Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 23. Juni 2016 - 3 Bf 100/14

bei uns veröffentlicht am23.06.2016

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2014 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob es sich bei dem „Bankhaus W.“ um ein Baudenkmal i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG handelt.

2

Die Klägerin betreibt die Privatbank M.M. W. & Co. Die Bank wurde 1798 durch die Brüder M. M. und G. W. in Altona gegründet und finanzierte in ihrer Anfangszeit das Auslands- und Überseegeschäft des Hamburger Großhandels. Später bestanden zwischen den Teilhabern des Bankhauses und dem Hamburger Reeder Albert Ballin bzw. der HAPAG enge Verbindungen. Das Bankhaus betätigte sich in vielfältiger Weise zugunsten der deutschen Kolonialwirtschaft, die es finanziell unterstützte. Über die Beziehung zu Albert Ballin kam es zu mehreren beratenden Treffen zwischen M. M. W., der Teilhaber am Bankhaus war, und Kaiser Wilhelm II. M. M. W. selbst war Handelsrichter, an diversen Konsortien beteiligt, Vorstand der Hamburger Wertpapierbörse, Mitglied der Bürgerschaft und wurde auf diplomatische Missionen nach Schweden und in die Niederlande entsandt. 1915 wurde M. M. W. mit der Erstellung eines Gutachtens über die Auswirkungen eines verstärkten U-Boot-Krieges auf die wirtschaftliche Lage Deutschlands betraut.

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Während des Ersten Weltkriegs spielte M.M. W. & Co. eine bedeutende Rolle in der Devisenbeschaffung, welche der Finanzierung von Rohstoff- und Lebensmittelkäufen diente und wesentlich auf das persönliche Engagement der international stark vernetzten W.s zurückging. Nach Kriegsende wurde M. M. W. die Position des Reichsfinanzministers angeboten, die er aufgrund erwarteter Vorbehalte gegenüber seiner jüdischen Herkunft ablehnte. Bereits 1916 hatte er in einem Aufsatz „Die Judenfrage im Rahmen der deutschen Gesamtpolitik“ die mangelnde Teilhabemöglichkeit von Juden an öffentlichen Ämtern beklagt.

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Nach Beendigung des Ersten Weltkriegs war der Teilhaber der Bank Carl Melchior – dem eine bedeutende Rolle als Finanz- und Wirtschaftssachverständiger der deutschen Reichsregierung zukam, sodass ihm auch das Amt des Finanzministers und das Amt des Wiederaufbauministers angeboten wurden – als einziger Deutscher Mitglied im Finanzkomitee des Völkerbundes. Carl Melchior und M. M. W. waren auch beide an den Versailler Friedensverhandlungen beteiligt, verließen die Delegation jedoch aus Protest gegen die Reparationsverpflichtungen vorzeitig. Auf der Basler Konferenz setzte Carl Melchior 1931 als Leiter der deutschen Delegation das „Hoover-Moratorium“ durch, das die Reparationsverpflichtungen Deutschlands für einige Jahre aufhob.

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In den Anfangsjahren der Weimarer Republik beteiligte sich die Bank an der Deutschen Waren Treuhand-AG, die Exportkredite insbesondere für die Rohstoffveredelung sicherte. Dem Aufsichtsrat saß M. M. W. gemeinsam mit Paul von Mendelssohn-Bartholdy vor. Die Bank stellte enge Verknüpfungen mit England, Russland (Erlangung des Status als „offiziell Beauftragte der Russischen Staatsbank“) und den USA (dort Mitgründung der International Acceptance Bank zur Finanzierung von Getreideexporten nach Deutschland) her. Während der Hyperinflation, die 1923 zu einer massiven Geldentwertung führte und die eine Wirtschafts- und Bankenkrise zur Folge hatte, unterstützte M.M. W. & Co. die Hansestadt durch die Gründung der Hamburgischen Bank von 1923, die ein auf Gold basierendes Notgeld herausgab, mit dem die Löhne der Hafen- und Werftarbeiter bezahlt wurden. Auf Druck von M. M. W. gründete die Hamburger Bankenvereinigung zudem eine Stützungskommission, der M. M. W. vorsaß und die mehrere vom Konkurs bedrohte Banken rettete. 1928 war das Bankhaus an der Gründung der Nederlandsche Crediet en Finanziering Maatschappij zur Gewinnung ausländischen Kapitals für die deutsche Industrie beteiligt und führte den Ankauf von Gold für die deutsche Reichsbank durch. Weiterhin wirkte die Bank 1928 an der Fusion der Cuxhavener Hochseefischerei AG mit der Nordsee-Fischerei-Gesellschaft Bremen mit, stockte im selben Jahr das Kapital der Rudolph Karstadt AG auf und unterstützte die Hamburgische Baukasse AG bei der Finanzierung von Wohnungsbau.

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Zur Zeit des Nationalsozialismus engagierten sich das Bankhaus und insbesondere M. M. W. wesentlich für die Verbesserung der Situation der deutschen Juden. M. M. W. war Vorsitzender des jüdischen Waisenhauses, Vorstandsmitglied der Thalmud-Thora-Schule, Aufsichtsratsmitglied der Reichsvertretung der deutschen Juden, Vorsitzender des Hilfsvereins der Juden in Deutschland sowie Aufsichtsratsmitglied der Jüdischen Landarbeit AG und setzte sich in diesen Funktionen – unter anderem durch Vorsprache im Reichsinnenministerium – für Möglichkeiten zur Auswanderung der Juden aus Deutschland ein. Die M.M. W. & Co. war zu diesem Zweck Gründungsmitglied der Palästina-Treuhand-Stelle der Juden in Deutschland GmbH (Paltreu) und an der Gesellschaft zur Förderung wirtschaftlicher Interessen von in Deutschland wohnhaften oder wohnhaft gewesenen Juden m.b.H. (F.W.I.) sowie an der Allgemeinen Treuhandstelle für die jüdische Auswanderung GmbH (Alltreu) beteiligt. Kapital von jüdischen Auswanderern oder von von der Liquidation bedrohten jüdischen Unternehmen, von ehemaligen Kunden „arisierter“ jüdischer Privatbanken sowie das Kapital der Paltreu wurden von M.M. W. & Co. verwaltet.

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Im Jahr 1938 wurde die Bank zur Vermeidung weiterer Benachteiligung durch das NS-Regime bzw. der drohenden „Arisierung“ der Bank in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt, deren Kapital befreundete namhafte Industrielle zeichneten. Die Leitung wurde dem Generalbevollmächtigten B. und dem Geschäftsfreund W. übergeben, die Bank in B. , W. & Co. umbenannt. Die stille Beteiligung der Familie W. an der Bank wurde bei Kriegsausbruch beschlagnahmt und erst 1949 wieder rückerstattet. In der Folge wurden Mitglieder der Familie W. wieder Gesellschafter der Bank und die Bank änderte ihren Namen 1969 zu M.M. W.-B. W. & Co. Im Jahr 1991 kehrte sie zu ihrem ursprünglichen Namen M.M. W. & Co. zurück. Seit den 1970er Jahren gründete die Bank Tochtergesellschaften in Luxemburg, Frankfurt und Zürich, eröffnete Geschäftsstellen in Frankfurt, München, Berlin, New York und Jakarta und übernahm verschiedene andere Bankhäuser.

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Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks F. Straße /R. (Flurstück der Gemarkung A. –N. ). Dort hat das Bankhaus seit dem Jahr 1867 seinen Hauptsitz. Das auch heute noch vorhandene Bankgebäude entstand in zwei Bauphasen in den Jahren 1912 bis 1914 und in den Jahren 1922 bis 1925. Vor dem Ersten Weltkrieg wurden der Bereich an der Ecke R.. und A. sowie ein Abschnitt an der F. Straße errichtet. Die Pläne hierfür erstellte das Büro der Architekten Martin Haller und Hermann Geißler. Das noch aus der Nachbrandzeit stammende Zwischen-Gebäude auf der Ecke F. Straße und A. wurde in den Jahren 1922 bis 1924 abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. In den Jahren 1923/1924 wurde das gesamte Gebäude um ein Staffelgeschoss aufgestockt und in den Jahren 1924/1925 der Bau am R. erweitert. Alle Erweiterungen planten die Architekten Hans und Oskar Gerson. Dabei führten sie die von Haller und Geißler vorgegebene Gestaltung – teils in vereinfachter Form – weiter.

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Der bis heute unveränderte Fassadenaufbau des ursprünglich fünfgeschossigen, im Stil der Neurenaissance gestalteten und im Bereich der Binnenalsterbebauung weithin sichtbaren Gebäudes ist dreiteilig: An ein Sockelgeschoss aus Granit schließen sich drei Obergeschosse aus Sandstein an. Dabei ist das erste Obergeschoss durch Verdachungen der Fenster als piano nobile gekennzeichnet. Das Gebäude schließt nach oben mit einem aufwändig gestalteten Kranzgesims und einer Balustrade ab. Hinter dem Gebälk befindet sich das vierte Obergeschoss, das Tageslicht nur durch Oberlichte und Hoffenster erhält. Das in der zweiten Bauphase hinzugefügte fünfte Obergeschoss wurde als deutlich zurücktretendes Staffelgeschoss ausgeführt und wird von einer weiteren, der bereits vorhandenen Balustrade nachempfundenen Balustrade weitgehend verdeckt.

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Nach den Planzeichnungen von Haller und Geißler war im Untergeschoss u.a. der Tresorraum mit Stahlkammer untergebracht. Der Eingang und das Haupttreppenhaus befanden sich an der F. Straße Im Erdgeschoss waren u.a. der „Publikumsraum“, die Kassenhalle und die Wechselabteilung vorgesehen. Im ersten Obergeschoss befanden sich u.a. das Chefzimmer, zwei „Conferenzzimmer“ und der „Procuristen Raum“. In den darüber liegenden Geschossenen waren u.a. Archivflächen und zu vermietende Flächen vorgesehen. Im zweiten Obergeschoss war darüber hinaus u.a. das Sitzungszimmer vorgesehen. Bis zum Beginn der zweiten Bauphase fanden bereits einige Um-, Erweiterungs- und Neubauten statt. Die durch den Neubau des Eckhauses in der zweiten Bauphase neu geschaffenen Räumlichkeiten wurden überwiegend als Büroräume genutzt. Im vierten Obergeschoss wurden eine Küche und eine Kantine (das „Mitarbeiter-Kasino“) eingerichtet. Alle Stockwerke wurden mittels Durchbrüchen an die vorhandenen Altbauten angeschlossen.

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In der Folgezeit nach Beendigung der zweiten Bauphase – vor allem nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs – gab es zahlreiche Veränderungen am Gebäude, die ganz überwiegend in seinem Inneren stattfanden. So wurden etwa Kriegsschäden beseitigt, an mehreren Stellen neue Decken und Wände eingezogen und vorhandene Decken verstärkt, es fanden Nutzungsänderungen von Räumen und Änderungen der Raumaufteilung – einschließlich der hierfür teilweise erforderlichen Wanddurchbrüche – statt und es wurden verschiedene Modernisierungen (Heizungsanlagen, Fahrstühle, Klimatisierung etc.) vorgenommen. U.a. die historische Kassenhalle wurde Mitte der 1950er Jahre vollständig umgebaut. Wegen der weiteren diesbezüglichen Einzelheiten wird gemäß § 130b Satz 1 VwGO auf die Darstellung im Tatbestand des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 12. Mai 2014 (UA S. 6) Bezug genommen.

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Bereits im Jahr 1970 wurde das Bankgebäude auf einer vom Denkmalrat und von der Deputation der Behörde für Wissenschaft und Kunst gebilligten Liste der für schutzwürdig erklärten Kulturdenkmale geführt. Im Jahr 2007 informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass das Bankgebäude in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler nach § 7a Abs. 2 DSchG a.F. aufgenommen worden sei.

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Unter dem 9. Dezember 2010 legte die Beklagte eine fachliche Stellungnahme zum Denkmalwert vor und kam darin zu dem Ergebnis, dass der Erhalt des Gebäudes F. Straße /R. aus geschichtlichen Gründen und zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes im öffentlichen Interesse liege: Die Bedeutung des Bankgebäudes liege auf mehreren Ebenen. Es handele sich um ein Werk der für Hamburg immens wichtigen Architekturbüros Haller und Geißler sowie Hans und Oskar Gerson, die jeweils zu den führenden ihrer Zeit gerechnet würden. Der qualitätvolle Bau sei sowohl in den maßgeblichen zeitgenössischen Publikationen als auch in späteren Architekturführern seiner Bedeutung gemäß gewürdigt worden. Die Gestaltung mit Rückgriff auf die seinerzeit eigentlich überholte Neurenaissance sei bedeutsam für die Geschichte des Bautyps, denn sie zeige das Beharrungsvermögen des konservativ geprägten Bankwesens. Der enorme Ausbau des Gebäudes zwischen 1922 und 1925 belege das Leistungsvermögen des Bankhauses, das trotz der äußerst schwierigen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in die umfangreiche Erweiterung investiert habe. Insofern sei der Bau wichtig nicht nur für die Geschichte einer der großen und traditionsreichen Privatbanken, sondern auch für die Wirtschafts- und Baugeschichte der Stadt. Und schließlich lasse die vorgeschobene Lage an der trichterförmig zur Binnenalster aufgeweiteten Straße A. das Gebäude nicht nur seine nähere Umgebung prägen, sondern auch eine weiträumige Wirkung entfalten.

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Nach vorheriger Anhörung unterstellte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Februar 2011 das Gebäude gemäß §§ 2 Nr. 1, 6 Abs. 1 DSchG a.F. dem Denkmalschutz und teilte mit, dass das Gebäude in die Denkmalliste eingetragen werde, sobald die Unterschutzstellung unanfechtbar geworden sei. Zur Begründung verwies sie auf ihre fachliche Stellungnahme vom 9. Dezember 2010.

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Gegen den Bescheid vom 28. Februar 2011 erhob die Klägerin Widerspruch und legte im Widerspruchsverfahren ein Gutachten des Privatsachverständigen Dr. D. vom 11. April 2011 vor. In seiner Zusammenfassung (S. 19 f.) gelangte der Gutachter zu der Einschätzung, dass „sich die Neu-, Um- und Ausbauten und die Entkernungen derart negativ auf die Quantität der ehemals historischen Bausubstanz ausgewirkt (haben), dass die Denkmalqualität des Gebäudekomplexes F. Straße /R. erheblich eingeschränkt worden ist. Die Baumaßnahmen der letzten Jahrzehnte haben dazu geführt, dass die historische Bausubstanz um etwa 90 % durch Abbruch und Überformung abgenommen hat. In weiten Teilen finden sich Neubauten und Attrappen vermeintlich alter Einbauten im Gebäude. Dies ist nach Auffassung des Sachverständigen so nicht mit dem Gedanken der Denkmalpflege vereinbar. Selbst vorausgesetzt, es würde sich um ein Baudenkmal handeln, kann es nicht Ziel einer denkmalpflegerischen Baumaßnahme sein, als Ergebnis weitestgehend eine Kopie des Originals zu erhalten. Es besteht aus denkmalpflegerischer Sicht keinerlei Veranlassung, Ergebnisse von massiven Umbaumaßnahmen ungeprüft komplett unter Denkmalschutz zu stellen. Die bisher durchgeführten Baumaßnahmen haben zu einem weitestgehenden Untergang der historischen Substanz und damit zum Identitätsverlust des Gebäudekomplexes geführt (...). Ein öffentliches Interesse an der Erhaltung (...) kann für die weit überwiegenden Flächen der Gebäude nicht mehr abgeleitet werden. Daher wird von Seiten des Sachverständigen eine Schutzwürdigkeit im Sinne des § 2 DSchG FHH für den gesamten Gebäudekomplex in der vom Denkmalschutzamt geforderten pauschalen Form verneint (...). Nach Auffassung des Sachverständigen ist somit die Unterschutzstellung denkmalfachlich lediglich in Bezug auf die Fassaden F. Straße /A. /R. , das Haupttreppenhaus F. Straße und die beiden Besprechungsräume im 1. und 2. Obergeschoss mit den beschriebenen Nebenräumen und dem Flur im 1. Obergeschoss sowie (...) das Mitarbeiter-Kasino im 4. Stock an der Straße R. begründet“.

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In ihrer Widerspruchsbegründung bezog sich die Klägerin auf die Ausführungen in dem von ihr vorgelegten Gutachten, vertrat allerdings die Auffassung, dass auch eine nur teilweise Unterschutzstellung des Gebäudes nicht in Betracht komme: Die Fassade sei lediglich eine Kopie eines im Jahr 1875 in Frankfurt/Main errichteten Geschäftshauses und nicht in zeitgemäßem Stil errichtet. Der Ergänzungsbau auf der Ecke F. Straße und A. sei sogar nur eine „Kopie der Kopie“. Dementsprechend habe das Gebäude eine bloß untergeordnete Rolle im Werk der Architekten gespielt. Auch das Innere des Gebäudes, das im Übrigen nicht öffentlich zugänglich sei, rechtfertige eine denkmalschutzrechtliche Unterschutzstellung nicht. Etwa 90 % des Gebäudeinneren sei vollständig verändert worden und lasse die ursprüngliche Gestaltung nicht einmal mehr im Ansatz erkennen. Selbst die vom Gutachter als denkmalwürdig erachteten Räume seien Veränderungen ausgesetzt gewesen und könnten keinen Eindruck von dem Gebäude in seiner ursprünglichen Form und dem gestalterischen Gesamtkonzept mehr verschaffen. Aufgrund der Beschränkungen des Eigentumsrechts, die mit einer denkmalschutzrechtlichen Unterschutzstellung verbunden seien, sei es nicht gerechtfertigt und stehe es nicht im öffentlichen Interesse, vereinzelte Elemente dem Denkmalschutz zu unterstellen.

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In seiner Sitzung vom 20. Oktober 2011 empfahl der Denkmalrat, das Gebäude F. Straße /R. unter Denkmalschutz zu stellen und den Widerspruch gegen die Unterschutzstellung zurückzuweisen.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2011 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. Februar 2011 zurück: Bei dem Gebäude des Bankhauses W. handele es sich um ein Denkmal i.S.v. § 2 Nr. 1 DSchG a.F., da seine Erhaltung sowohl aus geschichtlichen Gründen als auch wegen seiner Bedeutung für die charakteristischen Eigenheiten des Stadtbildes im öffentlichen Interesse liege. Die geschichtliche Bedeutung ergebe sich aus der herausragenden Bedeutung der Architekturbüros von Haller und Geißler sowie der Gebrüder Gerson für die Hamburger Architekturgeschichte. Das Gebäude habe durchaus Resonanz in der Fachliteratur gefunden und finde in verschiedenen Fachpublikationen Erwähnung. Seine geschichtliche Bedeutung erhalte das Gebäude zudem aufgrund seines Erweiterungsbaus, der in einem Zeitraum politischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten entstanden sei, in dem viele andere Bauvorhaben geruht hätten. Es könne auch keine Rede davon sein, dass es sich bei dem Gebäude um eine Kopie eines Geschäftshauses in Frankfurt/Main handele. Die einzige Gemeinsamkeit sei, dass auch jenes Gebäude im Stil der Neurenaissance errichtet worden sei. Auch sei der Baustil nicht unzeitgemäß, sondern kennzeichnend für das konservativ geprägte Bankgeschäft. Die im Laufe der Jahrzehnte vorgenommenen baulichen Veränderungen führten nicht zum Verlust des Denkmalcharakters. Sie seien nicht derart gravierend, wie dies der von der Klägerin beauftragte Gutachter zu suggerieren versuche. Es sei zu einer Vielzahl von kleineren Veränderungen gekommen, wie sie in Bürohäusern üblich seien. So seien etwa das Versetzen von Trennwänden, der Durchbruch von Türen, die partielle Verstärkung von Decken zur Aufnahme von Registraturen, der Umbau von Aufzügen etc. geläufige Maßnahmen. In größeren (insbesondere Repräsentations-) Bereichen sei sogar, wie dies auch im Gutachten des von der Klägerin beauftragten Gutachters zum Ausdruck gelange, die historische Raumstruktur mit der dazugehörigen Ausstattung erhalten geblieben (Eingangsbereich mit Haupttreppenhaus, Direktionsräume, Sitzungszimmer und Vortragssaal). Lediglich der Kassensaal sei verloren. Im Übrigen komme eine Teilunterschutzstellung nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der typische zwischen den Bauteilen bestehende Funktionszusammenhang nicht mehr gegeben sei.

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Mit ihrer Klage hat sich die Klägerin zunächst (nur) gegen den Unterschutzstellungsbescheid vom 28. Februar 2011 und den Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2011 gerichtet und im Wesentlichen geltend gemacht: Die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung seien nicht erfüllt. Das Gebäude habe keine geschichtliche Bedeutung. Etwa 90 % der historischen Bausubstanz im Innern des Gebäudes sei in den letzten Jahrzehnten durch Abbruch und Überformungen verloren gegangen. Das Gebäude sei weitgehend entkernt worden. Von den ursprünglich vorgesehenen identitätsstiftenden Räumlichkeiten sei entweder nichts mehr oder es sei lediglich noch ein historisierender neuer Innenausbau vorhanden, dem kein Denkmalwert zukomme. Die historische Bedeutung des Gebäudes könne auch nicht aus der Bedeutung der Architekten, die es geplant hätten, abgeleitet werden. Es habe in der Fachwelt keine besondere Wertschätzung erfahren und sei im Gesamtwerk der Architekten unbedeutend. Auch habe das Gebäude keine stadtbildprägende Bedeutung. Hierfür reiche es nicht bereits aus, dass es auch aus weiterer Distanz wahrgenommen werden könne.

20

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 28. Februar 2011 und den Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2011 aufzuheben und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

22

Nachdem am 1. Mai 2013 das neue Denkmalschutzgesetz in Kraft getreten ist, hat die Beklagte das Gebäude Bankhaus W. in die Denkmalliste nach § 6 DSchG eingetragen.

23

Die Klägerin hat ihre Anträge daraufhin umgestellt und beantragt,

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den Verwaltungsakt der Eintragung des Gebäudes Bankhaus W., F. Straße /R. in die Denkmalliste aufzuheben und die Eintragung zu löschen,

25

hilfsweise festzustellen, dass das Gebäude Bankhaus W., F. Straße /R. weder ganz noch teilweise eine bauliche Anlage ist, deren Erhaltung wegen der geschichtlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt oder deren Erhaltung zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes im öffentlichen Interesse liegt,

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sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

27

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

29

Die Beklagte hat auf die angefochtenen Bescheide und auf die von ihr erstellte fachliche Stellungnahme Bezug genommen und ergänzend geltend gemacht: Das Gebäude habe sowohl architekturhistorische Bedeutung als auch Bedeutung für die Wirtschafts- und Baugeschichte Hamburgs. Nicht erforderlich sei, dass dies am Gebäude selbst ablesbar sein müsse. Die im Laufe der Zeit vorgenommenen kleineren Veränderungen seien punktuell erfolgt und hätten die Denkmaleigenschaft des (Gesamt-) Gebäudes nicht entfallen lassen. Selbst die größeren Eingriffe hätten nur in so begrenzten Teilbereichen Veränderungen an der Struktur hervorgerufen, dass sie für das Gesamtgebäude unerheblich seien. Wesentliche Repräsentationsbereiche seien ganz oder überwiegend erhalten. Eine Teilunterschutzstellung komme regelmäßig – und auch hier – nicht in Betracht, denn es handele sich um eine einheitliche Sache und die Behandlung von Teilen habe regelmäßig Auswirkungen auf das Ganze. Etwas anderes könne nur ausnahmsweise gelten, wenn der Funktionszusammenhang zwischen der Fassade und den übrigen Teilen des Gebäudes nicht mehr vorhanden sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

30

In dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2014 hat das Verwaltungsgericht Beweis erhoben über die Blickbeziehungen zu dem Gebäude sowie über das Erscheinungsbild des Gebäudes und der Räumlichkeiten des Bankhauses durch Inaugenscheinnahme. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll und die Anlagen hierzu Bezug genommen.

31

Mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2014 hat das Verwaltungsgericht „festgestellt, dass das Gebäude Bankhaus W. keine bauliche Anlage ist, deren Erhaltung wegen der geschichtlichen Bedeutung oder zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes im öffentlichen Interesse liegt, mit Ausnahme der äußeren Gestalt, deren Erhaltung wegen der geschichtlichen Bedeutung und zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes im öffentlichen Interesse liegt, sowie der folgenden Gebäudeteile, deren Erhaltung wegen der geschichtlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt: Das gesamte Haupttreppenhaus mit Eingangsbereich, die gesamten in der Anlage zur Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 12.5.2014 (im Folgenden: Niederschrift) mit den Nummern 5 und 6 bezeichneten Treppenhäuser im R. flügel, im Kellergeschoss der Kundentresor, im Erdgeschoss sowie im 1. OG der in der Niederschrift mit Nummer 4 bezeichnete Tresorraum, im 1. OG der Eingangsbereich vor dem Haupttreppenhaus, alle Flure, alle zum A. gelegenen Räume inklusive der Eckräume, die in der Niederschrift mit den Nummern 27-31 bezeichneten, zur F. Straße gelegenen Räume sowie die Innenfassade oberhalb der Kassenhalle beidseitig, im 2. OG die in der Niederschrift mit den Nummern 33 und 34 bezeichneten Besprechungsräume sowie im 4. OG das in der Niederschrift mit der Nummer 38 bezeichnete Mitarbeiterkasino“. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

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Seine Entscheidung hat das Verwaltungsgericht wie folgt begründet: Mit dem Hauptantrag sei die Klage unzulässig, weil es sich bei der Eintragung in die Denkmalliste mangels Regelungswirkung nicht um einen Verwaltungsakt handele. Mit dem Hilfsantrag sei die Klage als Feststellungsklage zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Das Denkmalschutzgesetz sei anwendbar. An seiner Verfassungsmäßigkeit bestünden keine durchgreifenden Zweifel. Die äußere Gestalt des Gebäudes – allerdings nur diese – erfülle die Voraussetzungen der Schutzkategorie der Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes, da das Gebäude kennzeichnender Bestandteil der typisch historischen Stadtstruktur der Hamburger Innenstadt östlich der Binnenalster sei. Dem Bankgebäude komme überdies zu erheblichen, aber abtrennbaren Teilen geschichtliche Bedeutung zu. Bei M.M. W. & Co. handele es sich um ein bedeutendes und traditionsreiches Hamburger Privatbankunternehmen, das von Beginn des deutschen Kaiserreichs bis Ende der 1930er Jahre sowohl für die hamburgische als auch für die gesamtdeutsche Finanz- und Wirtschaftsgeschichte eine wichtige Rolle gespielt habe. Ihr historisch vielfältig hervorragendes Agieren hebe die Bank deutlich von anderen Banken ab. Diese Entwicklungen würden durch das in der F. Straße /R. belegene Bankgebäude dokumentiert. Dort habe die Bank seit dem Jahr 1867 ihren Hauptsitz. Die prägende historische Fassade, aber auch die noch erhaltenen repräsentativen historischen Räumlichkeiten zeugten von der wirtschaftlichen Bedeutung, die die Bank einst innegehabt habe und die ihr noch heute zukomme, und seien für den sachverständigen bzw. den verständigen, über die geschichtlichen Zusammenhänge unterrichteten Betrachter ein Zeugnis der beschriebenen geschichtlichen Bedeutung. Die im Urteilstenor genannten Bauteile und Räumlichkeiten hätten historische Aussagekraft, seien in hinreichendem Maße erhalten und hätten deshalb Aussagekraft für das Bankhaus, seine Bedeutung und Entwicklung. Die übrigen Räumlichkeiten und Bauteile befänden sich demgegenüber nicht mehr in bauzeitlichem Zustand. An ihnen ließen sich keine besonderen geschichtlichen Bezüge mehr ablesen. Die vorgenommenen Umbauten hätten zwar nicht zur Folge gehabt, dass die geschichtliche Bedeutung des Gebäudes entfallen sei. Sie stünden aber einer denkmalschutzrechtlichen Unterschutzstellung über die bauzeitlich erhaltenen Teilbereiche hinaus entgegen. Dies gebiete der verfassungsrechtliche Schutz des Eigentums mit Blick darauf, dass bereits mit der Feststellung der Denkmaleigenschaft erhebliche Belastungen für den Grundstückseigentümer verbunden seien. Es sei nicht zu besorgen, dass im Falle einer nur teilweisen Unterschutzstellung der Denkmalwert durch Veränderung nicht geschützter Teile im Innern des Gebäudes beeinträchtigt werden könnte. Dies werde durch den Umgebungsschutz gemäß § 8 DSchG verhindert. Die Erhaltung der im Tenor genannten Gebäudeteile liege auch im öffentlichen Interesse. Es gebe keine große Zahl vergleichbarer Gebäude in Hamburg. Im Vergleich zu den Umgebungsbauten erscheine das Bankgebäude nicht weniger bedeutend oder belanglos. Zudem erschließe sich seine geschichtliche Bedeutung dem verständigen Betrachter und sei seine Erhaltung auch aufgrund seines guten Erhaltungszustands geboten. Der Feststellung, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig gewesen sei, habe es im Hinblick auf den Streitgegenstand der (Feststellungs-) Klage nicht bedurft.

33

Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 12. Mai 2014, in dem es die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat, ist der Beklagten am 13. Juni 2014 zugestellt worden.

34

Am 11. Juli 2014 hat die Beklagte Berufung erhoben und diese – nach entsprechender Fristverlängerung – am 24. Oktober 2014 begründet. Die Berufungsbegründung der Beklagten ist der Klägerin am 27. Oktober 2014 mit einfacher Post übersandt worden. Am 1. Dezember 2014 hat die Klägerin Anschlussberufung erhoben und diese gleichzeitig begründet.

35

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Das Bankhaus W. habe insgesamt geschichtliche Bedeutung und präge das Stadtbild, denn das Gebäude beziehe seine besondere historische und städtebauliche Bedeutung gerade aus der Korrespondenz von Gestaltung und – bis heute unveränderter und das Innere wie das Äußere gleichermaßen betreffender – Nutzung. Selbst wenn nur Teilen des Gebäudes eigenständiger Denkmalwert zuzuschreiben wäre, müsse es insgesamt unter Schutz gestellt werden. Aus der Funktion des Denkmalschutzes, wonach Denkmäler Aufschluss über ihre geschichtliche Nutzung durch den Menschen geben sollten, folge, dass eine denkmalrechtliche Unterschutzstellung nur von einzelnen denkmalwerten Teilen eines Bauwerks nicht in Betracht komme, wenn die aus der Zeit der Errichtung des Bauwerks stammende übrige Bausubstanz im Wesentlichen noch erhalten sei und der typische zwischen den denkmalwerten und den ursprünglichen übrigen Teilen des Gebäudes bestehende Funktionszusammenhang noch bestehe. Danach komme eine Unterschutzstellung von bloßen Teilen eines Gebäudes regelmäßig nur im Falle seiner Entkernung in Frage. Dieses Verständnis liege auch der Gesetzesbegründung zugrunde. Dem stehe der Wortlaut von § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG nicht entgegen, denn daraus ergäben sich nicht die Voraussetzungen einer denkmalrechtlichen Teilbarkeit von Bauwerken. Auch eine systematische Auslegung von § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG ergebe, dass das Gesetz generell von einer ganzheitlichen Betrachtung von Denkmälern ausgehe. Art. 14 GG gebiete keine andere Auslegung. Die Abwägung zwischen dem öffentlichen (Denkmalschutz-) Interesse am unveränderten Erhalt eines Denkmals und dem Eigentümerinteresse erfolge nicht auf der Ebene der Bestimmung, ob eine bauliche Anlage ein Denkmal sei, sondern auf der Ebene, auf der die Rechte und Pflichten des Eigentümers im Einzelfall konkretisiert würden.

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Die Beklagte beantragt,

37

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

38

Die Klägerin beantragt,

39

festzustellen, dass das Gebäude Bankhaus W., F. Straße /R. weder ganz noch teilweise eine bauliche Anlage ist, deren Erhaltung wegen der geschichtlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt oder deren Erhaltung zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes im öffentlichen Interesse liegt,

40

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,

41

sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

42

Zur Begründung ihrer Anschlussberufung nimmt die Klägerin auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug und trägt ergänzend vor: Die von dem Verwaltungsgericht als denkmalwert eingestuften Gebäudeteile seien größtenteils nicht banktypisch, sondern typisch für ein Geschäftshaus. Sie reichten nicht aus, um die geschichtliche Bedeutung als Bankhaus zu dokumentieren und seine ganzheitliche Unterschutzstellung zu rechtfertigen. Zur Begründung ihres Antrags auf Zurückweisung der Berufung der Beklagten macht die Klägerin insbesondere geltend: Aus der Nutzung eines Gebäudes könne nicht seine Denkmalwürdigkeit abgeleitet werden, zumal diese im Falle des Bankgebäudes nach außen nicht relevant sichtbar werde. Die Gründe, die die Beklagte für die Notwendigkeit anführe, ein in wesentlichen Bereichen verändertes Gebäude im Grundsatz vollständig unter Denkmalschutz zu stellen, überzeugten nicht. Sie seien beliebig, ohne Aussagewert und erschöpften sich in bloßen Behauptungen. Das Verständnis der Beklagten sei mit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie nicht zu vereinbaren.

43

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie auf die Sachakten der Kulturbehörde (2 Hefter und ein Gutachten) sowie die Bauakten des Bezirksamts Hamburg-Mitte (Band I bis V und VII bis XI, insgesamt zehn Aktensammeltaschen mit diversen Vorgängen) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg, während die zulässige Anschlussberufung der Klägerin in der Sache ohne Erfolg bleibt.

I.

45

Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin sind zulässig. Insbesondere sind die maßgeblichen gesetzlichen Fristen eingehalten.

46

Die Beklagte hat die Berufung rechtzeitig innerhalb der Frist des § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO erhoben. Die Berufungsbegründung lag dem erkennenden Gericht ebenfalls rechtzeitig innerhalb der gemäß § 124a Abs. 3 Satz 3 VwGO verlängerten Begründungsfrist vor.

47

Auch die Anschlussberufung hat die Klägerin rechtzeitig erhoben. Hierfür braucht nicht geklärt zu werden, wann der Klägerin die Berufungsbegründungsschrift zugegangen ist. Denn die Frist des § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist vorliegend nicht in Lauf gesetzt worden, weil der Klägerin die Berufungsbegründungsschrift nicht förmlich zugestellt worden ist. Da sich den Gerichtsakten auch kein Hinweis auf einen Zustellungswillen des Gerichts entnehmen lässt, greift auch die Zustellungsfiktion aus § 56 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 189 ZPO nicht ein (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.9.2010, 7 C 20.09, DVBl. 2010, 1508, juris Rn. 18; OVG Hamburg, Urt. v. 11.11.2009, 2 Bf 201/06, NordÖR 2010, 29, juris Rn. 31).

II.

48

Die Berufung der Beklagten ist begründet, während die Anschlussberufung der Klägerin unbegründet ist. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die Klage nur teilweise abgewiesen und im Übrigen – in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang – festgestellt, dass das Gebäude Bankhaus W., F. Straße. /R. keine bauliche Anlage ist, deren Erhaltung wegen der geschichtlichen Bedeutung oder zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes im öffentlichen Interesse liegt. Denn die Klage ist in dem Umfang, in dem sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, zwar zulässig (hierzu 1.), aber insgesamt unbegründet (hierzu 2.) und daher vollständig abzuweisen.

49

1. Die Klage ist in dem Umfang, in dem sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist – den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch gestellten Anfechtungsantrag betreffend die Eintragung des Bankgebäudes in die Denkmalliste hat die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht aufrechterhalten –, zulässig.

50

Sie ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO statthaft. Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Als Rechtsverhältnis in diesem Sinne werden die rechtlichen Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.11.2003, 3 C 44.02, NVwZ-RR 2004, 253, juris Rn. 18; Urt. v. 23.1.1992, 3 C 50.89, BVerwGE 89, 327, juris Rn. 29, m.w.N.).

51

Zwischen den Beteiligten ist das Bestehen bzw. Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses in dem dargestellten Sinne streitig. Denn sie streiten darüber, ob für die Klägerin die sich insbesondere aus den §§ 7, 9, 10, 12 und 13 DSchG ergebenden Pflichten gegenüber der Beklagten gelten, weil sie Eigentümerin einer konkreten baulichen Anlage ist, die die Voraussetzungen eines Baudenkmals i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG erfüllt. Auch der Gesetzgeber sieht die allgemeine Feststellungsklage als die in einer derartigen Konstellation geeignete Rechtsschutzform an, mit der eine Klärung der Denkmaleigenschaft einer baulichen Anlage erreicht werden kann (vgl. Bü-Drs. 20/5703, S. 3, 15).

52

Der Statthaftigkeit des von der Klägerin gestellten Feststellungsantrags steht nicht entgegen, dass sie diesen auf bestimmte Schutzkategorien i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG beschränkt hat. Hierdurch hat sie in zulässiger Weise einerseits den Sachverhalt und andererseits die Rechtsnormen, die das vorliegend streitige Rechtsverhältnis begründen und kennzeichnen, verengt und damit den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens konkretisiert. Ob es einer derartigen Konkretisierung zur Wahrung der Belange des Denkmaleigentümers etwa in einem späteren Änderungsgenehmigungsverfahren zwingend bedarf, ist eine andere Frage. Zutreffend verweist das Verwaltungsgericht insoweit zwar auf die Rechtsprechung des erkennenden Gerichts zur sog. denkmalschutzrechtlichen Kategorien-Adäquanz (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 22.10.2013, 2 Bs 283/13, BauR 2014, 543, juris Rn. 5, m.w.N.; s. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 21.2.2008, OVG 2 B 12.06, LKV 2008, 413, juris Rn. 23) und darauf, dass es vor diesem Hintergrund geboten sein kann, nicht nur die Denkmaleigenschaft einer baulichen Anlage schlechthin, sondern auch die einschlägigen denkmalrechtlichen Schutzkategorien verbindlich zu klären. Doch auch ohne eine nähere Konkretisierung der Schutzkategorien ist das Gericht im (zumal negativen) Feststellungsstreit gehalten zu prüfen, welche der verschiedenen Schutzkategorien aus § 4 Abs. 2 DSchG die Denkmaleigenschaft einer baulichen Anlage (nicht) begründen. Die insoweit getroffenen Feststellungen dürften den Streitgegenstand (mit-) prägen und damit i.S.v. § 121 VwGO der materiellen Rechtskraft fähig sein, weil sich aus ihnen erst der prozessuale Anspruch, über den das Gericht entschieden hat, und damit der Streitgegenstand des Verfahrens (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.11.2007, 8 B 81.07, ZOV 2008, 53, juris Rn. 5, m.w.N.) ergibt. Allerdings bestünde für das angerufene Gericht in einem uneingeschränkten, d.h. nicht auf bestimmte Schutzkategorien i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG beschränkten Feststellungsstreit keine Notwendigkeit, die Betroffenheit weiterer Schutzkategorien zu prüfen, wenn es zu der Einschätzung gelangte, das jedenfallseine Schutzkategorie erfüllt ist. Für den Verfügungsberechtigten kann aber gerade mit Blick auf die Bedeutung der denkmalschutzrechtlichen Kategorien-Adäquanz (s.o.) in einem späteren, etwa auf Erteilung einer Änderungsgenehmigung gerichteten Verwaltungsverfahren ein Interesse daran bestehen, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob mehr als nur eine Schutzkategorie i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG betroffen ist. In einem derartigen Fall würde mit einer nicht beschränkten bzw. mit einer im Hinblick auf die in Betracht kommenden Schutzkategorien i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG nicht näher konkretisierten Feststellungsklage den Belangen des Denkmaleigentümers nicht vollständig Rechnung getragen.

53

Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen teilt der erkennende Senat nicht die kürzlich von dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vertretene Auffassung, die denkmalrechtlichen Bedeutungskategorien stellten lediglich tatbestandliche Voraussetzungen für die Annahme eines Denkmals dar und könnten deshalb für sich genommen nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 21.4.2016, OVG 2 B 24.12, juris Rn. 40 f.). Nach den vorstehenden Ausführungen kann eine auf die Feststellung, eine bestimmte bauliche Anlage sei kein Denkmal i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG, gerichtete Klage vielmehr in zulässiger Weise auf bestimmte denkmalrechtliche Schutzkategorien i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG beschränkt bzw. konkretisiert werden. Der erkennende Senat vermag auch nicht zu erkennen, aus welchem Grund die Bedenken, die nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg gegen die Zulässigkeit einer auf bestimmte Schutzkategorien i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG beschränkten Feststellungsklage bestehen, dann nicht greifen, wenn die Feststellungsklage unbeschränkt erhoben wird. Auch in einem derartigen Rechtsstreit, in dem die Feststellung begehrt würde, eine bestimmte bauliche Anlage unterliege nicht dem Denkmalschutz, hätte das Gericht die Bedeutungskategorien des § 4 Abs. 2 DSchG und damit die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm inzident zu prüfen (s.o.). Überdies erscheint die Erhebung einer beschränkten, d.h. im Hinblick auf die in Betracht kommenden Schutzkategorien i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG konkretisierten Feststellungsklage jedenfalls dann sachgerecht, wenn – wie vorliegend – das Nichtvorliegen bestimmter Bedeutungskategorien zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht. Dann besteht keine Notwendigkeit, die Frage des Vorliegens oder Nichtvorliegens dieser Kategorien (auch) zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreits zu machen.

54

Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht auch nicht § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegen, wonach die Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 12. Mai 2014 darauf verwiesen, dass sich der ursprünglich streitgegenständlich gewesene Unterschutzstellungsbescheid erledigt hat.

55

Auch eine – wohl im Wege der Leistungsklage zu erstreitende – Löschung der Eintragung des Bankhauses in die Denkmalliste gemäß § 6 DSchG könnte die Rechtsstellung der Klägerin nicht entscheidend verbessern, weil seit der zum 1. Mai 2013 erfolgten Einführung des sog. ipsa-lege-Prinzips im Hamburgischen Denkmalschutzrecht die Denkmaleigenschaft unmittelbar aus dem Gesetz folgt und gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG „der Schutz nach diesem Gesetz (...) nicht von der Eintragung dieser Denkmäler in die Denkmalliste abhängig“ ist. Etwas anderes folgt nicht aus § 6 Abs. 1 Satz 4 DSchG. Danach kann die Einhaltung der gesetzlichen Schutzpflichten von der bzw. dem Verfügungsberechtigten erst ab der Eintragung verlangt werden. Der in § 6 Abs. 1 Satz 4 DSchG zum Ausdruck kommende Eintragungsvorbehalt bezieht sich indes nur auf die Schutzpflichten der Verfügungsberechtigten aus § 7 DSchG. Andere Pflichten des Denkmaleigentümers sind demgegenüber nicht von der Eintragung abhängig. Der Genehmigungsvorbehalt aus § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG etwa gilt unabhängig von der Eintragung eines Denkmals in die Denkmalliste (anders aber offenbar VG Hamburg, Urt. v. 18.3.2015, 9 K 1021/13, juris Rn. 25). Maßnahmen auf der Grundlage des § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG wegen Fehlens einer Genehmigung können daher auch dann angeordnet werden, wenn ein Denkmal noch nicht in die Denkmalliste eingetragen worden ist (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 3.12.2014, 2 Bs 214/14, NordÖR 2015, 129, juris Rn. 7). Für dieses Verständnis sprechen zum einen der Wortlaut und die Systematik der §§ 6 Abs. 1 Satz 4, 7 ff. DSchG. In § 6 Abs. 1 Satz 4 DSchG ist nur von „gesetzlichen Schutzpflichten“ die Rede, und Abschnitt II des Denkmalschutzgesetzes (§§ 7 ff. DSchG) unterscheidet ausdrücklich zwischen „Schutzbestimmungen und Genehmigungsverfahren“. Hierfür spricht zum anderen der Zweck des Genehmigungsverfahrens und das mit der Einführung des ipsa-lege-Systems auch verfolgte Ziel einer Verfahrensvereinfachung und -verschlankung (vgl. Bü-Drs. 20/5703, S. 3). Beides bliebe wenig wirksam bzw. ließe sich kaum erreichen, setzte der Genehmigungsvorbehalt eine Eintragung eines Denkmals in die Denkmalliste voraus. Und schließlich kommt hinzu, dass der Gesetzgeber mit § 6 Abs. 1 Satz 4 DSchG im Interesse des Verfügungsberechtigten lediglich eine Klarstellung bezweckt hat, die vor dem Hintergrund der Bedeutung der Kenntnis der Schutzpflichten für das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat zu sehen ist (vgl. Bü-Drs. 20/5703 S. 16; hierzu auch OVG Hamburg, a.a.O.).

56

Es bestehen angesichts der zahlreichen Pflichten und Beschränkungen, die sich für den Eigentümer bzw. Verfügungsberechtigten aus der Denkmaleigenschaft einer baulichen Anlage ergeben, schließlich auch keine Zweifel daran, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung i.S.v. § 43 Abs. 1 HS 2 VwGO hat (vgl. OVG Magdeburg, Urt. v. 14.10.2004, 2 L 454/00, BRS 77 Nr. 95, juris Rn. 25; siehe auch Bü-Drs. 20/5703, S. 15).

57

2. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Die Klägerin kann die Feststellung, dass das Gebäude Bankhaus W., F. Straße. /R. keine bauliche Anlage ist, deren Erhaltung wegen der geschichtlichen Bedeutung oder zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes im öffentlichen Interesse liegt, nicht – auch nicht teilweise – verlangen. Denn es handelt sich bei dieser baulichen Anlage insgesamt um ein Baudenkmal i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG. Das Denkmalschutzgesetz findet Anwendung, weil der Senat keine Zweifel an seiner Verfassungsgemäßheit hat (hierzu a]). Das Gebäude Bankhaus W. hat insgesamt und nicht nur in Teilen geschichtliche Bedeutung (hierzu b]) und ist mitprägend für das Stadtbild (hierzu c]). Seine Erhaltung bzw. Bewahrung liegt im öffentlichen Interesse (hierzu d]).

58

a) Die vorliegend relevanten Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes – insbesondere § 4 Abs. 2 DSchG und das in § 6 DSchG zum Ausdruck kommende sog. ipsa-lege-Prinzip – sind verfassungsgemäß (so bereits im Ansatz OVG Hamburg, Beschl. v. 15.2.2016, 3 Bs 239/15, BauR 2016, 1143, juris Rn. 11 f.).

59

Dies gilt zunächst im Hinblick auf das rechtsstaatliche Gebot hinreichender Normenklarheit und -bestimmtheit, das zu prüfen deshalb Anlass besteht, weil die Verwendung wertungsbedürftiger und unbestimmter Rechtsbegriffe zur Bestimmung der Denkmaleigenschaft nach § 4 DSchG Auslegungs- und Subsumtionsschwierigkeiten mit sich bringt.

60

Das Bestimmtheitsgebot zwingt den Gesetzgeber nicht, den Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Der Gesetzgeber ist jedoch gehalten, seine Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Die Notwendigkeit der Auslegung einer gesetzlichen Begriffsbestimmung nimmt ihr noch nicht die Bestimmtheit, die der Rechtsstaat von einem Gesetz fordert. Es genügt, wenn die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.5.1988, 2 BvR 579/84, BVerfGE 78, 205, juris Rn. 27, m.w.N.).

61

Diesen Anforderungen werden § 4 Abs. 2 DSchG und die dortige Bezugnahme auf bauliche Anlagen mit einer „geschichtlichen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Bedeutung“ oder mit Relevanz für „charakteristische Eigenheiten des Stadtbildes“ gerecht. Die Verwendung wertausfüllender Begriffe ist im Denkmalschutzrecht im Hinblick auf die Vielschichtigkeit der zu regelnden Sachverhalte, die auch nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Forschung zu beurteilen sind, ersichtlich nicht vermeidbar. Die hierdurch in Randbereichen möglicherweise bedingten Auslegungsschwierigkeiten folgen aus der Eigenart des geregelten Sachverhalts. Sie sind bei Berücksichtigung des Regelungszwecks nicht zu umgehen und daher von Verfassungs wegen hinzunehmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.5.1988, 2 BvR 579/84, BVerfGE 78, 205, juris Rn. 27; BVerwG, Beschl. v. 9.10.1997, 6 B 42.97, LKV 1998, 150, juris Rn. 12 ff.; Beschl. v. 26.4.1996, 4 B 19.96, juris Rn. 7 f.; Beschl. v. 10.7.1987, 4 B 146.87, NJW 1988, 505, juris Rn. 7; VerfGH Berlin, Beschl. v. 25.3.1999, 35/97, LKV 1999, 361, juris Rn. 19; OVG Berlin, Urt. v. 3.1.1997, 2 B 10.93, BauR 1998, 773, juris Rn. 4 ff.; OVG Lüneburg, Urt. v. 30.10.1995, 6 L 2747/94, OVGE MüLü 46, 319, juris Rn. 3).

62

Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil dem seit dem 1. Mai 2013 geltenden und vorliegend zur Anwendung gelangenden Denkmalschutzgesetz das sog. ipsa-lege-Prinzip zugrunde liegt und eine konstitutive Unterschutzstellung (nebst einer ihr beigegebenen Begründung) dort nicht mehr vorgesehen ist. Auch das in Hamburg „neue“ Denkmalschutzrecht sieht hinreichende verfahrensrechtliche Regelungen vor, die die aus der Verwendung wertausfüllender Begriffe resultierende Unsicherheit für den Betroffenen zumutbar erscheinen lassen. So regelt § 6 Abs. 1 Satz 4 DSchG, dass die Einhaltung der gesetzlichen Schutzpflichten von der bzw. dem Verfügungsberechtigten erst ab der Eintragung eines Denkmals in die Denkmalliste verlangt werden kann (s.o.), über die gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 DSchG zu informieren ist. Damit bleibt für den Betroffenen insbesondere nicht unklar, ob für ihn die unmittelbar aus § 7 DSchG folgenden Erhaltungs- und Instandsetzungspflichten gelten. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht überdies darauf hingewiesen, dass der Betroffene sich im Fall einer Eintragung bei der Beklagten über die Gründe für die Eintragung informieren und somit eine konkretisierende Einschätzung der Schutzgründe durch die Fachbehörde erhalten kann. Und schließlich hat der Betroffene – grundsätzlich unabhängig von einer Eintragung – bei Vorliegen eines berechtigten Interesses jederzeit die Möglichkeit, das (Nicht-) Vorliegen der Denkmaleigenschaft gerichtlich im Rahmen eines Feststellungsprozesses überprüfen zu lassen (vgl. hierzu auch OVG Magdeburg, Urt. v. 14.10.2004, 2 L 454/00, BRS 77 Nr. 95, juris Rn. 25; OVG Lüneburg, Urt. v. 30.10.1995, 6 L 2747/94, OVGE MüLü 46, 319, juris Rn. 3 a.E.; vgl. auch Bü-Drs. 20/5703, S. 3). Von einer unzulässigen Verkürzung der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG wegen des Fehlens eines anfechtbaren Unterschutzstellungsbescheides unter der Geltung des ipsa-lege-Prinzips kann vor diesem Hintergrund – hierauf soll der Vollständigkeit halber hingewiesen werden – nicht ernsthaft die Rede sein (i.E. ebenso BVerwG, Beschl. v. 26.4.1996, 4 B 19.96, juris Rn. 9; VerfGH Berlin, Beschl. v. 25.3.1999, 35/97, LKV 1999, 361, juris Rn. 26).

