Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 20. März 2018 - 1 L 292/15

bei uns veröffentlicht am20.03.2018

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 11. Juni 2015 wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahrens wird auf 2.491,22 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Durch Bescheide vom 26. Oktober 2012 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin für das Wirtschaftsjahr 2012 für den Hotelbetrieb der Klägerin Fremdenverkehrsabgaben in Höhe von 951,08 € und 1.540,14 €, d. h. zusammen einen Betrag von 2.491,22 € fest.

2

Die Widersprüche der Klägerin wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheide vom 13. Februar 2013 zurück. Die Klägerin hat Klage erhoben.

3

Durch Urteil vom 11. Juni 2015 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Die Klage sei zulässig und begründet. Die Satzung der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vom 29. März 2012 – Fremdenverkehrsabgabesatzung (FVAS) – sei unwirksam. Sie enthalte in § 5 Abs. 3 eine unwirksame Fälligkeitsregelung („Fälligkeit mit Anspruchsentstehung“) und weise damit nicht den nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V erforderlichen Mindestinhalt auf. Dies führe zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Die Erste Änderungssatzung ordne – in nicht zu beanstandender Weise – in Art. 1 die Rückwirkung der Stammsatzung und in Art. 2 die Rückwirkung der Änderungssatzung jeweils auf den 1. Januar 2012 an. Da die Erste Änderungssatzung aber keine Änderung der Fälligkeitsregelung enthalte, verbleibe es bei der Unwirksamkeit der FVAS vom 29. März 2012. Dies gelte in gleicher Weise für die Zweite Änderungssatzung vom 25. April 2013. Eine geänderte Fälligkeitsregelung werde erst durch die Dritte Änderungssatzung vom 30. Januar 2014 ohne Rückwirkung in die Stammsatzung eingefügt. Zwar genüge die geänderte Fälligkeitsregelung den Anforderungen. In Bezug auf die Bestimmung in § 5 Abs. 3 Satz 2 zweiter Halbsatz („soweit im Bescheid ausdrücklich kein späterer Fälligkeitstermin bestimmt ist“) liege allenfalls ein Fall der Teilnichtigkeit vor. Es sei zu berücksichtigen, dass die Fremdenverkehrsabgabe gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 FVAS als Jahresabgabe erhoben werde und die Abgabenschuld gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 FVAS Satzung mit Beginn eines jeden Kalenderjahres entstehe, in dem die Abgabepflicht bestehe. Die damit normierte antizipierte Abgabenerhebung sei zulässig. Sie erfordere aber, dass die Rechtsgrundlage der Abgabenerhebung bereits am 1. Januar des betreffenden Wirtschaftsjahres gelte. Wie bereits erwähnt, weise die Dritte Änderungssatzung die dann erforderliche Rückwirkungsanordnung nicht auf. Folglich könne frühestens am Tag nach Bekanntgabe der Dritten Änderungssatzung am 19. Februar 2014 eine Fehlerheilung der Fälligkeitsregelung erfolgt sein. Dies erlaube keine Abgabenerhebung für das Wirtschaftsjahr 2012. Die Vierte Satzung zur Änderung der Satzung der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vom 29. März 2014 vom 27. November 2014 führe nicht dazu, dass die FVAS rückwirkend zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten sei. Zwar weise Art. II der Vierten Änderungssatzung eine ordnungsgemäße Fälligkeitsregelung auf. Auch enthalte Art. III der Vierten Änderungssatzung eine Rückwirkungsanordnung bezogen auf den 1. Januar 2012. Allerdings gehe die Rückwirkungsanordnung ins Leere, denn sie beziehe sich nicht auf die Vierte Änderungssatzung, sondern auf die zu ändernden Stammsatzung vom 29. März 2012. Die FVAS sei zudem auch deshalb unwirksam, weil die in § 4 Abs. 4 FVAS normierten Abgabensätze auf einer fehlerhaften Kalkulation beruhten.

4

Das Urteil ist der Beklagten am 22. Juni 2015 zugestellt worden. Mit seinem am 8. Juli 2015 eingelegten und am 10. August 2015 begründeten Antrag auf Zulassung der Berufung trägt der Beklagte vor:

5

Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die FVAS sei bereits in ihrer Ursprungsfassung rechtmäßig gewesen. Nach § 5 Abs. 3 FVAS werde die Abgabenschuld mit ihrer Entstehung fällig und durch Bescheid der Kurverwaltung erhoben. Dagegen sei nichts zu erinnern. Dies verstoße – entgegen der Annahme des VG – nicht gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V, wonach eine Satzung den Zeitpunkt der Abgabenentstehung und der Abgabenfälligkeit angeben müsse. Dem VG sei auf Seite 5 seines Urteils (2. und 3. Absatz) ein Fehler unterlaufen: Zum einen beziehe sich „§ 10 Inkrafttreten“ der FVAS in der Vierten Änderungsfassung denkt notwendigerweise auf das Inkrafttreten der gesamten FVAS vom 29. März 2012; nichts anderes könne gemeint sein. Zum anderen: Wenn die Vierte Änderungssatzung in ihrer Präambel die FVAS vom 29. März 2012 in Bezug nehme und sodann feststelle, „diese Satzung“ und nicht etwa nur „dieser § 10 der Satzung“ trete rückwirkend in Kraft, so könne damit nur die FVAS in toto gemeint gewesen sein. Damit aber sei – entgegen der Schlussfolgerung des VG – rückwirkend eine Ermächtigungsgrundlage vorhanden. Endlich sei anzumerken, dass es um die Erhebung von Abgaben gehe und im Zeitpunkt der Entscheidung des VG auch nach seiner Ansicht eine nicht zu beanstandende Fälligkeitsregelung und damit Ermächtigungsgrundlage vorhanden sei. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des BVerwG, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legen. Ernsthaft zweifelhaft sei schließlich, ob die Aussage des VG zutreffend sei, der nach § 1 Abs. 2 FVAS zulässige Deckungsgrad werde deutlich überschritten, d. h. es liege ein Kalkulationsfehler vor. Das VG verkenne, dass der Satzungsgeber seinen Fehler in der Zweiten Änderungssatzung korrigiert habe.

6

Die Sache habe auch grundsätzliche Bedeutung. Es liege im allgemeinen Interesse, geklärt zu wissen, dass ein rückwirkendes Inkrafttreten einer Satzung auch dann gegeben sei, wenn der Satzungsgeber in seiner Präambel der Änderungssatzung auf die – zu ändernde – Satzung Bezug nehme und deren rückwirkendes Inkrafttreten bestimme.

7

Zudem weiche die angefochtene Entscheidung von der Entscheidung des OVG M-V Greifswald vom 21. Mai 2014 – 1 L91/09 – ab und von der Rechtsprechung des BVerwG im Bereich der Abgabenerhebung, unter anderem BVerwG in NJW 1984 S. 648, BVerwGE 50 S. 2, DVBl 1982 S. 544 ff., BVerwGE 64, 356 ff. und NVwZ 1991 S. 360 f. Allen Entscheidungen des BVerwG sei Folgendes gemeinsam: Maßgeblich für die Entscheidung eines Gerichts seien die Rechtsvorschriften, die sich im Zeitpunkt der Entscheidung für die Beurteilung des Klagebegehrens Geltung beimessen würden; und zwar gleichgültig ob es sich um eine Feststellungs-, eine Leistungs-, eine Anfechtungs- oder eine Verpflichtungsklage handle. Anders ausgedrückt: Es komme danach auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an.

8

Die Klägerin tritt dem Vorbringen entgegen.

II.

9

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber in der Sache unbegründet. Ein Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor.

10

1. Der Senat sieht keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung auf zwei selbstständig tragende rechtliche Gesichtspunkte gestützt. Dies ist zum einen der rechtliche Gesichtspunkt, dass die streitige Satzung in ihrer Ausgangsfassung vom 29. März 2012 nicht den nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V erforderlichen Mindestinhalt enthalten hat. In der Stammsatzung sei keine wirksame Regelung über die Fälligkeit der Abgabe enthalten gewesen und eine geänderte Fälligkeitsregelung sei nicht rückwirkend auf den 1. Januar des Wirtschaftsjahres 2012 in Kraft gesetzt worden, wie dies bei einer antizipierten Gebührenerhebung erforderlich gewesen wäre. Zum anderen hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung noch zusätzlich darauf gestützt, dass die FVAS auch deshalb nichtig sei, weil die Abgabensätze auf einer fehlerhaften Kalkulation beruhten.

11

Das Zulassungsvorbringen hat den das Urteil tragenden rechtlichen Gesichtspunkt, dass die Regelung der FVAS in der Ausgangsfassung (Stammsatzung) vom 29. März 2012 über die Fälligkeit der Abgabe unwirksam ist und dass keine rückwirkende Änderung der Stammsatzung auf den 1. Januar 2012 durch die Dritte und/oder Vierte Änderungssatzung erfolgt ist, nicht ernsthaft in Zweifel ziehen können.

