Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 26. Jan. 2016 - 15 A 333/14
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Umfang der Berufungen teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 88.122,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Dezember 2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu 60 %, die Beklagten tragen sie als Gesamtschuldner zu 40 %. Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin und die Beklagten - diese als Gesamtschuldner - jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagten ist das Urteil wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung entsprechend Sicherheit leisten.
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Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen wirtschaftlicher Verluste im Zusammenhang mit der Ausrichtung einer Mensa-Party an der S. -Universität C. am 8. Dezember 2007 auf Schadensersatz in Anspruch. Von Mai 2007 bis Februar 2008 war der Beklagte zu 1. Vorsitzender des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Klägerin. Der Beklagte zu 2. war während dieses Zeitraums dessen Finanzreferent sowie stellvertretender AStA-Vorsitzender.
2Ab Mitte 2007 plante der AStA eine Mensa-Party, die in Umfang und Zuschnitt über bisherige Veranstaltungen dieser Art an der S. -Universität C. deutlich hinausgehen sollte. Die Veranstaltung sollte im Dezember 2007 stattfinden. Es wurde eine Planungsgruppe gebildet, der u. a. auch Herr D. B. , der seinerzeitige Kulturreferent des AStA, sowie Herr B1. F. , der damals Mitarbeiter des AStA auf 400,-€-Basis war, angehörten.
3In der Vorstandssitzung am 19. September 2007, bei der ausweislich des Protokolls die Beklagten anwesend waren, genehmigte der AStA den Entwurf eines Nachtragshaushalts, welcher der Finanzierung der Mensa-Party dienen sollte.
4Die mit diesem Nachtragshaushalt verbundenen Änderungen stellte der Beklagte zu 1. dem Studierendenparlament im Rahmen einer 1. Lesung am 26. September 2007 vor. Auf die Nachfrage eines Mitglieds des Studierendenparlaments, warum der diesjährige AStA sich nicht an die Haushalts- und Wirtschaftsführungsverordnung der T. NRW (HWVO NRW) gehalten habe, antwortete der Beklagte zu 1. laut Protokoll, dass dies „ein Kann, aber kein Muss“ darstelle.
5In seiner Sitzung am 27. September 2007 verabschiedete das Studierendenparlament sodann den 1. Nachtragshaushalt für das Haushaltsjahr 2007/08. Dieser hob den Ausgabentitel „Sonstige Veranstaltungen“ von 40.000,- € auf 180.000,- € an. Die Gesamteinnahmen wurden im Haushalt nunmehr mit 1.595.610,99 € ausgewiesen. Als Mehreinnahmen gegenüber den bisherigen Ansätzen wurden jetzt u. a. Einnahmen des Kulturcafés unter dem Titel 10210 mit 20.000,- € (auf 230.000,- €) und Veranstaltungseinnahmen mit 119.000,- € veranschlagt. Im zugehörigen Sitzungsprotokoll heißt es, der Beklagte zu 1. habe zu den Planungen zur Mensa-Party erklärt, bisher lägen nur Verträge vor, die noch nicht abgeschlossen worden seien. Herr B1. F. habe ergänzt, eine genaue Kostenaufstellung könne in der nächsten Sitzung des Studierendenparlaments vorgelegt werden.
6Ebenfalls am 27. September 2007 unterzeichnete der Beklagte zu 1. Verträge mit mehreren Bands, die bei der Mensa-Party am 8. Dezember 2007 auftreten sollten. Engagiert wurden die Band S1. für eine Gage von 27.500,- €, die Sängerin K. E. für gleichfalls 27.500,- €, die Band D1. D2. für 22.000,- €, die Band H. C1. für 3.000,- € sowie die Band K1. für 50.000,- € (jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von 7 %). In dem Vertrag mit der Band D1. D2. heißt es, bereits am 22. Mai 2007 sei per E-Mail ein verbindlicher Vertrag geschlossen worden, der hiermit lediglich aus formellen Gründen schriftlich fixiert werde. In den Verträgen mit der Band S2. , der Sängerin K. E. und der Band K1. ist vermerkt, verbindliche Vereinbarungen seien schon am 1. September 2007, am 2. September 2007 bzw. am 6. September 2007 getroffen worden. Der Vertrag mit der Band K1. enthält zudem die Klausel, dass bis spätestens zum 27. September 2007 eine Vorauszahlung in Höhe von 53.500,- € zur Zahlung fällig sei.
7Am 4. Oktober 2007 unterschrieb der Beklagte zu 1. des Weiteren einen Vertrag mit der Band N. , der eine Gage von 1.000,- € (plus Mehrwertsteuer) verzeichnet. Hinzu kamen später Vertragsabschlüsse mit der Brauerei W. , einem Sicherheitsdienst (D3. Sicherheitsdienst: insgesamt 9.823,90 €) und einer Firma für Veranstaltungstechnik (Firma T1. : insgesamt 16.826,60 € Personalkosten + 18.397,40 € technische Betreuung + 1.451,80 € Zusatzkosten). Als Mensa-Miete waren 9.460,- € zu entrichten.
8Im Protokoll über die AStA-Vorstandssitzung vom 10. Oktober 2007, bei der nur die Beklagten und ein weiteres Vorstandsmitglied zugegen waren, ist unter TOP 1 niedergelegt: „Mensa-Party am 08.12.2007. Wir buchen die Bands „K1. “, „2Raumwohnung“, „D1. D2. “, „N. “, „K. E. “, „H. of C1. “, sowie 1-3 regionale Bands. Die Gagen belaufen sich auf ca. 130.000€ zzgl. Steuern und Hotelkosten. Bei „K1. “ fallen keine Hotelkosten an.“
9Bei der AStA-Sitzung am 17. Oktober 2007 beantragten Vertreter des RCDS eine Befassung mit dem Thema Mensa-Party. Dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.
10In einer E-Mail vom 18. Oktober 2007 teilte der Justitiar des Rektorats der S. -Universität C. dem Beklagten zu 1. unter Bezugnahme auf ein Gespräch vom 17. Oktober 2007 mit, dass „mit Verabschiedung des jeweiligen Haushalts die einzelnen Ansätze aus dem Haushaltsplan zur Verfügung stehen“ und dass eine „Bestätigung durch einen Vorstandsbeschluss des AStA … insoweit nicht erforderlich ist.“
11Mit E-Mail vom 22. Oktober 2007 wandte sich der seinerzeitige Vorsitzende des S3. C. , Herr T2. C2. , an den Justitiar. Er bat diesen um eine Stellungnahme zu einer AStA-Vorstandssitzung in der 41. Kalenderwoche, in der Verträge für die Mensa-Party in Höhe von über 100.000,- € genehmigt worden seien und zu der u. a. er, Herr C2. , nicht eingeladen worden sei. Der Beklagte zu 1. habe es abgelehnt, die Abstimmung im Vorstand zu wiederholen. Der S3. sei der Meinung, dass derart hohe Ausgaben nicht unter Ausschluss der Koalitionspartner genehmigt werden dürften. Der S3. erkläre die Beschlüsse der vorbezeichneten Vorstandssitzung für ungültig und bitte das Justitiariat, dies zu bestätigen.
12Im Rahmen der Sitzung des Studierendenparlaments am 24. Oktober 2007 teilte Herr B1. F. den Parlamentariern folgende Kostenaufstellung hinsichtlich der Mensa-Party aus:
13Einnahmen |
Ausgaben |
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Erlöse aus Kartenverkauf |
146.000,- € |
Künstler (Gagen pp.) |
137.000,- € |
Sponsoring |
15.000,- € |
Bühne, Technik |
25.000,- € |
Erlöse aus Getränkeverkauf pp. |
20.000,- € |
Security |
11.000,- € |
Werbung |
2.500,- € |
||
Summe |
181.000,- € |
175.000,- € |
Darüber fand im Studierendenparlament eine Aussprache statt, bei der sich neben Herrn B1. F. auch die Beklagten äußerten. Der Beklagte zu 1. erklärte dem Sitzungsprotokoll zufolge auf die Frage, ob es schon Genehmigungen von Seiten der Feuerwehr und des Ordnungsamts gebe, „diese lägen vor und sind auf der nächsten Sitzung einsehbar.“ Ferner beantwortete er die Frage, ob der Haushalt Mittel habe, mögliche Verluste zu kompensieren dahingehend, „dass dies der Fall sei, auch wenn die Einnahmen geringer ausfallen als geplant.“ Der Beklagte zu 2. erklärte, „es gebe Einnahmen über die bereits verkauften Karten“ und - hinsichtlich der Verträge - „dass darüber Stillschweigen bewahrt werden müsse.“
15Bei der anschließenden Abstimmung sprach sich das Studierendenparlament mehrheitlich gegen das aktuelle Konzept der Mensa-Party aus. Der Beklagte zu 1. beanstandete daraufhin die formelle und materielle Rechtmäßigkeit dieser Abstimmung. Er verwies dazu auf die „einschlägigen Normen der Landeshaushaltsordnung, des Hochschulgesetzes und die Auslegungen der Satzung der T. über das Vorgehen bei Planungen durch den AStA und die Befugnisse des Parlaments.“
16Am 8. November 2007 erteilte die Stadt C. dem AStA auf dessen Antrag vom 2. November 2007 eine Baugenehmigung für die Durchführung der Mensa-Party am 8. Dezember 2007. Der Baugenehmigung war die Auflage beigefügt, dass die Besucherzahl entsprechend der Stellungnahme des Brandschutzsachverständigen auf insgesamt 4.700 Personen zu begrenzen sei (Ebene 1 bis zu 2.400 Personen, Ebene 2 bis zu 2.300 Personen).
17Am 19. November 2007 gab der Rektor der S. -Universität C. zu der Beanstandung des Beschlusses des Studierendenparlamentes vom 24. Oktober 2007 durch den Beklagten zu 1. gegenüber dem Sprecher des Studierendenparlaments folgende Stellungnahme ab: Dem Studierendenparlament stehe lediglich ein Kontrollrecht hinsichtlich der Haushaltsführung des AStA zu. Mit der Verabschiedung und Feststellung des Haushalts durch das Studierendenparlament stünden die einzelnen Ansätze aus dem Haushaltsplan zur Verfügung. Dem habe der Beschluss vom 24. Oktober 2007 nicht entsprochen. Im Übrigen finde das Vorgehen des Studierendenparlaments vom 24. Oktober 2007 auch keine Stütze in der HWVO NRW. Aus diesem Grund sei der Beschluss des Studierendenparlaments vom 24. Oktober 2007 wirkungslos.
18Eine weitere, detailliertere Kostenaufstellung zur Mensa-Party legte der AStA dem Studierendenparlament in dessen Sitzung am 20. November 2007 vor. Diese Übersicht, die nunmehr u. a. auch die Aufwendungen für die einzelnen engagierten Bands aufschlüsselte, ging jetzt von Ausgaben für die Veranstaltung in der Gesamthöhe von 243.880,70 € sowie - unter Zugrundelegung einer Zahl von insgesamt 5.000 Besuchern (darunter 3.000 nicht studierende Externe) - von Gesamteinnahmen durch Eintrittsgelder, die Vermietung von Standflächen, den Verkauf von Getränken, Sponsoring und Garderobengeldern von 226.789,- € - also von einem Verlust von 17.091,70 € - aus.
19Eine nach der Mensa-Party, deren Besucherzuspruch deutlich hinter den Erwartungen zurückblieb, am 21. April 2008 erstellte Abrechnung wies Einnahmen in Höhe von insgesamt 21.176,95 € aus, von denen 16.917,- € auf den Kartenverkauf entfielen. Dem standen Gesamtausgaben in Höhe von insgesamt 257.771,09 € gegenüber, wodurch sich ein Fehlbetrag von 236.594,14 € errechnete.
20Unter dem 3. K1. 2008 legte das Staatliche Rechnungsprüfungsamt B. seinen im Auftrag des Landesrechnungshofs NRW erstellten Prüfbericht hinsichtlich der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Klägerin vor. Die Prüfung erstreckte sich im Wesentlichen auf die Haushaltssituation der Klägerin „im Zusammenhang mit der Durchführung einer defizitären Großveranstaltung im Monat Dezember des Jahres 2007“. Das Staatliche Rechnungsprüfungsamt B. gelangte zu dem Schluss, dass der Jahresabschluss zum 29. Februar 2008 Mindereinnahmen gegenüber dem Haushaltsansatz im Umfang von rund 199.917,- € ausweise (ausgewiesene Gesamteinnahmen 1.563.639,22 € -120.000,- € (Rücklagen) -48.000 € (periodenfremde Einnahmen) - Haushaltsansatz 1.595.610,99 €). Dem liege ein eklatanter Verstoß gegen grundlegende Prinzipien verantwortungsvoller Haushaltsplanung, wie sie in § 5 Abs. 3 HWVO NRW niedergelegt seien, zugrunde. Das von der Klägerin bei der Verabschiedung des 1. Nachtragshaushalts für das Haushaltsjahr 2007/08, dessen hochschulöffentliche Bekanntmachung im Übrigen nicht nachgewiesen sei, praktizierte Verfahren sei mit den einschlägigen Regelungen nicht annähernd vereinbar. Erst nahezu vier Wochen nach der Einbringung und dem Beschluss des Nachtragshaushalts habe der AStA eine erste grobe Kostenschätzung sowie nach weiteren fast vier Wochen eine detailliertere Kalkulation nachgereicht. So sei ein Haushalt verabschiedet worden, der nur scheinbar ausgeglichen gewesen sei, aber die tatsächliche Haushaltssituation der Klägerin nicht annähernd abgebildet habe. Für die Mensa-Party seien Haushaltsmittel in Höhe von 254.380,04 € verausgabt worden. Diesbezügliche Einnahmen hätten dem Haushalt aber lediglich im Umfang von 20.568,20 € zugeführt werden können. Damit habe die Veranstaltung zu einem Defizit von 233.811,84 € geführt. Selbst unterstellt, das Studierendenparlament sei mit Blick auf die detaillierte Kostenaufstellung vom 20. November 2007 bereit gewesen, den dort ausgewiesenen Fehlbetrag von knapp 17.092,- € zu tolerieren, verbleibe ein Schaden von ca. 216.720,- €. Ursächlich für dieses Defizit seien verschiedene Fehlkalkulationen. Während die Kalkulation vom 20. November 2007 von 4.000 Gästen (25 % Studierende und 75 % Externe) bei den Konzerten und weiteren 1.000 Gästen bei der After-Show-Party ausgegangen sei, habe die Leitung der Mensabetriebe die Auskunft erteilt, der AStA sei bereits im Rahmen der Verhandlungen über die Überlassung der Mensaflächen Ende Juni 2007 über eine maximal zulässige Besucherzahl von 1.972 auf der Ebene 2 (Bühnenebene) und von 2.400 auf der Ebene 1 (After-Show-Party) unterrichtet worden. In der Baugenehmigung vom 8. November 2007 habe die Stadt C. die maximal zulässige Personenzahl mit 2.300 auf der Ebene 2 und mit 2.400 auf der Ebene 1 angegeben. Dies habe der AStA bei seinen Planungen nicht berücksichtigt. Da die Eintrittspreise 28,- € für Studierende und 35,- € für externe Besucher betrugen, hätte der AStA in Anbetracht dessen selbst bei ausschließlicher Zugrundelegung des höheren Eintrittspreises mit maximalen Einnahmen von 80.500,- € für das Konzert rechnen dürfen, bei Berücksichtigung der kalkulierten Quoten für Studierende und Externe sogar lediglich mit 76.475,- €. Hinzu komme bei kalkulierten 1.000 weiteren Besuchern der After-Show-Party eine zusätzliche Einnahme über 5.000,- €. Dem Studierendenparlament sei demzufolge eine mindestens um 52.500,- € bzw. 56.545,- € zu günstige Kalkulation der Eintrittseinnahmen vorgelegt worden. Auch die Kalkulation der Ausgaben sei unzureichend gewesen. Für die gegenüber der Kalkulation um rund 26.760,- € höheren Ausgaben seien mehrere Umstände maßgebend gewesen. Dabei handele es sich im Wesentlichen um die unzutreffende Einschätzung der Mietaufwendungen für die Mensaflächen, die unzutreffende Einschätzung der Aufwendungen für das VIP-Catering sowie die Nichtberücksichtigung von Organisationskosten (wie Unterbringungskosten, Fahrtkosten, Materialaufwand). Die tatsächlichen Einnahmen aus dem Eintrittskartenverkauf für die Bühnenebene beliefen sich insgesamt auf 8.103,20 €. Über die genaue Anzahl der veräußerten Karten habe der AStA keine genauen Angaben machen können. Gehe man von einem Restbestand von 3.134 Eintrittskarten aus, ergebe sich bei insgesamt 5.000 gedruckten Karten eine Abgabemenge von 1.866 Karten und damit rechnerisch eine Einnahme von 39.648,- € aus Kartenverkauf, selbst wenn man 450 Freikarten zugrunde lege. Daraus sei zu folgern, dass ein Betrag in Höhe von mindestens ca. 31.544,- € nicht den Einnahmen zugeführt worden sei. Die gebuchten Einnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten für die After-Show-Party, aus dem Verkauf von Getränken und aus der Nutzung der Garderobe beliefen sich auf insgesamt 9.201,‑ €. Allerdings hätten auch hier unter Zugrundelegung der Angaben des AStA Einnahmen von mindestens 14.091,50 € vorhanden sein müssen, was hier einen Fehlbetrag von rund 4.890,- € ausmache. Nach den kalkulierten Verkaufsmengen und Verkaufspreisen hätten auf der Mensa-Party allein aus dem Getränkeverkauf rechnerisch Einnahmen von mindestens 17.038,- € erzielt werden müssen. Hinzu komme unter Berücksichtigung aller ausgegebenen Wertmarken ein Verkaufserlös in Höhe von weiteren 7.146,50 €, der im Rahmen der Getränkeausgabe hätte realisiert werden müssen. Nicht nachvollziehbar seien zudem die sonstigen Veranstaltungsausgaben. Es verstoße gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, dass dem teuersten Anbieter von Veranstaltungstechnik der Zuschlag erteilt worden sei. Auch der ausgewählte Sicherheitsdienst sei nicht der günstigste Anbieter gewesen. Die Titelüberschreitung über den Ausgabentitel 42150 des 1. Nachtragshaushalts von 180.000,- € betrage somit 77.950,36 €. Zumindest in dieser Höhe habe der AStA nicht die erforderliche parlamentarische Legitimation gehabt. Weiterhin lägen Verstöße gegen §§ 9 Abs. 2 Satz 2, 14 HWVO NRW vor. Im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Verträge habe es dafür noch keine haushaltsrechtliche Grundlage gegeben. Da es sich um eine Angelegenheit von erheblicher finanzieller Bedeutung gehandelt habe, die nicht bereits im Haushaltsplan vorgesehen gewesen sei, habe es überdies der Zustimmung des Studierendenparlaments bedurft.