63

Auch die mit der Denkmaleigenschaft aus § 4 Abs. 2 DSchG verbundene Beschränkung der Eigentumsfreiheit ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. § 4 Abs. 2 DSchG stellt in Verbindung mit anderen Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes (insbesondere §§ 7, 9, 10, 12 und 13 DSchG) eine zulässige Regelung über Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar.

64

Der Gesetzgeber hat bei Regelungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sowohl der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch dem Sozialgebot des Art. 14 Abs. 2 GG in gleicher Weise Rechnung zu tragen. Er hat dabei die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Das Maß und der Umfang der dem Eigentümer von der Verfassung zugemuteten und vom Gesetzgeber zu realisierenden Bindung hängt danach wesentlich davon ab, ob und in welchem Ausmaß das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht. Die normierten Eigentumsbindungen dürfen nicht – gemessen am sozialen Bezug, an der sozialen Bedeutung des Eigentumsobjekts und am verfolgten Regelungszweck – zu einer übermäßigen Belastung führen und den Eigentümer im vermögensrechtlichen Bereich unzumutbar treffen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.7.1987, 4 B 146.87, NJW 1988, 505, juris Rn. 4 f.).

65

Diesen Anforderungen genügen § 4 Abs. 2 DSchG und die weiteren Bestimmungen im Denkmalschutzrecht, die die Rechte und Pflichten der Betroffenen regeln und ausgestalten. Die mit dem Denkmalschutz verfolgte Zielsetzung ist verfassungsrechtlich legitim (vgl. BVerfG, Beschl. v. 2.3.1999, 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226, juris Rn. 81). Das betroffene Eigentumsobjekt wird gerade in seiner sozialen Funktion erfasst, weil ihm nach § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG eine „Bedeutung“ zukommen und seine Erhaltung bzw. Bewahrung im öffentlichen Interesse liegen muss. Die Qualität der Bedeutung bzw. die Relevanz der dem Denkmalschutz unterfallenden Anlagen wird durch die Bezugnahme auf eine „geschichtliche, künstlerische oder wissenschaftliche Bedeutung“ bzw. durch ihre Eignung, „zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes“ beizutragen, näher präzisiert und konkretisiert. Die damit für den Betroffenen im Weiteren verbundenen Belastungen werden hinreichend dadurch ausgeglichen, dass die Erhaltungs-, Schutz- und Instandsetzungspflichten des Verfügungsberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 DSchG unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit stehen und dass die Versagung einer Genehmigung zur Durchführung beabsichtigter Änderungsmaßnahmen am Denkmal gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 DSchG vom Vorliegen überwiegender Gründe des Denkmalschutzes abhängig ist. Das Denkmalschutzgesetz ist damit insgesamt auf einen Ausgleich der öffentlichen und privaten Interessen angelegt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.10.1997, 6 B 42.97, LKV 1998, 150, juris Rn. 9; Beschl. v. 26.4.1996, 4 B 19.96, juris Rn. 6; Beschl. v. 10.7.1987, 4 B 146.87, NJW 1988, 505, juris Rn. 6; OVG Lüneburg, Urt. v. 30.10.1995, 6 L 2747/94, OVGE MüLü 46, 319, juris Rn. 2).

66

b) Das Gebäude Bankhaus W. hat geschichtliche Bedeutung i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG.

67

Der Denkmalschutz dient der Erhaltung beweglicher und unbeweglicher Sachen aus historischen Gründen im weitesten Sinne. Es sollen hierdurch kunst- und architekturgeschichtliche Epochen und Entwicklungen, aber auch sozial-, wirtschafts- und kulturgeschichtliche sowie allgemein die Geschichte der Menschheit betreffende Ereignisse und Zeitabschnitte dokumentiert werden. Die geschichtliche Bedeutung eines Objekts folgt dabei aus seinem Wert für die Dokumentation früherer Bauweisen und der politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sonstigen Verhältnisse, die in ihm zum Ausdruck gelangen.

68

Dies vorausgeschickt, hat eine bauliche Anlage dann i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG geschichtliche Bedeutung, wenn sie geeignet ist, geschichtliche Entwicklungen aufzuzeigen oder zu erforschen. Dies ist dann der Fall, wenn das Objekt für die politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sonstigen Verhältnisse in bestimmten Zeitepochen einen Aussagewert hat, wenn ihm als Wirkungsstätte namhafter Personen oder als Schauplatz historischer Ereignisse ein bestimmter Erinnerungswert beizumessen ist oder wenn es im Sinne eines Assoziationswertes einen im Bewusstsein der Bevölkerung vorhandenen Bezug zu bestimmten politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sonstigen Verhältnissen seiner Zeit herstellt. Entscheidend ist der dokumentarische und exemplarische Charakter des Schutzobjekts als ein Zeugnis der Vergangenheit. Dabei muss ein Denkmal, um einen Aussagewert zu besitzen, nicht selbsterklärend sein. Zwar dient Denkmalschutz gerade der Erhaltung von Anschauungsmaterial. Für ein Denkmal ist deshalb die optische Wahrnehmbarkeit einer historischen Aussage charakteristisch. Diese Erkenntnis darf jedoch nicht zu der Schlussfolgerung verleiten, dass die den Denkmalwert begründende geschichtliche Bedeutung unmittelbar, d.h. ohne dass es einer Erläuterung der geschichtlichen Zusammenhänge bedarf, am Objekt selbst und auch für einen „unbefangenen“ Betrachter ablesbar sein muss. Die Entfaltung eines Aussagewertes setzt in der Regel vielmehr die Bereitschaft des Betrachters voraus, sich mit dem Objekt und den in ihm verkörperten historischen Gegebenheiten auseinander zu setzen. Dies macht ein zumindest punktuell bzw. temporär angeeignetes Fachwissen erforderlich. Dies gilt umso mehr, wenn die geschichtliche Bedeutung nicht unmittelbar am Objekt selbst ablesbar ist, sondern erst im Zusammenwirken mit anderen Quellen sichtbar wird (vgl. zum Vorstehenden OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, 2 Bf 298/02, NordÖR 2007, 498, juris Rn. 57 ff.; vgl. ferner OVG Schleswig, Beschl. v. 10.3.2006, 1 LA 11/06, NordÖR 2006, 321, juris Rn. 6; OVG Magdeburg, Urt. v. 14.10.2004, 2 L 454/00, BRS 77 Nr. 95, juris Rn. 30; OVG Münster, Urt. v. 17.12.1999, 10 A 606/99, BRS 77 Nr. 58, juris Rn. 33).

69

Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei dem Bankhaus W. um ein Baudenkmal i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG, weil es geschichtliche Bedeutung hat. Der Privatbank M.M. W. & Co. kommt für sich genommen historische Bedeutung zu (hierzu aa]), die in der bauliche Anlage auf dem Grundstück F. Straße /R. , wo sie seit fast 150 Jahren ununterbrochen ihren Hauptsitz hat, Ausdruck gefunden hat und auch heute noch unverändert Ausdruck findet (hierzu bb]). Daran hat sich nichts dadurch geändert, dass das Gebäude nicht mehr vollständig im Originalzustand erhalten ist (hierzu cc]). Das Gebäude unterfällt ungeachtet der im Laufe der Jahre und Jahrzehnte erfolgten baulichen Veränderungen insgesamt und nicht nur in Teilen dem Denkmalschutz (hierzu dd]).

70

aa) Der Privatbank M.M. W. & Co. kommt für sich genommen historische Bedeutung zu. Dies hat das Verwaltungsgericht in der erstinstanzlichen Entscheidung überzeugend dargestellt. Den dortigen Ausführungen schließt sich der Senat an: M.M. W. & Co. ist ein bedeutendes und traditionsreiches Privatbankunternehmen, das von Beginn des deutschen Kaiserreichs bis Ende der 1930er Jahre sowohl für die hamburgische als auch für die gesamtdeutsche Finanz- und Wirtschaftsgeschichte eine wichtige, in allgemeine soziale und wirtschaftliche Zusammenhänge hineinwirkende Rolle gespielt hat und durch historisch herausragende Persönlichkeiten – insbesondere die Teilhaber M. M. W. und Carl Melchior – geprägt wurde. Diese zeigt sich zunächst in der Unterstützung der Außen- und Kolonialwirtschaft durch die Teilhaber, aber auch durch die Bank selbst, ihre enge Verbindung zur Reederei- und Schifffahrtswirtschaft in Hamburg, in deren Mitwirkung an der Devisenbeschaffung zur Finanzierung von Rohstoff- und Lebensmittelkäufen während des Ersten Weltkriegs sowie – insbesondere für die Verhältnisse in Hamburg von großer Bedeutung und mit der Bauzeit der Erweiterung des Bankgebäudes zusammentreffend – an der wirtschaftlichen und finanziellen Bewältigung der Hyperinflation. Während der Zeit des Nationalsozialismus hat die Bank überdies dazu beigetragen, dass sich Menschen jüdischen Glaubens vor nationalsozialistischer Verfolgung im Ausland in Sicherheit bringen konnten. Dieses historisch vielfältig hervorragende Agieren des Unternehmens selbst und ihrer Teilhaber hebt die Bank deutlich von anderen Banken ab.

71

bb) Die historische Bedeutung des Bankhauses W. hat in der baulichen Anlage auf dem Grundstück F. Straße /R. Ausdruck gefunden. Dort hat die Bank seit fast 150 Jahren ununterbrochen ihren Hauptsitz. Das auch heute dort noch vorhandene Bankgebäude existiert seit mehr als 100 Jahren bzw. – was den Erweiterungsbau anbelangt – seit mehr als 90 Jahren. Wesentliche die Bank prägenden Persönlichkeiten haben dort bereits gewirkt. Weitreichende Entscheidungen, die die besondere geschichtliche Bedeutung der Bank und der sie prägenden Persönlichkeiten begründen, müssen dort getroffen worden sein. Von der Bank und ihren Teilhabern ausgehende geschichtliche Entwicklungen müssen dort ihren Ausgang genommen haben.

72

Dieser weit in die Vergangenheit reichende geschichtliche Bezug wird durch das Bankgebäude, das untrennbar mit der Klägerin verbunden ist, vergleichbar einem Geburtshaus repräsentiert und für den informierten und mit den historischen Gegebenheiten vertrauten Betrachter erlebbar gemacht. Das Bankgebäude steht in besonderer Weise auch für die wechselvolle Geschichte der Bank und ist damit geeignet, Zeugnis für die Vergangenheit abzulegen. Es handelt sich nicht nur um (irgend-) ein Bankgebäude, das von der Klägerin genutzt wird, sondern seit jeher um ihren Hauptsitz und die Wirkungsstätte der das Unternehmen prägenden Persönlichkeiten. Dies entspricht auch dem Selbstverständnis der Klägerin. Ihre Internetauftritte (www.mmW..de und www.mmW.gruppe.com; beide abgerufen am 22. April 2016) betonen die lange Tradition des Bankhauses, seine bewegte Vergangenheit und die sich daraus ergebende Stärke und Solidität. Dort beruft sich die Klägerin vielfach, etwa zur Erläuterung ihres sozialen Engagements, auf die Historie des Bankhauses und die Haltung ihres früheren Teilhabers M.. M. W.. Der Internetauftritt verbindet diese Informationen mit zahlreichen Bildern der Fassade des Bankgebäudes oder von Teilen der Fassade aus unterschiedlichen Perspektiven, aber auch besonders repräsentativer Ansichten aus dem Inneren des Bankgebäudes. Ferner betont die Klägerin in verschiedenen, mit Ansichten des Bankgebäudes verbundenen Texten ihres Internetauftritts, dass sie seit jeher ihren Sitz in der F. Straße habe. Nichts anderes gilt für die Selbstdarstellung der Klägerin in ihrer über das Internet abrufbaren Broschüre „Portrait“. Auch dort betont sie in Text und Bild die historische Verbundenheit zwischen Gebäude und Bank. Auch auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 12. Mai 2014 (UA S. 25) wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 130b Satz 2 VwGO Bezug genommen.

73

Ohne Relevanz für die vorliegend vorgenommene Einordnung des Bankgebäudes als bauliche Anlage mit geschichtlicher Bedeutung i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG ist, ob und inwieweit das Selbstverständnis der Klägerin und ihre gerade in der Vergangenheit begründete Bedeutung in der architektonischen Konzeption, der Bauweise oder der Ausstattung des Bankgebäudes sichtbar zum Ausdruck gelangen. Wird – wie hier – die historische Bedeutung nicht architekturgeschichtlich begründet, sondern vornehmlich daraus abgeleitet, dass dem Gebäude als – im weitesten Sinne – Schauplatz historischer Ereignisse und Entwicklungen und als Wirkungsstätte historisch bedeutender Persönlichkeiten ein Erinnerungswert beizumessen ist, kommt es hierauf nicht an. Handelte es sich bei dem Bankgebäude schon immer um einen von außen wie innen schmucklosen und unauffälligen Bau, trübte dies den Erinnerungswert nicht. Denn es kommt – wovon das Verwaltungsgericht im Ansatz zutreffend ausgegangen ist – gerade nicht darauf an, dass sich die geschichtliche Bedeutung unmittelbar, d.h. ohne dass es einer Erläuterung der geschichtlichen Zusammenhänge bedarf, am Objekt selbst ablesen lassen muss. Hierauf laufen aber die Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu, inwieweit in der architektonischen Gestaltung, Bauweise und Ausstattung des Bankhauses das Selbstverständnis und die wirtschaftliche Stärke der Klägerin Ausdruck gefunden haben (UA S. 25 ff.), im Ergebnis hinaus. Aus den vorgenannten Gründen können auch die Ausführungen der Klägerin in ihrer Berufungserwiderung bzw. Anschlussberufungsbegründung vom 1. Dezember 2014 (S. 2 bis 4, 6) dazu, dass das Innere und das Äußere des Gebäudes Bankhaus W. nicht – auch nicht, soweit es noch im Originalzustand erhalten ist – „banktypisch“ bzw. „nutzungstypisch“ seien, seine Denkmaleigenschaft nicht in Frage stellen.

74

cc) Die Denkmaleigenschaft des Bankgebäudes ist – ungeachtet der noch zu klärenden Frage, ob das Bankgebäude ganz oder nur teilweise dem Denkmalschutz unterfällt (dazu unten unter dd]) – nicht deshalb entfallen, weil es nicht mehr vollständig im Originalzustand erhalten ist, sondern es im Laufe der Jahre zahlreiche Veränderungen und Eingriffe, insbesondere im Inneren des Gebäudes, gegeben hat (vgl. hierzu OVG Hamburg, Beschl. v. 6.12.2012, 2 Bf 133/11.Z, BRS 79 Nr. 207, juris Rn. 22). Von geschichtlicher Bedeutung i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG sind nicht nur Objekte, die in ihrer Bausubstanz und äußeren Gestalt im Urzustand bestehen geblieben sind. Spätere Zusätze und Änderungen, die dem jeweiligen Zeitgeschmack entsprechen oder der Erhaltung der Funktionalität geschuldet sind, werden gerade bei älteren Gebäuden häufig auftreten. Sie prägen dann in aller Regel das Erscheinungsbild des Denkmals mit und lassen den Denkmalwert nicht entfallen (vgl. OVG Münster, Urt. v. 10.6.1985, 11 A 960/84, BRS 44 Nr. 123, juris Ls; Urt. v. 20.4.1998, 7 A 6059/96, BRS 77 Nr. 56, juris Rn. 58 f.; Urt. v. 26.8.2008, 10 A 3250/07, BRS 73 Nr. 208, juris Rn. 47 f.; OVG Magdeburg, Urt. v. 14.10.2004, 2 L 454/00, BRS 77 Nr. 95, juris Rn. 35; OVG Bautzen, Beschl. v. 23.6.2006, 1 B 227/05, BRS 70 Nr. 199, juris Rn. 6).

75

Etwas anderes kann dann gelten, wenn die Bausubstanz „rettungslos abgängig“ ist (vgl. OVG Magdeburg, Urt. v. 14.10.2004, 2 L 454/00, BRS 77 Nr. 95, juris Rn. 35) oder wenn die Sache insgesamt nur noch eine Rekonstruktion des Originals darstellt. Ein Wegfall der ehedem vorhandenen Denkmaleigenschaft eines Gebäudes kommt außerdem in Betracht, wenn – was die Klägerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht hat, vorliegend vor allem für erwägenswert erachtet – als Folge von weitreichenden Veränderungen ein Objekt entstanden ist, das seine Gestalt und seinen Charakter ganz wesentlich auch durch die neu errichteten Bestandteile erhalten hat (vgl. OVG Münster, Urt. v. 21.7.1999, 7 A 3387/98, BauR 2000, 384, juris Rn. 4 ff.) und bei dem deshalb die Bedeutungskategorie des Denkmals nicht mehr erlebbar ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 21.2.2008, OVG 2 B 12.06, BRS 73 Nr. 204, juris Rn. 18; Beschl. v. 27.12.2011, OVG 2 N 104.09, BauR 2012, 687, juris Rn. 3). Bei Gebäuden, denen – wie dies bei dem Bankhaus W. der Fall ist – Erinnerungswert gerade als Schauplatz historischer Ereignisse und als Wirkungsstätte historisch bedeutender Persönlichkeiten zukommt, kann die Denkmaleigenschaft ferner dann entfallen, wenn auch aufgrund von Veränderungen am Denkmal selbst oder aufgrund einer späteren Umnutzung, die ihrerseits die Wahrnehmung der baulichen Anlage entscheidend prägt, die Identität des Denkmals (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 6.12.2012, 2 Bf 133/11.Z, BRS 79 Nr. 207, juris Rn. 22) grundlegend verändert und der Erinnerungswert deshalb derart gravierend geschmälert ist, dass er auch für den informierten Betrachter nicht mehr erlebbar ist.

76

Von all dem kann vorliegend nicht die Rede sein. Eine Umnutzung des immer als Bankhaus genutzten Gebäudes hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Auch ist die historische Bausubstanz in weiten Teilen noch erhalten. Dies gilt ersichtlich für die im Wesentlichen unverändert gebliebene – und für den Erinnerungswert deshalb und wegen ihres äußerlich prägenden Eindrucks besonders relevante (zum Erfordernis einer „qualitativen Betrachtung“: OVG Münster, Urt. v. 26.8.2008, 10 A 3250/07, BRS 73 Nr. 208, juris Rn. 48) – Fassade. Dies gilt aber ebenso für das Innere des Gebäudes. Aus den beigezogenen Bauakten und anhand der Lichtbilder, die sich bei den Akten – insbesondere in dem von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten – befinden, kann nachvollzogen werden, dass die vorgenommenen Veränderungen nicht zu einer grundlegenden Änderung der Gestalt und des Charakters des Gebäudes geführt haben. Die vorgenommenen Anpassungen und Modernisierungen, die – wie etwa der Einbau von Trennwänden, der Einbau und Austausch von Zubehör, die Nutzungsänderung einzelner Räume, die Veränderung der Raumaufteilung oder das Abhängen von Decken – zum Teil nicht einmal irreversibel sind, sind den veränderten Funktionsanforderungen an ein Bankgebäude aufgrund veränderter technischer, wirtschaftlicher und organisatorischer Rahmenbedingungen geschuldet und damit Ausdruck dafür, dass auch ein Bankgebäude „durch die Zeit geht“. Auch wenn – etwa durch die grundlegende Umgestaltung der historischen Kassenhalle – von den vorgenommenen Änderungen zum Teil wesentliche, d.h. unter dem Gesichtspunkt des Denkmalschutzes besonders relevante Gebäudeteile betroffen sind, schmälern sie nicht die Eignung des Bankgebäudes, als Zeugnis der Geschichte des Unternehmens der Klägerin und der sie prägenden Persönlichkeiten zu dienen.

77

Im Übrigen sind die – auch im Berufungsverfahren wiederholten (vgl. S. 4 des Schriftsatzes vom 1. Dezember 2014) – Angaben der Klägerin, es befinde sich ca. 90 bis 95 % der Räume im Gebäude nicht mehr in einem historischen Zustand, nicht näher belegt. Sie lassen sich auch mit dem Inhalt der beigezogenen Bauakten nicht in Einklang bringen. Die Beklagte hat ihrerseits zuletzt darauf hingewiesen, sie gehe davon aus, dass noch ca. 75 % der Gebäudesubstanz im Originalzustand erhalten sei, und die Klägerin hat dem nicht widersprochen. Offenbar meint sie bzw. der von ihr beauftragte Gutachter, auf den die Einschätzung, die „historische Bausubstanz (habe) um etwa 90 % durch Abbruch und Überformung abgenommen“ (vgl. S. 19 des Gutachtens des Privatsachverständigen Dr. D. vom 11. April 2011), zurückgeht, der Denkmalwert eines Gebäudes oder eines Gebäudeteils entfalle mit jeder Veränderung bzw. bereits dann, wenn einzelne Bauteile verändert bzw. Zubehörstücke auch nur ausgetauscht werden. Für ein solches Verständnis gibt es weder im Denkmalschutzgesetz eine Grundlage, noch lässt es sich mit dem Bestreben nach effektivem Denkmalschutz, der auch die (Weiter-) Nutzbarkeit eines Denkmals gewährleisten soll, in Einklang bringen.

78

dd) Das Gebäude unterfällt insgesamt und nicht nur in Teilen dem Denkmalschutz. Eine Reduzierung des Denkmalschutzes auf diejenigen Teile des Gebäudes, die noch im bauzeitlichen Zustand unverändert vorhanden sind bzw. die maßgeblich von solchen Teilen geprägt werden, kommt vorliegend nicht in Betracht.

79

Der erkennende Senat teilt für den vorliegend relevanten Geltungsbereich des § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG die auch im Übrigen in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretene Auffassung, dass die Unterschutzstellung eines Gebäudes als Baudenkmal das Gebäude regelmäßig in seiner Gesamtheit umfasst. Die nach § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG auch mögliche Beschränkung der Unterschutzstellung auf einen Teil einer Anlage setzt demgegenüber voraus, dass dieser gegenüber dem nicht schutzwürdigen Teil überhaupt einer selbständigen Bewertung unter Gesichtspunkten des Denkmalschutzes zugänglich ist und in diesem Sinn als abtrennbarer Teil der Anlage erscheint. Insbesondere scheidet die isolierte Unterschutzstellung der Fassade eines Hauses in aller Regel aus, wenn die aus der Zeit der Errichtung des Hauses bzw. der Fassade stammende Bausubstanz der übrigen Teile im Wesentlichen noch erhalten und der typische zwischen der Fassade und den ursprünglichen übrigen Teilen des Gebäudes bestehende Funktionszusammenhang noch gegeben ist, und zwar selbst dann, wenn – was vorliegend nicht einmal der Fall ist (s.o.) – im Grunde nur die Fassade Denkmalcharakter hat und die sonstigen Gebäudeteile für sich gesehen keine Denkmaleigenschaft besitzen (vgl. OVG Münster, Urt. v. 2.11.1988, 7 A 2826/86, BRS 48 Nr. 117, juris Rn. 4 ff.; Urt. v. 30.7.1993, 7 A 1038/92, NVwZ-RR 1994, 135, juris Rn. 41 ff.; OVG Schleswig, Urt. v. 10.10.1995, 1 L 27/95, juris Rn. 38; Urt. v. 13.9.2007, 2 A 273/05, juris Rn. 29; siehe auch OVG Hamburg, Urt. v. 1.2.1988, Bf II 69/85, NVwZ-RR 1989, 117, juris Ls).

80

Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts in seinem erstinstanzlichen Urteil findet im Gesetz keine Stütze. § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG ist nicht dahin auszulegen, dass regelmäßig nur eine Teilunterschutzstellung derjenigen Gebäudeteile erfolgen darf, denen isoliert betrachtet ein eigenständiger Denkmalwert zukommt.

81

Für den Ansatz des Verwaltungsgerichts spricht nicht der Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG. Dort heißt es zwar, dass ein Baudenkmal „eine bauliche Anlage oder ein Teil einer baulichen Anlage“ sei. Zu den Voraussetzungen, unter denen (nur) einem Teil einer baulichen Anlage Denkmalwert beikommt, trifft die Vorschrift aber keine Aussage. Namentlich schließt es der Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG nicht aus, einen Teil einer baulichen Anlage nur dann gesondert dem Denkmalschutz zu unterstellen, wenn dieser gegenüber dem nicht schutzwürdigen Teil überhaupt einer selbständigen Bewertung unter Gesichtspunkten des Denkmalschutzes zugänglich ist und in diesem Sinn als abtrennbarer Teil der Anlage erscheint. Der Wortlaut ist demnach für die hier interessierende Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG unergiebig.

82

Demgegenüber stützt der Wille des Gesetzgebers das hier vertretene Verständnis vom Verhältnis einer Gesamtunterschutzstellung und einer Teilunterschutzstellung. In der Gesetzesbegründung (Bü-Drs. 20/5703, S. 15) heißt es, dass „der Schutzumfang bei Baudenkmälern (...) im Regelfall das Baudenkmal als Ganzes und damit grundsätzlich auch das Innere des Gebäudes (umfasst). Eine Teilunterschutzstellung (beispielsweise lediglich der Fassade) kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn zwischen der Denkmalsubstanz und den neuen Elementen keinerlei Funktionszusammenhang mehr besteht. Das ist im Regelfall nur bei einer vollständigen Entkernung des Gebäudes (Austausch der inneren Tragstruktur von Geschossdecken und Stützen) gegeben“. Dieser im Senatsvorschlag geäußerte Wille hat zwar, worauf das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung hingewiesen hat, nicht unmittelbar in den Gesetzestext Eingang gefunden. Er kann aber wie jede Gesetzesbegründung zur historischen Auslegung des Gesetzestextes herangezogen werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass – worauf das Verwaltungsgericht ferner hingewiesen hat – in der Bürgerschaft eine kontroverse Diskussion des Entwurfs stattgefunden hat, in der auch die Eigentümerbelange und die öffentlichen Interessen an einer Beschränkung der Reichweite des Denkmalschutzes zum Ausdruck kamen (vgl. Plenarprotokoll 20/55 der 55. Sitzung der Bürgerschaft vom 27. März 2013, S. 4265 ff.). Denn zum einen wurde die kontroverse Diskussion nicht über die Frage von Inhalt und Grenzen einer Teilunterschutzstellung im Rahmen des § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG geführt, sondern über die Rechtsschutzmöglichkeiten des Eigentümers nach der Umstellung auf das ipsa-lege-Prinzip. Zum anderen wurde der Gesetzesentwurf, auf den sich die Gesetzesbegründung bezieht, in Bezug auf die Teilunterschutzstellung in unveränderter Form in erster und zweiter Lesung von der Bürgerschaft beschlossen (zum Vorstehenden: VG Hamburg, Urt. v. 21.7.2015, 9 K 2909/11, juris Rn. 67).

83

Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers spiegele lediglich den zu einem bestimmten Zeitpunkt – nämlich bei Erlass eines Gesetzes – vorhandenen Rechtsstandpunkt wider und beinhalte keine Vorgabe „für die Ewigkeit“, vermag dieser Einwand das Ergebnis und die Relevanz der vorgenommenen historischen Auslegung nicht zu entkräften. Der Gesetzgeber bringt seinen Willen regelmäßig (nur) im Zeitpunkt des Erlasses eines Gesetzes zum Ausdruck; zu einem späteren Zeitpunkt besteht hierfür meist weder Anlass noch Gelegenheit. Die Bedeutung des gesetzgeberischen Willens für die Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift wird hierdurch nicht geschmälert. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber des § 4 Abs. 2 DSchG nach dem Erlass des Gesetzes sein in den Gesetzesmaterialen geäußertes Normverständnis zwischenzeitlich revidiert hätte. Ob es sich hierbei um eine Vorgabe „für die Ewigkeit“ handelt, spielt keine Rolle. Jedenfalls bislang hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 4 Abs. 2 DSchG mit dem Inhalt, wie er in den Gesetzesmaterialen zum Ausdruck gelangt ist, nicht geändert, und auch höherrangiges Recht zwingt nicht zu einer hiervon abweichenden Auslegung der Vorschrift (hierzu sogleich).

84

Auch eine systematische Auslegung des § 4 Abs. 2 DSchG stützt die hier vertretene, die Einheit der baulichen Anlage in den Vordergrund stellende Betrachtungsweise. Denn nach § 4 Abs. 2 Satz 2 DSchG gehören zu einem Baudenkmal sogar sein Zubehör und seine Ausstattung, soweit sie mit dem Baudenkmal eine Einheit bilden. Dabei müssen die Zubehör- bzw. Ausstattungsstücke keinen eigenständigen Denkmalwert aufweisen, sondern es kommt darauf an, dass sie mit dem Baudenkmal eine Einheit bilden und dieser Einheit insgesamt Denkmalwert zukommt. Für einzelne Teile einer baulichen Anlage, die – anders als etwa Zubehörstücke (vgl. § 97 Abs. 1 BGB) – als wesentliche Bestandteile der Sache nicht Gegenstand besonderer (Zivil-) Rechte sein können (vgl. §§ 93, 94 Abs. 2 BGB), kann – erst Recht – nichts anderes gelten.

85

Gegen das hier vertretene Verständnis des § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG, dem zufolge die Unterschutzstellung eines Gebäudes als Baudenkmal das Gebäude regelmäßig in seiner Gesamtheit umfasst, sprechen auch nicht verfassungsrechtliche Erwägungen. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG gebietet nicht ein Verständnis des § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG, wonach regelmäßig nur eine Teilunterschutzstellung derjenigen Gebäudeteile erfolgen darf, denen isoliert betrachtet ein eigenständiger Denkmalwert zukommt. Den sich aus Art. 14 GG ergebenden Maßgaben werden die denkmalschutzrechtlichen Bestimmungen vielmehr auch dann gerecht, wenn § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG dahin ausgelegt wird, dass die Unterschutzstellung eines Gebäudes als Baudenkmal das Gebäude regelmäßig in seiner Gesamtheit umfasst (i.E. ebenso OVG Münster, Urt. v. 2.11.1988, 7 A 2826/86, BRS 48 Nr. 117, juris Rn. 17 f.; Urt. v. 30.7.1993, 7 A 1038/92, BRS 55 Nr. 135, juris Rn. 56 f.; Urt. v. 12.9.2006, 10 A 1541/05, BauR 2007, 363, juris Rn. 68; OVG Schleswig, Urt. v. 10.10.1995, 1 L 27/95, juris Rn. 38).

86

Gemäß Art. 14 Abs. 1 GG werden das Eigentum und das Erbrecht gewährleistet; Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Die Pflichten, die das Denkmalschutzrecht dem Eigentümer eines Denkmals auferlegt und die sich unmittelbar aus dem Gesetz (insbesondere aus den §§ 7 und 9 DSchG) ergeben, sind Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfG, Beschl. v. 2.3.1999, 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226, juris Rn. 72 ff.). Der Gesetzgeber muss bei solchen Regelungen die Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verlangt, dass in erster Linie Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers real vermeiden und die Privatnützigkeit des Eigentums soweit wie möglich erhalten (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.4.2009, 4 C 3.08, BVerwGE 133, 347, juris Rn. 8, m.w.N.).

87

Den belastenden Vorschriften des Denkmalschutzrechts fehlt es, wenn das hier vertretene Normverständnis des § 4 Abs. 2 DSchG zugrunde gelegt wird, nicht bereits an der Erforderlichkeit. Diese stellt die Klägerin der Sache nach in Frage, indem sie in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen hat, dass von einer „Grundvernunft“ bzw. von einer „Grundrationalität“ der Denkmaleigentümer ausgegangen werden könne und das ihrer Meinung nach in den gesetzlichen Vorschriften zum Ausdruck gelangende „Grundmisstrauen“ nicht angebracht sei. Abgesehen davon, dass diese Erwägungen nicht den vorliegend zu klärenden Umfang des Denkmalschutzes, sondern schlechthin die Frage nach der Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung des Denkmalschutzes betreffen, greifen sie auch im Übrigen nicht durch. Das im Fall der Klägerin anzunehmende Interesse daran, bei der Nutzung ihres Bankgebäudes auch Belange des Denkmalschutzes zu beachten, kann nicht ohne Weiteres bei jedem Denkmal und für jeden Denkmaleigentümer vorausgesetzt werden. Auch und gerade derartige Fälle hat der Gesetzgeber aber bei der abstrakt-generellen Regelung des Denkmalschutzes in den Blick zu nehmen. Überdies hängt die Beachtung des Denkmalschutzes nicht nur von Vernunft und Rationalität ab, sondern auch und insbesondere von entsprechender Fachkunde. Diese kann nicht stets auf Seiten der Verfügungsberechtigten über ein Denkmal vorausgesetzt werden.

88

Der erkennende Senat vermag auch keine unangemessene Belastung der Verfügungsberechtigten zu erkennen. Die denkmalschutzrechtlichen Vorschriften sind so ausgestaltet, dass sie auch bei einer Gesamtunterschutzstellung eine hinreichende Differenzierung zwischen den für den Denkmalwert relevanten und den nicht relevanten Teilen einer Anlage ermöglichen und dass die Belange der Verfügungsberechtigten hinreichend gewahrt werden. So stehen deren Erhaltungspflichten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 DSchG unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit. Gemäß § 7 Abs. 3 DSchG sind bei allen Entscheidungen nach dem Denkmalschutzgesetz die berechtigten Interessen der Verfügungsberechtigten über das Denkmal zu berücksichtigen. Und werden behördliche Anordnungen zur Durchsetzung der Erhaltungspflicht getroffen, hat die Behörde gemäß § 7 Abs. 6 Satz 1 DSchG Ermessen auszuüben und hierbei zu berücksichtigen, welche Relevanz den einzelnen Teilen einer baulichen Anlage für deren Denkmalwert zukommt. Auch im denkmalrechtlichen Genehmigungsverfahren, das nur eine vorläufige Sperrwirkung entfaltet, werden die Belange der Verfügungsberechtigten hinreichend gewahrt, weil eine beantragte Genehmigung gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 DSchG nur bei Entgegenstehen überwiegender Gründe des Denkmalschutzes versagt werden darf. Solche werden regelmäßig nicht vorliegen, wenn sich eine genehmigungspflichtige Maßnahme nicht relevant auf die Teile einer baulichen Anlage auswirkt, die den Denkmalwert maßgeblich ausmachen.

89

Der von der Klägerin hiergegen in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Einwand, die Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren nach dem Denkmalschutzgesetz seien nicht in einer Weise ausgestaltet, die den Belangen der Verfügungsberechtigten ausreichend Rechnung trage, greift nicht durch. Es trifft zwar zu, dass insbesondere die Erhaltungs- und Instandsetzungspflichten (§ 7 DSchG) einerseits und der weitreichende (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 15.2.2016, 3 Bs 239/15, BauR 2016, 1143, juris Rn. 15 ff.) Genehmigungsvorbehalt nach § 9 DSchG andererseits zur Folge haben, dass der Verfügungsberechtigte für notwendig erachtete Maßnahmen und Änderungen am Denkmal nicht ohne Weiteres und sogleich umsetzen kann, sondern regelmäßig die zuständige Fachbehörde bei der Beklagten beteiligen muss. Angesichts des gewichtigen öffentlichen Interesses an einem effektiven Denkmalschutz ist dies aber hinzunehmen, zumal das Denkmalschutzrecht und das allgemeine Verfahrensrecht hinreichende Vorkehrungen treffen, mit denen sichergestellt wird, dass die Rechte und Interessen der Verfügungsberechtigten gewahrt bleiben. So stellen etwa § 11 Abs. 1 DSchG und die dort geregelte Genehmigungsfiktion sicher, dass das Genehmigungsverfahren zügig durchgeführt wird und der Verfügungsberechtigte möglichst frühzeitig Klarheit über die denkmalschutzrechtliche Beurteilung seines beabsichtigten Vorhabens durch die Beklagte erhält. Die in § 11 Abs. 2 DSchG vorgesehene Möglichkeit der Nachforderung von Unterlagen, auf die die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte hiervon stets und in rechtsmissbräuchlicher Weise zum Nachteil der Verfügungsberechtigten Gebrauch machte, um die in § 11 Abs. 1 DSchG vorgesehene Rechtsfolge zu umgehen. Im Übrigen stünde in einem solchen Fall der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten offen. Gleiches gilt für die Anwendung des § 9 Abs. 2 DSchG. Das Entgegenstehen überwiegender Gründe des Denkmalschutzes (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 DSchG) ist gerichtlich vollständig überprüfbar. Einem von der Klägerin befürchteten „Automatismus“ bei der Anwendung der Vorschrift könnte somit – abgesehen davon, dass es für eine dahingehende Praxis bei der Beklagten keine Anhaltspunkte gibt – durch Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes wirksam begegnet werden. Überdies hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass zumal bei Denkmälern größeren Umfangs, die zur Erhaltung ihrer Funktionsfähigkeit häufig kurzfristig umgestaltet und angepasst werden müssen, die Möglichkeit besteht, im Rahmen eines Denkmalpflegeplans (§ 10 DSchG) oder durch Abschluss eines öffentlichen-rechtlichen Vertrags (§§ 54 ff. HmbVwVfG) im Vorwege zu klären, in welchem Rahmen der Verfügungsberechtigte berechtigt ist, Maßnahmen am Denkmal durchzuführen, die dann nicht mehr gesondert genehmigungsbedürftig sind.

90

Bei der Beurteilung der denkmalschutzrechtlichen Regelungen unter dem Gesichtspunkt ihrer Vereinbarkeit mit Art. 14 GG ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass das hier vertretene Verständnis von Inhalt und Reichweite des § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG nicht notwendig zu einer stärkeren Belastung des Denkmaleigentümers bzw. sonst Verfügungsberechtigten führt. Mit einem die Einheit der baulichen Anlage in den Mittelpunkt stellenden Verständnis des § 4 Abs. 2 DSchG wird vielmehr eine verlässliche denkmalschutzrechtliche Einordnung einer baulichen Anlage gewährleistet. Denn nach dem ipsa-lege-Prinzip folgt die Denkmaleigenschaft unmittelbar aus dem Gesetz. Sie wird nachträglich – deklaratorisch – durch Eintragung in die Denkmalliste dokumentiert, ohne dass sie hiervon abhinge (vgl. Bü-Drs. 20/5703, S. 2 f.). Eine Unterteilung eines einheitlichen Gebäudes in denkmalrechtlich geschützte und denkmalrechtlich nicht geschützte Bestandteile hätte eine erhebliche (Rechts-) Unsicherheit über die Reichweite und den Umfang des Denkmalschutzes und damit auch über die sich unmittelbar aus §§ 7, 9 und 13 DSchG ergebenden Rechte und Pflichten zur Folge. Denn mangels Vorliegens eines konkretisierenden Unterschutzstellungsbescheids wären diese gänzlich ungeklärt. Die Unsicherheit würde noch verstärkt, wenn – wie das Verwaltungsgericht angenommen hat (ebenso OVG Münster, Urt. v. 2.11.1988, 7 A 2826/86, BRS 48 Nr. 117, juris Rn. 19) und was vorliegend nicht vertieft zu werden braucht – die nicht dem Denkmalschutz unterfallenden Gebäudeteile dem Umgebungsschutz aus § 8 DSchG unterlägen, für den wiederum andere rechtliche Maßstäbe gelten. Dem könnte nur begegnet werden, wenn der Verfügungsberechtigte und die Behörde die Reichweite und den Umfang des Denkmalschutzes im Vorhinein klärten. Dies wäre wenig effektiv und liefe dem mit der Einführung des ipsa-lege-Prinzips auch beabsichtigten Ziel der Verfahrensvereinfachung und -entlastung (vgl. Bü-Drs. 20/5703, S. 3) zuwider. Zweckmäßiger und letztlich auch für die Verfügungsberechtigten weniger belastend ist es, derartige Einzelfragen in das Genehmigungsverfahren nach § 9 DSchG zu verlagern bzw. nach Eintragung des Gebäudes in die Denkmalliste die sich daraus ergebenden Schutzpflichten gemäß § 7 DSchG mit der Behörde anlassbezogen zu klären.

91

Umfasst nach alledem die Unterschutzstellung eines Gebäudes als Baudenkmal regelmäßig das Gebäude in seiner Gesamtheit, so ist auch im vorliegenden Fall von einem Regelfall und damit von einem einheitlichen Denkmal auszugehen. Selbst wenn einzelnen – mitunter auch wesentlichen (Kassenhalle) – Gebäudeteilen ein selbständiger Erinnerungswert nicht mehr zukommt, weil sie seit der Errichtung des Gebäudes Veränderungen erfahren haben, besteht unverändert ein Funktionszusammenhang zwischen denjenigen Gebäudeteilen, die noch in bauzeitlichem Zustand erhalten sind bzw. aus einer Zeit stammen, in der die Bank ihre geschichtliche Bedeutung begründet hat, und den übrigen Gebäudeteilen, die zwischenzeitlich erneuert, angepasst oder anderweitig verändert worden sind. Eine „Abkoppelung“ der Fassade vom Gebäudeinnern bzw. ein „Auswechseln“ des Gebäudeinneren hat nicht, auch nicht teil- oder näherungsweise stattgefunden. Im Innern des Gebäudes hat keine vollständige oder auch nur teilweise Entkernung stattgefunden. Von einer (Teil-) Entkernung kann nur dann die Rede sein, wenn hinter der Fassade (in Teilen) ein vollständiger Gebäudeabriss erfolgt und stattdessen eine moderne Gebäudestruktur neu errichtet wird bzw. wenn die innere Tragstruktur von Geschossdecken und -stützen ausgetauscht wird (vgl. Bü-Drs. 20/5703 S. 15). Dies trifft auf das Bankhaus W. ersichtlich nicht zu. Zutreffend haben der von der Klägerin beauftragte Gutachter und das Verwaltungsgericht in der erstinstanzlichen Entscheidung darauf hingewiesen, dass Teile des Gebäudeinneren noch unverändert im bauzeitlichen Zustand und in bauzeitlicher Struktur vorhanden sind und gerade nicht verändert, geschweige denn abgerissen worden sind und dass ihr Erinnerungswert deshalb unbeeinträchtigt erhalten ist. Auch die übrigen Veränderungen, die das Gebäude im Laufe der vergangenen Jahrzehnte erfahren hat, sind nicht mit einem (Teil-) Abriss zu vergleichen. Vielmehr ist hierbei stets die vorhandene Gebäudestruktur, ohne diese in Frage zu stellen, aufgegriffen worden und sind die Veränderungen punktuell und im Umfang des Erforderlichen gehalten worden. Für die gegenteilige Annahme der Klägerin, der ganz überwiegende Teil des Gebäudes sei „schlicht bis auf den Rohbau abgebrochen und mit verändertem Grundriss wiederhergestellt worden“ (S. 7 des Schriftsatzes vom 1. Dezember 2014), gibt es daher keine Grundlage (s. hierzu auch oben unter cc]).

92

c) Das Gebäude Bankhaus W. ist auch deshalb ein Baudenkmal i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG, weil seine Erhaltung der Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes dient.

93

Ein Bauwerk ist zu Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes denkmalschutzwürdig, wenn seine Erscheinung in herausgehobener Weise ein Orts-, Platz- oder Straßenbild seit alters her bestimmt oder kennzeichnender Bestandteil einer typisch historischen Stadtstruktur ist und aus eben diesem Grund ein öffentliches Interesse an seiner Erhaltung besteht (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 1.2.1988, Bf II 69/85, NVwZ-RR 1989, 117, juris Ls).

94

Dies ist bei dem Gebäude Bankhaus W. der Fall. Seine prominente Lage und sein Erscheinungsbild im Bereich der Binnenalster sind gerichtsbekannt. Sie können überdies anhand der Lichtbilder, die sich in dem von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten befinden (insbesondere S. 21, 28 und 29), und anhand der aus den 1980er Jahren stammenden Fotos in der Sachakte der Beklagten (Band 1, am Anfang) nachvollzogen werden. Aus diesen wird ersichtlich, dass das Gebäude Bankhaus W. das Erscheinungsbild der größtenteils historischen Bebauung an der Ostseite der Binnenalster mitprägt und auch in der Vergangenheit bereits mitgeprägt hat. Es ist weithin, auch von der gegenüberliegenden Seite der Binnenalster, sichtbar aufgrund seiner zum A. hin vorspringenden Fassade und weil sich die Straße A. zum B. Damm hin trichterförmig weitet. Es prägt auch die unmittelbare Umgebung in der Straße A. aufgrund seiner Größe und wegen seiner auffälligen Fassade, deren Details sich gerade aus der Nähe eindrucksvoll erschließen. Das Fehlen des Gebäudes würde sowohl aus der Nähe als auch aus der Ferne sofort wahrgenommen, weil der mit dem Erscheinungsbild der Binnenalsterrandbebauung und der unmittelbaren Umgebung vertraute Betrachter das Gebäude dort seit jeher verortet und erwartet. Dass sich in der unmittelbaren Umgebung weitere stadtbildprägende Gebäude befinden, die möglicherweise aufgrund ihrer Größe einen ebenso großen oder sogar noch dominanteren Einfluss auf das Erscheinungsbild der Umgebung ausüben, schmälert – wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat – die stadtbildprägende Bedeutung des Gebäudes Bankhaus W. nicht. Im Gegenteil wird das Stadtbild an der Ostseite der Binnenalster gerade aufgrund des Nebeneinanders einer ganzen Reihe von auffälligen, weithin sichtbaren Gebäuden geprägt, die für den mit der Umgebung vertrauten Betrachter „zusammengehören“.

95

Das Gebäude Bankhaus W. unterfällt auch im Hinblick auf seine stadtbildprägende Bedeutung insgesamt und nicht nur in Teilen dem Denkmalschutz. Eine Reduzierung des Denkmalschutzes auf diejenigen Teile des Gebäudes, auf denen die stadtbildprägende Bedeutung beruht – vorliegend also eine Reduzierung auf die Fassade –, kommt auch für die Denkmalkategorie der stadtbildprägenden Bedeutung nicht in Betracht (i.E. so bereits OVG Hamburg, Urt. v. 1.2.1988, Bf II 69/85, NVwZ-RR 1989, 117, juris Ls). Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der davon ausgeht, dass der Schutzumfang bei Baudenkmälern i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG im Regelfall das Baudenkmal als Ganzes und damit grundsätzlich auch das Innere des Gebäudes umfasst (s.o. sowie Bü-Drs. 20/5703, S. 15), und der hierbei eine Unterscheidung nach Schutzkategorien nicht vornimmt. Im Übrigen kann auf die obigen Ausführungen (unter b] dd]) Bezug genommen werden, die für die Denkmalkategorie der stadtbildprägenden Bedeutung ebenfalls gelten.

96

d) Die Erhaltung des Bankgebäudes liegt i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG im öffentlichen Interesse.

97

Das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Erhaltungsinteresses hat die Aufgabe, aus dem Kreis der in Betracht kommenden Objekte eine eingrenzende Auswahl zu treffen und so eine unangemessene Ausweitung des Denkmalbegriffs zu verhindern. Neben der Ausgrenzung rein individueller Vorlieben und privater Liebhaberinteressen greift es vor allem dann als Korrektiv ein, wenn zahlreiche vergleichbare Objekte noch vorhanden sind. Die Erhaltungswürdigkeit setzt damit zwar keine Einmaligkeit voraus. Das öffentliche Interesse an der Einstufung eines Objekts als Denkmal wird aber umso schwieriger zu begründen sein, je mehr vergleichbare Exemplare es in der Nähe gibt. Neben dem Seltenheitswert sind weiter der dokumentarische und exemplarische Wert von Bedeutung. Auch insoweit bezweckt das Merkmal des öffentlichen Interesses indes nicht, lediglich herausragende Beispiele oder besonders typische Vertreter einer Gattung unter Schutz zu stellen. Es können auch solche Objekte denkmalwürdig sein, die unterhalb dieser Schwelle Ausdruck geschichtlicher Epochen und Entwicklungen sind. Ferner spielen das Alter, das Maß der Originalität und der Integrität eine Rolle. Je älter das Objekt, je höher der Anteil noch vorhandener Originalsubstanz und je besser der Erhaltungszustand ist, desto eher ist es als denkmalwürdig anzusehen (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, 2 Bf 298/02, NordÖR 2007, 498, juris Rn. 81, m.w.N.).