12

Das Zulassungsvorbringen setzt sich nicht mit der vom Verwaltungsgericht zitierten eigenen Entscheidung auseinander, eine Satzungsregelung, nach der eine Fremdenverkehrsabgabe zum Jahresbeginn entsteht und mit der Entstehung fällig wird, beschneidet angesichts der Verwirkung von Säumniszuschlägen mit der Abgabenfestsetzung die Rechtsschutzmöglichkeiten des Abgabenschuldners in unzumutbarer Weise und ist unwirksam (VG Greifswald, Urt. vom 22. November 2013 - 3 A 885/12 –, juris Leitsatz 2 und Rn. 23). Diese Aussage ist zutreffend und entspricht auch der Rechtsprechung des Senates (vgl. z. B. den gegenüber dem Beklagten ergangenen Beschluss des Senates vom 5. Februar 2018 – 1 L106/14 –). Ist die Fälligkeit sofort mit dem Wirksamwerden des Bescheides eingetreten, tritt die Rechtsfolge der Säumniszuschläge unmittelbar ein. Es wäre Aufgabe des Ortsgesetzgebers gewesen, eine angemessene Zahlungsfrist vorzusehen, wie das in der Dritten Änderungssatzung mit der dort niedergelegten Monatsfrist geschehen ist. Damit hat das Zulassungsvorbringen keine ernstlichen Zweifel daran wecken können, dass die Ausgangssatzung wegen einer fehlerhaften Regelung über die Fälligkeit insgesamt unwirksam gewesen ist.

13

Der Zulassungsvortrag geht im Kern dahin, dass durch die Vierte Änderungssatzung die Fälligkeitsregelung, die diese Änderungssatzung enthält, rückwirkend zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten sei. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Vielmehr schließt sich der Senat der Auffassung des Verwaltungsgerichtes an, dass zwar die Änderungsbefehle der Vierten (wie auch der Dritten) Änderungssatzung rechtlich nicht zu beanstanden sind. Es fehlt auch der Vierten Änderungssatzung aber eine Geltungszeitregelung, hier für ihr (rückwirkendes) Inkrafttreten.

14

Jede Gesetzesänderung unterliegt – wegen des Grundsatzes der Bestimmtheit und der Normklarheit – strengen formellen Anforderungen. Dies gilt in erhöhtem Maße, wenn – wie hier – ein Änderungsgesetz rückwirkend in Kraft gesetzt werden soll. Zu dem erforderlichen Inhalt eines Änderungsgesetzes wird auf das Handbuch der Rechtsförmlichkeit, 3. Aufl., 2008, Seite 146 ff., verwiesen.

15

Bei der Vierten Änderungssatzung handelt es sich um eine Einzelnovelle, d. h. eine Novelle, die ein einziges Stammgesetz ändern will (vgl. Handbuch der Rechtsförmlichkeit, a. a. O., Rn. 516 ff.). Die Einzelnovelle verwendet eine besondere Änderungstechnik, die das Stammgesetz in seiner Substanz unangetastet lässt. Die Überschrift der Vierten Änderungssatzung wird dem insoweit gerecht, als dort die Überschrift lautet: „Vierte Satzung zur Änderung der Satzung der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vom 29.03.2012“. Da eine Einzelnovelle ein eigenständiges Gesetz ist, muss sie eine Eingangsformel haben (vgl. Handbuch der Rechtsförmlichkeit, a. a. O., Rn. 535). Dieses Erfordernis ist hier gleichfalls eingehalten. In der bundesrechtlichen Gesetzgebung wird eine Einzelnovelle in Artikel gegliedert. Art. 1 enthält die Änderungsbefehle bezüglich des zu ändernden Stammgesetzes. Mehrere Änderungsbefehle werden mit arabischen Ziffern aneinandergereiht, und zwar entsprechend der Systematik des Stammgesetzes. Art. 2 enthält eine Geltungszeitregelung (vgl. Handbuch der Rechtsförmlichkeit, a. a. O., Seite 146). Als rechtlich unschädlich sieht der Senat an, dass die Vierte Änderungssatzung lediglich eine Untergliederung in Art. I bis Art. III aufweist. Damit hat der Satzungsgeber aber zugleich zum Ausdruck gebracht, dass er alle drei Artikel auf der gleichen Stufe ansiedelt. Dies ist hier, worauf das VG zutreffend hingewiesen hat, die Änderung der Stammsatzung vom 29. März 2012.

16

Der Senat folgt dem VG allerdings nicht bei seiner Einschätzung, dass der Art. III letztlich ins Leere läuft. Er lautet:

17

„Art. III
§ 10
Inkrafttreten
§ 10 der Satzung enthält erhält folgende Fassung:
Diese Satzung tritt rückwirkend am 01.01.2012 in Kraft.“

18

Diese Regelung ist auch als Änderung der Stammsatzung nicht inhaltsleer. Durch den geänderten § 10 stellt sie erstmalig klar, dass die Stammsatzung zum 1. Januar 2012 Kraft treten soll. Dies hat nicht etwa bereits Art. I der Ersten Änderungssatzung bewirkt. Auch wenn die Erste Änderungssatzung die Stammsatzung im Hinblick auf die Inkrafttretensregelung hat ändern wollen, ist diese Änderung aber gescheitert. Die Stammsatzung enthält – anders als in der Ersten Änderungssatzung angegeben – keinen § 12, sondern endet mit § 10, der das Inkrafttreten regelt. Daher hat es der Satzungsgeber zu Recht für notwendig angesehen, diesen in der Ersten Änderungssatzung enthaltene Fehler, nämlich die unzutreffende Bezeichnung der Paragrafen des Inkrafttretens, durch die Vierte Änderungssatzung zu berichtigen.

19

Zugleich zeigt aber die Erste Änderungssatzung, dass es dem Beklagten durchaus bekannt ist, dass er in einem weiteren Artikel eine Geltungszeitregelung, hier für das Inkrafttreten, normieren muss. So enthält Art. 2 der Ersten Änderungssatzung auch eine Rückwirkungsklausel für die Änderungssatzung auf den 1. Januar 2012.

20

Eine solche Geltungszeitregelung ist in der Vierten Änderungssatzung nicht enthalten. Damit ist die Vierte Änderungssatzung durch ihre Bekanntmachung in Kraft getreten, d. h. sie hat Außenwirksamkeit bzw. Rechtsgeltung erlangt. Das bedeutet, dass die einzelnen drei Änderungsbefehle durch die Bekanntmachung wirksam geworden sind, sich im Stammrecht vollziehen und damit zugleich gegenstandslos werden. Der Text des Stammgesetzes erhält von diesem Zeitpunkt an seine neue geänderte Fassung (Handbuch der Rechtsförmlichkeit, a. a. O., Rn. 710).

21

Das Beschwerdevorbringen geht fehl, dass es bei einer Gesetzesänderung stets auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt. Zutreffend ist vielmehr, dass sich die Frage nach dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt nach dem einschlägigen Fachrecht richtet. Dies legt auch das in der Zulassungsbegründung genannte Urt. des BVerwG vom 27. April 1990 (- 8 C 87.88 -, NVwZ 1991 S. 360 f., betr. eine Vorausleistung auf den Entwässerungsbeitrag) dar (vgl. Leitsatz und juris Rn. 12). Ob für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung oder die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgebend ist, beantwortet nicht § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, d. h. nicht das Verwaltungsprozessrecht, sondern das jeweils einschlägige materielle Recht (BVerwG, a.a.O., m. w. N.).

22

Im Erschließungsbeitragsrecht und im Kommunalabgabenrecht des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist nach den einzelnen Abgaben zu unterscheiden. Während im bundesrechtlichen Erschließungsbeitragsrecht und im Anschlussbeitragsrecht nach § 9 KAG M-V eine wirksame Satzung dem Eintritt der Vorteilslage nachfolgen kann und dadurch ein zuvor ergangener (rechtswidriger) Abgabenbescheid nicht mehr der Aufhebung unterliegt (Institut der Aufrechterhaltung), stellt sich die Sachlage im Straßenbaubeitragsrecht (§ 8 KAG M-V) und im Gebührenrecht (§§ 4 und 6 KAG M-V) anders dar. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates muss im Bereich des Straßenbaubeitragsrechts eine wirksame Abgabensatzung, notfalls rückwirkend, auf den Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage erlassen werden (so ständige Rspr. des Senates seit OVG M-V Greifswald, Beschl. vom 29. Juli 1997 – 6 M 93/97 –, DVBl 1998 S. 56 ff. = NordÖR 1998 S. 267 f.). Gleiches gilt bei einer Gebührenerhebung. Auch hier muss eine wirksame Satzung im Zeitraum der Verwirklichung des Gebührentatbestandes bestehen; zu diesem Zeitpunkt fließen dem Schuldner die durch die Gebühr abzugeltenden konkreten Vorteile zu. Dies räumt der Beklagte indirekt auch dadurch ein, dass durch Art. III der Vierten Änderungssatzung die FVAS 2012 auf den 1. Januar des Wirtschaftsjahres 2012 hat in Kraft setzen wollen. Alles in allem hat das VG zu Recht die Erhebung einer antizipierten Jahresgebühr für zulässig erachtet, aber ausschließlich unter der Voraussetzung, dass der Ortsgesetzgeber speziell bei der Erhebung einer antizipierten Jahresgebühr – ggf. rückwirkend auf den 1. Januar des jeweiligen Erhebungsjahres – wirksames Ortsrecht schafft.