21Mit Schreiben vom 20. August 2009 forderte die Klägerin die Beklagten zu 1. und 2. gesamtschuldnerisch zur Zahlung von Schadenersatz gemäß § 57 Abs. 5 HG NRW in Höhe von 222.181,58 € auf. Zur Begründung führte die Klägerin aus, die Beklagten hätten in ihrer Eigenschaft als Vorsitzender bzw. Finanzreferent des AStA im Jahr 2007 dessen Vermögensinteressen wahrzunehmen gehabt. Sie seien in ihren Funktionen für die Planung und Durchführung der Mensa-Party am 8. Dezember 2007 verantwortlich gewesen. Sie hätten jedoch grob fahrlässig gegen die ihnen obliegenden Pflichten verstoßen. Weder sei die Veranstaltung durch entsprechende Beschlüsse des Studierendenparlaments genehmigt worden noch seien bei der Durchführung die Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung beachtet worden. Insbesondere sei erheblich gegen Vorschriften der HWVO NRW verstoßen worden. Eine ausreichende finanzielle Planung habe es nicht gegeben. Aufträge seien ohne die erforderlichen Ausschreibungen vergeben worden. Eine ordnungsgemäße Kassenführung sei nicht sichergestellt gewesen. Die geltend gemachte Schadenshöhe decke sich mit den Ermittlungen des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts B. .
22Am 27. August 2009 erließ das Amtsgericht C. gegen den Beklagten zu 1. einen Strafbefehl - 27 Cs 25 Js 466/08 - 144/09 -. Es verurteilte ihn wegen Untreue und sprach deswegen eine Verwarnung aus. Die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 10,- € blieb vorbehalten. Der Strafbefehl wurde rechtskräftig. Das Ermittlungsverfahren - 35 Js 102/09 -, das die Staatsanwaltschaft C. wegen Untreue gegen den Beklagten zu 2. führte, stellte sie am 11. März 2010 gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein.
23Bereits mit Schreiben vom 2. September 2009 hatte der Beklagte zu 2. der Klägerin mitgeteilt, er weise den geltend gemachten Anspruch dem Grunde und der Höhe nach zurück.
24Die Klägerin hat am 23. Dezember 2009 Klage erhoben.
25Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Beklagten seien als damaliger Vorsitzender bzw. Finanzreferent des AStA maßgeblich verantwortlich für die Planung und Durchführung der im Namen und auf Rechnung der Klägerin am 8. Dezember 2007 durchgeführten Mensa-Party gewesen. Der Beklagte zu 1. habe die für die Durchführung der Veranstaltung wesentlichen Verträge geschlossen. Die Verantwortlichkeit anderer Personen hätten die Beklagten, die jeweils bei den maßgeblichen AStA-Sitzungen und AStA-Vorstandssitzungen anwesend gewesen seien, jedenfalls nicht dokumentiert. Sie hätten diese Personen auch gerade bei einem Projekt dieser Größe überwachen müssen. Aufgrund dieser Veranstaltung sei der Klägerin ein Verlust von 218.245,30 € entstanden. Die Beklagten hafteten für diesen Verlust, weil sie nicht befugt gewesen seien, Ausgaben in einem solchen Umfang zu tätigen. Sie hätten bei der Planung und Durchführung der Mensa-Party zumindest grob fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten aus §§ 2 Abs. 1, 5 Abs. 3, 7 Abs. 2, 9 Abs. 1, Abs. 2, 18 Abs. 2 HWVO NRW verletzt. Sie seien deshalb gemäß § 57 Abs. 5 HG NRW zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet. Die Mensa-Party sei, weil die zur Beschlussfassung berufenen Gremien nur unzureichend informiert worden seien, ohne die erforderliche haushaltsrechtliche Grundlage und zudem unter Verstoß gegen § 14 HWVO NRW durchgeführt worden. Der Titel 42150 des 1. Nachtragshaushalts vom 27. September 2007 habe zwar der Finanzierung der Mensa-Party gedient. Es sei allerdings mit Blick auf die eingegangenen Verpflichtungen von vornherein absehbar gewesen, dass weitere erhebliche Kosten entstehen würden. Auch habe der Haushaltsausschuss keine Empfehlung für diesen Haushalt abgegeben. Ohnehin habe das Studierendenparlament die Durchführung dieser Veranstaltung ausdrücklich abgelehnt. Wie im Prüfbericht des Staatlichen Rechnungsprüfungsamtes B. vom 3. K1. 2008 im Einzelnen dargelegt, hätten die Beklagten insbesondere auch kein tragfähiges, sorgfältig abgeschätztes Finanzierungskonzept erstellt. Die Ausgaben seien ihnen gleichgültig gewesen. Sie hätten darauf vertraut, dass die Klägerin über die notwendigen Mittel verfüge und die Kosten durch Einnahmen refinanziert würden. Eine Veranstaltung in der von den Beklagten beabsichtigten Größenordnung sei jedoch noch nie durchgeführt worden und im Haushalt der Klägerin auch nicht vorgesehen. In den letzten Jahren vor der Amtszeit der Beklagten hätten die größten Veranstaltungen ein finanzielles Volumen von höchstens 20.000,- € gehabt. Obwohl der Beklagte zu 1. bereits im September 2007 von mehreren in die Organisation der Mensa-Party einbezogenen Personen gewarnt worden sei, dass die Party mit den geplanten Mitteln nicht finanzierbar sei und auch nicht durch mögliche Einnahmen refinanziert werden könne, habe er zur Finanzierung am 27. September 2007 den 1. Nachtragshaushalts in das Studierendenparlament eingebracht. Sachliche Gründe für die Annahme, dass die vorgestellten Einnahmen erzielt werden könnten, habe es nicht gegeben. Die Erhöhungen der Einnahmen- und Ausgabentitel seien ausschließlich erfolgt, um trotz der geplanten erheblichen Mehrausgaben einen entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung ausgeglichenen Haushalt vorzulegen und damit eine aufsehenerregende Veranstaltung zu ermöglichen. Die tatsächliche Haushaltssituation sei in dem Nachtragshaushalt nicht annähernd abgebildet gewesen. Auch sei dieser weder hochschulöffentlich bekannt gegeben noch dem Rektorat mitgeteilt worden. Ebenfalls am 27. September 2007 habe der Beklagte zu 1. verschiedene Bandverträge im Gesamtvolumen von 139.100,- € abgeschlossen. Offensichtliche Kosten wie die für Verpflegung und Unterkunft von Künstlern und Helfern, Getränke und Mietkosten seien nicht berücksichtigt worden. Auf der Einnahmenseite sei für die Beklagten erkennbar gewesen, dass ihre Schätzungen nicht würden realisiert werden können. Selbst wenn ausschließlich Konzertkarten zum höheren Preis von 35,- € abgegeben worden wären, wäre bei maximal 1.972 zulässigen Besuchen der Bühnenebene und ausverkauftem Konzert höchstens eine Einnahme von nur 69.020,- € möglich gewesen. Bei sorgfältiger Planung hätte lediglich mit maximalen Einnahmen von 60.000,- € kalkuliert werden dürfen. Darüber hinaus hätten die Beklagten die Aufträge für die Veranstaltungstechnik und den Ordnungsdienst rechtswidrig freihändig vergeben. Dabei sei weder die Vergabeentscheidung dokumentiert noch stets das günstigste Angebot angenommen worden. Die Beklagten hätten weiterhin 5.000 Eintrittskarten und 150.000 durchnummerierte Wertmarken drucken lassen. Eine Dokumentation der Verkäufe sei jedoch nicht erfolgt. Eine Überwachung der Umsetzung des Ausschanks habe nicht stattgefunden. Dies habe dazu geführt, dass der Klägerin Einnahmen vorenthalten worden seien, wie das Staatliche Rechnungsprüfungsamt B. in seinem Bericht vom 3. K1. 2008 im Einzelnen ausgeführt habe. Dass sich das Rektorat der Universität auf die Beanstandung des Beklagten zu 1. mit der Rechtmäßigkeit des Haushalts oder der Handlungen der Beklagten auseinander gesetzt habe, sei unzutreffend. Tatsächlich habe das Rektorat der Beanstandung des Beklagten zu 1. aus rein formellen Gründen entsprochen. Alles in allem seien durch die Mensa-Party Einnahmen von 21.176,95 € zuzüglich weiterer Einnahmen über 18.348,94 € erzielt worden. Da dem Ausgaben von 257.771,09 € gegenüberstünden, liege der klageweise geltend gemachte Gesamtverlust bei 218.245,30 €.
26Die Klägerin hat beantragt,
27die Beklagten zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Höhe von 218.245,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2009 zu zahlen.
28Der Beklagte zu 1. hat beantragt,
29die Klage abzuweisen
30Er hat vorgetragen, er habe weder Angebote zu Bands eingeholt, noch habe er mit den Beteiligten der Party Absprachen getroffen. Erst nach dem Vertragsabschluss mit den Bands habe er Kenntnis davon erhalten, dass für die Mensa noch ein Mietpreis auszuhandeln gewesen sei. Er habe nie von anderen Personen, die im September 2007 an der Partyplanung beteiligt gewesen seien, Warnungen erhalten, dass die Party nicht finanzierbar sei. Der 1. Nachtragshaushalt sei über die Internetseite und durch öffentlichen Aushang auf dem AStA-Flur hochschulöffentlich bekannt gemacht worden. Die Finanzplanung habe darauf basiert, dass das Kulturcafé zum Zeitpunkt der Veranschlagung des Nachtragshaushalts im Vergleich zum Vorjahr und zur ursprünglichen Planung im Mai 2007 gute Umsätze erzielt habe, so dass sie die Kalkulation des Haushaltstitels 10210 berechtigt auf 230.000,- € erhöht hätten. Bei zusätzlichen Einnahmen in Höhe von 119.000,- €, die im Haushalt für den Eintritt zur Mensa-Party (inklusive der After-Show-Party) kalkuliert worden seien, wären bei einem durchschnittlichen Eintrittspreis von 32,- € etwa 3.700 Personen in die Mensa gekommen. Aufgrund der von der Planungsgruppe erwarteten Fluktuation habe man noch mit 500 bis 1.000 Personen bei der After-Show-Party gerechnet. Diese Zahlen stünden somit im Einklang mit dem, was die Planungsgruppe gegenüber den Bands bzw. den Vermarktungsfirmen geäußert habe. Ihm sei von den Planern glaubhaft versichert worden, dass das angepeilte Ziel von rund 3.500 Zuschauern realistisch und auch von der einzuholenden Baugenehmigung gedeckt sei. Dafür, dass diese zu spät eingeholt worden sei, sei er nicht verantwortlich. Niemand habe davon ausgehen können, dass die Party keinen Zuspruch finde. Er habe zu keinem Zeitpunkt eigenmächtig gehandelt oder etwas verschleiert. Das Studierendenparlament habe die Mensa-Party mit Beschluss vom 24. Oktober 2007 abgelehnt. Er habe diesen Beschluss erfolgreich beim Rektorat der Universität wegen eines Formfehlers beanstandet. Dieses habe damit die gesamte Angelegenheit im Rahmen seiner Rechtsaufsicht geprüft. Dabei hätten dem Rektorat die Kalkulation, der Nachtragshaushalt und die Verträge mit den Bands zur Verfügung gestanden. Er habe seine Beanstandung gegenüber dem Rektorat damit begründet, dass das Studierendenparlament mit seinem Beschluss zu stark in die Haushaltsautonomie des AStA eingegriffen habe. Die Rechtsaufsicht habe u. a. in einer E-Mail vom 18. Oktober 2007 bestätigt, dass der AStA frei über die im Haushalt bereitgestellten Mittel auch in Bezug auf die Mensa-Party verfügen dürfe. Immerhin hätten Haushaltstitel zur Verfügung gestanden, die hätten verwendet werden dürfen. Der 1. Nachtragshaushalt habe eine Summe von 180.000,- € vorgesehen, um die Kosten der Party für Bands und Veranstaltungstechnik abzudecken. Er sei davon ausgegangen, dass für die Mensa keine Miete oder Pacht gezahlt werden müsse. Andere Aufwendungen (Leistungen für Versicherungen, Catering, Bewirtschaftung der Theken) hätten über andere Haushaltstitel abgewickelt werden sollen. Die Ausschreibungen seien von den Verantwortlichen der Planungsgruppe durchgeführt worden. Er habe selbst keine Eintrittskarten verkauft und insoweit auch keine Unterlagen vernichtet. Dass der Klägerin mindestens 31.544,- € vorenthalten worden seien, entbehre jeder Grundlage. Er habe den Strafbefehl des Amtsgerichts C. nur akzeptiert, um eine weitere öffentliche Zurschaustellung seiner Person zu verhindern.
31Der Beklagte zu 2. hat ebenfalls beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Er hat vorgetragen, der klägerseits geltend gemachte Zahlungsanspruch sei nicht gerechtfertigt. Er werde dem Grund und der Höhe nach bestritten. Er sei am Projekt Mensa-Party allenfalls mittelbar und formell aufgrund seines Amtes als Finanzreferent beteiligt gewesen. Die gesamte Planung und Organisation der Veranstaltung, der Abschluss von Verträgen und insbesondere auch das Eingehen von Zahlungsverpflichtungen sei von Dritten in eigener Verantwortung ausgeführt worden. Es sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen, dass die geplante Veranstaltung mit nicht unerheblichen finanziellen Verlusten „floppen“ würde. Dies habe er weder gewollt noch auch nur ansatzweise gebilligt. Das von der Staatsanwaltschaft C. gegen ihn wegen des Vorwurfs der Untreue geführte Ermittlungsverfahren sei deswegen gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Den Nachtragshaushalt habe er umgehend nach seiner Verabschiedung dem Justitiar vorgelegt. Die hochschulöffentliche Bekanntmachung sei durch den Aushang im Flur der Räumlichkeiten des AStA erfolgt. Auch habe das Rektorat den Nachtragshaushalt geprüft. Dokumentationspflichten für den Kartenverkauf hätten ihn nicht getroffen. Neben seiner Funktion als AStA-Finanzreferent bzw. stellvertretender AStA-Vorsitzender sei er seinem Studium nachgegangen und habe Lehrveranstaltungen besucht. Er habe die Aufgabe gehabt, AStA-Vorstandssitzungen und AStA-Sitzungen bei Abwesenheit des Vorsitzenden zu leiten, Kassenanordnungen zu unterschreiben, Kopien zu beglaubigen sowie den Haushaltsplan aufzustellen und in das Studierendenparlament einzubringen. Er sei allerdings nicht für das Buchhalterische zuständig gewesen. Sämtliche Unterlagen, die ihm hinsichtlich der Party vorgelegen hätten, habe er dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt B. übergeben.
34Unter dem 12. Januar 2012 hat der Rektor der S. -Universität C. dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass der Nachtragshaushalt 2007 der T. nicht vorgelegt worden sei. Verwaltungsvorgänge seien daher bei ihm nicht entstanden und könnten demgemäß nicht zur Verfügung gestellt werden. Ferner hat der Rektor unter den 8. März 2012 mitgeteilt dass ihm kein Gespräch u. a. mit dem Beklagten zu 2. erinnerlich sei, in dem es um die Frage gegangen sei, ob man den Haushaltstitel „Sonstige Veranstaltungen“ um 180.000,- € erhöhen dürfe. Um seine Stellungnahme vom 19. November 2007 zu fertigen, sei die Kenntnis des vollständigen Nachtragshaushalts nicht erforderlich gewesen. Dazu habe die Kenntnis ausgereicht, dass im Haushaltsplan eine entsprechende Position enthalten gewesen sei.
35Mit Urteil vom 11. Dezember 2013 hat das Verwaltungsgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 176.245,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Dezember 2009 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz ergebe sich aus § 57 Abs. 5 HG NRW. Der vom AStA mit Blick auf die Planung und Durchführung der Mensa-Party 2007 aufgestellte Nachtragshaushalt sei rechtswidrig, weil er in jeglicher Hinsicht einer sorgfältigen Kalkulation widerspreche und somit gegen haushaltsrechtliche Grundsätze insbesondere der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoße. Diese Verstöße beruhten auf spezifischen Pflichtverletzungen der Beklagten in ihren Eigenschaften als AStA-Vorsitzender bzw. Finanzreferent. Das Handeln der Beklagten sei grob fahrlässig gewesen. Auch im Rahmen des 1. Nachtragshaushalts und dessen Haushaltstitel 42150 seien die Beklagten zu einer wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung der Mittel verpflichtet gewesen. Allerdings sei von der eingeklagten Forderung ein Teilbetrag von 42.000,- € abzuziehen, bei dessen Geltendmachung die Klägerin gegen Treu und Glauben verstoße. Das Studierendenparlament sei bei der Feststellung des Nachtragshaushalts davon ausgegangen, dass ein Teil der Ausgaben aus dem Titel 42150 nicht durch Einnahmen aus Kartenverkauf gedeckt sein würde und somit durch die anderen höher angesetzten Einnahmetitel ausgeglichen werden müsse. Dies müsse die Klägerin sich entgegenhalten lassen.
36Mit Beschluss vom 4. Mai 2015 hat der Senat die Berufungen der Beklagten zugelassen.
37Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beklagte zu 1. unter Verweis auf sein Zulassungsvorbringen vor, eine gesamtschuldnerische Haftung scheide von vornherein mangels spezieller Normierung aus. Das Verwaltungsgericht habe daher die einzelnen Verursachungsbeiträge und -anteile der Beklagten ermitteln müssen. Abgesehen davon habe die Klägerin nicht lediglich die Beklagten in Anspruch nehmen dürfen. Beide Beklagte seien nicht federführend bei der Organisation der verlustbringenden Fete gewesen. Auch die Annahme einer groben Fahrlässigkeit sei fehlerhaft. Er sei im fraglichen Zeitpunkt Student und als solcher geschäftlich unerfahren gewesen. Er habe erst im Mai 2007 den AStA-Vorsitz übernommen. Da er intern nicht federführend für die Organisation der Fete zuständig gewesen sei, habe er den Aussagen der damit befassten AStA-Kollegen vertrauen müssen und können. Noch im November 2007 sei er etwa davon ausgegangen, dass das Mensagebäude kostenlos zur Verfügung gestellt würde. Daher habe er mit einer „schwarzen Null“ oder sogar mit einem Gewinn durch die Mensa-Party rechnen dürfen. Der eingetretene finanzielle Verlust sei nicht eindeutig vorhersehbar gewesen. Dafür sei der Sachverhalt in Anbetracht seiner Vorbildung zu komplex gewesen. Dass die maximale Teilnehmerzahl zu einem späteren Zeitpunkt bauaufsichtlich begrenzt worden sei, habe er nicht zu verantworten. Aufgrund der Auskunft des Rektorats habe er annehmen dürfen, dass das Vorgehen des AStA im Zusammenhang mit der Organisation der Mensa-Party nicht zu beanstanden sei.
38Der Beklagte zu 1. beantragt,
39das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
40Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beklagte zu 2. unter Bezugnahme auf sein Zulassungsvorbringen vor, das Verwaltungsgericht habe den Begriff der groben Fahrlässigkeit in seiner subjektiven Ausprägung verkannt. Er habe mit der Planung und Organisation der Veranstaltung im Einzelnen nichts zu tun gehabt, weil Dritte hierfür in eigener Verantwortung zuständig gewesen seien. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass die Planungsgruppe, die aus „Fachleuten“ gebildet worden sei, die Dinge im Griff habe und ordnungsgemäß erledige. Spezifische Kenntnisse der Wirtschafts- und Haushaltsführung habe er nicht gehabt. Diese könnten ihm nicht schlicht unterstellt werden. Er sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Mensa-Party in ihrer konkreten Ausgestaltung zu verhindern. Dies sei ihm wohl auch kaum möglich gewesen. Vor diesem Hintergrund sei es als treuwidrig zu qualifizieren, überhaupt einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Letztlich sei auch kein Schaden entstanden. Eventuelle Verluste, die als solche auch vom Parlament gebilligt worden seien, hätten abgedeckt werden können.
41Der Beklagte zu 2. beantragt gleichfalls,
42das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
43Die Klägerin beantragt,
44die Berufungen zurückzuweisen.
45Sie trägt vor, die Beklagten seien als AStA-Vorsitzender und als Finanzreferent mit herausragenden Funktionen und entsprechenden haushaltsrechtlichen Pflichten ausgestattet gewesen. Bei der Organisation und Durchführung der Mensa-Party sei es zu einer Vielzahl von Verstößen gegen die einschlägigen Vorschriften gekommen. Dabei hätten die Beklagten in ihrem Verantwortungsbereich grob fahrlässig gehandelt. Sie hätten sich der ihnen obliegenden Kontrollfunktionen völlig begeben und unkritisch auf Aussagen Dritter verlassen. Dies hätten sie - auch als Studenten - als Amtsträger der T. erkennen können. Dasselbe gelte für die Möglichkeit eines erheblichen Schadens. Die Inanspruchnahme gerade der Beklagten sei nicht willkürlich. Die Klärung und genaue Zuordnung der Verantwortlichkeiten und Handlungen anderer Personen habe sich äußerst schwierig gestaltet. Treuwidrig sei die Schadensersatzforderung nicht. Dem Studierendenparlament sei der Umfang der Veranstaltung nicht bekannt gewesen. Es habe gerade nicht Mittel in der tatsächlich ausgegebenen Höhe zur Verfügung gestellt. Hinsichtlich der gesamtschuldnerischen Haftung sei darauf hinzuweisen, dass jeder der beiden Beklagten aufgrund seines Amtes den Schadenseintritt hätte verhindern können und müssen.
46Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der von der Klägerin und dem Rektor der S. -Universität C. vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Bezug genommen wird außerdem auf eine Kopie der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft C. zum Verfahren - 35 Js 466/08 -.
47E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
48Die Berufungen der Beklagten sind zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen sind sie unbegründet.
49Der Klägerin steht gegen die Beklagten zu 1. und 2. ein Anspruch auf Schadenersatz wegen der wirtschaftlichen Verluste im Zusammenhang mit der Ausrichtung der Mensa-Party am 8. Dezember 2007 aus § 57 Abs. 5 HG NRW zu (dazu 1. und 2.). Dieser Anspruch ist im Umfang der Berufung allerdings entsprechend § 254 Abs. 1 BGB bzw. § 242 BGB nach Treu und Glauben um die Hälfte auf die Schadensumme von 88.122,65 € zu kürzen (dazu 3.). Insoweit haften die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner (dazu 4.). Der Zinsanspruch der Klägerin ab Rechtshängigkeit folgt aus § 291 BGB analog (dazu 5.).
501. Der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 57 Abs. 5 HG NRW, der seit Inkrafttreten des nordrhein-westfälischen Hochschulgesetzes vom 31. Oktober 2006 (GV. NRW. S. 474) - wie alle übrigen Bestimmungen des HG NRW, soweit sie hier interessieren - unverändert gilt.
51Verletzt jemand als Mitglied eines Organs der T. oder einer Fachschaft vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihm obliegenden Pflichten, so hat er nach dieser Vorschrift der T. den ihr daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
52a) Diese Voraussetzungen sind im Fall des Beklagten zu 1. erfüllt.
53aa) Im Zeitraum der Organisation und Ausrichtung der Mensa-Party im Dezember 2007 war der Beklagte zu 1. als AStA-Vorsitzender Mitglied eines Organs der T. . Nach § 53 Abs. 5 Satz 1 HG NRW sowie § 4 Abs. 1 Nr. 2 der die hochschulgesetzlichen Bestimmungen konkretisierenden Satzung für die T. der S. -Universität C. vom 10. Oktober 2004 (im Folgenden: Satzung) zählt der AStA neben dem Studierendenparlament zu diesen Organen. Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 HG NRW, § 17 Satz 1 der Satzung vertritt der AStA die T. . Mitglied des AStA ist gemäß § 18 Abs. 1 der Satzung auch dessen Vorsitzender, der gemeinsam mit den Stellvertretern den AStA-Vorstand bildet (vgl. § 18 Abs. 2 der Satzung).
54bb) Als AStA-Vorsitzender hat der Beklagte zu 1. bei der Organisation und Ausrichtung der Mensa-Party am 8. Dezember 2007 die ihm in Bezug auf die T. obliegenden Pflichten zu einer ordnungsgemäßen Haushalts- und Wirtschaftsführung nach § 2 ff. HWVO NRW verletzt.
55Vgl. zum Bezugspunkt der Organhaftung aus § 57 Abs. 5 HG NRW: Bender/Lindenberg-Wendler, in: Leuze/Bender, WissHG NW, Loseblatt, Stand Dezember 1998, § 79 HG a. F. Rn. 15; zum verfassungsrechtlichen Erfordernis dieser Anspruchsgrundlage siehe BVerwG, Urteil vom 3. April 1996 - 6 C 5.94 -, BVerwGE 101, 51 = NJW 1996, 2669 = juris Rn. 20 ff.
56Die Haushalts- und Wirtschaftsführung der T. bestimmt sich gemäß § 57 Abs. 2 Satz 1 HG NRW nach § 105 Abs. 1 LHO NRW, soweit dieses Gesetz nichts anderes vorsieht, und unterliegt der Prüfung durch den Landesrechnungshof. Das Ministerium kann unter Berücksichtigung der Aufgaben, der Rechtsstellung und der Organisation der T. im Einvernehmen mit dem Finanzministerium durch Rechtsverordnung Ausnahmen von § 105 Abs. 1 LHO NRW zulassen oder abweichende und ergänzende Regelungen treffen (§ 57 Abs. 2 Satz 2 HG NRW). Von dieser Möglichkeit ist in Gestalt der auf dieser Rechtsgrundlage fortgeltenden Haushalts- und Wirtschaftsführungs-Verordnung der T. NRW (HWVO NRW) vom 6. Oktober 2005 (GV. NRW, S. 824) Gebrauch gemacht worden. Diese regelt die Haushalts- und Wirtschaftsführung der T. abschließend (vgl. ihren § 1 Satz 1) und sperrt daher den Anwendungsbereich des § 105 LHO NRW. Mit ihr hat der Verordnungsgeber die (nach seit 2006 gültiger Gesetzeslage) von § 57 Abs. 2 Satz 1 HG NRW in Bezug genommenen Regelungen der Landeshaushaltsordnung NRW in den Verordnungstext inhaltlich eingebaut. Erläuterungen zur HWVO NRW finden sich im Runderlass des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie vom 26. Oktober 2005 (MBl. NRW 2005, S. 1261).
57Vgl. insoweit Merschmeier, in: Leuze/Epping, HG NRW, Band 2, Loseblatt, Stand Mai 2015, § 57 Rn. 4.
58Nach § 2 Abs. 1 HWVO NRW, der § 7 Abs. 1 LHO NRW nachgebildet ist, sind bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans der T. die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Diese Prinzipien stellen verbindliche Handlungs- und Prüfungsmaßstäbe dar. Insbesondere das im verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip wurzelnde Wirtschaftlichkeitsgebot verlangt, in jedem Haushaltsjahr bei allen Maßnahmen die günstigste Relation zwischen dem gesteckten Ziel und den eingesetzten Mitteln anzustreben. Ihm ist jedenfalls das Erfordernis zu entnehmen, ein bestimmtes Ziel mit dem geringstmöglichen Einsatz von Mitteln zu erreichen.
59Vgl. dazu VerfGH NRW, Urteile vom 15. März 2011 - 20/10 -, NVwZ 2011, 805 = juris Rn. 81 f., und vom 2. September 2003 - 6/02 -, NVwZ 2004, 217 = juris Rn. 48; Gröpl, in: Ders., BHO/LHO, 2011, § 7 Rn. 12.
60Der allgemeine Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit des § 2 Abs. 1 HWVO NRW wird in §§ 3 ff. HWVO NRW im Einzelnen ausgestaltet. So sollen der Haushaltsplan und etwaige Nachträge in Einnahme und Ausgabe ausgeglichen sein (§ 3 Abs. 1 Satz 2 HWVO NRW). Die einzelnen Haushaltstitel sind mit einem Ansatz (Betrag) auszubringen (§ 5 Abs. 3 Satz 1 HWVO NRW). Die Ansätze sind in ihrer voraussichtlichen Höhe zu errechnen oder, soweit dies nicht aufgrund von Unterlagen möglich ist, sorgfältig zu schätzen (§ 5 Abs. 3 Satz 2 HWVO NRW). Ausgaben dürfen nur so weit und nicht eher geleistet werden, als sie zu einer wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung erforderlich sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 HWVO NRW). Die Ausgabemittel sind so zu bewirtschaften, dass sie zur Deckung aller Ausgaben ausreichen, die unter die einzelne Zweckbestimmung des jeweiligen Ausgabentitels fallen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 HWVO NRW). Angelegenheiten von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung bedürfen, soweit sie nicht bereits im Haushaltsplan vorgesehen sind, der vorherigen Zustimmung des Studierendenparlaments (§ 14 HWVO NRW).
61Da die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nicht in allen Fällen eindeutige Schlussfolgerungen zulassen und haushaltswirtschaftliches Handeln häufig Prognoseentscheidungen erfordert, ist den zuständigen Stellen bei der Bewertung einer haushaltsrechtlich relevanten Maßnahme ein gewisser Entscheidungsspielraum zuzubilligen. Ein Rechtsverstoß liegt deshalb so lange und so weit nicht vor, als die zugrunde liegende Entscheidung als vertretbar erscheint. Die gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hinsichtlich der Einhaltung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist auf die Prüfung beschränkt, ob die zuständige Stelle den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, von einem unsichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat.
62Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2005 - 2 WD 31.04 -, NVwZ 2007, 475 = juris Rn. 100; VG Berlin, Urteil vom 11. Dezember 2013 - 5 K 163.11 -, juris Rn. 52; Gröpl, in: Ders., BHO/LHO, 2011, § 7 Rn. 19.
63Die solchermaßen ausgestalteten und zu interpretierenden haushaltsrechtlichen Pflichten der HWVO NRW treffen auch und gerade den AStA und seinen Vorstand, hier also im fraglichen Zeitraum auch den Beklagten zu 1. als dessen Vorsitzenden. Dies ergibt sich daraus, dass der AStA gemäß § 57 Abs. 3 Satz 1 HG NRW, § 40 Abs. 2 der Satzung den Haushaltsplan und etwaige Nachträge unter Berücksichtigung des zur Erfüllung der Aufgaben notwendigen Bedarfs aufstellt, d. h. den Entwurf des Haushaltsplans erstellt.
64Vgl. zum Begriff der Aufstellung eines Haushaltsplans im Unterschied zu seiner Feststellung Tappe, in: Gröpl, BHO/LHO, 2011, Vorb. zu § 11 ff. Rn. 3.
65Neben dem Finanzreferenten des AStA, dessen verantwortlich herausgehobene Stellung bei der Bewirtschaftung der Einnahmen und Ausgaben in § 7 HWVO NRW zum Ausdruck kommt, nehmen der AStA-Vorstand und sein Vorsitzender auch haushaltsrechtlich gesehen eine exponierte Position ein. Der AStA führt gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 HG NRW die Beschlüsse des Studierendenparlaments - mithin auch den Haushaltplan - aus und erledigt die Geschäfte der laufenden Verwaltung der T. . Insofern kommt die rechtsgeschäftliche Vertretungsbefugnis für und gegen die T. aufgrund von § 55 Abs. 2 Satz 2 HG NRW, § 19 der Satzung grundsätzlich zwei Mitgliedern des AStA-Vorstands zu. Allerdings gilt diese Beschränkung aufgrund von § 55 Abs. 2 Satz 3 HG NRW nicht für einfache Geschäfte der laufenden Verwaltung sowie für solche Geschäfte, die ein für ein bestimmtes Geschäft oder einen Kreis von Geschäften ausdrücklich in schriftlicher Form Bevollmächtigter abschließt. Dies wiederum räumt in Sonderheit dem AStA-Vorsitzenden einen potentiell nicht unerheblichen Gestaltungsspielraum bei der rechtsgeschäftlichen Vertretung der T. bei einfachen Geschäften der laufenden Verwaltung ein.
66Die demgemäß auch ihm obliegenden haushaltsrechlichen Pflichten der §§ 2 ff. HWVO NRW hat der Beklagte zu 1. bei der Aufstellung und Ausführung des 1. Nachtragshaushalts für das Haushaltsjahr 2007/08 zur Finanzierung der Mensa-Party am 8. Dezember 2007 in verschiedener Hinsicht verletzt.
67Der 1. Nachtragshaushalt, an dessen Aufstellung der Beklagte zu 1. maßgeblich beteiligt war, indem er dessen Entwurf mit dem Ziel der Finanzierung der Mensa-Party in der AStA-Vorstandssitzung am 19. September 2007 mitbeschloss, ihn sodann in das Studierendenparlament einbrachte und dort im Rahmen der Sitzungen am 26. und 27. September 2007 aktiv verteidigte, war weder i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 2 HWVO NRW auf eine materielle Ausgeglichenheit von Einnahmen und Ausgaben ausgerichtet, noch beruhten die Erhöhung des Ausgabentitels 42150 „Sonstige Veranstaltungen“ von 40.000,- € auf 180.000,- € und die Erhöhung des Einnahmentitels des Kulturcafés (10210) von 210.000,- € auf 230.000,‑ € sowie der Veranstaltungseinnahmen (10270) von 18.000,- auf 137.000,- € auf einer Errechnung dieser Ansätze aufgrund von Unterlagen oder auf einer sorgfältigen Schätzung, wie § 5 Abs. 3 Satz 2 HWVO NRW es postuliert.
68Der Beklagte zu 1. verfügte zu diesem Zeitpunkt über keine Kalkulation, welche die dem 1. Nachtragshaushalt u. a. zugrunde liegende Erwartung gestützt hätte, als Mehreinnahmen gegenüber den bisherigen Ansätzen seien die besagten Einnahmen des Kulturcafés mit jetzt 230.000,- € und die Veranstaltungseinnahmen mit neuerdings 119.000,- € zu veranschlagen. Es lag insofern also ein Totalausfall vor. Zu der Prognosebasis äußerte in der Parlamentssitzung am 27. September 2007 ausweislich der Sitzungsniederschrift lediglich Herr B1. F. , der seinerzeit Mitarbeiter des AStA auf 400,- €-Basis - und damit kein verantwortliches Mitglied dieses Gremiums - war, eine genaue Kostenaufstellung könne in der nächsten Sitzung des Studierendenparlaments vorgelegt werden. Allerdings war eine vorhergehende fundierte und sorgfältige Schätzung der Veranstaltungseinnahmen und -ausgaben umso mehr zwingend geboten, als die bislang von dem AStA ausgerichteten Partys lediglich einen Kostenaufwand von um die 20.000,- € verursacht hatten, die für Dezember 2007 ins Auge gefasste Veranstaltung also mit einem Vielfachen an Ausgaben verbunden sein würde, ohne dass der AStA, der AStA-Vorstand oder sein Vorsitzender, der Beklagte zu 1., eine entsprechende Organisations- und Kalkulationserfahrung ins Feld hätten führen können, die das Finanzierungsrisiko als verlässlich abgeschätzt hätte erscheinen lassen. Eine sorgfältige Schätzung hätte demgegenüber erfordert, dass im Vorhinein ermittelt wird, mit welchem Publikumszuspruch eine Mensa-Party des geplanten größeren Zuschnitts voraussichtlich rechnen kann, welche Eintrittspreise von einem solchen mutmaßlichen Publikum wohl verlangt werden können, ohne dass die Nachfrage einbricht oder spürbar beeinträchtigt wird, welche Bands im Hinblick darauf vertretbarer Weise engagiert werden und welche sonstigen veranstaltungsbedingten Kosten auf die Veranstalter zukommen können.