98

Gemessen hieran unterliegt es keinen Zweifeln, dass das Bankgebäude Bankhaus W. in der F. Straße /R. i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG erhaltungswürdig ist. Das Bankhaus W. und die das Unternehmen prägenden Persönlichkeiten haben eine herausragende geschichtliche Relevanz, die sich nicht nur dem an der Banken- und Finanzwirtschaft Interessierten erschließt (s.o. unter b] aa]) und daher von übergeordnetem Interesse ist. Hiervon zeugen zahlreiche wissenschaftliche und dokumentarische Werke (siehe etwa: Kleßmann, „M.M. W. & Co.: Die Geschichte eines Bankhauses“, 1999, ISBN 3-933374-27-8; Rosenbaum/Sherman, „Das Bankhaus M.M. W. & Co.: 1798 – 1938“, 1976, ISBN 3-7672-0420-7; Chernow, „Die W.s: Odyssee einer Familie“, 1994, ISBN 3-88680-521-2; Hoffmann, „M. W.“, 2009, ISBN 978-3-8319-0326-9). Ob vor diesem Hintergrund die Notwendigkeit der Erhaltung des Objekts bereits in das Bewusstsein der Bevölkerung oder eines breiten Kreises von Sachverständigen oder Interessierten eingegangen ist, kann im Ergebnis dahin stehen. Nach der Rechtsprechung des Berufungsgerichts, an der es festhält, muss das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines Objekts schon dann bejaht werden, wenn sich seine geschichtliche Bedeutung dem verständigen, über die geschichtlichen Zusammenhänge unterrichteten Betrachter offenkundig erschließt und sich die Notwendigkeit der Erhaltung aufgrund gewichtiger Besonderheiten des Einzelfalles aufdrängt (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, 2 Bf 298/02, NordÖR 2007, 498, juris Rn. 86 ff., m.w.N.). Jedenfalls hiervon ist im Fall des Gebäudes Bankhaus W. angesichts der vorstehenden Ausführungen auszugehen. Unerheblich ist vor diesem Hintergrund, ob und in welcher Zahl es in Hamburg auch andere historische Bankgebäude gibt und ob und ggf. aus welchen Gründen auch diese dem Denkmalschutz unterfallen. Denn das Bankhaus W. und das Gebäude, in dem es seinen Hauptsitz hat, haben Bedeutung gerade wegen ihrer individuellen Geschichte. Es ist nicht ein Beispiel für eine Vielzahl vergleichbarer Unternehmen mit vergleichbaren Objekten. Die Geschichte des Bankhauses W. und seines Hauptsitzes in der F. Straße /R. ist vielmehr einzigartig nicht nur in Hamburg, sondern schlechthin. Schon allein deshalb liegt der Erhalt der baulichen Anlage im öffentlichen Interesse.

99

Der Erhalt des Gebäudes Bankhaus W., das überdies nicht nur einer, sondern zwei Schutzkategorie(n) i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG zugeordnet werden kann, liegt zudem deshalb im öffentlichen Interesse, weil es sich in einem guten Erhaltungszustand befindet, ein beträchtliches Alter aufweist und ein großer Anteil der Originalsubstanz unverändert vorhanden ist. Dies betrifft insbesondere die Fassade, die sich – was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist – in einem sehr guten Zustand befindet und nahezu keine Veränderungen seit der Erweiterungsbaumaßnahme nach dem Ersten Weltkrieg erfahren hat, mithin im Wesentlichen noch im Originalzustand erhalten ist. Für die Erhaltungswürdigkeit ist dies nicht zuletzt deshalb von besonderer Bedeutung, weil die Fassade dem Gebäude sein weithin sichtbares „Gesicht“ verleiht und in besonderem Maße und am ehesten für den Betrachter wahrnehmbar ist. Aber auch im Inneren des Gebäudes finden sich, wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen dargestellt hat und was anhand der Bauakten und der vorhanden Lichtbilder nachvollzogen werden kann, in nicht nur untergeordnetem Umfang bauliche und architektonische Details, die die besondere geschichtliche Relevanz des Gebäudes und sein Alter wahrnehmbar und damit erlebbar machen. Dem trägt auch der von der Klägerin beauftragte Privatgutachter Rechnung, der – auch wenn er eine Unterschutzstellung des Gesamtgebäudes wegen der erfolgten Veränderungen nicht für geboten hält – neben der Fassade verschiedene Bereiche im Innern des Gebäudes als denkmalwürdig bewertet (vgl. S. 16 f. des Gutachtens des Privatsachverständigen Dr. D. vom 11. April 2011). Dass, worauf die Klägerin in der mündlichen Verhandlung verwiesen hat, große Bereiche des Gebäudeinneren nicht für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglich sind, steht der Annahme, der Erhalt der gesamten baulichen Anlage liege im öffentlichen Interesse, nicht entgegen. Denn der Denkmalschutz ist nicht abhängig von der freien Zugänglichkeit, die sich im Übrigen ändern kann, weil – worauf die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat – der Denkmalschutz eine bestimmte Nutzung nicht dauerhaft festzuschreiben vermag.

100

Ob – worüber die Beteiligten uneins sind – das Gebäude zudem aufgrund seiner Architektur besondere Beachtung gefunden hat und seine Erhaltungswürdigkeit auch hierauf beruhen kann, braucht vorliegend nicht weiter vertieft zu werden. Hierauf käme es nur dann entscheidend an, wenn die historische Bedeutung der Anlage mit seiner architekturgeschichtlichen Relevanz begründet würde, was vorliegend aber gerade nicht der Fall ist. Allerdings spricht dessen ungeachtet der Umstand, dass das Gebäude in seinen beiden Bauphasen von zwei namhaften und für die Hamburger Stadtgeschichte besonders bedeutenden Architekturbüros geplant und errichtet worden ist, zusätzlich dafür, das öffentliche Interesse an seiner Erhaltung zu bejahen. Denn die beteiligten Architekturbüros haben das Gesicht dieser Stadt nachhaltig geprägt. Das Gebäude trägt deshalb ungeachtet seiner individuellen Besonderheiten und ungeachtet seiner Relevanz im Gesamtwerk der Architekten dazu bei, deren Schaffen auch für die Zukunft sichtbar zu erhalten.

101

Schließlich sind auch keine öffentlichen Interessen ersichtlich, die einer Unterschutzstellung des Gebäudes Bankhaus W. entgegenstehen. Bei der Bewertung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Objekts sind zwar nicht nur die Belange des Denkmalschutzes, sondern auch andere öffentliche Belange abwägungserheblich (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, 2 Bf 298/02, NordÖR 2007, 498, juris Rn. 91 ff.). Entgegenstehende öffentliche Interessen sind vorliegend aber nicht erkennbar.

III.

102

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.

103

Der von der Klägerin begehrte gerichtliche Ausspruch, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig gewesen sei, kann nicht erfolgen. Ein derartiger Ausspruch ginge jedenfalls ins Leere. Die gerichtliche Erklärung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist Teil des Kostenfestsetzungsverfahrens (vgl. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 162 Rn. 14) und setzt, um Wirkungen entfalten zu können, eine Kostengrundentscheidung voraus, die zumindest teilweise zu Gunsten desjenigen Beteiligten lautet, zu dessen Gunsten auch die Entscheidung nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ergeht. Hieran fehlt es vorliegend, weil die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen hat und gegen die Beklagte keinen Kostenerstattungsanspruch hat.

104

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

105

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO bestehen nicht.

Urteilsbesprechung zu Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 23. Juni 2016 - 3 Bf 100/14

Urteilsbesprechungen zu Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 23. Juni 2016 - 3 Bf 100/14

Referenzen - Gesetze

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 23. Juni 2016 - 3 Bf 100/14 zitiert 20 §§.

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

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(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

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Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 189 Heilung von Zustellungsmängeln


Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zuste

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Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung d

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(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sowie Terminbestimmungen und Ladungen sind zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. (2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den

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Bestandteile einer Sache, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (wesentliche Bestandteile), können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein.

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(1) Der Berufungsbeklagte und die anderen Beteiligten können sich der Berufung anschließen. Die Anschlussberufung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzulegen. (2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Beteiligte auf die Berufung verzich

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Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Der Berufungsbeklagte und die anderen Beteiligten können sich der Berufung anschließen. Die Anschlussberufung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzulegen.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Beteiligte auf die Berufung verzichtet hat oder die Frist für die Berufung oder den Antrag auf Zulassung der Berufung verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 124a Abs. 3 Satz 2, 4 und 5 gilt entsprechend.

(4) Die Anschlussberufung bedarf keiner Zulassung.

(5) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sowie Terminbestimmungen und Ladungen sind zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung.

(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

Es wird festgestellt, dass die Garage auf dem Grundstück G-Straße in Hamburg nicht dem Denkmalschutz gemäß § 4 HmbDSchG untersteht. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger 9/10, die Beklagte 1/10.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Qualifikation eines Mehrfamilienhauses und einer Garage als Baudenkmal.

2

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks in der G-Straße in Hamburg (Flurstück der Gemarkung), das mit einem zweigeschossigen Mehrfamilienhaus und einer Garage für Personenkraftwagen bebaut ist. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans X. Die auf dem Grundstück errichteten Gebäude wurden 1950 von dem Architekten Bernhard Stein entworfen. Innerhalb der letzten Jahrzehnte ließen die Kläger das Dach des Gebäudes neu decken, einen Teil der Fassadenfenster ersetzen und in die Dachflächen Fenster einbauen.

3

Mit Schreiben vom 6. Juli 2010 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass das Mehrfamilienhaus ein Kulturdenkmal im Sinne der §§ 1 Abs. 1 und 2 HmbDSchG 1997 sei und in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler nach § 7a Abs. 2 HmbDSchG 1997 aufgenommen worden sei. Für alle in Zukunft beabsichtigten baulichen Veränderungen bestehe eine Anzeigepflicht nach § 7a Abs. 1 HmbDSchG 1997.

4

Mit Schreiben vom 25. Mai 2011 zeigten die Kläger bei der Beklagten den geplanten Einbau eines Wärmedämmverbundsystems an und baten um eine denkmalfachliche Beratung. Die geplanten Maßnahmen sollten unter anderem die Neueindeckung des Dachs, den Austausch der alten Fenster durch Fenster mit einer Wärmeschutzverglasung, die Dämmung der Außenwände mit einem Wärmedämmverbundsystem, die Dämmung der Kellerdecke, die Dämmung der Balkonflächen und den Austausch der Heizungsanlage umfassen. Für die Garage waren eine Dachneueindeckung und der Austausch der Fenster geplant.

5

Im Juni 2011 leitete die Beklagte ein denkmalrechtliches Unterschutzstellungsverfahren ein. Es fand hiernach eine Begehung des Gebäudes durch den Kläger und durch Vertreter der Beklagten statt.

6

Mit Bescheid vom 22. September 2011 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass das Mehrfamilienhaus gemäß § 26 Abs. 1 HmbDSchG 1997 als vorläufig in die Denkmalliste eingetragen gelte. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich bei dem Wohnhaus um ein schutzwürdiges Kulturdenkmal handele und seine Erhaltung aus geschichtlichen Gründen im öffentlichen Interesse liege. Die geplanten Veränderungen könnten nicht genehmigt werden.

7

Unter dem 24. November 2011 erstellte ein Mitarbeiter der Beklagten ein Gutachten zum Denkmalwert für die verfahrensgegenständlichen Gebäude. In diesem Gutachten ist unter anderem ausgeführt, dass das Ensemble in der G -Straße ein frühes, vergleichsweise qualitätsvoll gestaltetes Beispiel einer Nachkriegsbebauung in den Elbvororten darstelle. Die aus einem zweigeschossigen Mehrfamilienhaus und einer seitlich platzierten Garage bestehende „Gruppe“ sei 1949/50 nach Plänen des Architekten Bernhard Stein für einen Kaufmann errichtet worden, der den größten Teil eines ehemaligen Landsitzes erworben und das Grundstück nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sukzessiv parzelliert habe und mit Mietshäusern habe bebauen lassen. Zur Beschreibung des Wohnhauses ist im Gutachten ausgeführt, dass ein für die Bauzeit ungewöhnlich hoher handwerklicher Aufwand zu erkennen sei, der sich insbesondere in der Verarbeitung der Haustüren, der Fenster und der Dekorelemente an der Fassade erkennen lasse. Weiter stellt das Gutachten fest, dass das Gebäude in der Kontinuität des traditionalistischen Wohnhausbaus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stehe und dies für die Bautätigkeit bis Mitte der 1950er Jahre angesichts personeller Kontinuitäten aus der Vorkriegszeit typisch sei. Dieser Stil habe an ortstypische traditionelle Bauformen des 18. und 19. Jahrhunderts angeknüpft. Bei dem Wohnhaus könne die Bauform als entfernte Reminiszenz an den klassizistischen Landhausbau der Elbvororte gelesen werden. Die Garage weise eine mit dem Hauptgebäude korrespondierende, traditionalistische Bauform auf. Die Garage vervollständige den Bau als Ensemble und dokumentiere den zur Bauzeit im Mehrfamilienhausbau ungewöhnlichen Anspruch des Bauherrn, der nach dem Zweiten Weltkrieg deutlich gesteigerten Nachfrage nach Stellplätzen für PKW Rechnung zu tragen. Das Wohnhaus habe zudem über die Jahre kaum bauliche Veränderungen erfahren und stelle ein gut erhaltenes Beispiel einer stilistisch dem Traditionalismus der Vorkriegszeit verpflichteten, jedoch für die frühe Nachkriegszeit typischen Mehrfamilienhausbebauung mittleren bis gehobenen Standards dar. Das Wohngebäude sei eines der ersten nach dem Krieg aufgrund privater Initiative errichteten Gebäude und dokumentiere die allmähliche Zunahme privater Neubautätigkeit im Zuge der Konsolidierung der Hamburger Wirtschaft nach der Währungsreform 1947. Im ortsgeschichtlichen Kontext könne die Gebäudegruppe ferner als ein Beleg der Ausparzellierung der alten Anwesen östlich des Dorfkerns von X nach Ende des Zweiten Weltkriegs gesehen werden. Das Ensemble sei ferner ein Dokument der zeitgenössischen Bemühungen um eine dem Standort formal angemessene Bebauung. Auf den übrigen Inhalt dieses Gutachtens wird Bezug genommen.

8

Mit Bescheid vom 5. März 2012 stellte die Beklagte das Wohngebäude und die Garage als Ensemble gemäß §§ 2 Nr. 2 und 6 Abs. 1 HmbDSchG 1997 unter Denkmalschutz. Zur Begründung führte sie aus, dass die Schutzwürdigkeit des Ensembles aus dem Gutachten des Denkmalschutzamtes vom 24. November 2011 folge. Dieses belege, dass das Ensemble aus geschichtlichen Gründen schutzwürdig sei und dessen Erhalt im öffentlichen Interesse liege. Die Eintragung in die Denkmalliste werde erfolgen, sobald der Bescheid unanfechtbar geworden sei.

9

Am 5. April 2012 legten die Kläger gegen den Unterschutzstellungsbescheid Widerspruch ein. Sie trugen vor, dass die Voraussetzungen für eine denkmalschutzrechtliche Unterschutzstellung als Ensemble im Sinne des § 2 Nr. 2 HmbDSchG 1997 nicht vorlägen. Bei den Gebäuden handele es sich nicht um ein Ensemble im Sinne des § 2 Nr. 2 HmbDSchG 1997. Der denkmalschutzrechtliche Ensembleschutz sei auf die Bewahrung objektübergreifender, geschichtlich wertvoller Strukturen gerichtet. Zu einem räumlichen Aspekt müsse ein qualitativer Aspekt hinzutreten. Dies sei bei den verfahrensgegenständlichen Gebäuden jedoch nicht der Fall. Bei den Gebäuden handele es sich auch nicht um ein anderweitig schutzwürdiges Denkmal im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 HmbDSchG 1997. Insbesondere bestehe keine geschichtliche Bedeutung, da die Gebäude nicht in besonderem Maße zum Aufzeigen oder Erforschen geschichtlicher Entwicklungen geeignet seien. Zudem sei der ursprüngliche Charakter des Hauses und der Garage durch erhebliche Umbauten in den letzten Jahrzehnten verändert worden, sodass der Originalzustand nicht mehr gegeben sei. Auch das erforderliche öffentliche Interesse an der Erhaltung liege nicht vor. Im Übrigen seien die privaten Interessen der Kläger nicht beachtet worden. Die Wärmedämmung sei erforderlich, um Feuchtigkeits- und Schimmelprobleme zu beheben und die energetische Situation des Gebäudes zu verbessern. Der Unterschutzstellungsbescheid lasse ferner nicht erkennen, dass das Denkmalschutzamt die gebotene Ermessensentscheidung getroffen habe, in die die Belange der Eigentümer einzustellen gewesen seien. Die Kläger nahmen im Übrigen Bezug auf das in ihrem Auftrag von Herrn Dr. phil. D. zur Denkmalwürdigkeit der verfahrensgegenständlichen Gebäude erstellte Gutachten vom 2. April 2012.

10

Die verfahrensgegenständlichen Gebäude wurden am 18. Juni 2012 unter der Nr. Y in die Denkmalliste eingetragen, was im amtlichen Anzeiger öffentlich bekannt gemacht und dem Bevollmächtigten der Kläger mit Schreiben vom 3. Juli 2012 bekannt gegeben wurde. Im Dezember 2012 empfahl der Denkmalrat, den Widerspruch der Kläger gegen die Unterschutzstellung zurückzuweisen.

11

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Unterschutzstellung sei rechtmäßig. Insbesondere sei der Bescheid mit einem rechtlich zulässigen Verweis auf das Gutachten vom 24. November 2011 hinreichend begründet worden. Bei dem aus Wohnhaus und Garage bestehenden Ensemble handele es sich um ein Denkmal, dessen Erhalt aus geschichtlichen Gründen im öffentlichen Interesse liege. Die Gebäude hätten den für ein Ensemble erforderlichen zeitlichen, funktionalen und stilistischen Zusammenhang. Ihnen komme aufgrund ihrer geschichtlichen Bedeutung Denkmalwert zu, da sie die in der Bauweise zum Ausdruck kommenden politischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnisse als historische Entwicklung für künftige Generationen anschaulich machten. Das Wohnhaus belege, dass nach der Zäsur des Zweiten Weltkriegs und dem grundlegenden Wandel der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse der Wohnungsbau in fast derselben Form fortgeführt worden sei, wie vor 1939, da das Gebäude im früheren traditionalistischen Stil errichtet worden sei. Das Gebäude zeige insofern personelle und soziale Kontinuitäten nach dem Kriegsende und ein Festhalten an bestimmten Ideen in der Architektur. Die Garage veranschauliche den Anspruch, der gesteigerten Nachfrage nach PKW-Stellplätzen zu entsprechen. Der Traditionalismus stelle eine sehr einflussreiche, dominierende Bauform der frühen Nachkriegszeit dar. Die traditionalistische Architektur der Zeit zwischen 1945 und 1960 sei auch in den letzten Jahren wiederholt Gegenstand fachwissenschaftlicher Erörterungen gewesen. Der Denkmalwert sei nicht durch die baulichen Änderungen entfallen. Die behaupteten Umbauten seien nicht erheblich. Auch das öffentliche Interesse an der Erhaltung bestehe. Zwar existierten weitere traditionalistische Wohnbauten dieser Zeit in den westlichen Vororten Hamburgs, diese unterschieden sich jedoch in der Detailausprägung, dem baulichen Standard und dem Erhaltungszustand von den verfahrensgegenständlichen Gebäuden. Die Erhaltung der Gebäude sei auch wirtschaftlich möglich. Die von den Klägern geforderte Abwägung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Eintragung in die Denkmalliste mit den Belangen des Denkmalschutzes finde im Übrigen erst im Zusammenhang mit Entscheidungen über Instandsetzungs- und Veränderungsmaßnahmen statt.

12

Am 18. März 2013 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. Sie machen geltend, dass das am 1. Mai 2013 in Kraft getretene Denkmalschutzgesetz (HmbDSchG) vom 5. April 2013 (HmbGVBl. S. 142) verfassungswidrig sei und nicht als Rechtsgrundlage für die Unterschutzstellung der Gebäude herangezogen werden könne. Die Regelungen des Denkmalschutzgesetzes ließen unverhältnismäßige Belastungen des Eigentümers nicht ausschließen und seien deshalb mit Art. 14 Abs. 1 GG unvereinbar. Die in § 6 Abs. 2 HmbDSchG vorgesehene Unterschutzstellung kraft Gesetzes entziehe dem betroffenen Eigentümer den Einfluss auf das Unterschutzstellungsverfahren, da eine Anhörung nicht möglich sei. Nach dem neuen Denkmalschutzgesetz sei der Eigentümer nun verpflichtet, bei Einwendungen gegen die Eintragung in die Denkmalschutzliste unmittelbar das Verwaltungsgericht anzurufen. Da hierdurch ein unkalkulierbares Prozessrisiko entstehe, würde dem Eigentümer der gebotene effektive Rechtsschutz abgeschnitten. Zudem seien die Regelungen des § 4 HmbDSchG zu unbestimmt. Wegen der Verfassungswidrigkeit des neuen Denkmalschutzgesetzes finde das Denkmalschutzgesetz von 1997 Anwendung, in dem die Unterschutzstellung durch Verwaltungsakt geregelt sei. Der Unterschutzstellungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids sei rechtswidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten. Dem Bescheid fehle schon die erforderliche Begründung. Auch die materiellen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 i.V.m. § 2 Nr. 2 HmbDSchG 1997 lägen nicht vor, da eine Denkmalwürdigkeit der verfahrensgegenständlichen Gebäude nicht gegeben sei, was insbesondere durch das von den Klägern in Auftrag gegebene Gutachten vom 2. April 2012 bestätigt werde, auf das die Kläger verweisen. Hierzu wiederholen die Kläger den Vortrag ihres Widerspruchs und vertiefen diesen. Für den Fall, dass sich das Denkmalschutzgesetz vom 5. April 2013 als verfassungsgemäß erweisen sollte, hätten die Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Unterschutzstellungsbescheids. Jedenfalls hätten sie ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die verfahrensgegenständlichen Gebäude keine Denkmäler seien. Dieses folge aus ihrem Begehren, die Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. Zur Unterstützung ihres Vorbringens haben die Kläger ein weiteres Gutachten des Herrn Dr. D. vom 19. November 2013 vorgelegt, auf das Bezug genommen wird.

13

Die Kläger beantragen,

14

den Unterschutzstellungsbescheid vom 5. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2013 aufzuheben,

15

hilfsweise festzustellen, dass der Unterschutzstellungsbescheid vom 5. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2013 rechtswidrig war,

16

weiter hilfsweise festzustellen, dass das Mehrfamilienhaus sowie die Garage auf dem Grundstück G-Str. in X nicht und auch nicht teilweise dem Denkmalschutz unterliegen.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus dem Widerspruchsbescheid. Der Klagantrag auf Aufhebung der Unterschutzstellungsverfügung sei mit Inkrafttreten des Denkmalschutzgesetzes vom 5. April 2013 unstatthaft geworden, da sich nach dem neuen Gesetz die Denkmaleigenschaft konstitutiv aus § 4 HmbDSchG ergebe. Der Antrag auf Feststellung des Nichtbestehens der Denkmaleigenschaft sei in der Sache nicht begründet. Das Denkmalschutzgesetz sei verfassungsgemäß. Insbesondere das in ihm geregelte ipsa-lege-Prinzip und die verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Rechtsschutzmöglichkeiten seien ausreichend, insbesondere, weil die Beklagte jederzeit auf Anfrage eine Begründung des Denkmalwertes zur Verfügung stelle, sodass der Verfügungsberechtigte vor Anstrengung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Möglichkeit habe, die Erfolgsaussichten seiner Klage zu prüfen. Die „Gruppe aus Haus und Garage“ sei ein Ensemble, da es sich um eine Gruppe von Objekten handele, die eine übergreifende Bedeutung besäße. Das Ensemble dokumentiere den bauzeitlichen Gebrauch einer Garage, die mit Blick auf die noch 1950 geringe Verbreitung von PKW eine außergewöhnliche bauliche Erscheinung gewesen sei. Hervorzuheben sei ferner die stilistische Angleichung zwischen Haus und Garage. Zur geschichtlichen Bedeutung der Gebäude vertieft die Beklagte ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.

20

Das Gericht hat über das Erscheinungsbild der Gebäude und deren Umgebung durch Inaugenscheinnahme Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Das Gericht hat die Sachakte der Beklagten sowie die Bauakte zum Grundstück in der G-Straße beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage hat nur zum Teil Erfolg. Der auf die Aufhebung des Unterschutzstellungsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids gerichtete Hauptantrag der Kläger ist unzulässig (hierzu unter I.). Der Hilfsantrag zu 1, mit dem die Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Bescheide begehren, ist ebenfalls unzulässig (hierzu unter II). Der als Hilfsantrag zu 2 gestellte Antrag auf Feststellung, dass die verfahrensgegenständlichen Gebäude weder ganz noch teilweise dem Denkmalsschutz unterliegen, ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet (hierzu unter III.).

I.

22

Der Hauptantrag, mit dem die Kläger die gerichtliche Aufhebung des Unterschutzstellungsbescheids vom 5. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2013 begehren, ist unzulässig, da diesem Antrag im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Denn die Verwaltungsentscheidungen der Beklagten haben sich mit dem Inkrafttreten des Denkmalschutzgesetzes (DSchG) vom 5. April 2013 (HmbGVBl. S. 142) am 1. Mai 2013 durch Rechtsänderung erledigt. Von der Unterschutzstellungsverfügung in der Gestalt des Widerspruchsbescheids, die durch die fristgerechte Einlegung der Klage nicht bestandskräftig geworden ist, geht nach dem Inkrafttreten des neuen Denkmalschutzgesetzes am 1. Mai 2013 keine Regelungswirkung mehr aus. Mit dem neuen Denkmalschutzgesetz hat die Gesetzgeberin das System des Denkmalschutzes in Hamburg in eine Regelungsstruktur überführt, nach der bauliche Anlagen von Gesetzes wegen als Denkmäler geschützt sind, wenn sie die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 DSchG erfüllen (sogenanntes ipso-iure-Prinzip, ipsa-lege-Prinzip oder Prinzip der normativen Unterschutzstellung; vgl. hierzu: Mittelstein/Jötten, NordÖR 2013, 451 ff). Auch hängt nach dem neuen Gesetz der Schutz eines Denkmals nicht von der Eintragung eines Denkmals in die nachrichtliche bzw. deklaratorische Denkmalliste ab, wie § 6 Abs. 1 Satz 3 HmbDSchG ausdrücklich regelt. Die abstrakt-generelle Regelung des neuen Denkmalschutzgesetzes entzieht den nicht bestandskräftigen Verwaltungsentscheidungen der Beklagten, mit denen die Denkmaleigenschaft der verfahrensgegenständlichen Gebäude festgestellt wird, im Wege einer inhaltlichen Überlagerung die Regelungswirkung. Anders gewendet gehen von dem ursprünglichen Unterschutzstellungsbescheid und dem Widerspruchsbescheid keine fortdauernden, die Kläger belastenden Rechtswirkungen mehr aus. Auch ihre gerichtliche Aufhebung würde die Kläger nicht von den denkmalschutzrechtlichen Verpflichtungen befreien (vgl. zum Ganzen: VGH Kassel, Urt. v. 23.1.1992, 4 UE 3467/88, juris, Rn. 28; OVG Berlin, Urt. v. 3.1.1997, 2 B 10.93, juris, Rn. 2; VG Frankfurt (Oder), Urt. v. 4.4.2006, 7 K 2867/01, juris, Rn. 19; VG Potsdam, Urt. v. 12.1.2005, 2 K 2297/03, juris, Rn. 19; Mittelstein/Jötten, a.a.O., S. 456).

23

Die Zulässigkeit des Hauptantrags folgt auch nicht daraus, dass das hamburgische Denkmalsschutzgesetz 2013 verfassungswidrig ist und nach dessen verfassungsgerichtlicher Verwerfung das hamburgische Denkmalsschutzgesetz 1997 fortgelten würde, das eine konstitutive Unterschutzstellung durch Verwaltungsakt vorsah, wie die Kläger geltend machen. Denn an der Verfassungsmäßigkeit des Denkmalschutzgesetzes 2013 bestehen keine durchgreifenden Zweifel. Insbesondere teilt die Kammer die von den Klägern gegen das Gesetz vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht. Einer Vorlage zum Bundesverfassungsgericht oder zum Hamburgischen Verfassungsgericht bedurfte es nicht.

24

Die rechtlichen Verfügungsbeschränkungen, die mit dem Denkmalsschutz eines Gebäudes verbunden sind, stellen eine grundsätzlich durch das Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigte Inhalts- und Schrankenbestimmung des Grundeigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Der Gesetzgeber hat bei Regelungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sowohl der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch dem Sozialgebot des Art. 14 Abs. 2 GG in gleicher Weise Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.7.1981, BVerfGE 58, 300, 338, 353). Er hat dabei die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.6.1979, BVerfGE 52, 1, 28, 42). Das Maß und der Umfang der dem Eigentümer von der Verfassung zugemuteten und vom Gesetzgeber zu realisierenden Bindung hängt danach wesentlich davon ab, ob und in welchem Ausmaß das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.4.1974, BVerfGE 37, 132, 140 ff). Die normierten Eigentumsbindungen dürfen nicht – gemessen am sozialen Bezug, an der sozialen Bedeutung des Eigentumsobjekts und am verfolgten Regelungszweck – zu einer übermäßigen Belastung führen und den Eigentümer unzumutbar treffen (BVerfG, Entscheidung v. 14.2.1967, BVerfGE 21, 150, 150; zum Vorstehenden insgesamt: BVerwG, Beschl. v. 10.7.1987, 4 B 146/87, juris, Rn. 5). Das hamburgische Denkmalschutzgesetz entspricht diesen Anforderungen. Es macht die mit dem Denkmalschutz verbundenen Folgen von der vorhandenen Bedeutung des Eigentumsobjekts für bestimmte öffentliche Interessen abhängig. Hierzu zählt nach § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG die „geschichtliche, künstlerische oder wissenschaftlichen Bedeutung“ oder die „Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes“, wenn diese jeweils „im öffentlichen Interesse“ liegen. Die hiermit von der Gesetzgeberin verfolgte Zielsetzung ist verfassungsrechtlich legitim. Dabei wird das jeweilige Eigentumsobjekt gerade in seiner sozialen Funktion erfasst (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.7.1987, 4 B 146/87, juris, Rn. 6), nämlich im Hinblick auf seine Wirkung im öffentlichen Raum. Ob die mit dem Denkmalschutz verbundenen Rechtsfolgen zu einer übermäßigen Belastung des Eigentümers führen und damit für ihn unzumutbar sind, lässt sich – anders als die Kläger meinen – nicht verallgemeinernd feststellen. Diese Frage kann erst auf der Ebene des Vollzugs im Einzelfall beurteilt werden. Das Denkmalschutzgesetz schützt jedenfalls die Privatnützigkeit des Grundeigentums insofern in allgemeiner Hinsicht, als die denkmalrechtlichen Pflichten stets zumutbar und die Belastungen des Einzelnen in einem angemessen Verhältnis zu den öffentlichen Interessen stehen müssen: Nach dem hamburgischen Denkmalschutzgesetz sind die Eigentümer unter anderem nach § 7 Abs. 1 Satz 1 DSchG verpflichtet, das Denkmal im Rahmen des Zumutbaren denkmalgerecht zu erhalten, vor Gefährdungen zu schützen und instand zu setzen. Unzumutbar sind die Instandhaltungspflichten nach § 7 Abs. 1 Satz 2 wenn die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung dauerhaft nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Denkmals aufgewogen werden können. Auch im Rahmen des präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt für baulichen Maßnahmen am Denkmal (§ 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG) ist das gesetzliche Ziel eines konkordanten Ausgleichs zwischen Privatnützigkeit und Sozialbindung des Eigentums erkennbar: Zwar dürfen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG Denkmäler ohne Genehmigung nicht ganz oder teilweise beseitigt, wiederhergestellt, erheblich ausgebessert, von ihrem Standort entfernt oder sonst verändert werden. Jedoch darf eine Genehmigung zur baulichen Veränderung nur versagt werden, wenn ihr überwiegende Gründe des Denkmalschutzes entgegenstehen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 DSchG). Die Genehmigung ist wiederum zu erteilen, sofern überwiegende öffentliche Interessen dies verlangen, wobei insbesondere Belange des Wohnungsbaus, der energetischen Sanierung, des Einsatzes erneuerbarer Energien und die Belange von Menschen mit Behinderungen oder Mobilitätsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen sind (§ 9 Abs. 2 Satz 2 DSchG). Das Denkmalschutzgesetz ist somit auf einen grundrechtskonformen Ausgleich der öffentlichen und privaten Interessen angelegt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10. 6.1987, a.a.O., Rn. 6). Die Wirksamkeit dieses Ausgleichs hängt allerdings maßgeblich von der Entscheidungspraxis der Denkmalbehörde ab. Dies verdeutlicht, dass das grundrechtliche Spannungsverhältnis zwischen der im Denkmalschutz zum Ausdruck kommenden Sozialbindung und der Privatnützigkeit des Grundeigentums in der Verwaltungspraxis stets in besonderem Maße zu berücksichtigen ist, insbesondere, da der Ausgleich öffentlicher und privater Interessen durch zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe geprägt ist.

25

Trotz dieser insbesondere in § 4 DSchG verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe genügt das Denkmalschutzgesetz 2013 auch den aus dem Rechtsstaatprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Anforderungen an die Bestimmtheit des Gesetzes, wie die entscheidende Kammer und die Kammer 7 des Verwaltungsgerichts bereits in anderen denkmalrechtlichen Verfahren entschieden haben (VG Hamburg, Urt. v. 21.5.2014, 7 K 278/12, juris, Rn. 44-48; Urt. v. 26.11.2014, 9 K 2985/11, S. 16 f. n.v.; Urt. v. 26.11.2014, 9 K 393/11, n.v.). Die Kammer nimmt Bezug auf die dortigen Ausführungen. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der für einen wirksamen Denkmalschutz schlechterdings notwendigen unbestimmten Rechtsbegriffe im Denkmalschutzgesetz allerdings voraussetzt, dass die für den Normbetroffenen hiermit verbundenen Auslegungsschwierigkeiten durch seine Rechtsstellung im Verfahren angemessen kompensiert werden (OVG Berlin, Urt. v. 3.1.1997, 2 B 10.93, juris Rn. 10, unter Verweis auf: BVerwG, Beschl. v. 10.7.1987, a.a.O., sowie m.w.N.). Dies wird im Denkmalschutzgesetz dadurch gewährleistet, dass die Einhaltung der gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen des Denkmalschutzes in § 7 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 DSchG vom Verfügungsberechtigten erst ab der Eintragung verlangt werden kann (§ 6 Abs. 1 S. 4 DSchG) und dass sich der Verfügungsberechtigte nach der Eintragung – wie die Beklagte auch im vorliegenden Verfahren erklärt hat – bei ihr über die Gründe der Eintragung informieren und damit eine konkretisierte Einschätzung der Schutzgründe erhalten kann. Beides ist von Verfassungs wegen geboten (VG Hamburg, Urt. v. 12.5.2014, a.a.O., Rn. 48). Aus diesen Gründen ist dem Verfügungsberechtigten eines denkmalgeschützten Gebäudes auch nicht – wie die Kläger meinen – der Einfluss auf das Verfahren in einer unter dem Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit bedenklichen Weise entzogen.

26

Entgegen der Rechtsmeinung der Kläger wird den Verfügungsberechtigten durch das im Denkmalschutzgesetz geregelt ipso-iure-Prinzip auch nicht der nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotene effektive Rechtsschutz verwehrt. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet, dass der Rechtsweg zu den Gerichten nicht von vornherein ausgeschlossen oder dessen Beschreitung in unzumutbarer Weise erschwert wird, dass im Rahmen des eröffneten Rechtsweges den konkret betroffenen Grundrechten tatsächlich Wirksamkeit verschafft wird und dass der Rechtsschutz, insbesondere soweit es um sofort vollziehbare Maßnahmen der Verwaltungsbehörden geht, „alsbald“ verwirklicht wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.7.1973, BVerfGE 35, 382, 401 ff; Beschl. v. 6.7.1977, BVerfGE 45, 422, 432; Beschl. v. 10.10. 1978, BVerfGE 49, 252, 256 ff.). Diesen Anforderungen entspricht das Denkmalschutzgesetz. Den Verfügungsberechtigten eines etwaigen Baudenkmals steht es auch nach den Regelungen des neuen Denkmalschutzgesetzes frei, gegen die Versagung einer nach § 9 Abs. 1 und 2 DSchG beantragten Genehmigung zur Beseitigung, Wiederherstellung, Ausbesserung und oder zu sonstigen Veränderungen eine als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 2. Var. VwGO statthafte Versagungsgegenklage zu erheben oder eine etwaige Verpflichtung durch die Beklagte zu Erhaltungsmaßnahmen nach § 7 DSchG oder Wiederherstellungsmaßnahmen nach § 13 Abs. 1 DSchG mit der Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 1. Var VwGO vor dem Verwaltungsgericht anzugreifen. Entsprechendes gilt für die übrigen Maßnahmen, zu denen die Beklagte durch das Denkmalschutzgesetz gegenüber den Verfügungsberechtigten ermächtigt wird. Jeweils inzidenter wird in den verwaltungsgerichtlichen Verfahren dabei die Frage der Denkmalfähigkeit und Denkmalwürdigkeit im Sinne des § 4 DSchG der fraglichen baulichen Anlagen durch das Gericht überprüft werden, wobei insbesondere die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 DSchG einer vollumfänglichen gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Es handelt sich bei der Denkmaleigenschaft einer baulichen Anlage zwar um einen unbestimmten Rechtsbegriff wertenden Inhalts. Die Gesetzgeberin hat der Beklagten hierbei jedoch keinen Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.4.1966, IV C 120.65, juris; OVG Hamburg, Urt. v. 14.9.1995, Bf II 60/93 m.w.N., juris; Urt. v. 16.5.2007, 2 Bf 298/02, juris). Schließlich haben die Verfügungsberechtigten die Möglichkeit, die Denkmaleigenschaft ihrer baulichen Anlage im Wege einer Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 1. Var VwGO durch das Verwaltungsgericht prüfen zu lassen (vgl. hierzu im Folgenden unter III. sowie die Gesetzesbegründung, Bü-Drs. 20/5703, S. 15; aus der Rechtsprechung: OVG Lüneburg, Urt. v. 15. 7.2014, 1 LB 133/13, juris, Rn. 26; OVG Magdeburg, Urt. v. 14.10.2004, 2 L 454/00, juris, Rn. 25; VG Osnabrück, Urt. v. 15.1.2015, 3 A 87/14, juris, Rn. 51; VG Hamburg, Urt. v. 12.5.2014, 7 K 278/12, juris Rn. 36-39; Urt. v. 26.11.2014, 9 K 393/11, n.v.; VG Greifswald, Urt. v. 26. Mai 2005, 1 A 469/97, juris, Rn. 62). Anders als die Kläger meinen, sind in diesen Rechtsschutzkonstellationen die Verfügungsberechtigten auch nicht dadurch einem unkalkulierbaren Prozessrisiko ausgesetzt, dass sie in Ermangelung einer eigenen denkmalfachlichen Expertise vor die Entscheidung gestellt wären, von sich aus kostspielige Erkundungen oder Gutachten über die Denkmalqualität einzuholen und dabei trotzdem Gefahr zu laufen, dass der Denkmalwert der baulichen Anlage in einem Rechtsstreit aufgrund der von der Denkmalbehörde geführten Nachweise bestätigt wird. Denn durch das von Verfassungs wegen gebotene Recht des Verfügungsberechtigten, sich bei der Beklagten über die Gründe der Eintragung in die deklaratorische Denkmalliste zu informieren und eine konkretisierte Einschätzung der Schutzgründe zu erlangen, erhält der Verfügungsberechtigte noch vor der Erhebung einer Klage Informationen über die Erkenntnisse und getroffenen Bewertungen der Beklagten und kann hiernach sein Prozessrisiko angemessen bewerten (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 3.1.1997, 2 B 10.93, juris, Rn. 29). Demgegenüber lässt sich ein Anspruch darauf, dass die Form staatlicher (belastender) Maßnahmen so gewählt wird, dass dem Einzelnen dagegen die „umfassendsten“ oder „bestmöglichen“ Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung stehen, aus Art. 19 Abs. 4 GG nicht herleiten (vgl. BVerfG, Urt. v. 29.7.1959, BVerfGE 10, 89, 105; Beschl. v. 14.5.1985, BVerfGE 70, 35,56; OVG Lüneburg, Urt. v. 30.10. 1995, juris, Rn. 3).

II.

27

Der Hilfsantrag zu 1, mit dem die Kläger die Feststellung begehren, dass der Unterschutzstellungsbescheid vom 5. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2013 rechtswidrig gewesen ist, ist unzulässig. Diesem Fortsetzungsfeststellungsantrag fehlt das erforderliche besondere Feststellungsinteresse. Hierzu genügt grundsätzlich jedes nach vernünftigen Erwägungen nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.3.1976, BVerwGE 53, 134), wobei die gerichtliche Entscheidung geeignet sein muss, die Position des Klägers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und der Kläger mit der Entscheidung „etwas anfangen“ können muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.3.1998, BVerwGE 106, 295, 296 f.). Ein solches Feststellungsinteresse wird zum Teil in der Rechtsprechung und in der Literatur auch in den Fällen angenommen, in denen die Denkmaleigenschaft einer baulichen Anlage noch unter Geltung eines Denkmalschutzrechts mit konstitutiver Eintragung festgestellt worden ist und dann während des hiergegen betriebenen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Denkmalschutzrecht das ipsa-lege-Prinzip eingeführt worden ist. Danach soll die gerichtliche Feststellung, dass der ursprüngliche, die Denkmaleigenschaft feststellende Verwaltungsakt, rechtswidrig gewesen ist, die Grundlage dafür bilden, dass die Denkmalbehörde die Eintragung des Gebäudes in die nunmehr deklaratorisch geführte Denkmalliste löscht (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 23.1.1992, 4 UE 3467/88, juris, Rn. 38; VG Potsdam, Urt. v. 12.1.2005, 2 K 2297/03, juris, Rn. 21). Nach Auffassung der Kammer greift diese Sichtweise indessen zu kurz. Gegenstand einer solchen gerichtlichen Feststellung wäre nämlich nur, dass der Verwaltungsakt im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses rechtswidrig war (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.3.1982, BVerwGE 65, 167, 174; Wolff, in: Sodann/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 113, Rn. 301), wobei hierfür die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erledigung des Verwaltungsakts maßgeblich ist (BVerwG, Urt. v. 25.7.1985, BVerwGE 72, 38, 59; OVG Münster, Urt. v. 28.1.2005, 21 A 4463/02, juris, Rn 43; Wolff, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn 299). Die gerichtliche Feststellung hätte insofern nur zum Gegenstand, dass der Unterschutzstellungsbescheid nach dem Maßstab des alten Denkmalschutzgesetzes 1997 rechtswidrig gewesen ist. Unberührt bliebe von einer solchen Feststellung die Frage, ob die verfahrensgegenständlichen baulichen Anlagen die Denkmaleigenschaft nach § 4 DSchG 2013 erfüllen. Ein auf die Rechtslage nach dem Denkmalschutzgesetz 1997 bezogenes Fortsetzungsfeststellungsurteil würde die Kläger insofern nicht von der kraft Gesetzes geltenden Denkmaleigenschaft der verfahrensgegenständlichen Gebäude nach dem Denkmalschutzgesetz 2013 befreien. Das Fortsetzungsfeststellungsurteil könnte die Position des Klägers insofern weder in rechtlicher noch in wirtschaftlicher oder ideeller Hinsicht verbessern. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass wegen der tatbestandlichen Ähnlichkeit des Denkmalbegriffs in § 4 DSchG 2013 und § 2 DSchG 1997 jedenfalls eine in der Sache ähnliche Feststellung getroffen würde. Eine solche Sichtweise verkennt die formale Änderung der Rechtslage sowie die Wirkung des im Denkmalschutzgesetz 2013 festgelegten Prinzips der normativen Unterschutzstellung. Im Übrigen hat der Gegenstand des Denkmalschutzes in § 4 DSchG 2013 gegenüber der Regelung in § 2 DSchG 1997 durchaus tatbestandliche Veränderungen erfahren. Schließlich erweist sich eine auf die Feststellung gerichtete Klage, dass die verfahrensgegenständlichen Gebäude weder ganz noch teilweise dem Denkmalschutz nach § 4 DSchG 2013 unterliegen, auch deshalb als rechtsschutzintensiver und deshalb unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses vorrangig, weil ein solches Feststellungsurteil eine umfängliche materielle Prüfung der Denkmaleigenschaft nach § 4 DSchG 2013 zur Folge hat, wogegen im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Unterschutzstellungsbescheids auch nur wegen formeller Fehler festgestellt werden könnte.

III.

28

Der Hilfsantrag zu 2, mit dem die Kläger die Feststellung begehren, dass das Mehrfamilienhaus sowie die Garage auf dem Grundstück G-Straße in X nicht und auch nicht teilweise dem Denkmalschutz unterliegen, ist zulässig (hierzu unter 1.) und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet (hierzu unter 2.).

29

1. Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 1. Var. VwGO zulässig. Die Eigenschaft eines Gebäudes, nicht und auch nicht teilweise dem Denkmalschutz zu unterliegen, stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 1. Var. VwGO dar, wie die Kammern des Verwaltungsgerichts bereits in anderen denkmalrechtlichen Verfahren entschieden haben (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 12.5.2014, 7 K 278/12, juris, Rn 36-39; Urt. v. 26.11.2014, 9 K 393/11, n.v.; zur Statthaftigkeit der Feststellungsklage im denkmalrechtlichen System der normativen Unterschutzstellung in anderen Bundesländern: OVG Lüneburg, Urt. v. 15. 7.2014, 1 LB 133/13, juris, Rn. 26; OVG Magdeburg, Urt. v. 14.10.2004, 2 L 454/00, juris, Rn. 25; VG Greifswald, Urt. v. 26. Mai 2005, 1 A 469/97, juris, Rn. 62). Hierbei steht der in § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO geregelte Grundsatz der Subsidiarität auch im vorliegenden Verfahren der Feststellungsklage nicht entgegen, da die Kläger ihr verfahrensgegenständliches Begehren nicht durch eine Gestaltungs-, Leistungs- oder Fortsetzungsfeststellungsklage verfolgen können (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 12.5.2014, a.a.O., Rn. 40; VG Osnabrück, Urt. v. 15.1.2015, 3 A 87/14, juris, Rn. 49). Das erforderliche Feststellungsinteresse folgt aus dem Interesse der Kläger, an ihrem Gebäude eine energetische Fassadensanierung durchzuführen, die im Falle des Bestehens der Denkmaleigenschaft den gesetzlichen Beschränkungen des § 9 DSchG untersteht. Das Feststellungsinteresse folgt zudem aus den übrigen gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen, die das Denkmalschutzgesetz dem Eigentümer eines Denkmals auferlegt, insbesondere der Erhaltungspflicht nach § 7 DSchG 2013.

30

2. Die Feststellungsklage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Nach Maßgabe des Denkmalschutzgesetzes 2013, das wie zuvor unter I. dargelegt verfassungsgemäß und damit anwendbar ist, sind das Mehrfamilienhaus und die Garage kein als Ensemble zu schützendes Denkmal im Sinne des § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 und Abs. 2 DSchG [hierzu unter a)]. Nach Überzeugung der Kammer ist jedoch das Mehrfamilienhaus im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG eine bauliche Anlage, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt, und deshalb als Baudenkmal nach § 4 Abs. 1 DSchG geschützt [hierzu unter b)]. Die Garage ist demgegenüber nicht als Baudenkmal im Sinne des § 4 Abs. 1 und 2 DSchG geschützt [hierzu unter c)].

31

a) Das Mehrfamilienhaus und die Garage der Kläger auf dem Grundstück in der G-Straße in Hamburg sind kein als Ensemble im Sinne des § 4 Abs. 3 DSchG i.V.m. § 4 Abs. 1 und Abs. 2 DSchG geschütztes Denkmal.

32

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 DSchG sind unter anderem Ensembles als Denkmäler geschützt. Ein Ensemble ist nach § 4 Abs. 3 DSchG eine Mehrheit baulicher Anlagen einschließlich der mit ihnen verbundenen Straßen und Plätzen sowie Grünanlagen und Frei- und Wasserflächen, deren Erhaltung aus den in § 4 Abs. 2 DSchG genannten Gründen im öffentlichen Interesse liegt, und zwar auch dann, wenn kein oder nicht jeder einzelne Teil des Ensembles ein Denkmal darstellt. Zu den Gründen, derentwegen die Erhaltung eines Ensembles im öffentlichen Interesse liegen kann, zählt § 4 Abs. 2 DSchG dessen geschichtliche, künstlerische oder wissenschaftliche Bedeutung oder die Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen eines denkmalwürdigen Ensembles sind vorliegend nicht erfüllt.

33

Für die Denkmalschutzwürdigkeit einer Mehrheit baulicher Anlagen als Ensemble kommt es darauf an, ob das Ensemble als solches von geschichtlicher Bedeutung ist. Dabei reicht die schlichte räumliche Ansammlung mehrerer Objekte zur Begründung nicht aus, selbst wenn sie ihrerseits als Denkmal anzusehen sein sollten. Das Wesen des Ensembles ist vielmehr dadurch gekennzeichnet, dass einzelne Elemente zusammenwirken und sich dadurch zu einem einheitlichen Ganzen fügen. Zu dem räumlichen Aspekt muss ein qualitativer Aspekt hinzutreten. So verstanden ist der Ensembleschutz auf die Erhaltung denkmalwerter Zusammenhänge gerichtet, also auf die Bewahrung objektübergreifender, geschichtlich wertvoller Strukturen als solcher (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, 2 Bf 298/02, juris, Rn. 64, mit Verweis auf: VGH Mannheim, Urt. v. 24.3.1998, DÖV 1998, 653; sowie m.w.N. aus der Literatur). Um als Ensemble gelten zu können, muss eine Mehrzahl von Objekten miteinander im Zusammenhang stehen und gerade wegen dieses Zusammenhangs in ihrer Gesamtheit schützenswert sein. Das Ensembledenkmal erfährt seinen Denkmalwert damit durch das Einander-Zugeordnet-Sein der Einzelobjekte selbst, aus deren spezifischem Zusammenhang sich der Wert des Ganzen erschließt. Entscheidend ist die Verbindung der einzelnen Objekte durch eine übergreifende Komponente oder Idee beziehungsweise ein einheitsstiftendes Merkmal, das der eigentliche „Träger der geschichtlichen Botschaft“ des Ensembles ist (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O.; OVG Lüneburg, Urt. v. 8.6.1998, 1 L 3501/96, juris, Rn. 27). Dabei gibt § 4 Abs. 3 DSchG einen inhaltlichen Standard für die Art des erforderlichen Zusammenhangs zwischen den einzelnen Objekten nicht vor. Der Ensemblebegriff erfasst ferner nicht nur solche Mehrheiten, die in ihrer Erscheinung aufeinander bezogen sind, sondern auch solche, die durch einen funktionellen Zusammenhang oder eine einheitliche Planung und Errichtung gekennzeichnet sind (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O., Rn. 65). Ob ein einzelnes Objekt zu einem so verstandenen Ensemble gehört, hängt davon ab, ob es einen positiven Beitrag zum Denkmalwert der Gesamtanlage leistet (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 8.6.1998, a.a.O. und Urt. v. 2.10.1987, NVwZ 1988, 1143 ff). Ein Objekt, das innerhalb eines Ensembles liegt, aber für dessen Denkmalwert belanglos ist oder sogar beeinträchtigend wirkt, gehört nicht dazu. Erforderlich ist, dass das einzelne Objekt seinen Teil zu der übergreifenden Komponente oder Idee beiträgt, welche die einzelnen Objekte zu einem einheitlichen Ganzen verbindet und der eigentliche „Träger der geschichtlichen Botschaft“ des Ensembles ist (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O., Rn 65). Diese noch zum Ensemblebegriff im alten Denkmalschutzgesetz entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts, sind auch in die Begründung des Gesetzesentwurfs des neuen Denkmalschutzgesetzes eingeflossen. Sie werden in der Begründung des Gesetzesentwurfs unter Verweis auf die zitierte Entscheidung des Senats zur Erläuterung des Ensemblebegriffs wiedergegeben (vgl. Bü-Drs. 20/5703, Seite 15). Die Kammer legt diese Rechtssprechungsgrundsätze deshalb ihrer nach § 4 Abs. 3 DSchG 2013 zu treffenden Entscheidung zugrunde.

