicht in der Lage, den Wert der Leistungen, bezogen auf den Abschlusstag zu ermitteln.
39 
Der negative Marktwert ist daher nicht nur Ausdruck einer Interessenkollision der beratenden Bank (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10), sondern auch der Saldo des Wertes der ausgetauschten Leistungen. Dies hat das Landgericht zutreffend dargestellt und einen anschaulichen Vergleich mit dem Tausch von Wertpapieren angestellt, deren Wert der Anleger nicht ermitteln kann. Der Anleger erleidet bei Abschluss eines spekulativen Swap-Vertrages mit einem negativen Marktwert sofort eine Vermögenseinbuße. Diesen Umstand und das Ausmaß der Vermögenseinbuße muss er erkennen können, weil er andernfalls nicht zu einer verantwortlichen Anlageentscheidung befähigt wird.
40 
(2) Der Einwand der Beklagten zu 2, sie brauche als Bank, die den Swap im Wege des Eigengeschäfts vertreibe, nicht über ihren Gewinn aufzuklären, überzeugt den Senat nicht. Insbesondere stützen nicht die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 27.09.2011 (XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10) ihre Auffassung. Zunächst liegt, wie bereits dargelegt, kein Eigengeschäft der Beklagten zu 2 vor, sondern ausschließlich ein Beratungsvertrag, der zudem durch ein Eigengeschäft nicht beseitigt wird. Darauf kommt es aber nicht an. Selbst wenn ein Eigengeschäft vorläge, ist dem besonderen Umstand Rechnung zu tragen, dass der Kläger eine für ihn nicht eindeutig erkennbare und bewertbare Leistung übernimmt. Er bietet der Bank nicht bewusst einen bei sich bereits vorhandenen und von ihm bewerteten Vermögensgegenstand im eigenen Interesse an. Die Bank schafft erst durch den Swap-Vertrag eine Verbindlichkeit des Anlegers, deren Höhe er nicht bewerten kann. Dieser Verbindlichkeit stellt sie im Wege des Austausches (Swap) eine Verbindlichkeit der Bank gegenüber. Die Bank ist dabei in der Lage, nach ihrem - vom Anleger nicht kontrollierbaren - Belieben den Wert der Leistung des Kunden hoch anzusetzen und den Wert der Gegenleistung des Austauschgeschäfts niedrig zu gestalten, wodurch sie ihre Gewinnspanne generieren kann. Wenn aber eine Partei auf Grund besserer Marktkenntnisse und sonstiger Informationsvorsprünge in der Lage ist, ihre Position in einer Weise auszunutzen, dass es als Verstoß gegen die Waffengleichheit und Fairness am Markt erscheint, muss sie über den sonst nicht aufklärungspflichtigen Wert der eigenen Leistung oder denjenigen der Gegenleistung aufklären (so auch Kramer in: Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 241 Rn. 124). Nur so ist der Anleger in der Lage zu beurteilen, ob er die wirtschaftliche (buchmäßige) Vermögenseinbuße übernehmen will, weil er das damit verbundene Chancen-/Risikoprofil, sofern er es beurteilen kann, für vorteilhaft hält. Dann wäre er in der Lage einzuschätzen, ob er die von den Beklagten verlangten Kosten für das Geschäft für angemessen hält.
41 
c. Die Beratung der Beklagten zu 2 war auch nicht anlegergerecht. Eine beratende Bank ist verpflichtet ist, vor Abgabe ihrer Anlageempfehlung den Wissensstand, die Erfahrungen und die Anlageziele, zu denen der Anlagezweck und die Risikobereitschaft gehören, zu erfragen. Diese Pflicht ist für Wertpapierdienstleistungsunternehmen - wie die Beklagte zu 2 - aufsichtsrechtlich auch normiert (§ 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG aF, jetzt: § 31 Abs. 4 WpHG nF). Die Erkundigungspflicht entfällt nur dann, wenn der beratenden Bank diese Umstände bereits bekannt sind. Auch wenn theoretische Risiken geschildert oder Berechnungsbeispiele gegeben werden, kann die Bank nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Kunde auch bereit ist, hohe Risiken zu tragen. Es ist gerade die Aufgabe des Anlageberaters, ausschließlich Produkte zu empfehlen, die mit den Anlagezielen des Kunden - Anlagezweck und Risikobereitschaft - tatsächlich übereinstimmen. Erkundigt er sich nicht bereits - wie von der Rechtsprechung und aufsichtsrechtlich gefordert - vor seiner Anlageempfehlung nach der Risikobereitschaft des Kunden, so kann er seiner Pflicht zu einer anlegergerechten Empfehlung nur dadurch entsprechen, dass er sich noch vor der Anlageentscheidung seines Kunden die Gewissheit verschafft, dass dieser die von ihm geschilderten Risiken des Finanzprodukts in jeder Hinsicht verstanden hat (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10).
42 
Bei der Empfehlung von spekulativen Swap-Verträgen mit hohen Gewinnchancen und Verlustrisiken muss der Anlageberater daher abklären, mit welchem Ertrag der Kunde auf Grund seiner persönlichen Einschätzung der Marktentwicklung rechnet und bis zu welcher Höhe er bereit ist, Verluste in Kauf zu nehmen, um festzustellen, ob ein darauf ausgerichtetes Risikomanagement möglich ist. Er muss sich vergewissern, dass der Anleger nicht dem Irrtum unterliegt, dieses Risikomanagement laienhaft auf der Grundlage der Beobachtung eines Basiswertes, wie hier des Wechselkurses zwischen Schweizer Franken und Britischen Pfund durchführen zu können. Der Anlageberater muss sich überzeugen, dass der Anleger in der Lage ist, eigenverantwortlich zur Berechnung des Marktwertes und zur Risikoanalyse komplexe Berechnungen anzustellen oder sich bewusst ist, diesbezüglich verbindliche professionelle Unterstützung zu benötigen.
43 
Vor diesem Hintergrund war die Empfehlung der Beklagten zu 2 nicht anlegergerecht. Sie hat es bereits versäumt, die Höhe des vom Kläger akzeptierten Verlustes zu erfragen. Sie wusste zudem, dass der Kläger als Privatmann unfähig war, das sich aus dem Cross-Currency-Swap ergebende hohe Risiko zu „managen“, weil er nicht über die Mittel eines geeigneten Risikomanagements und die Fähigkeit verfügte, den Marktpreis zu ermitteln. Der angebotene Swap war daher für den Kläger ungeeignet und hätte ihm nicht angeboten werden dürfen.
44 
Die fehlende Eignung des Swap-Vertrages für den Kläger sowie die Pflichtwidrigkeit der Empfehlung werden auch nicht beseitigt durch eine Praxis der Banken, ohne konkrete vertragliche Vereinbarung den Swap-Vertrag zu überwachen, nach eigenem Gutdünken Auflösungsempfehlungen zu geben oder in frei gewählten Abständen Marktwerte mitzuteilen. Solange nicht die wesentlichen Parameter der Risikobereitschaft des Anlegers erfragt wurden (vgl. a. BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10), insbesondere der vom Anleger akzeptierte Maximalverlust und die erhoffte Rendite, ist die Bank nicht in der Lage, für den Kunden eine geeignete Risikostrategie umzusetzen. Auch kann nur eine effektive -verbindliche -Risikostrategie den Anleger davor schützen, dass er ungewollte Verluste erleidet oder ein - im Verhältnis zu dem erhofften Ertrag - unangemessenes Verlustrisiko übernimmt.
45 
d. Das Verschulden der Beklagten zu 2 liegt auf der Hand und wurde von ihr nicht widerlegt. Die Pflichtverletzungen der Beklagten zu 2 waren für die Anlageentscheidung ursächlich. Hierfür spricht bereits die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10, Tz. 40; Urt. v. 09.06.1998, XI ZR 220/97). Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte (BGH, Beschl. v. 09.03.2011, XI ZR 191/10). Etwas anderes könnte dann gelten, wenn eine gehörige Aufklärung beim Vertragspartner im konkreten Einzelfall einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (BGH, Urt. v. 13.07.2004, XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, Rn. 28).
46 
Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger in einen Entscheidungskonflikt gekommen wäre, wenn ihm das Erfordernis eines professionellen Risikomanagements mitgeteilt worden wäre, über das er unstreitig nicht verfügte und das die Beklagte zu 2 ihm auch nicht verbindlich angeboten hat. Auch ist nicht anzunehmen, dass der Kläger bei einem als wahrscheinlich dargestellten Ertrag von 59.020 EUR einen Austauschvertrag (Swap) mit einem sofortigen Wertverlust von 12.500 EUR, also von über 21% des erhofften Ertrages, akzeptiert hätte. Der Kläger war offensichtlich der ursprünglichen Auffassung, aus den Verträgen keine Verluste erzielen zu können. Dies ergibt sich u.a. aus dem Gesprächsprotokoll der Beklagten zu 2 vom 26.07.2005 (Anlage B2). Dem Kläger wurde zwar das generelle Verlustrisiko auf Grund von sich nach Vertragsschluss ändernden Umständen erläutert, nicht jedoch, dass der Vertrag bereits in der Verlustzone starten könnte. Im Übrigen wäre ihm bei einer anlegergerechten Beratung der streitgegenständliche Cross-Currency-Swap nicht angeboten worden, so dass er nicht in einen Entscheidungskonflikt hätte geraten können.
47 
e. Das Landgericht hat den Schaden zutreffend auf 390.724,87 EUR zuzüglich Kreditzinsen in Höhe von 21.554,16 EUR beziffert. Auch die weiteren Kreditzinsen aus dem Schadensbetrag von 390.724,87 EUR ab dem 01.12.2010, die erst in der Berufungsinstanz beziffert wurden, sind unstreitig. Die Berufung der Beklagten greift die Schadensberechnung nicht an. Soweit die Beklagten den Ansatz einer 1,5-fachen Anwaltsgebühr beanstanden, hat das Landgericht zu Recht wegen der im Zusammenhang mit den Swap-Verträgen bestehenden besonderen Schwierigkeit eine erhöhte Anwaltsgebühr anerkannt.
48 
f. Der Kläger muss sich kein Mitverschulden anrechnen lassen. Die Ausführungen des Landgerichts sind zutreffend und überzeugend. Für den Erfolg des Vertrages kam es entscheidend auf den Wechselkurs zum Stichtag am 30.06.2009 an. Auch die Beklagte zu 2 hat dem Kläger, entgegen dem missverständlichen erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten, keine Empfehlung zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages gegeben. Sie räumt selbst ein, dass der Vertrag trotz des Kurses und des vorübergehenden negativen Marktwertes noch ins Plus hätte drehen können (Schriftsatz vom 06.12.2010, S. 7, Bl. 141 d.A.), so dass der Schaden noch nicht feststand. Wenn jedoch sich bereits die fachkundige Beklagte zu 2 keine Prognose zutraute oder keine eindeutige Empfehlung zur Auflösung des Vertrages abgeben wollte, dann kann sie dem Kläger sein Festhalten am Vertrag nicht vorhalten. Entgegen dem Vortrag der Beklagten drängte sich dem Kläger die Notwendigkeit der Veräußerung nicht auf, sondern ihm wurden von der Beklagten zu 2 lediglich die möglichen Alternativen (Gesamtauflösung, Teilauflösung, Fortsetzung) gleichwertig nebeneinander dargestellt.
49 
Zudem war der Swap-Vertrag wegen des fehlenden Wissensstands des Klägers über dieses Produkt für diesen nicht geeignet, so dass seine vermeintliche Fehlentscheidung bereits ihre Ursache in der Empfehlung eines ungeeigneten Vertrages hat. Das kann die Beklagte zu 2 nicht entlasten.
50 
2. Klage gegen die Beklagte zu 1
51 
Die Beklagte zu 1 ist wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen gem. §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Ihre Aufklärungspflicht richtete sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Danach war die Beklagte zu 1 auch im unmittelbaren Kundengeschäft (OTC) zur Aufklärung über die entscheidungserheblichen Tatsachen verpflichtet (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1060, 1068). Der Umfang der Aufklärung hängt von der Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers und der Art der Anlage ab. Dabei ist die Informationsasymmetrie bzw. das Angewiesenheitsverhältnis zwischen Kunde und Bank zu berücksichtigten (Clouth in: Praktikerhandbuch, a.a.O., Rn. 1059 ff.). Der Kunde darf eine Vermittlung aller Informationen erwarten, die ihn in die Lage versetzen, eine eigenverantwortliche Entscheidung über den Abschluss oder Nichtabschluss des Geschäfts zu treffen. Insofern darf der Kunde ebenfalls eine Aufklärung darüber erwarten, dass es sich entgegen dem durch die Namensbezeichnung erweckten Eindruck (Swap) nicht um den Tausch von gleichwertigen Leistungen handelt, sondern um - für den Kunden nicht erkennbar - ungleichwertige Leistungen, die mit einem in der Höhe des anfänglichen negativen Marktwertes bestehenden Verlust verbunden sind. Auf die Ausführungen zur nicht objektgerechten Beratung durch die Beklagte zu 2 wird Bezug genommen. Insofern decken sich im Bereich der Informationspflichten die Aufklärungs- und Beratungspflichten, so dass es auf das Vorliegen eines Beratungsvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 nicht ankommt (Braun/Lang/Loy in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 13f. 222 ff.). Die fehlerhafte objektbezogene Aufklärung der Beklagten zu 2 muss sich die Beklagte zu 1 gem. § 278 BGB zurechnen lassen, weil sie dieser die Aufklärung des Kunden überlassen hat.
52 
Entgegen ihrer Auffassung wird die Beklagte zu 1 durch die Pflicht zur Offenbarung des negativen Marktwertes eines zu Spekulationszwecken konstruierten Swapvertrages auch nicht in ihrer Berufsausübungsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigt. Dieses Recht wird nur im Rahmen der allgemeinen Gesetze gewährt. Die vor allem in früheren Verfahren wiederholt vorgebrachte Argumentation, die Offenbarungspflicht würde die Banken verpflichten, ihre Gewinnmarge zu offenbaren, trifft nicht zu und wird in dieser Form von den Beklagten nicht aufrecht erhalten. Es ist unstreitig, dass der Marktwert nicht ausschließlich die Gewinnmarge wiederspiegelt, sondern auch weitere Verwaltungskosten und Kosten der Risikoabsicherung.
53 
Die Aufklärungspflicht gründet sich in den besonderen Umständen bei der Konstruktion des Swap-Vertrages und in der sich aus § 242 BGB ergebenden Pflicht, einen Vertragspartner nach Treu und Glauben über wesentliche Umstände aufzuklären, die ihm nicht bekannt sind, aber für den Abschluss und die Erreichung des Vertragszwecks von entscheidender Bedeutung sind. Die Informationspflicht hat nicht den Zweck, die Bank zur Offenbarung ihrer Gewinnmargen zu verpflichten. Sie resultiert aus einem außerordentlich hohen Informationsgefälle, das die Bank befähigt, ihre Erwerbsinteressen einseitig und ohne Rücksicht auf die Interessen des Kunden durchzusetzen. Es handelt sich um einen für den Kunden atypischen Austauschvertrag, den die Bank in einer für den Kunden nicht nachvollziehbaren Weise konstruiert hat und dessen Wert sich für den Kunden nicht erschließt. Es ist zwar nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte zu 1 für diese Leistung eine Vergütung verlangt, die ihrem Aufwand und ihrem legitimen Gewinnstreben Rechnung trägt. Nachdem die Beklagte vorträgt, die Gegenposition im Vertrag nicht selbst zu übernehmen, sondern das Risiko an andere Marktteilnehmer durch Hedge-Geschäfte weiterzugeben, handelt es sich bei der Marge letztendlich um einen Preis, den sie ihrem Kunden abverlangt. Die Beklagte zu 1 nennt allerdings diesen Preis nicht, wie andere Dienstleister oder Verkäufer es tun. Sie kann diesen verstecken, indem sie die im Swap-Vertrag enthaltenen und auszutauschenden Leistungen nicht gleichwertig gestaltet, sondern, ohne dass der Kunde das erkennen kann, dem Kunden eine höherwertige Leistungsverpflichtung unterschiebt. Dadurch ist sie in der Lage, dem Kunden den scheinbar kostenlosen Erwerb einer Gewinnchance zu suggerieren.
54 
Bezüglich Verschulden, Kausalität, Schaden und Mitverschulden kann auf die Ausführungen bei der Beklagten zu 2 verwiesen werden, soweit sie die objektgerechte Aufklärung betreffen. Insbesondere trifft der Beklagtenvortrag nicht zu, die Beklagte zu 2 habe die Auflösung des Cross-Currency-Swap empfohlen, so dass der Kläger auf eigenes Risiko weiter spekuliert habe.
55 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Die Entscheidung weicht nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofs ab und beruht im Wesentlichen auf den Umständen des Einzelfalls.

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ulm, Az. 4 O 122/08, vom 22.08.2008 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 710.000 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 100.000 Euro seit dem 28.12.2005, 28.06.2006, 28.12.2006, 28.06.2007 und 28.12.2007, aus 7.000 Euro seit dem 31.01.2006 sowie aus 203.000 Euro seit dem 19.12.2008 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

V. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert und Beschwer der Beklagten in beiden Instanzen: bis 850.000 Euro

Gründe

 
I.
Der Kläger ist der kommunale Abwasserzweckverband der Städte A……… und B………... sowie der Gemeinden C……… und D…... Er verlangt von der Beklagten - einer deutschen Großbank - Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Zins-Swap-Vertrages.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Sie werden wie folgt ergänzt: Nach dem vom Landgericht hinsichtlich Zweck und Gegenstand dargestellten Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte vom 30.09.1999 (K 1), auf dessen Grundlage in der Folge Swap-Geschäfte erfolgten, schlossen die Parteien am 22.02./20.03.2001 einen Beratungsvertrag über "Kommunales Finanzmanagement" (K 30). Dessen Ergebnisse mündeten in einer Abschlusspräsentation der Beklagten für den Kläger am 07.11.2001. In dieser wurden der Ausbau des bestehenden Reportings, der Einsatz neuer Instrumente (Forward-Kontrakte und Butterfly-Swaps), mögliche Zinssicherungen, insbesondere durch Zinsswaps, sowie die Zusammenfassung variabler Kredite in wenigen Swap-Vereinbarungen empfohlen. Weiter wurde in der Präsentation ausgeführt:
"Aus den Grundzielen der kommunalen Aufgabenerfüllung leitet sich automatisch ein Spekulationsverbot ab. Es gilt daher, sämtliche Risiken aber auch damit einhergehende mögliche Chancen weitestgehend auszugrenzen. Dies ist nur mit einem grundgeschäftsbezogenen Zinsmanagement möglich."
Am 09.01.2002 schloss die Stadt A............, vertreten durch ihren Kämmerer, Herrn E………., der zugleich kaufmännischer Geschäftsleiter des Klägers ist, einen Beratungsvertrag "halbjährliches Reporting" (K 31) ab.
Zur Vorbereitung des streitgegenständlichen CMS Spread Sammler Swap überließ die Beklagte dem Kläger ein Strategiepapier vom 08.06.2005 (Anlage K11). Unter der einleitenden Rubrik "Kundenpositionierung und Markterwartung" heißt es:
- "Sie verfügen über eine bestehende Euro-Finanzierung.
- Sie möchten Ihre hieraus resultierende Zinsbelastung reduzieren.