69In Ermangelung derartiger eigener Prognosedaten bzw. Erfahrungswerte hätte der Beklagte zu 1. sich entweder um Kalkulationen vergleichbarer Veranstaltungen Dritter bemühen oder sich belastbaren, d. h. nachprüfbaren sachverständigen Rat - etwa von Veranstaltungsagenturen - beschaffen müssen. All dies ist jedoch nicht geschehen. Vielmehr hat der Beklagte zu 1. bei der Aufstellung des 1. Nachtragshaushalts die Grenze des auch prognostisch noch Vertretbaren - seinen haushaltsrechtlichen Entscheidungsspielraum - deutlich überschritten, indem jedenfalls die Einnahmenseite von 119.000,- € ohne jede Substanz und auch der Ausgabenansatz ersichtlich unzulänglich war. Schon die maximal erwartbare (zulässige) Besucherzahl war im Zeitpunkt der Aufstellung des 1. Nachtragshaushalts unklar. Erst am 2. November 2007 beantragte der AStA bei der Stadt C. eine Baugenehmigung für die Durchführung der Mensa-Party, die am 8. November 2007 erteilt wurde und die Besucherzahl entsprechend der Stellungnahme des Brandschutzsachverständigen auf insgesamt 4.700 Personen begrenzte (Ebene 1 - After-Show-Party - bis zu 2.400 Personen, Ebene 2 - Bühnenebene - bis zu 2.300 Personen). Trotz der Unkenntnis dieser zentralen Parameter lagen dem Beklagten zu 1., wie er in der Parlamentssitzung am 27. September 2007 erklärte, aber bereits Vertragsentwürfe - bzw. nach dem Inhalt einiger der Verträge schriftliche Bestätigungen sogar schon zuvor verbindlich geschlossener Gastspielverträge - mit zu engagierenden Bands vor, die für sich genommen ein Gagenvolumen von in der Summe 130.000,- € (ohne Mehrwertsteuer) darstellten und somit die Erhöhung des Ausgabentitels 42150 allein aufzehren würden.
70Diese Gesamtumstände rechtfertigen das Fazit, dass der Beklagte zu 1. an leitender organschaftlicher Position an einem Nachtragshaushalt mitwirkte, dessen Aufstellung in keiner Weise an den haushaltsrechtlichen Vorgaben ausgerichtet war, sondern der allein dazu diente, sich ungeachtet dieser Vorschriften einen haushaltsrechtlichen Titel für die Durchführung der beabsichtigen Mensa-Party zu verschaffen.
71Dem sei ergänzend hinzugefügt, dass der Beklagte zu 1. auch keine sorgfältige Schätzung der Einnahmen und Ausgaben i.S.d. § 5 Abs. 3 Satz 2 HWVO NRW nachgereicht hat. Die in der Sitzung des Studierendenparlaments vom 24. Oktober 2007 präsentierte Kostenaufstellung, die bestimmte Einnahmen und Ausgaben gegenüberstellt, krankte nach wie vor wesentlich daran, dass ihr die maximal baurechtlich zulässige Besucherzahl nicht zugrunde liegen konnte und sie zudem auf der Einnahmenseite offenbar von einer äußerst positiven Besucherresonanz ausging. Darüber hinaus unterschätzte sie augenscheinlich erheblich die Ausgaben, was sowohl die weitere (detailliertere) Kalkulation vom 20. November 2007, die bereits ein Defizit von rund 17.000,- € und nicht mehr einen leichten Gewinn annahm (obwohl sie nach wie vor auf einer aus den angeführten baurechtlichen Gründen nicht zulässigerweise erreichbaren Besucherzahl von 5.000 basierte, wobei noch die Frage außen vor bleibt, ob bei einer Hochschulveranstaltung überhaupt von vornherein mit 3.000 externen Besuchern kalkuliert werden darf), als auch selbstredend die Endabrechnung vom 21. April 2008 belegen, die ein Minus von rund 233.000,- € bilanziert.
72Im Anschluss daran hat der Beklagte zu 1. ihm obliegende haushaltsrechtliche Pflichten auch bei der Ausführung des 1. Nachtragshaushalts verletzt.
73Die Unterzeichnung bzw. Bestätigung von mehreren Bandverträgen, die - wie gesagt - bereits aus sich heraus einen Großteil des Ausgabentitels 42150 ausschöpften, ohne dabei hinreichend zuverlässig über die potentiellen Einnahmen informiert zu sein, verstieß gegen § 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2 HWVO NRW. Diese Ausgaben können nicht als zur wirtschaftlichen und sparsamen Bewirtschaftung dieses Ausgabentitels erforderlich angesehen werden, zumal der Beklagte zu 1. neben diesen Ausgaben noch zusätzliche Kosten für Veranstaltungstechnik (insgesamt 36.675,80 €) und Sicherheitsdienst (9.823,90 €) veranlasst bzw. weitere Kosten - wie Mensa-Miete, Catering, Unterbringung der Bands - zunächst außer Acht gelassen hat. Für einen diesbezüglichen Pflichtenverstoß spricht auch, dass der Beklagte zu 1. in der Sitzung am 24. Oktober 2007 wahrheitswidrig gegenüber dem Studierendenparlament erklärte, Genehmigungen der Feuerwehr und des Ordnungsamts lägen vor und seien auf der nächsten Sitzung einsehbar; der Haushalt habe Mittel, mögliche Verluste zu kompensieren, auch wenn die Einnahmen geringer ausfielen. Über die Bedenken des Studierendenparlaments, das sich gleichfalls in dieser Sitzung gegen das aktuelle Konzept der Mensa-Party aussprach, setzte der Beklagte zu 1. sich trotz des unveränderten Fehlens einer schlüssigen Kalkulation hinweg, indem er diesen Beschluss beim Rektorat der Universität beanstandete.
74Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass die Existenz des 1. Nachtragshaushalts für das Haushaltsjahr 2007/08 als solche mit seiner Erhöhung des Ausgabentitels 42150 die haushaltsrechtlichen Pflichtverletzungen des Beklagten zu 1. nicht ganz oder teilweise legalisiert.
75Zwar ermächtigt der Haushaltsplan die Verwaltung, Ausgaben zu leisten und Verpflichtungen einzugehen (vgl. § 3 Abs. 1 LHO NRW). Allerdings ist der Titelbewirtschafter nur insoweit vor vermögensrechtlichem Regress - wie er hier über § 57 Abs. 5 HG NRW spezialgesetzlich in Rede steht - geschützt, als er sich an die Vorgaben des Haushaltsplans und des sonstigen Haushaltsrechts hält.
76Vgl. Gröpl, in: Ders., BHO/LHO, 2011, § 3 Rn. 22.
77Ausgehend davon kann der Beklagte zu 1. sich gegen das Vorliegen einer Pflichtverletzung i.S.v. § 57 Abs. 5 HG NRW nicht erfolgreich auf den 1. Nachtragshaushalt berufen. Wie dargelegt, - so der 1. Nachtragshaushalt selbst nicht bereits wegen Verstoßes gegen haushaltsrechtliche Vorgaben offensichtlich rechtswidrig und nichtig war -,
78vgl. zu dieser Rechtsfolge VerfGH NRW, Urteil vom 15. März 2011 - 20/10 -, NVwZ 2011, 805 = juris Rn. 75 und 106,
79hat sich der Beklagte zu 1. bei dessen Aufstellung und Ausführung über die maßgeblichen haushaltsrechtlichen Bestimmungen mehrfach pflichtwidrig hinweggesetzt.
80Auch die Unwirksamkeitserklärung des das Konzept der Mensa-Party ablehnenden Beschlusses des Studierendenparlaments vom 24. Oktober 2007 durch den Rektor der S. -Universität C. am 19. November 2007 in Ausübung seiner Rechtsaufsicht über die T. gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 HG NRW bedeutet keine Legalisierung der haushaltsrechtlichen Pflichtverletzungen des Beklagten zu 1. Dies folgt zum einen daraus, dass die Stellungnahme des Rektors, das Vorgehen des Studierendenparlaments vom 24. Oktober 2007 finde keine Stütze in der HWVO NRW, lediglich auf die allgemeine Aussage abzielt, die im Haushaltsplan ausgewiesenen Haushaltsmittel stünden dem AStA prinzipiell zur Verfügung. Zum anderen hätte auch eine „Unbedenklichkeitskeitsbescheinigung“ des Rektorats den Beklagten zu 1. mangels entsprechender Rechtsmacht nicht objektiv-rechtlich von der Einhaltung der haushaltsrechtlichen Pflichten der HWVO NRW freistellen können.
81Schließlich vermochte der Beklagte zu 1. die ihn treffenden haushaltsrechtlichen Pflichten nicht mit ihn befreiender Wirkung an Dritte delegieren. Die Verantwortung vollständig - etwa an Herrn B1. F. oder den damaligen Kulturreferenten, Herrn D. B. - delegieren durfte er nicht, mag auch Herr B. - wie der Beklagte zu 1. in der mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2016 betonte - nach der Geschäftsordnung des AStA intern für die Organisation von Kulturveranstaltungen und Partys zuständig gewesen sein. Unbeschadet der Aktivitäten einer „Planungsgruppe“ im bzw. im Umfeld des AStA(-Vorstands) blieb der Beklagte zu 1. als AStA-Vorsitzender haushaltsrechtlich verantwortlicher Entscheidungsträger mit Überwachungs- und Dokumentationspflichten (vgl. zu diesen Pflichten auch § 21 HWVO NRW). Als solcher hat der Beklagte zu 1. sich auch beim Abschluss (bzw. der Bestätigung der geschlossenen) Bandverträge, bei der Verteidigung des 1. Nachtragshaushalts gegenüber dem Studierendenparlament sowie bei der Beanstandung des Beschlusses des Studierendenparlaments vom 24. Oktober 2007 gegenüber dem Rektorat der Universität geriert.
82cc) Der Beklagte zu 1. hat die ihm obliegenden haushaltsrechtlichen Pflichten grob fahrlässig verletzt.
83Eine Pflichtverletzung ist dem Schadenverursacher als grob fahrlässig vorzuwerfen, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt objektiv in besonders schwerem Maße und auch subjektiv schlechthin unentschuldbar verletzt hat. Dies setzt voraus, dass er die einfachsten, ganz naheliegenden Überlegungen nicht angestellt und Verhaltenspflichten nicht beachtet hat, die im gegebenen Fall jedem einleuchten müssen. Dieser Fahrlässigkeitsbegriff bezieht sich auf ein individuelles Verhalten; er enthält einen subjektiven Vorwurf. Daher muss stets unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände, der individuellen Kenntnisse und Erfahrungen des Handelnden beurteilt werden, ob und in welchem Maß sein Verhalten fahrlässig war. Welchen Grad der Fahrlässigkeitsvorwurf erreicht, hängt von einer Abwägung aller objektiven und subjektiven Tatumstände im Einzelfall ab und entzieht sich deshalb weitgehend einer Anwendung fester Regeln.
84Vgl. aus dem beamtenrechtlichen Schadensersatzrecht, in dem diese allgemeingültigen Obersätze ebenfalls Anwendung finden: BVerwG, Urteile vom 12. August 2008 - 2 A 8.07 -, juris Rn. 15, und vom 29. April 2004 - 2 C 2.03 -, BVerwGE 120, 370 = DVBl. 2004, 1369 = juris Rn. 16, Beschluss vom 6. August 2009 - 2 B 9.09 ‑, juris Rn. 5; OVG NRW, Urteil vom 10. Februar 2005 - 6 A 2171/02 -, juris Rn. 54; Sächs. OVG, Beschluss vom 3. Februar 2014 - 2 A 280/12 -, juris Rn. 8; Bay. VGH, Beschluss vom 29. Januar 2014 - 6 ZB 12.1817 -, juris Rn. 7; Nds. OVG, Beschluss vom 2. April 2013 - 5 LA 50/12 -, juris Rn. 5.
85Gemessen an diesen Maßstäben ist dem Beklagten zu 1. grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen.
86Wie ausgeführt, sind die haushaltsrechtlichen Pflichtverstöße des Beklagten zu 1. im Zusammenhang mit der Organisation und Ausführung der Mensa-Party 2007 sowohl objektiv erheblich als auch offensichtlich. Der Beklagte zu 1. hat ganz einfache, sehr naheliegende Überlegungen außer Acht gelassen, als er bei der Aufstellung des 1. Nachtragshaushalts keine tragfähige Kalkulation der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben erstellt hat, sondern gewissermaßen ins Blaue hinein Gelder für die Veranstaltung eingeplant hat, deren Rentabilität völlig ungewiss war. Um die Kosten möglichst im Griff zu behalten, hätte es sich bei der Ausführung des Haushalts überdies zumindest aufgedrängt, nicht ohne Weiteres eine Mehrzahl von Bands für über 130.000,- € zu verpflichten, sondern sich auf eine oder zwei potentiell zugkräftige Musikgruppen/Künstler - wie etwa die im Vergleich zu den anderen kostspieligste Band K1. - zu beschränken. Und nachdem das Studierendenparlament das Konzept der Mensa-Party am 24. Oktober 2007 aus nachvollziehbaren Gründen moniert hatte, hätte für den Beklagten zu 1. immer noch die Option bestanden, von der Fete Abstand zu nehmen und zu versuchen, sich von den geschlossenen Verträgen - ggf. auch im Kulanzweg - zu lösen, anstatt weiter auf eine wahrscheinlich defizitäre Veranstaltung zuzusteuern, deren Zuschauerzuspruch im Ungewissen lag. Jedenfalls hätte es dem Beklagten zu 1. auch offen gestanden, sich wegen eines diesbezüglichen Rechtsrats an das Justitiariat des Rektors der S. -Universität C. zu wenden, wie er es zur Verteidigung seines haushaltsrechtlichen Vorgehens im Zusammenhang mit der Planung der Mensa-Party gegen das Studierendenparlament getan hat.
87Die schweren objektiven haushaltsrechtlichen Pflichtverletzungen waren für den Beklagten zu 1. auch individuell nach seinen persönlichen Umständen erkennbar. Als - zumal hochschulpolitisch an herausgehobener Stelle aktiver - Student verfügte der Beklagte zu 1. über die individuellen Fähigkeiten, um zu erkennen, welcher Schritte es für eine haushaltsrechtlich sorgfältige Planung einer solchen, das bisherige Kostenmaß bei Weitem überschreitenden Großveranstaltung bedurfte. Zumindest hätte der Beklagte zu 1. sich sachverständigen Rat einholen müssen, um eigene Unkenntnisse und Unsicherheiten in der Finanzplanung zu beseitigen.
88Dabei mussten dem Beklagten zu 1. die aus der HWVO NRW für ihn resultierenden Pflichten auch - wenn nicht in jeder Einzelheit, so doch in ihren Grundlagen -deutlich vor Augen stehen. Während der 1. Lesung des 1. Nachtragshaushalts im Studierendenparlament am 26. September 2007 war er ausweislich des Protokolls von einem Parlamentarier gefragt worden, warum der diesjährige AStA sich nicht an die HWVO NRW gehalten habe. Der Beklagte zu 1. hat darauf erwidert, dass dies „ein Kann, aber kein Muss“ darstelle. Daraus lässt sich ersehen, dass der Beklagte zu 1. für die Vorgaben der HWVO NRW zumindest sensibilisiert war. Dies entspricht im Übrigen dem Eindruck, den der Beklagte zu 1. in den Akten und auch bei seinem Sachvortrag in der mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2016 hinterlassen hat. Immer wenn es darum ging, seine hochschulpolitische Linie im Hinblick auf die beabsichtigte Mensa-Party gegen Widerstände durchzusetzen, hat der Beklagte zu 1. auch auf hochschulrechtliche Instrumente wie die Beanstandung des Beschlusses des Studierendenparlaments vom 24. Oktober 2007 gegenüber dem Rektor der Universität zurückgegriffen bzw. sich an das Rektorat gewandt. Auch in Anbetracht dessen ist die Annahme unplausibel, der Beklagte zu 1. habe demgegenüber nicht einmal in Umrissen erkennen können, welche haushaltsrechtlichen Sorgfaltsvorkehrungen von ihm mit Blick auf eine im Vergleich zu den Vorjahren unverhältnismäßig ausgabenträchtige Großveranstaltung hätten getroffen werden müssen, um einen kalkulatorischen Totalausfall zu vermeiden.
89Der Vorwurf grober Fahrlässigkeit lässt sich auch nicht mit der von dem Beklagten zu 1. vorgelegten E-Mail des Justitiariats vom 18. Oktober 2007 sowie dem weiteren E-Mail-Verkehr zwischen AStA und Rektorat im Oktober/November 2007 entkräften, wie er sich anhand der Akten nachvollziehen bzw. der Beklagte zu 1. ihn in der Berufungsverhandlung am 26. Januar 2016 ergänzt hat. Insbesondere liefern diese Unterlagen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass dem Justitiariat der 1. Nachtragshaushalt einschließlich der von dem AStA-Vorstand konkret eingeplanten Einnahmen und Ausgaben für die Mensa-Party zur substantiellen Überprüfung vorgelegen hätten. Gegen das Vorliegen derartiger prüfbarer - und daraufhin auch von dem Justitiariat dem AStA-Vorstand gegenüber verbindlich geprüfter - Dokumente spricht neben den von dem Rektor der S. -Universität C. dem Verwaltungsgericht unter dem 12. Januar 2012 und dem 8. März 2012 erteilten Auskünften maßgeblich, dass der AStA-Vorstand selbst in der Sitzung des Studierendenparlaments am 24. Oktober 2007 - wie ausgeführt - noch über keine belastbare Kalkulation verfügte. Erst in die Sitzung des Studierendenparlaments am 20. November 2007 führte er eine detaillierte Aufstellung der zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben ein, also zu einem Zeitpunkt, als das von dem Beklagten zu 1. im Hinblick auf den Parlamentsbeschluss vom 24. Oktober 2007 initiierte Beanstandungsverfahren durch die Stellungnahme des Rektors vom 19. November 2007 schon seinen Abschluss gefunden hatte.