34

In Anwendung dieser Maßstäbe lässt sich nach Auffassung der Kammer trotz des Gutachtens des Mitarbeiters des Denkmalschutzsamtes vom 24. November 2011, des Sach- und Rechtsvortrags der Beklagten sowie der Inaugenscheinnahme des Mehrfamilienhauses und der Garage in der mündlichen Verhandlung nicht feststellen, dass diese baulichen Anlagen in ihrer Gesamtheit als Ensemble denkmalwürdig sind. Hierfür ist allerdings nicht schon eine solche Auslegung des Begriffs „Mehrheit“ in § 4 Abs. 3 DSchG maßgeblich, nach der der Begriff denkgesetzlich mehr als zwei Objekte voraussetzt, weil der Begriff „Mehrheit“ den größeren Teil einer bestimmten Anzahl von Dingen umschreibt, wie die Kläger geltend machen. Gegen diese enge Auslegung spricht schon der Zweck des Ensembleschutzes nach dem Denkmalschutzgesetz. Denn auch durch die Verbindung von zwei in einem Zusammenhang stehenden baulichen Anlagen kann sich eine übergreifende Idee oder ein einheitsstiftendes Merkmal ergeben, das Träger einer geschichtlichen Botschaft sein kann. Aus diesem Grund kann auch die frühere Ensembledefinition des Kriterienkatalogs für bezirksbezogene Ensembles nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 DSchG 1997, die im neuen Denkmalschutzgesetz nicht mehr geregelt ist (vgl. hierzu die Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft zum Gesetzesentwurf des neuen Denkmalschutzgesetzes, Bü-Dr. 20/5703, S. 3), nicht herangezogen werden. Unzutreffend ist nach Auffassung der Kammer ferner die im ersten Gutachten von Herrn Dr. D. vertretene Auffassung, nach der Ensembles stets Gesamtheiten wie beispielsweise Straßen, Plätze, Ortsbilder, Schloss- und Parkanlagen, Klöster oder Badeanlagen seien und dass es sich jedenfalls um eine Gebäudegruppe handeln müsse, zu der mehrere Hauptgebäude gehören. Denn der weite Umfang der Legaldefinition in § 4 Abs. 3 Satz 1 DSchG („Mehrheit baulicher Anlagen“) sowie die Begründung zum Gesetzesentwurf (Bü-Drs. 20/5703, S. 15) verdeutlichen, dass es der Gesetzgeberin nicht auf eine räumliche oder quantitative Begriffsbestimmung, sondern primär auf die Qualität der Objektbeziehungen ankam.

35

Die Ensembleeigenschaft des Mehrfamilienhauses und der Garage lässt sich nach Überzeugung der Kammer weder aus den von der Beklagten angeführten Gründen noch im Übrigen herleiten. Zwar weisen die Garage und das Mehrfamilienhaus insofern eine stilistische Übereinstimmung auf, als die Garage wie das Wohngebäude über ein Vollwalmdach und einen Dachüberstand verfügt und mit derselben Dachpfanne eingedeckt ist, wie die Inaugenscheinnahme durch das Gericht bestätigt hat. Auch sind beide bauliche Anlagen etwa zu derselben Zeit nach den Plänen desselben Architekten errichtet worden. Jedoch besteht über das räumliche und stilistische Zusammenwirken von Haus und Garage kein denkmalwerter ganzheitlicher Zusammenhang mit einem eigenen qualitativen Aspekt. Insbesondere ist eine geschichtlich wertvolle Struktur, die durch ein objektübergreifendes Zusammenwirken zwischen Mehrfamilienhaus und Garage erzeugt wird, nicht erkennbar. In der Objektbeziehung zwischen Wohnhaus und Garage fehlt die für ein denkmalwertes Ensemble erforderliche übergreifende Komponente oder Idee, die als ein einheitsstiftendes Merkmal den eigentlichen „Träger der geschichtlichen Botschaft“ ausmacht. Denn der einzig erkennbare Zusammenhang besteht vorliegend in der Funktion der Garage als Abstellmöglichkeit für die Personenkraftfahrzeuge der Bewohner des Mehrfamilienhauses. Zwar können auch solche Funktionszusammenhänge zwischen baulichen Anlagen eine geschichtliche, kunsthistorische oder für andere Wissenschaftsdisziplinen bedeutsame Botschaft transportieren, jedoch müssen diese funktionalen Beziehungen ein qualitativ denkmalwertes Niveau aufweisen, also insbesondere Träger einer „übergreifenden Idee“ oder „geschichtlichen Botschaft“ sein, um ein Ensemble begründen zu können. Dies kann nur der Fall sein, wenn der jeweilige Funktionszusammenhang selbst eine geschichtliche, künstlerische oder wissenschaftliche Bedeutung aufweist, die ihn von den gewöhnlichen Funktionsbeziehungen zwischen baulichen Haupt- und Nebenanlagen in besonderer Weise abhebt. Dies ist jedoch bei Schaffung einer Abstellmöglichkeit für die Personenkraftwagen der Bewohner eines Mehrfamilienhauses durch eine Garage im Jahr 1950 nicht der Fall. Zwar mag es zutreffend sein, dass Personenkraftwagen noch in den 1950er Jahren eine um ein Vielfaches geringere Verbreitung aufwiesen als heute (so waren nach den statistischen Angaben des Kraftfahrbundesamtes im Jahr 2015 44,4 Millionen PKW, im Jahr 1955 1,7 Millionen PKW und im Jahr 1939 1,4 Millionen PKW zugelassen), jedoch stellt nach Überzeugung der Kammer der Vorgang des Abstellens eines PKW in einer hierfür eigens errichteten baulichen Nebenanlage zu Beginn der 1950er Jahren keinen in geschichtlicher Hinsicht bedeutenden Vorgang mehr dar. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass die Frage der Schaffung von Abstellmöglichkeiten für PKW im öffentlichen Recht der Bauplanung bereits Ende der 1930er Jahre in Form der Reichsgaragenordnung vom 17. Februar 1939 geregelt worden ist. Wie der Kammer zudem aus eigener Anschauung bekannt ist, weisen auch Gebäude, die älter als die verfahrensgegenständlichen Gebäude sind, Nebenanlagen in Form von Garagen für Personenkraftfahrzeuge auf. Insofern ist eine Garage auch kein Ausdruck einer besonderen Wohnkultur der Nachkriegszeit. Die Tatsache, dass die vorliegende Garage ein Anzeichen für eine im Jahr 1950 gehobene Wohnbebauung darstellen mag, hebt den Funktionszusammenhang ebenfalls nicht auf das Niveau eines denkmalwerten Ensemblezusammenhangs.

36

b) Das Mehrfamilienhaus in der G-Straße 53 in Hamburg ist als Baudenkmal nach § 4 Abs. 1 DSchG geschützt, da es im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG i.V.m § 2 Abs. 1 HBauO eine bauliche Anlage ist, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen Bedeutung [hierzu unter aa)] im öffentlichen Interesse liegt [hierzu unter bb)].

37

aa) Dem Mehrfamilienhaus kommt als Zeugnis für die frühe Wiederaufnahme der privaten Wohnbautätigkeit nach dem zweiten Weltkrieg in Hamburg und des hierbei verwendeten Baustils eine geschichtliche Bedeutung im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG zu [hierzu unter (1)], die durch die nach Errichtung durchgeführten Umbauarbeiten nicht entfallen ist [hierzu unter (2)].

38

(1) Der Begriff der geschichtlichen Bedeutung in § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG ist im weiten Sinne zu verstehen. Es sollen hierdurch kunst- und architekturgeschichtliche Epochen und Entwicklungen, aber auch sozial-, wirtschafts- und kulturgeschichtliche sowie allgemein die Geschichte der Menschheit betreffende Ereignisse und Zeitabschnitte dokumentiert werden (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, 2 Bf 298/02, juris, Rn. 57). Die geschichtliche Bedeutung ist hierbei nicht auf übergeordnete oder besonders bedeutsame Entwicklungen oder Verhältnisse beschränkt, sondern umfasst vielmehr auch Gegenstände des Denkmalschutzes, die nur für einzelne Wissenschaftsdisziplinen (z. B. Kirchengeschichte, Baugeschichte, Kunstgeschichte) oder für die Regionalgeschichte, Heimatgeschichte oder Stadtgeschichte von Bedeutung sind (vgl. OVG Magdeburg, Urt. v. 14.10.2004, 2 L 454/00, juris Rn. 30). Die geschichtliche Bedeutung eines Objekts folgt aus dem Wert einer baulichen Anlage für die Dokumentation früherer Bauweisen und der politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sonstigen Verhältnisse, die in ihm zum Ausdruck gelangen (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O.). Das Objekt muss geeignet sein, geschichtliche Entwicklungen aufzuzeigen oder zu erforschen. Dies ist dann der Fall, wenn das Objekt für die politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sonstigen Verhältnisse in bestimmten Zeitepochen einen Aussagewert hat, wenn ihm als Wirkungsstätte namhafter Personen oder als Schauplatz historischer Ereignisse ein bestimmter Erinnerungswert beizumessen ist oder wenn es im Sinne eines Assoziationswertes einen im Bewusstsein der Bevölkerung vorhandenen Bezug zu bestimmten politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sonstigen Verhältnissen seiner Zeit herstellt (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O., Rn. 57). Entscheidend ist der dokumentarische und exemplarische Charakter des Schutzobjekts als Zeugnis der Vergangenheit (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O., Rn. 57, m.w.N.). Die den Denkmalwert begründende geschichtliche Bedeutung muss jedoch nicht unmittelbar, das heißt ohne dass es einer Erläuterung der geschichtlichen Zusammenhänge bedarf, am Objekt selbst ablesbar sein (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O., Rn. 57; OVG Koblenz, Urt. v. 27.9.1989, NJW 1990, 2018, 2019). Ein geschichtlicher Aussagewert ist auch dann zu bejahen, wenn sich die geschichtliche Bedeutung eines Objekts nicht unmittelbar aus sich heraus visuell erschließt, es aber zusammen mit anderen Quellen einen optischen Eindruck von historisch bedeutsamen Gegebenheiten vermitteln kann und insoweit geeignet ist, seinem Betrachter die Vergangenheit vor Augen zu führen (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O., Rn. 57). Für die Erkennbarkeit des geschichtlichen Zusammenhangs ist hierbei nicht auf einen „unbefangenen“, über die geschichtlichen Zusammenhänge nicht unterrichteten Betrachter abzustellen, da Denkmäler ihren Aussagewert regelmäßig nur für denjenigen Betrachter entfalten, der mit den in Rede stehenden politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sonstigen Verhältnissen der jeweiligen Epoche zumindest ansatzweise vertraut ist (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, 2 Bf 298/02, juris, Rn. 61). Dies setzt in der Regel die Bereitschaft des Betrachters voraus, sich mit dem Objekt und den in ihm verkörperten historischen Gegebenheiten auseinanderzusetzen und macht insofern ein zumindest punktuell angeeignetes Fachwissen erforderlich, insbesondere, wenn die geschichtliche Bedeutung nicht unmittelbar am Objekt selbst ablesbar ist, sondern erst im Zusammenwirken mit anderen Quellen sichtbar wird (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O.). Dabei kann im Ergebnis offen bleiben, ob das Vorliegen eines Aussagewertes ausschließlich an dem Urteil eines sachverständigen Betrachters zu messen ist oder auf den verständigen, über die geschichtlichen Zusammenhänge unterrichteten Betrachter abzustellen ist, da beide Maßstäbe häufig zum selben Ergebnis führen (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O., Rn. 63).

39

Nach diesen Maßstäben hat das verfahrensgegenständliche Mehrfamilienhaus eine geschichtliche Bedeutung. Das Mehrfamilienhaus ist eine bauliche Anlage, die die architekturgeschichtliche Entwicklung und die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der frühen Nachkriegszeit in Hamburg in anschaulicher Weise dokumentiert. Es ist ein Zeugnis der Vergangenheit, weil es für den über die geschichtlichen Zusammenhänge unterrichteten Betrachter als Anschauungsobjekt einen Bezug zu den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen dieser Zeit herstellt. Dies beruht auf den folgenden Erwägungen:

40

Das Mehrfamilienhaus ist nach den Informationen der Bauakte in den Jahren 1949/50 nach Plänen des Architekten Bernhard Stein als zweigeschossiges Mietshaus für einen Kaufmann auf einem ehemaligen Landsitz in X errichten worden, der für diese Zwecke neu parzelliert worden ist. Das Gebäude war zwar nicht Schauplatz eines geschichtlichen Ereignisses, seine Errichtung fällt indes in den Zeitraum der Gründung der Bundesrepublik und veranschaulicht den Beginn des privaten Baus von Mehrfamilienhäusern zum Zweck der Vermietung. Wie der Kammer aufgrund der Lektüre einschlägiger architekturgeschichtlicher Werke, die sich mit dem Wiederaufbau Hamburgs nach dem zweiten Weltkrieg befassen (so etwa: Ralf Lange, Hamburg – Wiederaufbau und Neuplanung 1943-1963, 1994), bekannt ist, markiert der Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg im Hinblick auf die Kriegszerstörungen und den großen Bedarf an privatem Wohnraum eine für die Geschichte der Architektur- und Städteplanung in Hamburg abgrenzbare und wegen der zahlreichen wegweisenden baulichen Entwicklungen besonders relevante Epoche. In fachwissenschaftlicher Sicht wird im Bereich des Wohnungsbaus zwischen dem zumeist in öffentlicher Trägerschaft oder durch Wohnungsbaugenossenschaften getragenen Siedlungsbau, dem Mehrfamilienhausbau und dem Bau von Einfamilienhäusern differenziert, was im Hinblick auf die unterschiedlichen Gestaltungen, die baulichen Dimensionen und der Auswirkungen auf die Städteplanung der jeweiligen baulichen Anlagen auch für Laien als eine nachvollziehbare Ausdifferenzierung der architektonischen Kategorien erscheint. Das verfahrensgegenständliche Gebäude zeigt für diesen abgrenzbaren Zeitraum und die Gebäudekategorie „Mehrfamilienhaus“ auf, in welcher konkreten architektonischen und baulichen Gestaltung unmittelbar nach der Währungsreform 1947 und der Gründung der Bundesrepublik durch einen privaten Bauträger ein Mehrfamilienhaus errichtet worden ist. Sein besonderer Dokumentationswert ergibt sich daraus, dass das Haus im Vergleich zu anderen Mehrfamilienhäusern dieser Zeit (vgl. etwa: Lange, Hamburg – Wiederaufbau und Neuplanung 1943-1963, Hamburg, 1994, S. 187-198) eine besondere bauliche Gestaltung aufweist – nämlich einerseits durch seinen gehobenen baulichen Standard und andererseits durch seine baustilistische Orientierung an den Prinzipien des sogenannten „Traditionalismus“. Erkennbar wird für den über den Errichtungszeitpunkt informierten Betrachter durch die Betrachtung des Mehrfamilienhauses, dass das Bauen in der frühen Nachkriegszeit in Hamburg nicht allein durch einfache Formen des Wiederaufbaus (wie z.B. Wiedererrichtung von Wohnhäusern in Bombenlücken aus Trümmersteinen) oder durch stilistisch an der rationalen Moderne orientierte Bauformen erfolgte, sondern auch durch einen baulich gehobenen Standard und im Stil des Traditionalismus.

41

Von dem baulich gehobenen Standard hat sich die Kammer bei der Inaugenscheinnahme des Mehrfamilienhauses überzeugt. Dies zeigten vor allem die profilierten Rahmen der mit Sprossen versehenen, farblos lasierten Eichenfenster, die Fensterläden im Erdgeschoss sowie die strukturbezogene Gestaltungselementen der Fassade in Form von Gesimsen über und unter den Fenstern. Von aufwendiger baulicher Gestaltung sind auch die mit Balkonen versehenen Erker der zum Garten zugewandten Gebäudeseite. Im Inneren des Gebäudes stechen im Flur und im Treppenhaus das aufwendig gestaltete schmiedeeiserne Treppengeländer mit seinem Handlauf aus Kupfer und der steinerne Kachelfußboden hervor, auf dem zur Bauzeit im Mittellauf ein Teppichboden verlegt gewesen sein dürfte, wie die auf den Treppenabsätzen erkennbaren Reste metallischer Befestigungselemente zeigen. Die Inaugenscheinnahme einer Wohnung des Gebäudes, die sich über das Erdgeschoss und den ersten Stock erstreckt, zeigte ferner eine aufwendige Innenraumgestaltung durch Parkettfußböden in den repräsentativen Aufenthaltsräumen, Dielenböden aus Pitchpine in den weiteren Räumen und eine Deckengestaltung mit halbbogenförmigem Deckenstuck und Hohlkehle. Die Wohnungstüren sind in massivem Eichenholz ausgeführt und mit Kassetten gegliedert. Auch die aus den Grundrissen der Bauakte ersichtlichen Größen der Wohnungen in Verbindung mit dem großen gemeinschaftlichen Garten des Hauses indizieren das gehobene Wohnniveau. Entsprechendes gilt für die Beschränkung auf sechs Wohneinheiten zur Bauzeit. Im Vergleich zu den im Werk von R. Lange angegeben Beispielen für den Mehrfamilienhausbau in der Zeit des Hamburger Wiederaufbaus (vgl. Lange, a.a.O., S. 187-198), kann das Haus vor diesem Hintergrund gerade nicht – wie die Kläger meinen – als „Standardbau“ der damaligen Zeit klassifiziert werden. Durch sein bauliches Niveau dokumentiert das Gebäude im Sinne eines Zeugnisses der Entwicklung wirtschaftlicher und sozialer Verhältnisse in der Nachkriegszeit, dass bereits in den Jahren 1949 und 1950 einzelne private Investoren über das für die Errichtung eines derart aufwendigen Mehrfamilienhauses erforderliche Kapital verfügten oder dessen Errichtung durch Kredit finanzieren konnten und dass es wohlhabende Mieter als Abnehmer eines solchen Wohnungsangebots gegeben haben muss, das im Hinblick auf seinen Standard und die Lage hochpreisig gewesen sein dürfte.

42

Das Mehrfamilienhaus dokumentiert ferner in architekturgeschichtlicher Hinsicht, dass in Hamburg noch in der frühen Nachkriegszeit Gebäude errichtet worden sind, die dem sogenannten traditionalistischen Baustil verpflichtet waren. Durch das Gebäude wird für den informierten Betrachter erfahrbar, dass das Bauen in der Nachkriegszeit in Hamburg neben den Konzepten der rationalistischen Moderne auch an den Gestaltungskonzepten des Traditionalismus der süddeutschen Architekturschulen, insbesondere der Stuttgarter Schule orientiert war, auch wenn diese Richtung in Hamburg insgesamt betrachtet eine untergeordnete Rolle gespielt haben dürfte (vgl. Lange, a.a.O., S. 7, 9), wobei indessen der Einfamilienhausbau der Nachkriegsjahre (vgl. Lange, a.a.O., S. 162 und 163) und der Kirchenbau (Lange, a.a.O., S. 258, 259) durch traditionalistische Bauten gekennzeichnet sind. Bei dem Traditionalismus handelt es sich um eine stilistische Strömung der Architektur, die sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte und sich in Abgrenzung von modernen architektonischen Konzepten den ortstypischen traditionellen Bauformen des 18. und 19. Jahrhunderts anschloss. Der Traditionalismus dominierte insbesondere nach 1933 auch den Wohnungsbau (vgl. Krauskopf, in: Krauskopf/Lippert/Zaschke, Neue Tradition – Konzepte einer antimodernen Moderne in Deutschland von 1920 bis 1960, Dresden 2009, S. 7, 8 ff). In der Fachliteratur wird diese Strömung zum Teil in drei Epochen gegliedert: die Heimatschutzarchitektur (1900-1918), die Stuttgarter Schule (1918-1945) und die nationale Moderne (1945-1954) (vgl. Krauskopf, a.a.O., S. 9 f.). Die Kammer geht aufgrund ihrer Inaugenscheinnahme des Gebäudes und der Heranziehung der fachwissenschaftlichen Abhandlungen davon aus, dass das Mehrfamilienhaus diesem Architekturstil zuzuordnen ist. Elemente der traditionellen Bauform hat die Kammer insbesondere in der insgesamt schlichten und sachlichen Bauart (Kubatur des Hauses), dem Vollwalmdach mit leichtem Dachüberstand, den Fenstergesimsen und Fensterläden erkannt, die sich an eine ältere regionale Bautradition (Landhausstil) anlehnen. Elemente der rationalen Moderne waren an dem Haus demgegenüber nicht zu erkennen. Von einer Zuordnung des Gebäudes zum Traditionalismus gehen auch die Beteiligten nach übereinstimmenden Vortrag aus, was auf Seiten der Beklagten insbesondere aus dem Gutachten zum Denkmalwert der Beklagten vom 24. November 2011 und auf Seiten der Kläger aus den Gutachten des Herrn Dr. D. folgt. Entgegen der Auffassung der Kläger erkennt die Kammer in der Zuordnung des Mehrfamilienhauses zum Stil des Traditionalismus einen weiteren denkmalwürdigen Zeugniswert. Zwar ist den Klägern und ihrem Gutachter zuzugeben, dass der Traditionalismus zu Beginn der 1950er Jahre in gewisser Hinsicht ein stilistisch überholtes Konzept darstellte, da die Hochzeit des Traditionalismus nach den Darstellungen der Fachliteratur im traditionalistischen Massenwohnungsbau der 1920er Jahre gelegen hat (vgl. Krauskopf, a.a.O., S. 8 ff.) und nach dem zweiten Weltkrieg, jedenfalls in der der Bundesrepublik von den Konzepten der rationalen Moderne auch im privaten Hausbau überholt worden ist. Ein besonderer Aussagewert entsteht indessen – wie die Beklagte zutreffend geltend macht – aus der Tatsache, dass sich gerade während des gesellschaftlich-politischen Umbruchs nach dem Ende der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft und dem Ende des Zweiten Weltkriegs das Bauen auf dem Sektor des privaten Wohnungsbaus an den stilistischen Konzepten der Vorkriegszeit orientierte und insofern eine stilistische Kontinuität vermittelt, die dem informierten Betrachter ein greifbares Anschauungsobjekt für die ästhetischen, sozialen und wirtschaftlichen Kontinuitäten zwischen der Vor- und Nachkriegszeit bereitstellt. Erkennbar ist, dass nach der Zäsur des Zweiten Weltkriegs und dem Wandel der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse der Wohnungsbau in einer ähnlichen Form fortgeführt worden ist, wie vor dem Krieg. Gegen den Denkmalwert spricht auch nicht, dass das Gebäude nicht die neuen und innovativen Entwicklungen in der Architektur der 1950er Jahre anschaulich macht und somit den Aufbruch und die Demokratisierung der Gesellschaft nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht abbildet, wie die Kläger geltend machen. Denn eine Bedeutung für die denkmalrelevante Architekturgeschichte kann nach Überzeugung der Kammer nicht nur durch neue, innovative Entwicklungen in der Architektur entstehen, sondern auch dadurch, dass die Persistenz von Stilrichtungen – und mit ihr gesellschaftlicher Überzeugen und ästhetischer Empfindungen – dokumentiert wird.

43

Die Kammer ist sich hierbei indessen bewusst, dass erst die gedankliche Verbindung zwischen der Fortwirkung einer im Ausklang befindlichen Architekturströmung und den gesellschaftlich-politischen Umbrüchen der Nachkriegszeit den denkmalwürdigen Dokumentationswert erzeugt. Die hierin liegende Ausdifferenzierung einer Architekturströmung und ihre Zusammenschau mit gesellschaftlichen Entwicklungen sind zwar Erkenntnisprozesse, die für den Dokumentationswert eines Denkmals außergewöhnlich voraussetzungsreich sind. Diese erscheinen jedoch wegen der historischen Bedeutung der Zäsuren des Kriegsendes und der Gründung der Bundesrepublik insgesamt als in der Sache geboten.

44

(2) Die nach der Errichtung des Mehrfamilienhauses durchgeführten Umbauarbeiten stehen der Denkmaleigenschaft des Gebäudes nicht entgegen, da diese die geschichtliche Bedeutung des Gebäudes nicht entfallen lassen.

45

Nach verbreiteter obergerichtlicher Rechtsprechung, der die Kammer folgt, führen Umbauten nur dann zum Verlust des Denkmalwertes, wenn die historische Substanz des Gebäudes soweit verlorengegangen ist, dass sie ihre Funktion, Aussagen über geschichtliche Umstände oder Vorgänge zu dokumentieren, nicht mehr erfüllen kann (OVG Münster, Urt. v. 26.8.2008, 10 A 3250/07, juris, Rn. 47), wenn durch die Umbauten die Identität des Gebäudes aufgehoben wird, also der Aussagewert des Kulturdenkmals verloren gegangen ist (OVG Bautzen, Beschl. v. 23.6.2006, 1 B 227/05, juris, Rn. 6, m.w.N.) oder wenn derart weitreichende bauliche Veränderungen erfolgt sind, dass die jeweilige Bedeutungskategorie des Denkmals nicht mehr sichtbar ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 27.12.2011, OVG 2 N 104.09, juris, Rn 3). Hierbei ist eine schematische, an Zahlenwerten orientierte Betrachtung nicht möglich (OVG Münster, Urt. v. 26.8.2008, 10 A 3250/07, juris, Rn. 48), sondern eine qualitative Bewertung der erhaltenen Bauteile vorzunehmen (VG Hamburg, Urt. v. 12.5.2014, 7 K 278/12, juris, Rn. 61).

46

Nach diesen Maßstäben ist der Denkmalwert des Mehrfamilienhauses nicht durch die Umbauarbeiten nach der Errichtung entfallen. Auf der Grundlage der Inaugenscheinnahme des Mehrfamilienhauses und der beigezogenen Bauakte steht fest, dass sich das verfahrensgegenständliche Gebäude in einem für die Begründung des Denkmalswerts hinreichendem Erhaltungszustand befindet, da das Gebäude seine historische Substanz nicht soweit eingebüßt hat, dass es nicht mehr als Dokument für die zuvor dargelegten geschichtlichen Zusammenhänge dienen könnte. Insbesondere die von den Klägern dargelegten baulichen Veränderungen begründen weder einzeln noch in ihrer Summe einen Verlust des Dokumentationswerts des Gebäudes. Sie stellen in ihrem Umfang begrenzte, vereinzelte Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen dar, die die spezifische bauliche Gestaltung des Gebäudes, seinen für die Errichtungszeit gehobenen baulichen Standard sowie seine stilistisch dem Traditionalismus zuzuordnenden Gestaltungselemente nicht berühren.

47

Die zwischen den Beteiligten unstreitige erneute Eindeckung des Dachs mit der sogenannten „Frankfurter Pfanne“ in grauer Farbe in einem nicht mehr aufklärbaren Zeitpunkt nach der Errichtung des Gebäudes führt nicht zu einer den Dokumentationswert beeinträchtigenden Veränderung der Gebäudegestalt, ungeachtet dessen, dass sich anhand der dem Gericht vorliegenden Unterlagen nicht mehr feststellen lässt, ob sich die Erneuerung farblich an den Originalzustand hält. Selbst wenn man eine solche farbliche Abweichung der Dachziegel unterstellt, begründet diese keine erhebliche gestalterische Variation. Dass darüber hinaus der Dachstuhl verändert sein könnte, ist nach dem Vergleich der Bauzeichnung mit den Lichtbildern vom Gebäude in der Gerichtsakte sowie der Inaugenscheinnahme des Gebäudes in der mündlichen Verhandlung nicht ersichtlich. Die wohl nachträglich in das Dach eingelassenen Trittflächen für den Schornsteinfeger treten wegen ihrer geringen Größe und zurückhaltenden Gestaltung bei einer Betrachtung des Dachs in den Hintergrund. Dies gilt auch für die Metallabdeckungen der beiden Schornsteine.

48

Der Einbau der sieben Dachflächenfenster in die Traufen- und Giebelseiten der Dachflächen, die nach Einsicht in die Bauakte nicht mitgenehmigt worden sind und somit nicht aus der Bauzeit stammen, beeinträchtigen den Denkmalwert nicht. Es handelt sich dabei zwar um vom bauzeitlichen Gestaltungskonzept abweichende Bauelemente, die sich jedoch im Hinblick auf ihre Größe, Materialität, farbliche Gestaltung und Anordnung dem Betrachter nicht aufdrängen und insgesamt unauffällig hinter der Gesamterscheinung des Gebäudes zurücktreten. Sie entziehen dem Gebäude nicht seine gehobene bauliche Erscheinung und überlagern die traditionalistischen Gestaltungselemente nicht.

49

Der Austausch von etwa der Hälfte der Fassadenfenster und Dachgaubenfenster beeinträchtigt den geschichtlichen Dokumentationswert des Gebäudes nicht, da sich die neuen Fenster in ihrer Gestaltung nicht wesentlich von den bauzeitlichen Fensterelementen unterscheiden. Zwar haben die neuen Fenster nicht die gleiche filigrane Wirkung wie die alten Fenster. Auch ist die Rahmenkonstruktion in geringem Umfang unterschiedlich. Jedoch verfügen sie über dieselben Gliederung der Glasflächen durch Sprossen. Auch sind sie wie die alten Fenster in farblos lasiertem Eichenholz ausgeführt und haben somit nahezu den gleichen Farbton. Die geringen Unterschiede in der Gestaltung beruhen vor allem auf der technischen Ausführung und springen dem Betrachter nicht ins Auge.

50

Eine Beeinträchtigung des Denkmalwerts ergibt sich auch nicht aus einer etwaigen Ersetzung der Brüstungsgitter der Balkone auf der südlichen Gebäudeseite. Zwar konnte das Gericht aus den vorliegenden Bauakten die konkrete Gestaltung der Balkongitter nicht entnehmen, da sich den diesbezüglichen Gebäudeansichten keine verbindliche Gestaltung entnehmen ließ, weshalb es zugunsten der Kläger als wahr unterstellt hat, dass die bauzeitlichen Balkongitter ausgetauscht worden sind. Aber auch die in Augenschein genommenen Balkongitter, die aus einfachen, weiß gestrichenen Metallstäben bestehen, haben keine dominierende Wirkung auf die Gestalt des Gebäudes. Sie fügen sich in die traditionalistische, schlichte Gestaltung der Fassade ein. Dies gilt wiederum auch für die Metallgitter, mit denen das im Originalzustand erhaltene Erkerfenster in der südlichen Gebäudeseite versehen ist.

51

Die Erneuerung der Dachrinnen und eines Fallrohrs führen nicht zu einer Beeinträchtigung des Denkmalwerts, da sie in ihrer Ausführung in mittlerweile korrodiertem Kupfer dem bauzeitlichen Baustil entsprechen und den gestalterischen Charakter des Gebäudes nicht verändern.

52

Der zwischen den Beteiligten unstreitige und in der Bauakte dokumentierte Einbau einer Ölzentralheizung mit einem Heizöltank auf der Grundlage einer im Jahr 1971 erteilten Baugenehmigung sowie die im Jahr 1990 genehmigte Querschnittsreduzierung des Schornsteins beeinträchtigen den Denkmalwert nicht, da sie weder in die denkmalwerte Substanz des Gebäudes eingreifen, noch dessen äußere Gestalt beeinträchtigen. Entsprechendes gilt für den Ausbau des Dachgeschosses und die Einrichtung einer Wohnung im Dachgeschoss, die sich aus der im Jahr 1994 erteilten Abgeschlossenheitsbescheinigung ergibt. Entsprechendes gilt für die als wahr zu unterstellenden, von den Klägern behaupteten Umbauten der Wohnungen im Erdgeschoss und den Einbau von Einbauschränken. Auch diese Maßnahmen verändern die Substanz des Gebäudes nicht in einer den Denkmalwert beeinträchtigenden Weise.

53

In der in Augenschein genommenen Wohnung im Erdgeschoss rechts, ließen sich keine durchgreifenden Anhaltspunkte für einen den Denkmalwert beeinträchtigenden Substanzverlust feststellen. So erzeugen der Einbau einer Küche, die Renovierung des Bades und die Ersetzung der Türbeschläge keine Beeinträchtigung des Denkmalwerts des Interieurs, insbesondere da die Türblätter, die Türrahmen, die Fensterbänke, der Parkett- und Dielenfußboden sowie die bereits zuvor beschriebene Stuckatur der Decke im bauzeitlichen Zustand erhalten sind.

54

Auch die übrigen im Rahmen der Inaugenscheinnahme festgestellten Veränderungen im Innenbereich des Gebäudes beeinträchtigen den Denkmalwert nicht. Dies gilt für die neuen Türbeschläge und Briefkastenschlitze der Wohnungstüren im Dachgeschoss, deren Türblätter, Rahmen und Leibungen zudem aus der Bauzeit stammen dürften. Auch die erneuerten Leuchten im Treppenhaus sowie die Türgriffe im Erdgeschoss, die Beschläge der Hauseingangstür sowie der nachträglich eingefügte elektrische Schließer beeinflussen weder die Gesamterscheinung noch den Denkmalwert. Entsprechendes gilt für die im Keller erkennbaren Leitungssysteme für Wasser und elektrischen Strom, insbesondere, da der Keller im Übrigen dem bauzeitlichen Originalzustand entspricht und auch noch über die bauzeitlichen Türblätter verfügt, wobei wiederum deren Beschläge ausgetauscht worden sein dürften.

55

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war für die Kammer schließlich auch im Übrigen kein Verlust der baulichen Substanz des Gebäudes feststellbar, der dazu führt, dass das Mehrfamilienhaus seine Funktion, Aussagen über geschichtliche Umstände oder Vorgänge zu dokumentieren, nicht mehr erfüllen könnte. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Risse in der Fassade und im Treppenhaus des Gebäudes.

56

cc) Die Erhaltung des Mehrfamilienhauses liegt im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG im öffentlichen Interesse, da die Auswahl des Gebäudes unter den für einen Denkmalschutz in Betracht kommenden baulichen Anlagen durch die Beklagte in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden ist [hierzu unter (1)] und die Notwendigkeit seiner Erhaltung in das Bewusstsein der Bevölkerung oder eines breiten Kreises von Sachverständigen oder Interessierten eingegangen ist [hierzu unter (2)]. Eine Abwägung des öffentlichen Erhaltungsinteresses mit den privaten Interessen der Kläger hat die Beklagte dabei zu Recht nicht vorgenommen [hierzu unter (3)].

57

(1) Das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Erhaltungsinteresses in § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG hat die Aufgabe, aus dem Kreis der in Betracht kommenden Objekte eine eingrenzende Auswahl zu treffen und eine unangemessene Ausweitung des Denkmalbegriffs zu verhindern. Neben der Ausgrenzung rein individueller Vorlieben und privater Liebhaberinteressen greift es vor allem dann als Korrektiv ein, wenn zahlreiche vergleichbare Objekte noch vorhanden sind. Die Erhaltungswürdigkeit setzt damit zwar keine Einmaligkeit voraus. Das öffentliche Interesse an der Einstufung eines Objekts als Denkmal wird aber umso schwieriger zu begründen sein, je mehr vergleichbare Exemplare es in der Nähe gibt. Neben dem Seltenheitswert sind weiter der dokumentarische und exemplarische Wert von Bedeutung. Auch insoweit bezweckt das Merkmal des öffentlichen Interesses jedoch nicht, lediglich herausragende Beispiele oder besonders typische Vertreter einer Gattung unter Schutz zu stellen. Es können auch solche Objekte denkmalwürdig sein, die unterhalb dieser Schwelle Ausdruck geschichtlicher Epochen und Entwicklungen sind. Ferner spielen das Alter sowie das Maß der Originalität und der Integrität eine Rolle. Je älter das Objekt, je höher der Anteil noch vorhandener Originalsubstanz und je besser der Erhaltungszustand ist, desto eher ist es als denkmalwürdig anzusehen (zum Vorstehenden: OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, 2 Bf 298/02, juris, Rn. 81, m.w.N).

58

Gemessen an diesen Maßstäben liegt ein öffentliches Erhaltungsinteresse vor, da das verfahrensgegenständliche Mehrfamilienhaus wegen des Umfangs und der Integrität seiner baulichen Originalsubstanz, die Zeugnis für die traditionalistische Bauweise und seinen Errichtungszeitpunkt ist, im Vergleich zu anderen in der selben Zeit errichteten Mehrfamilienhäusern im traditionalistischen Baustil in den Hamburger Elbvororten insgesamt einen hohen dokumentarischen und exemplarischen Wert aufweist. Wie dargelegt befinden sich die stilprägenden Elemente der baulichen Gestaltung des Hauses in einem guten Erhaltungszustand. Dies gilt insbesondere für die Kubatur und die Dachform, die Elemente der Fassadengestaltung, die Fenster sowie die prägenden Elemente des Treppenhauses und der in Augenschein genommenen Wohnung (Fußböden, Decken, Türen). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nimmt das Gebäude gegenüber anderen Mehrfamilienhäusern in traditionalistischer Bauweise in den westlichen Vororten Hamburgs bezüglich der Ausprägung der baulichen Gestaltungselemente und des Erhaltungszustands eine herausragende Stellung ein. Dies gilt insbesondere für die vier Mehrfamilienhäuser, die auf der von der Beklagten überreichten Karte eingezeichnet sind und für die die Beklagte Lichtbilder vorgelegt hat. Diese Gebäude hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung zum Teil in Augenschein genommen und im Übrigen durch Inaugenscheinnahme der Lichtbilder bewertet. Auf der Karte der Beklagten, die die nähere Umgebung des verfahrensgegenständlichen Gebäude abbildet, sind mit grüner Farbe die zwischen 1946 und 1956 errichteten Häuser abgebildet, wobei die Mehrfamilienhäuser zusätzlich mit einer grünen Kreisfläche umrandet sind. Das Mehrfamilienhaus in der Straße S weist im Vergleich zu dem verfahrensgegenständlichen Gebäude nicht denselben gehoben baulichen Standard auf. Es verfügt lediglich über ein Satteldach und ist insgesamt einfacher gestaltet. Es hat keine besondere Fassadengestaltung. Auch seine Fenster haben einen niedrigeren baulichen Standard. Ein geringerer Standard folgt auch aus der größeren Anzahl von Wohnungen in diesem Gebäudekomplex. Wie die gerichtliche Inaugenscheinnahme des Hauses in der J gezeigt hat, weist auch dieses mit roter Tonpfanne sattelgedeckte Gebäude einen geringeren baulichen Standard auf. Es hat zudem durch einen Anbau an der Gartenseite eine erhebliche bauliche Veränderung erfahren. Die Gestaltung der Fassade ist im Vergleich zum verfahrensgegenständlichen Haus einfacher. Bemerkenswert sind allenfalls die besonders ausgestalteten Dachüberstände sowie die bogenförmigen Stürze über Fenstern und Türen. Dieses Mehrfamilienhaus erreicht nach dem Eindruck der Kammer insgesamt nicht die Qualität und den gehobenen Wohnstandard des verfahrensgegenständlichen Gebäudes. Nach dem Eindruck, den die Kammer durch die Inaugenscheinnahme der zur Akte gereichten Lichtbilder von dem Haus in der R-straße gewonnen hat, ist dieses im Hinblick auf die Dachform und Kubatur durchaus mit dem verfahrensgegenständlichen Gebäude vergleichbar. Es steht indes im Hinblick auf die gestalterischen Fassadenelemente, die Ausführungen der Fenster und des Eingangsbereichs des verfahrensgegenständlichen Gebäudes qualitativ hinter diesem zurück. Dies gilt erst recht für das Mehrfamilienhaus in der N-Straße 20. Die zur Akte gereichten Lichtbilder zeigen, dass dieses Haus im Hinblick auf seine Fassadengestaltung (unverputzter Klinkerstein), die Ausführung der Fenster und die Anzahl der Wohnungen baulich deutlich einfacher als das Mehrfamilienhaus der Kläger gestaltet ist. Prägende stilistische Elemente der traditionalistischen Bauform kann die Kammer an diesem Gebäude kaum erkennen.

59

(2) Die an das öffentliche Erhaltungsinteresse zu stellenden Voraussetzungen liegen auch im Übrigen vor. Dieses setzt nämlich ferner voraus, dass die Notwendigkeit der Erhaltung eines Objekts in das Bewusstsein der Bevölkerung oder eines breiten Kreises von Sachverständigen oder Interessierten eingegangen ist (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O., Rn. 87; OVG Lüneburg, Urt. v. 3.5.2006, NordÖR 2006, 304 ff; OVG Magdeburg, Urt. v. 14.10.2004, a.a.O.; OVG Berlin, Urt. v. 31.10.1997, OVGE 23, 5 ff; OVG Bautzen, Urt. v. 12.6.1997, a.a.O.; VGH München, Urt. v. 21.2.1985, BRS 44 Nr. 125; jeweils m.w.N.), oder dass sich seine geschichtliche Bedeutung dem verständigen, über die geschichtlichen Zusammenhänge unterrichteten Betrachter offenkundig erschließt und sich die Notwendigkeit der Erhaltung aufgrund gewichtiger Besonderheiten des Einzelfalles aufdrängt (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O., Rn. 89; OVG Berlin, Urt. v. 31.10.1997, a.a.O. und Urt. v. 25.7.1997, OVGE 22, 180 ff). Diese Voraussetzungen liegen vor. Zwar kann die Kammer nicht erkennen, dass die Notwendigkeit der Erhaltung des Mehrfamilienhauses der Kläger in das Bewusstsein der Bevölkerung eingegangen ist. Jedoch besteht in allgemeiner Hinsicht eine fachwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen traditionalistischer Bauten in der Nachkriegszeit in Deutschland. Insbesondere die Tatsache, dass in der Nachkriegszeit Mehrfamilien- und Einfamilienhäuser und andere Gebäude im traditionalistischen Baustil errichtet worden sind, wird in der fachwissenschaftlichen Literatur beschrieben (vgl. Lange, Hamburg, Wiederaufbau und Neuplanung 1943-1963, S. 163, 259) – auch unter dem Gesichtspunkt der sich hierin widerspiegelnden ästhetischen Kontinuität zwischen Vor- und Nachkriegszeit (vgl. hierzu etwa die Beiträge in: Durth/Gutschow, Architektur und Städtebau der Fünfziger Jahre, Tagungsband, Hannover 1990, Mohr, S. 110 ff; Cohen, S. 50 ff). Der Traditionalismus ist insgesamt eine architekturgeschichtliche Epoche, die im fachwissenschaftlichen Diskurs erörtert wird (vgl. hierzu die Beiträge in: Krauskopf/Lippert/Zaschke, Neue Tradition, 2009, Krauskopf, S. 7 ff; Voigt, S. 69ff). Dies indiziert ein wissenschaftliches Interesse, diese Phänomene durch entsprechende bauliche Anlagen konkret erfahrbar zu machen. Jedenfalls aber erschließt sich die geschichtliche Bedeutung, die das verfahrensgegenständliche Mehrfamilienhaus als Beispiel einer frühen privaten Nachkriegsbautätigkeit gehobenen Standards im überkommenen traditionalistischen Baustil dokumentarisch verkörpert, dem Betrachter des Gebäudes, der über dessen Errichtungszeitpunkt und die Grundlagen der baugeschichtlichen Entwicklung der frühen Nachkriegszeit informiert ist, und es besteht eine Notwendigkeit der Erhaltung des Gebäudes aufgrund gewichtiger Besonderheiten des Einzelfalls. So waren im Rahmen der Inaugenscheinnahme der für die frühe Nachkriegszeit außergewöhnlich hohe bauliche Standard des Gebäudes und die konservative Formsprache des Traditionalismus erkennbar. Der Erhalt des Gebäudes in seiner konkreten Gestalt ist auch aufgrund seiner besonderen Eigenart notwendig. Wie zuvor dargelegt besteht in den westlichen Elbvororten nur eine vergleichsweise geringe Zahl von Mehrfamilienhäusern im traditionalistischen Baustil aus dieser Bauzeit. Unter diesen sticht das verfahrensgegenständliche Gebäude wiederum mit dem zweiten Element seines Dokumentationswerts – dem gehobenen baulichen Standard – in besonderer Weise hervor. Dadurch entsteht ein besonders hoher Aussagewert für die Öffentlichkeit und das fachwissenschaftliche Publikum über bauliche Entwicklungen nach dem zweiten Weltkrieg in Hamburg, der einen denkmalfachlichen Erhalt des Gebäudes einfordert.

60

(3) Die von den Klägern geltend gemachten privaten Interessen an einer effektiven Wärmedämmung und der Bekämpfung von Feuchtigkeits- und Schimmelproblemen sind nach der Konzeption des Denkmalschutzgesetzes bei der Beurteilung des öffentlichen Erhaltungsinteresses außer Betracht zu lassen. Die von Verfassungs wegen gebotene Berücksichtigung der Eigentümerinteressen erfolgt nämlich allein im Rahmen der Erteilung von Genehmigungen für bauliche Veränderungen nach § 9 DSchG. Die Kammer weist in diesem Zusammenhang vorsorglich daraufhin, dass bei der nach § 9 Abs. 2 DSchG gebotenen Abwägung nach Maßgabe von § 9 Abs. 2 Satz 2 DSchG insbesondere die energetische Sanierung eines Gebäudes ein überwiegendes öffentliches Interesse an einer Genehmigung der Baumaßnahmen begründen kann.

61

c) Die Garage ist nicht als Baudenkmal im Sinne des § 4 Abs. 1 und 2 DSchG geschützt. Nach den zuvor dargelegten Maßstäben [vgl. III. 2. b) bb) (1)] kommt dieser baulichen Anlage insbesondere keine geschichtliche Bedeutung im Sinne vom § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG zu. Anders als das Mehrfamilienhaus ist die Garage für sich allein betrachtet nicht geeignet, eine geschichtliche Entwicklung durch die Dokumentation früherer Bauweisen oder der politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sonstigen Verhältnisse aufzuzeigen. Die Garage weist zwar stilistische Übereinstimmungen mit dem Mehrfamilienhaus auf. Anders als dieses vermittelt die Garage jedoch weder den gehobenen baulichen Standard noch lässt sie sich ohne die Einbeziehung des Mehrfamilienhauses dem traditionalistischen Baustil zuordnen. Der Garage fehlt insofern für einen Dokumentationswert, der dem Mehrfamilienhaus vergleichbar ist, eine hinreichende Anzahl prägender baulicher Merkmale. Denn abgesehen von einem Walmdach mit Dachüberstand und den Garagentüren aus Holz verfügt diese bauliche Anlage nicht über besonders hervortretende Gestaltungsmerkmale, sondern erscheint als eine schlichte und funktionale bauliche Nebenanlage. In Bezug auf die Garage weist die Kammer vorsorglich auf die Regelungen des denkmalrechtlichen Umgebungsschutzes in § 8 DSchG hin.

IV.

62

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Bei der Festsetzung der Kostenquote war zu berücksichtigen, dass die Kläger mit dem überwiegenden Teil ihres Begehrens, den die Kammer im Rahmen der Kostenentscheidung mit 9/10 beziffert, unterlegen sind. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

V.

63

Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil der Sache grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Auslegung des denkmalschutzrechtlichen Ensemblebegriffs und die Frage, wann die Erhaltung einer bauliche Anlage aufgrund ihrer geschichtlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt, werfen obergerichtlich noch nicht hinreichend geklärte Rechtsfragen auf, deren Klärung im Hinblick auf zukünftige Verfahren im allgemeinen Interesse liegt. Dies gilt insbesondere für die Frage, wann eine funktionale Beziehung zwischen einer baulichen Hauptanlage und einer Nebenanlage das für ein Ensemble erforderliche denkmalwerte Niveau im Sinne einer übergreifenden Komponente oder Idee als Träger der geschichtlichen Botschaft erlangt, sowie die Frage, welche Auswirkungen die von der Kammer erkannte wachsende Ausdifferenzierung von Gebäudekategorien (Einfamilien-, Mehrfamilienhäuser und Siedlungsbau) und architekturhistorischen Epochen (Traditionalismus vor und nach dem zweiten Weltkrieg) im Denkmalschutz auf das öffentliche Erhaltungsinteresse hat. Noch nicht obergerichtlich geklärte Fragen bestehen ferner bei den Einzelheiten gerichtlichen Rechtsschutzes nach Inkrafttreten des im Denkmalschutzgesetz vom 5. April 2013 geregelten ipsa-lege-Prinzips.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 8. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller begehren den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet an die Antragsgegnerin, mit der sie verhindern wollen, dass die Beigeladene den Rückbau eines Gebäudes betreibt, dem sie zusammen mit ihrem eigenen Gebäude als Ensemble Denkmalwert beimessen.