23

Die vonseiten des Beklagten zitierten Entscheidungen des BVerwG geben nichts Gegenteiliges her - siehe unten unter Ziffer 3.

24

Auf die Frage, ob noch aus einem weiteren Grund die Abgabenerhebung rechtswidrig ist, kommt es für den Senat nicht an. Daher bedarf es keiner weiteren Erörterung der Frage des gemeindlichen Eigenanteils.

25

2. Mit seinem Zulassungsvorbringen zeigt der Beklagte zum einen keine Rechtsfrage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), die sich im vorliegenden Fall streitgegenständlich stellte. Zum anderen ist hier vorrangig eine Auslegung des konkreten Einzelfalles vorzunehmen, und zwar unter dem Blickwinkel, ob – mit einem dem Grundsatz der Normenklarheit genügenden Maß – der Ortsgesetzgeber ein rückwirkendes Inkrafttreten seines Ortsrechtes tatsächlich beschlossen hat. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen, und, wie oben ausgeführt, auf die Grundsätze der Rechtsförmlichkeit abzustellen. Ob es eventuell die gesetzgeberische Intention gewesen ist, eine rückwirkende Änderung des Ortsrechtes vorzunehmen, ist demgegenüber rechtlich irrelevant. Da im vorliegenden Fall letztlich (nur) eine Auslegung des Einzelfalles geboten ist, kommt der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung zu. Zudem ergibt die Auslegung des Senates, dass die bereits oben dargestellten Grundsätze der Rechtsförmlichkeit, die für Änderungssatzungen gelten, das vom VG gefundene Ergebnis tragen.

26

3. Die von der Beklagtenseite vorgetragene Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) zu dem Urteil des Senates vom 21. Mai 2014 – 1 L 91/09 – liegt nicht vor. Im dortigen Sachverhalt stellte sich die Sachlage so dar, dass die dortige Jahresmindestgebühr erst nach Ablauf des Erhebungszeitraumes (Kalenderjahr) entstand. Damit verliert eine Regelung über die Fälligkeit der Jahresmindestgebühr bezogen auf das Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung an Bedeutung. Zudem kann die Fälligkeit einer Gebühr nicht vor ihrer Entstehung eintreten, d. h. erst am Ende des Kalenderjahres, mithin nach der Leistungserbringung durch den Aufgabenträger. Dies mag den Senat seinerzeit bewogen haben, weniger strenge Anforderungen an das Bestehen einer Fälligkeitsregelung aufzustellen. Der damalige Fall ist in keiner Weise mit dem hier vorliegenden Sachverhalt vergleichbar. § 5 Abs. 3 in der Fassung der Stammsatzung sah genau Gegenteiliges, nämlich ein auf den 1. Januar antizipierte Gebühr vor: „Die Abgabenschuld wird mit ihrer Entstehung fällig und durch Bescheid der Kurverwaltung der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf erhoben“. Die oben genannte Entscheidung des OVG M-V Greifswald ist somit nicht verallgemeinerungsfähig, da sie eine ganz spezielle Sachverhaltskonstellation betrifft (vgl. Aussprung in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V § 2 Erl. 3.6).

27

Die Urteile des BVerwG, vom 28. November 1975 – IV C 45.74 –, BVerwGE 50, 2 ff., vom 25. November 1981 – 8 C 14.81 –, DVBl 1982 S. 544 ff., und vom 27. Januar 1982 – 8 C 12.81 –, BVerwGE 64, 356 ff., betreffen das Erschließungsbeitragsrecht, wo – wie oben ausgeführt – auch nach Auffassung des Senates eine andere Rechtslage gilt. Das Urteil des BVerwG vom 27. April 1990 – 8 C 87.88 –, NVwZ 1991 S. 360 f., betrifft eine Vorausleistung auf den Entwässerungsbeitrag, wo sich in Mecklenburg-Vorpommern die Rechtslage im Hinblick auf den entscheidungserheblichen Zeitpunkt wie im Erschließungsbeitragsrecht darstellt. Bei dem Zitat „NJW 1984 S. 648“ handelt es sich ersichtlich um ein Fehlzitat, sodass die gemeinte Entscheidung nicht hat recherchiert werden können.

28

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 GKG i. V. m. § 52 Abs. 3 GKG.

Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 20. März 2018 - 1 L 292/15

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 20. März 2018 - 1 L 292/15

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Die Bescheide des Beklagten vom 6. Februar 2012 (Nummern A/2011 und B/2011), 1. März 2012 (Nummer C/2011), 21. Juni 2012 (Nummern D/2011 und E/2011) und 26. Oktober 2012 (Nummer E/2011) in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15. Mai 2012 und 16. Mai 2013 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn der Vollstreckungsgläubiger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um Fremdenverkehrsabgaben und Kurabgaben.

2

Der Kläger zu 1. ist seit dem 17. November 2011 Miteigentümer des Grundstücks G.-Straße im Ortsteil Ahlbeck in der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf. Die Auflassung erfolgte am 8. Juni 2011. Die Klägerin zu 2. ist die Ehefrau des Klägers zu 1..

3

Mit Bescheid vom 6. Februar 2012 (Nummer A/2011) setzte der Beklagte gegen den Kläger zu 1. für den Zeitraum 2011 eine Fremdenverkehrsabgabe in Höhe von 67,50 Euro fest. Mit Schreiben vom 27. März 2012 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2012 als unzulässig zurückwies. Der Widerspruchsbescheid wurde nicht förmlich zugestellt. Am 20. Juni 2012 hat der Kläger zu 1. deswegen Klage erhoben (Aktenzeichen 3 A 885/12).

4

Mit einem weiteren Bescheid vom 6. Februar 2012 (Nummer B/2011) setzte der Beklagte gegen den Kläger zu 1. für den Zeitraum 2011 eine Jahreskurabgabe in Höhe von 70 Euro fest. Mit Schreiben vom 27. März 2012 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2012 als unzulässig zurückwies. Am 20. Juni 2012 hat der Kläger zu 1. deswegen Klage erhoben (Aktenzeichen 3 A 898/12).

5

Mit Bescheid vom 1. März 2012 (Nummer C/2011) setzte der Beklagte gegen die Klägerin zu 2. für den Zeitraum 2011 eine Jahreskurabgabe in Höhe von 70 Euro fest. Den Widerspruch der Klägerin zu 2. gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2012 zurück. Am 20. Juni 2012 hat die Klägerin zu 2. deswegen Klage erhoben (Aktenzeichen 3 A 899/12).

6

Mit Bescheid vom 21. Juni 2012 (Nummer D/2011) setzte der Beklagte gegen den Kläger zu 1. für den Zeitraum 2012 eine Jahreskurabgabe in Höhe von 70 Euro fest. Den Widerspruch des Klägers zu 1. gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2013 zurück. Am 18. Juni 2013 hat der Kläger zu 1. deswegen Klage erhoben (Aktenzeichen 3 A 470/13).

7

Mit einem weiteren Bescheid vom 21. Juni 2012 (Nummer E/2011) setzte der Beklagte gegen die Klägerin zu 2. für den Zeitraum 2012 eine Jahreskurabgabe in Höhe von 70 Euro fest. Den Widerspruch der Klägerin zu 2. gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2013 zurück. Am 18. Juni 2013 hat die Klägerin zu 2. deswegen Klage erhoben (Aktenzeichen 3 A 471/13).

8

Mit Bescheid vom 26. Oktober 2012 (Nummer E/2011) setzte der Beklagte gegen den Kläger zu 1. für den Zeitraum 2012 eine Fremdenverkehrsabgabe in Höhe von 67,50 Euro fest. Den Widerspruch des Klägers zu 1. gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2013 zurück. Am 18. Juni 2013 hat der Kläger zu 1. deswegen Klage erhoben (Aktenzeichen 3 A 472/13).

9

Das Gericht hat die Verfahren 3 A 885/12, 3 A 898/12, 3 A 899/12, 3 A 470/13, 3 A 471/13 und 3 A 472/13 mit Beschluss vom 28. Oktober 2013 unter dem Aktenzeichen 3 A 885/12 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

10

Zu Begründung ihrer Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor, der Kläger zu 1. sei nur Miteigentümer. Die Fremdenverkehrsabgabe dürfe sich nur auf den Miteigentumsanteil beziehen. Dafür enthalte die Abgabensatzung keine Regelung, so dass es zur Doppelveranlagung der Miteigentümer komme. Die vorgenommene Typisierung der Abgabensätze und die Deckelung der Abgabenhöhe sei nicht nachvollziehbar. Zudem habe durch den Kläger zu 1. im Jahre 2011 keine Vermietung stattgefunden. Er habe den Besitz erst zum 1. September 2011 übernommen. Danach seien Umbauarbeiten vorgenommen worden. Die Ferienwohnungen seien erst ab April 2012 vermietet worden.