90Die von dem Beklagten zu 1. in der mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2016 vorgelegte E-Mail des Herrn C2. , des damaligen Vorsitzenden des S3. C. , an das Justitiariat vom 22. Oktober 2007, gibt lediglich Aufschluss darüber, dass das Justitiariat allgemein Kenntnis davon hatte, dass die Fragen der haushaltsrechtskonformen Finanzierung der geplanten Mensa-Party innerhalb der Organe bzw. zwischen den Organen der T. kontrovers diskutiert und dabei auch organinnenrechtliche Problemstellungen - etwa mit Blick auf die Ordnungsgemäßheit der AStA-Vorstandssitzung vom 10. Oktober 2007 - aufgeworfen wurden. In eine förmliche „Unbedenklichkeitsbescheinigung“, die die subjektive grobe Pflichtwidrigkeit des Handelns des Beklagten zu 1. hätte in Wegfall geraten lassen können, ist diese Befassung des Justitiariats mit der Angelegenheit jedoch nicht gemündet.
91b) Auch im Verhältnis zu dem Beklagten zu 2. sind die Voraussetzungen des § 57 Abs. 5 HG NRW erfüllt.
92aa) Der Beklagte zu 2. war im fraglichen Zeitraum Finanzreferent des AStA und damit zugleich stellvertretender AStA-Vorsitzender (vgl. § 18 Abs. 1, Abs. 2 der Satzung). In dieser Funktion war auch er Mitglied eines Organs der T. .
93bb) Als dieses Mitglied hat der Beklagte zu 2. bei der Organisation und Ausrichtung der Mensa-Party am 8. Dezember 2007 ebenfalls die ihm in Bezug auf die T. obliegenden Pflichten zu einer ordnungsgemäßen Haushalts- und Wirtschaftsführung nach § 2 ff. HWVO NRW verletzt.
94Insoweit gelten die im Hinblick auf den Beklagten zu 1. gemachten Ausführungen weitgehend entsprechend. Als Finanzreferent und stellvertretender AStA-Vorsitzender war auch der Beklagte zu 2. haushaltsrechtlicher Pflichtenträger. Er war für die Ausführung des Haushalts sogar in besonderer Weise verantwortlich, wie aus § 7 HWVO NRW hervorgeht. § 7 Abs. 1 Satz 1 HWVO NRW weist dem Finanzreferenten die Pflicht zu, die Einnahmen und Ausgaben zu bewirtschaften. Dieser hat durch § 7 Abs. 2 HWVO NRW zudem die spezielle Befugnis zu verlangen, dass das Organ, das einen Beschluss gefasst hat, unter Beachtung seiner Auffassung erneut über die Angelegenheit berät, wenn er durch die Auswirkungen eines Beschlusses des AStA oder des Studierendenparlamentes die finanziellen oder wirtschaftlichen Interessen der T. für gefährdet hält. Kassenanordnungen sind von ihm verantwortlich zu unterzeichnen (§ 8 Abs. 1 Sätze 1 und 3 HWVO NRW).
95Diese herausgehobene haushaltsrechtliche Pflichtenstellung hat der Beklagte zu 2. bei der Aufstellung des 1. Nachtragshaushalts für das Haushaltsjahr 2007/08 ebenso wie bei dessen Ausführung verletzt. Genauso wie der Beklagte zu 1. hat er am 19. September 2007 die Aufstellung des 1. Nachtragshaushalts im AStA-Vorstand mitbeschlossen, obwohl dieser Nachtrag entgegen § 3 Abs. 1 Satz 2 HWVO NRW nicht auf die materielle Ausgeglichenheit von Einnahmen und Ausgaben ausgerichtet war und ihm § 5 Abs. 3 Satz 2 HWVO NRW zuwider ersichtlich keine sorgfältige Schätzung von Einnahmen und Ausgaben zugrunde lag. Trotz dieser offensichtlichen Defizite hat er den 1. Nachtragshaushalt mitgetragen und bei dessen Ausführung namentlich durch den Beklagten zu 1. nicht dafür Sorge getragen, dass § 9 Abs. 2 HWVO NRW Beachtung findet. Stattdessen hat er in der AStA-Vorstandssitzung am 10. Oktober 2007 ohne weitergehende Prüfung gleichfalls mitbeschlossen, dass im Umfang von 130.000,- € plus Mehrwertsteuer für die Mensa-Party Bands gebucht werden durften, deren Refinanzierung noch völlig unklar sein musste. Wegen der Mängel der Prognosebasis im Einzelnen kann auf die obigen Darlegungen hinsichtlich des Beklagten zu 1. verwiesen werden. In der Sitzung des Studierendenparlaments am 24. Oktober 2007 hat der Beklagte zu 2. weiter für die Durchführung der Mensa-Party Partei ergriffen, indem er erklärte, es gebe bereits Einnahmen aus verkauften Karten. Ein stimmiges Finanzierungskonzept existierte zu diesem Zeitpunkt indessen, wie dem Beklagten zu 2. bekannt sein musste, nach wie vor nicht.
96Aus denselben Erwägungen, wie sie für den Beklagten zu 1. gelten, kann sich auch der Beklagte zu 2. schließlich nicht allein mit dem Hinweis auf den 1. Nachtragshaushalt, die Stellungnahme des Rektors vom 19. November 2007 oder die Delegation seiner haushaltsrechtlichen Pflichten an Dritte rechtfertigen.
97cc) Auch der Beklagte zu 2. hat die ihm obliegenden haushaltsrechtlichen Pflichten grob fahrlässig verletzt.
98Für ihn gilt auch insofern Entsprechendes wie für den Beklagten zu 1. Objektiv waren seine Pflichtverstöße erheblich und evident, was in seinem Fall insbesondere auch aus seiner Stellung als Finanzreferent resultiert, dem § 7 HWVO NRW eine besondere Verantwortung für die Überwachung der Finanz- und Wirtschaftslage der T. mit spezifischen Eingriffsbefugnissen auferlegt.
99Nach seinen individuellen Fähigkeiten und Verhältnissen waren die haushaltsrechtlichen Pflichtverstöße für den Beklagten zu 2. als hochschulpolitisch in exponierter Funktion aktivem Studenten gleichfalls ohne Weiteres zu ersehen. Sollte er durch sein Studium und den Besuch von Lehrveranstaltungen in der Phase der Vorbereitung der Mensa-Party 2007 übermäßig beansprucht gewesen sein, so dass er das Amt des Finanzreferenten nicht mehr ordnungsgemäß hätte ausüben können, hätte es ihm oblegen, dies dem AStA anzuzeigen und sein Amt zur Verfügung zu stellen. § 7 Abs. 1 Satz 2 HWVO NRW hätte ihm des Weiteren die Möglichkeit eröffnet, zu seiner Entlastung weitere Mitglieder des AStA mit der Wahrnehmung einzelner seiner Befugnisse zu beauftragen. Dass er dies nicht getan hat, entschuldigt nicht, dass auch er im Kontext der Organisation und Ausführung der Mensa-Party keine der ihm zustehenden haushaltswirtschaftlichen Kontrollbefugnisse ausgeübt hat, die sich kostenmindernd bzw. -verhindernd hätten auswirken können. Eine plausible Erklärung dafür hat der Beklagte zu 2. weder im Erörterungstermin am 27. August 2015 noch in der mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2016 bieten können. Unerfahrenheit in geschäftlichen Dingen hätten entweder zur Einholung sachverständiger Hilfe, zur Niederlegung seines Amtes als Finanzreferent oder dazu führen müssen, finanziell übermäßig riskante Veranstaltungen wie die Mensa-Party 2007 nicht in Angriff zu nehmen. Ein Vertrauen in eine anders als er selbst haushaltsrechtlich nicht pflichtengebundene „Planungsgruppe“ entband den Beklagten zu 2. nicht von seinen Überwachungsaufgaben nach der HWVO NRW.
1002. Der Klägerin ist durch die Pflichtverletzungen der Beklagten zu 1. und 2. ein ersatzfähiger Schaden entstanden, der im Ansatz die im Berufungsverfahren noch streitige Summe von 176.245,30 € umfasst.
101Soweit die Beklagten - zuletzt nochmals in der mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2016 - demgegenüber einwenden, es sei kein ersatzfähiger Schaden entstanden, weil das Defizit aus der Mensa-Party 2007 anderweitig aus dem Haushalt durch die Entnahme von Rücklagen habe gedeckt werden können, trifft dies nicht zu.
102Nach der für den normativen Schadensbegriff maßgebenden negativen Differenzhypothese,
103vgl. zu dieser etwa BGH, Urteil vom 18. Juni 2013 - II ZR 86/11 -, BGHZ 197, 304 = NJW 2013, 3636 = juris Rn. 39,
104ist ein Schaden auch eben darin zu erblicken, dass - wie hier - Rücklagen abgeschmolzen werden müssen, um Haushaltslöcher zu stopfen. § 12 HWVO NRW verpflichtet die T. in bestimmter Weise zur Unterhaltung von Rücklagen. Muss ein Teil dieser Rücklagen zur Behebung eines Haushaltsdefizits bzw. zum Verlustausgleich aufgelöst werden, ist er zunächst nicht mehr im Vermögen der T. vorhanden und muss neu gebildet werden. Dies macht eine Schadensposition aus.
105Die Schadenssumme ist zum Weiteren nicht deshalb geringer, weil auch bei einer vertretbaren Prognose der Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit der Mensa-Party weitere Verluste als die bereits eingetretenen möglicherweise nicht hätten vermieden werden können. Denn bei der geschilderten Ausgangslage hätte eine Feier dieses Formats von vornherein nicht so wie geschehen finanziert bzw. haushaltsrechtlich flankiert werden dürfen. Alle weiteren Überlegungen des Senats zu alternativen kausal-adäquaten Geschehensabläufen verbieten sich daher.
1063. Allerdings ist der Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz, der in Höhe von 176.245,30 € Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, um die Hälfte auf die Schadenssumme von 88.122,65 € zu kürzen. Dieses Ergebnis folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 254 Abs. 1 BGB wegen organschaftlichen (hier hälftigen) Mitverschuldens des Studierendenparlaments bzw. mit Blick auf § 242 BGB aus dem Grundsatz von Treu und Glauben. Es kann daher dahinstehen, ob dasselbe Resultat in dem gegebenen rechtlichen Kontext auch mittels des Instituts der innenrechtlichen Haftungsbeschränkung erzielt werden könnte.
107Vgl. zu dieser Figur BVerwG, Urteil vom 29. April 2004 - 2 C 2.03 -, BVerwGE 120, 370 = DVBl. 2004, 1369 = juris Rn. 18.
108Zwar scheidet der Einwand des schadensmindernd zu berücksichtigenden Mitverschuldens gemäß § 254 Abs. 1 BGB eines anderen Organs im Bereich der Organhaftung, der normtypologisch auch die öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage des § 57 Abs. 5 HG NRW zuzuordnen ist, grundsätzlich aus. Innerhalb einer juristischen Person, die als solche nicht handeln kann, sind die Pflichten der für sie tätigen Organe so ausgestaltet, dass sie nebeneinander bestehen. Jedes Organ ist für die Erfüllung seiner Pflichten im Rahmen seines gesetzlichen und satzungsmäßigen Geschäftsbereichs selbständig verantwortlich. Es hat deshalb im Falle einer Pflichtwidrigkeit für den verursachten Schaden der juristischen Person auch voll einzustehen. Kein Organ kann danach prinzipiell der juristischen Person gegenüber einwenden, seine Ersatzpflicht sei gemindert, weil ein anderes Organ für den Schaden mitverantwortlich sei. Die Organe vertreten im Innenverhältnis nicht die juristische Person gegenüber den anderen Organen.
109Vgl. BGH, Urteile vom 22. November 2014 - III ZR 509/13 -, BayVBl. 2015, 760 = juris Rn. 22, vom 26. November 2007 - II ZR 161/06 -, NJW-RR 2008, 484 = juris Rn. 3, vom 14. Februar 1985 - IX ZR 145/83 -, BGHZ 94, 18 = NJW 1985, 2194 = juris Rn. 68, und vom 14. März 1983 - II ZR 103/82 -, NJW 1983, 1856 = juris Rn. 6.
110Indes kann dieser dem zivilen Gesellschaftsrecht entstammende Grundsatz in ‑ wie hier - öffentlich-rechtlichen Haftungszusammenhängen zu modifizieren sein. So kann bei beamtenrechtlichen Schadensersatzansprüchen wie § 75 BBG und § 48 BeamtStG, denen § 57 Abs. 5 HG NRW strukturell ähnelt, ausnahmsweise der Grundsatz von Treu und Glauben gebieten, die in § 254 BGB niedergelegten allgemeinen Rechtsgedanken auch bei Ersatzansprüchen der öffentlichen Hand gegen einen schuldhaft pflichtwidrig handelnden Amtsträger anzuwenden. Es sind Fälle denkbar, in denen ein Amtsträger durch eine schuldhafte Verletzung seiner Dienstpflicht dem Dienstherrn einen Schaden zufügt und ein zweiter Amtsträger diesen Schaden dadurch schuldhaft mitverursacht, dass er eine Dienstpflicht vernachlässigt, zu deren Erfüllung namens des Dienstherrn er gerade gegenüber dem in erster Linie den Schaden verursachenden Amtsträger verpflichtet ist. In einem solchen Fall ist es vorstellbar, dass sich der Dienstherr das mitwirkende Mitverschulden des zweiten Amtsträgers nach den in §§ 254, 278 BGB niedergelegten allgemeinen Rechtsgrundsätzen anrechnen lassen muss.
111Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 1969 - II C 80.65 -, BVerwGE 34, 123 = DVBl. 1970, 680 = juris Rn. 59; OVG LSA, Urteil vom 20. Februar 2014 - 1 L 51/12 -, juris Rn. 73; ausdrücklich im Hinblick auf die Schadensersatzpflicht eines Bürgermeisters und das Mitverschulden eines Gemeinderats: OVG Rh.-Pf., Urteil vom 5. Dezember 1997 - 2 A 11925/96 -, juris Rn. 43 ff.
112Dieses Konstrukt des haftungsmindernden, (hier) organschaftlichen Mitverschuldens lässt sich auf die vorliegende Fallgestaltung, die als besonderer Ausnahmefall zu charakterisieren ist, übertragen. Es führt zu der besagten hälftigen Reduzierung der Haftung der Beklagten zu 1. und 2. entsprechend §§ 254 Abs. 1, 242 BGB.
113Wie eingangs der Entscheidungsgründe erwähnt, stellt § 53 Abs. 5 Satz 1 HG NRW das Studierendenparlament und den AStA als Organe der T. nebeneinander. Die Mitglieder dieser Organe sind gleichermaßen potentielle Haftungssubjekte des Schadensersatzanspruchs nach § 57 Abs. 5 HG NRW. In haushaltsrechtlichen Angelegenheiten - wie sie hier zugrunde liegen - kann bei der Verteilung der Haftungsrisiken des § 57 Abs. 5 HG NRW im Grundansatz nicht außer Betracht gelassen werden, dass das Studierendenparlament gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 HG NRW das oberste Beschlussorgan der T. ist, das aufgrund von § 57 Abs. 3 Satz 1 HG NRW, § 3 Abs. 1 Satz 1 HWVO NRW, § 41 Abs. 2 der Satzung den Haushalt der T. und etwaige Nachträge feststellt, d. h. verbindlich beschließt. Diese vorrangige Organstellung bedingt wiederum, dass es das Studierendenparlament ist, das den Haushalt mit seiner Bewirtschaftungsermächtigung (vgl. nochmals § 3 Abs. 1 LHO NRW) normativ letztentscheidend verantwortet. Besonders grobe Pflichtverletzungen bei der Aufstellung des Haushalts, die - wie hier wegen des völligen Fehlens einer durch § 5 Abs. 3 Satz 2 HWVO NRW gebotenen Einnahmen-Ausgaben-Kalkulation im Hinblick auf einen einzelnen, auch für den einzelnen Parlamentarier hervorstechenden Haushaltsposten - in einen evident rechtswidrigen Haushalt bzw. Nachtrag münden, können daher ausnahmsweise aus der Warte des Haftungsrechts des § 57 Abs. 5 HG NRW auch dem Studierendenparlament zur Last fallen. Dieses hat wie der AStA, der den Haushalt aufstellt, ebenfalls - gewissermaßen spiegelbildlich - die HWVO NRW zu beachten; der rechtliche Prüfungsrahmen ist kongruent. Im Rahmen der Haftung aus § 57 Abs. 5 HG NRW muss die T. sich derlei besonders grobe Pflichtverletzungen ihres Organs Studierendenparlament, soweit sie für den Schaden mitursächlich sind, entsprechend §§ 254 Abs. 1, 242 BGB schadensmindernd zurechnen lassen. Dabei ist zu beachten, dass diese Schadenszurechnung einer groben haushaltsrechtlichen Pflichtverletzung durch das Studierendenparlament eine bloß hypothetische ist, die lediglich als Abzugsposten zugunsten etwa - wie hier - in Anspruch genommener AStA-Vorstände zum Tragen kommt. Sie stellt die gesamte Mitverantwortung des Organs Studierendenparlament beim Prozess der Haushaltsfeststellung haftungsrechtlich in Rechnung und nicht die - ohnehin in der Regel nicht (mehr) im Einzelnen ermittelbare - Mitverantwortung einzelner Parlamentarier, die womöglich objektiv und subjektiv pflichtwidrig für einen offensichtlich rechtswidrigen (Nachtrags-)Haushalt gestimmt haben.