- Sie rechnen damit, dass sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres-und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz (10- bzw. 2-Jahres "Constant Maturity Swap (CMS) - Satz innerhalb der nächsten fünf Jahre nicht deutlich verringern wird, d.h. die Zinsstrukturkurve nicht wesentlich flacher wird.
- Diese Markterwartung über die CMS-Differenz ("CMS-Spread") möchten Sie zur Verbilligung Ihrer bestehenden EUR-Finanzierung um bis zu 1 % nutzen.
10 
- Sollte ihre Markterwartung nicht eintreten und sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres-EUR-Swapsatz und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz verringern, so sind Sie bei einer erheblichen Verringerung bereit, eine Erhöhung Ihrer Zinsbelastung in Kauf zu nehmen, wobei die Höhe Ihrer Zinszahlung auf 8 % begrenzt ist. Die Zahlung der ... Bank AG in Höhe von 4 % bleibt aber bestehen. Somit ist Ihr worst case bei 4 % begrenzt."
11 
Dem schloss sich der Strategievorschlag "Abschluss eines strukturierten EUR-Zinsswaps mit CMS-Spread-Koppelung" mit den wesentlichen Vertragsdaten an. Danach folgte der Hinweis:
12 
"Wesentlicher Bestandteil dieser Strategie ist der Verkauf von strukturierten Zinsoptionen. Die hierfür von Ihnen zu beanspruchende Prämie wird nicht als Einmalzahlung bei Abschluss des Geschäfts von der Bank geleistet, sondern wird aus einem strukturierten EUR-Zinsswap über die Laufzeit verteilt an Sie ausgezahlt."
13 
Weiterhin wurde unter der Rubrik "Analyse & Fazit" als letzter Punkt ausgeführt:
14 
"Der strukturierte Zinsswap besteht unabhängig vom Grundgeschäft. Zahlungen werden separat abgewickelt. Der Swap erlischt nicht, wenn das Grundgeschäft wegfällt. Sollte das Grundgeschäft nicht mehr existieren, verändert sich der Risikocharakter des strukturierten Zinsswaps. In diesem Fall haben Sie eine offene Zins-Position, die mit einem Verlustrisiko verbunden ist. Hierbei spielt die Entwicklung des Zinsunterschiedes zwischen EUR CMS 10 und EUR CMS 2 eine maßgebliche Rolle."
15 
Am 24.06.2005 schlossen die Parteien den von der Beklagten empfohlenen Vertrag mit folgenden Konditionen ab:
16 
Bezugsbetrag:
5 Millionen Euro (wird nicht gezahlt, sondern ist nur Basis für Zinsberechnung)
Laufzeit:
28.06.2005 - 28.06.2010
Fälligkeitstermine und Zinsfeststellungstermine:
halbjährlich
Zahlungsverpflichtung der Beklagten:
3,00% p.a. (fest)
Zahlungsverpflichtung des Klägers:
Variabel nach folgender Formel:
        
2,00% + 5,00% p.a. x (2N : D)
Schwelle:
0,82% 
        
N = Anzahl der Bankarbeitstage im jeweiligen Berechnungszeitraum, an dem die Differenz zwischen dem 10-Jahres-Swap-Satz und dem 2-Jahres-Swap-Satz kleiner 0,82% ist
        
D = Anzahl der Bankarbeitstage im Berechnungszeitraum.
Höchstzinssatz des Klägers:
7,00%
17 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Eine Falschberatung sei der Beklagten nicht vorzuwerfen. Die Beratung sei anlegergerecht gewesen. Schon die seit 1999 abgeschlossenen Vorgeschäfte des Klägers zeigten, dass dieser hochspekulative Geschäfte abschließen wollte. Deren Risiken hätten sich zum Teil auch realisiert. Die Beratung sei anlagegerecht gewesen. Der Kläger habe aufgrund der in der Präsentation dargestellten Risiken eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen können. Die möglichen ungünstigen Folgen des Geschäfts seien offensichtlich gewesen; das gelte auch für das einseitige Kündigungsrecht der Beklagten. Durch die Unterlagen sei auch ausreichend über den rein spekulativen Charakter, der sich daraus ergebe, dass die zukünftige Höhe der Differenzzinssätze nicht vorher gesagt werden könne, aufgeklärt worden. Dies liege für jemanden, der sich mit diesen Unterlagen auseinandergesetzt habe, auf der Hand. Die Höhe der Risiken habe der Kläger einfach ermitteln können. Jedenfalls mithilfe eines Taschenrechners hätten die Szenarien problemlos ausgerechnet werden können, da die Formel zur Berechnung des variablen Zinssatzes für jemanden, der täglich mit Zahlen arbeite, denkbar einfach gewesen sei. Es sei auch ein Hinweis auf die Zinsentwicklung in der Vergangenheit erteilt worden. Offen bleiben könne, ob zutreffend über die mögliche zukünftige Entwicklung der Zinsen bzw. über die hierzu angestellten Prognosen aufgeklärt worden sei. Gleiches gelte hinsichtlich der Frage, ob eine ökonomische Auswertung im Jahr 2005 ergeben hätte, das mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Fallen des Spread zu erwarten gewesen sei. Hier ergebe sich aus der Natur der Sache, dass die Beklagte nicht weiter habe aufklären müssen. Gleiches gelte für vermeintliche Wahrscheinlichkeit einer bestimmten zukünftigen Entwicklung, die letztlich auf einer subjektiven Wertung beruhen müsse und nicht verifizierbar sei. Soweit die Beraterin F…. dem Kläger gegenüber die Auffassung vertreten habe, sie gehe davon aus, dass die 2-Jahres-Zinsen längerfristig niedriger blieben als die 10-Jahres-Zinsen, stelle dies eine persönliche Meinungsäußerung dar, mit der keine Zusicherung verbunden gewesen sei. Die Beklagte habe nicht auf das Marktwertrisiko hinweisen müssen. Die Entwicklung des Marktwerts habe sie ebenso wenig vorhersagen können wie den Verlauf der Zinsen selbst. Aus dem negativen Marktwert ergebe sich nicht, dass der Kläger in Zukunft mit dem Geschäft Verluste machen werde. Über die Marge sei nicht aufzuklären gewesen. Auf mögliche Verstöße der Beklagten gegen kommunalrechtliche Bestimmungen zur Sicherung einer nachhaltigen Vermögensverwaltung habe die Beklagte nicht hinweisen müssen. Unbeschadet von der Frage, ob die Beklagte diese Rechtsberatung überhaupt hätte durchführen dürfen, sei der Kläger insoweit nicht aufklärungsbedürftig gewesen, Finanzmarktgeschäfte gehörten zu seinem Pflichtenkreis.
18 
Gegen das ihm am 29.08.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.09.2008 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 01.12.2008 am 28.11.2008 begründet.
19 
Mit seiner Berufung wiederholt und vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag. Das Landgericht habe Anlageziel und Risikoneigung des Klägers fehlerhaft festgestellt. Dieser habe nicht spekulativ handeln wollen, was sich aus der Sitzungsvorlage des Verwaltungsausschusses der Stadt A………… vom 09.07.2003 (K 38) und einer Mail der Beraterin der Beklagten vom 26.04.2005 ergebe, in der diese den CMS-Spread-Sammler-Swap als aktuelle Zinsoptimierungsidee vorgestellt habe (K 39). Der Kläger habe keine Erfahrungen mit Spread- und Ladder-Geschäften gehabt. Die Beratung sei nicht anlegergerecht erfolgt. Die Produktbesonderheiten dieses OTC-Geschäfts ("over the counter") seien nicht richtig dargestellt worden. Auf die inverse Zinsstruktur sei nicht eingegangen worden, die Marktentwicklung sei tatsächlich eine andere gewesen und die Beklagte habe dem Vertragspartner des Gegengeschäfts die konträre Zinsmeinung verkauft und dies dem Kläger vorenthalten. Auf das Marktwertrisiko und das Marktwertausgleichsrisiko sei ebenso wenig hingewiesen worden wie auf das Bilanzrisiko bei vorzeitiger Auflösung des Geschäfts. Die Warnung der eigenen Rechtsabteilung der Beklagten vor diesen Geschäften, wie sie im ZDF in der WISO-Sendung vom 23.06.2008 dargestellt worden sei, und von der der Kläger erst nach der mündlichen Verhandlung Kenntnis erhalten habe, sei verschwiegen worden. Aus einem internen Schreiben der Beklagten ergebe sich, dass diese Geschäfte nicht zur Zinsminimierung oder Verbilligung geeignet seien und die Rechtsabteilung der Beklagten dies ausdrücklich bestätigt habe. Das Geschäft sei nichtig, da es gegen das kommunalrechtliche Spekulationsverbot verstoße. Es fehle an der Konnexität zu Grundgeschäften, wie auch das Regierungspräsidium Tübingen in seinem Schreiben vom 06.03.2008 (K 26) festgestellt habe. Zudem sei die Beklagte durch das einseitige Kündigungsrecht einseitig begünstigt worden. Der Vertrag verstoße gegen den ultra-vires-Grundsatz. Weiterhin sei das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verletzt; die Vertragskonditionen seien nicht verhandelbar gewesen. Auf die Marge sei nicht hingewiesen worden, weshalb der Auskunftsanspruch bestehe. Über diese sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei Lebensversicherungsverträgen aufzuklären; nichts anderes könne hier gelten. Weiterhin sei die Vorlage der hausinternen Einwertung zu diesem Geschäft von der Beklagten zu verlangen. Im Übrigen gelte die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens und der Kläger müsse sich kein Mitverschulden anrechnen lassen.
20 
Der Kläger hat auf die Widerklage der Beklagten hin seinen erstinstanzlich gestellten Antrag auf Feststellung des Nichtbestehens von weiteren Ansprüchen der Beklagten mit Zustimmung der Beklagten für erledigt erklärt.
21 
Der Kläger beantragt:
22 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 710.000 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 100.000 Euro jeweils seit dem 28.12.2005, 28.06.2006, 28.12.2006, 28.06.2007 und 28.12.2007, aus 7.000 Euro seit dem 31.01.2006 sowie aus 203.000 Euro seit dem 19.12.2008 zu zahlen.
23 
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger über den Umstand des tatsächlichen Anfalls und die Höhe der im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Zinssatz-Swap-Verträgen mit den Referenznummern 939278L und 1194687L von ihr bzw. Frau F……. erhaltenen Vergütungen und erzielten Margen sowie über ihre hausinternen Bewertungen im Zeitraum vom 01.01.2004 bis einschließlich 28.06.2005 zu den Produkten "Zins-Ladder-Swap" (Referenznummer 939278L) und "CMS SSS" (Referenznummer: 1194687L) Auskunft zu erteilen, insbesondere ihre sämtlichen internen Zinsstrukturanalysen, Forwardberechnungen, Basispunkteinwertungen, Bid/Offer-Sätze sowie sämtliche Berechnungen bezüglich der von ihr zu diesen eben benannten Zinsswaps kalkulierten Barwerte, insbesondere Berechnungen der Bid/Offer-Spread-Kalkulationen sowie Berechnungen zum Present Value of 1 Basispoint, kurz BVBP oder Sensitivity-Analysen, sämtlich bezogen auf die streitgegenständlichen Zins-Swaps, offenzulegen bzw. auch hierüber Auskunft zu erteilen.
24 
Die Beklagte beantragt:
25 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
26 
Sie beantragt im Wege der Widerklage:
27 
Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 101.111,11 Euro nebst 5 % Zinsen seit 01.07.2008 zu zahlen.
28 
Der Kläger beantragt:
29 
Die Widerklage der Beklagten wird zurückgewiesen.
30 
Die Beklagte hält die Entscheidung des Landgerichts für richtig und verlangt mit ihrer Widerklage die letzte noch offene Zahlung des Klägers aus dem inzwischen beendeten Swap-Vertrag. Sie wiederholt und vertieft ihre schon in erster Instanz vorgetragene Argumentation: Der Kläger sei zwar nicht als professioneller Kunde, jedoch aufgrund der Vorerfahrungen des für den Kläger handelnden Geschäftsleiters E……….. als erfahrener Kunde eingestuft worden. Der Geschäftsleiter habe sowohl für den Kläger wie auch für die Stadt A………….. schon in erheblichem Umfang Swap-Geschäfte abgeschlossen, darunter mindestens elf Swap-Geschäfte bei anderen Banken. Im Juli 2004 und im Januar 2005 seien es zwei Quanto-Swaps mit unbegrenztem Verlustrisiko für die Stadt A………… sowie ein Zins-Swap auf EURIBOR-Basis am 30.09.1999, einen Zins-Wahrungsswap DM/CHF am 23.08.2000 und einen Ladder-Swap am 14.07.2004 bei der Beklagten gewesen. Diese seien vergleichbar mit dem streitgegenständlichen Swap-Vertrag gewesen. Schon damals seien die wesentlichen Strukturen vorgestellt, umfassend beraten und aufgeklärt sowie auf das Kündigungsrecht hingewiesen worden. Auch bei dem streitgegenständlichen Geschäft habe Herr E………. eine dezidierte Zinsmeinung besessen. Sowohl auf die rechtliche Unabhängigkeit als auch auf das einseitige Beendigungsrecht sei in den Unterlagen deutlich hingewiesen worden. Herr E……….. sei auch mehrfach auf den Derivate-Erlass des Innenministeriums hingewiesen worden. Er sei fachkundig gewesen und habe selbst einen Vortrag zu diesem Themenkomplex in einem Gesprächskreis gehalten. Es habe für ihn eine 2 ½-stündige Präsentation von Frau G……. über verschiedene Swap-Modelle gegeben, bei der ausführlich Chancen und Risiken des CMS Spread Ladder Swap dargestellt worden seien. Erfahrungen und Marktmeinung hätten für die Beklagte Vorrang vor einer mathematischen Berechnung gehabt. Herrn E………. seien in einer Präsentation (K 8) die sich aus der Zinsstrukturkurve ergebenden zusammenlaufenden Forwards erläutert worden. Dieser sei jedoch davon ausgegangen, dass die Forwards übertreiben würden. Das Risiko sei dargestellt und nicht als wenig wahrscheinlich abgetan worden. Der Kläger habe weitere Informationen erhalten: So sei ihm in einer Mail vom 01.03.2005 ein Swap vorgeschlagen worden und Herr E………. habe selbst unter Zuhilfenahme einer Excel-Tabelle nachgerechnet, weshalb er keinen Szenariorechner benötigt habe. Anhand eines früheren Strategiepapiers vom 20.04.2005 seien auch Unterschiede zu anderen Produkten diskutiert und die Risiken nochmals dargelegt worden. Der Marktwert sei Thema und aufgrund des "worst case", der 4%-Deckelung der Verluste, und der Laufzeit ersichtlich gewesen. Die Verlustszenarien hätten die Risiken deutlich gemacht. Über den anfänglichen negativen Marktwert habe nicht aufgeklärt werden müssen. Der Kläger hätte den Vertrag nicht beenden können, so dass dieser Marktwert niemals habe liquiditätswirksam werden können. Im Übrigen bestehe eine Marktusance, dass dem Kunden jederzeit die Beendigung in Wege eines Aufhebungsvertrages ermöglicht werde, so dass keine vorherige Aufklärung erforderlich sei. Das Anlageziel des Klägers sei die Zinsoptimierung gewesen, dem schon entsprochen werde, wenn Zinserträge generiert bzw. Zinsbelastungen reduziert werden könnten. Bei dem empfohlenen Swap-Vertrag habe es sich nicht um ein hochspekulatives Geschäft gehandelt, sondern um einen einfach strukturierten Zins-Swap, zu dessen Beurteilung eine einfache Zinsmeinung genüge. Über etwaige "kommunalrechtliche Besonderheiten" sei gesprochen worden. Das kommunalrechtliche Spekulationsverbot sei keine allgemein verbindliche Rechtsnorm. Es habe allenfalls haushaltsrechtliche Bedeutung, daher komme ihm keine Bedeutung für die Beratungspflichten zu. Mit "kommunalrechtlichen Besonderheiten" sei der Kläger besser vertraut als die Beklagte. Das Darlehensportfolio des Klägers sei besprochen worden. Eine Absicherung von Grundgeschäften laut dem Derivateerlass habe vorgelegen, da ein konkreter sachlicher und zeitlicher Bezug gegeben gewesen sei. Jedenfalls sei eine etwaige Fehlberatung nicht kausal geworden und der Kläger müsse sich ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen.
31 
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
32 
Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung des Klägers ist zulässig und mit Ausnahme des Auskunftsanspruchs begründet. Die gem. § 531 Nr. 1 ZPO zulässige, weil sachdienliche Widerklage der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen, der für die Beklagte umfangreiche Aufklärungspflichten mit sich brachte (1.). Die Beklagte hat den Kläger im Zusammenhang mit dem CMS-Spread-Sammler-Swap weder objektgerecht (2.) noch anlegergerecht beraten (3.). Der Kläger war auf Grund seiner Unwissenheit in einem erheblichen Umfang aufklärungsbedürftig (4.). Die Beklagte hat ihre Beratungspflichten schuldhaft verletzt (5.). Dies war ursächlich (6.) für den eingetretenen Schaden (7.). Ein Mitverschulden fällt dem Kläger nicht zur Last (8.). Das Auskunftsverlangen des Klägers (9.) ist hingegen ebenso wie die Widerklage der Klägerin (10.) unbegründet
33 
1. Beratungsvertrag
34 
Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass mit der Beratung des Klägers und der Empfehlung des streitgegenständlichen CMS Spread Sammler Swaps ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist (vgl. hierzu die std. Rspr.: BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beratungsleistung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt (BGH Urt. v. 04.03.1987, IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117; Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02, zit.n.juris; Siol in Schimansky/Bunte/Lwowski (S/B/L), Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl. § 43 Rn. 7).
35 
Aus dem Beratungsvertrag, der gegenüber dem später abgeschlossenen Swap-Vertrag eine selbständige Bedeutung hat, folgt die Pflicht zur vollständigen, verständlichen und richtigen Beratung über das Anlageobjekt (objektgerechte Beratung). Das empfohlene Anlageobjekt muss zudem auf den Kunden zugeschnitten, also anlegergerecht sein (std. Rspr, vgl. nur: BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851; Braun/Lang/Loy in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang (E/S/C/L), Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 192 ff.). Bewertungen und Empfehlungen müssen hingegen ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH Urt. v. 14.07.2009, XI ZR 152/08, WM 2009, 1647; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851).
36 
2. Keine objektgerechte Beratung
37 
Die Beklagte hat den Kläger nicht pflichtgemäß über die wesentlichen Eigenschaften des empfohlenen Swap-Vertrages informiert. Bei dem CMS Spread Sammler Swap handelt es sich um einen komplexen Vertrag mit asymmetrischen Risiken (a.). Die Beklagte hat dabei fehlerhaft nicht darauf hingewiesen, dass die Zinsmeinung des Klägers als alleiniges Entscheidungskriterium ungeeignet war und sich die Risiken und Erfolgsaussichten nur mit Hilfe von anerkannten Bewertungsmodellen beurteilen lassen (b.). Sie hätte über die Höhe und die Bedeutung des anfänglichen Marktwerts aufklären (c.) und auf den Charakter des Vertrages als hoch spekulativen Glücksspiel mit unfair verteilten Chancen hinweisen müssen (d.).