2

Die Antragsgegnerin erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 20. Dezember 2012 eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses und einer Tiefgarage auf dem Baugrundstück –W. ...-Straße X (...). Der Bescheid schließt eine Genehmigung nach § 173 Abs. 1 BauGB ein. Das Baugrundstück ist derzeit noch mit einem zwischen 1860 und 1870 errichteten zweigeschossigen Putzbau bebaut, der nach Kubatur und gotisierender Fassadengliederung und -dekoration dem romantischen Historismus zugeordnet werden kann. Die Antragsteller erhoben gegen den Baugenehmigungsbescheid mit Schreiben vom 2. Juli 2014 Widerspruch. Sie sind Eigentümer des südlich gelegenen Nachbargrundstücks W…..-Straße Y (...), das mit einem ebenfalls zwischen 1860 und 1870 errichteten zweigeschossigen Putzbau bebaut ist, der an der klassizistischen Formensprache orientiert ist. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Uhlenhorst 3 vom 6. Juli 1977 (HmbGVBl. S. 183) und der Verordnung über die Erhaltung baulicher Anlagen in Winterhude und Uhlenhorst vom 30 Mai 1995 (HmbGVBl. S. 117). Die Antragsteller messen den beiden streitbefangenen Gebäuden auf der Grundlage von Privatgutachten eines Denkmal-Gutachters als Ensemble Denkmalwert bei und wenden sich deshalb gegen einen Rückbau des Bestandsgebäudes W. -Straße X durch die Beigeladene. Nachdem die Antragsteller mit Schreiben vom 15. Juli 2014 bei der Antragsgegnerin erfolglos denkmalrechtlichen Ensembleschutz beantragten, haben sie am 27. August 2014 beim Verwaltungsgericht einen Eilantrag gestellt, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 8. Oktober 2014 abgelehnt hat.

3

Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag zu 1) - die Antragsgegnerin gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, die Gebäude W. ...Straße Y und X vorläufig als Ensemble in die Denkmalliste einzutragen - sei wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn die von den Antragstellern verfolgte Abwehr von Beeinträchtigungen ihres Gebäudes als Ensembleteil sei nicht von der Eintragung des Ensembles in die Denkmalliste abhängig. Nach dem im Hamburgischen Denkmalschutzgesetz verankerten ipso iure-Prinzip (§ 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG) sei der Schutz eines Denkmals nicht von einer Eintragung in die Denkmalliste abhängig. Im Gegensatz zu den gesetzlichen Schutzpflichten, deren Einhaltung den Verfügungsberechtigten als solchen träfe und die § 6 Abs. 1 Satz 4 DSchG unter Eintragungsvorbehalt stelle, sei die Durchsetzbarkeit von Pflichten als bloßer Nachbar eines Denkmales nicht unter einen Eintragungsvorbehalt gestellt. Der Verfügungsberechtigte unterliege schon ipso iure den Pflichten nach § 7 Abs. 1 DSchG. Der Antrag zu 2) - die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Beigeladene über den denkmalschutzrechtlichen Schutzstatus der beiden Gebäude zu informieren, verbunden mit dem Hinweis auf das Erfordernis einer denkmalrechtlichen Genehmigung für den Rückbau ihres Gebäudes - sei ebenfalls wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn dieser Antrag gehe nicht über das mit dem - effektiveren - Antrag zu 3) verfolgte Rechtsschutzziel hinaus. Der Antrag zu 3) - die Antragsgegnerin gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, eine sofort vollziehbare vorläufige Verfügung gegen die Beigeladene zu erlassen, in der ihr der bevorstehende Rückbau ihres Gebäudes bis zu der Erteilung einer entsprechenden denkmalrechtlichen Genehmigung untersagt wird - sei zwar zulässig, aber unbegründet, weil die Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hätten. Auf die Ermächtigungsgrundlage des § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG könnten die Antragsteller ihr Begehren auf Einschreiten nur stützen, wenn die Genehmigungspflicht, unter deren Verstoß irgendwelche bauliche Maßnahmen ausgeführt werden sollten, jedenfalls auch aus Umständen folge, aufgrund derer eine eigene denkmalrechtliche Rechtsposition der Antragsteller bestünde. An einem zugunsten der Antragsteller bestehenden Genehmigungsvorbehalt fehle es aber, weil ein Rückbau des Gebäudes der Beigeladenen weder eine nach § 8 DSchG genehmigungspflichtige wesentliche Beeinträchtigung eines auf dem Grundstück der Antragsteller errichteten Ensembleteiles noch eine solche Beeinträchtigung eines dort befindlichen Einzeldenkmales darstelle. Bei den Gebäuden W. -Straße Y und X handele es sich nach summarischer Prüfung nicht um ein Ensemble i.S.d. § 4 Abs. 3 DSchG, so dass sich die Antragsteller insoweit nicht auf den Umgebungsschutz des § 8 DSchG berufen könnten. Denn bei den beiden Gebäuden fehle es an der für ein Ensemble konstituierenden wechselseitigen Zuordnung der Ensembleteile. Die beiden Gebäude unterschieden sich schon stilistisch in deutlicher Weise. Bis auf die zeitliche Nähe ihrer Erbauung hätten beide Gebäude keine Gemeinsamkeit; damit brächten sie keine sonstige übergreifende Komponente oder Idee zum Ausdruck. Sie ließen es an einem einheitsstiftenden Merkmal, das der eigentliche „Träger der geschichtlichen Botschaft“ des Ensembles wäre, fehlen. Soweit die Antragsteller geltend machten - die beiden Gebäude repräsentierten die historische Erstbebauung auf der Uhlenhorst und stünden beispielhaft für die Erweiterung der Hansestadt bzw. ihr Denkmalwert ergebe sich aufgrund ihrer geschichtlichen Bedeutung als früheste Zeugen der Bebauung der Uhlenhorst nach der Aufhebung der Torsperre - seien dies ausschließlich Umstände, die für eine Einzelunterschutzstellung der Gebäude sprechen könnten. Bei der Bauzeit handele es sich nicht um ein einheitsstiftendes Element, sondern um eine eher zufällige Übereinstimmung. Ein Rückbau des Gebäudes der Beigeladenen stelle keine nach § 8 DSchG genehmigungspflichtige wesentliche Beeinträchtigung eines auf dem Grundstück der Antragsteller errichteten Baudenkmales dar, weil dieses - wenn überhaupt - seinen Denkmalwert allenfalls aus der exemplarischen baugeschichtlichen Bedeutung als Einzelgebäude für die Erstbebauung auf der Uhlenhorst in den 1860er-Jahren herleiten könnte.

II.

4

Die gemäß §§ 146 Abs. 4, 147 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde der Antragsteller hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beschwerde ist hinsichtlich der Anträge zu 1) und 2) unbegründet, weil die mit ihr insoweit dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO allein zu prüfen hat, nicht rechtfertigen, den erstinstanzlichen Beschluss zu ändern und - wie von den Antragstellern beantragt - eine einstweilige Anordnung zu erlassen (1.). Auch hinsichtlich des Antrages zu 3) ist die Beschwerde unbegründet, obgleich die Antragsteller insoweit Gründe dargelegt haben, die dafür sprechen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern ist (2.), so dass das Beschwerdegericht - ohne gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur auf die Prüfung der dargelegten Gründe beschränkt zu sein - selbst berechtigt und verpflichtet ist, die Zulässigkeit und Begründetheit des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu prüfen. Auf dieser Grundlage ergibt sich jedoch, dass der Antrag zu 3) auf Erlass einer Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Fall 1 VwGO unbegründet ist, weil die Antragsteller einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht haben (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO - 3.).

5

1. Die von den Antragstellern mit der Beschwerde dargelegten Gründe geben keinen Anlass, den ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichtes hinsichtlich der Anträge zu 1) und 2) zu ändern.

6

a) Die Rechtsansicht der Antragsteller, die Einhaltung der gesetzlichen Schutzpflichten könne von der Beigeladenen als Verfügungsberechtigte über das Gebäude -W.-Straße X erst ab der Eintragung in die Denkmalliste verlangt werden, so dass das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag zu 1) - die Antragsgegnerin gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, die Gebäude -W. Straße Y und X vorläufig als Ensemble in die Denkmalliste einzutragen - nicht fehle, überzeugt nicht.

7

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass eine vorläufige Eintragung der beiden Gebäude als Ensemble in die Denkmalliste nicht erforderlich ist, damit die Antragsteller ihr Rechtsschutzziel erreichen können, wesentliche Beeinträchtigungen, die durch eine Beseitigung des Gebäudes der Beigeladenen einträten, von ihrem Gebäude als gemeinsamem Teil des Ensembles abzuwehren. Zwar ist es zutreffend, dass § 6 Abs. 1 Satz 4 DSchG bestimmt, die Einhaltung der gesetzlichen Schutzpflichten kann von der bzw. dem Verfügungsberechtigten erst ab der Eintragung (in die Denkmalliste) verlangt werden. Jedoch ist das Verwaltungsgericht ebenso zutreffend davon ausgegangen, dass ein Ensembledenkmal gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG auch schon ohne Eintragung in die Denkmalliste den Schutz durch das Denkmalschutzgesetz genießt (sog. ipsa-lege-System) und dass die zuständige Behörde gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG die vorläufige Einstellung von Bauarbeiten, wie z.B. im Falle der ganzen oder teilweisen Beseitigung eines Denkmales, gegenüber demjenigen anordnen kann, der die genehmigungspflichtige Maßnahme ohne Genehmigung begonnen hat respektive mit ihr unmittelbar beginnen wird. Die Ermächtigungsgrundlage des § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG sieht als richtigen Adressaten einer Baustilllegungsanordnung nicht nur Verfügungsberechtigte an, sondern richtet sich an alle, die genehmigungspflichtige Maßnahmen ohne Genehmigung beginnen. Denn die Pflicht ein Denkmal zu erhalten, trifft nicht nur den Verfügungsberechtigten ab der Eintragung in die Denkmalliste, sondern besteht allgemein, wie das in § 7 Abs. 5 DSchG verankerte Verursacherprinzip zum Ausdruck bringt. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber mit § 6 Abs. 1 Satz 4 DSchG lediglich im Interesse des Verfügungsberechtigten eine Klarstellung bezweckt hat, die vor dem Hintergrund der Bedeutung der Kenntnis der Schutzpflichten für das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat zu sehen ist (vgl. Bü-Drs. 20/5703 S. 16). Mithin kann die Antragsgegnerin eine vorläufige Baustilllegungsanordnung auch gegen einen Verfügungsberechtigten richten, dessen Denkmal noch nicht in die Denkmalliste eingetragen worden ist.

8

b) Ebenso wenig können die Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag zu 2) - die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Beigeladene über den denkmalschutzrechtlichen Schutzstatus der beiden Gebäude zu informieren, verbunden mit dem Hinweis auf das Erfordernis einer denkmalrechtlichen Genehmigung für den Rückbau ihres Gebäudes - damit begründen, dieses ergebe sich aus § 6 Abs. 3 Satz 1 DSchG und dem Anspruch des Denkmaleigentümers auf effektiven Rechtsschutz im Falle einer konkreten Gefährdung seines Denkmales. Denn diese Argumentation setzt sich nicht mit dem Einwand des Verwaltungsgerichts auseinander, die Antragsteller könnten mit dem Antrag zu 3) dasselbe Rechtsschutzziel - die Abwehr von Beeinträchtigungen ihres Ensembleteils - effektiver erreichen. Zu kurz greifen die Antragsteller ebenfalls mit ihrem Hinweis, das Einschreiten nach § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG sei nicht der einfachere Weg, um Rechtschutz zu erlangen, weil dessen tatbestandlichen Voraussetzungen strenger sein dürften. Insoweit stellt sich bereits die Frage, auf welche Ermächtigungsgrundlage die Antragsteller ihr Begehren alternativ stützen wollen. Sollten sie an § 3 Abs. 1 SOG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG gedacht haben, wäre mit der Beschwerde darzulegen gewesen, weshalb die Generalklausel des § 3 SOG insoweit nicht hinter die speziellere Ermächtigungsgrundlage in § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG zurückzutreten hat.

9

2. In Bezug auf den Antrag zu 3) - die Antragsgegnerin gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, eine sofort vollziehbare vorläufige Verfügung gegen die Beigeladene zu erlassen, in der ihr der bevorstehende Rückbau ihres Gebäudes bis zu der Erteilung einer entsprechenden denkmalrechtlichen Genehmigung untersagt wird - legen die Antragsteller überzeugend dar, dass das Verwaltungsgericht die Verneinung eines Anordnungsanspruches nicht auf das Argument stützen kann, bei den beiden Gebäuden W…-Straße Y und 80 handele es sich nicht um ein Ensemble i.S.d. § 4 Abs. 3 Satz 1 DSchG, weil es an einem einheitsstiftenden Merkmal fehle.

10

Ein Ensemble ist gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 DSchG eine Mehrheit baulicher Anlagen, deren Erhaltung aus den in § 4 Abs. 2 DSchG genannten Gründen im öffentlichen Interesse liegt, und zwar auch dann, wenn kein oder nicht jeder einzelne Teil des Ensembles ein Denkmal darstellt. Als Erhaltungsgründe werden in § 4 Abs. 2 DSchG die geschichtliche, künstlerische oder wissenschaftliche Bedeutung des Denkmales oder die Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes genannt. Der Ensemblebegriff setzt dabei mehr voraus als eine schlichte räumliche Ansammlung mehrerer baulicher Anlagen, selbst wenn sie ihrerseits als Denkmal anzusehen sein sollten. Ein Ensemble ist gekennzeichnet durch das Zusammenwirken einzelner Elemente, die sich dadurch zu einem einheitlichen Ganzen fügen, so dass zu dem räumlichen Aspekt ein qualitativer Aspekt hinzutritt. Um als Ensemble gelten zu können, muss eine Mehrzahl von Objekten miteinander im Zusammenhang stehen und gerade wegen dieses Zusammenhanges in ihrer Gesamtheit schützenswert sein. Das Ensembledenkmal erfährt seinen Denkmalwert damit durch das Einander-Zugeordnetsein der Einzelobjekte selbst, aus deren spezifischem Zusammenhang sich der Wert des Ganzen erschließt. Entscheidend ist die Verbindung der einzelnen Objekte durch eine übergreifende Komponente oder Idee bzw. ein einheitsstiftendes Merkmal, die bzw. das der eigentliche „Träger der geschichtlichen Botschaft“ des Ensembles ist (so grundlegend OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, NordÖR 2007, 498, 500 zum Ensemblebegriff des § 2 Nr. 2 DSchG a.F., der vom Gesetzgeber in § 4 Abs. 3 DSchG übernommen worden ist, siehe Bü-Drs. 20/5703 S. 15).

11

Es besteht kein Grund, wie das Verwaltungsgericht, den denkmalrechtlichen Ensemblebegriff so zu verengen, dass die baulichen Anlagen, die ein Ensemble bilden sollen, verbindende, einheitsstiftende Merkmale hinsichtlich der Bauform oder bestimmter Gestaltungselemente aufweisen müssen (so aber OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 10.5. 2012, OVG 2 S 13.12, juris Rn. 15; Urt. v. 8.11.2006, BauR 2007, 694, 695). Denn die für den Ensemblebegriff maßgebliche Bezogenheit der mehreren baulichen Anlagen aufeinander kann sich auch aus ihrer Entstehungsgeschichte ableiten, was sich aus der geschichtlichen Bedeutung, die ein übergreifendes Kriterium für die Denkmalschutzwürdigkeit ist (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O., 499), unmittelbar ergibt. Die Antragsteller können daher einen Ensemblecharakter der beiden streitbefangenen Gebäude durchaus auf deren historische städtebauliche Bedeutung für die Bebauung auf der Uhlenhorst für die Zeit nach der Aufhebung der Torsperre 1860/1861 stützen. Diese übergreifende geschichtliche Komponente der beiden Gebäude wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie ihren exemplarischen Charakter als typische Beispiele für die Erstbebauung seit den 1860er-Jahren gerade in der Unterschiedlichkeit der Baustile der Gebäude - Tudorgotik und Klassizismus - zum Ausdruck bringen. Die Wahl unterschiedlicher Stilrichtungen bei der Bauausführung ist hier vielmehr typisch für die damalige Bebauung von Villengebieten durch sozial gehobene Stände, weil die Auftraggeber, Käufer bzw. Eigentümer Individualität statt einheitlicher Fassaden bevorzugten. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass dieser Aussagewert der beiden Gebäude nicht selbsterklärend ist, d.h. an den Gebäuden nicht unmittelbar abgelesen werden kann (vgl. dazu bereits OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O., 500).

12

3. Der Antrag zu 3) ist dennoch unbegründet, weil die Antragsteller jedenfalls keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht haben, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung einer Baustilllegungsanordnung durch die Antragsgegnerin bzw. die Gefahr eines Eintritts vollendeter Tatsachen betrifft. Von daher muss das Beschwerdegericht nicht auf die zwischen den Beteiligten außerdem umstrittenen materiell-rechtlichen Fragen, ob das Gebäude der Antragsteller einen positiven Beitrag zum Denkmalwert des Ensembles leistet und ob die Erhaltung des Ensembles im öffentlichen Interesse liegt, weiter eingehen.

13

Das Beschwerdegericht hat bereits mit richterlicher Verfügung vom 11. November 2014 mitgeteilt, dass der Sache die Eilbedürftigkeit fehlen dürfte, weil nicht ersichtlich sei, dass die Beigeladene über eine Genehmigung für den Rückbau ihres Gebäudes verfüge. Was die in der Baugenehmigung vom 20. Dezember 2012 erteilte Genehmigung nach § 173 Abs. 1 BauGB angeht, ist damit nur die Genehmigung zur Errichtung einer baulichen Anlage im Gebiet der Erhaltungsverordnung gemeint. Andere bauliche Maßnahmen sind nicht Regelungsgegenstand der Baugenehmigung geworden, die sich nach den genehmigten Bauvorlagen allein mit der Errichtung eines Mehrfamilienhauses befasst. Dieser Auslegung ist nicht nur die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 12. November 2014 beigetreten, sondern sie ist auch von den Antragstellern in ihrem Schreiben vom 16. Juli 2014 an die Antragsgegnerin mit durchaus guten Gründen vertreten worden. Schließlich macht die Beigeladene selbst nicht geltend, bereits Inhaberin einer Abbruchgenehmigung zu sein. Es ist auch nicht bekannt, dass sie zurzeit konkrete bauliche Maßnahmen auf ihrem Grundstück planen würde. Sollte die Antragsgegnerin der Beigeladenen in der nächsten Zeit eine Abbruchgenehmigung erteilen, ist sie zumindest nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens gehalten, diese Entscheidung den Antragstellern rechtzeitig bekanntzugeben, damit diese gegebenenfalls um effektiven Rechtsschutz nachsuchen können.

III.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 39 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 28.11.2014, 2 Bs 217/14).

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 26. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen eine denkmalschutzrechtliche Einstellungs- und Unterlassungsverfügung.

2

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der sog. R. Blöcke. Hierbei handelt es sich um eine in den späten 1920er Jahren errichtete Wohnanlage in B.. Sie besteht aus zwei Wohnblöcken, die von den Straßen B. weg im Osten, V. Straße im Westen, B. Chaussee im Süden und L. Straße im Norden begrenzt werden. Zwischen den Wohnblöcken verläuft die R. Straße. Im Innern der beiden hufeisenförmig angeordneten Wohnblöcke befindet sich jeweils eine Grünfläche. Die Außensichtfassaden der Wohnhäuser sind in Klinkerbauweise errichtet. Dabei bestehen die Westfassaden der Gebäude aus zweischaligem Mauerwerk mit einem tragenden Hintermauerwerk aus Kalksandstein und einer vorgesetzten Verblendschale aus Klinker. Die beiden Mauerwerksschichten sind in regelmäßigen Abständen durch Drahtanker verbunden, die im Mörtel des Verblendmauerwerks verankert sind. Zwischen Hintermauerwerk und Verblendschale befindet sich eine etwa 9 cm dicke Luftschicht. Die Klinkerfassaden sind in der Vergangenheit in Teilen – vornehmlich offenbar aufgrund von Kriegsschäden – sichtbar erneuert worden. Nähere Einzelheiten hierzu sind nicht bekannt.

3

Erstmals Anfang des Jahres 2014 gab es Kontakt zwischen den Beteiligten wegen einer von der Antragstellerin beabsichtigten Modernisierung der gesamten Anlage. Die Architekten der Antragstellerin verwiesen darauf, dass ihre Untersuchungen ergeben hätten, dass das Verblendmauerwerk der Westfassaden nicht mehr standsicher sei. In der Folgezeit gab es verschiedene Ortstermine und Treffen, die teilweise mit Beteiligung der Antragsgegnerin stattfanden. Unter dem 19. November 2014 erteilte die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt den Architekten der Antragstellerin eine Zustimmung im Einzelfall gemäß § 20c HBauO zur „Verankerung des Vormauerziegels mittels Lamoltan-Polyurethan-Hartschaumsystem“ (im Folgenden: PU-Schaum). Im Januar 2015 übermittelten die Architekten der Antragstellerin der Antragsgegnerin hierzu Test- und Laborergebnisse sowie einen „Erläuterungstext zur denkmalrechtlichen Genehmigung“. Eine Vernadelung der Verblendschale mit Sanierungsankern sei danach wegen der unzureichenden Qualität des Mauermörtels aus statischen Gründen nicht praktikabel. Vorzugswürdig sei ein Verfüllen der Luftschicht zwischen Hintermauerwerk und Verblendschale mit PU-Schaum. Daraufhin beauftragte auch die Antragsgegnerin verschiedene Fachleute mit der Beurteilung des Zustandes und der Standsicherheit der Außenfassade und mit der Prüfung alternativer Sanierungsmöglichkeiten. Ende März 2015 teilte das Bezirksamt der Antragsgegnerin mit, dass es der Antragstellerin für die beabsichtigte Verfüllung der zweischaligen Fassaden mit PU-Schaum eine Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren gemäß § 61 HBauO erteilt habe. Einen Antrag auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung hatte die Antragstellerin bis dahin nicht gestellt.

4

Mitte Juni 2015 kündigten die Architekten der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin an, dass die Bauarbeiten am 29. Juni 2015 beginnen sollten. Auf Nachfrage der Antragsgegnerin teilten sie weiter mit, dass eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung hierfür nicht für erforderlich gehalten werde. Mit Bescheid vom 25. Juni 2015 gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin daraufhin auf, die Sanierung zur Ertüchtigung der Standsicherheit der Fassaden mittels PU-Verschäumung vorläufig einzustellen bzw. ihre Ausführung vorläufig zu unterlassen. Zur Begründung verwies sie auf § 13 Abs. 2 HmbDSchG (im Folgenden: DSchG). Eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung nach § 9 DSchG sei weder beantragt noch erteilt worden. Die beabsichtigte Sanierungsmaßnahme entspreche nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Es sei daher eine eingehende Prüfung unerlässlich. Gegen den Bescheid vom 25. Juni 2015 erhob die Antragstellerin am 30. Juni 2015 Widerspruch. In der Begründung vertrat sie u.a. die Auffassung, dass sie einen Antrag auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung in der Vergangenheit stillschweigend gestellt habe, indem sie der Antragsgegnerin Unterlagen zur Verfügung gestellt und sie über ihre Planungen informiert habe. Vorsorglich werde ein Antrag auf denkmalschutzrechtliche Genehmigung nunmehr gestellt.

5

Unter dem 2. Juli 2015 ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung ihres Bescheids vom 25. Juni 2015 an: Diese liege im überwiegenden öffentlichen Interesse. Es seien zwar in der Vergangenheit Gespräche über die beabsichtigte Baumaßnahme geführt worden. Eine Genehmigung sei aber weder beantragt noch in Aussicht gestellt worden. Vielmehr habe sie – die Antragsgegnerin – ihrerseits Bedenken geäußert. Die Antragstellerin habe nicht dargelegt, dass eine herkömmliche Fassadensanierung unmöglich sei. Demgegenüber würde eine Fassadensanierung mittels PU-Verschäumung vollendete Tatsachen schaffen, die nicht wieder rückgängig zu machen seien. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Maßnahme zu einer nachhaltigen Schädigung der Denkmalsubstanz führen könne. Es seien keine Referenzobjekte bekannt, die Aufschluss zu Fragen betreffend die Dampfdiffusion und die Lebensdauer des PU-Schaums geben könnten. Im Übrigen gelte das von der Antragstellerin ermittelte Schadensbild nur für die stark kriegszerstörten Gebäudeteile. Eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung sei auch nicht entbehrlich, weil die Standsicherheit der Außenfassade gefährdet sei. Hierfür gebe es, anders als die Antragstellerin geltend mache, keine Anhaltspunkte.

6

In der Folge gab es weitere Gespräche zwischen den Beteiligten. Es fanden Baubegehungen statt, an denen auch die Antragsgegnerin teilnahm. Die Beteiligten stimmten das weitere Prüfvorgehen ab und nahmen weitere Proben des Mauer- und Fugenmörtels an verschiedenen Stellen der Fassaden, die chemisch analysiert werden sollten. Ende August 2015 stellte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin einen förmlichen Antrag auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung, für den sie das bei der Antragsgegnerin verwendete Antragsformular nutzte. Dem Antrag waren zahlreiche Prüfberichte, fachliche Stellungnahmen und weitere Unterlagen beigefügt. Diesen Genehmigungsantrag hat die Antragsgegnerin mittlerweile – mit Bescheid vom 23. Oktober 2015 – abgelehnt. Hiergegen hat die Antragstellerin Widerspruch erhoben. Das Widerspruchsverfahren ist gegenwärtig anhängig.

7

Mit dem am 10. September 2015 erhobenen Eilantrag hat die Antragstellerin u.a. geltend gemacht, wegen der schlechten Qualität des Mörtels sei die Verblendschale gegenwärtig nicht standsicher; eine konventionelle Sanierung mittels Sanierungsankern sei nicht möglich, da dann instabile Zwischenzustände eintreten würden, die zum Kollabieren der Fassade führen könnten. Den Eilantrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Oktober 2015 abgelehnt: Der auf § 13 Abs. 2 DSchG gestützte Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. Juni 2015 sei voraussichtlich rechtmäßig. Bei den R. Blöcken handele es sich um Baudenkmäler i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG. Die geplante bauliche Maßnahme sei genehmigungspflichtig. Die Genehmigungsbedürftigkeit entfalle nicht, wenn und weil ein Eilfall vorliege, da es sich bei der durchzuführenden Maßnahme nicht um eine Maßnahme zur vorläufigen Sicherung handele. Ihr Ermessen habe die Antragsgegnerin fehlerfrei ausgeübt. Zwar habe sie in dem angefochtenen Bescheid die von der Antragstellerin geltend gemachte Dringlichkeit einer Sanierung nicht berücksichtigt. Jedoch habe sie ihre Ermessenserwägungen ergänzt, indem sie im Rahmen der Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung ausgeführt habe, dass die Antragstellerin eine akute Gefährdung der Standsicherheit nicht belegt habe. Diese Einschätzung sei nicht zu beanstanden. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass während einer herkömmlichen Fassadensanierung instabile Zustände eintreten könnten. Auch sei die Standsicherheit der Fassade mittelfristig nicht mehr gewährleistet. Davon, dass eine akute Gefährdung vorliege, auch wenn keine baulichen Maßnahmen vorgenommen würden, sei demgegenüber nicht auszugehen. Es sei vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin das Interesse an einem dauerhaften Erhalt des Denkmals höher gewichtet habe als das Interesse der Antragstellerin, die geplante Maßnahme kurzfristig durchführen zu können. Ob diese Maßnahme letztlich genehmigt werden könne, sei nicht im Eilverfahren zu klären. Es bestehe auch ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug der angefochtenen Verfügung.

II.

8

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

9

Allerdings hat die Antragstellerin mit ihrer Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO zunächst beschränkt ist, die entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts mit beachtlichen Argumenten, insbesondere zum möglichen Vorliegen einer Genehmigungsfiktion (§ 11 Abs. 1 Satz 1 DSchG) und zur Maßgeblichkeit der materiellen Genehmigungsfähigkeit der geplanten Sanierungsmaßnahmen (§ 9 Abs. 2 DSchG), in Frage gestellt. Dem Beschwerdegericht ist deshalb eine umfassende Prüfung der Sach- und Rechtslage eröffnet. Diese führt indes nicht zu einer Änderung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts. Im Ergebnis zu Recht hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die Verfügung vom 25. Juni 2015 erhobenen Widerspruchs wiederherzustellen. Bei einer Abwägung des Aufschubinteresses der Antragstellerin gegenüber dem öffentlichen Interesses am Sofortvollzug, das die Antragsgegnerin unter dem 2. Juli 2015 eingehend in einer den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet hat, überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse. Denn der Widerspruch der Antragstellerin gegen die Verfügung vom 25. Juni 2015 wird voraussichtlich erfolglos bleiben, weil sich diese Verfügung bei der im Eilrechtsschutzverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung als rechtmäßig erweist (hierzu 1.). Darüber hinaus besteht ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug (hierzu 2.).

10

1. Die Verfügung der Antragsgegnerin vom 25. Juni 2015 erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig. Rechtsgrundlage ist § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG. Danach kann die zuständige Behörde die vorläufige Einstellung anordnen, wenn genehmigungspflichtige Maßnahmen ohne Genehmigung begonnen werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Gegen die Anwendbarkeit des geltenden Denkmalschutzrechts bestehen im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (hierzu a]). Bei den R. Blöcken handelt es sich um ein Denkmal i.S.v. § 4 DSchG (hierzu b]). Die von der Antragstellerin geplante Maßnahme stellt ein gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG genehmigungspflichtiges Vorhaben dar (hierzu c]), für das eine Genehmigung bislang nicht vorliegt (hierzu d]). Mit der geplanten Maßnahme hat die Antragstellerin auch i.S.v. § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG „begonnen“ (hierzu e]). Ihr Ermessen hat die Antragsgegnerin fehlerfrei ausgeübt (hierzu f]).

11

a) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bestehen gegen die Anwendbarkeit des geltenden Denkmalschutzrechts keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sind an die Nichtanwendung eines Gesetzes im formellen Sinn durch das Fachgericht wegen der Annahme seiner Verfassungswidrigkeit im Hinblick auf das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts hohe Anforderungen zu stellen. Sie kommt – neben weiteren Voraussetzungen – überhaupt nur dann in Betracht, wenn die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes offensichtlich ist, die Nichtigkeit der dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm oder des Regelungsgefüges, in das die Norm untrennbar eingebettet ist, also geradezu „auf der Hand liegt“, das fragliche Gesetz mithin „greifbar“ verfassungswidrig ist (vgl. VGH München, Beschl. v. 13.1.2015, 22 CS 14.2323, BayVBl. 2015, 390, juris Rn. 15 ff.; VGH Kassel, Beschl. v. 26.3.2008, 8 TG 2493/07, ESVGH 58, 214, juris Rn. 27, 33, jeweils m.w.N.).

12

So liegt es hier eindeutig nicht. Vielmehr weist allein schon die zu vergleichbaren Regelungen anderer Länder ergangene Rechtsprechung (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 30.10.1995, 6 L 2747/94, OVGE MüLü 46, 319, juris Rn. 2 f.; OVG Berlin, Urt. v. 3.1.1997, 2 B 10.93, BauR 1998, 773, juris Rn. 4 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 26.4.1996, 4 B 19.96, juris Rn. 6 ff.; Beschl. v. 9.10.1997, 6 B 42.97, LKV 1998, 150, juris Rn. 7 ff.) in die Richtung, dass insbesondere das gemäß §§ 4, 6 DSchG geltende sog. ipsa-lege-Prinzip mit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot und mit der Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG vereinbar ist. Insbesondere dürften die auf der Verwendung wertungsbedürftiger und unbestimmter Rechtsbegriffe beruhenden Auslegungs- und Subsumtionsschwierigkeiten bei der Bestimmung der Denkmaleigenschaft nach § 4 DSchG wegen der Eigenart der Regelungsmaterie unvermeidbar sein und durch die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Rechtsstellung der Verfügungsberechtigten hinreichend ausgeglichen werden. Überdies dürfte die Privatnützigkeit des Eigentums hinreichend dadurch gewahrt sein, dass die Erhaltungs-, Schutz- und Instandsetzungspflichten des Verfügungsberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 DSchG unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit stehen und dass die Versagung einer Genehmigung zur Durchführung beabsichtigter Änderungsmaßnahmen am Denkmal gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 DSchG vom Vorliegen überwiegender Gründe des Denkmalschutzes abhängig ist (so bereits VG Hamburg, Urt. v. 12.5.2014, 7 K 278/12, BauR 2014, 2138, juris Rn. 44 ff.; Urt. v. 18.3.2015, 9 K 1021/13, juris Rn. 23 ff.).

13

b) Bei den R. Blöcken handelt es sich um ein Denkmal i.S.v. § 4 DSchG. Hieran hat der beschließende Senat mit Blick auf die von der Antragsgegnerin vorgelegte denkmalfachliche Stellungnahme vom 16. Juli 2015 sowie das bei den Sachakten befindliche „Gutachten zum Denkmalwert des Ensembles“ vom 31. März 2011 und angesichts des Fehlens anderslautender Stellungnahmen bei summarischer Überprüfung keine durchgreifenden Zweifel. Auch die Antragstellerin und die für sie tätigen Architekten und Gutachter sind stets und übereinstimmend davon ausgegangen, dass es sich bei den R. Blöcken um ein Denkmal im Sinne des Denkmalschutzrechts handelt. Dabei kann offen bleiben, ob es sich – wie das Verwaltungsgericht gemeint hat – um Baudenkmäler i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG oder – ggf. zusätzlich – um ein Ensemble i.S.v. § 4 Abs. 3 DSchG handelt. Denn die Geltung des Genehmigungsvorbehalts aus § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG hängt hiervon nicht ab.

14

Ohne Bedeutung ist, dass die Antragsgegnerin die Anlage bzw. das Ensemble in der Vergangenheit nicht förmlich durch Bescheid unter Denkmalschutz gestellt hat. Denn die Denkmaleigenschaft der nicht zuvor konstitutiv unter Schutz gestellten unbeweglichen Objekte folgt seit der zum 1. Mai 2013 erfolgten Einführung des ipsa-lege-Prinzips im Hamburgischen Denkmalschutzrecht unmittelbar aus dem Gesetz (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 25.9.2014, 2 Bs 164/14, BauR 2015, 807, juris Rn. 20).

15

c) Die von der Antragstellerin geplante Maßnahme stellt ein gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG genehmigungspflichtiges Vorhaben dar. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG dürfen Denkmäler nicht ganz oder teilweise beseitigt, wiederhergestellt, erheblich ausgebessert, von ihrem Standort entfernt oder sonst verändert werden. Bei der Bestimmung der Maßnahmen, die als „Veränderung“ dem Genehmigungsvorbehalt des § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG unterliegen, legt der Senat eine formale Betrachtungsweise zugrunde. Danach sind Veränderungen i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG alle Maßnahmen, die abstrakt geeignet sind, sich qualitativ oder quantitativ auf das Denkmal auszuwirken. Dies ist bei Eingriffen in die Substanz eines Denkmals regelmäßig der Fall.

16

Demgegenüber ist es nicht geboten, bereits im Rahmen der Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG in Rechnung zu stellen, worin der Denkmalwert einer als Denkmal geschützten Anlage bzw. eines Ensembles besteht und ob eine beabsichtigte Maßnahme konkret geeignet ist, diesen Denkmalwert zu beeinträchtigen. Ein solches Normverständnis widerspräche der Systematik des § 9 DSchG. Denn gemäß § 9 Abs. 2 DSchG erfolgt die Berücksichtigung der für und gegen eine Änderung sprechenden Belange im Genehmigungsverfahren. Im Genehmigungsverfahren sind dabei die „Gründe des Denkmalschutzes“ zu ermitteln, zu gewichten und gegen die für eine beabsichtigte Änderung sprechenden Belange abzuwägen (vgl. die Gesetzesbegründung: Bü-Drs. 20/5703, S. 3; siehe auch bereits zur Vorgängervorschrift: OVG Hamburg, Beschl. v. 23.10.2001, 2 Bf 282/01, BA S. 4). Eine nicht bloß formale Betrachtungsweise, wie sie der Antragstellerin vorschwebt, widerspräche demgegenüber den Belangen des Denkmalschutzes, weil hierdurch die Bedeutung des Genehmigungsverfahrens entwertet würde. Es stünde dann nämlich zu besorgen, dass ungenehmigte und ggf. irreversible Änderungen eines Denkmals in der Annahme vorgenommen würden, einer Genehmigung bedürfe es mit Blick auf den konkret in Rede stehenden Denkmalwert nicht. Die Beurteilung und Gewichtung des Denkmalswertes und seine etwaige Beeinträchtigung durch eine Änderung des Denkmals sollen aber erst im Genehmigungsverfahren und unter Einbeziehung der zuständigen Behörde erfolgen.

17

Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen handelt es sich bei dem von der Antragstellerin beabsichtigten Verfüllen der zweischaligen (West-) Fassaden mit PU-Schaum um eine Änderung i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG. Durch diese Maßnahme wird in die Substanz des Denkmals eingegriffen, weil sie dazu führt, dass das ursprünglich zweischalige Mauerwerk durch den Schaum irreversibel zu einem Verbundmauerwerk zusammengefügt wird. Dass diese Änderung, worauf die Antragstellerin verweist, äußerlich nicht sichtbar würde, ändert wegen des mit der Maßnahme verbundenen Eingriffs in die Substanz der Gebäude und wegen der Maßgeblichkeit einer formalen Betrachtungsweise nichts an der Genehmigungsbedürftigkeit nach § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG. Der Gesichtspunkt (fehlender) Sichtbarkeit kann ggf. im Rahmen der Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen Berücksichtigung finden (hierzu noch unten unter f]).

18

Die Genehmigungsbedürftigkeit der von der Antragstellerin beabsichtigten Maßnahme entfällt nicht deshalb, weil sie der Abwehr wesentlicher Gefahren für Leib, Leben oder bedeutende Sachwerte diente. Die von der Antragstellerin mit ihrer Beschwerdebegründung vertretene Ansicht, notwendiges Handeln dürfe in derartigen Fällen nicht wegen des Fehlens einer Genehmigung aufgehalten werden, teilt der Senat - ungeachtet des Umstandes, dass vorliegend die Antragsgegnerin der Annahme der Antragstellerin, die Standsicherheit der Außenfassaden sei gegenwärtig akut gefährdet, widerspricht (hierzu i.E. unten unter f]) – nicht. Eine derartige Einschränkung des Genehmigungsvorbehalts lässt sich § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG nicht entnehmen. Sollte eine Sachlage, wie sie die Antragstellerin annimmt, tatsächlich vorliegen, wäre dem zum einen im Genehmigungsverfahren bei der Bewertung der Genehmigungsvoraussetzung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 DSchG und zum anderen im Stilllegungs-/Einstellungsverfahren bei der Ausübung des durch § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG eingeräumten Ermessens Rechnung zu tragen. Für eine Einschränkung des Genehmigungsvorbehalts aus § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG ist demgegenüber weder Raum, noch besteht hierfür ein Bedürfnis.

19

d) Für die beabsichtigte Maßnahme ist die Antragstellerin bislang – im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung – nicht im Besitz der erforderlichen denkmalschutzrechtlichen Genehmigung. Diese ist nicht gemäß §§ 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 HBauO in der der Antragstellerin erteilten Baugenehmigung enthalten, weil ihr lediglich eine Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren gemäß § 61 HBauO erteilt worden ist. Den deshalb notwendigen und von der Antragstellerin Ende August förmlich gestellten denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsantrag hat die Antragsgegnerin mittlerweile - mit Bescheid vom 23. Oktober 2015 – abgelehnt.

20

Die erforderliche denkmalschutzrechtliche Genehmigung gilt auch nicht gemäß § 11 Abs. 1 DSchG als erteilt. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 DSchG gilt eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung als erteilt, wenn ein Genehmigungsantrag nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang eines schriftlichen Antrags und der Vorlage vollständiger Unterlagen i.S.v. § 11 Abs. 2 DSchG bei der Behörde beschieden wird. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, denn ein ordnungsgemäßer Antrag i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 DSchG hat der Antragsgegnerin erst mit dem Genehmigungsantrag vom 27. August 2015 – d.h. nicht länger als zwei Monate vor der Ablehnung dieses Antrags mit dem Bescheid vom 23. Oktober 2015 – vorgelegen.

21

Die demgegenüber von der Antragstellerin vertretene Einschätzung, die Genehmigungsfiktion aus § 11 Abs. 1 Satz 1 DSchG sei bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten, teilt der beschließende Senat nicht. Dies gilt zum einen für den Ansatz der Antragstellerin, sie habe im Rahmen der seit Beginn des Jahres 2014 mit der Antragsgegnerin geführten Korrespondenz zur Frage der Genehmigungsfähigkeit der beabsichtigten Sanierungsmaßnahmen einen konkludenten Genehmigungsantrag gestellt. Dies kommt deshalb nicht in Betracht, weil es gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 DSchG eines schriftlichen Antrags bedarf, der auch als solcher bezeichnet und erkennbar sein muss. Im Übrigen widerspricht die Annahme, die Antragstellerin habe bereits vor Erlass der in diesem Verfahren streitgegenständlichen Verfügung einen konkludenten Genehmigungsantrag gestellt, ihrer eigenen gegenüber der Antragsgegnerin vor Erlass der streitgegenständlichen Verfügung vertretenen Auffassung, sie bedürfe für die geplanten Sanierungsmaßnahmen keiner denkmalschutzrechtlichen Genehmigung. Die Genehmigungsfiktion aus § 11 Abs. 1 Satz 1 DSchG ist zum anderen aber auch nicht deshalb zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten, weil die Antragstellerin bereits mit dem Widerspruch vom 30. Juni 2015 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. Juni 2015 ausdrücklich und schriftlich einen Genehmigungsantrag gestellt und dem verschiedene Unterlagen (Lageplan, Erläuterung der Architekten, Prüfberichte) beigefügt hatte. Auch hierbei handelte es sich nicht um einen vollständigen Antrag i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 DSchG. Denn unmittelbar nach der Erhebung des Widerspruchs hatte die Antragsgegnerin im Rahmen der unter dem 2. Juli 2015 vorgenommenen Anordnung der sofortigen Vollziehung zum Ausdruck gebracht, dass sie den im Rahmen der Widerspruchserhebung gestellten Genehmigungsantrag für nicht bescheidungsreif halte. In der Folge hatte es deshalb weitere Gespräche zwischen den Beteiligten gegeben, in denen sie das weitere Vorgehen zur Schadensbestandsaufnahme, zur Nachbeprobung der Verblendschale und Untersuchung der gewonnenen Proben, zur Ermittlung der Auswirkungen der von der Antragstellerin ins Auge gefassten Sanierung und zur Ermittlung möglicher alternativer Sanierungsmethoden abgestimmt hatten (vgl. hierzu insbesondere das Baubegehungsprotokoll vom 14. Juli 2015). Hierbei war auch vereinbart worden, dass der Antragsgegnerin die Ergebnisse der noch vorzunehmenden Untersuchungen mitgeteilt werden sollten. Diese – und weitere – Unterlagen hatte die Antragstellerin sodann mit ihrem förmlichen Genehmigungsantrag vom 27. August 2015 bei der Antragsgegnerin vorgelegt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass es sich – auch nach der übereinstimmenden Vorstellung der Beteiligten – erst bei den dem förmlichen Genehmigungsantrag beigefügten (weiteren) Unterlagen um vollständige Unterlagen i.S.v. § 11 Abs. 2 DSchG gehandelt hat, deren Vorlage geeignet war, die Frist des § 11 Abs. 1 Satz 1 DSchG auszulösen.

22

e) Mit der geplanten Maßnahme hat die Antragstellerin i.S.v. § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG „begonnen“. Um einen effektiven Denkmalschutz zu erreichen, ist es insoweit ausreichend, dass der Beginn einer genehmigungsbedürftigen, aber nicht genehmigten Maßnahme unmittelbar bevorsteht (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 3.12.2014, 2 Bs 214/14, NordÖR 2015, 129, juris Rn. 7). Andernfalls bestünde die Gefahr, dass Denkmäler irreversibel geschädigt werden, bevor eine Anordnung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG, mit der derartige Schäden gerade verhindert werden sollen, überhaupt erfolgen kann.

23

Vorliegend steht der Beginn der von der Antragstellerin beabsichtigten Sanierungsmaßnahme unmittelbar bevor, weil die Antragstellerin bereits Mitte Juni 2015 angekündigt hatte, Ende Juni 2015 mit der Verfüllung der Westfassaden beginnen zu wollen und hiervon seinerzeit nur deshalb abgesehen hat und auch gegenwärtig nur deshalb absieht, weil sie hieran durch den Sofortvollzug der streitgegenständlichen Einstellungs- und Unterlassungsverfügung gehindert wird.

24

f) Das durch § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG eingeräumte Ermessen hat die Antragsgegnerin fehlerfrei ausgeübt. Die von der Antragsgegnerin getroffene Anordnung ist nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Antragstellerin einen Anspruch darauf hat, dass ihr eine Genehmigung für die beabsichtigte Sanierungsmaßnahme erteilt wird (hierzu aa]). Ein Ermessensfehler folgt auch nicht daraus, dass die Anordnung die Durchführung einer Maßnahme behindert, die erforderlich ist, um nicht anders abwendbare Gefahren für Leib, Leben oder bedeutende Sachwerte abzuwehren (hierzu bb]). Auch aus sonstigen Gründen ergibt sich kein Ermessensfehler (hierzu cc]).

25

aa) Die von der Antragstellerin getroffene Anordnung ist nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Antragstellerin einen Anspruch darauf hat, dass ihr eine Genehmigung für die beabsichtigte Sanierungsmaßnahme erteilt wird. Für die Rechtmäßigkeit einer auf § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG gestützten Einstellungsanordnung reicht in aller Regel die formelle Illegalität einer begonnenen oder unmittelbar bevorstehenden Maßnahme aus.

26

Die Aufnahme genehmigungsbedürftiger, aber nicht genehmigter Arbeiten verletzt das denkmalschutzrechtliche Verfahrensrecht. Dies gilt sowohl dann, wenn – wie hier – überhaupt kein Genehmigungsantrag gestellt bzw. auf einen Antrag eine Genehmigung nicht erteilt worden ist, als auch dann, wenn bei der Ausführung eines Vorhabens von einer erteilten Genehmigung abgewichen wird. In derartigen Fällen ist der Erlass einer Einstellungsverfügung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG im Interesse der Autorität der denkmalschutzrechtlichen Verfahrensvorschriften nicht erst dann gerechtfertigt und daher ermessensfehlerfrei möglich, wenn die ungenehmigte Tätigkeit auch materiell nicht genehmigungsfähig ist, sondern in der Regel bereits bei Vorliegen nur formeller Illegalität (s. zur vergleichbaren Rechtslage in anderen Ländern: OVG Münster, Beschl. v. 13.5.1994, 10 B 2031/93, BRS 77 Nr. 161, juris Rn. 5 ff.; Urt. v. 3.9.1996, 10 A 1453/92, BRS 58 Nr. 232, juris Rn. 5 f.; Davydov, in: Davydov/Hönes/Otten/Ringbeck, DSchG NRW, 4. Aufl. 2014, § 27 Rn. 12; Schmaltz, in: Schmaltz/Wiechert, Nds. DSchG, 2. Aufl. 2012, § 23 Rn. 11; Martin/Spennemann, in: Eberl/Martin/Spennemann, Bay. DSchG, 7. Aufl. 2016, Art. 15 Rn. 35). Insoweit gelten keine anderen als die für das bauaufsichtliche Verfahren geltenden Grundsätze (hierzu OVG Hamburg, Beschl. v. 17.3.2004, 2 Bs 13/04, NordÖR 2004, 286, juris Rn. 8, m.w.N.). Letzteres liegt schon deshalb nahe, weil es keinen Grund dafür gibt, die Vorschriften des Denkmalschutzrechts bzw. das denkmalschutzrechtliche Genehmigungsverfahren anders zu behandeln als (sonstige) öffentlich-rechtliche Vorschriften bzw. Genehmigungsvorbehalte, die im (konzentrierten) Baugenehmigungsverfahren gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HBauO zu prüfen sind und deren Verletzung eine Baueinstellung gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 HBauO rechtfertigen kann.

27

Allerdings kommen – ebenso wie im bauaufsichtlichen Verfahren (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 17.3.2004, 2 Bs 13/04, NordÖR 2004, 286, juris Rn. 8, m.w.N.) – unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit Ausnahmen von dem Grundsatz, dass die bloß formelle Illegalität einer Maßnahme den Erlass einer Einstellungsanordnung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG rechtfertigt, in Betracht. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Genehmigungsanspruch für das beabsichtigte Vorhaben offensichtlich ist. Davon ist hier aber nicht auszugehen. Dabei kann offen bleiben, ob generell – d.h. ungeachtet der Umstände des konkreten Einzelfalls – ein Anspruch auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung schon deshalb nicht offenkundig bestehen kann, weil es im Genehmigungsverfahren gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 DSchG stets einer Abwägung der Belange des Denkmalschutzes mit den für die Durchführung einer Maßnahme sprechenden Belangen und Interessen bedarf. Denn ungeachtet dieser allgemeinen Erwägungen hat die Antragstellerin auf der Grundlage des vorliegend zu beurteilenden Sachverhalts nicht offensichtlich einen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin die von ihr beabsichtigte Maßnahme – das Verfüllen der Luftschicht im zweischaligen Mauerwerk der Westfassaden mit PU-Schaum – gemäß § 9 Abs. 2 DSchG genehmigt. Der beschließende Senat erachtet es gegenwärtig auf der Grundlage der ihm vorliegenden Unterlagen vielmehr als offen, ob der Antragstellerin die begehrte Genehmigung zu erteilen ist.