114Nach diesen Grundsätzen ist die beschriebene - hypothetische - (Mit‑)Haftungssituation des Studierendenparlaments ausnahmsweise in zugunsten der Beklagten zu 1. und 2. haftungsmindernder Weise anzunehmen. Das Studierendenparlament hat bei der Feststellung des 1. Nachtragshaushalts am 27. September 2007 namentlich §§ 3 Abs. 1 Satz 2, 5 Abs. 3 Satz 2 HWVO NRW seinerseits nicht beachtet. Es hat den Ausgabentitel 42150 „Sonstige Veranstaltungen“ um 140.000,- € und dem korrespondierend die Einnahmetitel 10210 und 10270 erhöht, ohne dass diese Ansätze vorher sorgfältig geschätzt worden wären. Darüber, ob die Einnahmen und Ausgaben, die der AStA-Vorstand für die Mensa-Party im Dezember 2007 veranschlagen wollte, materiell ausgeglichen sein würden, konnte das Studierendenparlament wegen des Totalausfalls einer tragfähigen Kalkulation ebenso wenig wie dieser im Bilde sein. Auf den Kontrollmechanismus der § 57 Abs. 3 Satz 1 HG NRW, § 41 Abs. 3 der Satzung, vor der Feststellung des 1. Nachtragshaushalts eine positive Empfehlung des Haushaltsausschusses einzuholen, hat das Studierendenparlaments trotz der völlig unklaren Einnahmen- und Ausgabenlage im Hinblick auf die Mensa-Party verzichtet, auch wenn der Haushaltsausschuss - wie die Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2016 erklärt haben - dem Grunde nach mit dem 1. Nachtragshaushalt befasst war. Aufgrund dessen hat das Studierendenparlament als Gesamtorgan grob fahrlässig eine wesentliche Mitursache für die spätere Entstehung des Schadens gesetzt, die haftungsmindernd in Höhe der hälftigen Schadenssumme, die Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, zu berücksichtigen ist. Studierendenparlament einerseits und AStA-Vorstand andererseits, der maßgeblich durch die Beklagten zu 1. und 2. als haushaltsrechtlich und tatsächlich verantwortliche Aufstellende und Ausführende des 1. Nachtragshaushalts 2007/08 vertreten worden ist, haben den letztendlich durch die Mensa-Party 2007 entstandenen Schaden, wie er im Bericht des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts B. vom 3. K1. 2008 im Einzelnen dargestellt ist, in dem noch streitgegenständlichen Umfang somit zu gleichen Teilen zu vertreten.
115Eine weitere Herabsetzung der Schadenersatzpflicht der Beklagten zu 1. und 2. kommt allerdings nicht in Frage, weil dies wiederum den Schadensverursachungsbeitrag der Beklagten zu 1. und zu 2. im Verhältnis zu ihren (grob fahrlässigen) haushaltsrechtlichen Pflichtverstößen untergewichten würde. Eine weitgehende Freizeichnung von dem gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Schadensersatzanspruch des § 57 Abs. 5 HG NRW, die diesen leerlaufen lassen würde, ist auch vermittels des Instruments des organschaftlichen Mitverschuldens entsprechend §§ 254 Abs. 1, 242 BGB weder möglich noch angezeigt.
1164. Für die verbleibende Haftungssumme von 88.122,65 € haften die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner entsprechend §§ 421 Satz 1, 840 BGB.
117Der Grundsatz, dass die zuständige öffentliche Stelle sich ihren Schuldner im Wege der Gesamtschuld aussuchen darf, bedarf keiner ausdrücklichen Normierung. Da es sich bei der Gesamtschuldnerschaft um einen die gesamte Rechtsordnung überwölbenden allgemeinen Grundsatz handelt, müssen nur die Fälle speziell geregelt werden, in denen eine gesamtschuldnerische Haftung von Personenmehrheiten ausgeschlossen sein soll.
118Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. September 2015 - 4 C 3.14 -, juris Rn. 13; OVG NRW, Urteil vom 12. Dezember 1988 - 16 A 1669/87 -, NJW 1989, 2561 = juris Rn. 2.
119Wen sie im Fall der Personenmehrheit als Schuldner heranzieht, hat die anspruchstellende öffentlich-rechtliche Körperschaft nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Das Ermessen ist sehr weit. Erlaubt ist insbesondere eine Auswahl aus finanziellen oder aus verwaltungspraktischen Gründen. Innerhalb der ihrem Ermessen lediglich durch Willkürverbot und offenbare Unbilligkeit gezogenen Grenzen kann die Behörde den Gesamtschuldner in Anspruch nehmen, dessen Wahl ihr geeignet und zweckmäßig erscheint. Deshalb sind Ermessenserwägungen zur Auswahl eines Gesamtschuldners nur dann veranlasst, wenn Willkür- oder Billigkeitsgründe geltend gemacht werden und tatsächlich vorliegen. Einwände eines Schuldners gegen seine Auswahl müssen dabei auf Billigkeitserwägungen beruhen, die gerade ihn selbst betreffen. Nicht einwenden kann ein Schuldner, dass es andere Gesamtschuldner gebe, die ebenfalls oder an seiner Stelle heranzuziehen seien.
120Vgl. BVerwG, Urteile vom 10. September 2015 ‑ 4 C 3.14 -, juris Rn. 17, vom 21. Oktober 1994 ‑ 8 C 11.93 -, NVwZ-RR 1995, 305 = juris Rn. 6, und vom 22. Januar 1993 - 8 C 57.91 -, NJW 1993, 1667 = juris Rn. 20.
121Gemessen an diesen Maßstäben darf die Klägerin die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen. Wie gezeigt, sind beide Beklagten ihr gegenüber gemäß § 57 Abs. 5 HG NRW aufgrund der ihnen anzulastenden haushaltsrechtlichen Pflichtverstöße gleichermaßen in vollem Umfang schadensersatzpflichtig, wobei die Klägerin die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist. Die Begriffsmerkmale der §§ 421 Satz 1, 840 BGB sind dadurch ausgefüllt.
122Die Inanspruchnahme gerade der Beklagten zu 1. und 2. ist nicht ermessensfehlerhaft. Sachlicher Grund für diese ist, dass in Bezug auf sie klare Anknüpfungspunkte für die Haftung vorhanden sind. Jeder der Beklagten hätte die Möglichkeit gehabt, die Aufstellung und Ausführung der 1. Nachtragshaushalts 2007/08 zu verhindern. Der Beklagte zu 1. als AStA-Vorsitzender und der Beklagte zu 2. als stellvertretender AStA-Vorsitzender und Finanzreferent waren an der Aufstellung und Ausführung des 1. Nachtragshaushalts zur Finanzierung der Mensa-Party am 8. Dezember 2007 maßgeblich beteiligt. Der Beklagte zu 1. hat durch die Unterzeichnung der Verträge insbesondere für die zu engagierenden Bands eine der Hauptursachen für den Schaden gesetzt. Der Beklagte zu 2. war aufgrund seiner Pflichtenstellung aus § 7 HWVO NRW in besonderer Weise für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Haushaltsmittel verantwortlich. Dass außerdem noch andere Schuldner etwa aus dem Kreis der damaligen AStA(‑Vorstands-)Mitglieder - wie der damalige Kulturreferent, Herr D. B. - in Betracht hätten kommen können, ändert an der Gesamtschuldnerstellung der Beklagten zu 1. und 2. nichts. Die Klägerin musste sich nicht auf eine Ermittlung von deren eventuellen (Mit-)Verursachungsbeiträgen mit unsicherem Ausgang einlassen. Sie darf sich stattdessen aus den genannten Gründen an die Beklagten zu 1. und 2. halten, die ggf. im Wege des Binnenausgleichs entsprechend § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB womögliche weitere Schuldner in Regress nehmen können.
1235. Der Anspruch der Klägerin auf Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit, die am 23. Dezember 2009 eingetreten ist, gründet sich auf § 291 BGB analog.
124Vgl. zu diesem Zinsanspruch zuletzt etwa BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D -, NVwZ 2014, 1523 = juris Rn. 44 f.
125Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 2 VwGO.
126Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und Nr. 11, 709, 711 ZPO.
127Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 26. Jan. 2016 - 15 A 333/14
Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 26. Jan. 2016 - 15 A 333/14
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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 26. Jan. 2016 - 15 A 333/14 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
Tenor
I.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 13. Juli 2012 - M 21 K 11.4526 - wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 2.211,33 Euro festgesetzt.
Gründe
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Beamtinnen und Beamte, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten verletzt haben, haben dem Dienstherrn, dessen Aufgaben sie wahrgenommen haben, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Haben zwei oder mehr Beamtinnen und Beamte gemeinsam den Schaden verursacht, haften sie gesamtschuldnerisch.
(2) Hat der Dienstherr Dritten Schadensersatz geleistet, gilt als Zeitpunkt, zu dem der Dienstherr Kenntnis im Sinne der Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches erlangt, der Zeitpunkt, zu dem der Ersatzanspruch gegenüber Dritten vom Dienstherrn anerkannt oder dem Dienstherrn gegenüber rechtskräftig festgestellt wird.
(3) Leistet die Beamtin oder der Beamte dem Dienstherrn Ersatz und hat dieser einen Ersatzanspruch gegen Dritte, geht der Ersatzanspruch auf sie oder ihn über.
Beamtinnen und Beamte, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten verletzen, haben dem Dienstherrn, dessen Aufgaben sie wahrgenommen haben, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Haben mehrere Beamtinnen oder Beamte gemeinsam den Schaden verursacht, haften sie als Gesamtschuldner.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
Tatbestand
- 1
Der Kläger steht als Bundesbeamter im Amt eines Oberbrandmeisters im Dienst der Beklagten und wendet sich gegen seine Inregressnahme aufgrund der Beschädigung von zwei Dienstfahrzeugen der Beklagten.
- 2
Der hier streitgegenständliche Unfall ereignete sich am (…) 2010 gegen 9.30 Uhr auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes A. bei sonnigem, trockenem Wetter. Der Kläger hatte ebenda das Bundeswehrfahrzeug - ein spezielles Brandeinsatzfahrzeug - mit dem amtlichen Kennzeichen (…) (Marke: Mercedes Benz Wolf; Tag der Erstzulassung: (…) 1994) auf einer zur dortigen Feuerwache gehörenden und an die dem öffentlichen Verkehr gewidmete E-Straße grenzende Fahrzeugabstellfläche in Höhe eines gegenüberliegenden Wachgebäudes bei der beschrankten Zufahrt des Truppenübungsplatzes abgestellt. Die Abstellfläche war einerseits (ostseitig) durch einen Maschendrahtzaun, welcher das Gelände der Feuerwache umgab, getrennt, während der Abstellplatz andererseits (westseitig) noch mehrere Meter Abstellfläche bot. Am Fahrbahnrand der E-Straße hatte in einem Abstand von ca. ein bis zwei Metern vom Maschendrahtzaun unmittelbar an der Ecke zur Abstellfläche ein weiteres Bundeswehrfahrzeug (Mercedes Unimog; amtliches Kennzeichen: (…)) geparkt, so dass von der Abstellfläche keine uneingeschränkte Sicht nach links auf die E-Straße gegeben war. Der Mercedes Unimog wies eine größere Fahrzeughöhe auf als das Brandfahrzeug des Klägers.
- 3
Als der Kläger am Steuer des Mercedes Benz Wolf für eine Dienstfahrt direkt von der Abstellfläche vorbei an dem Fahrzeug Mercedes Unimog in Richtung links auf die E-Straße auffuhr, kam es in einem seitlichen Abstand von ca. zwei Metern zum Mercedes Unimog zum Zusammenstoß mit dem von links auf der E-Straße herannahenden und vom Arbeiter H. geführten Bundeswehrfahrzeug (…) (Marke: Daimler-Chrysler Axor 1833 AK LKW; Tag der Erstzulassung: (…) 2006), wodurch beide Fahrzeuge beschädigt wurden. Der LKW Daimler-Chrysler Axor, in dem sich zugleich der Beifahrer R. befunden hatte, wies eine noch größere Fahrzeughöhe auf als der am Rand parkende Mercedes Unimog.
- 4
Zu dem Unfallhergang haben die unmittelbaren Beteiligten im Verwaltungsverfahren folgende Angaben gemacht:
- 5
Am (…) 2010 gab der Kläger an, das vor dem Gebäude der Feuerwehr parkende Fahrzeug Unimog habe ihm die uneingeschränkte Sicht in die beabsichtigte Fahrtrichtung versperrt. Bei dem Versuch, sich langsam an diesem Fahrzeug vorbei nach links einzuordnen und zu orientieren, sei er durch Bremsenquietschen eines offensichtlich von rechts kommenden LKW abgelenkt worden. Während des langsamen Vorrollens habe er versucht, durch Rechtsorientierung die Ursache des Bremsgeräusches zu klären. Dabei habe er einen vor der geschlossenen Schranke der Wache haltenden LKW erkannt. Der ganze Vorgang habe nur Sekunden gedauert. Bei der Blickwendung nach links habe er den heranfahrenden Daimler-Chrysler-LKW erkannt. Bei dem Versuch, sein Fahrzeug durch Bremsen zum Stehen zu bringen, sei sein Fuß vom Bremspedal gerutscht, so dass es zum Zusammenstoß gekommen sei. Vor dem Feuerwehrgebäude hätten sich keine Kollegen aufgehalten, die ihn bei der Ausfahrt von der Parkfläche verkehrstechnisch hätten unterstützen können. Am (…) 2010 ergänzte der Kläger seine Ausführungen dahingehend, dass sein Fahrzeug erst aufgrund des Unfallgeschehens zum Stehen gekommen sei und er auch keine Chance gehabt habe, in der Reaktionszeit zu bremsen. Der Unimog habe ihm die Sicht nach links versperrt und ein herannahendes Bundeswehrfahrzeug, welches beim Bremsen ein lautes Quietschen verursacht habe, habe eine Blickwendung nach rechts erfordert. Ihm sei ein rechtzeitiges Bremsen nahezu unmöglich gewesen, zumal er vom Bremspedal abgerutscht sei.
- 6
Der Fahrer des beschädigten Bundeswehr-LKW, H., gab am (…) 2010 an, dass er auf der Hauptstraße Richtung Wache gefahren sei, als plötzlich das Feuerwehrfahrzeug „Wolf“ von rechts (Parkplatz Feuerwehr) auf die Hauptstraße gefahren sei und ihm die Vorfahrt genommen habe, wodurch es zum Zusammenstoß gekommen sei. Am (…) 2010 äußerte sich Herr H. bei einer weiteren Anhörung dahingehend, dass der Kläger aus parkender Position auf die Hauptstraße gefahren sei und ihm eine Beurteilung von dessen Geschwindigkeit nicht möglich sei. Er selbst habe zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes mit seinem Fahrzeug gestanden. Als der Kläger ca. zwei Meter auf die Straße gefahren sei, sei er mit dem LKW zusammengestoßen. Ergänzend gab Herr H. am (…) 2010 an, er habe beim Befahren der Hauptstraße in Richtung Wache gesehen, wie sich der Kläger hinter dem Fahrzeug Unimog auf Höhe der Feuerwache aufgehalten habe. Mit der Vermutung, dass er zu seinem Fahrzeug „Wolf“ gehe, um loszufahren, habe er - Herr H. - die Geschwindigkeit verringert und eine Bremsung eingeleitet. Das Fahrzeug des Klägers sei plötzlich von rechts auf die Hauptstraße aufgefahren und habe ihm die Vorfahrt genommen. Zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes habe sein LKW gestanden.
- 7
Die Beklagte gab nach der Unfallaufnahme am (…) 2010 und einer ersten Befragung von Unfallbeteiligten das Fahrzeug Mercedes Benz Wolf am (…) 2010 zur Reparatur an die A. GmbH in H-Stadt. Diese stellte unter dem (…) 2010 Reparaturkosten in Höhe von 8.567,60 € (abzüglich 2 % Skonto = 8.396,25 €) in Rechnung. Die Reparaturkosten für den von der Beklagten am (…) 2010 ebenfalls bei der A. GmbH in Reparatur gegebenen Bundeswehr-LKW beliefen sich nach deren Rechnung vom (…) 2010 auf 1.973,82 €.
- 8
Mit Bescheid vom (…) 2010 nahm die Beklagte auf der Grundlage von § 75 BBG den Kläger auf Schadensersatz in Höhe von 8.041,68 € in Anspruch, wobei sie nach den „Bestimmungen über die Bearbeitung von Schadensfällen in der Bundeswehr“ die Ersatzhöhe auf drei „Messbeträge“ begrenzte, die sich aus den Bruttobezügen des Klägers errechneten. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2011 als unbegründet zurück.
- 9
Hiergegen hat der Kläger am 1. März 2011 bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen geltend machte:
- 10
Es sei bereits fraglich, ob durch das ihm vorgeworfene Verhalten tatsächlich ein Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden sei. Es sei insbesondere nicht erkennbar, dass die geltend gemachten Kosten tatsächlich zur Instandsetzung der Fahrzeuge erforderlich und angemessen gewesen seien, um die Beklagte so zu stellen, als hätte er - der Kläger - seine Dienstpflichten nicht verletzt. Jedenfalls dürfte in Bezug auf das von ihm - dem Kläger - gesteuerte Fahrzeug im Hinblick auf das Baujahr 1994 ein wirtschaftlicher Totalschaden anzunehmen sein, der eine Reparatur als wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll erscheinen lasse. Die von der Beklagten angestellten eigenen Recherchen zur Bestimmung des Wiederbeschaffungswertes des Brandfahrzeuges belegten im Übrigen die Unwirtschaftlichkeit der von ihr vorgenommenen Reparatur, denn die von der Beklagten angenommene Instandsetzungsgrenze in Höhe von 5.000,00 € werde vorliegend überschritten. Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Sonderausstattung des Feuerwehrfahrzeuges berufe, sei dies nicht nachvollziehbar. Im Übrigen ließen sich die in der Rechnung vom (…) 2010 aufgeführten Schadenspositionen nicht mit dem sich auf den gefertigten Lichtbildern dokumentierten Schadensbild in Einklang bringen. Daher werde bestritten, dass sämtliche von der Beklagten in Auftrag gegebenen Reparaturen am Fahrzeug erforderlich gewesen seien, um den Unfallschaden zu beseitigen. Im Übrigen wäre die Beklagte gehalten gewesen, vor Durchführung der Reparatur Kostenvoranschläge mehrerer Werkstätten einzuholen, was sie indes verabsäumt habe. Überdies sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte ihn erst nach erfolgter Reparatur zum Vorfall angehört habe, so dass es ihm nicht mehr möglich gewesen sei, den von der Beklagten geltend gemachten Schaden gegebenenfalls durch einen Sachverständigen selbst begutachten zu lassen. Die Bedenken hinsichtlich der Schadenshöhe bezögen sich ebenfalls auf den beschädigten Bundeswehr-LKW.