11

Die Kläger beantragen,

12

die Bescheide des Beklagten vom 6. Februar 2012 (Nummern A/2011 und B/2011), 1. März 2012 (Nummer C/2011), 21. Juni 2012 (Nummern D/2011 und E/2011) und 26. Oktober 2012 (Nummer E/2011) in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15. Mai 2012 und 16. Mai 2013 aufzuheben.

13

Der Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Er verteidigt die angefochtenen Bescheide.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

17

1. Das Gericht konnte gemäß § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) trotz des Ausbleibens der Kläger in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, da die Kläger darauf mit der Ladung hingewiesen worden sind.

18

2. Die Klage ist insgesamt zulässig. Das Vorverfahren gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO wurde auch in Ansehung des Bescheides vom 6. Februar 2012 (Nummer A/2011) ordnungsgemäß durchgeführt. Der Widerspruch vom 27. März 2012 hielt die Widerspruchsfrist ein, die nach § 70 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO ein Jahr nach Bekanntgabe betrug. Die Widerspruchsfrist verlängerte sich auf diesen Zeitraum, da der Beklagte den Kläger zu 1. in der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides vom 6. Februar 2012 unrichtig über die Widerspruchsfrist belehrt hatte. In dieser heißt es unter anderem: „Die Widerspruchsfrist beginnt bei der Zustellung mittels einfachen Briefes mit Ablauf des dritten Tages nach Datum des Poststempels“. Das ist unrichtig und geeignet, die Erhebung des Widerspruchs nennenswert zu erschweren, da bei Empfänger der Eindruck entstehen kann, die Widerspruchsfrist sei schon abgelaufen, obwohl das tatsächlich noch nicht der Fall ist. Die Widerspruchsfrist beginnt gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO mit Bekanntgabe an den Beschwerten. Soweit der Beklagte in der Rechtsbehelfsbelehrung auf § 12 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern (KAG M-V) i.V.m. § 122 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) abstellt, enthält die Belehrung keinen Hinweis, dass die Dreitagesfrist nicht gilt, wenn der Bescheid nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Zudem stellt die Belehrung in Abweichung vom Gesetz auf das Datum des Poststempels und nicht auf den Tag der Einlieferung zur Post ab.

19

Klagefristen wurden nicht versäumt, da der Beklagte nicht dargelegt hat, dass die angefochtenen Widerspruchsbescheide zugestellt worden sind und damit überhaupt eine Frist zur Klageerhebung in Gang gesetzt worden ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage, § 74, Rn. 5).

20

3. Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und die Kläger dadurch in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

21

a) Die Bescheide des Beklagten vom 6. Februar 2012 (Nummer A/2011) und vom 26. Oktober 2012 (Nummer E/2011) über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe für das Erhebungsjahr 2012 sind rechtswidrig. Rechtsgrundlage der Abgabenerhebung sind insoweit die Satzung der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vom 31. März 2011 in der Fassung der ersten Änderungssatzung vom 24. August 2012 (Fremdenverkehrsabgabesatzung 2011) und die Satzung der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vom 29. März 2012 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 23. August 2012 (Fremdenverkehrsabgabesatzung 2012). Diese Satzungen verstoßen gegen höherrangiges Recht und sind nichtig.

22

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V muss die Abgabensatzung den Kreis der Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie den Zeitpunkt ihrer Entstehung und ihrer Fälligkeit angeben (Mindestinhalt). Die Fremdenverkehrsabgabesatzungen 2011 und 2012 beinhalten jeweils eine unwirksame Regelung der Fälligkeit. Das führt zu deren Gesamtnichtigkeit. Der Mindestinhalt einer Abgabensatzung kann auch nicht über § 12 Abs. 1 KAG M-V durch eine entsprechende Anwendung des § 220 Abs. 2 AO vervollständigt werden, weil eine Regelungslücke wegen der vorrangigen Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V gerade nicht besteht (OVG Greifswald, Beschluss vom 6. September 2005 – 1 L 489/04 –, juris).

23

Gemäß § 5 Abs. 1 Fremdenverkehrsabgabesatzung 2011 und 2012 entsteht die Abgabenschuld mit Beginn eines jeden Kalenderjahres, in dem die Abgabenpflicht besteht. Bei einer Begründung der Abgabenpflicht im laufenden Kalenderjahr entsteht die Abgabenschuld mit Begründung der Abgabenpflicht. Nach § 5 Abs. 3 Fremdenverkehrsabgabesatzung 2011 und 2012 wird die Abgabenschuld mit ihrer Entstehung fällig. Diese Regelung führt dazu, dass bereits mit der Festsetzung der Fremdenverkehrsabgabe Säumniszuschläge verwirkt werden (§ 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 240 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Zahlung der Säumniszuschläge kann der Abgabenschuldner nur dadurch entgehen, dass er innerhalb von drei Tagen nach Festsetzung die Abgabe zahlt (§ 240 Abs. 3 AO). Eine solche Regelung beschneidet die Rechtsschutzmöglichkeiten des Abgabenschuldners in unzumutbarer Weise und ist unwirksam. Dem Abgabenschuldner muss nach der Festsetzung der Fremdenverkehrsabgabe eine angemessene Frist verbleiben, in der er die Rechtmäßigkeit des Bescheides überprüfen, sich gegebenenfalls Rechtsrat einholen und dann unter Berücksichtigung von üblichen Banklaufzeiten die Zahlung vornehmen oder einen Antrag nach § 80 Abs. 4 VwGO stellen kann, bevor die Rechtsfolgen der Säumnis eintreten. Diesen Interessen muss die satzungsgebende Körperschaft durch eine entsprechende Regelung der Fälligkeit Rechnung tragen. Das ist vorliegend nicht geschehen. Der Umstand, dass die Fälligkeit in den angefochtenen Bescheiden tatsächlich abweichend von der Fremdenverkehrsabgabesatzung bestimmt worden ist, ändert an deren Nichtigkeit nichts.

24

Ungeachtet dessen wäre im Erhebungsjahr 2011 für den Kläger zu 1. ohnehin keine Fremdenverkehrsabgabe entstanden. Unabhängig davon, dass die Abgabenpflicht des Klägers zu 1. gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Fremdenverkehrsabgabesatzung 2011 frühestens mit Besitzübergang am 1. September 2011 eingetreten sein kann und eine Abgabenerhebung daher nur gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Fremdenverkehrsabgabesatzung 2011 in Betracht kam, hat der Kläger zu 1. dargelegt und durch Nachweise belegt, dass das fragliche Grundstück durch ihn im Jahre 2011 nicht für ein Beherbergungsgewerbe genutzt, sondern umfangreich umgebaut worden ist. Dem Kläger zu 1. wurde daher im Erhebungszeitraum durch den Fremdenverkehr in der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf kein Vorteil geboten, er gehörte daher gemäß § 2 Abs. 1 Fremdenverkehrsabgabesatzung 2011 nicht zum abgabepflichtigen Personenkreis.

25

b) Die Bescheide des Beklagten über die Erhebung von Kurabgaben vom 6. Februar 2012 (Nummer B/2011), 1. März 2012 (Nummer C/2011) und 21. Juni 2012 (Nummern D/2011 und E/2011) sind gleichfalls rechtswidrig.

26

aa) Zwar ist die Satzung der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf über die Erhebung einer Kurabgabe vom 31. März 2011 in der Fassung der ersten Änderungssatzung vom 24. August 2012 (Kurabgabensatzung 2011) nach jetziger Erkenntnis wirksam. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KAG M-V können Gemeinden und Gemeindeteile, die als Kur- oder Erholungsorte anerkannt sind, für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung, Erneuerung, Verwaltung und Unterhaltung der zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten öffentlichen Einrichtungen eine Kurabgabe erheben. Die Bestimmung des abgabenpflichtigen Personenkreises in § 2 Kurabgabensatzung 2011 hält sich im Rahmen der Satzungsermächtigung aus § 11 Abs. 2 KAG M-V. § 2 Abs. 3 Satz 1 Kurabgabensatzung 2011 rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass bei Zweitwohnungsinhabern angesichts der Kosten, die mit dem Erwerb und der Unterhaltung einer Zweitwohnung in einem Kur- und Erholungsort einhergehen, nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass ein Zweitwohnungsinhaber die Wohnung auch selbst nutzt und dadurch an den von der Gemeinde bereitgestellten Kureinrichtungen teilhat (OVG Greifswald, Urteil vom 15. November 2006 - 1 L 38/05 -, juris). Gegen die Erstreckung der Vermutung der überwiegenden Nutzung zu Erholungszwecken auf Ehegatten und im gleichen Haushalt lebende Personen ist nichts einzuwenden (VG Greifswald, Urteil vom 5. Mai 2010 - 3 A 1061/07 -, juris). Die Festsetzung der Abgabenhöhe in § 4 Kurabgabensatzung 2011 beruht auf einer fehlerfreien Kalkulation. Der kalkulierte Eigenanteil der Gemeinde („Gesamtergebnis -554.882 Euro“) übersteigt 10 v.H. der ungedeckten Kosten in Höhe von 5.360.700 Euro und ist genügend hoch, um den Vorteil der Kureinrichtungen für die Einwohner der Gemeinde abzugelten. Die kalkulierten Kosten betreffen auch öffentliche Einrichtungen, die zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellt werden (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KAG M-V). Dazu rechnen auch Bäder, Konzerte, Sporteinrichtungen, Seebrücken und Parkplätze (Holz, in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand August 2011, § 11, Anm. 2.2.4 m.w.N.). Aus Praktikabilitäts- und wirtschaftlichen Gründen ist es schließlich rechtlich unbedenklich, wenn nach der Satzung Zweitwohnungsinhaber unabhängig von der Aufenthaltsdauer für sich und ihre Familienangehörigen grundsätzlich die Kurabgabebeträge der Jahreskarte zu zahlen haben (OVG Greifswald, Urteil vom 15. November 2006 - 1 L 38/05 -, juris).