38 
a. Eigenschaften des Vertrages
39 
Der CMS Spread Sammler Swap war ein komplexes Finanzinstrument mit verschiedenen Eigenschaften:
40 
- Die Netto-Zahlungspflicht des Klägers errechnete sich nach einer mathematischen Formel nach Abzug der Zinszahlungen der Beklagten (3%). Der Kläger hatte 2% p.a. zu bezahlen zuzüglich eines variablen Zinssatzes von 5%, multipliziert mit der doppelten Anzahl der Bankarbeitstage, an denen der vertragliche Spreadsatz unter 0,82% lag, geteilt durch die Anzahl der Bankarbeitstage dieser Periode. Daraus ergab sich bei dem Nominalkapital von 5 Millionen Euro ein maximal möglicher Gewinn des Klägers in Höhe von 1% p.a. [3%-2%+0%)]. Das waren 250.000 Euro in 5 Jahren, 50.000 Euro pro Jahr oder 25.000 Euro pro Halbjahresperiode. Der maximal mögliche Verlust aus diesem Geschäft belief sich auf 4% p.a. [3%-(2%+5%)]. Das war 1 Million Euro in 5 Jahren.
41 
- Der vertragliche Spreadsatz ist kein Interbanken-Zinssatz, sondern leitet sich aus der Differenz (Spread) zwischen zwei Interbankenzinssätzen (10-Jahres-Swapsatz und 2-Jahres-Swapsatz) ab. Zur prognostischen Abschätzung der Entwicklung des Spreadsatzes und somit der Erfolgsaussichten des Swap-Vertrages hätte der Kläger in der Lage sein müssen, sich eine Meinung bezüglich der Faktoren bilden zu können, die das Verhältnis dieser beiden Zinssätze zueinander beeinflussen.
42 
- Die angemessene Festlegung der Schwelle von 0,82% für die Zählung der Bankarbeitstage, die den Faktor für den variablen Zinssatz ausmachten, enthielt ein weiteres Prognoserisiko. Der Vertrag war für den Kläger nur günstig, wenn die vertragliche Schwelle an weniger als 12 Bankarbeitstagen unterschritten wurde. Er musste beurteilen können, ob die Höhe der Schwelle hierfür richtig justiert war. Hierzu war eine Zinsmeinung zu den Höhen der 10-Jahres- und 2-Jahres-Swapsätze für sämtliche Bankarbeitstage in den nächsten 5 Jahren erforderlich.
43 
- Die Beklagte hatte ein Recht zur vorzeitigen Beendigung ohne Ausgleichszahlung zu jedem halbjährlichen Zinszahlungstermin nach einem Jahr. Hierdurch bestand für den Kläger die Gefahr, dass er infolge der Kündigung bereits erzielte Verluste durch den späteren Verlauf des Vertrages nicht mehr würde kompensieren können.
44 
- Der Kläger besaß kein ordentliches Kündigungsrecht ohne Ausgleichszahlung. Damit bestand sein maximales Verlustrisiko von 1 Million Euro in 5 Jahren bereits ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die Beklagte stand auf Grund ihres Kündigungsrechts demgegenüber nicht bereits ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses im maximalen Verlustrisiko von 250.000 Euro. Bis zum ersten Kündigungstermin war ihr Risiko auf 50.000 Euro beschränkt wofür sie bereits die volle Chance auf einen Gewinn von 1 Million Euro in 5 Jahren erhielt. Nach dem ersten Kündigungstermin bestanden jeweils nur Verlustrisiken von maximal 25.000 Euro pro Halbjahr, wohingegen der Kläger immer im vollen Risiko blieb.
45 
b. Ungeeignetheit der Zinsmeinung und Beurteilung mittels Bewertungsmodellen
46 
Die Beklagte hat ihre Beratungspflichten verletzt, indem sie dem Kläger suggeriert hat, er könne die Risiken und Chancen des Vertrages auf der Grundlage der persönlichen Zinsmeinung ihres kaufmännischen Geschäftsführers beurteilen. Sie hätte deutlich darauf hinweisen müssen, dass derartige Verträge nur anhand von anerkannten Bewertungsmodellen, wie die Beklagte sie auch zur Konstruktion des Vertrages verwendet hat, beurteilt werden können.
47 
aa. Erforderlichkeit einer Prognose
48 
Wer einen CMS Sammler Swap mit fünfjähriger Vertragsbindung abschließen will, muss zwangsläufig eine Prognoseentscheidung treffen. Er muss, ausgehend von der angebotenen Zinsformel, den zukünftigen konkreten Kursverlauf des 10-Jahres-Swapsatzes unter Berücksichtigung seiner Schwankungsbreite für die Vertragslaufzeit vorhersagen. Gleiches gilt für den 2-Jahres-Swapsatz. Darauf aufbauend muss er abschätzen, an wie vielen Tagen einer Zinsperiode sich beide Zinssätze auf weniger als 0,82 Prozentpunkte Abstand annähern. Er muss also nicht nur die Entwicklung der absoluten Höhe der Zinssätze und deren Ursachen prognostizieren, sondern auch die Umstände, die das Verhältnis der langfristigen zu den mittelfristigen Kapitalmarktzinssätzen beeinflussen. Da für die Berechnung der Zinsformel jeder Bankarbeitstag von Bedeutung ist, muss die Vorhersage möglichst konkret sein. Dabei sind die Volatilität der Zinskurven und die der aus ihnen abgeleiteten Spreadkurve zu berücksichtigen. Je näher die Differenz (Spread) sich dem vertraglichen Schwellenwert annähert, umso größer ist die Gefahr, dass auf Grund der Kursschwankungen ein "Ausreißer" nach unten die Schwelle verletzt. Die Prognose der Zinssätze und der Erfolgsaussichten muss zudem die Situationen vorhersehen, in denen die Bank von ihrem einseitigen Kündigungsrecht ohne Ausgleichszahlung Gebrauch machen kann, so dass spätere Gewinnmöglichkeiten zur Kompensation von anfänglichen Verlusten entfallen.
49 
bb. Ungeeignetheit der subjektiven Zinsmeinung
50 
Die Beklagte hat in dem Strategiepapier vom 08.06.2005 (Anlage K11) die Entscheidungskriterien für den Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages dargestellt. Dort heißt es, der Kläger rechne damit, dass sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz innerhalb der nächsten 5 Jahre nicht deutlich verringern werde, das heißt, dass die Zinsstrukturkurve "nicht wesentlich flacher" werde. Diese Zinsmeinung bzw. Markterwartung über die CMS-Differenz wolle der Kläger zu einer Verbilligung seiner Finanzierung um bis zu 1% nutzen.
51 
Eine nähere Konkretisierung der zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Markterwartung erfolgte nicht. Eine mögliche, und von der Beklagten als maßgeblich dargestellte, Entscheidungsgrundlage ist somit die subjektive Meinung des Klägers, wie sich die Zinsen in den nächsten Jahren entwickeln werden. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 26.02.2010 (9 U 164/08) ausgeführt hat, sind derartige konturlos beschriebene Zinsmeinungen als alleinige Entscheidungsgrundlage aber vollkommen untauglich: Dem Kläger wurde mit dem angebotenen Swap-Vertrag eine unkündbare fünfjährige Vertragsbindung vorgeschlagen, die ein rechnerisches finanzielles Verlustrisiko von 1 Million Euro enthielt. Wer ein solches Risiko verantwortungsvoll eingehen will, bedarf einer fundierteren Entscheidungsgrundlage. Erforderlich ist eine präzise Vorstellung über die Wahrscheinlichkeit, mit der während der fünfjährigen Vertragslaufzeit die Spreadkurve die vertragliche Schwelle von 0,82% unterschreitet. Hierzu musste sich der Kunde u.a. eine Meinung bilden können, ob die Schwelle von 0,82 % angemessen ist und wie stark die Schwankungsbreite (Volatilität) der Spreadkurve ist.
52 
Die Beklagte hat auf Nachfrage des Senats eingeräumt, dass sie selbst auf der Grundlage ihrer subjektiven Zinsmeinung keine konkreten Zinssätze prognostiziert und darauf basierend einen voraussichtlichen Ertrag des Klägers aus dem angebotenen Swap-Vertrag errechnet habe. Die subjektive Zinsmeinung über die "nicht wesentlich flacher werdende" Zinsstrukturkurve liefert keine belastbaren Grundlagen für die Abschätzung des wirtschaftlichen Erfolgs. Sie löst sich vielmehr von dem voraussichtlichen volatilen Verlauf der Zinskurven und mündet in eine grobe, nicht näher begründbare Spekulation, an wie vielen Tagen der Spread die exakte Schwelle von 0,82% unterschreiten wird.
53 
Der Senat teilt hierbei die Auffassung der Beklagten im Schriftsatz vom 30.08.2010, S. 39 (GA 741), wonach eine Prognose der Marktentwicklung über die gesamte 5-jährige Laufzeit des CMS-Swaps von vornherein unseriös wäre. Es ist nicht vorstellbar, dass jemand die komplexen wirtschaftlichen und politischen Bedingungen, die die Höhe der Zinssätze und ihr Verhältnis zueinander beeinflussen, über einen mehrjährigen Zeitraum vorhersagen kann (Senat, Urt. v. 26.02.2010, a.a.O., Rn. 81, zit.n.juris). Dementsprechend passen Banken, z.T. quartalsweise, ihre Prognosen an die geänderten Rahmenbedingungen und neuen Ereignisse an. Hinzu kommt, dass der für den Kläger handelnde kaufmännische Geschäftsleiter, ein Beamter des gehobenen Verwaltungsdienstes, ersichtlich auf Grund eigener Kenntnisse kaum in der Lage war, belastbare und präzise Prognosen über die Entwicklung der lang- und mittelfristigen Zinsen für einen Zeitraum der nächsten 5 Jahre zu treffen oder die Qualität der von den Banken erstellten Prognosen der Volkswirte zu beurteilen. Es kommt nicht darauf an, dass einem Anleger die Unzuverlässigkeit von Prognosen bewusst ist und ein Berater dennoch auf diesen eine Empfehlung aufbauen darf (vgl. BGH, Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05). Maßgeblich ist, dass eine zwangsläufig unsichere Prognose als alleinige Entscheidungsgrundlage für einen mehrjährigen Vertrag mit dementsprechend hohem Verlustrisiko ungeeignet ist und dass die Beklagte auf die Erforderlichkeit einer fundierteren Entscheidungsgrundlage hätte hinweisen müssen. Mit ihrem Strategiepapier hat sie dem Kläger pflichtwidrig aber genau das Gegenteil suggeriert.
54 
cc. Prognose durch Bewertungsmodelle
55 
Der Senat hält trotz der Kritik der Beklagten (vgl. a. OLG Frankfurt, Urt. v. 04.08.2010, 23 U 230/08, WM 2010, 1790, Rn. 68 zit.n.juris) an seiner Auffassung fest, dass eine Beurteilung der Chancen und Risiken des Swap-Vertrages nur auf der Grundlage von anerkannten Bewertungsmodellen erfolgen kann (Urt. v. 26.02.2010, 9 U 164/08). Die Erfolgsaussichten des Vertrages lassen sich nicht mittels Taschenrechners abschätzen (1). Die Bewertungsmodelle enthalten hingegen stochastische, also objektive Prognosen (2). Diese sind neben den subjektiven Prognosen mindestens gleichwertig, wenn nicht sogar überlegen (3).
56 
(1) Der Swap-Vertrag wurde mit Hilfe der Bewertungsmodelle präzise konstruiert. Er enthält neben einer mit einem Taschenrechner berechenbaren Formel (vgl. LG Krefeld, Urt. v. 11.09.2008, 3 O 48/08; LG Wuppertal, Urt. v. 16.07.2008, 3 O 33/08, und die angegriffene Entscheidung) Risiken, die für den nicht professionellen Marktteilnehmer nicht transparent sind. Diese lassen sich nicht durch willkürliche Szenario-Berechnungen auf dem Niveau von Taschenrechnern oder Tabellenkalkulationsprogrammen erfassen und quantifizieren. Das gilt beispielsweise für die Kündigungsrechte der Beklagten, die Bestandteilen des Vertrages einen Options-Charakter verleihen (s.o.).
57 
(2) Bei den Bewertungsmodellen, wie beispielsweise das von der Beklagten verwendete Heath/Jarrow/Morton-Modell, handelt es sich um stochastische Modelle, denen ein Prognose-Charakter zukommt. Die Stochastik verbindet die Wahrscheinlichkeitstheorie mit der Statistik. Das hoch komplexe Bewertungsverfahren modelliert u.a. auf der Grundlage der tagesaktuellen Zinsstrukturkurve, der Volatilität der Zinssätze und der Korrelationen zukünftige Zinsstrukturkurven und erlaubt so die Annahme von wahrscheinlichen Werten für beliebige Tage und Zeiträume (vgl. Bühler/Uhrig-Homburg in: Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, Handbuch des Finanzsystems, 4. Aufl. Teil I Kapitel 3.8.4). Hierbei handelt es sich um präferenzfreie, also ohne Rückgriff auf individuelle Präferenzen ermittelte Werte. Der von den anerkannten Bewertungsmodellen errechnete Marktwert eines Vertrages ist der Saldo aus dem Barwert der voraussichtlichen Zahlungen der Bank und des Kunden. Dieser auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses berechnete Barwert enthält eine Abzinsung der Zahlungen in Abhängigkeit ihrer über die Vertragslaufzeit gestaffelten Fälligkeitstermine. Dieser Rechenvorgang setzt voraus, dass das Modell für jede Zinsperiode Annahmen über die Höhe der Zinssätze treffen muss, um die Anzahl der Bankarbeitstage mit einem Spread unter 0,82% für alle vertraglichen Perioden zu ermitteln. Auch diese Annahmen sind, entgegen der Auffassung der Beklagten, Prognosen. Es sind zwar keine subjektiven Prognosen, die die persönliche Erwartung von der Entwicklung der Volkswirtschaft und der Kapitalmärkte enthält. Das lässt aber ihren Charakter als stochastische Prognose (vgl. zu diesem Begriff: Gabler, Bank Lexikon 2002, Stichwort: Prognose) nicht entfallen.
58 
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Beklagten, die stochastische Prognose sei lediglich ein Ergebnis eines Rechenvorgangs ohne besonderen Aussagewert. Sie sei stichtagsbezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und ändere sich anhand der aktuellen Marktdaten täglich. Insofern verweist die Beklagte lediglich auf die Schwäche einer jeden Prognose, gleichgültig ob es sich um eine subjektive oder eine stochastische handelt. Eine Prognose kann sich täglich auf Grund von geänderten Rahmenbedingungen ändern. Die stochastische Prognose, die dabei auf die tagesaktuelle Zinsstrukturkurve aufbaut, reagiert lediglich sensibler und kurzfristiger als die subjektiven Prognosen, die sich an den monatlichen oder quartalsweisen Einschätzungen von Banken oder anderen Institutionen orientieren.
59 
Zudem fließt in die Berechnung des Marktwertes die tagesaktuelle Zinsstrukturkurve ein. Diese stellt auf einer Kurve die Zinssätze dar, die für Anleihen verschiedener Laufzeiten gezahlt werden. Die Zinsstrukturkurve spiegelt die an diesem Tag bestehende Erwartung der Marktteilnehmer über die voraussichtliche Entwicklung der Zinssätze wieder. Sind beispielsweise die Zinsen für langfristige Anleihen deutlich höher als für kurzfristige, spricht man von einer steilen Zinsstrukturkurve. Diese indiziert die Erwartung des Marktes auf ein Ansteigen der Zinsen. So hat es die Beklagte auch zutreffend in ihrer Präsentation (Anlage K8, S. 4) dem Kläger dargestellt. Soweit der Beklagtenvortrag in der Klageerwiderung (S. 25ff., GA 82ff.) anders hätte verstanden werden können, wurde dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat richtig gestellt und eingeräumt, dass die Zinsstrukturkurve eine Markterwartung bezüglich der Zinsentwicklung widerspiegelt. Insofern hat auch in die stochastische Prognose eine tagesaktuelle (subjektive) Markterwartung Eingang gefunden.
60 
(3) Entscheidend ist, dass die in den Bewertungsmodellen enthaltene stochastische Prognose gleichwertig, wenn nicht sogar überlegen gegenüber der subjektiven Prognose ist. Sie ist u.a. in der Lage, auch die Kündigungsoptionen der Bank und ihre Auswirkungen zu modellieren. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 26.02.2010 (a.a.O.) nicht verlangt, dass ein Kunde befähigt werden muss, die Modelle selbst zu entwickeln, zu verstehen oder anzuwenden. Das ist die eigentliche Aufgabe der Berater, denen er vertraut. Dem Kunden müssen die Ergebnisse dieser Modelle und die damit verbundenen zentralen Aussagen mitgeteilt werden. So wird ein Kunde auch ohne vertiefte Kenntnisse verstehen können, dass auf der Grundlage von objektiven stochastischen Modellen der Barwert der im Swap ausgetauschten "objektiv wahrscheinlichen" Zahlungsströme errechnet werden kann. Er kann so das - grobe - Ergebnis seiner subjektiven Prognose mit dem Ergebnis von stochastischen Methoden überprüfen. Dadurch erhält er die Möglichkeit zu überdenken, ob er seine Prognose von einer "nicht deutlichen Verringerung des Spreads in den nächsten 5 Jahren" für belastbarer und präziser hält als die Prognosen von hoch entwickelten Risikomodellen, mit denen professionelle Finanzmarktteilnehmer auf einem Swap-Markt mit einem mehrere Billionen Euro großen Nominalvolumen agieren (vgl. hierzu Bank für internationalen Zahlungsausgleich, BIZ-Quartalsbericht, März 2003, S. 53).
61 
c. Aufklärung über den Marktwert
62 
Die Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, den Kläger über den anfänglichen Marktwert aufzuklären. Hierzu war sie verpflichtet, weil es sich um eine zentrale Kennzahl zur Bewertung des angebotenen Swap-Vertrages handelt. Ohne dessen Kenntnis ließ sich keine verantwortbare Entscheidung über den Abschluss des Vertrages treffen. Der Marktwert enthielt u.a. wesentliche Informationen und Entscheidungsgrundlagen zu
63 
aa. dem voraussichtlichen Erfolg oder Misserfolg des Geschäfts auf Grund der prognostizierten Zahlungsströme,
64 
bb. dem Preis der im Vertrag enthaltenen Optionen und Risiken und dem Preis für die von der Beklagten erbrachten Leistung,
65 
cc. dem Risiko der Ausgleichszahlung für den Fall der Fehleinschätzung der Marktentwicklung (Risikomanagement).
66 
aa. Marktwert als Erfolgsprognose
67 
Der Marktwert stellt den Saldo der im Vertrag enthaltenen "wahrscheinlichen" zukünftigen Zahlungsströme der Bank und des Kunden dar. Es wurde oben bereits dargestellt, dass der von der Beklagten verschwiegene negative Marktwert dem Kläger indiziert hätte, dass nach objektiver Wahrscheinlichkeit er mit dem Vertrag keine Erträge zur Verringerung seiner Zinsbelastung generieren wird, sondern eine Mehrbelastung. Diese Information durfte ihm nicht vorenthalten werden.
68 
bb. Optionsprämie
69 
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Vermittler von Terminoptionen den Kunden über die Höhe der Optionsprämie, die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Optionsgeschäfts und die Bedeutung der Prämie sowie ihren Einfluss auf das mit dem Geschäft verbundene Risiko aufklären. So muss darauf hingewiesen werden, dass die Prämie den Rahmen eines vom Markt noch als vertretbar angesehenen Risikobereichs kennzeichnet und ihre Höhe den noch als realistisch angesehenen, wenn auch weitgehend spekulativen Kurserwartungen des Börsenfachhandels entspricht (BGH, Urt. v. 20.06.2006, XI ZR 305/05, Rn. 11; Urt. v. 22.11.2005, XI ZR 76/05; Urt. v. 30.03.2004, XI ZR 488/02; Urt. v. 21.10.2003, XI ZR 453/02; Urt. v. 12.03.2002, XI ZR 258/01; Urt. v. 11.07.1988, II ZR 355/87, BGHZ 105, 108).