28

Einen offensichtlichen Genehmigungsanspruch hat die Antragstellerin nicht deshalb, weil durch die von ihr geplante Maßnahme die Fassade selbst keine äußerlich wahrnehmbare Veränderung erfahren würde. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass sich der Denkmalwert der R. Blöcke nur auf die äußerliche Erscheinung der (West-) Fassaden bezieht. Dies gilt unabhängig von dem konkreten Denkmal bereits allgemein, denn nach der Gesetzesbegründung kommt „eine Teilunterschutzstellung (beispielsweise lediglich der Fassade) (...) nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn zwischen der Denkmalsubstanz und den neuen Elementen keinerlei Funktionszusammenhang mehr besteht. Das ist im Regelfall nur bei einer vollständigen Entkernung des Gebäudes (...) gegeben“ (Bü-Drs. 20/5703, S. 15; hierzu auch OVG Hamburg, Beschl. v. 16.12.2015, 2 Bs 218/15, BA S. 7 f.). Dies gilt überdies und erst recht für die R. Blöcke. Denn den vorliegenden denkmalfachlichen Stellungnahmen (hierzu oben unter b]) lässt sich nicht entnehmen, dass der Denkmalwert nur oder insbesondere in dem äußerlichen Erscheinungsbild der Westfassaden begründet wäre. Vielmehr bezieht sich der Denkmalwert auf den gesamten Siedlungskomplex, seine Bauweise und -form, seine Anlage mit den Innenhöfen und seine Bedeutung als „gut erhaltenes Beispiel eines Siedlungsbaus der späten 1920er Jahre von überdurchschnittlicher städtebaulicher und gestalterischer Qualität, das hervorragend den durch Genossenschaften getragenen Hamburger Wohnungsbau der Weimarer Republik repräsentiert“ (S. 3 der denkmalfachlichen Stellungnahme vom 16. Juli 2015). All dies – und im Übrigen auch der Erhalt der Fassaden – wäre gefährdet, wenn die von der Antragstellerin beabsichtigte Sanierungsmethode mittel- oder langfristig zu Schäden am Denkmal führte, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten (hierzu sogleich).

29

Einen offensichtlichen Genehmigungsanspruch hat die Antragstellerin auch nicht deshalb, weil die von ihr beabsichtigte Sanierungsmethode alternativlos ist und eine Schädigung des Denkmals hierbei ausgeschlossen werden kann. Zwar hat die Antragstellerin verschiedene fachliche Stellungnahmen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die (West-) Fassaden der R. Blöcke sanierungsbedürftig sind und eine Sanierung auf konventionelle Weise wegen der Eigenart des Schadensbildes nicht gelingen kann. Insoweit kann insbesondere auf die mit dem Eilantrag vorgelegte Stellungnahme der Architekten G. und S. vom 25. August 2015, die sich in einer früheren Fassung bereits bei den Sachakten der Antragsgegnerin befindet, und deren ergänzende Stellungnahme vom 30. November 2015, ferner auf die Stellungnahmen des Herrn S. vom 21. August 2015 und vom 1. Dezember 2015 Bezug genommen werden. Die Antragstellerin hat zudem darauf verwiesen, dass die von ihr angestrebte Methode zur Sanierung der Westfassaden keine Schäden am Denkmal verursachen werde, und hierzu zahlreiche Stellungnahmen, Prüfberichte, behördliche Erklärungen bzw. Bescheide vorgelegt und auf Regelwerke verwiesen. Insoweit kann insbesondere auf die mit dem Genehmigungsantrag vom 27. August 2015 eingereichten Unterlagen und die ergänzenden Stellungnahmen und Berichte Bezug genommen werden, die die Antragstellerin mit der Begründung ihrer Beschwerde vorgelegt hat. Demgegenüber hat die Antragsgegnerin ihrerseits zum einen darauf verwiesen und hierzu fachliche Stellungnahmen vorgelegt, dass eine konventionelle Sanierung, anders als die Antragstellerin annimmt, nicht vollständig ausscheide und jedenfalls große Bereiche der (West-) Fassaden, die die Antragstellerin zu sanieren beabsichtigt, auch instandgesetzt werden könnten, ohne hierbei eine bislang zur Fassadensanierung nicht erprobte Methode anzuwenden. Insoweit kann insbesondere auf die beiden fachlichen Stellungnahmen von „d. “ vom 12. Februar 2015 und vom 13. März 2015, auf die fachliche Stellungnahme des Architekten K. vom 5. Oktober 2015 und auf die fachliche Stellungnahme des Architekten B. vom 6. Oktober 2015 Bezug genommen werden. Zum anderen hat die Antragsgegnerin, teilweise unter Bezugnahme auf die von ihr eingeholten, vorstehend benannten Stellungnahmen und teilweise im Wege der Interpretation und Analyse der von der Antragstellerin vorgelegten Mess- und Untersuchungsergebnisse, beachtliche Erwägungen angestellt, die geeignet sind, die Richtigkeit der Annahme der Antragstellerin in Zweifel zu ziehen, eine Verfüllung der Luftschicht des zweischaligen Mauerwerks könne auch mittel- und langfristig zu keinen Schäden am Denkmal führen. All dies sind Gesichtspunkte, die bei der nach § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 DSchG zu treffenden Entscheidung darüber, ob überwiegende Gründe des Denkmalschutzes oder aber die für die Durchführung der beabsichtigten Maßnahme sprechenden Belange überwiegen, von entscheidender Relevanz sind. Bei dieser Sachlage ist – zumal im Rahmen des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – ein weiteres Eingehen auf die von den Beteiligten angeführten - widerstreitenden – Argumente nicht veranlasst. Von einer offensichtlich gegebenen Genehmigungsfähigkeit mit der Folge, dass eine Einstellungsverfügung wegen bloß formeller Illegalität der beabsichtigten Maßnahme als übermäßig und deshalb ermessensfehlerhaft erscheinen muss, kann jedenfalls nicht die Rede sein.

30

bb) Die von der Antragstellerin getroffene Anordnung ist ferner nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil sie die Durchführung einer Maßnahme behindert, die erforderlich ist, um nicht anders abwendbare Gefahren für Leib, Leben oder bedeutende Sachwerte einschließlich des Denkmals selbst abzuwehren.

31

Allerdings betont die Antragstellerin mit ihrem Eilantrag und mit der Begründung ihrer Beschwerde, dass die Außenfassaden jedenfalls in Teilen akut einsturzgefährdet seien und daher dringender Handlungsbedarf bestehe, der keinen weiteren Aufschub dulde. Auch dieses Vorbringen rechtfertigt indes nicht die Annahme, die von der Antragsgegnerin getroffene Anordnung sei ermessensfehlerhaft.

32

Dabei teilt der beschließende Senat zunächst die auch von dem Verwaltungsgericht in dem Beschluss vom 26. Oktober 2015 vertretene Auffassung, die Antragstellerin habe nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass eine akute Einsturzgefahr bestehe. Die in der Vergangenheit von ihr vorgelegten fachlichen Stellungnahmen – insbesondere die beiden Stellungnahmen des Ingenieurs S. vom 17. Februar 2015 und vom 24. August 2015 sowie die Stellungnahmen ihrer Architekten – betonen in erster Linie, dass die Standsicherheit akut gefährdet sei, wenn eine konventionelle Fassadensanierung vorgenommen würde, bei der die Fugen teilweise ausgeräumt werden müssen, weil dann „die Standsicherheit im Zwischenbauzustand“ (vgl. die Erläuterung der Architekten G. und S. vom 14. Januar 2014) nicht gewährleistet sei. Erst in diesem Beschwerdeverfahren hat die Antragstellerin weitere Stellungnahmen – insbesondere des Herrn S. vom 1. Dezember 2015 und der Architekten G. und S. vom 30. November 2015 – vorgelegt, in denen nicht nur die Einschätzung geäußert wird, die Vormauerschale sei nicht mehr dauerhaft standfest und daher sanierungsbedürftig, sondern überdies die Einschätzung vertreten wird, es bestehe akute Einsturzgefahr.

33

Indes hatten die Architekten der Antragstellerin die Feststellungen, die der nunmehr vertretenen Einschätzung zugrunde liegen, bereits deutlich früher getroffen. So hatten die Architekten G. und S. bereits in ihrer auf den 22. April 2014 datierten „quantitativen und qualitativen Bestandsaufnahme“ festgestellt, dass im Verblendmauerwerk der Westfassaden „der vorhandene Mauermörtel (plakativ dargestellt) nur noch aus Sand besteht und die Drahtanker im Grunde keine Verankerung mehr haben. Nahezu alle Bindemittel sind ausgewaschen und die Standsicherheit der Fassade ist nicht mehr gewährleistet“ (vgl. S. 15 f.). Einen dringenden Handlungsbedarf, sogleich geeignete Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen, um der Gefahr eines Fassadeneinsturzes zu begegnen, hat die Antragstellerin seinerzeit und auch danach über Monate aber offenbar nicht gesehen. Vielmehr hat sie es für ausreichend gehalten, punktuelle Sicherungsmaßnahmen zu veranlassen, um möglichweise eintretenden Gefahren – etwa durch herabfallende Gesimsbrocken – zu begegnen (vgl. hierzu etwa das Schreiben der Architekten G. und S. an die Antragsgegnerin vom 27. Oktober 2014). Erstmals im Juni 2015 haben die Architekten der Antragstellerin dann die Einschätzung geäußert, dass sich „die Fassaden in einem Zustand befinden, der uns allen keinen Zeitspielraum lässt“ (E-Mail des Architekten S. an die Antragsgegnerin vom 22. Juni 2015), weshalb die beabsichtigte PU-Verschäumung unverzüglich erfolgen müsse. Warum sich aber an der früheren Einschätzung, punktuelle Sicherungsmaßnahmen seien zur Gefahrenabwehr ausreichend, etwas geändert hat, lässt sich dem Vorbringen der Antragstellerin und den von ihr vorgelegten Einschätzungen und Stellungnahmen nicht entnehmen. Über die Erkenntnis, dass „irgendwann – und zwar nicht in `allzu ferner Zukunft´ – (...) Teilbereiche einfallen“ werden (Stellungnahme des Herrn S. vom 1. Dezember 2015, S. 4), gehen diese Stellungnahmen letztlich nicht hinaus.

34

Der beschließende Senat geht überdies und anknüpfend an die vorstehenden Erwägungen davon aus, dass den Gefahren, die sich aus der – auch von der Antragsgegnerin nicht bestrittenen – Baufälligkeit der Vormauerschale der Westfassaden ergeben, vorerst auch auf andere Weise als durch eine irreversible Verfüllung der Luftschicht des zweischaligen Mauerwerks hinreichend effektiv begegnet werden kann. Insbesondere dürfte insoweit das – von der Antragstellerin jedenfalls teilweise bereits bewirkte – Aufstellen von Gerüsten, ggf. auch bzw. im Zusammenhang hiermit das Aufhängen von Steinschlagschutznetzen in Betracht kommen. Bereits in ihrem Schreiben an die Antragstellerin vom 9. Juli 2015 hatte die Antragsgegnerin insoweit deutlich gemacht, dass sie das Aufstellen eines Gerüsts dulden werde, wenn dies zur Abwehr von etwaig herunterfallenden Steinen für erforderlich gehalten werde. In ihrem Schriftsatz vom 7. Dezember 2015 hat die Antragstellerin überdies mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin ihr bestätigt habe, sie bedürfe für das Aufstellen von Gerüsten keiner denkmalschutzrechtlichen Genehmigung. Um einen „Dauerzustand“, den die Antragstellerin befürchtet, muss es sich hierbei nicht handeln. Vielmehr dienen derartige Maßnahmen der Absicherung für die Dauer des denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens.

35

cc) Die von der Antragsgegnerin getroffene Anordnung ist schließlich auch nicht aus sonstigen Gründen ermessensfehlerhaft.

36

Die Annahme der Antragstellerin, sie habe darauf vertrauen können, dass ihr die Antragsgegnerin die begehrte Genehmigung erteilen werde, teilt der Senat nicht. Eine dahingehende Zusicherung (§ 38 HmbVwVfG) hat die Antragsgegnerin nicht erteilt. Aus den Akten ergibt sich auch nicht, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin anderweitig signalisiert hat, sie werde für die Durchführung der beabsichtigten Maßnahme eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung erteilen. Im Gegenteil hat die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin wiederholt ihre Zweifel an der denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsfähigkeit der beabsichtigten Maßnahme zum Ausdruck gebracht. Die bloße Einbeziehung der für die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung zuständigen Behörde in die Planungen einer Baumaßnahme rechtfertigt nicht das Vertrauen darauf, die denkmalschutzrechtliche Genehmigung werde erteilt.

37

Ermessensfehlerhaft ist die angegriffene Einstellungsanordnung der Antragsgegnerin auch nicht deshalb, weil sie hierbei nicht berücksichtigt hat, dass es sich um eine Maßnahme von bedeutendem Umfang handelt und die Antragstellerin umfangreiche Vorbereitungen für die Maßnahme getroffen, bereits erhebliche (Vorbereitungs-) Kosten gehabt und den PU-Schaum beschafft hat. Diesbezügliche Erwägungen brauchte die Antragsgegnerin bei der Ausübung des von § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG eingeräumten Ermessens nicht anzustellen. Die ihr bereits entstandenen Aufwendungen hat die Antragstellerin auf eigenes Risiko getätigt, weil sie nicht im Besitz der erforderlichen denkmalschutzrechtlichen Genehmigung war und auf deren Erteilung auch nicht vertrauen konnte. Insoweit wird auf obige Ausführungen Bezug genommen.

38

2. Es besteht ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug. Schon die formelle Illegalität des von der Antragstellerin geplanten Vorhabens rechtfertigt die sofortige Vollziehung der Einstellungsanordnung. Die Ordnungsfunktion des förmlichen Denkmalschutzrechts liefe sonst ins Leere. Die sofortige Vollziehung ist daher im Interesse der Autorität der denkmalschutzrechtlichen Verfahrensvorschriften gerechtfertigt. Auch insoweit gilt nichts anderes als für das bauaufsichtliche Verfahren (OVG Hamburg, Beschl. v. 17.3.2004, 2 Bs 13/04, NordÖR 2004, 286, juris Rn. 8, m.w.N.; Beschl. v. 27.4.2010, 2 Bs 69/10, BA S. 3 f.).

39

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Der Senat hat im Hinblick darauf, dass es sich vorliegend um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, den hälftigen Auffangwert zugrunde gelegt.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob das Arbeitsamtsgebäude der Klägerin dem Denkmalschutz unterliegt.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks X, bestehend aus den Flurstücken Y und Z in der Gemarkung …. Die Klägerin betreibt in dem auf dem Grundstück bestehenden Gebäude eine Außenstelle der Bundesagentur für Arbeit.

3

Das Gebäude wurde zwischen 1951 und 1953 auf dem Grundstück eines kriegszerstörten Schulgebäudes nach dem Entwurf des Baurats … erbaut. Der Neubau berücksichtigte die Traufhöhen, Baulinien und -materialien der Umgebung, insbesondere des benachbarten Fachwerkgebäudes der Musikschule (…), das bereits damals unter Denkmalschutz stand und weiterhin steht. Auf der anderen Seite des …Wegs befindet sich die unter Denkmalschutz stehende Ruine der benachbarten … Kirche, die ebenfalls im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.

4

Das Gebäude … liegt im Geltungsbereich des Durchführungsplans …. Dieser weist das Flurstück Y als besondere Fläche für das Arbeitsamt und das Flurstück Z als Straßenfläche aus. Das aus rotem Backstein errichtete Arbeitsamt weist einen L-förmigen Grundriss mit einem Hauptflügel mit drei Vollgeschossen entlang der … Straße und einem Nebenflügel mit zwei Vollgeschossen entlang des …Wegs (jeweils zuzüglich Dachgeschoss) auf. Aufgrund des abgesenkten Hofs im Nordosten wirkt das Gebäude von der Hofseite aus betrachtet um ein zusätzliches Geschoss erhöht.

5

Im November 2006 genehmigte die Baubehörde nach Beteiligung des Denkmalschutzamts Umbauarbeiten an dem Gebäude, die im Anschluss durchgeführt wurden. So wurden unter anderem ein Aufzug an der Gebäuderückseite des Nebenflügels installiert und im Zuge dessen die an dieser Seite bestehende Gaube deutlich vergrößert und die Breite des Eingangsbereichs im Erdgeschoss und der dort vorhandenen Treppe etwa zur Hälfte vermindert. An der Hofseite des Hauptflügels wurde ein Windfang eingebaut. Um neue Büros im Dachgeschoss zu schaffen, wurden fünf vorhandene Gauben an der Südseite des Nebenflügels … durch größere ersetzt, wie sie bereits an der Nordseite und in einem Fall auch an der Südseite vorhanden waren. Im Gebäudeinneren wurden auf allen Ebenen die Grundrisse verändert. Außerdem wurde das Dach neu eingedeckt, wobei den zu ersetzenden Dachpfannen ähnliche in naturrot aus Ton verwendet wurden. Weiterhin erfolgte ein Austausch der vormals vierflügeligen Kellerfenster nach Rücksprache mit dem Denkmalschutzamt.

6

Im Februar 2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das Gebäude als Kulturdenkmal in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler nach § 7a Abs. 2 des Hamburgischen Denkmalschutzgesetzes vom 3. Dezember 1973 (DSchG 1973) in der Fassung vom 7. April 2006 (HmbGVBl. S. 143) eingetragen worden sei. Geplante Bauvorhaben seien dem Denkmalschutzamt anzuzeigen.

7

Im Mai 2010 stellte die Klägerin einen Bauantrag, um einen außenliegenden Sonnenschutz an dem Gebäude anzubringen. Nach einem Hinweis der Beklagten, dass die Erteilungsvoraussetzungen aus Gründen des Denkmalschutzes nicht gegeben seien, nahm die Klägerin diesen Antrag im August 2010 zurück. Mit Bescheid vom 22. November 2010 verfügte die Beklagte nach vorheriger Anhörung der Klägerin die Unterschutzstellung des Gebäudes nach § 6 Abs. 1 sowie § 2 Nr. 1 DSchG 1973.

8

Zur Begründung führte sie u.a. unter Bezugnahme auf ein Gutachten zum Denkmalwert des Arbeitsamtes … vom 9. September 2010 aus, dass bereits der Neubau des Arbeitsamtes … in den Jahren 1951 bis 1953 unter Auflagen des Denkmalschutzamtes gestanden habe, da das Flurstück Y bereits seit 1941 als Umgebung der … Kirche in … geschützt gewesen sei. Das Gebäude sei aus bau- und städtebaugeschichtlichen Gründen schutzwürdig. Es stelle ein qualitätsvolles Beispiel für traditionalistische Nachkriegsarchitektur dar, da es in vereinfachter Weise traditionelle und regionale Formen und Materialien wie Backstein, Satteldächer oder Gauben aufnehme. Dies sei auch Ausdruck des Bestrebens von …, sich an der historischen Umgebung zu orientieren. Gemeinsam mit dem nicht weit entfernt liegenden Gebäude …, welches 1956 als Stahlbetonskelettbau mit Rasterfassade errichtet worden sei, verdeutliche das Gebäude … die unterschiedlichen Architekturentwicklungen der Nachkriegszeit. Außerdem veranschauliche es den Umgang mit Baulücken in historischen Kontexten und sei ein Zeugnis für die Geschichte des Wiederaufbaus in Harburg. Das Gebäude sei auch zur Wahrung der charakteristischen Eigenheiten des Stadtbildes von Harburg schutzwürdig, da es die … Straße und die …Straße präge. Schließlich liege der Erhalt des Gebäudes im öffentlichen Interesse. Das Arbeitsamt habe sich gut, zum Teil mit Ausstattung, erhalten. Auf dem Vorplatz des Arbeitsamts befinde sich ein Keramikrelief von …, das im Rahmen des 1950 aufgelegten Programmes „Kunst am Bau“ gefördert worden sei. Teil dieses Programms sei auch die im Gebäudeinneren angebrachte Eisenarbeit, welche Bauarbeiter darstelle. An bauzeitlicher Innenausstattung gebe es außerdem das erhaltene Haupttreppenhaus sowie Holztüren mit Glasfeldern.

9

Dagegen legte die Klägerin fristgemäß Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie unter Vorlage einer gutachterlichen Ersteinschätzung von … vom 18. März 2011 vor, dass das Gebäude als einfacher Klinkerbau aus den Jahren 1951-1953 keinen denkmalschutzwürdigen Charakter aufweise. Es hebe sich in seiner Ausführung gänzlich vom Bild des historischen Zentrums sowie der angrenzenden Umgebung ab. Durch die mit der Unterschutzstellung verbundenen wirtschaftlichen Einbußen sowie die Einschränkungen der Nutzbarkeit des Gebäudes werde ein unzumutbarer Eingriff in die Rechte der Klägerin begründet. Die Denkmaleigenschaft des Gebäudes sei zweifelhaft, da es sich um ein architektonisch recht junges und einfaches Gebäude handele, an dem umfassende Umbauten, Entkernungen und neue Einbauten vorgenommen worden seien. Die Veränderungen (im Einzelnen: Erneuerung aller Türen und Fenster sowie des Dachs, Erneuerung und teilweise erhebliche Veränderung der Dachgauben, Entfernung der Putzumrahmung und Versetzen nach außen von fünf der Fenster an der …, Fahrstuhleingang sowie Veränderung der gesamten Rückfront und Anbau des Windfangs; umfangreicher Umbau des Inneren, mit teilweise neuen Grundrissen, Entfernung des Amtsleiterbüros, Ausbau des Dachgeschosses, Entfernung des Handlaufs und des gesamten Treppengeländers im Inneren) würden sich bei dem Gebäude besonders schwerwiegend auswirken, da es sich um ein einfaches Gebäude handele, bei dem nur wenige Elemente den Gesamteindruck definieren würden. Bei der Unterschutzstellung habe im Übrigen kein ausreichender Vergleich zwischen dem ursprünglichen Zustand und dem Istzustand des Gebäudes stattgefunden.

10

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2011 zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, dass dem Gebäude auch städtebauliche Bedeutung zukomme, da es durch seine Kubatur und Materialität Bezug auf seine Umgebung nehme und durch den Vorplatz mit Keramikrelief an der … Straße, dem L-förmigen Grundriss und seiner Größe einen städtebaulichen Akzent setze. Die vorgenommenen Veränderungen hätten nicht zu einem Wegfall des Erhaltungsinteresses geführt, da der überwiegende Teil der historischen Substanz noch erhalten sei. Bei den Veränderungen handele es sich im Wesentlichen um bloße Erhaltungsmaßnahmen, so etwa bei dem Austausch der Fenster und Dachziegel, der im Übrigen nach historischem Vorbild und nach Vorgaben des Denkmalschutzamts vorgenommen worden sei. Der hofseitige Umbau durch den Einbau eines überwiegend transparenten Windfangs und den Umbau eines Treppenhausfensters, habe die ursprüngliche Fassade nicht wesentlich verändert. Der Großteil, bestehend aus 14 Fensterachsen, sei in kaum verändertem Zustand noch vorhanden. Gleiches gelte für den Umbau von vier Fenstern an der Gebäudefront. Weniger als die Hälfte der Gauben sei verändert worden. Der bereits zur Erbauungszeit vorhandene Eingang an der Ostfassade sei lediglich durch einen behindertengerechten Eingang modifiziert worden. Das historische Treppengeländer im Gebäudeinneren sei noch vorhanden und lediglich aus Sicherheitsgründen um ein zweites Geländer ergänzt worden. Da trotz der Veränderungen ein funktionaler Zusammenhang zwischen Innen und Außen gegeben sei und noch Ausstattungsteile vorhanden seien, sei das Gebäude insgesamt schutzwürdig. Wirtschaftliche Erwägungen stellten eine Unterschutzstellung nicht in Frage. Diese Aspekte seien im Rahmen nachfolgender Erhaltungsmaßnahmen zu berücksichtigen.

11

Hiergegen hat die Klägerin am 30. November 2011 Klage erhoben und die Klage um die hilfsweisen Anträge festzustellen, dass die angegriffenen Bescheide rechtswidrig gewesen seien und dass die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung des Gebäudes nach dem novellierten Denkmalschutzgesetz vom 5. April 2013 (DSchG 2013, HmbGVBl. S. 142) weder ganz noch teilweise vorlägen, ergänzt. Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, dass die Klage weiterhin als Anfechtungsklage statthaft sei, da sowohl das novellierte Denkmalschutzgesetz 2013 als auch das Denkmalschutzgesetz 1973 verfassungswidrig seien. Im Falle der Erledigung des Unterschutzstellungsbescheids durch Inkrafttreten des Denkmalschutzgesetzes 2013 könne die Klägerin das ursprünglich verfolgte Klagebegehren zumindest im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage weiterverfolgen. Die Klägerin wünsche auch eine verbindliche Feststellung der Rechtslage für die Vergangenheit. Schließlich sei die Klage auf Feststellung, dass der Gebäudekomplex … nicht dem Denkmalschutz unterliege, zulässig und begründet.

12

Die Denkmalschutzgesetze 1973 und 2013 würden beide gegen das Bestimmtheitsgebot, den Vorbehalt des Gesetzes und das Eigentumsgrundrecht verstoßen. Das Denkmalschutzgesetz 2013 sähe außerdem keinen ausreichenden Rechtsschutz der Betroffenen vor. Das Eigentumsrecht sei verletzt, da beide Gesetze keine angemessenen Ausgleichsregelungen für die Inanspruchnahme des Eigentümers vorsähen. Da sich die Klägerin in der streitgegenständlichen Situation in einem Über-/Unterordnungsverhältnis gegenüber der Beklagten befinde und ihren Bestand an Sachmitteln als Ausdruck ihrer Selbstverwaltungsbefugnisse nach Art. 87 Abs. 2 GG dieser gegenüber zu verteidigen habe, könne sie sich auch auf das Eigentumsgrundrecht berufen.

13

Die Unterschutzstellung sei formell und materiell rechtswidrig.

14

Das Gebäude sei kein nach § 6 Abs. 1 i.V.m. § 2 Nr. 1 DSchG 1973 bzw. § 4 DSchG 2013 schützenswertes Denkmal. Durch die Umbauten sei der Funktionszusammenhang zwischen Fassade und Gebäudeinnerem aufgehoben worden, der Gebäudekomplex sei vollständig entkernt worden. Die einzig noch verbliebenen historischen Ausbauten (ein Terrazzoboden im Dachgeschoss, zwei vorhandene Fenster im Kellerbereich, der Standort des ansonsten umfangreich veränderten Treppenhauses sowie einige bauzeitliche Türen und Oberlichter) könnten nicht als denkmalschutzrechtlich relevant eingestuft werden. Für die einzelnen Umbaumaßnahmen und deren Bewertung wird auf die Darstellungen in den Gutachten von … vom 18. März 2011, vom 12. November 2012, vom 5. November 2013 und vom 9. April 2014 Bezug genommen.

15

Eine Unterschutzstellung des Gebäudes aus stadt-, bau- oder architekturgeschichtlichen Gründen komme nicht in Frage. Es sei nicht Schauplatz eines historischen Ereignisses und mache ein solches auch nicht deutlich. Das Gebäude sei nicht Zeugnis einer geschichtlichen Entwicklung. Selbst in seinem ursprünglichen Zustand sei das Gebäude kein typischer Bau der 1950er Jahre gewesen, sondern stelle lediglich einen Rückgriff auf einen schon damals überkommenen Baustil dar. Der Umstand, dass das Gebäude zur Beseitigung einer Baulücke geplant worden sei, treffe auf eine Vielzahl anderer Gebäude in Hamburg zu und begründe daher keine besondere Schutzwürdigkeit.

16

Die Unterschutzstellung sei auch nicht zur Bewahrung der charakteristischen Eigenheiten des Stadtbildes gerechtfertigt. Dem stehe schon entgegen, dass es nicht im Rahmen einer einheitlichen Planung der näheren Umgebung errichtet worden sei. Darüber hinaus sei das Gebäude aus der Richtung des Hafens nicht einsehbar, da es aufgrund der Straßenverbreiterung der …Straße hinter die Fassaden der umstehenden Gebäude zurückspringe. Prägend seien vielmehr der benachbarte Glockenturm sowie die Kirchenruine. Der Vorplatz vor dem Hauptgebäude sei kein Ausdruck historischer Gegebenheiten, sondern resultiere aus dem im Durchführungsplan … vorgesehenen, aber nicht umgesetzten Vorhaben, die … Straße zu verbreitern. Bereits bei seiner Errichtung habe sich das Arbeitsamt aufgrund des Ensembleschutzes der … Kirche in die Umgebung einpassen müssen und diese daher gar nicht maßstäblich prägen können. Sofern die Gestaltung des Gebäudes mit zwei separierten Eingängen für Männer und Frauen tatsächlich habe stadtbildprägend wirken können, sei dies an dem Gebäude in dem heutigen Bauzustand nicht mehr ablesbar.

17

Weiter fehle es am öffentlichen Interesse an der Unterschutzstellung. So gebe es in der Stadt Hamburg viele Anfang der 1950er Jahre errichtete Arbeitsamtsgebäude, so etwa in … und …. Das öffentliche Interesse an der Unterschutzstellung sei auch im Vergleich mit anderen Gebäuden, die dem Traditionalismus zugerechnet werden müssten und über weit mehr historische Bausubstanz und Alleinstellungsmerkmale verfügten, wie etwa der … Bahnhof und das Gebäude der … Bücherhalle, und bei denen die Beklagte ein Schutzinteresse auch nicht angenommen habe, abzulehnen. Ein öffentliches Erhaltungsinteresse könne zuletzt nicht dadurch begründet werden, dass das Gebäude in diversen fachlichen Publikationen genannt worden sei. Denn diese Publikationen seien alle erschienen, bevor ab etwa 2006 die maßgeblichen Umbaumaßnahmen stattgefunden hätten und bildeten daher den tatsächlichen Erhaltungszustand nicht mehr ab.

18

Schließlich sei die Maßnahme deswegen unverhältnismäßig, weil sich die Beklagte mit der weit weniger einschneidenden Maßnahme der teilweisen Unterschutzstellung nicht auseinandergesetzt habe. Eine solche teilweise Unterschutzstellung sei aber angezeigt, da kein Funktionszusammenhang mehr zwischen der Fassade und dem entkernten Gebäudeinneren bestehe.

19

Dass bei der Bauausführung von den Grundrissen aus dem Jahre 1951 abgewichen worden sei, werde bestritten. Die Pläne aus den Jahren 1953 und 1956 seien nicht verbindlich, da ihnen der Grünstempel fehle. Außerdem handele es sich um Pläne zum Nachweis der Elektroinstallationen.

20

Die Klägerin beantragt,

21

den Bescheid der Beklagten vom 22. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2011 aufzuheben,

22

hilfsweise,

23

1. festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 22.November 2010 und der Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2011 rechtswidrig waren,

24

2. festzustellen, dass das Gebäude ..., belegen auf den Flurstücken ... und ... der Gemarkung Harburg, nicht, auch nicht teilweise dem Denkmalschutz unterliegt.

25

Die Beklagte beantragt,

26

die Klage abzuweisen.

27

Zur Begründung bezieht sie sich auf das Vorbringen in den angegriffenen Bescheiden sowie auf das Gutachten vom 9. September 2010.

28

Vertiefend führt sie aus, dass bereits das im Krieg zerstörte Schulgebäude …, das vor Errichtung des Arbeitsamtes auf dem Flurstück Y gestanden hatte, seit 1940 als Umgebung der … Kirche unter Denkmalschutz gestanden habe. Dieser Umgebungsschutz sei auch nach der Kriegszerstörung der Schule und der Kirche im Jahre 1944 nicht gelöscht worden, da die Ruine der Kirche weiter unter Denkmalschutz gestanden habe. Deshalb habe das Denkmalschutzamt auf den Neubau des Arbeitsamtes Einfluss nehmen können.

29

Sie ist der Ansicht, dass die Klage als Anfechtungsklage unzulässig sei. Der angegriffene Bescheid habe sich durch das Inkrafttreten des Denkmalschutzgesetzes 2013 erledigt.

30

Die Feststellungsklage sei unbegründet. Das Denkmalschutzgesetz 2013 sei verfassungskonform. Auf das Denkmalschutzgesetz 1973 komme es vorliegend wegen der Erledigung des Unterschutzstellungsbescheids nicht an. Da die Entscheidungen über die Genehmigung baulicher Veränderungen als Ermessensentscheidungen ausgestaltet seien, sei von der Verfassungsmäßigkeit der rechtlichen Grundlagen auszugehen. Zwar sehe das Denkmalschutzgesetz 2013 keinen ausdrücklichen Auskunftsanspruch zur Denkmaleigenschaft eines Gebäudes vor. Dies führe aber nicht zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Vorgaben, da ein solcher Auskunftsanspruch zumindest nach § 25 HmbVwVfG gegeben sei und in der Verwaltungspraxis eingeräumt werde.

31

Trotz der vorgenommenen Veränderungen an dem Gebäude stehe dessen Denkmaleigenschaft nicht in Frage. Die Schutzwürdigkeit des Gebäudes ergebe sich dadurch, dass es den Wiederaufbau des Harburger Zentrums in den 1950er Jahren bezeuge und einen Beitrag zur dortigen Stadt- und Baugeschichte leiste. An dem Gebäude lasse sich ablesen, wie die öffentliche Hand unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes versucht habe, Baulücken zu schließen. Gleichzeitig sei das Bestreben bei der Errichtung gewesen, angemessene Verwaltungsbauten mit zwei Eingängen (getrennt nach Geschlechtern) zu schaffen.

32

Das Gebäude sei durch die Außengestaltung (insbesondere: Art der Fensteranbringung und Verwendung von Sprossen, Variation der Geschosszahlen, Gauben, Backsteinmauern, Satteldach mit Pfannenabdeckung) ein Beispiel des Traditionalismus der 1950er Jahre. Gleichzeitig weise es durch die Eisenarbeit im Inneren, die keramische Arbeit an der Fassade, die Türen, die Oberlichter, die Treppen und den Bodenbelag moderne Elemente und somit Anzeichen einer gegenläufigen Architekturströmung auf. Das Gebäude stehe somit für seine Zeit, da in den 1950er Jahren der Traditionalismus noch der vorherrschende Baustil gewesen sei, gleichzeitig aber modernistische Gebäude entstanden und die Zeit daher durch die Parallelität mehrerer Baustile geprägt gewesen sei. Ein Austausch von Fenstern und Dachbedeckung bei denkmalgeschützten Gebäuden sei üblich.

33

Das Arbeitsamt sei auch seiner Art nach, als Untergattung der Verwaltungsbauten, schützenswert. Arbeitsämter seien in besonderer Weise mit der Geschichte der Arbeiterbewegung verbunden. Auch seien im Denkmalschutz ausschließlich die lokalen Vergleichsbauten zu berücksichtigen. In Hamburg stünden lediglich drei Arbeitsämter unter Denkmalschutz.

34

Die Schutzwürdigkeit des Gebäudes ergebe sich auch daraus, dass das Gebäude die zum Teil aus dem 17. bis 19. Jahrhundert stammende nähere Umgebung präge. Es nehme zum einen die Traufhöhen, Baulinien und -materialien der Umgebung auf, setze aber durch seinen Vorplatz mit keramischer Arbeit, die Gebäudegröße und den L-förmigen Grundriss samt abgesenktem Hof eigene Akzente.

35

Das erforderliche öffentliche Interesse an dem Erhalt des Gebäudes sei schließlich deswegen anzunehmen, weil das Gebäude in mehreren maßgeblichen Publikationen als öffentlicher Bau, der bis heute eine wichtige Funktion im Zentrum … habe, benannt werde. Dass die Publikationen vor Durchführung der Umbaumaßnahmen erschienen seien stehe dem öffentlichen Erhaltungsinteresse nicht entgegen, da diese Umbaumaßnahmen nicht die Denkmaleigenschaft des Gebäudes berührten. Das öffentliche Interesse an dem Erhalt des Gebäudes entfalle auch nicht dadurch, dass die Beklagte die Denkmalwürdigkeit anderer Gebäude (Arbeitsamt …, Arbeitsamt …, S-Bahnhof … und Bücherhalle …) verneint habe. Zum Teil seien die Gebäude schon nicht vergleichbar, da sie aus einer anderen Zeit stammten und anders als das streitgegenständliche Gebäude nicht im historischen Zentrum, sondern am Rande bebauter Gebiete belegen seien. Zum anderen sei bei einem Teil der Gebäude die Denkmaleigenschaft bejaht worden, der Denkmalschutz habe aber in den konkreten Fällen gegenüber anderen öffentlichen Belangen zurückstehen müssen. Die denkmalschutzrechtliche Behandlung anderer Gebäude lasse grundsätzlich keine Aussage über den Denkmalwert des konkret in Streit stehenden Gebäudes zu.

36

Einer Teilunterschutzstellung stehe entgegen, dass das Gebäude nicht entkernt sei, sondern durch den Erhalt historischer Bausubstanz noch ein funktioneller Zusammenhang zwischen den Bauteilen, insbesondere zwischen der Fassade und dem Innenausbau, bestehe. So seien etwa noch bauzeitliche Außenwände, Treppenhäuser, Innenwände, alle tragenden Wände, Geschossdecken-, Dach- und Bodenkonstruktionen, Innen- und Außentüren, Oberlichter, eine Eisenarbeit und ein Terrazzoboden erhalten. Die Veränderung der Grundrisse im Gebäudeinneren, insbesondere durch die Umstrukturierung der Büroflächen, sei unerheblich, da diese Grundrisse den Denkmalschutzwert nicht begründeten. Aus den Grundrissen aus dem Jahre 1953 (Kellergeschoss, Erdgeschoss und Dachgeschoss) und 1956 (1. und 2. Obergeschoss) ergebe sich, dass bei der Bauausführung von den ursprünglichen Grundrissen aus dem Jahre 1951 teilweise abgewichen worden sei, sodass die späteren baulichen Veränderungen anhand der Unterlagen aus den Jahren 1953 und 1956 zu beurteilen seien.

37

Der Vorplatz vor dem Haupteingang des Arbeitsamtes an der … befinde sich mindestens seit 1844 in der heutigen Form. Bei der Errichtung des Arbeitsamtes sei durch die Freihaltung des Vorplatzes die charakteristische Eigenheit des Harburger Ortsbildes an dieser Stelle bewahrt worden.

38

Die Fenster an der hofseitigen großen Belichtungsfläche für das Treppenhaus seien bereits bei der Errichtung 1953 mit drei Fenstern pro Reihe anders als in der Planung 1951 (mit sechs Fenstern pro Reihe) angeordnet worden. Die heutige Anordnung der Fenster entspreche derjenigen aus dem Jahre 1953.

39

Das Gericht hat über das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes, seiner Umgebung und den Erhaltungszustand des Gebäudeinneren durch Inaugenscheinnahme Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2015 Bezug genommen. Das Gericht hat die Sachakte der Beklagten sowie die Bauakte zum Grundstück … beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe

40

Die Klage hat keinen Erfolg. Der Hauptantrag (I.) und der erste Hilfsantrag (II.) sind unzulässig, der zweite Hilfsantrag ist unbegründet (III.).

I.

41

Der Hauptantrag, mit dem die Klägerin die gerichtliche Aufhebung des Unterschutzstellungsbescheids vom 22. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Oktober 2011 begehrt, ist unzulässig, da diesem Antrag im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Denn die Verwaltungsentscheidungen der Beklagten haben sich mit dem Inkrafttreten des Denkmalschutzgesetzes (DSchG) vom 5. April 2013 (HmbGVBl. S. 142) am 1. Mai 2013 durch Rechtsänderung erledigt. Mit dem neuen Denkmalschutzgesetz hat die Gesetzgeberin das System des Denkmalschutzes in Hamburg in eine Regelungsstruktur überführt, nach der bauliche Anlagen von Gesetzes wegen als Denkmäler geschützt sind, wenn sie die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 DSchG erfüllen (sogenanntes ipso-iure-Prinzip bzw. ipsa-lege-Prinzip). Der Schutz eines Denkmals hängt nicht mehr von der Eintragung eines Denkmals in die nachrichtliche bzw. deklaratorische Denkmalliste ab, wie § 6 Abs. 1 Satz 3 HmbDSchG ausdrücklich regelt. Die abstrakt-generelle Regelung des neuen Denkmalschutzgesetzes entzieht den nicht bestandskräftigen Verwaltungsentscheidungen der Beklagten, mit denen die Denkmaleigenschaft der verfahrensgegenständlichen Gebäude festgestellt wird, im Wege einer inhaltlichen Überlagerung die Regelungswirkung. Die gerichtliche Aufhebung der Bescheide würde die Kläger nicht von den denkmalschutzrechtlichen Verpflichtungen befreien (vgl. zum Ganzen: VGH Kassel, Urt. v. 23.1.1992, 4 UE 3467/88, juris, Rn. 26 ff.; OVG Berlin, Urt. v. 3.1.1997, 2 B 10.93, juris, Rn. 2; VG Hamburg, Urt. v. 18.3.2015, 9 K 1021/13, bisher n.v.).

42

Die Zulässigkeit des Hauptantrags folgt auch nicht daraus, dass das hamburgische Denkmalsschutzgesetz 2013 verfassungswidrig ist und nach dessen verfassungsgerichtlicher Verwerfung das hamburgische Denkmalsschutzgesetz 1973 fortgelten würde, das eine konstitutive Unterschutzstellung durch Verwaltungsakt vorsah, wie die Klägerin geltend macht. Denn an der Verfassungsmäßigkeit des Denkmalschutzgesetzes 2013 bestehen keine durchgreifenden Zweifel. Insbesondere teilt die Kammer die von der Klägerin gegen das Gesetz vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht. Einer Vorlage zum Bundesverfassungsgericht oder zum Hamburgischen Verfassungsgericht bedurfte es nicht. Das Gesetz verstößt weder gegen Art. 14 GG noch gegen das Bestimmtheitsgebot oder gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes (VG Hamburg, Urt. v. 18.3.2015, 9 K 1021/13, bisher n.v.; zum Bestimmtheitsgebot: VG Hamburg, Urt. v. 12.5.2014, 7 K 278/12, juris, Rn. 45 ff.).

II.

43

Der nach Inkrafttreten des Denkmalschutzgesetzes 2013 gestellte Hilfsantrag zu 1, mit dem die Klägerin die Feststellung begehrt, dass der Unterschutzstellungsbescheid vom 22. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Oktober 2011 rechtswidrig gewesen ist, ist zwar gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., 2013, § 91, Rn. 9 m.w.N.), sodass es für die Zulässigkeit nicht auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 91 VwGO ankommt. Er ist aber unzulässig. Diesem Fortsetzungsfeststellungsantrag fehlt das erforderliche besondere Feststellungsinteresse. Hierzu genügt grundsätzlich jedes nach vernünftigen Erwägungen nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.3.1976, BVerwGE 53, 134), wobei die gerichtliche Entscheidung geeignet sein muss, die Position des Klägers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und der Kläger mit der Entscheidung „etwas anfangen“ können muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.3.1998, BVerwGE 106, 295, 296 f.). Nach Auffassung der Kammer besteht ein solches Feststellungsinteresse nicht. Insbesondere erweist sich eine auf die Feststellung gerichtete Klage, dass die verfahrensgegenständlichen Gebäude weder ganz noch teilweise dem Denkmalschutz nach § 4 DSchG 2013 unterliegen, deshalb als rechtsschutzintensiver und damit unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses vorrangig, weil ein solches Feststellungsurteil eine umfängliche materielle Prüfung der Denkmaleigenschaft nach § 4 DSchG 2013 zur Folge hat, wogegen im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Unterschutzstellungsbescheids auch nur wegen formeller Fehler festgestellt werden könnte (ausführlich: VG Hamburg, Urt. v. 18.3.2015, 9 K 1021/13, bisher n.v.).

44

Etwas anderes folgt nicht aus dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dass ein Feststellungsinteresse der Klägerin bestehe, weil diese bereits vor Erlass des Unterschutzstellungsbescheids aufgrund einer negativen Stellungnahme der Beklagten in einem Baugenehmigungsverfahren mit dem Ziel der Anbringung außenliegenden Sonnenschutzes den Bauantrag zurückgenommen habe. Da die Klägerin den Bauantrag im damaligen Verfahren zurückgenommen hat, ist nicht ersichtlich, wie die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Unterschutzstellungsbescheids für die Vergangenheit ihre Rechtsposition verbessern könnte. Insbesondere kommt aufgrund dieser Rücknahme kein Schadensersatz in Betracht, für dessen gerichtliche Durchsetzung die Klärung der Rechtmäßigkeit des Unterschutzstellungsbescheids von Interesse sein könnte.

III.

45

Auch der nach Inkrafttreten des Denkmalschutzgesetzes 2013 gestellte Hilfsantrag zu 2, mit dem die Klägerin die Feststellung begehrt, dass das Gebäude nicht und auch nicht teilweise dem Denkmalschutz unterliegt, stellt gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO keine Klageänderung i.S.d. § 91 VwGO dar (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 91, Rn. 9 m.w.N.). Der Antrag ist zwar zulässig (hierzu unter 1.) aber nicht begründet (hierzu unter 2.).

46

1. Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 1. Alternative VwGO zulässig (vgl. hierzu und zum Folgenden: VG Hamburg, Urt. v. 12.5.2014, 7 K 278/12, juris, Rn. 36 ff.; Urt. v. 26.11.2014, 9 K 393/11, n.v.; Urt. v. 18.3.2015, 9 K 1021/13, bisher n.v.). Die Eigenschaft eines Gebäudes, nicht und auch nicht teilweise dem Denkmalschutz zu unterliegen, stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 1. Alternative VwGO dar. Hierbei steht der in § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO geregelte Grundsatz der Subsidiarität der allgemeinen Feststellungsklage nicht entgegen, da die Klägerin ihr verfahrensgegenständliches Begehren nicht durch eine Gestaltungs-, Leistungs- oder Fortsetzungsfeststellungsklage verfolgen kann. Das erforderliche Feststellungsinteresse folgt bereits aus den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen, die das Denkmalschutzgesetz dem Eigentümer eines Denkmals auferlegt, insbesondere der Erhaltungspflicht nach § 7 DSchG 2013.

47

2. Die Feststellungsklage ist unbegründet. Nach Maßgabe des Denkmalschutzgesetzes 2013, das verfassungsgemäß und damit anwendbar ist (s.o. I.), ist das Gebäude …, belegen auf den Flurstücken Y und Z der Gemarkung … als Baudenkmal nach § 4 Abs. 1 Satz 1 DSchG geschützt.Dem Gebäude kommt eine geschichtliche Bedeutung im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG zu [a)]. Diese geschichtliche Bedeutung ist durch die nach der Errichtung durchgeführten Umbauarbeiten weder ganz noch teilweise entfallen [b)]. Hingegen ist das Gebäude nicht zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes denkmalschutzwürdig [c)].Schließlich liegt die Erhaltung des Arbeitsamtsgebäudes im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG im öffentlichen Interesse [d)].

48

a) Der Begriff der geschichtlichen Bedeutung in § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG ist weit auszulegen. Es sollen hierdurch kunst- und architekturgeschichtliche Epochen und Entwicklungen, aber auch sozial-, wirtschafts- und kulturgeschichtliche sowie allgemein die Geschichte der Menschheit betreffende Ereignisse und Zeitabschnitte dokumentiert werden (hierzu und zum Folgenden: OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, 2 Bf 298/02, juris, Rn. 57). Die geschichtliche Bedeutung ist hierbei nicht auf übergeordnete oder besonders bedeutsame Entwicklungen oder Verhältnisse beschränkt, sondern umfasst vielmehr auch Gegenstände des Denkmalschutzes, die nur für einzelne Wissenschaftsdisziplinen (z.B. Kirchengeschichte, Baugeschichte, Kunstgeschichte) oder für die Regionalgeschichte, Heimatgeschichte oder Stadtgeschichte von Bedeutung sind (vgl. OVG Magdeburg, Urt. v. 14.10.2004, 2 L 454/00, juris, Rn. 30). Die geschichtliche Bedeutung eines Objekts folgt aus dem Wert einer baulichen Anlage für die Dokumentation früherer Bauweisen und der politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sonstigen Verhältnisse, die in ihm zum Ausdruck gelangen. Das Objekt muss geeignet sein, geschichtliche Entwicklungen aufzuzeigen oder zu erforschen. Dies ist dann der Fall, wenn das Objekt für die politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sonstigen Verhältnisse in bestimmten Zeitepochen einen Aussagewert hat, wenn ihm als Wirkungsstätte namhafter Personen oder als Schauplatz historischer Ereignisse ein bestimmter Erinnerungswert beizumessen ist oder wenn es im Sinne eines Assoziationswertes einen im Bewusstsein der Bevölkerung vorhandenen Bezug zu bestimmten politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sonstigen Verhältnissen seiner Zeit herstellt. Entscheidend ist der dokumentarische und exemplarische Charakter des Schutzobjekts als Zeugnis der Vergangenheit. Die den Aussagewert des Denkmals begründende geschichtliche Bedeutung muss jedoch nicht unmittelbar, das heißt ohne dass es einer Erläuterung der geschichtlichen Zusammenhänge bedarf, am Objekt selbst ablesbar sein (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O., Rn. 59; OVG Koblenz, Urt. v. 27.9.1989, NJW 1990, 2018, 2019). Ein geschichtlicher Aussagewert ist auch dann zu bejahen, wenn sich die geschichtliche Bedeutung eines Objekts nicht unmittelbar aus sich heraus visuell erschließt, es aber zusammen mit anderen Quellen einen optischen Eindruck von historisch bedeutsamen Gegebenheiten vermitteln kann und insoweit geeignet ist, seinem Betrachter die Vergangenheit vor Augen zu führen. Für die Erkennbarkeit des geschichtlichen Zusammenhangs ist hierbei nicht auf einen „unbefangenen“, über die geschichtlichen Zusammenhänge nicht unterrichteten Betrachter abzustellen, da Denkmäler ihren Aussagewert regelmäßig nur für denjenigen Betrachter entfalten, der mit den in Rede stehenden Verhältnissen der jeweiligen Epoche zumindest ansatzweise vertraut ist (hierzu und zum Folgenden: OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O, Rn. 61 ff.). Dies setzt in der Regel die Bereitschaft des Betrachters voraus, sich mit dem Objekt und den in ihm verkörperten historischen Gegebenheiten auseinanderzusetzen und macht insofern ein zumindest punktuell angeeignetes Fachwissen erforderlich, insbesondere, wenn die geschichtliche Bedeutung nicht unmittelbar am Objekt selbst ablesbar ist, sondern erst im Zusammenwirken mit anderen Quellen sichtbar wird.Dabei kann im Ergebnis offen bleiben, ob das Vorliegen eines Aussagewertes ausschließlich an dem Urteil eines sachverständigen Betrachters zu messen ist oder auf den verständigen, über die geschichtlichen Zusammenhänge unterrichteten Betrachter abzustellen ist, da beide Maßstäbe häufig zum selben Ergebnis führen. Die Denkmalschutzgesetze stellen keine Zeitgrenzen auf und bei den schützenswerten Gebäuden muss es sich nicht um solche der fernen Vergangenheit handeln (OVG Berlin, Urt. v. 8.7.1999, 2 B 1.95, juris, Rn. 30).