27

Allerdings geschah die Rechtsanwendung im Einzelfall in Ansehung der Bescheide des Beklagten für das Erhebungsjahr 2011 fehlerhaft. Die Vermutung der Eigennutzung einer Zweitwohnung zu Erholungszwecken besteht nur für solche Wohnungen, die tatsächlich geeignet sind, einem Erholungsaufenthalt des Inhabers zu diesen. Daran fehlt es bei Wohnungen, die wie hier im Erhebungszeitraum durch den herangezogenen Inhaber nicht zu Wohnzwecken genutzt werden können, weil sie – wie hier – umgebaut werden und vorübergehend nicht bewohnbar sind. Auf die Verhältnisse vor der Besitzerlangung durch die Kläger kommt es dagegen nicht an, diese können nur für die Voreigentümer Kurabgabepflichten begründen.

28

bb) Für das Erhebungsjahr 2012 schließlich fehlt es an der nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V erforderlichen Satzung. Rechtsgrundlage der Kurabgabenbescheide ist insoweit die Satzung der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf über die Erhebung einer Kurabgabe vom 31. Mai 2012 in der Fassung der ersten Änderungssatzung vom 24. August 2012 (Kurabgabensatzung 2012). Diese Satzung ist nichtig.

29

§ 1 Abs. 2 Satz 1 Kurabgabensatzung 2012 sieht zu Recht vor, dass bei der Kalkulation der Kurabgabe von den nach Abzug der vereinnahmten Gebühren und Entgelte für die Benutzung besonderer öffentlicher Einrichtungen und die Teilnahme an allgemein zugänglichen Veranstaltungen verbleibenden Aufwendungen der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf für die in Absatz 1 Satz 2 genannten Zwecke ein dem Nutzen für die Einwohner der Gemeinde entsprechender Anteil außer Ansatz bleibt. Diese Regelung wird dem Entgeltcharakter der Kurabgaben und dem Äquivalenzprinzip gerecht. Die Festlegung dieses Eigenanteils liegt im weiten Ermessen des Satzungsgebers und hat sich an den örtlichen Verhältnissen zu orientieren. Der Eigenanteil muss nicht in der Satzung festgeschrieben werden, sondern kann sich auch aus den Kalkulationsunterlagen ergeben (Holz, in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand August 2011, § 11, Anm. 2.7.3 m.w.N.).

30

Die Kalkulation für das Erhebungsjahr 2012 wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Für das Erhebungsjahr 2012 hat der Beklagte bei unter Berücksichtigung der Erlöse noch ungedeckten Kosten in Höhe von 5.477.300 Euro mit einem Eigenanteil von 368.731 Euro („Liquiditätszuschuss“ zuzüglich kalkulierter Verlust) kalkuliert. Selbst unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Fremdenverkehr im Ostseebad Heringsdorf von überragender Bedeutung ist und den wichtigsten Wirtschaftszweig darstellt, ist doch nicht zu verkennen, dass die in Ansatz gebrachten Einrichtungen auch von den Einwohnern der Gemeinde genutzt werden. Das Gericht hält deshalb einen Eigenanteil von weniger als 10 v.H. der berücksichtigungsfähigen ungedeckten Kosten für nur noch symbolisch, der nicht mehr dem Nutzen für die Einwohner entspricht. Für das Erhebungsjahr 2012 bleibt der kalkulierte Eigenanteil der Gemeinde dahinter zurück.

31

Die fehlerhafte Kalkulation führt zur Nichtigkeit der in § 4 Kurabgabensatzung 2012 festgesetzten Abgabenhöhe und, da der Mindestinhalt der Satzung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V betroffen ist, zur Gesamtnichtigkeit der Satzung und insoweit zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

32

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß §§ 124, 124a VwGO bestehen nicht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 7. Mai 2009 - 4 A 976/07 – geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Kostenschuld abwenden, falls der Beklagte nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um Abfallentsorgungsgebühren.

2

Der Kläger und seine zwischenzeitlich verstorbene Ehefrau waren Eigentümer eines Hausgrundstücks in A-Stadt. Sie waren dort seit November 1995 mit alleiniger Wohnung gemeldet. Der vormalige Landkreis Bad Doberan (jetzt Landkreis Rostock) betreibt in der Gemeinde die Abfallentsorgung als öffentliche Einrichtung.

3

Auf der Grundlage der im Amtlichen Mitteilungsblatt des Landkreises Bad Doberan vom 6. Dezember 2006 (Jahrgang 16 Nr. 12) veröffentlichten Gebührensatzung zur Abfallsatzung des Landkreises Bad Doberan - Abfallgebührensatzung - vom 20. November 2006 (nachfolgend AGS) zog der Landrat des damaligen Landkreises Bad Doberan (nachfolgend Beklagter) den Kläger und seine Ehefrau mit „Gebührenbescheid Abfallentsorgung Mindestleerungen für das Jahr 2007“ vom 3. April 2007 zu Gebühren in Höhe der sog. Jahresmindestgebühr von 82,75 Euro für einen 80 l-Restabfallbehälter und den Abrechnungszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2007 heran. In dem Bescheid war der Betrag von 82,75 Euro auch als „Vorauszahlung“ genannt. Als Fälligkeitstermine waren der 15.05.2007 in Höhe von 41,38 Euro und der 15.09.2007 in Höhe von 41,37 Euro festgesetzt.

4

Den Widerspruch des Klägers gegen den Gebührenbescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2007, dem Kläger zugestellt am 23. Juni 2007, zurück.

5

Am 24. Juli 2007, einem Dienstag, hat der Kläger Klage vor dem Verwaltungsgericht Schwerin gegen den Gebührenbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides erhoben.

6

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, mit voller Ignoranz der nicht nur für Ihren Zwei-Personen-Haushalt tatsächlichen Situation weitaus geringerer Restabfallmengen werde die Gebührenstruktur für bis zu 13 Behälterleerungen und der Zusatzgebühr für weitere Leistungen fortgesetzt als „Anreiz“ zur Müllvermeidung dargestellt. Restmüll aus ihrem Haushalt falle äußerst gering an. Nach ihren Erfahrungen erstrecke sich das Befüllen eines Restmüllbehälters aus ihrem Haushalt über mehrere Jahre. Für die Entsorgung von Sperrmüll hätten sie seit ihrem Wohnsitz im Landkreis keinen Antrag gestellt und wollten dies auch künftig nicht tun. Die Altpapierentsorgung realisierten sie über Entsorger ihrer Wahl. Metallschrott sei bisher nicht angefallen und werde – weil zunehmend begehrt – von unterschiedlichsten Sammlern kostenlos abgeholt. Elektroschrott aus ihrem Haushalt sei nicht zu entsorgen gewesen. Auch würden keine Schadstoffe verwendet, die es zu entsorgen gelte.

7

Der Kläger hat beantragt,

8

den „Gebührenbescheid Abfallentsorgung Mindestentleerungen für das Jahr 2007“ des Beklagten vom 3. April 2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2007 aufzuheben.

9

Der Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Zur Begründung hat der Beklagte im Wesentlichen ausgeführt, das Grundstück des Klägers sei an die öffentliche Einrichtung angeschlossen, ihm sei keine Befreiung erteilt worden. Bei bewohnten Grundstücken bestehe die tatsächliche Vermutung, dass auch entsorgungspflichtige Abfälle anfielen. Anders als eine Grundgebühr orientiere sich die Mindestgebühr am Maß der durchschnittlichen tatsächlichen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung. Mit der Gebühr für die 13 Mindestentleerungen jährlich würden die zur Deckung sämtlicher mit der Leistungserbringung Abfallentsorgung anfallenden Kosten abgegolten, also nicht nur diejenigen für die Restabfallentsorgung, sondern auch sämtlicher anderer Leistungen in diesem Bereich.

12

Eine mengenmäßige Erfassung der konkret anfallenden Abfallmengen würde neben praktischen Problemen zu zusätzlichen Kosten führen, die die Abfallgebühr in ungeahnte Höhen trieben.

13

Ein weiterer Gesichtspunkt sei auch, dass mit der getroffenen Regelung einer illegalen Abfallentsorgung vorgebeugt werden solle.

14

Durch den Verzicht der weiteren Differenzierung würden auch im Bereich der Verwaltung enorme Kostenersparnisse erzielt, was sich auf die Höhe der Gebühr positiv für alle Nutzer der Einrichtung ausgewirkt habe.