70 
Im vorliegenden Fall war die beratende Bank zwar nicht Vermittlerin von Terminoptionen. Auch ist der Kläger nicht von sich aus an die Beklagte mit der Bitte herangetreten, bestimmte Optionen zu platzieren. Die Beklagte hat aber selbst den Swap-Vertrag entworfen. Dabei hat sie in nicht transparenter Weise Zinsoptionen einstrukturiert. Sodann hat sie dem Kläger empfohlen, diese Optionen, deren Existenz und Wert er nicht erkennen konnte, zu verkaufen, um hierdurch die gewünschten Ertrags-Chancen zu erhalten. Käufer waren dabei allerdings nicht anonyme Finanzmarktteilnehmer, sondern die Beklagte selbst. Als Gegenpartei des Swap-Vertrags hat sie diese Optionen erworben.
71 
Wie die Beklagte dargelegt hat, platziert sie Swap-Verträge nicht unverändert auf dem Finanzmarkt, sondern zerlegt sie in einzelne Optionen, die sie dann mit Optionen aus anderen Verträgen bündelt und auf dem Finanzmarkt handelt (Macro-Hedge). Der Wert der einzelnen Optionen wird auf der Grundlage von anerkannten Bewertungsmodellen berechnet. Für einen nicht professionellen Teilnehmer am Finanzmarkt ist eine wirtschaftliche Bewertung der von ihm gestellten Optionen ohne diese Modelle nicht möglich. Auch im vorliegenden Fall wurde der Kläger über die Höhe der ihm für die Optionen zustehenden Prämien nicht aufgeklärt. Im Strategiepapier vom 08.06.2005 (Anlage K11, S. 2) wird zwar pauschal darauf hingewiesen, dass der Verkauf von strukturierten Zinsoptionen durch den Kläger Bestandteil der Zinsverbilligungsstrategie sei und er hierfür eine Prämie beanspruchen könne, die über die Laufzeit an ihn ausgezahlt werde. Die Höhe oder die Auszahlungsmodalität wird jedoch nicht dargelegt. Möglicherweise wollte die Beklagte mit diesem Hinweis ausdrücken, dass der Kläger im Gegenzug für die Prämie ein Zahlungsversprechen oder Optionen von der Bank erhält. Der objektiv ermittelbare Wert dieser im Tausch erhaltenen Leistungen wird aber ebenfalls nicht mitgeteilt.
72 
Im Marktwert des gesamten Vertrages schlagen sich die saldierten Werte der einzelnen gekauften oder verkauften Optionen und Zahlungsversprechen nieder (vgl. hierzu auch: Köndgen/Sandmann, ZBB 2010, 77 (89)). Ein negativer Marktwert bedeutet, dass professionelle Finanzmarktteilnehmer bereit wären, dem Kläger für die Stellung dieser riskanten und nachteiligen Mischung aus Optionen und Zahlungsversprechen einen Ausgleichsbetrag in dieser Höhe, der dem wahrscheinlichen Verlust entspricht, zu zahlen. Die Beklagte hat es zwar trotz ausdrücklicher, rechtzeitiger Nachfrage des Senats vorgezogen, nicht den konkreten anfänglichen Marktwert zu benennen. Sie räumte aber ein, dass er sich in der Größenordnung zwischen -2% und -5% des Nominalkapitals belaufen hat. Das entspricht einem negativen Betrag von 100.000 Euro bis 250.000 Euro. Die Beklagte, die selbst die Gegenposition des Swap-Vertrages einnehmen wollte, verschwieg dem Kläger diesen Wert und zahlte den Ausgleichsbetrag bzw. die Prämie daher nicht aus. Dies tat sie anscheinend in der Annahme, der Kunde schulde ihr eine angemessene Vergütung für die Möglichkeit, das Produkt am Finanzmarkt zu platzieren, für die Kosten der Risikoabsicherung, der Geschäftsabwicklung sowie für die Gewinnmarge. Allerdings hat sie ihren Vergütungsanspruch dem Kunden nicht offen gelegt. Hierzu war sie auch nicht gezwungen, weil sie mit Hilfe ihrer Berechnungsmodelle in der Lage war, den negativen Marktwert genau in der Höhe ihres gewünschten Vergütungsanspruchs zu modellieren. Dabei wusste sie, dass der Kläger diese Berechnung weder erkennen noch nachvollziehen konnte. So war sie in der Lage, ihre Vergütung in einer beliebigen Höhe zu berechnen ohne sich vor dem Kunden dafür rechtfertigen zu müssen. Dem Kunden wurde auf diese Weise der Preis für die Leistungen der Beklagten, gemeinhin ein vertragswesentlicher Umstand, über den die Parteien eine Einigung erzielen müssen, verheimlicht. Diese Vorgehensweise hat den Charakter einer heimlichen Selbstbedienung der Bank am Vermögen des Kunden. Die Beklagte entzog dem Kläger zwar keine liquiden Vermögenswerte. Sie belastete ihn aber mit Risikopositionen, ohne ihm die vom Finanzmarkt hierfür üblicherweise gezahlten Prämien gutzuschreiben.
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cc. Risikomanagement
74 
Die Beklagte hätte dem Kläger den anfänglichen Marktwert zum Zweck des Risikomanagements mitteilen müssen. Erst mit dieser Kenntnis wäre er in der Lage gewesen, das kostenmäßige Risiko einer fehlerhaften Prognose und einer damit verbundenen vorzeitigen Beendigung des Vertrages gegen Ausgleichszahlung abschätzen zu können. Mit dem Abschluss eines Swap-Vertrages muss eine zweiteilige Strategie bestehend aus Spekulation und Risikoabsicherung verfolgt werden (1). Ohne Kenntnis des anfänglichen Marktwerts fehlen dem Kunden wesentliche Information zu den Risiken (2).
75 
(1) Die Beklagte hat erläutert, dass sich die Motivation zum Abschluss eines Swap-Vertrages aus einem Vergleich der Markterwartung des Kunden mit der sich aus der aktuellen Zinsstrukturkurve ergebenden Markterwartung ergibt. Der Kunde setzt darauf, dass die Zinsen sich anders entwickeln, als die aus der Zinsstrukturkurve abgeleitete Markterwartung indiziert. Der Unterschied eröffne ein "Fenster", in dem man den Swap-Vertrag konstruieren könne. Dies macht den ersten Teil der Strategie aus, nämlich die Spekulation auf eine bestimmte Zinsentwicklung. Der Erfolg hängt von der dauerhaften Richtigkeit und Belastbarkeit der subjektiven Markterwartung des Kunden ab. Angesichts der Unzuverlässigkeit der Zinsmeinung und der nur kurzfristigen Aussagekraft von Prognosen ist dieses Vorgehen allerdings sehr riskant. Der Kunde wettet gegen die sich aus den Forward-Zinsen und auch gegen die sich aus den anerkannten Bewertungsmodellen ergebende Markterwartung.
76 
Die Beklagte hat auf den Vorhalt, die Verlässlichkeit von Prognosen sei zweifelhaft und daher als Entscheidungsgrundlage untauglich, erklärt, die Swap-Verträge hätten auf Grund der "Marktusancen" einen zweiten Teil. Für den Fall, dass die Markterwartungen des Kunden sich ändern, soll - entgegen den ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarungen - der Kunde u.a. ein jederzeitiges Vertragsaufhebungsrecht gegen Zahlung eines Auflösungsbetrages haben. Der Auflösungsbetrag leitet sich wiederum unmittelbar aus dem Marktwert ab, gleichgültig, ob er positiv oder negativ ist. Dies kann zur Folge haben, dass der - vertragswidrig - um Auflösung bittende Kunde bei einem positiven Marktwert von der Bank zusätzlich eine Zahlung erhält. So hatte es die Beklagte bereits in dem Verfahren vor dem Senat in der Sache 9 U 164/08 erläutert und im vorliegenden Verfahren wiederholt.
77 
Die Funktion des Marktwerts in diesem Zusammenhang wurde von der Beklagten bisher missverständlich und falsch dargestellt. Die auch von einigen Gerichten übernommene Behauptung der Beklagten, bei dem Marktwert handele es sich um eine Art Vorfälligkeitsentschädigung (so zuletzt noch OLG Frankfurt, 04.08.2010, 23 U 230/08, Rn. 67, zit.n.juris) oder Schadensersatz, ist unzutreffend. Im Falle der Vertragsauflösung erhält die Bank "nach den Marktusancen" keinen Anspruch auf entgangenen Gewinn oder Schadensersatz. Es handelt sich um einen nicht dem Schadensersatzrecht unterliegenden Zahlbetrag zur Vertragsablösung. Bezahlt wird der Marktwert, den der Vertrag zu diesem Zeitpunkt hat. Ist er aus Sicht des Kunden positiv, erhält er von der Bank den Betrag. Das ist mit schadensersatzrechtlichen Grundsätzen nicht begründbar. Hintergrund dieser Marktusance ist nämlich die jederzeit auch für den Kunden bestehende Möglichkeit, den Vertrag durch Abschluss eines umgekehrten Gegengeschäfts bei einer Konkurrenz-Bank "glattzustellen" und in diesem Zusammenhang von dieser Bank den ggf. positiven Marktwert zu erhalten oder den negativen Betrag an sie zu zahlen. In dieser Situation zieht es die Vertragsbank vor, das Geschäft selbst zu machen, um den Kunden zu halten.
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(2) Um das mit einer fehlerhaften Zinsmeinung (Spekulation) einhergehende Risiko richtig bewerten und steuern zu können, muss der Kunde den anfänglichen Marktwert des Vertrages kennen. Er muss im Voraus abschätzen können, wie teuer ihn ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Swap-Vertrag zum Marktwert kommen kann, sollte seine Markterwartung nicht eintreffen. Weiß er, dass der Wert negativ ist und kennt er seine Höhe, kann er daraus folgern, dass dieser sich kurzfristig nicht so schnell ins Positive wenden wird. Er kann beurteilen, dass er in der Anfangszeit, wenn nicht sogar über die gesamte Laufzeit, hohe Ausstiegskosten haben wird, die seine Anfangsgewinne übersteigen können. Die Höhe der zukünftigen Ausstiegskosten hängt maßgeblich von der Höhe des - konstruierten - anfänglichen Marktwertes ab. Das veranschaulicht folgende Überlegung: Unterstellt man einen negativen Marktwert von 5%, wie ihn die Beklagte nicht ausgeschlossen hat, hätte der Kläger erkennen können, dass er für die Chance, über die Laufzeit von 5 Jahren 250.000 Euro zu verdienen, einen Vertrag erhält, der sofort einen negativen Marktwert von 250.000 Euro hat.
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dd. Abweichende Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte
80 
Soweit andere Oberlandesgerichte direkt oder indirekt eine Aufklärung über den Marktwert für nicht erforderlich gehalten haben (OLG Bamberg, Urt. v. 14.05.2009, 4 U 92/08; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.06.2009, I-9U 187/08; OLG Celle, Urt. v. 30.09.20009, 3 U 45/09; OLG Frankfurt, Urt. v. 29.07.2009, 23 U 76/08; Urt. v. 30.12.2009, 23 U 24/09; Urt. v. 04.08.2010, 23 U 230/08), dürften sich die unterschiedlichen Bewertungen mit dem Tatsachenvortrag der Bank in den dortigen Verfahren sowie den daraus abgeleiteten Tatsachenfeststellungen der Gerichte erklären lassen. Auch in diesem Verfahren - wie auch im anderen Verfahren vor dem Senat (9 U 164/08) - bestand eine zentrale Schwierigkeit darin, dass die Beklagte zu den tatsächlichen Grundlagen und Zusammenhängen des komplexen Geschäfts wenig Konkretes vorgetragen hat. Bezüglich des Marktwertes war der Vortrag der Beklagten zudem widersprüchlich, zum Teil offenkundig falsch und geeignet, Verwirrung zu stiften. Unstreitig hat die Beklagte dem Kläger den anfänglichen Marktwert nicht mitgeteilt. Sie trug jedoch vor, dass auf Grund des maximalen Verlustrisikos von 4% p.a. "von vornherein klar und für den Kläger ohne weiteres ersichtlich (gewesen sei) , in welchem Bereich sich der negative Marktwert bewegen könnte " und daher nicht aufklärungspflichtig sei (Schriftsatz vom 27.08.2008, S. 74, GA 131, ähnlich Schriftsatz vom 31.07.2008, S. 11, GA 350). Wie dieser Wert ohne anerkannte Bewertungsmethoden abgeschätzt werden soll, erläuterte sie jedoch nicht. Der Senat kann diese Behauptung nicht nachvollziehen. Das maximale Verlustrisiko betrug 1 Million Euro, während der von der Beklagten eingeräumte negative Marktwert sich in der Größenordnung von 100.000 Euro bis 250.000 Euro bewegte. Im Übrigen ist unstreitig, dass sich der Marktwert mittels der anerkannten Berechnungsmethoden ermitteln lässt und nicht aus einer Betrachtung des Maximalverlustrisikos. Zudem verwirrte die Beklagte mit ihrem Vortrag zum Zusammenhang zwischen dem Marktwert und der vorzeitigen Auflösungsmöglichkeit. In der Klageerwiderung (S. 74, GA 131) trug sie vor, dass der Kunde den negativen Marktwert nicht zu kennen brauche, weil er keine Kündigungsrechte habe und daher der Wert nicht "liquiditätswirksam" sei. Im selben Schriftsatz behauptete sie gleichzeitig, dass der Kläger auf die ihm bereits bekannte Möglichkeit einer Auflösung gegen Zahlung des Marktpreises hingewiesen wurde (S. 29, GA 86). Der Senat konnte auch nicht die Differenzierung der Beklagten nachvollziehen, die einerseits eine Aufklärung über das Risiko des sich ändernden Marktwerts für aufklärungspflichtig hält, andererseits den anfänglichen Marktwert als Startwert für das Marktwertrisiko als irrelevant einstuft.
81 
d. Konstruktion des Glücksspiels
82 
Die Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, auf den Charakter des Swap-Vertrages als Glücksspiel (aa.) hinzuweisen, das von ihr "unfair" konstruiert wurde (bb.) und mangels geeigneter Entscheidungsgrundlage als riskant bzw. hoch spekulativ einzustufen ist (cc.).
83 
aa. Glücksspiel-Charakter
84 
(1) Der streitgegenständliche Vertrag ist ein Glücksspiel i.S.v. 762 BGB. Er ist dadurch geprägt, dass beide Seiten ein Risiko übernehmen und das Pflichtenprogramm bzw. die Zahlungen der Parteien vom Zufall oder der subjektiven Ungewissheit der Parteien über bestimmte Ereignisse abhängen (Senat, Urt. v. 26.02.2010, 9 U 164/08, m.w.N.). Der Senat betont den Glücksspiel-Charakter, weil es nicht nur um die Vermittlung von handelbaren Termin- oder Zinsoptionen geht (vgl. die hierzu unter 2.c.bb zitierte Rechtsprechung). Die Beklagte war vielmehr selbst die Partnerin des Klägers bei einem Geschäft, deren Gewinnchancen sie mit Hilfe ihrer Bewertungsmodelle konstruiert hat. Bei einer für den Kläger günstigen Entwicklung der Zinsen hätte die Beklagte ihm höhere Zahlungen leisten müssen. Bei einem ungünstigen Verlauf, wie hier, war der Kläger Nettozahler. Zudem hing die Möglichkeit, anfängliche Verluste durch Gewinne zu kompensieren von der Kündigungsoption der Beklagten ab. Der Erhalt von etwaigen anfänglichen Gewinnen durch Vertragsauflösung nach Marktusancen hing hingegen vom anfänglichen Marktwert ab. Die Entwicklung der maßgeblichen Zinsen ließ sich für keine Seite sicher vorhersagen.
85 
(2) Der Glücksspiel-Charakter des Swap-Vertrages entfiel nicht durch den Abschluss von Gegengeschäften der Beklagten zur Glattstellung der Risiken  (so auch Köndgen / Sandmann, ZBB 2010, 77 (89)). Zwar war die Beklagte in der Lage, den Swap-Vertrag in zahlreiche Optionen und Zahlungsversprechen aufzulösen und diese einzeln dergestalt am Kapitalmarkt zu platzieren, dass andere Finanzmarktteilnehmer - in der Summe - die Gegenpositionen zu dem Kläger einnahmen. Diese übergreifende gesamtheitliche Betrachtung der Beklagten ändert aber nichts daran, dass zivilrechtlich ein zweiseitiger Vertrag zwischen Bank und Kunde vorliegt. Insbesondere berühren die Geschäfte der Beklagten mit Dritten nicht die Risikostruktur des Swap-Vertrages, wie sie für den Kläger entscheidend ist. Bei einem Swap-Vertrag nimmt die Bank die Gegenposition zu dem Kunden ein. Dies ist notwendig, weil sie sich durch den Handel mit den vom Kunden erworbenen Positionen einen (Arbitrage-)Gewinn erhofft. Sie profitiert in jedem Fall von den Netto-Zahlungen des Kunden, wenn sich die Zinsen für ihn ungünstig entwickeln. Diese Zahlungen waren zudem, wegen der von ihr entwickelten Konstruktion, objektiv wahrscheinlich. Wenn die Beklagte hingegen in ihrer Eigenschaft als professioneller Finanzmarktteilnehmerin in der Lage ist, ihr eigenes Verlustrisiko abzusichern, berührt das das Verhältnis zu ihrem Kunden nicht. Zwar entstehen ihr durch die entsprechenden Verträge mit Dritten Risikoabsicherungskosten. Diese schmälern dann ihren eigenen Gewinn aus dem Geschäft mit dem Kunden. Den Gewinncharakter der Nettozahlungen des Kunden lassen sie aber nicht entfallen. Im Übrigen trägt die Beklagte bei dem Abschluss von Gegengeschäften (Macro-Hedge) auch das Kreditrisiko des Partners auf dem Interbankenmarkt. Fällt dieser aus (wie z.B. im Fall von Lehman Brothers Inc., NY), kann sie wieder eigene Verluste erleiden, die durch die Nettozahlungen des Kunden reduziert werden.
86 
Schließlich kann nicht aus § 37e WpHG gefolgert werden, es handele sich bei Finanztermingeschäften nicht um ein Glücksspiel. Im Gegenteil setzt die Norm das Vorliegen eines Glücksspiels voraus und schließt lediglich den gem. § 762 BGB daraus folgenden Einwand der Unverbindlichkeit aus (Fuchs, WpHG, § 37e, Rn. 1).