49

In Anwendung dieser Maßstäbe ist das Gericht aufgrund des Gutachtens der wissenschaftlichen Mitarbeiterin des Denkmalschutzamtes vom 9. September 2010, des dem Gericht vorliegenden Aktenmaterials und der Inaugenscheinnahme in der mündlichen Verhandlung am 21. Juli 2015 davon überzeugt, dass dem Gebäude … eine geschichtliche Bedeutung im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG zukommt. Es ist eine bauliche Anlage, die die architekturgeschichtliche Entwicklung in Hamburg in der frühen Nachkriegszeit nach dem Zweiten Weltkrieg [aa)] und die Geschichte des Wiederaufbaus in der Harburger Innenstadt zu dieser Zeit [bb)] in anschaulicher Weise dokumentiert.

50

aa) Das Gebäude dokumentiert in architekturgeschichtlicher Hinsicht, dass in Hamburg noch in der frühen Nachkriegszeit im Rahmen des Wiederaufbaus der Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg öffentliche Verwaltungsgebäude errichtet worden sind, die dem sogenannten traditionalistischen Baustil verpflichtet waren. Durch das Gebäude wird für den informierten Betrachter erfahrbar, dass das Bauen in der Nachkriegszeit in Hamburg neben den Konzepten der rationalistischen Moderne auch an den Gestaltungskonzepten des Traditionalismus der süddeutschen Architekturschulen, insbesondere der Stuttgarter Schule orientiert war. Bei dem Traditionalismus handelt es sich um eine stilistische Strömung der Architektur, die sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte und sich in Abgrenzung von modernen architektonischen Konzepten den ortstypischen traditionellen Bauformen des 18. und 19. Jahrhunderts anschloss (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 18.3.2015, 9 K 1021/13, bisher n.v., S. 25 des Urteilsabdrucks). Charakteristisch für eine traditionalistische Architektur sind u.a. eine Blockhaftigkeit der Gebäude, eine symmetrische Grundeinstellung bei gleichzeitigen experimentell-asymmetrischen „Übungen“ in Grundriss- und Fassadengestaltung, eine kubische Verschachtelung von Baukörpern, eine strenge Gesamtwirkung der Architektur und ein weitgehender Verzicht auf Ornament bzw. der Gebrauch von sehr abstrahierter und geometrisierter Ornamentik (Ehmann, Traditionalismus um 1910, 2006, S. 19).

51

Mit dem Gutachten des Denkmalschutzamtes vom 9. September 2010 und aufgrund der Inaugenscheinnahme des Gebäudes geht die Kammer davon aus, dass die Außengestaltung des Gebäudes … dem traditionalistischen Architekturstil zuzuordnen ist. Dafür sprechen folgende Aspekte: Die streng symmetrisch angeordneten Fensterachsen, die durch ein Zurücktreten einzelner Reihen von Fenstern asymmetrische Elemente aufweisen, der Rückgriff auf traditionelle und regionale Formen und Materialien wie Backsteinfassade, Satteldach mit Pfannenabdeckung und eine Vielzahl von Gauben, die unterteilten Fenster (Sprossenfenster), die schlichte, sachliche und strenge Bauart sowie die Variation der Geschosszahlen und Gebäudehöhe. Von einer Zuordnung des Gebäudes zum Traditionalismus geht auch die Klägerin aus (vgl. Gutachten des ... vom 12. November 2012, S. 8).

52

Entgegen der Auffassung der Klägerin erkennt die Kammer in der Zuordnung des Arbeitsamtsgebäudes zum Stil des Traditionalismus einen die Denkmalfähigkeit begründenden Zeugniswert. Zwar ist der Klägerin und ihrem Gutachter zuzugeben, dass der Traditionalismus zu Beginn der 1950er Jahre in gewisser Hinsicht ein stilistisch überholtes Konzept darstellte, da die Hochzeit des Traditionalismus nach den Darstellungen der Fachliteratur im traditionalistischen Massenwohnungsbau der 1920er Jahre gelegen hat und nach dem Zweiten Weltkrieg, jedenfalls in der Bundesrepublik, von den Konzepten der rationalen Moderne überholt worden ist (VG Hamburg, Urt. v. 18.3.2015, 9 K 1021/13, bisher n.v.,S. 26 des Urteilsabdrucks). Ein besonderer Aussagewert entsteht indessen – wie die Beklagte zutreffend geltend macht – aus der Tatsache, dass sich gerade während des gesellschaftlich-politischen Umbruchs nach dem Ende der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft und dem Ende des Zweiten Weltkriegs die öffentliche Hand bei ihrer Bautätigkeit an den stilistischen Konzepten der Vorkriegszeit orientierte. Das Gebäude ist für den informierten Betrachter ein greifbares Anschauungsobjekt für die architektonische Kontinuität zwischen der Vor- und Nachkriegszeit. Erkennbar ist, dass nach der Zäsur des Zweiten Weltkriegs und dem Wandel der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse der Bau öffentlicher Verwaltungsgebäude in einer ähnlichen Form fortgeführt worden ist, wie vor dem Krieg (vgl. zum traditionalistischen Wohnungsbau in der Nachkriegszeit im privaten Bausektor: VG Hamburg, Urt. v. 18.3.2015, 9 K 1021/13, bisher n.v. S. 26 des Urteilsabdrucks; Urt. v. 29.6.2015, 7 K 2569/13,bisher n.v.).

53

bb) Das Gebäude dokumentiert außerdem die Geschichte des Wiederaufbaus in der Harburger Innenstadt nach dem Zweiten Weltkrieg. Vor allem zwei Aspekte verleihen dem Gebäude insoweit einen besonderen Aussagewert, der es von vielen weiteren Gebäuden, die im Rahmen des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet wurden, unterscheidet. Einerseits wurde bei der Errichtung des Arbeitsamtsgebäudes im Rahmen des Wiederaufbaus nach dem Krieg der Denkmalschutz, unter dem die nähere Umgebung schon damals stand, berücksichtigt. Bereits das im Krieg zerstörte Schulgebäude …, das vor Errichtung des Arbeitsamtes auf dem Flurstück Y gestanden hatte, hatte seit 1940 als Umgebung der benachbarten … Kirche unter Denkmalschutz gestanden. Dieser Umgebungsschutz wurde auch nach der Kriegszerstörung der Schule und der Kirche im Jahre 1944 nicht aufgehoben, da die Ruine der Kirche weiter unter Denkmalschutz stand. Bei dem Bauvorhaben wurde auch auf das ebenfalls unter Denkmalschutz stehende Gebäude … Rücksicht genommen (Architekten- und Ingenieurverein Hamburg e.V.(Hrsg.), Hamburg und seine Bauten 1929-1953, 1953, S. 125). Dies zeigt sich etwa an der Gebäudeform, den Baulinien, der Variation der Gebäudehöhe mit einem niedrigeren Nebenflügel … und den verwendeten Materialien (Backstein und Dachpfannen). Andererseits verdeutlicht das Arbeitsamtsgebäude gemeinsam mit dem nicht weit entfernt liegenden Gebäude …, das 1956 als Stahlbetonskelettbau mit Rasterfassade errichtet wurde, die unterschiedlichen Architekturströmungen, die den Wiederaufbau der Harburger Innenstadt nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt haben.

54

Dabei ist es unerheblich, ob sich dieser geschichtliche Aussagewert des Gebäudes in vollem Umfang unmittelbar am Objekt selbst ablesen lässt. Denn zumindest zusammen mit Erläuterungen zur Baugeschichte des Gebäudes wird die geschichtliche Bedeutung erkennbar und am Gebäude ablesbar.

55

Es kann dahinstehen, ob der Bezugsrahmen für die Geschichte des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg der Bezirk Harburg oder der Stadtteil Harburg ist (für eine stadtteilbezogene Auslegung des Begriffs der geschichtlichen Bedeutung in Bezug auf den Stadtteil Bahrenfeld, wenn auch nicht unmittelbar zum Denkmalschutz: OVG Hamburg, Urt. v. 13.4.2011, 2 E 6/07.N, Rn. 49; kritisch zur Ortsgeschichte von Volksdorf bzw. der Walddörfer als Bezugsrahmen: VG Hamburg, Urt. v. 11.6.2015, 7 K 4838/13, bisher n.v., S. 16 f.). Denn in beiden Fällen kommt dem Arbeitsamtsgebäude hinreichende Bedeutung für die Geschichte des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg zu. Aufgrund seiner zentralen Lage im historischen Teil der Harburger Innenstadt ist der dargelegte Aussagewert für die Geschichte des Wiederaufbaus sowohl für den Stadtteil als auch für den Bezirk Harburg von hinreichender Bedeutung.

56

Hingegen ist nach Auffassung der Kammer als Bezugsrahmen für die Geschichte des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg nicht auf das gesamte Hamburger Stadtgebiet abzustellen. Dies beruht auf den folgenden Erwägungen: Erstens wäre der Bezirk Harburg sowohl nach Einwohnerzahl als auch nach Fläche eine eigene Großstadt, wenn er nicht Teil von Hamburg wäre. Zweitens war Harburg bis zum Groß-Hamburg-Gesetz im Jahre 1937 eine eigene Stadt mit einer eigenen Stadtgeschichte. Die hiermit verbundene Tradition der Eigenständigkeit war auch beim Bau des Arbeitsamtsgebäudes noch wirkmächtig, zumal bei dem Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg zerstörten ehemaligen Schulgebäudes die vom Denkmalschutz geprägte nähere Umgebung zu berücksichtigen war, die ihrerseits aus einer Zeit stammte, in der Harburg noch eine eigenständige Stadt war. Schließlich spricht die starke räumliche Trennung des Harburger Zentrums von der Hamburger Innenstadt durch die Elbe, die Elbinsel und das Hafengebiet für eine eigenständige Betrachtung der Geschichte des Wiederaufbaus von Harburg.

57

b) Die nach der Errichtung des Arbeitsamtsgebäudes durchgeführten Umbauarbeiten stehen der Denkmaleigenschaft des Gebäudes nicht entgegen, da diese die geschichtliche Bedeutung des Gebäudes nicht haben entfallen lassen [aa)]. Obwohl das Gebäudeinnere für die geschichtliche Bedeutung nur von untergeordneter Bedeutung ist, kommt eine Teilunterschutzstellung nicht in Betracht, da die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind [bb)].

58

Nach verbreiteter obergerichtlicher Rechtsprechung, der die Kammer folgt, führen Um-bauten nur dann zum Verlust der Denkmaleigenschaft, wenn die historische Substanz des Gebäudes soweit verlorengegangen ist, dass sie ihre Funktion, Aussagen über geschichtliche Umstände oder Vorgänge zu dokumentieren, nicht mehr erfüllen kann (OVG Münster, Urt. v. 26.8.2008, 10 A 3250/07, juris, Rn. 47), wenn durch die Umbauten die Identität des Gebäudes aufgehoben wird, also der Aussagewert des Kulturdenkmals verloren gegangen ist (OVG Bautzen, Beschl. v. 23.6.2006, 1 B 227/05, juris, Rn. 6, m.w.N.) oder wenn derart weitreichende bauliche Veränderungen erfolgt sind, dass die jeweilige Bedeutungskategorie des Denkmals nicht mehr sichtbar ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 27.12.2011, OVG 2 N 104.09, juris, Rn 3). Hierbei ist eine schematische, an Zahlenwerten orientierte Betrachtung nicht möglich, sondern eine qualitative Bewertung der erhaltenen Bauteile vorzunehmen, die die Gründe der Unterschutzstellung und alle Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt (OVG Münster, Urt. v. 26.8.2008, a.a.O., Rn. 48). Bloße Erhaltungsmaßnahmen führen regelmäßig nicht zum Verlust der Denkmaleigenschaft, da Arbeiten dieser Art lediglich Ausdruck des selbstverständlichen Umstands sind, dass Baudenkmäler „durch die Zeit gehen“ und laufender Unterhaltung bedürfen (vgl. OVG Magdeburg, Urt. v. 15.12.2011, 2 L 152/06, juris, Rn. 90, m.w.N.; OVG Hamburg, Urt. v. 6.12.2012, 2 Bf 133/11.Z, juris, Rn. 22).

59

Nach diesen Maßstäben ist die Denkmaleigenschaft des Arbeitsamtsgebäudes nicht durch die Umbauarbeiten nach der Errichtung entfallen. Das Gebäude befindet sich in einem für die Begründung der Denkmaleigenschaft hinreichenden Erhaltungszustand. Es hat seine historische Substanz nicht soweit eingebüßt, dass es nicht mehr als Dokument für die zuvor dargelegten geschichtlichen Zusammenhänge dienen könnte.

60

Einige der von der Klägerin vorgetragenen baulichen Änderungen haben nach Überzeugung der Kammer nicht stattgefunden. So sind die Gauben auf der Hofseite des Nebenflügels nicht neu gestaltet worden. Zwar ergibt sich aus der Ansicht in der Bauakte (Anlage 3, Blatt 11), dass ursprünglich eine durchgehende Gauben-Konstruktion auf dieser Hofseite geplant war. Schon bei der Bauausführung wurden jedoch stattdessen die noch heute bestehenden sechs getrennten Gauben errichtet, wie das Foto in dem Zeitungsartikel vom 18. Mai 1953 (Bl. 384 d.A.) zeigt.

61

Die ursprünglich geplanten kleinteiligen Fenster (sechs pro Reihe) der großen Belichtungsfläche für das Treppenhaus auf der Hofseite des Hauptflügels (vgl. Anlage 3 zur Bauakte, Blatt 7) wurden bereits bei der Bauausführung durch breitere Fensterelemente (drei pro Reihe) ersetzt (vgl. Foto in dem Zeitungsartikel vom 18. Mai 1953, Bl. 384 d.A.).

62

Zwar hat es Umbauten an dem Gebäude gegeben, die auch zu Änderungen am äußeren Erscheinungsbild geführt haben. So wurden die fünf nördlichsten Fenster im zweiten Stock an der Frontseite des Hauptflügels zur … nach vorne versetzt und die Putzumrahmung entfernt. Dies ist ein nicht unerheblicher Verlust, da diese fünf Fenster ein aussagekräftiges Beispiel für die traditionalistische Fassadengestaltung (asymmetrische „Übung“ bei grundlegend symmetrischem Aufbau) waren. Auf der Hofseite des Hauptflügels wurde ein Windfang eingebaut und am Dach vier Luken entfernt und ein Dachfenster hinzugefügt. Die Pergola im Eingangsbereich des Hauptflügels (…) wurde entfernt. In den Eingangsbereich des Nebenflügels (…) wurde ein Fahrstuhl eingebaut. Die Gaube über dem Eingang des Nebenflügels (…) und die Gauben an der Seite des Nebenflügels zum … wurden deutlich vergrößert.

63

Trotz dieser Umgestaltungenist die geschichtliche Bedeutung aber noch an dem Gebäude ablesbar. Dies gilt zum einen für die architekturgeschichtliche Bedeutung. Das Gebäude ist weiterhin als traditionalistisch zu erkennen. An der streng symmetrischen Anordnung der Fensterachsen, die durch ein Zurücktreten einzelner Reihen von Fenstern asymmetrische Elemente aufweisen, an dem Rückgriff auf traditionelle und regionale Formen und Materialien wie Backsteinfassade, Satteldach mit Pfannenabdeckung und eine Vielzahl von Gauben, an der Unterteilung der Fenster (Sprossenfenster) und an der schlichten, sachlichen und strengen Bauart sowie der Variation der Geschosszahlen und Gebäudehöhe hat sich nichts geändert. Dies gilt zum anderen für die Geschichte des Wiederaufbaus der Harburger Innenstadt nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Berücksichtigung des Denkmalschutzes der näheren Umgebung beim Wiederaufbau ist weiterhin erkennbar, da die Umbauten die Gebäudeform, die Baulinien, die Variation der Gebäudehöhe mit einem niedrigeren Nebenflügel am … und die verwendeten Materialien (Backstein und Dachpfannen) nicht verändert haben. Trotz der Änderungen verdeutlicht das Arbeitsamtsgebäude weiterhin gemeinsam mit dem nicht weit entfernt liegenden Gebäude … die unterschiedlichen Architekturströmungen, die den Wiederaufbau der Harburger Innenstadt nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt haben.

64

Der Austausch der Fenster und Eingangstüren und die Neueindeckung des Daches (inklusive Wärmedämmung) stellen bloße Erhaltungsmaßnahmen dar, die nicht zum Verlust der Denkmaleigenschaft führen. Der Austausch ist weitgehend nach den Vorgaben der Beklagten erfolgt und hat sich an der originalen Gestaltung orientiert.

65

Die von der Klägerin vorgetragenen und aus der Bauakte ersichtlichen Änderungen im Gebäudeinneren führen nicht zum Entfallen des geschichtlichen Aussagewertes und damit der Denkmaleigenschaft. Denn sowohl die architektur- als auch die städtebaugeschichtliche Bedeutung des Arbeitsamtsgebäudes wird maßgeblich durch die Kubatur, die Form und das Gebäudeäußere bestimmt. Darauf wirken sich die Maßnahmen im Gebäudeinneren nicht aus.

66

bb) Obwohl das Gebäudeinnere – auch angesichts der im Inneren erfolgten Umbaumaßnahmen – für die geschichtliche Bedeutung des Arbeitsamtsgebäudes nur von untergeordneter Bedeutung ist, kommt eine Teilunterschutzstellung – etwa beschränkt auf die Fassade und die Kubatur des Gebäudes – nicht in Betracht, da die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind.

67

Zwar kommt nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 DSchG 2013 eine Teilunterschutzstellung grundsätzlich in Betracht. Denn danach kann ein Baudenkmal eine bauliche Anlage oder ein Teil einer baulichen Anlage im Sinne des § 2 Absatz 1 der Hamburgischen Bauordnung sein. Jedoch stellt die Begründung des Senatsentwurfs zum aktuellen Denkmalschutzgesetz (Bü-Drs. 20/5703, S. 15) klar: „Der Schutzumfang bei Baudenkmälern umfasst im Regelfall das Baudenkmal als Ganzes und damit grundsätzlich auch das Innere des Gebäudes. Eine Teilunterschutzstellung (beispielsweise lediglich der Fassade) kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn zwischen der Denkmalsubstanz und den neuen Elementen keinerlei Funktionszusammenhang mehr besteht. Das ist im Regelfall nur bei einer vollständigen Entkernung des Gebäudes (Austausch der inneren Tragstruktur von Geschossdecken und Stützen) gegeben.“ Dieser im Senatsvorschlag geäußerte, Wille hat zwar nicht unmittelbar in den Gesetzestext Eingang gefunden (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 12.5.2014, 7 K 278/12, juris, Rn. 71). Er kann aber, wie jede Gesetzesbegründung, zur historischen Auslegung des Gesetzestextes herangezogen werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass in der Bürgerschaft eine kontroverse Diskussion des Entwurfs stattfand, in der auch die Eigentümerbelange und die öffentlichen Interessen an einer Beschränkung der Reichweite des Denkmalschutzes zum Ausdruck kamen (so aber: VG Hamburg, Urt. v. 12.5.2014, a.a.O unter Verweis auf das Plenarprotokoll 20/55 der 55. Sitzung der Bürgerschaft, 27.3.2013, S. 4265 ff.). Denn zum einen wurde die kontroverse Diskussion nicht über die Frage der Teilunterschutzstellung im Rahmen des § 4 Abs. 2 DSchG 2013 geführt, sondern über die Rechtsschutzmöglichkeiten des Eigentümers im Rahmen der Umstellung auf das ipsa-lege-Prinzip (vgl. den Zusatzantrag der CDU-Fraktion, Bü-Drs. 20/7390 und die Ausführungen der FDP-Abgeordneten auf S. 4268 des Plenarprotokolls 20/55). Zum anderen wurde der Gesetzesentwurf (Bü-Drs. 20/5703), auf den sich die Gesetzesbegründung bezieht, in Bezug auf die Teilunterschutzstellung in unveränderter Form in erster und zweiter Lesung von der Bürgerschaft beschlossen.

68

Etwas Anderes folgt nicht aus der Pflicht zur verfassungskonformen Interpretation des Denkmalschutzgesetzes im Hinblick auf Art. 14 GG (a.A.: VG Hamburg, Urt. v. 12.5.2014, a.a.O). Denn Art. 14 GG steht dem Gesetz bzw. der Auslegung des Gesetzes, wonach eine Teilunterschutzstellung auf den Fall beschränkt ist, in dem zwischen der Denkmalsubstanz und den neuen Elementen keinerlei Funktionszusammenhang mehr besteht, was im Regelfall nur bei einer vollständigen Entkernung des Gebäudes der Fall ist, nicht entgegen.

69

Zwar wird die Art. 14 GG berührende Wirkung des Denkmalschutzes bereits mit der Feststellung der Denkmaleigenschaft und nicht erst mit dem Genehmigungsverfahren hinsichtlich konkreter Vorhaben relevant (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.4.2009, 4 C 3/08, juris, Rn. 10). Ab dem Vorliegen der Denkmaleigenschaft treffen den Eigentümer eines Denkmals – soweit er Verfügungsberechtigter ist – diverse Pflichten (die gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 DSchG bußgeldbewehrten Erhaltungs- und Instandsetzungspflichten des § 7 Abs. 1 DSchG sowie Anzeigepflichten des § 7 Abs. 4 DSchG, vgl. hierzu und zum Folgenden VG Hamburg, Urt. v. 12.5.2014, a.a.O., Rn. 67). Die Denkmalschutzbehörde kann den Verfügungsberechtigten zu Erhaltungsmaßnahmen verpflichten und diese ggf. auch auf Kosten des Verfügungsberechtigten durchführen (§ 7 Abs. 6 DSchG). Sie kann vom Verfügungsberechtigten die Erstellung eines Denkmalpflegeplans auf eigene Kosten verlangen (§ 10 Abs. 1 DSchG). Schließlich folgt aus der Denkmaleigenschaft der Genehmigungsvorbehalt des § 9 Abs. 1 DSchG. Bauliche Maßnahmen sind somit nicht nur mit der Bau-, sondern auch mit der Denkmalschutzbehörde abzustimmen, was für den Verfügungsberechtigten einen zeitlichen, planerischen und finanziellen Mehraufwand darstellen kann (vgl. etwa die Gebührenordnung für Amtshandlungen auf dem Gebiet des Denkmalschutzes vom 14. Dezember 2010, zuletzt geändert durch Artikel 1 § 7 der Verordnung vom 17. Dezember 2013 – HmbGVBl. S. 545, 552).

70

Daraus folgt aber nicht, dass die Begrenzung der Teilunterschutzstellung auf Fälle, in denen zwischen der Denkmalsubstanz und den neuen Elementen keinerlei Funktionszusammenhang mehr besteht, was im Regelfall nur bei einer vollständigen Entkernung des Gebäudes der Fall ist, gegen Art. 14 GG verstößt. Vielmehr hält sich eine solche Regelung im Rahmen der nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässigen Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums (vgl. OVG Münster, Urt. v. 2.11.1988, 7 A 2826/86, juris, Rn. 17 f.; Urt. v. 30.7.1993, 7 A 1038/92, juris, Rn. 56 ff.; Urt. v. 12.9.2006, 10 A 1541/05, juris, Rn. 68; OVG Schleswig, Urt. v. 10.10.1995, 1 L 27/95, juris, Rn. 38).

71

Denn der besonderen, durch die Unterschutzstellung auch des Gebäudeinneren bewirkten Belastung des Eigentümers kann durch eine die Eigentümerinteressen hinreichend berücksichtigende Anwendung der Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes begegnet werden (vgl. OVG Münster, Urt. v. 2.11.1988, a.a.O., Rn. 19 ff.; Urt. v. 12.9.2006, a.a.O.). Die Erhaltungs- und Instandsetzungsverpflichtungen sind so auszulegen, dass das Denkmal – aus denkmalschutzrechtlichen Gründen – nur insoweit zu erhalten und in Stand zu setzen ist, wie es für den Erhalt des Denkmalwerts erforderlich ist. Erhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen in Bezug auf das Gebäudeinnere sind danach nur verhältnismäßig, wenn sie erforderlich sind, um den Denkmalwert des Gebäudes nicht zu beeinträchtigen. Ein Denkmalpflegeplan in Bezug auf das Gebäudeinnere ist nur verhältnismäßig, wenn dies zur Erhaltung des Denkmalwerts des gesamten Gebäudes erforderlich ist. Eine Änderungsgenehmigung für das Gebäudeinnere darf nur versagt werden, wenn durch die geplante Änderung der Denkmalwert des gesamten Gebäudes beeinträchtigt wird.

72

Auch die Auslegung des § 4 Abs. 2 DSchG 2013, nach der eine Teilunterschutzstellung des Gebäudeäußeren in der Regel nur bei der Entkernung des Gebäudeinneren in Betracht kommt, verstößt nicht gegen Art. 14 GG. Zwar wird in der Rechtsprechung auch der Ansatz vertreten, dass eine Teilunterschutzstellung –unabhängig von der Frage der Entkernung – bereits dann in Betracht kommt, wenn das Innere eines Gebäudes seit der Entstehungszeit so stark verändert worden ist, dass es seine historische Aussagekraft verloren hat und nicht etwa wiederum Zeugnis für eine für sich genommen dokumentationswürdige Nutzungs- und Umbaugeschichte des Objekts ablegt, und wenn das Äußere des Gebäudes einer eigenständigen denkmalrechtlichen Bewertung zugänglich ist (OVG Münster, Urt. v. 12.9.2006, 10 A 1541/05, juris, Rn. 69). Eine aus Art. 14 GG stammende Pflicht, im Rahmen der Entscheidung über die Teilunterschutzstellung nicht auf die Frage der Entkernung, sondern auf den Verlust jeglicher historischer Aussagekraft abzustellen, besteht aber nicht. Vielmehr verbieten Art. 14 GG und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dem Gesetzgeber nicht, in seinen abstrakt-generellen Regelungen zu typisieren und aus Gründen der Rechtssicherheit eindeutig nachprüfbare Abgrenzungskriterien zum Verlust des Funktionszusammenhangs zwischen Gebäudeäußerem und -innerem einzuführen. Zwar mag es Fälle geben, in denen die historische Aussagekraft des Gebäudeinneren bereits verloren gegangen ist, obwohl keine Entkernung vorliegt. Jedoch kann auch in diesen Fällen im Einklang mit Art. 14 GG und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der fehlenden Schutzwürdigkeit des Gebäudeinneren bei der Anwendung der denkmalschutzrechtlichen Pflichten und im denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren ausreichend Rechnung getragen werden.

73

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Eigentümer durch die Gesamtunterschutzstellung des Gebäudes deshalb nicht wesentlich stärker belastet wird als bei einer Teilunterschutzstellung des Gebäudeäußeren, weil die Verfügungsfreiheit des Eigentümers in Bezug auf das Gebäudeinnere auch bei einer solchen Teilunterschutzstellung durch den dann greifenden Umgebungsschutz gemäß § 8 DSchG 2013 (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 12.5.2014, 7 K 278/12, juris, Rn. 69 f.) eingeschränkt würde (so auch: OVG Münster, Urt. v. 2.11.1988, 7 A 2826/86, juris, Rn. 19).

74

Dass eine Beschränkung der Teilunterschutzstellung auf den Fall der Entkernung des Gebäudeinneren mit Art. 14 GG unvereinbar ist, kann nicht mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1999 (1 BvL 7/91, juris) begründet werden. Das Bundesverfassungsgericht hat mit diesem Beschluss die damalige Regelung des rheinland-pfälzischen Denkmalschutzgesetzes für mit Art. 14 GG unvereinbar erklärt, weil die Beseitigung eines Denkmals danach nur aus überwiegenden Gemeinwohlgründen zulässig war. Dies könne zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Eigentümers führen, wenn für ein geschütztes Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr vorhanden sei und dennoch die Beseitigung des Baudenkmals nicht in Betracht komme (BVerfG, Beschl. v. 2.3.1999, a.a.O., Rn. 85). Zu der Frage der Teilunterschutzstellung hat sich das Bundesverfassungsgericht in diesem Beschluss nicht geäußert. Es hat aber die Verhältnismäßigkeit des Genehmigungsvorbehalts für bauliche Maßnahmen an Denkmälern – bis auf den Fall, dass keine sinnvolle Nutzungsmöglichkeit des Denkmals besteht – bejaht und den hohen Rang des Denkmalschutzes betont (BVerfG, Beschl. v. 2.3.1999, a.a.O., Rn. 83 f.).

75

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Kammer 7 des Verwaltungsgerichts Hamburg (Urt. v. 12.5.2014, a.a.O., Rn. 68) zitierten Urteilen des OVG Koblenz vom 5. Juni 1987 (DÖV 1988, 431 f.) und OVG Bautzen vom 12. Juni 1997 (SächsVBl. 1998, 12 ff.). Das OVG Koblenz hat in seinem Urteil lediglich entschieden, dass eine Teilunterschutzstellung nach dem rheinland-pfälzischen Denkmalschutzgesetz nicht ausgeschlossen ist. Dabei handelt es sich allerdings um ein obiter dictum, da das OVG Koblenz die Gesamtunterschutzstellung des betroffenen Gebäudes für rechtmäßig hielt. Das Gericht führte außerdem aus, dass in den Fällen, in denen es zu einer Gesamtunterschutzstellung komme, obwohl es Bestandteile des Gebäudes gebe, die für sich genommen nicht schützenswert sind, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht im Unterschutzstellungsverfahren, sondern bei der Entscheidung über eine Änderungsgenehmigung zu berücksichtigen sei (OVG Koblenz, Urt. v. 5.6.1987, a.a.O., 432). Auch das OVG Bautzen hat in seinem Urteil eine Teilunterschutzstellung ausgeschlossen und dabei auf die Rechtsprechung des OVG Münster, die eine Teilunterschutzstellung nur im Ausnahmefall zulässt (OVG Münster, Urt. v. 30.7.1993, 7 A 1038/92, juris) Bezug genommen (OVG Bautzen, Urt. v. 12.6.1997, a.a.O., 16).

76

Die Unterschutzstellung des gesamten Hauses weist schließlich wichtige praktische Vorzüge auf. Dazu hat das OVG Münster ausgeführt (Urt. v. 2.11.1988, a.a.O., Rn. 33 f.):

77

„Diese Verfahrensweise hat nämlich zur Folge, daß die Frage der Denkmalwürdigkeit der einzelnen Teile einer baulichen Anlage – bis hin zu einer Aufteilung in kleinste Einheiten – nicht schon bei der Unterschutzstellung entschieden werden muß, sondern dem späteren Genehmigungsverfahren nach § 9 DSchG [diese Norm entspricht dem § 9 DSchG Hamburg 2013] vorbehalten bleiben kann. Würde man in jedem Einzelfall schon bei der Unterschutzstellungsentscheidung die exakte Abgrenzung der für sich isoliert gesehen denkmalwürdigen Teile der Anlage von den übrigen Teilen der Anlage fordern, würde man dieses Verfahren mit umfangreichen Erhebungen befrachten, die sich möglicherweise in der Zukunft als unnötig herausstellen; denn im Zeitpunkt der Unterschutzstellung steht oft noch nicht fest, welche Veränderungen an der Anlage später einmal vorgenommen werden sollen. Kommt es dann später zu einer Veränderung von Teilen der Anlage, die für sich betrachtet nicht als denkmalwürdig zu bewerten sind, so kann es sein, daß die zuständige Behörde von der Ermächtigung des § 9 DSchG Gebrauch macht, so daß sich auch in diesem Stadium eine streitige Auseinandersetzung über die Denkmalwürdigkeit bestimmter Teile einer Anlage erübrigt.“

78

Darüber hinaus weist das OVG Münster auf deutliche Vorteile bei der Abwicklung der Förderung von Baumaßnahmen an Denkmälern (vgl. § 7 Abs. 2 DSchG) und der Steuerbegünstigungen (vgl. etwa § 7i EStG, § 32 GrStG) hin, die für den Eigentümer einfacher und in der Regel günstiger zu gestalten sind, wenn das gesamte Haus unter Schutz gestellt wird (OVG Münster, Urt. v. 2.11.1988, a.a.O. unter Verweis auf: Hönes, DÖV 1988, 432).

79

Diese Ausführungen sind nach Auffassung der Kammer auch auf die Feststellungsklage hinsichtlich der Denkmaleigenschaft eines Gebäudes zu übertragen, da auch insoweit die Verfahrens- und Prozessökonomie für eine abschließende denkmalschutzrechtliche Bewertung des Gebäudeinneren erst bei der Anwendung des Denkmalschutzgesetzes – etwa im Änderungsgenehmigungsverfahren – spricht. In diesem Zusammenhang weist die Kammer daraufhin, dass etwa für die Frage des außenliegenden Sonnenschutzes, welches im Jahre 2010 der Auslöser für die Unterschutzstellung war, die Denkmaleigenschaft des Gebäudeinneren unerheblich ist. Für eine gesamte Unterschutzstellung und eine erst im denkmalschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungsverfahren erfolgende genaue Untersuchung des Gebäudeinneren darauf, welche Bestandteile noch denkmalschutzwürdig sind, spricht auch, dass die Genauigkeit und Vollständigkeit der Untersuchung der Denkmalschutzwürdigkeit im Änderungsgenehmigungsverfahren besser gewährleistet wird. Gerade bei größeren Gebäuden wie dem vorliegenden droht ansonsten aufgrund der vielen Einzelheiten und Ausstattungsteile bei einer umfassenden Prüfung schon im Rahmen der Prüfung der Denkmaleigenschaft des Gesamtgebäudes eine geringere Prüfungsdichte als bei der Frage, ob ein konkret umrissenes Änderungsvorhaben im Gebäudeinneren denkmalschutzrechtlich zulässig ist.

80

Gemessen an diesem Maßstab kommt eine Teilunterschutzstellung – etwa beschränkt auf die Fassade und die Kubatur des Gebäudes – nicht in Betracht. Das Gebäudeinnere ist – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht entkernt. Nach der in der Gesetzesbegründung enthaltenen Definition liegt eine Entkernung beim Austausch der inneren Tragstruktur von Geschossdecken und Stützen vor (Bü-Drs. 20/5703, S. 15). Diese Definition deckt sich mit dem allgemeinen Sprachverständnis.

81

Ein solcher Austausch der Tragstruktur ist nicht erfolgt. Selbst wenn – wie von der Klägerin gefordert – die Grundrisse aus dem Jahre 1951 mit den aktuellsten in der Bauakte befindlichen Grundrissen aus dem Jahre 2006 und den Eindrücken aus der Inaugenscheinnahme verglichen werden, bestehen keine Anhaltspunkte für einen solchen Austausch. Zwar wurden die Grundrisse verändert. Ein Eingriff in die Tragstruktur fand aber – bis auf den Bereich des neu eingebauten Fahrstuhls am Eingang des Nebenflügels (…) – nicht statt. Dies folgt schon daraus, dass im Rahmen der Umbaumaßnahmen im Jahre 2006 eine neue statische Berechnung nur für den Einbau des Fahrstuhls erfolgte (vgl. Begleitschreiben zum Bauantrag des Architekten der Klägerin vom 28. September 2006, Anlage 9 der Bauakte).

82

Vor diesem Hintergrund kommt es auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Grundrisse von 1951 oder die von der Beklagten im Archiv der Schulbehörde gefundenen Grundrisse aus den Jahren 1953 und 1956 den Originalzustand des Gebäudeinneren nach der Errichtung dokumentieren, nicht an.

83

Es liegt auch kein atypischer Ausnahmefall im Sinne der Gesetzesbegründung („im Regelfall“) dergestalt vor, dass zwischen der Denkmalsubstanz und den neuen Elementen keinerlei Funktionszusammenhang mehr besteht, obwohl es nicht zu einer vollständigen Entkernung des Gebäudes gekommen ist. Im Gegenteil hat die Inaugenscheinnahme gezeigt, dass die tragenden Gebäudestrukturen weitgehend im Originalzustand erhalten sind. Außerdem sind im Gebäudeinneren die beiden Treppenhäuser noch weitgehend und die im Gutachten zum Denkmalwert des Arbeitsamtes … vom 9. September 2010 erwähnte Eisenarbeit, die Bauarbeiter darstellt, im Originalzustand erhalten.

84

c) Hingegen ist das Arbeitsamt nicht zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes denkmalschutzwürdig. Insoweit ist ein Bauwerk denkmalschutzwürdig, wenn seine Erscheinung in herausgehobener Weise ein Orts-, Platz- oder Straßenbild seit alters her bestimmt oder kennzeichnender Bestandteil einer typisch historischen Stadtstruktur ist und aus eben diesem Grund ein öffentliches Interesse an seiner Erhaltung besteht (hierzu und zum Folgenden: OVG Hamburg, Urt. v. 1.2.1988, NVwZ-RR 1989, 117). Dabei ist eine gewisse aus der Eigenart sich ergebende „Dominanz“ erforderlich, d. h. das Bauwerk darf nicht nur beiläufige Zutat einer städtebaulichen Struktur oder Bestandteil einer „Aller-Welts-Siedlung“ sein. Gegen die Schutzwürdigkeit eines Bauwerks zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes spricht, wenn sich die Bebauung der Umgebung nicht an dem Bauwerk orientiert und keine klaren Sichtachsen auf das Gebäude ausgerichtet sind (OVG Lüneburg, Urt. v. 4.12.2014, 1 LC 106/13, juris, Rn. 65).

85

Nach Ansicht der Kammer bestimmt das Arbeitsamtsgebäude das Stadtbild der Umgebung nicht seit alters her. Das Gebäude ist erst nach dem Zweiten Weltkrieg in den Jahren zwischen 1951 und 1953 errichtet worden. Insoweit spricht schon viel dafür, dass das Gebäude noch nicht lange genug steht, um das Bild der Umgebung seit alters her bestimmen zu können. Jedenfalls bestimmt das Gebäude nicht das Stadtbild der Umgebung. Vielmehr ist es – auch nach Auffassung der Beklagten – nach dem Zweiten Weltkrieg in eine Baulücke so hineingebaut worden, dass es sich in die bereits unter Denkmalschutz stehende Umgebung (das zweigeschossige Fachwerkgebäude … und die Ruine der … Kirche) einfügt und die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude nicht beeinträchtigt. Die Umgebung hatte maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung des Arbeitsamtsgebäudes und nicht umgekehrt das Gebäude auf die Umgebung.

86

Das Arbeitsamtsgebäude ist auch kein kennzeichnender Bestandsteil einer typisch historischen Stadtstruktur. Es wurde vielmehr nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Baulücke errichtet, sodass es schon zeitlich kein Bestandteil einer historisch einheitlichen Stadtstruktur ist. Außerdem passte es sich an die bestehende Umgebung an, ohne diese besonders zu kennzeichnen.

87

Davon unabhängig fehlt dem Arbeitsamtsgebäude die Dominanz in Bezug auf die charakteristischen Eigenheiten des Stadtbildes der Umgebung. Dies gilt selbst dann, wenn der kleine Vorplatz vor dem Hauptflügel des Gebäudes zur … hin – wie von der Beklagten behauptet – schon vor dem im Krieg zerstörten ehemaligen Schulgebäude, an dessen Stelle das Arbeitsamtsgebäude errichtet wurde, bestanden haben sollte. Zwar hat das Gebäude zusammen mit dem Glockenturm der im Krieg zerstörten, benachbarten Dreifaltigkeitskirche eine gewisse prägende Wirkung auf den … und den zwischen dem Arbeitsamtsgebäude und der Ruine der Kirche entstandenen Platz. Gleiches gilt für die Abschnitte der … und der … jeweils unmittelbar vor dem Arbeitsamtsgebäude. Dies ist aber insgesamt ein zu kleiner Bereich, um von einer Dominanz hinsichtlich der charakteristischen Eigenheiten des Stadtbildes der Umgebung auszugehen, zumal es sich bei dem von dem Arbeitsamtsgebäude geprägten Bereich – der …, dem … und der … – um kleine, im Vergleich zu den umgebenden Straßen (…, …) wenig frequentiert Nebenstraßen handelt. Darüber hinaus sind der … und die … für den gewöhnlichen Fahrzeugverkehr gesperrt.

88

Demgegenüber kommt dem Arbeitsamtsgebäude in dem weitaus größeren Bereich der übrigen Umgebung aus allen Perspektiven keine prägende Wirkung zu: Zwar ist das Gebäude zu erkennen, wenn man die … entlang aus südlicher Richtung auf das Gebäude zukommt. Aufgrund des Rücksprungs des Hauptflügels von der Straßenfront kommt ihm aber keine besondere Bedeutung zu. Auch tritt aus dieser Perspektive der Glockenturm der … Kirche in den Vordergrund. Das auf dem Vorplatz vor dem Hauptflügel des Arbeitsamtes zur … hin befindliche Keramikrelief prägt die Umgebung kaum, da es zu einem nicht unerheblichen Teil von den Fahrzeugen, die auf dem als Parkplatz genutzten Vorplatz parken, verdeckt wird.

89

Vom … aus gesehen, steht das Gebäude … im Vordergrund. Dahinter verschwindet das Arbeitsamtsgebäude weitgehend und hat keinen prägenden Einfluss.

90

Auch von der … aus ist das Arbeitsamtsgebäude kaum wahrzunehmen. Wenn man von der … die … hinunterblickt, ist im Hintergrund nur der äußerste östliche Teil des Nebenflügels wahrnehmbar. In dem schmalen Durchgang zwischen den Gebäuden … und … ist im Hintergrund ein wenig aussagekräftiger Teil des Hauptflügels des Arbeitsamtsgebäudes auszumachen.

91

Von der … (…) ist das Gebäude nicht zu erkennen. Gleiches gilt aufgrund des Rücksprungs von der Straßenfront wenn man die … entlang aus nördlicher Richtung auf das Gebäude zukommt. Das Gebäude ist vom westlichen Bürgersteig erst ab der Höhe der einmündenden … im Hintergrund zu erkennen.

92

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Beklagten zur Akte gereichten Luftbildern aus der Vogelperspektive (Bl. 383 d.A.). Es ist bereits fraglich, ob sich aus diesen Bildern eine gewisse Dominanz der Umgebungsbebauung ergibt, da sich das Arbeitsamtsgebäude seiner Höhe nach nicht wesentlich von den übrigen Gebäuden unterscheidet und keine besonders exponierte Lage aufweist, an der sich die übrige Bebauung orientiert. Unabhängig davon hat diese Vogelperspektive nach Auffassung der Kammer für die stadtbildprägende Wirkung keine entscheidende Bedeutung, denn diese Perspektive nimmt ein Betrachter des Gebäudes gewöhnlich nicht ein. Aus Sicht der Kammer kommt es für die charakteristische Eigenheit des Stadtbildes in der Regel – und auch im vorliegenden Fall – maßgeblich auf die Perspektive der Teilnehmer des Straßenverkehrs (v.a. Fußgänger, Radfahrer und Fahrzeuginsassen) an.

93

Angesichts der fehlenden Dominanz des Arbeitsamtsgebäudes kann dahinstehen, ob die Freihaltung des Vorplatzes vor dem Haupteingang ... – wie von der Beklagten vorgetragen – dem historischen Stadtbild mindestens seit dem Jahre 1844 entspricht.

94

d) Die Erhaltung des Arbeitsamtsgebäudes liegt im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG im öffentlichen Interesse.

95

aa) Das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Erhaltungsinteresses in § 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG hat die Aufgabe, aus dem Kreis der in Betracht kommenden Objekte eine eingrenzende Auswahl zu treffen und eine unangemessene Ausweitung des Denkmalbegriffs zu verhindern. Neben der Ausgrenzung rein individueller Vorlieben und privater Lieb-haberinteressen greift es vor allem dann als Korrektiv ein, wenn zahlreiche vergleichbare Objekte noch vorhanden sind. Die Erhaltungswürdigkeit setzt damit zwar keine Einmaligkeit voraus. Das öffentliche Interesse an der Einstufung eines Objekts als Denkmal wird aber umso schwieriger zu begründen sein, je mehr vergleichbare Exemplare es in der Nähe gibt. Neben dem Seltenheitswert sind weiter der dokumentarische und exemplarische Wert von Bedeutung. Auch insoweit bezweckt das Merkmal des öffentlichen Interesses jedoch nicht, lediglich herausragende Beispiele oder besonders typische Vertreter einer Gattung unter Schutz zu stellen. Es können auch solche Objekte denkmalwürdig sein, die unterhalb dieser Schwelle Ausdruck geschichtlicher Epochen und Entwicklungen sind. Ferner spielen das Alter sowie das Maß der Originalität und der Integrität eine Rolle. Je älter das Objekt, je höher der Anteil noch vorhandener Originalsubstanz und je besser der Erhaltungszustand ist, desto eher ist es als denkmalwürdig anzusehen (zum Vorstehenden: OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, 2 Bf 298/02, juris, Rn. 81, m.w.N).

96

Vor diesem Hintergrund liegt die Erhaltung des Arbeitsamtsgebäudes im öffentlichen Interesse. Bei der Erhaltung des Gebäudes zur Wahrung seines geschichtlichen Aussagewerts handelt es sich nicht um eine rein individuelle Vorliebe oder ein privates Liebhaberinteresse. Trotz der erfolgten Änderungen liegt noch ausreichend Originalsubstanz hinsichtlich der Gebäudeteile, die die Denkmaleigenschaft begründen, vor [s.o. 2. b) aa)].

97

Gegen ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Gebäudes spricht nicht, dass es ihm an Seltenheitswert mangeln würde. Für die Bewertung vergleichbarer Objekte ist zunächst der sachliche und örtliche Vergleichsrahmen zu bestimmen (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 29.6.2015, 7 K 2569/13, bisher n.v., S. 20 des Urteilsabdrucks). Die sachliche Vergleichskategorie bilden vorliegend traditionalistische öffentliche Verwaltungsgebäude der Nachkriegszeit. Dass nicht alle traditionalistischen Gebäude, sondern nur solche der Nachkriegszeit in die Betrachtung einzubeziehen sind, ergibt sich aus dem besonderen architekturhistorischen Interesse an der Verwendung des Stils gerade in dieser Zeitschicht [s.o. 2. a) aa)]. Hinsichtlich des Gebäudetyps sind für die Vergleichsbetrachtung öffentliche Verwaltungsbauten heranzuziehen, da diese in Abgrenzung zum Wohnungsbau und zu privaten Verwaltungsbauten eine eigenständige Gebäudekategorie darstellen.

98

Die Kammer ist der Überzeugung, dass aus den bereits genannten Gründen [s.o. 2. a) bb)] auch für den Seltenheitswert im Rahmen des öffentlichen Interesses der geographische Bezugsrahmen nicht das gesamte Hamburger Stadtgebiet, sondern der Bezirk oder Stadtteil Harburg ist (hingegen stellt im Regelfall auf das gesamte Hamburger Stadtgebiet ab: VG Hamburg, Urt. v. 29.6.2015, 7 K 2569/13, bisher n.v., S. 21 des Urteilsabdrucks). Im Rahmen des öffentlichen Interesses folgt dies zusätzlich aus dem vom Hamburgischen Oberverwaltungsgericht zur Bestimmung des Seltenheitswerts verwendeten Merkmal der „Nähe“ (OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O.: „Das öffentliche Interesse an der Einstufung eines Objekts als Denkmal wird aber umso schwieriger zu begründen sein, je mehr vergleichbare Exemplare es in der Nähe gibt“). Der Begriff der Nähe spricht gegen die Einbeziehung des gesamten, weiträumigen Hamburger Stadtgebiets.

99

Innerhalb des Bezirks bzw. Stadtteils Harburg bestehen keine vergleichbaren Exemplare, die gleich gut oder gar besser erhalten sind. Hinsichtlich des ehemaligen Arbeitsamtes in … ist angesichts seiner Randlage im Bezirk Harburg bereits fraglich, ob es sich noch in der Nähe des streitgegenständlichen Gebäudes befindet. Jedenfalls ist dieses Gebäude schon aus anderen Gründen nicht vergleichbar. Es ist mittlerweile zu einem Wohnhaus umgebaut und dabei wesentlich verändert worden. Darüber hinaus dokumentiert dieses Gebäude – schon aufgrund seiner geographischen Randlage – nicht die Wiederaufbaugeschichte der Harburger Innenstadt. Davon unabhängig hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich, dass bei der Errichtung des Arbeitsamtsgebäudes in … im Rahmen der Wiederaufbauleistung nach dem Zweiten Weltkrieg der Denkmalschutz der Umgebung berücksichtigt werden musste.

100

Das ehemalige Arbeitsamtsgebäude in … und der ehemalige … Bahnhof, die beide nicht nach sondern vor dem Zweiten Weltkrieg errichtet wurden, sowie die ehemalige … Bücherhalle kommen als vergleichbare Exemplar nicht mehr in Betracht, da sie abgerissen wurden. Davon unabhängig befanden sich die genannten Gebäude nicht in der Nähe des Harburger Arbeitsamtsgebäudes.

101

Da bereits in der Kategorie der öffentlichen Verwaltungsbauten keine vergleichbaren Exemplare ersichtlich sind, die den Seltenheitswert des verfahrensgegenständlichen Gebäudes ausschließen würden, kann dahinstehen, ob im Rahmen der Vergleichsbauten – entsprechend der Ansicht der Beklagten – nur auf Arbeitsämter als eigenständige Gebäudekategorie abzustellen ist.