15

Mit dem angefochtenen Urteil vom 7. Mai 2009 – 4 A 976/07 – hat das Verwaltungsgericht dem Kläger gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 3 und 4 VwGO wegen der versäumten Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und den Gebührenbescheid „Abfallentsorgung Mindestentleerungen für das Jahr 2007“ des Beklagten vom 3. April 2007 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2007 aufgehoben.

16

In den Gründen seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht u. a. ausgeführt, der Kläger habe das erforderliche allgemeine Rechtschutzinteresse, obwohl der Gebührenbescheid vom 3. April 2007 gegenüber seiner Ehefrau als weiterer Gesamtschuldnerin bereits unanfechtbar geworden sei.

17

Die Klage sei auch begründet. Der angefochtene Gebührenbescheid des Beklagten sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Dem Verwaltungsakt fehle bereits die erforderliche Ermächtigungsgrundlage. Die Abfallgebührensatzung des Beklagten vom 20. November 2006 sei gesamtnichtig. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V müsse eine Abgabensatzung u. a. den Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabe angeben. Daran fehle es der Abfallgebührensatzung vom 20. November 2006 im Hinblick auf die dort sog. „Jahresmindestgebühr“. In § 5 Abs. 2 Satz 1 AGS gebe es zwar eine Regelung über die Entstehung der „Jahresmindestgebührenschuld“ zum Ablauf des Erhebungszeitraumes (Kalenderjahr). Eine Regelung zur Fälligkeit der erst dann entstehenden Jahresmindestgebühr werde in der Satzung jedoch nicht getroffen. Die Satzung regele nur die Fälligkeit der Vorauszahlungen auf diese Jahresmindestgebühr.

18

Selbst wenn nur eine Teilnichtigkeit der Abfallgebührensatzung in Betracht zu ziehen sein könnte, sei der Bescheid rechtswidrig, da die festgesetzte sog. Jahresmindestgebühr bis zum Ende des Vorverfahrens, dem bei einer Anfechtungsklage regelmäßigen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage, nach § 5 Abs. 2 Satz 1 AGS noch nicht einmal entstanden sei. In dem angefochtenen Bescheid heiße es ausdrücklich, dass der „Abrechnungszeitraum 01.01. – 31.12.2007“ erfasst werde. Mit keinem Wort erwähne der Bescheid, dass es sich nicht um den endgültigen Gebührenbescheid handele, sondern nur um einen Vorausleistungsbescheid, wie ihn die Abfallgebührensatzung in § 5 Abs. 3 erlaube.

19

Gegen das ausweislich des vorliegenden Empfangsbekenntnisses am 19. Mai 2009 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte mit am 12. Juni 2009 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz die Zulassung der Berufung beantragt. Nach der Zulassung der Berufung durch den Senat mit Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 L 91/09 -, dem Beklagten zugestellt am 29. Juli 2013, begründet der Beklagte die Berufung mit seinem am letzten Tag der zuvor verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 26. September 2013 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz umfangreich. Dabei führt der Beklagte u. a. aus, die Klage sei bereits als unzulässig, da verfristet, abzuweisen gewesen. Der Kläger habe die versäumte Klagefrist zu vertreten. Unter Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes habe das Verwaltungsgericht rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger ohne Verschulden daran gehindert gewesen sei, die Klagefrist einzuhalten, weil er sich auf eine eintägige Postlaufzeit habe verlassen dürfen. Deshalb könne die Wiedereinsetzungsentscheidung nicht die in § 60 Abs. 5 VwGO grundsätzlich angeordnete Bestandskraft beanspruchen.

20

Auch fehle dem Kläger im Hinblick darauf, dass er lediglich Gesamtschuldner einer einheitlichen, auch gegenüber seiner Ehefrau festgesetzten Gebührenschuld sei, das Rechtsschutzbedürfnis als allgemeine Sachurteilsvoraussetzung, weil die Gebührenschuld gegenüber der Ehefrau des Klägers bestandskräftig geworden sei. Die Klage könne für den Kläger im Ergebnis keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen.

21

Die Klage sei auch unbegründet. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass es sich bei dem „Gebührenbescheid Abfallentsorgung Mindestentleerungen für das Jahr 2007“ offensichtlich um einen Vorauszahlungsbescheid i. S. d. § 5 Abs. 3 Satz 1 AGS handele.

22

Die durch das Verwaltungsgericht unzutreffender Weise als fehlend monierte Fälligkeitsregelung für die Jahresmindestgebühr sei indes in der vorliegenden Konstellation einer sich in der Vorauszahlung erschöpfenden Gebührenpflicht von vornherein nicht einschlägig. Die Tilgung der Jahresmindestgebühr trete vorliegend mit der Entrichtung der Vorauszahlung ein, so dass eine weitere Fälligkeit der Jahresmindestgebühr nicht eintreten könne. Im Zeitpunkt der Entstehung der Jahresmindestgebührenschuld gemäß § 5 Abs. 2 AGS sei diese in Folge der Vorauszahlungen bereits getilgt, so dass sie nicht mehr fällig werden könne.

23

Der Vorauszahlungsbescheid sei auch im Übrigen rechtmäßig. Die dem Klagebegehren zugrunde liegende Auffassung, die auf Abfallvermeidung ausgerichtete Lebensweise des Klägers müsse einen – weitergehenden – gebührenrechtlichen Niederschlag finden und sei einer der Kalkulation der Mindestgebühr zugrunde liegenden typisierenden Betrachtungsweise nicht zugänglich, sei rechtsirrig. Auch und gerade vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Abgabengerechtigkeit sei dem Beklagten bei der Bemessung der Jahresmindestgebühr eine typisierende, am Wahrscheinlichkeitsmaßstab ausgerichtete und an Durchschnittswerten orientierte Betrachtungsweise gestattet.

24

Der Beklagte beantragt,

25

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

26

Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesende Kläger lässt sich im Berufungsverfahren nicht durch einen Bevollmächtigten vertreten. Er ist mit Verfügungsschreiben der Senatsvorsitzenden vom 28. August 2013 sowie bereits zuvor mit Zustellung der Berufungszulassungsbeschlüsse in den Verfahren 1 L 91/09 und 1 L 90/09

27

auf das Vertretungserfordernis des § 67 Abs. 4 i. V. m. Abs. 2 VwGO vor dem Oberverwaltungsgericht hingewiesen worden.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten der Verfahren 1 L 91/09 und 1 L 90/09, die beigezogenen Amtlichen Mitteilungsblätter des Landkreises Bad Doberan, Jahrgang 16, Nr. 11 und 12, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 21. Mai 2014 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung hat Erfolg.

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Die Berufung ist zulässig. Die Berufungsbegründung ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 26. September 2013 eingegangen; sie enthält einen bestimmten Antrag und die Gründe der Anfechtung des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 a Abs. 3 S. 3 bis 5, Abs. 6 VwGO).

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Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage des Klägers gegen den „Gebührenbescheid Abfallentsorgung Mindestentleerungen für das Jahr 2007“ des Beklagten vom 3. April 2007 und den Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2007 zu Unrecht stattgegeben und die Bescheide aufgehoben.

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Soweit die Berufung die Klage bereits für unzulässig erachtet, ist ihr allerdings nicht zu folgen. Wenn der Beklagte vorbringt, das Verwaltungsgericht habe unter Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger ohne Verschulden daran gehindert gewesen sei, die Klagefrist einzuhalten, weil er sich auf eine eintägige Postlaufzeit habe verlassen dürfen und deshalb könne die Wiedereinsetzungsentscheidung nicht die in § 60 Abs. 5 VwGO grundsätzlich angeordnete Bestandskraft beanspruchen, so kann dem nicht gefolgt werden. Mit dieser Rüge macht der Beklagte einen nicht der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangel geltend. Der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegen die dem Endurteil vorausgegangenen Entscheidungen nur dann, wenn sie nicht nach der Prozessordnung unanfechtbar oder mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind (§ 173 VwGO i.V.m. § 512 ZPO). Die Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist durch das Verwaltungsgericht ist gemäß § 60 Abs. 5 VwGO unanfechtbar. Die Wiedereinsetzungsentscheidung des Verwaltungsgerichts war auch weder willkürlich noch manipulativ, so dass auch nicht ausnahmsweise eine Durchbrechung der Bestandskraft der Vorabentscheidung in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.05.2008 - 2 B 77/07 -, zit. n. juris; OVG Bautzen, Beschl. v. 21.09.2010 - 5 A 398/08 -, zit. n. juris; BayVGH, Beschl. v. 17.04.2013 - 1 ZB 13.299 -, zit. n. juris).

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Der Klage des Klägers fehlt es entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht im Hinblick darauf, dass der Kläger lediglich Gesamtschuldner einer einheitlichen, auch gegenüber seiner Ehefrau festgesetzten Gebührenschuld ist, das Rechtsschutzbedürfnis als allgemeine Sachurteilsvoraussetzung, weil die Gebührenschuld gegenüber der Ehefrau bestandskräftig geworden ist. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden (§ 130 b S. 2 VwGO).