87 
bb. Unfaire Chancenverteilung
88 
Die Beklagte hat ihre Aufklärungspflichten verletzt, weil sie den Kläger nicht auf die unfaire Verteilung der objektiven Gewinn-Chancen hingewiesen hat. Der Kunde, der mit der Bank ein derartiges Geschäft abschließt, darf erwarten, dass die Bank ihn über die wesentlichen Zusammenhänge des Geschäfts aufklärt. Insbesondere darf er erwarten, dass sein Vertragspartner, der zugleich sein sich als fachkompetent gerierender Berater ist, ihm ein nach den Marktbedingungen faires Geschäft präsentiert und nicht die Ausgeglichenheit der Chancen heimlich zu seinem Nachteil aufhebt (Roberts, DStR 2010, 1082). Hierzu muss ihm vermittelt werden, dass die verschiedenen, im Vertrag einstrukturierten Optionen auf der Grundlage von anerkannten Bewertungsmodellen bewertet werden. Der Kunde muss in die Lage versetzt werden, die Fairness des Vertrages selbst zu beurteilen. Das kann er nicht, wenn er nicht über die Ergebnisse der Bewertungsmodelle informiert ist und nicht erkennen kann, dass die Bank ohne sein Wissen die Ausgeglichenheit der auszutauschenden Leistungen bzw. Optionen zu ihren Gunsten aufgehoben hat.
89 
Es mag zwar sein, dass ein Kunde bei vollständiger Information über die Regeln des Kapitalmarkts zur Bewertung von Optionen und Zahlungsverpflichtungen akzeptiert, dass die Bank einen fairen Vertrag konstruiert und anschließend für ihre Leistungen einen Preis verlangt, den sie in die Vertragsformel einkalkuliert. Das setzt aber voraus, dass der Kunde den Preis kennt. Erst dann ist er in der Lage abzuschätzen, ob er diesen Preis für eine ausgeglichene, also noch nicht einmal überwiegende Chance für angemessen hält und bereit ist, mit diesem Einsatz das Glücksspiel zu spielen.
90 
cc. Gefährlichkeit des Glücksspiels
91 
Die Beklagte hat den Kläger pflichtwidrig nicht auf die Gefährlichkeit und die fehlende Seriosität des Glücksspiels hingewiesen. Der Abschluss von derartigen Glückspielen ist nicht per se anstößig. So kann es durchaus wirtschaftlich legitime Zwecke für Swap-Verträge geben, wie sie beispielsweise bei einfachen Zinstauschgeschäften anzutreffen sind. Ein Kunde, der für einen Kredit einen variablen kurzfristigen Zinssatz zahlt, kann ein Interesse haben, sich gegen das zukünftige Zinsänderungsrisiko abzusichern. So könnte er sich von einem Dritten in einem Swap-Vertrag den gleichen variablen Zinssatz versprechen lassen und ihm hierfür einen festen langfristigen Zinssatz zahlen. Das Risiko der variablen Zinszahlung wäre durch den Swap-Vertrag glattgestellt (weggetauscht) und der Kunde würde für seine Verbindlichkeit nur noch den festen Zinssatz zahlen.
92 
Hierum geht es bei dem streitgegenständlichen Vertrag jedoch nicht. Der Vertrag zielte unstreitig nicht auf die Reduzierung des Zinsänderungsrisikos oder die Veränderung bzw. Optimierung der Zinsstruktur der Verbindlichkeiten des Klägers. Er hatte lediglich die spekulative Gewinnerzielung zum Gegenstand, mit der die Zinslast reduziert werden sollte. Hierdurch musste der Kläger Optionen stellen oder kaufen. Dass dadurch theoretisch ein Ertrag zur Reduzierung der Zinsen möglich war, steht wirtschaftlich auf der gleichen Stufe wie eine Spekulation mit Aktien, die ebenfalls Erträge zur Zinsreduzierung abwerfen könnte.
93 
Dabei war das Glücksspiel hoch riskant und unseriös, worauf die Beklagte pflichtwidrig nicht hingewiesen hat. Ein derartiges Geschäft mit fünfjähriger Vertragsbindung durfte nicht auf der Basis einer nicht belastbaren Zinsmeinung abgeschlossen werden (s.o.). Dies gilt erst recht, wenn auch das Risikomanagement durch Nutzung von marktüblichen Auflösungsrechten praktisch leer läuft, weil der hohe anfängliche negative Marktwert eine Gewinn-Chance unwahrscheinlich macht.
94 
3. Nicht anlegergerechte Beratung
95 
Die Beklagte hat gegen ihre Beratungspflichten auch dadurch verstoßen, dass sie dem Kläger ein seinem Anlageziel nicht entsprechendes Produkt empfohlen hat. Der Kläger als kommunaler Zweckverband unterliegt dem kommunalrechtlichen Spekulationsverbot und hat ein sicherheitsorientiertes Risikoprofil (a). Davon ist die Beklagte bei ihrer Beratung ausdrücklich ausgegangen ist (b). Die Beratung erfolgte dennoch unter Missachtung dieses Verbots. Der streitgegenständliche Swap hätte dem Kläger mangels Grundgeschäftsbezogenheit und seiner damit fehlenden Eignung zur Zinsoptimierung (c), aber auch wegen seines hoch spekulativen Charakters (d) nicht empfohlen werden dürfen.
96 
a. Kommunalrechtliches Spekulationsverbot und Risikoprofil
97 
Der Kläger ist ein den Regeln eines Eigenbetriebes unterfallender kommunaler Zweckverband (vgl. §§ 4, 16 der Verbandssatzung des Klägers vom 01.01.1996; K 22), mit der Aufgabe, die Abwässer seiner Mitgliedsgemeinden zu entsorgen. Die Gewinnerzielung ist nach der Verbandssatzung ausdrücklich kein Zweck des Verbandes. Im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung hat der Kläger die Grundsätze einer nachhaltigen Haushaltswirtschaft zu beachten und sicherzustellen, dass mit den ihm anvertrauten öffentlichen Geldern die übertragene Aufgabe erfüllt wird. Bei Geldanlagen hat er auf ausreichende Sicherheit zu achten, §§ 96 Abs. 2, 91 Abs. 2 S. 1 GO i.V.m. § 16 der Verbandssatzung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Auffassung der Beklagten richtig ist, Zinsswap-Verträge erfüllten nicht den Begriff der Geldanlage. Die Norm ist in Verbindung mit der kommunalen Zweckbindung der Mittel erkennbar Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes für kommunale Geschäfte am Finanzmarkt. Sie prägt das Risikoprofil des Klägers, das ein Anlageberater zu beachten hat. Es ergab sich aber auch konkret aus der Zweckbestimmung des Rahmenvertrages für Finanztermingeschäfte (Anlage K11). Dort heißt es, dass der Kläger den Abschluss von Finanztermingeschäften "zur Gestaltung von Zinsänderungs-, Währungskurs- und sonstigen Kursrisiken" beabsichtige.
98 
Die Zweckbindung bei der Verwendung kommunaler Gelder wird unter anderem durch das kommunalrechtliche Spekulationsverbot konkretisiert. Dessen Wesensmerkmal ist das Erfordernis einer Grundgeschäftsbezogenheit von Finanzierungsgeschäften. Der Derivate-Erlass des Innenministeriums von Baden-Württemberg vom 17.08.1998 (vgl. K2) kennt zulässige zinsbezogene Derivatgeschäfte in zwei Formen: Zum einen sind dies Geschäfte, bei denen noch nicht abgesicherte Zinsänderungsrisiken durch das Derivatgeschäft als selbstständiges Rechtsgeschäft abgesichert werden. Zum zweiten sind dies Zinsoptimierungsgeschäfte , die - ebenfalls durch ein selbstständiges Rechtsgeschäft - ein allgemeines wirtschaftliches Risiko abdecken oder minimieren sollen. Beispielhaft für ein allgemeines wirtschaftliches Risiko wird in dem Erlass das Risiko der künftigen Zinsentwicklung genannt. Finanzgeschäfte zur Erwirtschaftung separater Gewinne sind hingegen als Finanzspekulationen unzulässig. Hierunter fallen zinsbezogene Derivatgeschäfte, die losgelöst vom konkret zugrundeliegenden Kreditgeschäft abgeschlossen werden.
99 
Stets bedarf es danach einer wertenden Betrachtung der Grundgeschäfte einerseits sowie des in den Blick genommenen Finanzgeschäftes andererseits, um die Zulässigkeit solcher Finanzgeschäfte feststellen zu können. Einem nur auf den stark wertungsbedürftigen und zuweilen mit erheblichen (negativen) Konnotationen belegten Begriff der "Spekulation" abstellenden Verständnis des kommunalrechtlichen Spekulationsverbots würde es an einer praxistauglichen Greifbarkeit fehlen. In einem weiten Sinne ist jedes vorausschauende Verhalten mit dem Ziel, aus in der Zukunft liegenden Entwicklungen durch entsprechendes Marktverhalten einen ökonomischen Nutzen zu ziehen, "spekulativ". Es liegt auf der Hand, dass ein in diesem Sinne umfassendes Verbot, Finanzgeschäfte zu tätigen, eine auch für Kommunen und kommunale Betriebe erforderliches sinnvolles Wirtschaften unmöglich machen würde. Ebenso sind Definitionen untauglich, die keinen Bezug mehr zum Risiko und Risikomaß von Grund- und Finanzierungsgeschäft herstellen. Sie sind nicht geeignet, den mit dem kommunalrechtlichen Spekulationsverbot bezweckten Schutz der öffentlichen Haushalte zu gewährleisten.
100 
Konturen soll dem kommunalrechtlichen Spekulationsverbot das Merkmal der Grundgeschäftsbezogenheit verleihen. Entscheidend ist, ob das mit dem Grundgeschäft verbundene finanzielle Risiko durch einen sachlichen und zeitlichen Bezug zu dem Finanzgeschäft in einer angemessenen Weise abgesichert oder optimiert wird. Dies kann etwa bei der Absicherung zukünftiger Zinsänderungsrisiken des Grundgeschäfts durch einen einfachen Zinstausch erfolgen. Denkbar ist auch, das Risiko einer vorhandenen ungünstigen Zinsstruktur der Verbindlichkeiten durch entsprechende Swap-Geschäfte zu verändern, indem die Risiken aus Grundgeschäften durch gegenläufige Geschäfte ganz oder teilweise glattgestellt werden.
101 
Erforderlich, nicht aber hinreichend hierfür ist, dass Verbindlichkeiten aus einem Derivatgeschäft Verbindlichkeiten aus einem Grundgeschäft in Höhe und Dauer der Vertragsbindungen nicht überschreiten. Der weiterhin erforderliche sachliche Bezug hängt zunächst entscheidend von der konkreten Beschaffenheit der Risiken der Grundgeschäfte ab. Ob ein Finanzderivat geeignet ist, diesen konkreten Risiken ganz oder teilweise zu entsprechen, ist nur anhand eines Vergleichs mit den Charakteristika des jeweiligen Derivates zu bestimmen. Bei Finanzoptimierungsgeschäften können dabei Fragen der Veränderung der Risikolage für den Kunden relevant werden, wenn mit dem derivativen Finanzgeschäft ein finanzielles Risiko verändert wird, um das Ziel der Optimierung zu erreichen. Geschäfte, die bestehende finanzielle Risiken nicht abdecken oder zumindest minimieren, bei denen also das einzugehende finanzielle Risiko diesen Zielen widerspricht, können nicht der Zinsoptimierung dienen.
102 
b. Kommunalrechtliches Spekulationsverbot als Grundlage der Beratungstätigkeit
103 
Die Beklagte ist von der grundlegenden Bedeutung des kommunalrechtlichen Spekulationsverbots für die Finanzentscheidungen des Klägers ausdrücklich ausgegangen. Entscheidend ist, dass sie das kommunalrechtliche Spekulationsverbot als wesentlichen Aspekt der von ihr zu erbringenden Beratungsleistung angesehen hat. Nach ihrem eigenen Vortrag hat sie den Kläger auf den Derivate-Erlass des Innenministeriums und die sich hieraus ergebenden Zulässigkeitsvoraussetzungen und Grenzen hingewiesen. Sie ist gegenüber dem Kläger und den Kommunen als Expertin für kommunales Finanzmanagement aufgetreten. Sie hatte in der Vergangenheit bereits kostenpflichtige Beratungsleistungen für den Kläger erbracht, die bei der Abschlusspräsentation in die Aussage mündeten, dass sich aus den Grundzielen der kommunalen Aufgabenerfüllung "automatisch ein Spekulationsverbot" ableite. Ebenso hatte die Beklagte für eine Mitgliedsgemeinde des Klägers, bei der der kaufmännische Geschäftsleiter des Klägers zugleich Kämmerer war, Leistungen aus einem Beratungs- und einem Risk-Management-Vertrag erbracht. Daher vermag der Senat nicht die Argumentation nachzuvollziehen, dass der Beklagten hinsichtlich "etwaiger kommunalrechtlicher Besonderheiten", die internes Haushaltsrecht darstellten, keine Hinweis- und Aufklärungspflichten erwachsen würden und der Kläger mit diesen Besonderheiten besser vertraut sei als die Beklagte. Die Beklagte argumentiert widersprüchlich, wenn sie als beratende Bank eine Expertise behauptet und insoweit gegen Vergütung Vertrauen in Anspruch nimmt, im Streitfall jedoch auf die nicht näher ausgeführten besseren Kenntnisse des beratenen Kunden hierzu abheben will. Auf diese Weise kann sie sich als Beraterin von Kommunen und kommunalen Einrichtungen nicht aus der Verantwortung stehlen.
104 
Wegen des tatsächlichen Verhaltens der Beklagten im konkreten Fall kann die - etwas allgemeiner diskutierte - Frage offen bleiben, ob ein Berater auf das Bestehen eines allgemeinen Spekulationsverbots oder auf die Frage einer "möglichen" Unvereinbarkeit des beabsichtigten Geschäfts mit diesem Verbot generell hinweisen muss (verneinend: OLG Bamberg, Urt. v. 11.05.2009, 4 U 92/08, Rn. 141 m.w.N. zum Meinungsstand, bejahend: OLG Koblenz, Urt. v. 14.01.2010, 6 U 170/09; OLG Naumburg, Urt. v. 24.03.2005, 2 U 111/04). Nach Auffassung des Senats lassen die bestehenden Normen, auch wenn sie primär aufsichtsrechtlicher Natur sind, einen Rückschluss auf ein sehr konservatives, sicherheitsorientiertes Anlegerprofil zu. Dieses haben Anlageberater zu beachten, solange nicht die Kommune bzw. die kommunale Einrichtung ausdrücklich eine Einstufung in eine andere "Risikoklasse" wünscht.
105 
Sofern die Beklagte trotz der von ihr in Anspruch genommenen Kompetenz als Beraterin für kommunale Finanzgeschäfte über die Grundlagen ihrer Tätigkeit im Unklaren gewesen sein sollte, hätte es ihr oblegen, dies dem Kläger zu offenbaren und gegebenenfalls unklare Aspekte mit diesem gemeinsam zu erhellen. Die von der Beklagten hier verwandten Strategiepapiere enthalten im Übrigen einen ausdrücklichen Verweis auf die Bedeutung des sachlichen Bezuges von Grund- und Finanzgeschäft. Sie stellen darauf ab, dass sich der Risikocharakter des strukturierten Zinsswap verändere, wenn das Grundgeschäft wegfalle. Dieser Hinweis macht nur bei Bestehen einer sachlichen Konnexität Sinn.
106 
Dass der Kläger bessere Kenntnisse zum Spekulationsverbot gehabt hätte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Rein abstrakte Rechtskenntnisse sind hier schon wegen der Komplexität des streitgegenständlichen Swap-Vertrages, der von der Beklagten konstruiert wurde, keinesfalls ausreichend, um beurteilen zu können, ob das Konnexitätsgebot eingehalten wird. Es war Aufgabe der von der Beklagten durchgeführten Beratung, dies zu ermöglichen und entsprechend nur ein passendes Angebot zu unterbreiten.
107 
c. Ungeeignetheit des spekulativen CMS Spread Sammler Swap
108 
Vor dem Hintergrund des Risikoprofils des Klägers und dem Beratungsgegenstand war die Empfehlung des CMS Spread Sammler Swaps nicht anlegergerecht. Ein Berater hat zunächst das Risikoprofil des Kunden zu ermitteln, denn nur dieses zeigt ihm den Rahmen auf, innerhalb dessen er diesem Finanzgeschäfte empfehlen kann. Finanzprodukte, die dem Profil nicht entsprechen, darf der Berater bereits nicht empfehlen und macht sich schadensersatzpflichtig, selbst wenn er über das Produkt objektgerecht beraten hat (BGH, Urt. v. Urt. v. 14.07.2009, XI ZR 152/08). Er könnte das Produkt allenfalls dann empfehlen, wenn er den Kunden vorher deutlich und unmissverständlich auf die Überschreitung der Grenzen des Risikoprofils hingewiesen hätte und der Kunde sich anschließend bewusst für eine Anpassung und beispielsweise Einstufung in eine höhere Risikoklasse entschieden hätte (vgl. hierzu Abschn. B.2.2 der früheren Richtlinie gem. § 35 Abs. 6 WpHG - Wohlverhaltensrichtlinie - vom 23.08.2001, BAnz Nr. 165 v. 04.09.2001, S. 19217).
109 
Der von der Beklagten angebotene CMS Spread Sammler Swap passte nicht zu dem Risikoprofil des Klägers. Bei dem streitgegenständlichen Swap handelte es sich, wie oben dargestellt, um ein hochspekulatives Produkt, mit dem ein für den Kläger hohes finanzielles Risiko verbunden war. Zudem fehlte es an einer Grundgeschäftsbezogenheit. Die entgegenstehende Auffassung der Beklagten, ein Geschäft sei grundgeschäftsbezogen und nicht spekulativ, wenn es dieselben Risiken beinhalte, die der Kunde schon halte, geht ebenso fehl wie die Betonung, dass die Grundgeschäftsbezogenheit keine rechtliche Abhängigkeit von Grundgeschäft und empfohlenem Finanzgeschäft erfordere.
110 
Dass eine rechtliche Konnexität nicht erforderlich ist, mag hier zugrunde gelegt werden, führt aber in der Sache nicht weiter. Entscheidend ist, dass es an der sachlichen Konnexität zum Darlehensportfolio des Klägers fehlte. Die Beklagte hat sich darauf beschränkt, pauschal einen sachlichen und zeitlichen Bezug zu behaupten, ohne dies jedoch zu konkretisieren. Einzig darauf, dass die Höhe der Verbindlichkeiten im Darlehensportfolio mit fünfjähriger Laufzeit die Höhe des Nominalkapitals des Swap-Vertrags überstiegen hat, kann aber nicht abgestellt werden. Ansonsten würden Sinn und Zweck des kommunalrechtlichen Spekulationsverbots verfehlt.
111 
Die dem Swap zugrunde liegende Zinsformel stellt auf einen Spreadsatz ab, dem ein Bezug zu dem von dem Kläger zu tragenden oder von ihm als Optimierung gewünschten Zinsrisiko fehlt. Der Kläger war in seinen bestehenden Kreditverträgen Zahler von - verhältnismäßig niedrigen - Festzinssätzen. Er hatte ein Interesse an einer Zinssenkung, wofür er offenbar bereit war, das in variablen Zinssätzen enthaltene Zinsänderungsrisiko zu übernehmen. Insofern hätte es nahegelegen, dass er für den von der Bank im Swap-Vertrag erhaltenen Festzinssatz beispielsweise die Zahlung eines variablen EURIBOR-Satzes wie den 3-Monats-EURIBOR verspricht. Ein solcher Swap-Vertrag war jedoch wegen der bereits niedrigen langfristigen Kreditzinsen des Klägers unstreitig nicht verfügbar. Die Formel, die die Klägerin stattdessen anbot, hatte jedoch nichts mehr mit den Interessen des Klägers und dem realen Marktgeschehen zu tun. Der kaufmännische Leiter des Klägers konnte bei seiner informatorischen Anhörung schon nicht die Bedeutung des vertraglichen Spreadsatzes zwischen dem 10-Jahres-Swapsatz und dem 2-Jahres-Swapsatz für den Kläger erläutern. Noch weniger existiert ein Zusammenhang zwischen den Risiken des Klägers und der Häufigkeit, mit der dieser Satz eine bestimmte Schwelle unterschreitet. Letztendlich wurden Optionen konstruiert, die den Kläger mit einem völlig neuen Risiko belasteten, dessen Realisierung zudem nach den anerkannten Bewertungsmethoden überwiegend wahrscheinlich war. Diese Risiken waren dem Kläger genauso fremd wie beispielsweise das Risiko von steigenden Rohstoffpreisen in Asien. Sie entsprachen nicht dem mit dem Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte vorgegebenen Rahmen.