- 11
Die Ersatzpflicht scheide im Übrigen aus, weil er nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Die in der Rechtsprechung im Straßenverkehr als grob verkehrswidrig angesehenen Fehlverhalten seien mit dem Vorliegenden nicht vergleichbar. Verkehrsunfälle im Zusammenhang mit dem Ein- und Ausparken gehörten mittlerweile fast zum Alltag und stellten sich damit als bloßes Augenblicksversagen dar, welches jedem besonnenen Menschen unterlaufen könne. Werde ein Kraftfahrer während eines Routinevorganges durch äußere Umstände abgelenkt und solcher Art in seiner Konzentrations- und Handlungsfähigkeit beeinträchtigt, könne dies Abweichungen von der üblicherweise praktizierten, bewährten Handlungsweise bewirken, die dem Handelnden infolge der Ablenkung gerade nicht hinreichend deutlich bewusst würden, so dass er mangels Erkenntnis der Notwendigkeit nicht in der Lage sei, gegenzusteuern. Insofern halte er an seiner dienstlichen Erklärung vom (…) 2010 fest. Diese Schilderung sei plausibel und werde nicht aufgrund des von der Beklagten herangezogenen Schadensbildes in Frage gestellt. Es sei unzutreffend, dass er - der Kläger - quasi „blind“ und mit überhöhter Geschwindigkeit nach links auf die Straße eingebogen sei. Auch könne jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass der Fahrer des beschädigten Bundeswehr-LKW mit einer nicht angepassten Geschwindigkeit die E-Straße befahren habe und das Fahrzeug nicht rechtzeitig zum Stehen gekommen sei. Herr H. habe ihm - dem Kläger - gegenüber im Übrigen geäußert, sich nicht ganz sicher zu sein, ob der von ihm gesteuerte LKW zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes bereits zum Stillstand gekommen sei. Das Abrutschen vom Bremspedal sei nicht zuletzt der besonderen Beschaffenheit der Feuerwehrstiefel zuzuschreiben. Im Übrigen habe er bislang an keinem dienstlichen Fahrsicherheitstraining teilgenommen.
- 12
Der Kläger hat beantragt,
- 13
den Bescheid der Beklagten vom 1. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2011 aufzuheben.
- 14
Die Beklagte hat beantragt,
- 15
die Klage abzuweisen.
- 16
Sie verteidigte die angefochtenen Bescheide und führte ergänzend aus, dass es Pflicht eines jeden Bundesbeamten sei, das Eigentum des Bundes, welches ihm zur Erledigung der dienstlichen Aufgaben anvertraut sei, sorgfältig zu behandeln und vor Beschädigung und Verlust zu schützen. Gegen diese Pflicht habe der Kläger vorliegend in grob fahrlässiger Weise verstoßen, wodurch ein Schaden an den zwei bezeichneten Fahrzeugen entstanden sei, welcher - anteilig - geltend gemacht werde. Das Verhalten des Klägers verstoße gegen § 10 Abs. 1 StVO, wenn er sich - wie ausgeführt - ausschließlich nach links orientiert haben will. Im Übrigen werde die Behauptung des Klägers, von rechts seien Quietschgeräusche wegen eines herannahenden LKW zu hören gewesen, als Schutzbehauptung gewertet. Denn der seinerzeit wachhabende Pförtner A. habe in zwei Telefonaten geäußert, dass zum Unfallzeitpunkt - wenn auch nicht ganz sicher - kein LKW an der definitiv geschlossenen Schranke gehalten habe bzw. angekommen sei. Des Weiteren spreche das Schadensbild gegen die Einlassungen des Klägers dahingehend, er habe sich mit der größtmöglichen Sorgfalt langsam fahrend auf die E-Straße vorgetastet. Bei dem Abrutschen vom Bremspedal handele es sich lediglich um eine Schutzbehauptung, zumal dieser als berufserfahrener Feuerwehrmann seit vielen Jahren im Dienst der Beklagten mit Dienstkleidung tätig sei und offenbar erst in der strittigen Unfallsituation erstmals ein Abrutschen vorgekommen sein solle.
- 17
Die reparierten Schäden seien auch durch das Unfallereignis herbeigeführt worden. Die Reparaturkosten seien angemessen; ein wirtschaftlicher Totalschaden liege nicht vor. Sie habe auf die Einholung von Sachverständigengutachten für beide Bundeswehrfahrzeuge verzichtet, da eine solche Verpflichtung nicht bestehe und die Gutachterkosten den Gesamtschaden zu Lasten des Klägers beträchtlich erhöht hätten. Des Weiteren habe es sich bei der Reparaturwerkstatt um eine seit 20 Jahren in Sachsen-Anhalt zuverlässig mit der Bundeswehr zusammenarbeitende Rahmenvertragsfachwerkstatt mit Kostenangebotserstellung gehandelt. Deren Kostenvoranschläge seien im Übrigen von erfahrenen Fachwerkstattmitarbeitern der Bundeswehr überprüft worden.
- 18
Mit - der Beklagten am 22. März 2012 zugestellten - Urteil vom 16. März 2012 hat das Verwaltungsgericht Magdeburg nach Beweiserhebung durch Vernehmung der Zeugen H. und R. der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen darauf abgestellt, dass als Rechtsgrundlage § 75 BBG in Betracht komme und der Kläger als Beamter auch unzweifelhaft einen Schaden seines Dienstherrn verursacht habe. Allerdings habe er bei dem Unfallereignis seine Sorgfaltspflichten nicht grob fahrlässig im Sinne des Gesetzes verletzt. Nach dem gesamten Eindruck, den das Gericht auch aufgrund der Beweisaufnahme zum Sachverhalt gewonnen habe, sei zwar festzustellen, dass der Kläger als Fahrzeugführer seine Sorgfaltspflichten beim Einbiegen in die E-Straße fahrlässig verletzt habe, da er bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt den Zusammenstoß mit dem Bundeswehr-LKW hätte vermeiden können. Denn ihm sei die Sicht beim Abbiegen nach links durch den abgestellten Bundeswehr-Unimog versperrt gewesen, so dass er den vom Zeugen H. gesteuerten Bundeswehr-LKW nicht rechtzeitig genug bemerkt habe. Der Kläger hätte sein Fahrzeug verlassen und sich vergewissern müssen, dass die E-Straße frei sei und für den Abbiegevorgang auch frei bleibe. Auch hätte er sich, etwa mit Hilfe der Bediensteten von der nahegelegenen Wache, einweisen lassen können. Bei sorgfältigem Verhalten wäre der Unfall in jedem Fall vermieden worden.
- 19
Indessen habe der Kläger nicht grob fahrlässig gehandelt, denn er habe die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht im ungewöhnlich starken Maß außer Acht gelassen. Vielmehr handele es sich um ein typisches „Augenblicksversagen“. Aufgrund des abgestellten Unimog sei dem Kläger einfach nicht bewusst gewesen, dass sich hinter diesem Fahrzeug der LKW des Zeugen R. befunden habe bzw. habe befinden können. Nach Lage der Dinge sei die E-Straße nur wenige Meter von der Einfahrtstelle des Klägers entfernt durch eine Schranke vom öffentlichen Straßenverkehr abgesperrt. In der Nähe der Schranke fahre man daher naturgemäß langsam. Dadurch sinke das Bewusstsein für Gefahren auf und von dieser Straße. Der Kläger habe in der Situation kurz vor dem Unfall einfach nicht bedacht, dass er auf ein möglicherweise hinter dem abgestellten Unimog fahrendes Fahrzeug achten müsse. Dies sei selbstverständlich fahrlässig, passiere jedoch auch einem normalerweise sorgfältig und umsichtig handelnden Fahrer. Dies sei daher nicht als ungewöhnlich schwerer Sorgfaltsverstoß zu bewerten. Für ein Augenblicksversagen des Klägers sprächen insbesondere die von der Beklagten eingeholten Stellungnahmen der Vorgesetzten des Klägers zu seinem sonstigen Verhalten, wonach der Kläger über ein außerordentlich hohes Verantwortungsbewusstsein, beispielhaftes Engagement und Zielstrebigkeit bei der Lösung von Problemen verfüge. Er zeichne sich durch ein außerordentlich hohes Verantwortungsbewusstsein, vorbildliches Engagement und Zielstrebigkeit aus. Er trage entscheidend zu einer reibungslosen Auftragserfüllung bei der betreffenden Feuerwehreinheit bei. Er zeige immer die notwendige Umsicht und Entschlossenheit. Seine Eigeninitiative, Führungsverantwortung und Vorbildfunktion seien besonders herausragend. Er sei eine äußerst wichtige Stütze der Feuerwehr des Truppenübungsplatzes. Die Beklagte habe es letztlich selbst für erforderlich gehalten, diese Charaktereigenschaften durch die Vorgesetzten des Klägers darstellen zu lassen. Danach könne offen bleiben, ob und inwieweit der Kläger durch ein von rechts kommendes Geräusch abgelenkt gewesen sei und inwieweit die Beschaffenheit seines Fahrzeuges im Lenkbereich sowie seiner Dienststiefel einen schnelleren Stillstand des Fahrzeuges beeinträchtigt hätten.
- 20
Auf den hiergegen von der Beklagten mit am 20. April 2012 bei dem Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt eingegangenem Schriftsatz gerichteten Antrag hat der erkennende Senat die Berufung gegen das vorbezeichnete Urteil wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO mit - der Beklagten am 30. Juli 2012 zugestelltem - Beschluss vom 23. Juli 2012 zugelassen. Mit am 27. August 2012 bei dem Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte ihre Berufung im Wesentlichen wie folgt ergänzend begründet:
- 21
Das grob fahrlässige Verhalten des Klägers liege darin begründet, dass er, ohne in die beabsichtigte Fahrtrichtung überhaupt einsehen zu können und sich von der Gefahrlosigkeit seines Handelns zu überzeugen, trotzdem in die Hauptstraße eingebogen sei und dies dann auch noch mit unangemessen hoher Geschwindigkeit. Dieses Verhalten sei sowohl objektiv grob fahrlässig als auch subjektiv. Die besondere Vorwerfbarkeit seines Handelns zeige sich im Einzelnen dadurch, dass er trotz eines massiven Sichthindernisses in seiner Fahrtrichtung von einem Parkplatz nach links in eine Hauptstraße eingebogen sei, obwohl er die Straße nach links gar nicht habe einsehen können. Ebenso wenig habe er den genau gegenüber befindlichen Wachmann gebeten, ihm zu helfen oder diesen wenigstens angehupt, um sich mit Gesten oder Ähnlichem zu vergewissern, dass ein Einbiegen gefahrlos möglich sei, und nicht die mit dem Be- und Entladen des an der Seite parkenden Unimog Beschäftigten um Einweisung bzw. Hilfe gebeten. In Anbetracht der gänzlich fehlenden Sicht nach links sei er viel zu schnell in den nicht einsehbaren Bereich eingefahren. Wäre der Kläger wirklich zentimeterweise im Schritttempo in den Verkehrsraum hinein gefahren, wäre es zu solch großen Sachschäden an beiden Fahrzeugen nicht gekommen. Des Weiteren sei der Kläger auch nicht dem Rechtsfahrgebot ausreichend nachgekommen und von der rechten Fahrspur vom Parkplatz in die Hauptstraße eingebogen. Dies stelle ein Verstoß gegen §§ 2 Abs. 2, 10 Abs. 1 StVO dar. Überdies habe er nicht vor dem Hereinrollen in die Hauptstraße mehrfach gehupt, um auf sich aufmerksam zu machen, und sei weiter nach links in die Hauptstraße hinein gefahren, obwohl er nach rechts geblickt und ein Bremsenquietschen wahrgenommen haben will.
- 22
Das Verhalten des Klägers sei auch nicht als ein Augenblicksversagen zu qualifizieren, da in der Person des Klägers keine besonderen Umstände hinzugekommen seien, die den Grund des momentanen Versagens erkennen und in einem milderen Licht erscheinen ließen. Weder das vermeintliche Abrutschen von der Bremse noch das angebliche Bremsgeräusch von rechts oder die charakterliche und Leistungseinschätzung des Klägers durch Vorgesetzte rechtfertigten die Annahme besonderer Umstände, die den Grund des momentanen Versagens erkennen und in einem milderen Licht erscheinen ließen. Die Feuerwehreinsatzstiefel, die der Kläger zum Unfallzeitpunkt getragen habe, seien geprüft und zertifiziert. Sie seien zum Fahren der Feuerwehrfahrzeuge geeignet und entsprechend zugelassen. Wenn der Kläger als berufserfahrener Feuerwehrmann aus seinem praktischem Erleben gleichwohl gewusst hätte, dass er in der von ihm angegebenen Sitzposition sein Fahrzeug nicht habe sicher bedienen können, hätte er anders als tatsächlich an das Sichthindernis heranfahren müssen. Der seinerzeitige Wachmann S. habe auf Befragen am (…) 2011 mitgeteilt, dass er seinerzeit nichts von dem Unfallgeschehen gesehen habe. Es sei jedoch ein LKW an der Schranke gewesen, der indes erst gekommen sei, nachdem der Unfall sich ereignet habe. Ein Brems- und Quietschgeräusch sei nur vom Unfall gekommen.
- 23
Das vom Kläger beschädigte Feuerwehrleitfahrzeug sei ein Spezialfeuerwehrfahrzeug, bei dem es sich nicht um ein handelsübliches Kfz handele. Insbesondere verfüge es neben der feuerwehrroten Lackierung über feuerwehrspezifische Einsatzbauten, die einen ganz erheblichen Kostenanteil bei der Anschaffung ausgemacht hätten und auch nicht marktüblich seien. Jede Feuerwache besitze ein eigenes Feuerwehrleitfahrzeug, insoweit beständen keine Depots, auf welche hätte zurückgegriffen werden können, um das beschädigte Fahrzeug zu ersetzen. Daher sei die Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit dieses Fahrzeuges unbedingt erforderlich gewesen. Aus diesem Grunde sei von Anfang an auf eine zügige Reparaturfreigabe gedrängt worden. Ihr sei es aufgrund des für sie anzuwendenden Haushalts- und Vergaberechtes auch verwehrt, freihändig im Einzelfall andere Einzelwerkstätten mit Reparaturarbeiten zu betrauen oder Ersatzbeschaffungen vorzunehmen. Ob ein beschädigtes Dienst-Kfz nach einem Unfall überhaupt noch zu reparieren sei, sei detailliert und verbindlich in der „besonderen Anweisung Nutzungssteuerung“ geregelt. Nach den insoweitigen bundeswehrspezifischen Vorgaben habe eine Instandsetzungshöchstgrenze für das Feuerwehrspezialfahrzeug bei 22.000,00 € gelegen. Diese sei vorliegend indes nicht überschritten. Die Berechnung der Instandsetzungskostengrenze werde durch amtlich anerkannte und damit sachverständige Prüfer der Bundeswehr durchgeführt. Der Wiederbeschaffungspreis für ein entsprechendes Feuerwehrspezialfahrzeug hätte sich mit Stand (…) 2012 demgegenüber auf 51.129,00 € belaufen.
- 24
Vor Antritt einer Dienstfahrt mit einem Bundeswehr-Kfz sei jeder Nutzer verpflichtet, den Zustand des Kfz zu überprüfen und im Falle der Feststellung von Schäden, Mängeln oder Fehlfunktionen dies vor Fahrbeginn auf einem dafür vorgesehenen Bogen zu vermerken oder dem Schichtleiter anzuzeigen. Derartige Eintragungen habe der Kläger in Bezug auf das von ihm verwendete Fahrzeug nicht vorgenommen. Das Feuerwehrspezialfahrzeug sei im Übrigen regelmäßig gewartet und alle zwei Jahre vollständig überprüft worden. Zwischen den Hauptuntersuchungen auftretende Schäden würden gemeldet und fachgerecht behoben.
- 25
Die Beklagte nahm mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2012 die Kostenposition Getriebestrebe (11,62 €) und den dazugehörigen Arbeitswert (34,80 €) in Höhe von insgesamt 46,42 € zuzüglich Umsatzsteuer aus ihrer Schadensberechnung heraus, ohne dass sich dies indes auf die geltend gemachte Regresshöhe ausgewirkt hat. Aufgrund von weiteren Nachermittlungen nahm die Beklagte mit Schriftsatz vom 10. Januar 2013 die Schadenspositionen „Teilelackierungen und Konservieren“ in Höhe von 695,00 € sowie für „Lackiermaterial“ in Höhe von 75,00 € als nicht mehr schadensursächlich aus ihren Berechnungen heraus. Sie - die Beklagte - realisiere ihre Fürsorgepflicht im Übrigen durch eine Begrenzung der Haftung bei grober Fahrlässigkeit auf maximal drei Messbeträge. Diese orientierten sich am Grundgehalt des heranzuziehenden Beamten zum Schadenszeitpunkt. Weitere Fürsorgegründe für eine weitere Reduktion des geltend gemachten Schadensersatzes seien nicht ersichtlich.
- 26
Die Beklagte beantragt,
- 27
unter Abänderung des auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2012 ergangenen Urteiles des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 16. März 2012 die Klage abzuweisen.
- 28
Der Kläger beantragt,
- 29
die Berufung zurückzuweisen.
- 30
Er trägt in Ergänzung zu seinen bisherigen Ausführungen vor:
- 31
Das Verwaltungsgericht habe den Grad des Verschuldens nach erfolgter Beweisaufnahme zutreffend gewürdigt. Ein Fall grober Fahrlässigkeit liege nicht vor, weil es sich um ein typisches Augenblicksversagen gehandelt habe. Er habe insoweit nur für eine kurze Zeit die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen. Auch aus den eingeholten Stellungnahmen der Vorgesetzten ergäbe sich, dass ihm lediglich ein einmaliges Fehlverhalten zu bescheinigen sei. Durch die Nichtberücksichtigung der von den Vorgesetzten eingeholten Stellungnahmen über den Kläger verhalte sich die Beklagte widersprüchlich. Die Fahrtstrecke des Feuerwehrfahrzeuges bis zur Kollision habe zudem nicht die von der Beklagten angenommenen zehn Meter betragen, sondern allenfalls drei bis vier Meter, so dass wegen dieses kurzen Zeitraums eine Beschleunigung, wie von der Beklagten unterstellt, technisch gar nicht möglich gewesen sei. Dass er mit überhöhter Geschwindigkeit in die Straße eingebogen sei, sei durch die Zeugen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gerade nicht bestätigt worden. Ebenso habe der diensthabende Wachmann S. am (…) 2010 der Beklagten gegenüber bestätigt, dass er - der Kläger - nur langsam vom Parkplatz gerollt sei. Es widerspreche der Fürsorgepflicht, diese entlastenden Umstände nicht zu ermitteln bzw. zu berücksichtigen. Soweit er von der Beklagten darauf verwiesen werde, einen Wachmann bzw. eine andere Person um Hilfe zu bitten, entspreche dies nicht der Lebenswirklichkeit. Kein Verkehrsteilnehmer in der konkreten Situation hätte sich so verhalten wie von der Beklagten gefordert. Jedenfalls könne hierin kein besonderer Leichtsinn erblickt werden. Darüber hinaus gehöre es nicht zu den dienstlichen Aufgaben des Wachmannes, die eingeforderte Hilfeleistung zu erbringen. Die Personen, die den Unimog be- und entladen hätten, seien zum Unfallzeitpunkt nicht mehr vor Ort gewesen, sondern hätten sich im Haus befunden. Im Übrigen handele es sich bei der Feuerwehrstellfläche nicht um einen Parkplatz.