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Die Klage des Klägers ist jedoch unbegründet. Der angefochtene „Gebührenbescheid Abfallentsorgung Mindestentleerungen für das Jahr 2007“ des Beklagten vom 3. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

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Rechtsgrundlage für die mit dem angefochtenen Bescheid erhobenen Gebühren ist die im Amtlichen Mitteilungsblatt des Landkreises Bad Doberan vom 6. Dezember 2006 (Jahrgang 16 Nr. 12) veröffentlichte Gebührensatzung zur Abfallsatzung des Landkreises Bad Doberan - Abfallgebührensatzung - vom 20. November 2006 (AGS). Nach § 2 Abs. 3 AGS wird für die Restabfallentsorgung aus privaten Haushalten eine auf den Restabfallbehälter bezogene Jahresmindestgebühr, die bis zu 13 Abfallbehälterentleerungen enthält, erhoben. Die Jahresmindestgebühr beträgt für je einen Restabfallbehälter mit 80 l Volumen 82,75 Euro. Für das im Abrechnungszeitraum von zwei Personen bewohnte Grundstück des Klägers sieht § 10 Abs. 6 der im Amtlichen Mitteilungsblatt des Landkreises Bad Doberan vom 8. November 2006 (Jahrgang 16 Nr. 11) veröffentlichten Satzung über die Abfallentsorgung des Landkreises Bad Doberan - Abfallsatzung - vom 27. September 2006 (AS) ein Behältervorhaltevolumen von 10 l pro Person und Kalenderwoche vor, was gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 1 AS bei einer Entleerung im vierwöchigen Rhythmus eine Restabfallbehältergröße von 80 l erfordert. Gemäß § 4 Abs. 1 AGS beginnt die Pflicht zur Entrichtung der Gebühren bei Anschluss des Grundstückes an die durch den Landkreis betriebene öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung. Nach § 5 Abs. 1 AGS ist Erhebungszeitraum das Kalenderjahr und bei Entstehung der Gebührenpflicht während eines Kalenderjahres der Restteil des Jahres. Die Jahresmindestgebührenschuld gemäß § 2 Abs. 3 entsteht nach § 5 Abs. 2 AGS jeweils mit Ablauf des Erhebungszeitraums (Kalenderjahr). Nach § 5 Abs. 3 AGS ist auf die Jahresmindestgebührenschuld gemäß § 2 Abs. 3 eine Vorauszahlung in Höhe der Hälfte der Jahresmindestgebühr jeweils zu den Fälligkeitsterminen am 15.05. und 15.09. eines jeden Jahres zu entrichten, die mit Bescheid zum Ende des ersten Quartals des Jahres, für die sie erhoben werden soll, festgesetzt wird.

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Diese Regelungen in der Abfallgebührensatzung über die Entstehung und die Fälligkeit der streitigen Abfallgebühr begegnen nach Auffassung des Senats keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere fehlt es der Abfallgebührensatzung auch entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht an dem nach § 2 Abs. 1 S. 2 KAG M-V notwendigen Mindestinhalt über den Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabe. Nach dieser Vorschrift muss eine Satzung als (wirksame) Rechtsgrundlage u. a. den Zeitpunkt der Entstehung der Abgabe und deren Fälligkeit angeben. Diesem rechtlichen Mindesterfordernis an eine wirksame kommunale Abgabensatzung wird die streitige Abfallgebührensatzung gerecht. Dabei ist zunächst vorauszuschicken, dass § 2 Abs. 1 S. 2 KAG M-V keine Regelung über das Entstehen der konkreten Gebührenschuld fordert. Es ist vielmehr ausreichend, wenn die Satzung das abstrakte Gebührenschuldverhältnis, also das Entstehen der Gebührenpflicht regelt. So reicht es etwa bei Abfallentsorgungsgebühren aus, wenn die Satzung bestimmt, dass die Pflicht zur Entrichtung der Gebühren bei Anschluss des Grundstückes an die durch den Landkreis betriebene öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung beginnt (so auch Aussprung in Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand Juli 2013, § 2 Nr. 3.5). Die streitige Gebührensatzung enthält eine solche Regelung in ihrem § 4 Abs. 1. Insofern beinhaltet § 5 Abs. 2 S. 1 AGS lediglich den für die Wirksamkeit der Satzung nicht erforderlichen Hinweis auf das Entstehen der (konkreten) Jahresmindestgebührenschuld zum Ablauf des jeweiligen Erhebungszeitraums. Der Satzungsgeber ist dabei erkennbar dem Grundsatz gefolgt, dass es dem Wesen der Gebühr entspricht, erst nach der Erbringung der Leistung zu entstehen (vgl. Aussprung in Aussprung/Siemers /Holz/Seppelt, a. a. O., Nr. 3.5.2).

37

Dass die Satzung keine ausdrückliche Regelung über die Fälligkeit der nach § 5 Abs. 2 S. 1 AGS entstehenden Jahresmindestgebührenschuld enthält, ist indes mit Blick auf § 2 Abs. 1 S. 2 KAG M-V unschädlich und führt entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht zur Unwirksamkeit der Satzung. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus folgenden Erwägungen:

38

Nach § 2 Abs. 1 S. 2 KAG M-V gehört eine Regelung über die Fälligkeit der betreffenden Abgabe zum Mindestinhalt einer wirksamen kommunalen Abgabensatzung. Dieser Mindestinhalt einer Abgabensatzung kann auch nicht über § 12 Abs. 1 KAG M-V durch eine entsprechende Anwendung des § 220 Abs. 2 AO (AO 1977) vervollständigt werden, weil eine Regelungslücke - wegen der vorrangigen Regelung des § 2 Abs 1 S. 2 KAG M-V - gerade nicht besteht. Aus einer Regelung über das Entstehen der Abgabe ergibt sich also nicht in Anwendung von § 220 Abs. 2 AO auch deren Fälligkeit. Der Senat hält insoweit an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (vgl. Beschl. v. 06.09.2005 - 1 L 489/04 -, zit. n. juris). Allerdings gilt dies mit Blick auf den Sinn und Zweck der Vorschrift des § 2 Abs. 1 S. 2 KAG M-V nur insoweit, als eine Regelung über die Fälligkeit einer entstandenen Abgabe zum Zeitpunkt der Entstehung (noch) erforderlich ist. § 2 Abs. 1 S. 2 KAG M-V will erkennbar u. a. sicherstellen, dass der Abgabenschuldner aus der Satzung eindeutig erkennen kann, zu welchem Zeitpunkt eine ihn treffende Abgabenschuld fällig wird, d. h., zu welchem Zeitpunkt er verpflichtet ist, die ihm durch die Satzung auferlegte Abgabenschuld zu tilgen. Im Regelfall ist dazu eine Regelung erforderlich, die bestimmt, dass die Abgabe zeitgleich oder zu einem bestimmten Zeitpunkt nach Entstehen der Abgabenschuld fällig wird. Anders stellt sich die Situation jedoch in einem Fall dar, bei dem die konkrete Abgabenschuld für einen in der Satzung festgelegten Veranlagungszeitraum zwar erst mit Ablauf dieses Zeitraums entsteht, der Höhe nach, etwa in Form einer Mindestgebühr, aber bereits zu Beginn des Veranlagungszeitraums feststeht, und der Satzungsgeber in Ausübung seiner kommunalabgabenrechtlichen Befugnis – hier aus § 6 Abs. 6 KAG M-V – in der Satzung zwingend festgelegt hat, dass auf diese Abgabenschuld in ihrer vollen Höhe Vorauszahlungen zu bestimmten in der Satzung festgelegten Zeitpunkten während des Veranlagungszeitraums zu leisten sind. Hier bedarf es keiner (weitergehenden) Regelung, die bestimmt, dass die Abgabe zeitgleich oder zu einem bestimmten Zeitpunkt nach Entstehen der Abgabenschuld fällig wird. Der Abgabenschuldner hatte die Abgabenschuld der Sache nach bereits vorher im Wege der festgelegten Vorauszahlungen vollständig zu tilgen. Eine weitergehende Tilgungspflicht, über deren Zeitpunkt der Abgabenschuldner durch eine (weitergehende) Fälligkeitsregelung nach der Vorgabe des § 2 Abs. 1 S. 2 KAG M-V in Kenntnis zu setzen wäre, existiert in einem solchen Falle nicht.

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Für das so gefundene Ergebnis lassen sich darüber hinaus auch die folgenden Erwägungen fruchtbar machen:

40

Wenn der Gesetzgeber in Kenntnis und bei Beachtung des Grundsatzes, dass es dem Wesen der Gebühr entspricht, erst nach der Erbringung der Leistung zu entstehen, in § 6 Abs. 6 KAG M-V bestimmt, dass auf Gebühren vom Beginn des Erhebungszeitraumes an angemessene Vorauszahlungen verlangt werden können, so kann für den Fall, dass mit diesen Vorauszahlungen nach der jeweils einschlägigen Satzungsregelung die erst später entstehende Gebührenschuld der Sache nach bereits in voller Höhe zu tilgen ist, darin auch eine vom Gesetzgeber gewollte und angeordnete partielle Durchbrechung des Grundsatzes gesehen werden, wonach eine Gebühr erst nach ihrem Entstehen fällig werden kann und damit die Fälligkeitsregelung für die Vorauszahlungen auch als Fälligkeitsregelung in Bezug auf die später entstehende Beitragschuld verstanden werden. Der Sachverhalt stellt sich für den Gebührenschuldner nicht anders dar, als wenn der Satzungsgeber den Entstehungszeitpunkt der Jahresgebühr an den Beginn des Veranlagungsjahres legt (sog.“antizipierte“ Gebühr, vgl. zu deren Zulässigkeit die Rechtsprechungsübersicht bei Aussprung in Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, a. a. O., Nr. 3.5.2) und die Fälligkeit der Jahresgebühr auf mehreren Teilbeträge innerhalb des Veranlagungszeitraums verteilt.