112 
Die Beklagte hätte den Kläger darauf hinweisen müssen, dass es zu seinem konservativen Risikoprofil keine Produkte gebe, mit denen er eine weitere Zinsverbilligung erreichen könne. Die Beklagte missversteht ihre Beratungspflichten, wenn sie die Empfehlung eines Produkts einzig mit dem vom Kunden geäußerten Ziel der Zinsverbilligung rechtfertigt. Jeder Kunde möchte den maximalen Gewinn bei minimalem Risiko erzielen. Die Beklagte war aber aufgrund ihrer sich aus dem Beratungsverhältnis ergebenden Verpflichtung, ganz im Sinne des Klägers zu beraten, gehalten, möglicherweise unrealistische oder mit höheren Risiken verbundene Zinserwartungen des Geschäftsleiters des Klägers als solche zu benennen und auf eine dahingehende Empfehlung zu verzichten.
113 
d. Hoch spekulativer Charakter und unvertretbare Empfehlung
114 
Der CMS Spread Sammler Swap war wegen seines hoch spekulativen Charakters nicht anlegergerecht und seine Empfehlung aus einer ex-ante-Sicht nicht vertretbar. Wie oben bereits dargestellt, war die subjektive Zinsmeinung als alleinige Entscheidungsgrundlage zum Abschluss eines fünfjährigen Vertrages mit einem Verlustrisiko von 1 Million Euro ungeeignet. Eine ergänzende Entscheidungsgrundlage zur Absicherung der subjektiven Zinsmeinung gab es nicht. Auch die Beklagte gab an, den möglichen Gewinn des Klägers nicht auf der Grundlage von anderen Faktoren einzuschätzen. Eine Risikobegrenzungsstrategie war wegen der mit dem hohen negativen Marktwert verbundenen Ausstiegskosten kaum erfolgsversprechend. Ein Vertrag, der auf einer derart ungesicherten Entscheidungsgrundlage basiert, kann nur - unabhängig von einem konkret berechenbaren Risikomaß (z.B. Value at Risk) - als hoch spekulativ angesehen werden. Diese Form der Geschäfte passte nicht zum Risikoprofil des Klägers. Da die Beklagte die Erfolgsaussichten des Vertrages selbst nicht abschätzen konnte, war auch eine Empfehlung nicht vertretbar.
115 
4. Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers
116 
Der Kläger bzw. der für ihn handelnde kaufmännische Geschäftsleiter war aufklärungsbedürftig.
117 
Zunächst kann sich die beratende Bank nicht auf eine fehlende Aufklärungsbedürftigkeit eines Kunden zu einem Aspekt berufen, zu dem die Beratung gerade erfolgen soll. Dass der Kläger mit dem Spekulationsverbot besondere kommunalrechtliche Bindungen zu beachten hatte, war für beide Parteien gleichermaßen bekannt. Daraus ergibt sich aber noch keine ausreichende Kenntnis des Klägers von den tatsächlichen Besonderheiten des ihm empfohlenen komplexen Finanzproduktes. Die Vermittlung dieser Kenntnisse war aufgrund des Beratungsvertrages und des von der Beklagten ersichtlich in Anspruch genommenen Vertrauens geschuldet. Die Frage, ob eine Grundgeschäftsbezogenheit besteht und welches Risikomaß ein Finanzprodukt aufweist, ist tatsächlicher Natur mit einem finanzwirtschaftlichen Schwerpunkt. Hier fehlten dem Kläger die Kenntnisse.
118 
Die Erfahrungen des Geschäftsleiters des Klägers aus den durchaus zahlreichen vorangegangenen Swap-Geschäften belegen ebenfalls nicht dessen ausreichende Vorkenntnisse. Die Beklagte beruft sich für diese Annahme auf die Aufzählung von bei anderen Banken getätigten Swap-Geschäften und auf zuvor schon mit der Beklagten abgeschlossene Swap-Geschäfte. Nicht erkennbar oder konkret vorgetragen ist, dass der Kläger in diesem Zusammenhang jemals, sei es von der Beklagten selbst oder von Dritten, ausreichend aufgeklärt wurde.
119 
Dafür, dass der Kläger oder dessen handelnder Geschäftsleiter die Ungeeignetheit der empfohlenen Anlage oder die wesentlichen Zusammenhänge mit dem Marktwert erkannt hätte, spricht hier nichts. Die Beklagte selbst will den Swap-Vertrag nach wie vor als ein nicht-spekulatives, dem Ziel der Zinsoptimierung dienendes und auch für Kommunen und kommunale Verbände geeignetes Finanzinstrument verstanden wissen. Dass bei einer solchen Haltung der zu beratende Kunde in der Lage sein müsste, diese Fehleinschätzungen seines Beraters sowohl zu den Grundlagen seiner Beratung als auch zu den Charakteristika des empfohlenen Produktes zu erkennen, lässt sich nicht begründen.
120 
5. Verschulden
121 
Das Verschulden der Beklagten ist offensichtlich und wurde im Übrigen von der Beklagten nicht widerlegt, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Sie hatte Kenntnis von dem im Vertrag einstrukturierten negativen Marktwert. Gleichzeitig wusste sie, dass der Kläger nicht in der Lage war, diesen zu erkennen und seine zentrale Bedeutung für die Bewertung der Optionen, die Verlustrisiken und das Risikomanagement zu erfassen. Der Beklagten musste dabei bewusst sein, dass der Begriff der "Zinsverbilligung" und die Herausstellung der subjektiven Zinsmeinung als alleiniger Entscheidungsgrundlage zudem geeignet waren, von den wahren Risiken des Vertrages und seiner komplexen Risikostruktur abzulenken. Sie handelte vorsätzlich, um mit dem Geschäft entweder direkt oder durch den Handel mit den günstig erworbenen Optionen einen Gewinn zu erzielen.
122 
Im Zusammenhang mit der fehlerhaften Einstufung des Swap-Vertrages als Zinsoptimierungsgeschäft im Sinne des Derivate-Erlasses des Innenministeriums fällt ihr wenigstens Fahrlässigkeit zur Last.
123 
6. Kausalität
124 
Zu Gunsten des Klägers greift die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens. Es ist nicht anzunehmen, dass ein wirtschaftlich rational handelnder Geschäftsleiter eines kommunalen Zweckverbands den Swap abgeschlossen hätte, wenn er verstanden hätte, dass nach den anerkannten Wahrscheinlichkeitsmodellen die Chancen zu seinem Nachteil konstruiert sind, die Zinsmeinung als Entscheidungsgrundlage entgegen den Ausführungen der Beraterin vollkommen ungeeignet und der Vertrag hoch spekulativ ist.
125 
7. Schaden
126 
Die Schadenshöhe ist betragsmäßig unstreitig und besteht in den von dem Kläger geleisteten Zahlungen nach Abzug der von der Beklagten erhaltenen Zahlungen.
127 
8. Mitverschulden
128 
Ein gem. § 254 BGB zu berücksichtigendes Mitverschulden des Klägers liegt nicht vor. Grundsätzlich darf ein Anleger dem Rat seines Beraters vertrauen, ohne dass ihm ein Vorwurf daraus gemacht werden kann (BGH Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02). Zwar sind unter Umständen von diesem Grundsatz Ausnahmen zu machen, wenn ein Berater erkennbar für die Kapitalsucherseite handelt (vgl. BGH Urt. v. 25.11.1981, IVa ZR 286/80). Gegen die Berücksichtigung eines Mitverschuldens spricht jedoch die Vorgehensweise der Beklagten. Sie hat als über einen längeren Zeitraum hinweg und auf der Grundlage eines umfassenden und entgeltlichen Beratungsvertrages ein hohes Maß an Vertrauen – insbesondere in Bezug auf ihre Expertise bei Finanzmarktgeschäften von Kommunen und kommunalen Verbänden - in Anspruch genommen. Der Kläger musste nicht sein Wissensdefizit bezüglich der komplexen Risikostruktur erkennen. Dies gilt umso mehr, als eine Großbank wie die Beklagte als seriöses Institut wahrgenommen wird, das sich für die Interessen ihrer Kunden einsetzt und über eine hohe Erfahrung auf dem Finanzsektor verfügt. Für den Kläger bestand überhaupt kein Anlass für die Annahme, er müsse die Chancen des Swap-Vertrages nach anderen Kriterien als allein seiner Zinsmeinung beurteilen. Über die überragende Bedeutung des anfänglichen Marktwerts und seiner Zusammenhänge war er vollkommen im Unklaren. Die Beratung der Beklagten war vor diesem Hintergrund derart schlecht, dass der Kläger wie im Blindflug die Anlageentscheidung getroffen hat und dabei glaubte, alles zu verstehen und verantwortbar zu handeln. Zwar verweist die Beklagte in ihrem letzten, nicht nachgelassenen Schriftsatz auf einzelne Aspekte der Swap-Verträge, zu denen der Geschäftsleiter des Klägers Erfahrungen gesammelt haben mag. Es ist aber weder vorgetragen noch erkennbar, dass der Kläger jemals die komplexen Zusammenhänge der Swap-Verträge, die die Beklagte auch im vorliegenden Verfahren immer heruntergespielt hat, verstanden hätte.
129 
Das gilt auch für den Vorwurf der nicht anlegergerechten Beratung. Die Beklagte verhält sich widersprüchlich, wenn sie einerseits den hochspekulativen Charakter des CMS Spread Sammler Swaps bestreitet und suggeriert, der Kunde könne entgegen den Regeln des Finanzmarkts den Swap-Vertrag allein auf der Grundlage einer subjektiven Zinsmeinung abschließen und andererseits die Auffassung vertritt, der Kläger hätte ihre Fehleinschätzungen erkennen müssen.
130 
9. Kein Anspruch des Klägers auf Auskunft
131 
Das Auskunftsverlangen des Klägers ist unbeschadet von Fragen der hinreichenden Bestimmtheit des Antrags jedenfalls unbegründet. Ein derart weitgehender und vom konkreten Vertragsverhältnis losgelöster allgemeiner Auskunftsanspruch besteht nicht. Soweit Rechtspositionen des Klägers aus dem streitbefangenen Vertragsverhältnis mit der Beklagten betroffen sind, wird das Informationsbedürfnis der Parteien - und damit auch das des Klägers - durch die im Rahmen der jeweils geltend gemachten vertraglichen Ansprüche begründeten Darlegungs- und Beweislasten im Rahmen der Vorschriften der ZPO bestimmt. Dafür, dass der Kläger darüber hinaus einen Anspruch auf Auskunft gegenüber der Beklagten haben könnte, ist nichts ersichtlich. Insbesondere lässt sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu offenbarungspflichtigen Rückvergütungen (vgl. nur BGH, Beschl. v. 29.06.2010, XI ZR 308/09) nichts für den vorliegenden Fall herleiten. Die Parteien sind direkte Vertragspartner und Rückvergütungen stehen nicht im Raum.
132 
10. Widerklage
133 
Die zulässig erhobene und auch sachdienliche Widerklage hat aus den vorgenannten Gründen keinen Erfolg. Die Beklagte hat durch ihre fehlerhafte Beratung den Kläger zum Abschluss dieses nachteiligen Vertrages veranlasst, so dass sie gehindert ist, ihn auf Erfüllung desselben in Anspruch nehmen.
III.
134 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 91a ZPO. Das unbegründete Auskunftsverlangen führt bei dem hier mit 10.000 Euro anzusetzenden Gegenstandswert zu keinem Gebührensprung, so dass die Kosten insgesamt der Beklagten auferlegt wurden. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
135 
Die Revision wird gem. § 543 Abs. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Zwar ist der Senat der Auffassung, dass Umfang der durch die Bond-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126) konkretisierten Beratungspflichten von den tatsächlichen Umständen des Anlagegeschäfts abhängig ist. Insofern begründet sich die gegenüber anderen Oberlandesgerichten abweichende Entscheidung auf der im Verfahren vorhandenen Tatsachengrundlage, zu der auch die Bedeutung z.B. des Marktwerts auf dem Finanzmarkt gehört. Mit Blick auf die nach der Entscheidung des Senats vom 26.02.2010 (9 U 164/08 ergangene Entscheidung des OLG Frankfurt vom 04.08.2010 (23 U 230/08) wird die Revision jedoch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.

Tenor

I. Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 21.12.2010, Az. 8 O 247/10, werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass Ziff. 2 des Urteils auf Grund der Antragsänderung wie folgt neu gefasst wird:

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 7.437,34 EUR zu zahlen.

II. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Berufung: bis 410.000 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von der beklagten Landesbank als Vertragspartnerin sowie von seiner Hausbank als Beraterin Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Cross-Currency-Swap-Vertrages. Der Kläger hatte im Jahr 2005 zwei Zinswährungsswap-Verträge mit der Beklagten zu 1 auf Beratung der Beklagten zu 2 abgeschlossen. Die Vertragsparteien hatten das Währungspaar Euro/Schweizer Franken und eine Verzinsung fest (Bank)/variabel (Kläger) vereinbart. Auf Empfehlung der Beklagten zu 2 wurden diese Swap-Verträge vorzeitig mit Gewinn für den Kläger aufgelöst. Auf Vorschlag der Beklagten zu 2 schlossen die Parteien am 02.08.2007 einen neuen Zinswährungsswap. Darin verpflichtete sich die Beklagte zu 1 zur vierteljährlichen Verzinsung von 1 Mio Britischer Pfund (GBP) in Höhe von 5,84 % p.a. (fest) und der Kläger zur Verzinsung von 2,446 Mio. Schweizer Franken (CHF) zu 3,31 % p.a. (fest). Das Nominalkapital sollte zum Laufzeitende (30.06.2009) ausgetauscht werden.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Kläger habe gegen die Beklagte zu 2 einen Schadensersatzanspruch, weil diese ihre Pflichten aus einem Beratungsvertrag verletzt habe. Die Beratung sei nicht objektgerecht gewesen, da die Beklagte zu 2 den Kläger nicht über die Höhe und die Bedeutung des anfänglichen Marktwertes aufgeklärt habe. Dies stehe nach der Beweisaufnahme fest. Auch bei den streitgegenständlichen Cross-Currency-Swap-Verträgen hätte die Beklagte auf den anfänglichen negativen Marktwert hinweisen müssen. Dieser enthalte die Bewertung des Währungsrisikos, die nur den Beklagten, nicht jedoch dem Kläger möglich war. Insofern habe eine deutliche Informationsasymmetrie vorgelegen, an der sich die Beratungspflichten der Beklagten zu 2 zu orientieren hätten. Das vom Kläger eingegangene Risiko habe sich vor allem aus dem zum Enddatum des Vertrages fälligen Tausch der Bezugsbeträge ergeben. Aus der Sicht des Klägers habe der vereinbarte Endtausch das Recht enthalten, 1 Million GBP zum Kurs von 2,446 CHF zu kaufen. Dieses Recht habe bei Vertragsschluss einen Marktwert gehabt, der sich an den Prämien entsprechender Devisenoptionen orientiert haben dürfte. Der Marktwert, sowie die Marktwerte der weiteren der Beklagten zu 1 eingeräumten Rechte seien der Beklagten bekannt gewesen, nicht jedoch dem Kläger. Die Beklagte zu 2 hätte daher wenigstens die Höhe des saldierten Marktwertes des Gesamtgeschäfts mitteilen müssen. Die Lage sei vergleichbar mit einem Tausch von zwei Wertpapieren. In diesem Fall hätte die Beratungspflicht der Beklagten zu 2 die Mitteilung der Kurswerte der Wertpapiere umfasst. Die Pflicht zur Mitteilung der Marktwerte lasse sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vermittlung von Optionen ableiten. Auch wenn die Beklagte zu 2 nicht als Vermittlerin von Optionen gehandelt habe, so sei ihre Position dennoch vergleichbar, weil die Devisenoptionen in den Swap-Vertrag einstrukturiert waren. Nach dieser Rechtsprechung sei die Beklagte ebenfalls verpflichtet gewesen, die Optionsprämie bekanntzugeben. Bei dem negativen Marktwert handele es sich nicht um eine einstrukturierte Gewinnmarge. Der negative Marktwert sei eine objektive Größe und habe wesentliche Bedeutung für das Risikomanagement und das Rechnungswesen. Auch sei die Gewinnmarge nicht unmittelbar aus dem Marktwert ablesbar, weil der negative Marktwert noch Kosten der Verwaltung und der Risikoabsicherung enthalte, wobei die Beklagte zu 2 einen Betrag von 8.000 bis 9.000 EUR genannt habe. In der Entscheidung des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26.02.2010 (9 U 164/08) sei seitens der Bank eine übliche Gewinnmarge von 3-5 % des Bezugsbetrages genannt worden. Übertragen auf den vorliegenden Fall würde sich bei solchen Prozentsätzen eine Gewinnmarge von insgesamt 30.000 bis 50.000 GBP ergeben. Der Kläger sei trotz der vorherigen zwei Swap-Verträge aufklärungsbedürftig gewesen. Auch bei diesen beiden Verträgen habe die Beklagte zu 2 den Kläger nicht über den Marktwert aufgeklärt. Zudem habe sich der streitgegenständliche Vertrag auf ein anderes Währungspaar bezogen und sei anders konstruiert gewesen. Die Pflichtverletzung sei für den Abschluss des Vertrages ursächlich gewesen. Zwar habe der Kläger sich ausdrücklich nach dem Verdienst erkundigt, die Höhe sei ihm aber nicht mitgeteilt worden.
Die Beklagte zu 2 habe den geltend gemachten Schaden einschließlich vorgerichtlicher Anwaltskosten unter Berechnung einer 1,5-Geschäftsgebühr zu ersetzen. Ein Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last. Der Kläger habe zwar höhere Bezugsbeträge als von der Beklagten zu 2 vorgeschlagen gewünscht (1.000.000 GBP anstatt 825.000 GBP). Die daraus sprechende Risikobereitschaft des Klägers habe jedoch ihren Grund in der mangelhaften Beratung der Beklagten zu 2 gehabt. Weiter könne dem Kläger nicht vorgehalten werden, dass er nicht bereits Ende 2007 den streitgegenständlichen Swap-Vertrag glattgestellt habe, als dies noch zu einem negativen Marktwert von 70.000 EUR möglich gewesen wäre. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Mitarbeiter der Beklagten zu 2 eine Auflösung nicht empfohlen hatten. Der Kläger habe unter diesen Umständen damit rechnen müssen, dass die Beklagte zu 2 bei einer Realisierung des Verlustes Ende 2007 ihm später eine eventuelle Erholung des Swap-Vertrages entgegenhalten werde.