102

bb) Des Weiteren setzt das öffentliche Erhaltungsinteresse voraus, dass die Notwendigkeit der Erhaltung eines Objekts in das Bewusstsein der Bevölkerung oder eines breiten Kreises von Sachverständigen oder Interessierten eingegangen ist oder dass sich seine geschichtliche Bedeutung dem verständigen, über die geschichtlichen Zusammenhänge unterrichteten Betrachter offenkundig erschließt und sich die Notwendigkeit der Erhaltung aufgrund gewichtiger Besonderheiten des Einzelfalles aufdrängt (hierzu und zum Folgenden: OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2007, a.a.O., Rn. 87 ff.). Das Interesse der Fachöffentlichkeit und der Bevölkerung lässt sich in der Regel durch Fachpublikationen und Presseberichte dokumentieren.

103

Das Interesse der Fachöffentlichkeit ist vorliegend durch die von der Beklagten genannten Publikationen (Bl. 447 bis 465 d.A.), die sich mit dem Arbeitsamtsgebäude auseinandersetzen, dokumentiert.

104

Entgegen der Auffassung der Klägerin lassen sich diese Publikationen zur Dokumentation des öffentlichen Interesses heranziehen, obwohl nach dem Erscheinen der Arbeiten weitere Umbaumaßnahmen an dem Arbeitsamtsgebäude durchgeführt wurden. Die Änderungen im Gebäudeinneren sind insoweit unerheblich, weil sich die Publikationen – bis auf die im Treppenhaus angebrachte Eisenarbeit – ausschließlich mit dem Gebäudeäußeren beschäftigen (Hellberg/Albrecht/Grunert, Harburg und Umgebung, Denkmaltopographie, 1999, S. 108; Lange, Vom Kontor zum Großraumbüro, Königstein/Taunus, 1999, S. 92; Architekten- und Ingenieurverein Hamburg e.V., Hamburg und seine Bauten 1929-1953, 1953, S. 125).

105

Auch die Änderungen im äußeren Erscheinungsbild führen nicht dazu, dass sich das Interesse der Fachöffentlichkeit an der Erhaltung des Arbeitsamtsgebäudes nicht mehr mit den Publikationen begründen lässt. Wesentliche Änderungen an dem Gebäudeäußeren hatten zur Zeit der Erstellung der ausführlichsten Publikation bereits stattgefunden: Die fünf nördlichsten Fenster im zweiten Stock an der Frontseite des Hauptflügels zur … waren bereits nach vorne versetzt und deren Putzumrahmung war entfernt worden. Auch die Pergola im Eingangsbereich des Hauptflügels (…) bestand nicht mehr (vgl. das Foto des Gebäudes in: Hellberg/Albrecht/Grunert, a.a.O.). Aber auch die nach der Erstellung der Publikationen durchgeführten Arbeiten haben nicht dazu geführt, dass die geschichtliche Bedeutung, auf die sich die Publikationen beziehen, nicht mehr an dem Gebäude ablesbar ist [s.o. 2. b) aa)]. Sowohl der traditionalistische Architekturstil als auch die Geschichte des Wiederaufbaus der Harburger Innenstadt nach dem Zweiten Weltkrieg lassen sich noch auf denkmalwürdige Weise an dem Gebäude ablesen.

106

c) Der von der Klägerin geltend gemachte unzumutbare Eingriff in ihre Eigentümerposition durch die mit der Unterschutzstellung verbundenen wirtschaftlichen Einbußen und die Einschränkungen der Nutzbarkeit des Gebäudes sind nach der Konzeption des Denkmalschutzgesetzes bei der Beurteilung des öffentlichen Erhaltungsinteresses außer Betracht zu lassen. Die verfassungsrechtlich gebotene Berücksichtigung der Eigentümerinteressen erfolgt umfassend im Rahmen der Erteilung von Genehmigungen für bauliche Veränderungen nach § 9 DSchG.

IV.

107

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Entscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

V.

108

Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil der Sache grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Voraussetzungen der denkmalrechtlichen Teilunterschutzstellung – etwa beschränkt auf die Fassade und die Kubatur eines Gebäudes – und der geographische Bezugsrahmen sowohl für die geschichtliche Bedeutung eines Bauwerks im Rahmen der Denkmalfähigkeit als auch für das öffentliche Erhaltungsinteresse (Begriff der „Nähe“ in Bezug auf die Betrachtung vergleichbarer Bauwerke), werfen obergerichtlich noch nicht hinreichend geklärte Rechtsfragen auf, deren Klärung im Hinblick auf zukünftige Verfahren im allgemeinen Interesse liegt.

(1) Zubehör sind bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen. Eine Sache ist nicht Zubehör, wenn sie im Verkehr nicht als Zubehör angesehen wird.

(2) Die vorübergehende Benutzung einer Sache für den wirtschaftlichen Zweck einer anderen begründet nicht die Zubehöreigenschaft. Die vorübergehende Trennung eines Zubehörstücks von der Hauptsache hebt die Zubehöreigenschaft nicht auf.

Bestandteile einer Sache, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (wesentliche Bestandteile), können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein.

(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.

(2) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 26. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen eine denkmalschutzrechtliche Einstellungs- und Unterlassungsverfügung.

2

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der sog. R. Blöcke. Hierbei handelt es sich um eine in den späten 1920er Jahren errichtete Wohnanlage in B.. Sie besteht aus zwei Wohnblöcken, die von den Straßen B. weg im Osten, V. Straße im Westen, B. Chaussee im Süden und L. Straße im Norden begrenzt werden. Zwischen den Wohnblöcken verläuft die R. Straße. Im Innern der beiden hufeisenförmig angeordneten Wohnblöcke befindet sich jeweils eine Grünfläche. Die Außensichtfassaden der Wohnhäuser sind in Klinkerbauweise errichtet. Dabei bestehen die Westfassaden der Gebäude aus zweischaligem Mauerwerk mit einem tragenden Hintermauerwerk aus Kalksandstein und einer vorgesetzten Verblendschale aus Klinker. Die beiden Mauerwerksschichten sind in regelmäßigen Abständen durch Drahtanker verbunden, die im Mörtel des Verblendmauerwerks verankert sind. Zwischen Hintermauerwerk und Verblendschale befindet sich eine etwa 9 cm dicke Luftschicht. Die Klinkerfassaden sind in der Vergangenheit in Teilen – vornehmlich offenbar aufgrund von Kriegsschäden – sichtbar erneuert worden. Nähere Einzelheiten hierzu sind nicht bekannt.

3

Erstmals Anfang des Jahres 2014 gab es Kontakt zwischen den Beteiligten wegen einer von der Antragstellerin beabsichtigten Modernisierung der gesamten Anlage. Die Architekten der Antragstellerin verwiesen darauf, dass ihre Untersuchungen ergeben hätten, dass das Verblendmauerwerk der Westfassaden nicht mehr standsicher sei. In der Folgezeit gab es verschiedene Ortstermine und Treffen, die teilweise mit Beteiligung der Antragsgegnerin stattfanden. Unter dem 19. November 2014 erteilte die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt den Architekten der Antragstellerin eine Zustimmung im Einzelfall gemäß § 20c HBauO zur „Verankerung des Vormauerziegels mittels Lamoltan-Polyurethan-Hartschaumsystem“ (im Folgenden: PU-Schaum). Im Januar 2015 übermittelten die Architekten der Antragstellerin der Antragsgegnerin hierzu Test- und Laborergebnisse sowie einen „Erläuterungstext zur denkmalrechtlichen Genehmigung“. Eine Vernadelung der Verblendschale mit Sanierungsankern sei danach wegen der unzureichenden Qualität des Mauermörtels aus statischen Gründen nicht praktikabel. Vorzugswürdig sei ein Verfüllen der Luftschicht zwischen Hintermauerwerk und Verblendschale mit PU-Schaum. Daraufhin beauftragte auch die Antragsgegnerin verschiedene Fachleute mit der Beurteilung des Zustandes und der Standsicherheit der Außenfassade und mit der Prüfung alternativer Sanierungsmöglichkeiten. Ende März 2015 teilte das Bezirksamt der Antragsgegnerin mit, dass es der Antragstellerin für die beabsichtigte Verfüllung der zweischaligen Fassaden mit PU-Schaum eine Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren gemäß § 61 HBauO erteilt habe. Einen Antrag auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung hatte die Antragstellerin bis dahin nicht gestellt.

4

Mitte Juni 2015 kündigten die Architekten der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin an, dass die Bauarbeiten am 29. Juni 2015 beginnen sollten. Auf Nachfrage der Antragsgegnerin teilten sie weiter mit, dass eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung hierfür nicht für erforderlich gehalten werde. Mit Bescheid vom 25. Juni 2015 gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin daraufhin auf, die Sanierung zur Ertüchtigung der Standsicherheit der Fassaden mittels PU-Verschäumung vorläufig einzustellen bzw. ihre Ausführung vorläufig zu unterlassen. Zur Begründung verwies sie auf § 13 Abs. 2 HmbDSchG (im Folgenden: DSchG). Eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung nach § 9 DSchG sei weder beantragt noch erteilt worden. Die beabsichtigte Sanierungsmaßnahme entspreche nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Es sei daher eine eingehende Prüfung unerlässlich. Gegen den Bescheid vom 25. Juni 2015 erhob die Antragstellerin am 30. Juni 2015 Widerspruch. In der Begründung vertrat sie u.a. die Auffassung, dass sie einen Antrag auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung in der Vergangenheit stillschweigend gestellt habe, indem sie der Antragsgegnerin Unterlagen zur Verfügung gestellt und sie über ihre Planungen informiert habe. Vorsorglich werde ein Antrag auf denkmalschutzrechtliche Genehmigung nunmehr gestellt.

5

Unter dem 2. Juli 2015 ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung ihres Bescheids vom 25. Juni 2015 an: Diese liege im überwiegenden öffentlichen Interesse. Es seien zwar in der Vergangenheit Gespräche über die beabsichtigte Baumaßnahme geführt worden. Eine Genehmigung sei aber weder beantragt noch in Aussicht gestellt worden. Vielmehr habe sie – die Antragsgegnerin – ihrerseits Bedenken geäußert. Die Antragstellerin habe nicht dargelegt, dass eine herkömmliche Fassadensanierung unmöglich sei. Demgegenüber würde eine Fassadensanierung mittels PU-Verschäumung vollendete Tatsachen schaffen, die nicht wieder rückgängig zu machen seien. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Maßnahme zu einer nachhaltigen Schädigung der Denkmalsubstanz führen könne. Es seien keine Referenzobjekte bekannt, die Aufschluss zu Fragen betreffend die Dampfdiffusion und die Lebensdauer des PU-Schaums geben könnten. Im Übrigen gelte das von der Antragstellerin ermittelte Schadensbild nur für die stark kriegszerstörten Gebäudeteile. Eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung sei auch nicht entbehrlich, weil die Standsicherheit der Außenfassade gefährdet sei. Hierfür gebe es, anders als die Antragstellerin geltend mache, keine Anhaltspunkte.

6

In der Folge gab es weitere Gespräche zwischen den Beteiligten. Es fanden Baubegehungen statt, an denen auch die Antragsgegnerin teilnahm. Die Beteiligten stimmten das weitere Prüfvorgehen ab und nahmen weitere Proben des Mauer- und Fugenmörtels an verschiedenen Stellen der Fassaden, die chemisch analysiert werden sollten. Ende August 2015 stellte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin einen förmlichen Antrag auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung, für den sie das bei der Antragsgegnerin verwendete Antragsformular nutzte. Dem Antrag waren zahlreiche Prüfberichte, fachliche Stellungnahmen und weitere Unterlagen beigefügt. Diesen Genehmigungsantrag hat die Antragsgegnerin mittlerweile – mit Bescheid vom 23. Oktober 2015 – abgelehnt. Hiergegen hat die Antragstellerin Widerspruch erhoben. Das Widerspruchsverfahren ist gegenwärtig anhängig.

7

Mit dem am 10. September 2015 erhobenen Eilantrag hat die Antragstellerin u.a. geltend gemacht, wegen der schlechten Qualität des Mörtels sei die Verblendschale gegenwärtig nicht standsicher; eine konventionelle Sanierung mittels Sanierungsankern sei nicht möglich, da dann instabile Zwischenzustände eintreten würden, die zum Kollabieren der Fassade führen könnten. Den Eilantrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Oktober 2015 abgelehnt: Der auf § 13 Abs. 2 DSchG gestützte Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. Juni 2015 sei voraussichtlich rechtmäßig. Bei den R. Blöcken handele es sich um Baudenkmäler i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG. Die geplante bauliche Maßnahme sei genehmigungspflichtig. Die Genehmigungsbedürftigkeit entfalle nicht, wenn und weil ein Eilfall vorliege, da es sich bei der durchzuführenden Maßnahme nicht um eine Maßnahme zur vorläufigen Sicherung handele. Ihr Ermessen habe die Antragsgegnerin fehlerfrei ausgeübt. Zwar habe sie in dem angefochtenen Bescheid die von der Antragstellerin geltend gemachte Dringlichkeit einer Sanierung nicht berücksichtigt. Jedoch habe sie ihre Ermessenserwägungen ergänzt, indem sie im Rahmen der Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung ausgeführt habe, dass die Antragstellerin eine akute Gefährdung der Standsicherheit nicht belegt habe. Diese Einschätzung sei nicht zu beanstanden. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass während einer herkömmlichen Fassadensanierung instabile Zustände eintreten könnten. Auch sei die Standsicherheit der Fassade mittelfristig nicht mehr gewährleistet. Davon, dass eine akute Gefährdung vorliege, auch wenn keine baulichen Maßnahmen vorgenommen würden, sei demgegenüber nicht auszugehen. Es sei vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin das Interesse an einem dauerhaften Erhalt des Denkmals höher gewichtet habe als das Interesse der Antragstellerin, die geplante Maßnahme kurzfristig durchführen zu können. Ob diese Maßnahme letztlich genehmigt werden könne, sei nicht im Eilverfahren zu klären. Es bestehe auch ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug der angefochtenen Verfügung.

II.

8

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

9

Allerdings hat die Antragstellerin mit ihrer Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO zunächst beschränkt ist, die entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts mit beachtlichen Argumenten, insbesondere zum möglichen Vorliegen einer Genehmigungsfiktion (§ 11 Abs. 1 Satz 1 DSchG) und zur Maßgeblichkeit der materiellen Genehmigungsfähigkeit der geplanten Sanierungsmaßnahmen (§ 9 Abs. 2 DSchG), in Frage gestellt. Dem Beschwerdegericht ist deshalb eine umfassende Prüfung der Sach- und Rechtslage eröffnet. Diese führt indes nicht zu einer Änderung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts. Im Ergebnis zu Recht hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die Verfügung vom 25. Juni 2015 erhobenen Widerspruchs wiederherzustellen. Bei einer Abwägung des Aufschubinteresses der Antragstellerin gegenüber dem öffentlichen Interesses am Sofortvollzug, das die Antragsgegnerin unter dem 2. Juli 2015 eingehend in einer den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet hat, überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse. Denn der Widerspruch der Antragstellerin gegen die Verfügung vom 25. Juni 2015 wird voraussichtlich erfolglos bleiben, weil sich diese Verfügung bei der im Eilrechtsschutzverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung als rechtmäßig erweist (hierzu 1.). Darüber hinaus besteht ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug (hierzu 2.).

10

1. Die Verfügung der Antragsgegnerin vom 25. Juni 2015 erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig. Rechtsgrundlage ist § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG. Danach kann die zuständige Behörde die vorläufige Einstellung anordnen, wenn genehmigungspflichtige Maßnahmen ohne Genehmigung begonnen werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Gegen die Anwendbarkeit des geltenden Denkmalschutzrechts bestehen im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (hierzu a]). Bei den R. Blöcken handelt es sich um ein Denkmal i.S.v. § 4 DSchG (hierzu b]). Die von der Antragstellerin geplante Maßnahme stellt ein gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG genehmigungspflichtiges Vorhaben dar (hierzu c]), für das eine Genehmigung bislang nicht vorliegt (hierzu d]). Mit der geplanten Maßnahme hat die Antragstellerin auch i.S.v. § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG „begonnen“ (hierzu e]). Ihr Ermessen hat die Antragsgegnerin fehlerfrei ausgeübt (hierzu f]).

11

a) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bestehen gegen die Anwendbarkeit des geltenden Denkmalschutzrechts keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sind an die Nichtanwendung eines Gesetzes im formellen Sinn durch das Fachgericht wegen der Annahme seiner Verfassungswidrigkeit im Hinblick auf das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts hohe Anforderungen zu stellen. Sie kommt – neben weiteren Voraussetzungen – überhaupt nur dann in Betracht, wenn die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes offensichtlich ist, die Nichtigkeit der dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm oder des Regelungsgefüges, in das die Norm untrennbar eingebettet ist, also geradezu „auf der Hand liegt“, das fragliche Gesetz mithin „greifbar“ verfassungswidrig ist (vgl. VGH München, Beschl. v. 13.1.2015, 22 CS 14.2323, BayVBl. 2015, 390, juris Rn. 15 ff.; VGH Kassel, Beschl. v. 26.3.2008, 8 TG 2493/07, ESVGH 58, 214, juris Rn. 27, 33, jeweils m.w.N.).

12

So liegt es hier eindeutig nicht. Vielmehr weist allein schon die zu vergleichbaren Regelungen anderer Länder ergangene Rechtsprechung (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 30.10.1995, 6 L 2747/94, OVGE MüLü 46, 319, juris Rn. 2 f.; OVG Berlin, Urt. v. 3.1.1997, 2 B 10.93, BauR 1998, 773, juris Rn. 4 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 26.4.1996, 4 B 19.96, juris Rn. 6 ff.; Beschl. v. 9.10.1997, 6 B 42.97, LKV 1998, 150, juris Rn. 7 ff.) in die Richtung, dass insbesondere das gemäß §§ 4, 6 DSchG geltende sog. ipsa-lege-Prinzip mit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot und mit der Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG vereinbar ist. Insbesondere dürften die auf der Verwendung wertungsbedürftiger und unbestimmter Rechtsbegriffe beruhenden Auslegungs- und Subsumtionsschwierigkeiten bei der Bestimmung der Denkmaleigenschaft nach § 4 DSchG wegen der Eigenart der Regelungsmaterie unvermeidbar sein und durch die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Rechtsstellung der Verfügungsberechtigten hinreichend ausgeglichen werden. Überdies dürfte die Privatnützigkeit des Eigentums hinreichend dadurch gewahrt sein, dass die Erhaltungs-, Schutz- und Instandsetzungspflichten des Verfügungsberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 DSchG unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit stehen und dass die Versagung einer Genehmigung zur Durchführung beabsichtigter Änderungsmaßnahmen am Denkmal gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 DSchG vom Vorliegen überwiegender Gründe des Denkmalschutzes abhängig ist (so bereits VG Hamburg, Urt. v. 12.5.2014, 7 K 278/12, BauR 2014, 2138, juris Rn. 44 ff.; Urt. v. 18.3.2015, 9 K 1021/13, juris Rn. 23 ff.).

13

b) Bei den R. Blöcken handelt es sich um ein Denkmal i.S.v. § 4 DSchG. Hieran hat der beschließende Senat mit Blick auf die von der Antragsgegnerin vorgelegte denkmalfachliche Stellungnahme vom 16. Juli 2015 sowie das bei den Sachakten befindliche „Gutachten zum Denkmalwert des Ensembles“ vom 31. März 2011 und angesichts des Fehlens anderslautender Stellungnahmen bei summarischer Überprüfung keine durchgreifenden Zweifel. Auch die Antragstellerin und die für sie tätigen Architekten und Gutachter sind stets und übereinstimmend davon ausgegangen, dass es sich bei den R. Blöcken um ein Denkmal im Sinne des Denkmalschutzrechts handelt. Dabei kann offen bleiben, ob es sich – wie das Verwaltungsgericht gemeint hat – um Baudenkmäler i.S.v. § 4 Abs. 2 DSchG oder – ggf. zusätzlich – um ein Ensemble i.S.v. § 4 Abs. 3 DSchG handelt. Denn die Geltung des Genehmigungsvorbehalts aus § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG hängt hiervon nicht ab.

14

Ohne Bedeutung ist, dass die Antragsgegnerin die Anlage bzw. das Ensemble in der Vergangenheit nicht förmlich durch Bescheid unter Denkmalschutz gestellt hat. Denn die Denkmaleigenschaft der nicht zuvor konstitutiv unter Schutz gestellten unbeweglichen Objekte folgt seit der zum 1. Mai 2013 erfolgten Einführung des ipsa-lege-Prinzips im Hamburgischen Denkmalschutzrecht unmittelbar aus dem Gesetz (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 25.9.2014, 2 Bs 164/14, BauR 2015, 807, juris Rn. 20).

15

c) Die von der Antragstellerin geplante Maßnahme stellt ein gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG genehmigungspflichtiges Vorhaben dar. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG dürfen Denkmäler nicht ganz oder teilweise beseitigt, wiederhergestellt, erheblich ausgebessert, von ihrem Standort entfernt oder sonst verändert werden. Bei der Bestimmung der Maßnahmen, die als „Veränderung“ dem Genehmigungsvorbehalt des § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG unterliegen, legt der Senat eine formale Betrachtungsweise zugrunde. Danach sind Veränderungen i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG alle Maßnahmen, die abstrakt geeignet sind, sich qualitativ oder quantitativ auf das Denkmal auszuwirken. Dies ist bei Eingriffen in die Substanz eines Denkmals regelmäßig der Fall.

16

Demgegenüber ist es nicht geboten, bereits im Rahmen der Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG in Rechnung zu stellen, worin der Denkmalwert einer als Denkmal geschützten Anlage bzw. eines Ensembles besteht und ob eine beabsichtigte Maßnahme konkret geeignet ist, diesen Denkmalwert zu beeinträchtigen. Ein solches Normverständnis widerspräche der Systematik des § 9 DSchG. Denn gemäß § 9 Abs. 2 DSchG erfolgt die Berücksichtigung der für und gegen eine Änderung sprechenden Belange im Genehmigungsverfahren. Im Genehmigungsverfahren sind dabei die „Gründe des Denkmalschutzes“ zu ermitteln, zu gewichten und gegen die für eine beabsichtigte Änderung sprechenden Belange abzuwägen (vgl. die Gesetzesbegründung: Bü-Drs. 20/5703, S. 3; siehe auch bereits zur Vorgängervorschrift: OVG Hamburg, Beschl. v. 23.10.2001, 2 Bf 282/01, BA S. 4). Eine nicht bloß formale Betrachtungsweise, wie sie der Antragstellerin vorschwebt, widerspräche demgegenüber den Belangen des Denkmalschutzes, weil hierdurch die Bedeutung des Genehmigungsverfahrens entwertet würde. Es stünde dann nämlich zu besorgen, dass ungenehmigte und ggf. irreversible Änderungen eines Denkmals in der Annahme vorgenommen würden, einer Genehmigung bedürfe es mit Blick auf den konkret in Rede stehenden Denkmalwert nicht. Die Beurteilung und Gewichtung des Denkmalswertes und seine etwaige Beeinträchtigung durch eine Änderung des Denkmals sollen aber erst im Genehmigungsverfahren und unter Einbeziehung der zuständigen Behörde erfolgen.

17

Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen handelt es sich bei dem von der Antragstellerin beabsichtigten Verfüllen der zweischaligen (West-) Fassaden mit PU-Schaum um eine Änderung i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG. Durch diese Maßnahme wird in die Substanz des Denkmals eingegriffen, weil sie dazu führt, dass das ursprünglich zweischalige Mauerwerk durch den Schaum irreversibel zu einem Verbundmauerwerk zusammengefügt wird. Dass diese Änderung, worauf die Antragstellerin verweist, äußerlich nicht sichtbar würde, ändert wegen des mit der Maßnahme verbundenen Eingriffs in die Substanz der Gebäude und wegen der Maßgeblichkeit einer formalen Betrachtungsweise nichts an der Genehmigungsbedürftigkeit nach § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG. Der Gesichtspunkt (fehlender) Sichtbarkeit kann ggf. im Rahmen der Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen Berücksichtigung finden (hierzu noch unten unter f]).

18

Die Genehmigungsbedürftigkeit der von der Antragstellerin beabsichtigten Maßnahme entfällt nicht deshalb, weil sie der Abwehr wesentlicher Gefahren für Leib, Leben oder bedeutende Sachwerte diente. Die von der Antragstellerin mit ihrer Beschwerdebegründung vertretene Ansicht, notwendiges Handeln dürfe in derartigen Fällen nicht wegen des Fehlens einer Genehmigung aufgehalten werden, teilt der Senat - ungeachtet des Umstandes, dass vorliegend die Antragsgegnerin der Annahme der Antragstellerin, die Standsicherheit der Außenfassaden sei gegenwärtig akut gefährdet, widerspricht (hierzu i.E. unten unter f]) – nicht. Eine derartige Einschränkung des Genehmigungsvorbehalts lässt sich § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG nicht entnehmen. Sollte eine Sachlage, wie sie die Antragstellerin annimmt, tatsächlich vorliegen, wäre dem zum einen im Genehmigungsverfahren bei der Bewertung der Genehmigungsvoraussetzung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 DSchG und zum anderen im Stilllegungs-/Einstellungsverfahren bei der Ausübung des durch § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG eingeräumten Ermessens Rechnung zu tragen. Für eine Einschränkung des Genehmigungsvorbehalts aus § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG ist demgegenüber weder Raum, noch besteht hierfür ein Bedürfnis.

19

d) Für die beabsichtigte Maßnahme ist die Antragstellerin bislang – im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung – nicht im Besitz der erforderlichen denkmalschutzrechtlichen Genehmigung. Diese ist nicht gemäß §§ 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 HBauO in der der Antragstellerin erteilten Baugenehmigung enthalten, weil ihr lediglich eine Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren gemäß § 61 HBauO erteilt worden ist. Den deshalb notwendigen und von der Antragstellerin Ende August förmlich gestellten denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsantrag hat die Antragsgegnerin mittlerweile - mit Bescheid vom 23. Oktober 2015 – abgelehnt.

20

Die erforderliche denkmalschutzrechtliche Genehmigung gilt auch nicht gemäß § 11 Abs. 1 DSchG als erteilt. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 DSchG gilt eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung als erteilt, wenn ein Genehmigungsantrag nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang eines schriftlichen Antrags und der Vorlage vollständiger Unterlagen i.S.v. § 11 Abs. 2 DSchG bei der Behörde beschieden wird. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, denn ein ordnungsgemäßer Antrag i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 DSchG hat der Antragsgegnerin erst mit dem Genehmigungsantrag vom 27. August 2015 – d.h. nicht länger als zwei Monate vor der Ablehnung dieses Antrags mit dem Bescheid vom 23. Oktober 2015 – vorgelegen.

21

Die demgegenüber von der Antragstellerin vertretene Einschätzung, die Genehmigungsfiktion aus § 11 Abs. 1 Satz 1 DSchG sei bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten, teilt der beschließende Senat nicht. Dies gilt zum einen für den Ansatz der Antragstellerin, sie habe im Rahmen der seit Beginn des Jahres 2014 mit der Antragsgegnerin geführten Korrespondenz zur Frage der Genehmigungsfähigkeit der beabsichtigten Sanierungsmaßnahmen einen konkludenten Genehmigungsantrag gestellt. Dies kommt deshalb nicht in Betracht, weil es gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 DSchG eines schriftlichen Antrags bedarf, der auch als solcher bezeichnet und erkennbar sein muss. Im Übrigen widerspricht die Annahme, die Antragstellerin habe bereits vor Erlass der in diesem Verfahren streitgegenständlichen Verfügung einen konkludenten Genehmigungsantrag gestellt, ihrer eigenen gegenüber der Antragsgegnerin vor Erlass der streitgegenständlichen Verfügung vertretenen Auffassung, sie bedürfe für die geplanten Sanierungsmaßnahmen keiner denkmalschutzrechtlichen Genehmigung. Die Genehmigungsfiktion aus § 11 Abs. 1 Satz 1 DSchG ist zum anderen aber auch nicht deshalb zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten, weil die Antragstellerin bereits mit dem Widerspruch vom 30. Juni 2015 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. Juni 2015 ausdrücklich und schriftlich einen Genehmigungsantrag gestellt und dem verschiedene Unterlagen (Lageplan, Erläuterung der Architekten, Prüfberichte) beigefügt hatte. Auch hierbei handelte es sich nicht um einen vollständigen Antrag i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 DSchG. Denn unmittelbar nach der Erhebung des Widerspruchs hatte die Antragsgegnerin im Rahmen der unter dem 2. Juli 2015 vorgenommenen Anordnung der sofortigen Vollziehung zum Ausdruck gebracht, dass sie den im Rahmen der Widerspruchserhebung gestellten Genehmigungsantrag für nicht bescheidungsreif halte. In der Folge hatte es deshalb weitere Gespräche zwischen den Beteiligten gegeben, in denen sie das weitere Vorgehen zur Schadensbestandsaufnahme, zur Nachbeprobung der Verblendschale und Untersuchung der gewonnenen Proben, zur Ermittlung der Auswirkungen der von der Antragstellerin ins Auge gefassten Sanierung und zur Ermittlung möglicher alternativer Sanierungsmethoden abgestimmt hatten (vgl. hierzu insbesondere das Baubegehungsprotokoll vom 14. Juli 2015). Hierbei war auch vereinbart worden, dass der Antragsgegnerin die Ergebnisse der noch vorzunehmenden Untersuchungen mitgeteilt werden sollten. Diese – und weitere – Unterlagen hatte die Antragstellerin sodann mit ihrem förmlichen Genehmigungsantrag vom 27. August 2015 bei der Antragsgegnerin vorgelegt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass es sich – auch nach der übereinstimmenden Vorstellung der Beteiligten – erst bei den dem förmlichen Genehmigungsantrag beigefügten (weiteren) Unterlagen um vollständige Unterlagen i.S.v. § 11 Abs. 2 DSchG gehandelt hat, deren Vorlage geeignet war, die Frist des § 11 Abs. 1 Satz 1 DSchG auszulösen.

22

e) Mit der geplanten Maßnahme hat die Antragstellerin i.S.v. § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG „begonnen“. Um einen effektiven Denkmalschutz zu erreichen, ist es insoweit ausreichend, dass der Beginn einer genehmigungsbedürftigen, aber nicht genehmigten Maßnahme unmittelbar bevorsteht (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 3.12.2014, 2 Bs 214/14, NordÖR 2015, 129, juris Rn. 7). Andernfalls bestünde die Gefahr, dass Denkmäler irreversibel geschädigt werden, bevor eine Anordnung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG, mit der derartige Schäden gerade verhindert werden sollen, überhaupt erfolgen kann.

23

Vorliegend steht der Beginn der von der Antragstellerin beabsichtigten Sanierungsmaßnahme unmittelbar bevor, weil die Antragstellerin bereits Mitte Juni 2015 angekündigt hatte, Ende Juni 2015 mit der Verfüllung der Westfassaden beginnen zu wollen und hiervon seinerzeit nur deshalb abgesehen hat und auch gegenwärtig nur deshalb absieht, weil sie hieran durch den Sofortvollzug der streitgegenständlichen Einstellungs- und Unterlassungsverfügung gehindert wird.

24

f) Das durch § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG eingeräumte Ermessen hat die Antragsgegnerin fehlerfrei ausgeübt. Die von der Antragsgegnerin getroffene Anordnung ist nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Antragstellerin einen Anspruch darauf hat, dass ihr eine Genehmigung für die beabsichtigte Sanierungsmaßnahme erteilt wird (hierzu aa]). Ein Ermessensfehler folgt auch nicht daraus, dass die Anordnung die Durchführung einer Maßnahme behindert, die erforderlich ist, um nicht anders abwendbare Gefahren für Leib, Leben oder bedeutende Sachwerte abzuwehren (hierzu bb]). Auch aus sonstigen Gründen ergibt sich kein Ermessensfehler (hierzu cc]).

25

aa) Die von der Antragstellerin getroffene Anordnung ist nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Antragstellerin einen Anspruch darauf hat, dass ihr eine Genehmigung für die beabsichtigte Sanierungsmaßnahme erteilt wird. Für die Rechtmäßigkeit einer auf § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG gestützten Einstellungsanordnung reicht in aller Regel die formelle Illegalität einer begonnenen oder unmittelbar bevorstehenden Maßnahme aus.

26

Die Aufnahme genehmigungsbedürftiger, aber nicht genehmigter Arbeiten verletzt das denkmalschutzrechtliche Verfahrensrecht. Dies gilt sowohl dann, wenn – wie hier – überhaupt kein Genehmigungsantrag gestellt bzw. auf einen Antrag eine Genehmigung nicht erteilt worden ist, als auch dann, wenn bei der Ausführung eines Vorhabens von einer erteilten Genehmigung abgewichen wird. In derartigen Fällen ist der Erlass einer Einstellungsverfügung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG im Interesse der Autorität der denkmalschutzrechtlichen Verfahrensvorschriften nicht erst dann gerechtfertigt und daher ermessensfehlerfrei möglich, wenn die ungenehmigte Tätigkeit auch materiell nicht genehmigungsfähig ist, sondern in der Regel bereits bei Vorliegen nur formeller Illegalität (s. zur vergleichbaren Rechtslage in anderen Ländern: OVG Münster, Beschl. v. 13.5.1994, 10 B 2031/93, BRS 77 Nr. 161, juris Rn. 5 ff.; Urt. v. 3.9.1996, 10 A 1453/92, BRS 58 Nr. 232, juris Rn. 5 f.; Davydov, in: Davydov/Hönes/Otten/Ringbeck, DSchG NRW, 4. Aufl. 2014, § 27 Rn. 12; Schmaltz, in: Schmaltz/Wiechert, Nds. DSchG, 2. Aufl. 2012, § 23 Rn. 11; Martin/Spennemann, in: Eberl/Martin/Spennemann, Bay. DSchG, 7. Aufl. 2016, Art. 15 Rn. 35). Insoweit gelten keine anderen als die für das bauaufsichtliche Verfahren geltenden Grundsätze (hierzu OVG Hamburg, Beschl. v. 17.3.2004, 2 Bs 13/04, NordÖR 2004, 286, juris Rn. 8, m.w.N.). Letzteres liegt schon deshalb nahe, weil es keinen Grund dafür gibt, die Vorschriften des Denkmalschutzrechts bzw. das denkmalschutzrechtliche Genehmigungsverfahren anders zu behandeln als (sonstige) öffentlich-rechtliche Vorschriften bzw. Genehmigungsvorbehalte, die im (konzentrierten) Baugenehmigungsverfahren gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HBauO zu prüfen sind und deren Verletzung eine Baueinstellung gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 HBauO rechtfertigen kann.

27

Allerdings kommen – ebenso wie im bauaufsichtlichen Verfahren (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 17.3.2004, 2 Bs 13/04, NordÖR 2004, 286, juris Rn. 8, m.w.N.) – unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit Ausnahmen von dem Grundsatz, dass die bloß formelle Illegalität einer Maßnahme den Erlass einer Einstellungsanordnung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG rechtfertigt, in Betracht. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Genehmigungsanspruch für das beabsichtigte Vorhaben offensichtlich ist. Davon ist hier aber nicht auszugehen. Dabei kann offen bleiben, ob generell – d.h. ungeachtet der Umstände des konkreten Einzelfalls – ein Anspruch auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung schon deshalb nicht offenkundig bestehen kann, weil es im Genehmigungsverfahren gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 DSchG stets einer Abwägung der Belange des Denkmalschutzes mit den für die Durchführung einer Maßnahme sprechenden Belangen und Interessen bedarf. Denn ungeachtet dieser allgemeinen Erwägungen hat die Antragstellerin auf der Grundlage des vorliegend zu beurteilenden Sachverhalts nicht offensichtlich einen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin die von ihr beabsichtigte Maßnahme – das Verfüllen der Luftschicht im zweischaligen Mauerwerk der Westfassaden mit PU-Schaum – gemäß § 9 Abs. 2 DSchG genehmigt. Der beschließende Senat erachtet es gegenwärtig auf der Grundlage der ihm vorliegenden Unterlagen vielmehr als offen, ob der Antragstellerin die begehrte Genehmigung zu erteilen ist.

28

Einen offensichtlichen Genehmigungsanspruch hat die Antragstellerin nicht deshalb, weil durch die von ihr geplante Maßnahme die Fassade selbst keine äußerlich wahrnehmbare Veränderung erfahren würde. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass sich der Denkmalwert der R. Blöcke nur auf die äußerliche Erscheinung der (West-) Fassaden bezieht. Dies gilt unabhängig von dem konkreten Denkmal bereits allgemein, denn nach der Gesetzesbegründung kommt „eine Teilunterschutzstellung (beispielsweise lediglich der Fassade) (...) nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn zwischen der Denkmalsubstanz und den neuen Elementen keinerlei Funktionszusammenhang mehr besteht. Das ist im Regelfall nur bei einer vollständigen Entkernung des Gebäudes (...) gegeben“ (Bü-Drs. 20/5703, S. 15; hierzu auch OVG Hamburg, Beschl. v. 16.12.2015, 2 Bs 218/15, BA S. 7 f.). Dies gilt überdies und erst recht für die R. Blöcke. Denn den vorliegenden denkmalfachlichen Stellungnahmen (hierzu oben unter b]) lässt sich nicht entnehmen, dass der Denkmalwert nur oder insbesondere in dem äußerlichen Erscheinungsbild der Westfassaden begründet wäre. Vielmehr bezieht sich der Denkmalwert auf den gesamten Siedlungskomplex, seine Bauweise und -form, seine Anlage mit den Innenhöfen und seine Bedeutung als „gut erhaltenes Beispiel eines Siedlungsbaus der späten 1920er Jahre von überdurchschnittlicher städtebaulicher und gestalterischer Qualität, das hervorragend den durch Genossenschaften getragenen Hamburger Wohnungsbau der Weimarer Republik repräsentiert“ (S. 3 der denkmalfachlichen Stellungnahme vom 16. Juli 2015). All dies – und im Übrigen auch der Erhalt der Fassaden – wäre gefährdet, wenn die von der Antragstellerin beabsichtigte Sanierungsmethode mittel- oder langfristig zu Schäden am Denkmal führte, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten (hierzu sogleich).

29

Einen offensichtlichen Genehmigungsanspruch hat die Antragstellerin auch nicht deshalb, weil die von ihr beabsichtigte Sanierungsmethode alternativlos ist und eine Schädigung des Denkmals hierbei ausgeschlossen werden kann. Zwar hat die Antragstellerin verschiedene fachliche Stellungnahmen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die (West-) Fassaden der R. Blöcke sanierungsbedürftig sind und eine Sanierung auf konventionelle Weise wegen der Eigenart des Schadensbildes nicht gelingen kann. Insoweit kann insbesondere auf die mit dem Eilantrag vorgelegte Stellungnahme der Architekten G. und S. vom 25. August 2015, die sich in einer früheren Fassung bereits bei den Sachakten der Antragsgegnerin befindet, und deren ergänzende Stellungnahme vom 30. November 2015, ferner auf die Stellungnahmen des Herrn S. vom 21. August 2015 und vom 1. Dezember 2015 Bezug genommen werden. Die Antragstellerin hat zudem darauf verwiesen, dass die von ihr angestrebte Methode zur Sanierung der Westfassaden keine Schäden am Denkmal verursachen werde, und hierzu zahlreiche Stellungnahmen, Prüfberichte, behördliche Erklärungen bzw. Bescheide vorgelegt und auf Regelwerke verwiesen. Insoweit kann insbesondere auf die mit dem Genehmigungsantrag vom 27. August 2015 eingereichten Unterlagen und die ergänzenden Stellungnahmen und Berichte Bezug genommen werden, die die Antragstellerin mit der Begründung ihrer Beschwerde vorgelegt hat. Demgegenüber hat die Antragsgegnerin ihrerseits zum einen darauf verwiesen und hierzu fachliche Stellungnahmen vorgelegt, dass eine konventionelle Sanierung, anders als die Antragstellerin annimmt, nicht vollständig ausscheide und jedenfalls große Bereiche der (West-) Fassaden, die die Antragstellerin zu sanieren beabsichtigt, auch instandgesetzt werden könnten, ohne hierbei eine bislang zur Fassadensanierung nicht erprobte Methode anzuwenden. Insoweit kann insbesondere auf die beiden fachlichen Stellungnahmen von „d. “ vom 12. Februar 2015 und vom 13. März 2015, auf die fachliche Stellungnahme des Architekten K. vom 5. Oktober 2015 und auf die fachliche Stellungnahme des Architekten B. vom 6. Oktober 2015 Bezug genommen werden. Zum anderen hat die Antragsgegnerin, teilweise unter Bezugnahme auf die von ihr eingeholten, vorstehend benannten Stellungnahmen und teilweise im Wege der Interpretation und Analyse der von der Antragstellerin vorgelegten Mess- und Untersuchungsergebnisse, beachtliche Erwägungen angestellt, die geeignet sind, die Richtigkeit der Annahme der Antragstellerin in Zweifel zu ziehen, eine Verfüllung der Luftschicht des zweischaligen Mauerwerks könne auch mittel- und langfristig zu keinen Schäden am Denkmal führen. All dies sind Gesichtspunkte, die bei der nach § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 DSchG zu treffenden Entscheidung darüber, ob überwiegende Gründe des Denkmalschutzes oder aber die für die Durchführung der beabsichtigten Maßnahme sprechenden Belange überwiegen, von entscheidender Relevanz sind. Bei dieser Sachlage ist – zumal im Rahmen des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – ein weiteres Eingehen auf die von den Beteiligten angeführten - widerstreitenden – Argumente nicht veranlasst. Von einer offensichtlich gegebenen Genehmigungsfähigkeit mit der Folge, dass eine Einstellungsverfügung wegen bloß formeller Illegalität der beabsichtigten Maßnahme als übermäßig und deshalb ermessensfehlerhaft erscheinen muss, kann jedenfalls nicht die Rede sein.

30

bb) Die von der Antragstellerin getroffene Anordnung ist ferner nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil sie die Durchführung einer Maßnahme behindert, die erforderlich ist, um nicht anders abwendbare Gefahren für Leib, Leben oder bedeutende Sachwerte einschließlich des Denkmals selbst abzuwehren.

31

Allerdings betont die Antragstellerin mit ihrem Eilantrag und mit der Begründung ihrer Beschwerde, dass die Außenfassaden jedenfalls in Teilen akut einsturzgefährdet seien und daher dringender Handlungsbedarf bestehe, der keinen weiteren Aufschub dulde. Auch dieses Vorbringen rechtfertigt indes nicht die Annahme, die von der Antragsgegnerin getroffene Anordnung sei ermessensfehlerhaft.

32

Dabei teilt der beschließende Senat zunächst die auch von dem Verwaltungsgericht in dem Beschluss vom 26. Oktober 2015 vertretene Auffassung, die Antragstellerin habe nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass eine akute Einsturzgefahr bestehe. Die in der Vergangenheit von ihr vorgelegten fachlichen Stellungnahmen – insbesondere die beiden Stellungnahmen des Ingenieurs S. vom 17. Februar 2015 und vom 24. August 2015 sowie die Stellungnahmen ihrer Architekten – betonen in erster Linie, dass die Standsicherheit akut gefährdet sei, wenn eine konventionelle Fassadensanierung vorgenommen würde, bei der die Fugen teilweise ausgeräumt werden müssen, weil dann „die Standsicherheit im Zwischenbauzustand“ (vgl. die Erläuterung der Architekten G. und S. vom 14. Januar 2014) nicht gewährleistet sei. Erst in diesem Beschwerdeverfahren hat die Antragstellerin weitere Stellungnahmen – insbesondere des Herrn S. vom 1. Dezember 2015 und der Architekten G. und S. vom 30. November 2015 – vorgelegt, in denen nicht nur die Einschätzung geäußert wird, die Vormauerschale sei nicht mehr dauerhaft standfest und daher sanierungsbedürftig, sondern überdies die Einschätzung vertreten wird, es bestehe akute Einsturzgefahr.

33

Indes hatten die Architekten der Antragstellerin die Feststellungen, die der nunmehr vertretenen Einschätzung zugrunde liegen, bereits deutlich früher getroffen. So hatten die Architekten G. und S. bereits in ihrer auf den 22. April 2014 datierten „quantitativen und qualitativen Bestandsaufnahme“ festgestellt, dass im Verblendmauerwerk der Westfassaden „der vorhandene Mauermörtel (plakativ dargestellt) nur noch aus Sand besteht und die Drahtanker im Grunde keine Verankerung mehr haben. Nahezu alle Bindemittel sind ausgewaschen und die Standsicherheit der Fassade ist nicht mehr gewährleistet“ (vgl. S. 15 f.). Einen dringenden Handlungsbedarf, sogleich geeignete Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen, um der Gefahr eines Fassadeneinsturzes zu begegnen, hat die Antragstellerin seinerzeit und auch danach über Monate aber offenbar nicht gesehen. Vielmehr hat sie es für ausreichend gehalten, punktuelle Sicherungsmaßnahmen zu veranlassen, um möglichweise eintretenden Gefahren – etwa durch herabfallende Gesimsbrocken – zu begegnen (vgl. hierzu etwa das Schreiben der Architekten G. und S. an die Antragsgegnerin vom 27. Oktober 2014). Erstmals im Juni 2015 haben die Architekten der Antragstellerin dann die Einschätzung geäußert, dass sich „die Fassaden in einem Zustand befinden, der uns allen keinen Zeitspielraum lässt“ (E-Mail des Architekten S. an die Antragsgegnerin vom 22. Juni 2015), weshalb die beabsichtigte PU-Verschäumung unverzüglich erfolgen müsse. Warum sich aber an der früheren Einschätzung, punktuelle Sicherungsmaßnahmen seien zur Gefahrenabwehr ausreichend, etwas geändert hat, lässt sich dem Vorbringen der Antragstellerin und den von ihr vorgelegten Einschätzungen und Stellungnahmen nicht entnehmen. Über die Erkenntnis, dass „irgendwann – und zwar nicht in `allzu ferner Zukunft´ – (...) Teilbereiche einfallen“ werden (Stellungnahme des Herrn S. vom 1. Dezember 2015, S. 4), gehen diese Stellungnahmen letztlich nicht hinaus.

34

Der beschließende Senat geht überdies und anknüpfend an die vorstehenden Erwägungen davon aus, dass den Gefahren, die sich aus der – auch von der Antragsgegnerin nicht bestrittenen – Baufälligkeit der Vormauerschale der Westfassaden ergeben, vorerst auch auf andere Weise als durch eine irreversible Verfüllung der Luftschicht des zweischaligen Mauerwerks hinreichend effektiv begegnet werden kann. Insbesondere dürfte insoweit das – von der Antragstellerin jedenfalls teilweise bereits bewirkte – Aufstellen von Gerüsten, ggf. auch bzw. im Zusammenhang hiermit das Aufhängen von Steinschlagschutznetzen in Betracht kommen. Bereits in ihrem Schreiben an die Antragstellerin vom 9. Juli 2015 hatte die Antragsgegnerin insoweit deutlich gemacht, dass sie das Aufstellen eines Gerüsts dulden werde, wenn dies zur Abwehr von etwaig herunterfallenden Steinen für erforderlich gehalten werde. In ihrem Schriftsatz vom 7. Dezember 2015 hat die Antragstellerin überdies mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin ihr bestätigt habe, sie bedürfe für das Aufstellen von Gerüsten keiner denkmalschutzrechtlichen Genehmigung. Um einen „Dauerzustand“, den die Antragstellerin befürchtet, muss es sich hierbei nicht handeln. Vielmehr dienen derartige Maßnahmen der Absicherung für die Dauer des denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens.

35

cc) Die von der Antragsgegnerin getroffene Anordnung ist schließlich auch nicht aus sonstigen Gründen ermessensfehlerhaft.

36

Die Annahme der Antragstellerin, sie habe darauf vertrauen können, dass ihr die Antragsgegnerin die begehrte Genehmigung erteilen werde, teilt der Senat nicht. Eine dahingehende Zusicherung (§ 38 HmbVwVfG) hat die Antragsgegnerin nicht erteilt. Aus den Akten ergibt sich auch nicht, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin anderweitig signalisiert hat, sie werde für die Durchführung der beabsichtigten Maßnahme eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung erteilen. Im Gegenteil hat die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin wiederholt ihre Zweifel an der denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsfähigkeit der beabsichtigten Maßnahme zum Ausdruck gebracht. Die bloße Einbeziehung der für die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung zuständigen Behörde in die Planungen einer Baumaßnahme rechtfertigt nicht das Vertrauen darauf, die denkmalschutzrechtliche Genehmigung werde erteilt.

37

Ermessensfehlerhaft ist die angegriffene Einstellungsanordnung der Antragsgegnerin auch nicht deshalb, weil sie hierbei nicht berücksichtigt hat, dass es sich um eine Maßnahme von bedeutendem Umfang handelt und die Antragstellerin umfangreiche Vorbereitungen für die Maßnahme getroffen, bereits erhebliche (Vorbereitungs-) Kosten gehabt und den PU-Schaum beschafft hat. Diesbezügliche Erwägungen brauchte die Antragsgegnerin bei der Ausübung des von § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG eingeräumten Ermessens nicht anzustellen. Die ihr bereits entstandenen Aufwendungen hat die Antragstellerin auf eigenes Risiko getätigt, weil sie nicht im Besitz der erforderlichen denkmalschutzrechtlichen Genehmigung war und auf deren Erteilung auch nicht vertrauen konnte. Insoweit wird auf obige Ausführungen Bezug genommen.

38

2. Es besteht ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug. Schon die formelle Illegalität des von der Antragstellerin geplanten Vorhabens rechtfertigt die sofortige Vollziehung der Einstellungsanordnung. Die Ordnungsfunktion des förmlichen Denkmalschutzrechts liefe sonst ins Leere. Die sofortige Vollziehung ist daher im Interesse der Autorität der denkmalschutzrechtlichen Verfahrensvorschriften gerechtfertigt. Auch insoweit gilt nichts anderes als für das bauaufsichtliche Verfahren (OVG Hamburg, Beschl. v. 17.3.2004, 2 Bs 13/04, NordÖR 2004, 286, juris Rn. 8, m.w.N.; Beschl. v. 27.4.2010, 2 Bs 69/10, BA S. 3 f.).

39

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Der Senat hat im Hinblick darauf, dass es sich vorliegend um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, den hälftigen Auffangwert zugrunde gelegt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.