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Zu Unrecht geht das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung auch davon aus, dass der Gebührenbescheid auch bei einer anzunehmenden Teilnichtigkeit der Gebührensatzung rechtswidrig wäre, weil die festgesetzte Jahresmindestgebühr bis zum Ende des Vorverfahrens gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 AGS noch nicht einmal entstanden war. Dabei ist dem Verwaltungsgericht zunächst insoweit zu folgen, als es davon ausgeht, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Bescheid nicht lediglich um den in § 5 Abs. 3 S. 1 AGS genannten Vorauszahlungsbescheid, sondern bereits um den endgültigen Gebührenbescheid handelt. Dies ergibt sich nach dem insoweit maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) bereits aus dessen eindeutiger Bezeichnung als „Gebührenbescheid Abfallentsorgung Mindestentleerungen für das Jahr 2007“ und folgt im Übrigen auch aus seinem Inhalt. Mit dem Bescheid ist ausdrücklich für den „Abrechnungszeitraum“ 01.01. – 31.12.2007 die „Jahresmindestgebühr“ durch „Neufestsetzung“ mit 82,75 Euro bestimmt worden. Gleichzeitig enthält der Bescheid die Angabe, dass eine „Vorauszahlung“ in Höhe von 82,75 Euro festgesetzt ist und nennt zwei Fälligkeiten am 15.05.2007 und 15.09.2007 in Höhe von 41,38 Euro bzw. 41,37 Euro. Damit hat der Bescheid die Jahresmindestgebühr wie auch die darauf zu zahlenden Vorausleistungen und deren Fälligkeit festgesetzt. Ein anderer, davon abweichender Inhalt kann dem Bescheid nicht zugeschrieben werden. Der Bescheid ist also Gebührenbescheid und Bescheid über die Vorauszahlungen in einem. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden; insbesondere ist der Bescheid als Gebührenbescheid nicht deshalb rechtswidrig, weil er eine nach der einschlägigen Satzungsregelung (§ 5 Abs. 2 S. 1 AGS) noch nicht entstandene Jahresgebührenschuld festsetzt. Für die Festsetzung einer Gebühr reicht es vielmehr aus, dass die Gebührenpflicht dem Grunde und der Höhe nach feststeht. Dies ist hier der Fall. § 4 Abs. 1 AGS begründet die Pflicht zur Entrichtung der Gebühr mit Anschluss des Grundstücks an die betriebene öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung. § 2 Abs. 3 AGS i. V. m. § 10 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 6 AS bestimmt die Höhe der Jahresmindestgebühr für das Grundstück mit 82,75 Euro.

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Zu dem vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren kritisierten Anschluss- und Benutzungszwang gemäß §§ 5 Abs. 1 und 2 i. V. m. 10 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 6 AS für einen 80 l-Restabfallbehälter hat bereits der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern in seinem Beschl. v. 02.10.2008 – 3 M 108/08 -, zit n. juris, folgendes ausgeführt:

43

„Es ist dem Satzungsgeber im Rahmen der genannten gesetzlichen Ermächtigung bei der Ausgestaltung der Müllabfuhr ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, dessen Schranken dem allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Grundrechten - insbesondere dem im allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG enthaltenen Willkürverbot - zu entnehmen sind. Die richterliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob der Satzungsgeber die Grenzen seines normativen Ermessens beachtet, also eine Entscheidung getroffen hat, die nicht schlechterdings unvertretbar und unverhältnismäßig ist; ob die mit der normativen Entscheidung gefundene Lösung die zweckmäßigste und vernünftigste ist, ist nicht zu prüfen. Innerhalb der so gezogenen Grenzen ihres Satzungsermessens kann die beseitigungspflichtige Körperschaft bei der Regelung des Anschlusses an die Müllabfuhr auch die Größe der zu verwendenden Abfallbehälter bestimmen. Das Einsammeln des Abfalls in größeren Behältern kann in den Grenzen des Satzungsermessens als zweckmäßige Lösung vorgesehen werden, da es einen Rationalisierungseffekt mit sich bringt und offensichtlich sowohl zur Beschleunigung der Arbeitsvorgänge als auch zur Einsparung von Gerät und Personal und damit zu einer Kostensenkung führt (vgl. auch VGH München, U. v. 11.05.1988 - 4 B 86.2556 - NVwZ 1989, 179, wonach es keinen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip darstellt, wenn auch für 1-Personen-Haushalte von einer Abfallbeseitigungssatzung eine 110-l-Mülltonne als kleinstes Abfallbehältnis vorgeschrieben wird). Ob es auch die vernünftigste aller denkbaren Lösungen ist, unterliegt nicht der gerichtlichen Überprüfung. Dieser eingeschränkten Überprüfungsbefugnis unterliegen auch etwaige in der Satzung manifestierte Zielvorstellungen (vgl. dazu VGH Mannheim, B. v. 19.02.1990 - 10 S 3608/88 - NVwZ-RR 1990, 461, der davon ausgeht, dass die Anschlußpflichtigen durch den Zwang zur satzungsgemäß vorgesehenen Benutzung von Normmülltonnen mit bis zu 240 Litern Füllraum (Müllgroßbehältern) nicht in verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen, insbesondere Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG, verletzt werden.). Vorliegend wird in erster Linie auf die Zahl der auf dem Grundstück gemeldeten Personen für die Größe der bereitzustellenden Abfallbehälter abgestellt. Diese gemischte Maßstabbildung - Personen-/Behältermaßstab - überlagert den zusätzlichen grundstücksbezogenen Ansatz und begegnet grundsätzlich keinen Bedenken (vgl. BVerwG, B. v. 19.12.2007 - 7 BN 6/07- zit. nach juris, zu Abfallgebühren). Das gilt auch für das zu Grunde gelegte Behältervorhaltevolumen von 10 l pro Person und Kalenderwoche (vgl. OVG Schleswig, U. v. 14.06.2006 - 2 KN 6/05 - AbfallR 2006, 242 (Leitsatz), zit. nach juris)“.

44

Diese Auffassung teilt der erkennende Senat. Die gewählte Regelung erscheint insbesondere auch mit Blick auf die vom Beklagten genannte Erwägung, dass mit der getroffenen Regelung einer illegalen Abfallentsorgung vorgebeugt werden soll, rechtsfehlerfrei. Wenn der Satzungsgeber in Kenntnis des Umstandes, dass Müllvermeidung durch umsichtige und verantwortungsbewusste Grundstückseigentümer wie den Kläger im Einzelfall bei diesen zu einem geringeren Abfallvolumen führt, als mit der Kalkulation 10 l pro Person und Kalenderwoche angenommen, gleichwohl diese Mindestmenge im Rahmen des Anschluss- und Benutzungszwangs festlegt, so ist dies nicht zu beanstanden. Es ist nämlich nicht zu bestreiten, dass die Festlegung einer zu geringen Restabfallmenge pro Person oder – noch weitergehender – eine auf jeden einzelnen Abfallüberlassungspflichtigen bezogene mengenmäßige Erfassung und Einzelfallabrechnung die Gefahr in sich birgt, dass Abfallüberlassungspflichtige ihre Abfälle in den Behältnissen Dritter oder, was noch weitaus schlimmer wäre, illegal entsorgen, um so ihre eigenen Abfallgebühren zu senken. Dieser Gefahr kann wirksam dadurch begegnet werden, dass Mindestmengen pro Person festgelegt werden, die sich an der Abfallmenge orientieren, die nach der Lebenserfahrung über einen längeren Zeitraum anfällt. Bei der so vorzunehmenden Einschätzung kann das Behältervorhaltevolumen im Zweifel großzügig bemessen werden, um der oben beschriebenen Gefahr wirksam begegnen zu können.

45

Soweit der Kläger schließlich im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht darauf hingewiesen hat, dass er die sonstigen in § 2 Abs. 6 AGS aufgeführten und in die Kalkulation der Jahresmindestgebühren eingestellten Sonderleistungen nicht in Anspruch nimmt, ist ihm entgegenzuhalten, dass der Landkreis als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nach § 4 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (AbfWG M-V) verpflichtet ist, Entsorgungseinrichtungen und Anlagen auch für solche Abfälle einzuführen und bereitzuhalten und den Kläger auch für solche Abfälle – soweit sie bei ihm anfallen – die Überlassungspflicht an den Entsorgungsträger gemäß § 5 Abs. 1 und 2 AS trifft (§ 6 Abs. 1 AbfWG M-V).

46

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. 708 Nr. 10, 711 ZPO.

48

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.