Die Beklagte zu 1 hafte wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung. Sie hätte den Kläger über den anfänglichen Marktwert des Swap-Vertrages aufklären müssen. Aus dem Tausch-Charakter des Vertrages habe sich eine besondere Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers ergeben. Er habe für die ihm mit dem Vertrag eingeräumten Optionen keine Prämie gezahlt. Seine Gegenleistung habe in der Übernahme von Pflichten bestanden, deren Marktwert er allerdings nicht gekannt habe und auch nicht habe ermitteln können.
Gegen das der Beklagten zu 1 am 28.12.2010 und der Beklagten zu 2 am 29.12.2010 zugestellte Urteil haben die Beklagte zu 1 am 24.01.2011 und die Beklagte zu 2 am 25.01.2011 Berufung eingelegt, die sie beide innerhalb verlängerter Frist am 28.03.2011 mit einer Begründung versehen haben.
In der Berufungsinstanz trägt die Beklagte zu 1 erstmalig Folgendes vor:
Der Kläger sei mit Finanzierungsfragen aller Art einschließlich des Absicherns („Hedge“) von Zinsentwicklungsrisiken seit vielen Jahren in allen Einzelheiten bestens vertraut gewesen. Der Swap-Vertrag habe eine Marge der Bank in Höhe von lediglich 12.500 EUR enthalten. Diese Marge sei verkehrsüblich. Eine Marge von 4 %, wie sie der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.03.2011 (XI ZR 33/10) oder der Entscheidung des Senats vom 26.02.2010 (9 U 164/08: 3%-5%) zu Grunde gelegen habe, habe eine nicht verkehrsübliche Höhe.
Die Berufung der Beklagten zu 1 ist der Auffassung, die Beratung der Beklagten zu 2 sei anleger- und objektgerecht gewesen. Der Kläger habe spekulative Gewinne aus den Swap-Geschäften erzielen wollen, um aus diesen Erträgen die laufenden Annuitäten aus seinen Immobilienverbindlichkeiten zu verringern sowie im bestmöglichen Fall darüber hinausgehende Gesamtüberschüsse zu erzielen. Dem Kläger sei dabei bewusst gewesen, dass die Beklagte zu 2 das Geschäft nicht ohne eigene Marge, also unentgeltlich angeboten habe. Ihm sei bewusst gewesen, dass eine Marge der Bank einstrukturiert gewesen sei, so dass er hierüber nicht hätte aufgeklärt werden müssen. Für ihn sei lediglich entscheidend gewesen, dass sich die anfallende Marge im Rahmen des Verkehrsüblichen halte. Mit einer Marge in dieser Größenordnung habe der Kläger ohne weiteres gerechnet. Das Landgericht hätte den Mitverschuldenseinwand der beiden Beklagten beachten müssen. Dem Kläger sei ausdrücklich die Möglichkeit mitgeteilt worden, den Swap-Vertrag bei einem negativen Marktwert von 70.000 EUR glatt zu stellen. Dies habe der Kläger nicht getan, sondern stattdessen weiter spekuliert und so den Schaden in Höhe von über 390.000 EUR entstehen lassen, was nicht den Beklagten anzulasten sei. Der Kläger hätte nicht die Auflösung des Vertrages Ende 2007 davon abhängig machen dürfen, dass die Beklagte zu 2 sich an dem eingetretenen Verlust beteilige. Der Kläger habe auch nicht mit dem Einwand der Beklagten rechnen müssen, durch einen zu frühen Verkauf eine Verringerung des Schadens infolge der Verbesserung des Marktwertes verhindert zu haben. Der negative Marktwert habe sich seit Ende 2007 kontinuierlich verschlechtert und es habe keine Hinweise dafür gegeben, dass der Markttrend sich in absehbarer Zeit in die Gegenrichtung entwickeln könnte. Eine ex ante überhaupt nicht vorhersehbare und objektiv fern liegende Erholung des negativen Marktwert hätte der Kläger sich unter keinen denkbaren Umständen entgegenhalten lassen müssen.
10 
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte zu 2 in der Berufungsinstanz erstmalig Folgendes vor:
11 
Die in dem Swap-Vertrag einstrukturierte Marge habe für die Beklagte zu 1 3.500 EUR und für die Beklagte zu 2 9.000 EUR betragen.
12 
Die Beklagte zu 2 wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Beratung sei anleger- und objektgerecht erfolgt. Der Kläger sei von Berufs wegen in nennenswertem Umfang mit Finanzierungen vertraut gewesen. Er habe das Geschäft vollständig verstanden. Den bei der Beratung zu den ersten Swap-Verträgen zu Tage getretenen Irrtum des Klägers, aus dem Geschäft könne kein Verlust entstehen, habe die Beklagte zu 2 beseitigt durch die Darstellung bestimmter Veränderungen der Zins- und Währungslandschaft. Der streitgegenständliche Vertrag sei denkbar einfach strukturiert, sehr leicht begreiflich und selbst vom "Laien-"Anleger stets simpel überprüfbar. Der Verlauf habe anhand der in den Präsentationsunterlagen befindlichen "Ampeldarstellung" einfach überwacht werden können. Das Risiko des Geschäfts bestand im Währungsverlust von CHF/GBP, der in der Tagespresse mühelos feststellbar sei. Die Verdienstmarge der Beklagten sei nicht offenbarungspflichtig gewesen. Der anfängliche negative Marktwert sei dem Kläger bekannt gewesen (Bl. 238 d.A.). Aus der nicht bezifferten Marge, die nach dem Vortrag der Beklagten zu 2 identisch mit dem negativen Marktwert war, resultiere kein Beratungsfehler. Weil der Kläger wusste, dass die Beklagten eine Marge erhalten, sei die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens widerlegt. Der Kläger müsse sich ein Mitverschulden anrechnen lassen. Der Kläger habe weiter spekulieren wollen, nachdem ihm der schwebende Gesamtverlust von rund 70.000 EUR Ende 2007 mitgeteilt wurde, weil er auf eine Schadensbeteiligung seitens der Beklagten zu 2 und seitens seines Steuerberaters gesetzt habe.
13 
Die Beklagten beantragen:
14 
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21.12.2010 (8 O 247/10) wird dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.
15 
Der Kläger beantragt zuletzt:
16 
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen und das Urteil des LG Stuttgart vom 21.12.2010, Az. 8 O 247/10, aufrecht erhalten mit der Maßgabe, dass dieses Urteil in Ziff. 2 wie folgt geändert wird:
17 
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger die von ihm an die Beklagte 2 für einen Kredit für die Schadenssumme von EUR 390.724,87 im Zeitraum vom 01.10.2010 bis 28.02.2011 gezahlten Zinsen in Höhe von zusammen EUR 7.437,34 zu zahlen.
18 
Zur Begründung der Antragsänderung in der Berufungsinstanz führt der Kläger, von den Beklagten nicht bestritten, aus, dass die Geschäftsbeziehung zwischen ihm und der Beklagten zu 2 zwischenzeitlich beendet sei. Für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 28.02.2011 zahlte der Kläger an die Beklagte zu 2 für den Betrag von 390.724,87 EUR Zinsen in Höhe von 7.437,34 EUR.
19 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Das Gericht hat mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet.
II.
20 
Die gem. § 511 ZPO statthaften, form- und fristgerecht eingelegten und mit Begründungen versehenen Berufungen sind zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben. Die Beklagte zu 2 haftet wegen einer Fehlberatung im Zusammenhang mit einem Beratungsvertrag (1.). Die Beklagte zu 1 haftet wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen (2.).
21 
1. Klage gegen die Beklagte zu 2
22 
Zwischen der Beklagten zu 2 und dem Kläger ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen (a.). Die Beklagte zu 2 hat pflichtwidrig weder objektgerecht (b.) noch anlegergerecht (c.) beraten. Die Pflichtverletzung war schuldhaft und kausal (d.) für den Schaden (e.). Den Kläger trifft kein Mitverschulden (f.).
23 
a. Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2 ist im Zusammenhang mit dem Abschluss des Cross-Currency-Swap-Vertrags vom 02.08.2007 ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Die Beklagte zu 2 hat auf eigene Initiative ihre Beratungstätigkeit gegenüber dem Kläger und seinem Steuerberater entfaltet. Die Beklagte zu 2 greift diese Feststellung des Landgerichts zu Recht nicht an. Soweit sie der Auffassung ist, es handele sich bei dem Cross-Currency-Swap-Vertrag um ein Eigengeschäft, das die Beklagte zu 1 für die Beklagte zu 2 ausgeführt hat, ändert dies nichts an dem daneben abgeschlossenen Beratungsvertrag. Ein Eigengeschäft der Beklagten zu 2 lässt sich zudem auf der Grundlage des Parteivortrages und der Vertragsunterlagen nicht feststellen. Vertragspartner des Cross-Currency-Swap-Vertrags ist eindeutig nur die Beklagte zu 1. Danach war die Beklagte zu 2 zur anleger- und objektgerechten Beratung des Klägers verpflichtet. Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10; Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93).
24 
b. Die Beklagte zu 2 hat ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung verletzt. Im Rahmen der objektgerechten Beratung hat der Anlageberater den Kunden über diejenigen Eigenschaften und Risiken aufzuklären, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Die Beratung der Bank muss richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig sein. Die Bank muss zeitnah über alle Umstände unterrichten, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind. Fehlen ihr derartige Kenntnisse, so hat sie das dem Kunden mitzuteilen und offenzulegen, dass sie zu einer Beratung z.B. über das konkrete Risiko eines Geschäfts mangels eigener Information nicht in der Lage ist (BGH, Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, Tz. 18 f.).
25 
Bei von der Bank selbst konstruierten Finanzprodukten besitzt diese gegenüber dem Kunden einen erheblichen Informationsvorsprung über die Marktverhältnisse, die spezifischen Risiken des Produkts, den Wert des Produkts und das erforderliche Risikomanagement zur Vermeidung von theoretisch möglichen ruinösen Verlusten. Im Rahmen der objektgerechten Aufklärung hat sie die bestehende Informationsasymmetrie zu beseitigen, um der „Angewiesenheit“ des Anlegers auf die Bank Rechnung zu tragen und ihn zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung zu befähigen (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rn. 1059; Senat, Urt. v. 26.02.2010, 9 U 164/08, Tz. 100, zit.n.juris).
26 
Bei den aufklärungsbedürftigen wesentlichen Eigenschaften eines Swap-Vertrages lassen sich zwei Kategorien hervorheben: das Chancen-/Risikoprofil (aa.) und der (buchmäßige) Vermögenswert des Swap-Vertrages bzw. der in diesen einstrukturierten Zahlungsversprechen (bb.).
27 
aa. (1) Das Chancen-/Risikoprofil des Swap-Vertrages ist gekennzeichnet durch die mathematisch-theoretisch maximale Gewinnchance und das maximale, gegebenenfalls sogar unbegrenzte Verlustrisiko. Wird ein Swap-Vertrag - wie hier unstreitig - zu Spekulationszwecken und nicht zur Absicherung gegenläufiger Risiken abgeschlossen, übernimmt der Kunde eine offene Risikoposition. Die Information über diesen Rahmen von Chancen und Risiken ist daher wesentlich. Bei Verträgen mit hohen Risiken benötigt der Anleger allerdings zusätzliche Informationen über die Faktoren, die für das Risikoprofil und die Art des Risikos maßgeblich sind. Einen Einfluss auf den Erfolg haben beispielsweise die Art der gewählten Währungen, die unterschiedlichen Volatilitäten der für die Bank und den Kunden maßgeblichen Basiswerte, die gewählten Zinssätze und länderspezifischen Zinsstrukturkurven, die Wahrscheinlichkeiten (Value at Risk) oder asymmetrische Risikostrukturen mit Gewinn- oder Verlustbegrenzungen. Bei nur theoretischen Informationen über den maximalen Rahmen von Risiken und Chancen verhelfen dem Anleger erst Einschätzungen über deren Wahrscheinlichkeiten zu einer geeigneten Entscheidungsgrundlage. Das gilt insbesondere, wenn – wie bei Swap-Verträgen üblich – der Erfolg des Geschäfts von langfristigen Prognosen über Basiswerte wie Zinssätze oder Devisen abhängig ist, die über die Dauer der Vertragslaufzeit seriös nicht aufgestellt werden können. Daher hat der Senat es beanstandet, wenn Anlegern suggeriert wurde, sie könnten anhand eigener Zinsmeinungen für die Vertragslaufzeit eine verantwortbare Anlageentscheidung treffen (Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 148/08, Tz. 49ff., zit.n.juris). Zwar können auch Wahrscheinlichkeitsmodelle die zukünftige Entwicklung nicht sicher vorhersagen, insbesondere nicht extreme Ereignisse wie eine Finanzkrise. Es handelt sich bei den Wahrscheinlichkeitsmodellen jedoch um Hilfsmittel, derer sich der professionelle Kapitalmarkt zur Beurteilung von Risiken bedient.
28 
Ist auf der Grundlage von Berechnungs- oder Simulationsverfahren bekannt, dass die Wahrscheinlichkeit des Verlustes höher ist als diejenige des Gewinns, ist das eine dem Kunden zu offenbarende Eigenschaft des von der Bank konstruierten Swaps. Auch sind Informationen über Verlustrisiken innerhalb eines definierten Zeitraums (z.B. Value at Risk) eine wichtige Entscheidungshilfe, weil sie die Eigenschaft der Zins- oder Währungswette auf der Grundlage der aktuellen Wirtschaftsdaten widerspiegeln. Ebenso wichtig ist die Kenntnis, wie schnell sich Verluste einstellen können und wie schnell man daher auf ungünstige Entwicklungen der Basiswerte oder anderer Umstände reagieren kann und muss, um ungewollte Verluste zu vermeiden. So können hoch volatile Basiswerte unter Umständen zu sehr schnellen Verlusten führen.
29 
(2) Die vorgenannten Umstände spiegeln sich in zwei verschiedenen Verlustszenarien wider. Einerseits ist der Anleger bis zum Laufzeitende vertraglich an das Geschäft gebunden. Ist die Bank nicht zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages verpflichtet, trägt er das Liquiditätsrisiko (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1051). Das ist das Risiko, dass er den Vertrag bei einer ungünstigen Entwicklung der Basiswerte oder sonstigen Umstände nicht durch ein Gegengeschäft am Markt glattstellen kann. Er bleibt dann an den Vertrag gebunden und seine Verluste ergeben sich aus der Summe sämtlicher Nettozahlungen bis zum Laufzeitende. Sie sind gegebenenfalls unbegrenzt.
30 
(3) Bietet die Bank, wie hier, dem Kunden ein nach Marktusancen bestehendes tägliches Auflösungsrecht zum aktuellen Marktwert an oder ist der Markt liquide, trägt der Kunde das Marktpreisrisiko (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1040). Dann setzt sich bei ungünstiger Entwicklung sein Verlust aus zwei Komponenten zusammen, nämlich dem (positiven oder negativen) Saldo der bisherigen Zahlungen bis zur vorzeitigen Beendigung und dem (positiven oder negativen) Marktwert zum Auflösungszeitpunkt.
31 
Für einen nicht erfahrenen Kunden genügt es jedoch nicht, das Marktpreisrisiko als solches zu kennen. Er muss zusätzlich darüber aufgeklärt werden, dass die Beherrschung dieses Risikos zwingend ein effektives Risikomanagement verlangt, damit rechtzeitig Verluste begrenzt werden können (vgl. Rudolf in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 19.65). Dies setzt voraus, dass der Anleger sich seiner Risikobereitschaft bewusst wird und beispielsweise einen Maximalverlust sowie einen realistisch erzielbaren Ertrag festlegt, die er zum Maßstab seiner Strategie wählt. Um insbesondere sich abzeichnende Verluste verhindern zu können, muss er die während der Vertragslaufzeit durch die Nettozahlungen erzielten Erträge mit dem jeweils aktuellen Auflösungspreis in der Form des aktuellen Marktwertes saldieren. Zudem muss er sich eine Meinung über die zukünftige Entwicklung des Marktwertes bilden können. Ohne Verständnis für das Marktpreisrisiko als charakteristisches Risiko des Vertrages (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1040) ist er nicht in der Lage zu erkennen, dass er die Entwicklung des Marktpreises ständig und engmaschig überwachen muss, um erforderlichenfalls den richtigen Ausstiegszeitpunkt wählen zu kennen. Hierzu muss der Anleger wissen, dass er ohne professionelle Hilfsmittel nicht in der Lage ist, allein den Marktwert beispielsweise auf der Grundlage der Entwicklung des Basiswerts zu ermitteln. Die Ermittlung ist deutlich komplexer. Beispielsweise ist die Ermittlung des Marktpreises für ein Devisentermingeschäft nicht nur vom aktuellen Wechselkurs abhängig, sondern auch von dem unterschiedlichen Zinsniveau in den beteiligten Ländern (Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, 40. Aufl., Teil III, Ziff. 8.2.2.2). So ist es durchaus möglich, dass sich der Marktwert gegenläufig zu der Entwicklung des Basiswerts entwickelt.
32 
(4) Zwar hat die Beklagte zu 2 schriftsätzlich die Auffassung vertreten, dass sich der Marktpreis des Zinswährungsswaps auch für einen Laien einfach mit den vier Grundrechenarten ermitteln lasse (so die Klageerwiderung, Bl. 52 d.A.). Dem haben aber bereits ihre eigenen Mitarbeiter widersprochen und erklärt, dass sie hierfür eine Software einsetzen. Der Zeuge P. hat bestätigt, dass der Kläger und sein Steuerberater den Wert „natürlich“ nicht selbst beurteilen konnten (Bl. 116 d.A.).
33 
(5) Im Zusammenhang mit der Risikostrategie erhält auch der anfängliche Marktwert seine eigenständige Bedeutung: Ohne Kenntnis des anfänglichen Marktwertes kennt der Anleger bereits nicht den Ausgangspunkt seiner Risikostrategie und kann beispielsweise auch nicht erkennen, dass die ersten Netto-Zinszahlungen seinen Vertrag noch nicht in die Gewinnzone führen können (vgl. a. Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 148/08, Tz. 78, 80).
34 
(6) Die Beklagte zu 2 hat es unterlassen, den Kläger über die komplexen Zusammenhänge und das Erfordernis eines eigenen, effektiven Risikomanagements aufzuklären. Der Zeuge P. (Bl. 114 d.A.) erläuterte, dass dem Kläger mit derartigen Geschäften eine Zinsverbilligung von 2% als möglich dargestellt worden sei. Bezogen auf das Nominalkapital des Swap-Vertrages von ca. 1.477.500 EUR (1 Mio GBP umgerechnet zum damaligen Kurs EUR/GBP von ca. 1,4775) hätte dies für den Kläger eine Verbilligung um ca. 29.510 EUR p.a. bzw. insgesamt 59.020 EUR bedeutet. Auch wenn die Ertrags-Chancen rechnerisch höher waren, hat die Beklagte zu 2 offenbar die für „wahrscheinlich“ gehaltene Ertrags-Chance des Cross-Currency-Swaps dargestellt. Diese realistische Chance war mit einem weder nach Wahrscheinlichkeit noch nach Höhe quantifizierten Verlustrisiko verbunden. Dieses überstieg die von der Beklagten zu 2 als wahrscheinlich dargestellte Chance um ein Vielfaches und konnte existenzbedrohende Dimensionen annehmen. Daher war auch im konkreten Fall ein effektives Risikomanagement des Klägers zwingend erforderlich, worauf die Beklagte zu 2 den Kläger hätte hinweisen müssen.
35 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte zu 2 hingegen vorgetragen, dass sie sich nicht zu einer Überwachung des Vertrages verpflichtet habe. Insbesondere hat sie nicht behauptet, den Kläger auf das Erfordernis einer eigenverantwortlichen Marktpreisüberwachung hingewiesen zu haben. Bei einer Privatperson ist es offenkundig, dass sie zur Überwachung des Marktpreises nicht in der Lage ist.
36 
(7) Angesichts der bereits fehlerhaften Aufklärung über das Risikomanagement kann es dahingestellt bleiben, ob die Beklagte zu 2 im Rahmen der objektgerechten Aufklärung verpflichtet gewesen wäre, im Zusammenhang mit der Konstruktion des Swap-Vertrages Wahrscheinlichkeitsberechnungen durchzuführen und deren Ergebnisse dem Anleger vorher mitzuteilen oder zumindest darauf hinzuweisen, dass diese Berechnungen möglich sind, aber von ihr nicht durchgeführt wurden, so dass sie die Günstigkeit des Geschäfts und die mit diesem verbundenen wahrscheinlichen Risiken nicht beurteilen könne.
37 
bb. Die objektgerechte Aufklärung im Zusammenhang mit dem Vermögenswert des Swaps betrifft eine andere Dimension. Die Beklagte zu 2 hat den Kläger pflichtwidrig nicht über den Wert der von ihm im Rahmen des Swap-Vertrages übernommenen Leistungsverpflichtungen und den Wert der im Austausch hierzu von der Beklagten zu 1 erworbenen Zahlungsansprüche aufgeklärt.
38 
(1) Ein Swap-Vertrag setzt sich aus verschiedenen Einzelkomponenten zusammen (vgl. Rudolf in: Kümpel/Wittig, a.a.O., Rn. 19.147). Bei dem streitgegenständlichen Swap hat der Kläger die Verpflichtung zum zeitlich hinausgeschobenen Erwerb von 1 Mio. GBP zum Preis von 2,446 Mio. CHF übernommen. Das hat den Charakter eines Devisentermingeschäfts und wird vom Markt nach üblichen Methoden unter Berücksichtigung der landesspezifischen Zinssätze ermittelt (siehe hierzu: Obst/Hintner, a.a.O., Teil III, Ziff. 8.2.2.2). Der Kunde ist regelmäßig zu einer Preisermittlung nicht in der Lage. Er kann daher nicht abschätzen, welchen Wert die Endtauschzahlung zu einem bei Vertragsschluss festgelegten Wechselkurs hat, die er auf Vorschlag seiner Bank übernimmt. Auch der Wert der regelmäßigen Zinszahlungspflichten ist durch Abzinsung ermittelbar, unter Anwendung des jeweils maßgeblichen Abzinsungssatzes. Auch hier war der Kläger nicht in der Lage, den Wert der Leistungen, bezogen auf den Abschlusstag zu ermitteln.
39 
Der negative Marktwert ist daher nicht nur Ausdruck einer Interessenkollision der beratenden Bank (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10), sondern auch der Saldo des Wertes der ausgetauschten Leistungen. Dies hat das Landgericht zutreffend dargestellt und einen anschaulichen Vergleich mit dem Tausch von Wertpapieren angestellt, deren Wert der Anleger nicht ermitteln kann. Der Anleger erleidet bei Abschluss eines spekulativen Swap-Vertrages mit einem negativen Marktwert sofort eine Vermögenseinbuße. Diesen Umstand und das Ausmaß der Vermögenseinbuße muss er erkennen können, weil er andernfalls nicht zu einer verantwortlichen Anlageentscheidung befähigt wird.
40 
(2) Der Einwand der Beklagten zu 2, sie brauche als Bank, die den Swap im Wege des Eigengeschäfts vertreibe, nicht über ihren Gewinn aufzuklären, überzeugt den Senat nicht. Insbesondere stützen nicht die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 27.09.2011 (XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10) ihre Auffassung. Zunächst liegt, wie bereits dargelegt, kein Eigengeschäft der Beklagten zu 2 vor, sondern ausschließlich ein Beratungsvertrag, der zudem durch ein Eigengeschäft nicht beseitigt wird. Darauf kommt es aber nicht an. Selbst wenn ein Eigengeschäft vorläge, ist dem besonderen Umstand Rechnung zu tragen, dass der Kläger eine für ihn nicht eindeutig erkennbare und bewertbare Leistung übernimmt. Er bietet der Bank nicht bewusst einen bei sich bereits vorhandenen und von ihm bewerteten Vermögensgegenstand im eigenen Interesse an. Die Bank schafft erst durch den Swap-Vertrag eine Verbindlichkeit des Anlegers, deren Höhe er nicht bewerten kann. Dieser Verbindlichkeit stellt sie im Wege des Austausches (Swap) eine Verbindlichkeit der Bank gegenüber. Die Bank ist dabei in der Lage, nach ihrem - vom Anleger nicht kontrollierbaren - Belieben den Wert der Leistung des Kunden hoch anzusetzen und den Wert der Gegenleistung des Austauschgeschäfts niedrig zu gestalten, wodurch sie ihre Gewinnspanne generieren kann. Wenn aber eine Partei auf Grund besserer Marktkenntnisse und sonstiger Informationsvorsprünge in der Lage ist, ihre Position in einer Weise auszunutzen, dass es als Verstoß gegen die Waffengleichheit und Fairness am Markt erscheint, muss sie über den sonst nicht aufklärungspflichtigen Wert der eigenen Leistung oder denjenigen der Gegenleistung aufklären (so auch Kramer in: Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 241 Rn. 124). Nur so ist der Anleger in der Lage zu beurteilen, ob er die wirtschaftliche (buchmäßige) Vermögenseinbuße übernehmen will, weil er das damit verbundene Chancen-/Risikoprofil, sofern er es beurteilen kann, für vorteilhaft hält. Dann wäre er in der Lage einzuschätzen, ob er die von den Beklagten verlangten Kosten für das Geschäft für angemessen hält.
41 
c. Die Beratung der Beklagten zu 2 war auch nicht anlegergerecht. Eine beratende Bank ist verpflichtet ist, vor Abgabe ihrer Anlageempfehlung den Wissensstand, die Erfahrungen und die Anlageziele, zu denen der Anlagezweck und die Risikobereitschaft gehören, zu erfragen. Diese Pflicht ist für Wertpapierdienstleistungsunternehmen - wie die Beklagte zu 2 - aufsichtsrechtlich auch normiert (§ 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG aF, jetzt: § 31 Abs. 4 WpHG nF). Die Erkundigungspflicht entfällt nur dann, wenn der beratenden Bank diese Umstände bereits bekannt sind. Auch wenn theoretische Risiken geschildert oder Berechnungsbeispiele gegeben werden, kann die Bank nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Kunde auch bereit ist, hohe Risiken zu tragen. Es ist gerade die Aufgabe des Anlageberaters, ausschließlich Produkte zu empfehlen, die mit den Anlagezielen des Kunden - Anlagezweck und Risikobereitschaft - tatsächlich übereinstimmen. Erkundigt er sich nicht bereits - wie von der Rechtsprechung und aufsichtsrechtlich gefordert - vor seiner Anlageempfehlung nach der Risikobereitschaft des Kunden, so kann er seiner Pflicht zu einer anlegergerechten Empfehlung nur dadurch entsprechen, dass er sich noch vor der Anlageentscheidung seines Kunden die Gewissheit verschafft, dass dieser die von ihm geschilderten Risiken des Finanzprodukts in jeder Hinsicht verstanden hat (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10).
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Bei der Empfehlung von spekulativen Swap-Verträgen mit hohen Gewinnchancen und Verlustrisiken muss der Anlageberater daher abklären, mit welchem Ertrag der Kunde auf Grund seiner persönlichen Einschätzung der Marktentwicklung rechnet und bis zu welcher Höhe er bereit ist, Verluste in Kauf zu nehmen, um festzustellen, ob ein darauf ausgerichtetes Risikomanagement möglich ist. Er muss sich vergewissern, dass der Anleger nicht dem Irrtum unterliegt, dieses Risikomanagement laienhaft auf der Grundlage der Beobachtung eines Basiswertes, wie hier des Wechselkurses zwischen Schweizer Franken und Britischen Pfund durchführen zu können. Der Anlageberater muss sich überzeugen, dass der Anleger in der Lage ist, eigenverantwortlich zur Berechnung des Marktwertes und zur Risikoanalyse komplexe Berechnungen anzustellen oder sich bewusst ist, diesbezüglich verbindliche professionelle Unterstützung zu benötigen.
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Vor diesem Hintergrund war die Empfehlung der Beklagten zu 2 nicht anlegergerecht. Sie hat es bereits versäumt, die Höhe des vom Kläger akzeptierten Verlustes zu erfragen. Sie wusste zudem, dass der Kläger als Privatmann unfähig war, das sich aus dem Cross-Currency-Swap ergebende hohe Risiko zu „managen“, weil er nicht über die Mittel eines geeigneten Risikomanagements und die Fähigkeit verfügte, den Marktpreis zu ermitteln. Der angebotene Swap war daher für den Kläger ungeeignet und hätte ihm nicht angeboten werden dürfen.
44 
Die fehlende Eignung des Swap-Vertrages für den Kläger sowie die Pflichtwidrigkeit der Empfehlung werden auch nicht beseitigt durch eine Praxis der Banken, ohne konkrete vertragliche Vereinbarung den Swap-Vertrag zu überwachen, nach eigenem Gutdünken Auflösungsempfehlungen zu geben oder in frei gewählten Abständen Marktwerte mitzuteilen. Solange nicht die wesentlichen Parameter der Risikobereitschaft des Anlegers erfragt wurden (vgl. a. BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10), insbesondere der vom Anleger akzeptierte Maximalverlust und die erhoffte Rendite, ist die Bank nicht in der Lage, für den Kunden eine geeignete Risikostrategie umzusetzen. Auch kann nur eine effektive -verbindliche -Risikostrategie den Anleger davor schützen, dass er ungewollte Verluste erleidet oder ein - im Verhältnis zu dem erhofften Ertrag - unangemessenes Verlustrisiko übernimmt.
45 
d. Das Verschulden der Beklagten zu 2 liegt auf der Hand und wurde von ihr nicht widerlegt. Die Pflichtverletzungen der Beklagten zu 2 waren für die Anlageentscheidung ursächlich. Hierfür spricht bereits die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10, Tz. 40; Urt. v. 09.06.1998, XI ZR 220/97). Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte (BGH, Beschl. v. 09.03.2011, XI ZR 191/10). Etwas anderes könnte dann gelten, wenn eine gehörige Aufklärung beim Vertragspartner im konkreten Einzelfall einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (BGH, Urt. v. 13.07.2004, XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, Rn. 28).
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Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger in einen Entscheidungskonflikt gekommen wäre, wenn ihm das Erfordernis eines professionellen Risikomanagements mitgeteilt worden wäre, über das er unstreitig nicht verfügte und das die Beklagte zu 2 ihm auch nicht verbindlich angeboten hat. Auch ist nicht anzunehmen, dass der Kläger bei einem als wahrscheinlich dargestellten Ertrag von 59.020 EUR einen Austauschvertrag (Swap) mit einem sofortigen Wertverlust von 12.500 EUR, also von über 21% des erhofften Ertrages, akzeptiert hätte. Der Kläger war offensichtlich der ursprünglichen Auffassung, aus den Verträgen keine Verluste erzielen zu können. Dies ergibt sich u.a. aus dem Gesprächsprotokoll der Beklagten zu 2 vom 26.07.2005 (Anlage B2). Dem Kläger wurde zwar das generelle Verlustrisiko auf Grund von sich nach Vertragsschluss ändernden Umständen erläutert, nicht jedoch, dass der Vertrag bereits in der Verlustzone starten könnte. Im Übrigen wäre ihm bei einer anlegergerechten Beratung der streitgegenständliche Cross-Currency-Swap nicht angeboten worden, so dass er nicht in einen Entscheidungskonflikt hätte geraten können.
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e. Das Landgericht hat den Schaden zutreffend auf 390.724,87 EUR zuzüglich Kreditzinsen in Höhe von 21.554,16 EUR beziffert. Auch die weiteren Kreditzinsen aus dem Schadensbetrag von 390.724,87 EUR ab dem 01.12.2010, die erst in der Berufungsinstanz beziffert wurden, sind unstreitig. Die Berufung der Beklagten greift die Schadensberechnung nicht an. Soweit die Beklagten den Ansatz einer 1,5-fachen Anwaltsgebühr beanstanden, hat das Landgericht zu Recht wegen der im Zusammenhang mit den Swap-Verträgen bestehenden besonderen Schwierigkeit eine erhöhte Anwaltsgebühr anerkannt.
48 
f. Der Kläger muss sich kein Mitverschulden anrechnen lassen. Die Ausführungen des Landgerichts sind zutreffend und überzeugend. Für den Erfolg des Vertrages kam es entscheidend auf den Wechselkurs zum Stichtag am 30.06.2009 an. Auch die Beklagte zu 2 hat dem Kläger, entgegen dem missverständlichen erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten, keine Empfehlung zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages gegeben. Sie räumt selbst ein, dass der Vertrag trotz des Kurses und des vorübergehenden negativen Marktwertes noch ins Plus hätte drehen können (Schriftsatz vom 06.12.2010, S. 7, Bl. 141 d.A.), so dass der Schaden noch nicht feststand. Wenn jedoch sich bereits die fachkundige Beklagte zu 2 keine Prognose zutraute oder keine eindeutige Empfehlung zur Auflösung des Vertrages abgeben wollte, dann kann sie dem Kläger sein Festhalten am Vertrag nicht vorhalten. Entgegen dem Vortrag der Beklagten drängte sich dem Kläger die Notwendigkeit der Veräußerung nicht auf, sondern ihm wurden von der Beklagten zu 2 lediglich die möglichen Alternativen (Gesamtauflösung, Teilauflösung, Fortsetzung) gleichwertig nebeneinander dargestellt.
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Zudem war der Swap-Vertrag wegen des fehlenden Wissensstands des Klägers über dieses Produkt für diesen nicht geeignet, so dass seine vermeintliche Fehlentscheidung bereits ihre Ursache in der Empfehlung eines ungeeigneten Vertrages hat. Das kann die Beklagte zu 2 nicht entlasten.
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2. Klage gegen die Beklagte zu 1
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Die Beklagte zu 1 ist wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen gem. §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Ihre Aufklärungspflicht richtete sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Danach war die Beklagte zu 1 auch im unmittelbaren Kundengeschäft (OTC) zur Aufklärung über die entscheidungserheblichen Tatsachen verpflichtet (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1060, 1068). Der Umfang der Aufklärung hängt von der Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers und der Art der Anlage ab. Dabei ist die Informationsasymmetrie bzw. das Angewiesenheitsverhältnis zwischen Kunde und Bank zu berücksichtigten (Clouth in: Praktikerhandbuch, a.a.O., Rn. 1059 ff.). Der Kunde darf eine Vermittlung aller Informationen erwarten, die ihn in die Lage versetzen, eine eigenverantwortliche Entscheidung über den Abschluss oder Nichtabschluss des Geschäfts zu treffen. Insofern darf der Kunde ebenfalls eine Aufklärung darüber erwarten, dass es sich entgegen dem durch die Namensbezeichnung erweckten Eindruck (Swap) nicht um den Tausch von gleichwertigen Leistungen handelt, sondern um - für den Kunden nicht erkennbar - ungleichwertige Leistungen, die mit einem in der Höhe des anfänglichen negativen Marktwertes bestehenden Verlust verbunden sind. Auf die Ausführungen zur nicht objektgerechten Beratung durch die Beklagte zu 2 wird Bezug genommen. Insofern decken sich im Bereich der Informationspflichten die Aufklärungs- und Beratungspflichten, so dass es auf das Vorliegen eines Beratungsvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 nicht ankommt (Braun/Lang/Loy in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 13f. 222 ff.). Die fehlerhafte objektbezogene Aufklärung der Beklagten zu 2 muss sich die Beklagte zu 1 gem. § 278 BGB zurechnen lassen, weil sie dieser die Aufklärung des Kunden überlassen hat.
52 
Entgegen ihrer Auffassung wird die Beklagte zu 1 durch die Pflicht zur Offenbarung des negativen Marktwertes eines zu Spekulationszwecken konstruierten Swapvertrages auch nicht in ihrer Berufsausübungsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigt. Dieses Recht wird nur im Rahmen der allgemeinen Gesetze gewährt. Die vor allem in früheren Verfahren wiederholt vorgebrachte Argumentation, die Offenbarungspflicht würde die Banken verpflichten, ihre Gewinnmarge zu offenbaren, trifft nicht zu und wird in dieser Form von den Beklagten nicht aufrecht erhalten. Es ist unstreitig, dass der Marktwert nicht ausschließlich die Gewinnmarge wiederspiegelt, sondern auch weitere Verwaltungskosten und Kosten der Risikoabsicherung.
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Die Aufklärungspflicht gründet sich in den besonderen Umständen bei der Konstruktion des Swap-Vertrages und in der sich aus § 242 BGB ergebenden Pflicht, einen Vertragspartner nach Treu und Glauben über wesentliche Umstände aufzuklären, die ihm nicht bekannt sind, aber für den Abschluss und die Erreichung des Vertragszwecks von entscheidender Bedeutung sind. Die Informationspflicht hat nicht den Zweck, die Bank zur Offenbarung ihrer Gewinnmargen zu verpflichten. Sie resultiert aus einem außerordentlich hohen Informationsgefälle, das die Bank befähigt, ihre Erwerbsinteressen einseitig und ohne Rücksicht auf die Interessen des Kunden durchzusetzen. Es handelt sich um einen für den Kunden atypischen Austauschvertrag, den die Bank in einer für den Kunden nicht nachvollziehbaren Weise konstruiert hat und dessen Wert sich für den Kunden nicht erschließt. Es ist zwar nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte zu 1 für diese Leistung eine Vergütung verlangt, die ihrem Aufwand und ihrem legitimen Gewinnstreben Rechnung trägt. Nachdem die Beklagte vorträgt, die Gegenposition im Vertrag nicht selbst zu übernehmen, sondern das Risiko an andere Marktteilnehmer durch Hedge-Geschäfte weiterzugeben, handelt es sich bei der Marge letztendlich um einen Preis, den sie ihrem Kunden abverlangt. Die Beklagte zu 1 nennt allerdings diesen Preis nicht, wie andere Dienstleister oder Verkäufer es tun. Sie kann diesen verstecken, indem sie die im Swap-Vertrag enthaltenen und auszutauschenden Leistungen nicht gleichwertig gestaltet, sondern, ohne dass der Kunde das erkennen kann, dem Kunden eine höherwertige Leistungsverpflichtung unterschiebt. Dadurch ist sie in der Lage, dem Kunden den scheinbar kostenlosen Erwerb einer Gewinnchance zu suggerieren.
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Bezüglich Verschulden, Kausalität, Schaden und Mitverschulden kann auf die Ausführungen bei der Beklagten zu 2 verwiesen werden, soweit sie die objektgerechte Aufklärung betreffen. Insbesondere trifft der Beklagtenvortrag nicht zu, die Beklagte zu 2 habe die Auflösung des Cross-Currency-Swap empfohlen, so dass der Kläger auf eigenes Risiko weiter spekuliert habe.
55 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Die Entscheidung weicht nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofs ab und beruht im Wesentlichen auf den Umständen des Einzelfalls.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.