- 32
Die Schadenshöhe bleibe bestritten, insbesondere werde weiterhin bezweifelt, dass die von der Beklagten in Auftrag gegebene Reparatur tatsächlich erforderlich gewesen sei, um einen Unfallschaden zu beseitigen. Teilweise ergäben sich die in der Rechnung vom (…) 2010 aufgeführten Positionen nicht aus dem durch die Fotos ersichtlichen Schadensbild. Insbesondere sei nach dem Unfall auch kein Wasser ausgetreten. Unklar bleibe auch, ob und welche Vorschäden vorgelegen hätten. Soweit die Beklagte auf ihre Dienstvorschrift TDv 2320/085-22/1 verweise, sei festzuhalten, dass sich das betreffende Fahrzeug am Unfalltag in einem altersentsprechenden, fahrbereiten Zustand befunden habe. Eine Verwitterung bzw. Eintrübung des Lackes sowie Kratzer seien an dem Fahrzeug allerdings bereits festzustellen gewesen, als dieses im März 1999 dem Truppenübungsplatz A. zur Verfügung gestellt worden sei. Der Lack sei im Laufe der Zeit stumpf, ausgeblasst und mit etlichen Kratzern versehen gewesen. Es habe sich dabei um einen gewöhnlichen Abnutzungszustand gehandelt, der nicht in den jeweiligen Fahrbefehlen hätte aufgeführt werden brauchen. Im Übrigen hätte ein Fahrzeugführer vor Antritt der Dienstfahrt keine detaillierte Prüfung sämtlicher Fahrzeugteile vornehmen müssen. Soweit die Beklagte zudem auf die vollständige Überprüfung der Fahrzeuge alle zwei Jahre verweise, habe diese bei dem Fahrzeug (…) bereits am 19. Mai 2008 stattgefunden. Welche konkreten Schadensfolgen der Unfall im Ergebnis gehabt habe, hätte nur durch ein Sachverständigengutachten unmittelbar nach dem Unfall und vor einer Reparatur beantwortet werden können. Soweit die Beklagte auf einen Neuanschaffungspreis von 51.129,00 € verweise, sei die Berechnung nicht nachvollziehbar. Aus dem Regelwerk BeSAnNUStrg ergebe sich dies selbst nicht. Das im Berufungsverfahren eingeholte schriftliche Sachverständigengutachten beruhe weitgehend nur auf Hypothesen und könne sich nicht auf hinreichend gesicherte Tatsachen stützen. Die nunmehr eingetretenen Beweisschwierigkeiten gingen zu Lasten der Beklagten. Die Frage der Unfallbedingtheit der behaupteten Schäden müsse unter Berücksichtigung der Tatsache geklärt werden, dass das Feuerwehrfahrzeug nach dem Losfahren bis zum Unfall lediglich über eine Distanz von etwa fünf Meter bewegt worden sei. Bezüglich des vom Gutachter angenommenen Schadens fehle es letztlich an einem Nachweis, dass dieser durch eine grob fahrlässige Pflichtverletzung des Klägers verursacht worden sei.
- 33
Im Rahmen der Führsorgepflicht habe sich der Dienstherr schließlich bei allen Handlungen und Maßnahmen vom Wohlwollen dem Beamten gegenüber leiten zu lassen. Soweit die Beklagte darauf verweise, dass sie ihre Fürsorgepflicht durch eine Begrenzung der Haftung bei grober Fahrlässigkeit auf maximal drei Messbeträge vornehme, werde diese Grenze offenbar nicht starr angewandt. Es bestehe offenbar ein Beurteilungsspielraum, den die Beklagte vorliegend nicht angemessen wahrgenommen habe. Im Übrigen habe seine Nettobesoldung im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 31. Juli 2010 inklusive Zulagen- und Überstundenvergütung insgesamt lediglich 19.512,00 € betragen.
- 34
Der Senat hat durch Beschluss vom 11. April 2013 durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis darüber erhoben, welche Schäden an den Bundeswehrfahrzeugen, die in der Rechnung als Reparaturkostenpositionen aufgeführt sind, auf das Unfallereignis am (...) 2010 zurückzuführen sind, welche Kosten (Reparaturaufwand) die festgestellten Schäden verursacht haben sowie welchen Verkehrswert oder hilfsweise welchen anderen Wert in Euro die Bundeswehrfahrzeuge am (...) 2010 besessen haben. Der Sachverständige wurde in der mündlichen Verhandlung gehört. Des Weiteren wurde in der mündlichen Verhandlung der Zeuge S. zum Unfallhergang vernommen.
- 35
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der Beweiserhebung wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und die Sitzungsniederschrift, sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte A) verwiesen.
Entscheidungsgründe
- 36
1. Die gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2012 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 16. März 2012 gerichtete Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 1. November 2010 sowie ihr Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2011 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger mithin nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 BBG haben Beamte, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten verletzt haben, dem Dienstherrn, dessen Aufgaben sie wahrgenommen haben, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Der Dienstherr kann den Beamten auf dieser Rechtsgrundlage auch durch Verwaltungsakt heranziehen (vgl.: BVerwG, Urteil vom 17. September 1964 - II C 147.61 -, BVerwGE 19, 243 [m. w. N.]). Im gegebenen Fall hat der Kläger die ihm obliegende Dienstpflicht, das Eigentum und das Vermögen des Dienstherrn nicht zu schädigen und sorgsam wie pfleglich mit den ihm dienstlich anvertrauten Sachgütern umzugehen und bei der Dienstfahrt § 10 Satz 1 StVO zu beachten (a), grob fahrlässig verletzt (b) und dadurch einen Schaden an den vorbezeichneten Fahrzeugen der Beklagten in der von der Beklagten geltend gemachten Höhe verursacht (c).
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a) Als dem Beamten obliegende dienstliche Pflichten sind sämtliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften nebst Weisungen für den Einzelfall zu verstehen, die ihm abstrakt ein bestimmtes äußeres Verhalten vorschreiben (siehe: Plog/Wiedow, BBG, § 75 Rn. 15), etwa die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung bei Dienstfahrten (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 1981 - 2 B 4.80 -, Buchholz 232 § 78 BBG Nr. 26 [m. w. N.]; OVG LSA, Beschluss vom 5. Mai 2010 - 1 L 55/10 -, juris [m. w. N.]). Zu den allgemeinen Dienstpflichten des Beamten gehört es ferner, das ihm anvertraute oder auch nur schlicht zur Verfügung gestellte dienstliche Material sorgfältig zu behandeln und vor Beschädigung zu schützen (BVerwG, Urteil vom 12. August 2008 - 2 A 8.07 -, juris [m. w. N.]; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27. Mai 2013 - 5 LB 96/13 -, juris).
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Im gegebenen Fall hat der Kläger seine Dienstpflicht, das Eigentum der Beklagten nicht zu schädigen, nicht nur dadurch verletzt, dass er am Steuer des Mercedes Benz Wolf für eine Dienstfahrt direkt von der Abstellfläche des Feuerwehrgebäudes, vorbei an dem Fahrzeug Mercedes Unimog, in Richtung links auf die E-Straße auffuhr und es aufgrund dessen in einem seitlichen Abstand von ca. zwei Metern zum Mercedes Unimog zum Zusammenstoß mit dem von links auf der E-Straße herannahenden und bereits zum Stehen gekommenen Daimler-Chrysler Axor kam, wodurch beide Fahrzeuge beschädigt wurden. Der Kläger hat dadurch zugleich gegen § 10 Satz 1 StVO verstoßen.
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Danach hat derjenige, der aus einem Grundstück auf die Straße oder von anderen Straßenteilen auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen. § 10 Satz 1 StVO legt dem aus einem Grundstück auf die Straße einfahrenden Fahrzeugführer gesteigerte Pflichten auf. Die Pflichten werden nicht dadurch gemindert, dass der Vorfahrtsberechtigte unter Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot die linke Straßenseite benutzt. Das Vorfahrtsrecht der auf der Straße fahrenden Fahrzeuge gegenüber einem auf eine Straße Einfahrenden gilt grundsätzlich für die gesamte Fahrbahn. Der aus einem Grundstück kommende Fahrzeugführer hat sich grundsätzlich darauf einzustellen, dass der ihm gegenüber Vorfahrtsberechtigte in diesem Sinne von seinem Recht Gebrauch macht. Selbst das Befahren der linken Fahrbahn beseitigt nicht die Verpflichtung des Einfahrenden, dem fließenden Verkehr den Vorrang zu belassen und diesen nicht zu behindern (BGH, Urteil vom 20. September 2011 - VI ZR 282/10 -, juris [m. w. N.]). Für die rechtliche Einordnung einer Verkehrsfläche als Grundstücksausfahrt im Sinne von § 10 StVO oder als Einmündung einer Straße im Sinne von § 8 Abs. 1 StVO, ist dabei allein deren Verkehrsbedeutung maßgeblich. Ausbau und Gestaltung der Verkehrsfläche bzw. des Verkehrswegs können als äußere Kriterien nur Anhaltspunkte u. a. für eine Schlussfolgerung auf die allein maßgebliche Verkehrsbedeutung sein (BGH, Urteil vom 23. Juni 1987 - VI ZR 296/86 -, juris [m. w. N.]).
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Hiervon ausgehend handelt es sich bei der Abstellfläche neben dem Feuerwehrgebäude nicht um eine Straße im Sinne von § 8 Abs. 1 StVO, da sie als bloße Freifläche u. a. zum vorübergehenden Abstellen von (Feuerwehr-)Fahrzeugen diente, nicht weiter ausgebaut oder angelegt und im Übrigen auch nicht - wie der Kläger selbst ausführt - als Parkfläche, insbesondere durch das Zeichen 314 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO gesondert ausgewiesen war. Die Abstellfläche bildet vielmehr eine Verkehrsfläche als Grundstücksausfahrt im Sinne von § 10 StVO. Dies ergibt sich unzweifelhaft auch aus den in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Lichtbildern, die eine - aufgrund fehlenden Ausbaues und Kennzeichnung - optische deutliche Abgrenzung von der angrenzenden E-Straße erkennen lassen. Selbst wenn es sich bei der Abstellfläche um einen Straßenteil der E-Straße handelte, änderte dies vorliegend nichts an den verkehrlichen Rechtspflichten des Klägers nach § 10 Satz 1 StVO, da diese Norm dem auf die Fahrbahn einfahrenden Fahrzeugführer dieselben gesteigerten Pflichten auferlegt.
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Diesen gesteigerten Pflichten ist der Kläger vorliegend nicht nachgekommen, denn er hat sich objektiv nicht so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Denn der Kläger ist, ohne dass er eine (zureichende) Sicht in Fahrtrichtung nach links hatte, in die gemäß § 10 Satz 1 StVO vorfahrtsberechtigte E-Straße eingefahren, so dass sich infolgedessen die mit dieser Rechtsvorschrift zu vermeidende Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer letztlich realisiert hat. Dabei geht der Senat zugunsten des Klägers davon aus, dass er sich gemäß seiner Einlassung, die durch die Angaben des Zeugen S. in der Berufungsverhandlung insoweit bestätigt worden ist, sehr langsam in die Straße hineinbewegt hat; Gegenteiliges vermochte auch der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten und auf mündliche Befragung in der Berufungsverhandlung hin nicht festzustellen. Der Kläger hat sich ebenso wenig, wie dies § 10 Satz 1 2. HS StVO vorgibt, einweisen lassen, obwohl dies aufgrund der fehlenden - hinreichenden - Sicht in Fahrtrichtung nach links unbedingt erforderlich gewesen wäre, um die - vom Gesetzgeber prinzipiell angenommene gesteigerte - Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Eine andere adäquate Verhaltensweise ist weder erkennbar, noch wird eine solche durch den Kläger dargelegt.
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b) Der Kläger hat die ihm obliegenden vorgenannten Dienstpflichten grob fahrlässig verletzt. Das Verschulden muss sich lediglich auf die Pflichtverletzung beziehen; auf die Folgen der Pflichtverletzung, die Art und den Umfang des eingetretenen Schadens, muss sich das Verschulden hingegen nicht erstrecken (siehe zum entsprechenden § 24 SG: BVerwG, Urteil vom 11. März 1999 - 2 C 15.98 -, Buchholz 236.1 § 24 SG Nr. 17 [m. w. N. auch zum Beamtenrecht]).
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Im Hinblick auf die Schuldform der groben Fahrlässigkeit im Sinne von § 75 BBG sind die zu §§ 276 Abs. 2, 277 BGB entwickelten Grundsätze heranzuziehen. Der Fahrlässigkeitsbegriff bezieht sich auf ein individuelles Verhalten; er enthält einen subjektiven Vorwurf. Daher muss stets unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände, der individuellen Kenntnisse und Erfahrungen des Handelnden beurteilt werden, ob und in welchem Maß sein Verhalten fahrlässig war. Ob Fahrlässigkeit als einfach oder grob zu bewerten ist, ist mithin Sache der tatrichterlichen Würdigung und hängt vom Ergebnis der Abwägung aller objektiven und subjektiven Tatumstände im Einzelfall ab und entzieht sich deshalb weitgehend einer Anwendung fester Regeln. Grobe Fahrlässigkeit erfordert ein besonders schwerwiegendes und auch subjektiv schlechthin unentschuldbares Fehlverhalten, das über das gewöhnliche Maß an Fahrlässigkeit erheblich hinausgeht (siehe zum Vorstehenden: BVerwG, Beschluss vom 6. August 2009 - 2 B 9.09 -, juris [m. w. N.]). Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Handelnde einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt, er nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss, oder er einen besonderen Leichtsinn an den Tag legt. Allgemein ist davon auszugehen, dass mit dem Maß der möglichen Gefahren auch die Anforderungen an die anzuwendende Sorgfalt steigen (siehe: OVG LSA, Beschluss vom 5. Mai 2010 - 1 L 55/10 -, juris [m. w. N.]).
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Hinsichtlich des in § 10 Satz 1 StVO angesprochenen Fahrverhaltens kommt es nur darauf an, ob der Fahrzeugführer alle zur Vermeidung schädlicher Folgen erforderlichen Maßnahmen getroffen und damit die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt geübt hat. Der Schadenseintritt indiziert in aller Regel, dass es hieran fehlt und eine (zumindest abstrakte) Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch das Fahrmanöver gerade nicht, wie es § 10 Satz 1 StVO verlangt, zuverlässig ausgeschlossen war (vgl.: OVG LSA, Beschluss vom 5. Mai 2010, a. a. O., zudem: OVG LSA, Beschluss vom 28. November 2001 - A 3 S 262/99 -). Die Verletzung des Vorfahrtsrechtes durch den in die Straße Einfahrenden in Sinne von § 10 Satz 1 StVO indiziert damit zugleich sein Verschulden. Wahrt der Einfahrende das Vorfahrtsrecht des fließenden Verkehrs nicht und kommt es deshalb zu einem Unfall, hat er in der Regel, wenn keine Besonderheiten vorliegen, voll für die Unfallfolgen zu haften (BGH, Urteil vom 20. September 2011 - VI ZR 282/10 -, juris [m. w. N.]).
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Hiervon ausgehend stellt sich das Fahrverhalten des Klägers sowie - damit verbunden - der Umgang des ihm anvertrauten und zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeuges objektiv wie subjektiv als grob fahrlässig dar.
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Objektiv grob fahrlässig ist das Einfahren auf die E-Straße, weil der für das hier streitbefangene Fahrverhalten des Klägers zum Tragen kommende gesteigerte Sorgfaltsmaßstab gerade darauf beruht, dass das betreffende Fahrmanöver von Gesetzes wegen als per se besonders gefährlich eingestuft wird. Beim Einfahren ist daher das äußerste Maß an Sorgfalt anzuwenden, damit der fließende Verkehr nicht gefährdet wird. Es bestand für den Kläger mithin objektiv die straßenverkehrsrechtliche Pflicht zu einem Höchstmaß an Aufmerksamkeit und Sorgfalt bei dem von ihm beabsichtigten, besonders gefährlichen Einfahren in die E-Straße von der Abstellfläche aus. Eine Ausnahme von der Pflicht zur ständigen Verkehrsbeobachtung kann nur erwogen werden, wenn jede Gefährdung des fließenden Verkehrs und durch diesen ausgeschlossen ist. Hiervon war angesichts der nur eingeschränkten Sicht in Fahrtrichtung nach links infolge des an der E-Straße geparkten Unimog-LKW schlechterdings nicht auszugehen. Wer - wie der Kläger - ohne Not und trotz fehlender zureichender Sichtverhältnisse gleichwohl - wenn auch langsam - in eine vorfahrtberechtigte Straße einfährt, begeht ein besonders schwerwiegendes Fehlverhalten, d. h. ein solches, welches das über das gewöhnliche Maß an Fahrlässigkeit erheblich hinausgeht.
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Dieses Fahrverhalten stellt sich im Fall des Klägers zudem als subjektiv grob fahrlässig, da in individueller Hinsicht schlechthin unentschuldbar, dar. Der Kläger hat nach den persönlichen Umständen, seinen persönlichen Kenntnissen und Erfahrungen als Feuerwehrmann und -fahrzeugführer einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste, weil mit dem hier - wie ausgeführt - gesteigerten Maß der möglichen Gefahren auch die Anforderungen an die anzuwendende Sorgfalt gestiegen sind. Eines gesonderten Fahrsicherheitstrainings hätte es hierfür - entgegen der Ansicht des Klägers - weder objektiv noch subjektiv bedurft.
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War die Sicht in Fahrtrichtung nach links infolge des an der E-Straße geparkten Unimog-LKW nur eingeschränkt gegeben, hätte die einfachste und naheliegendste Möglichkeit für jedermann und auch für den Kläger nämlich darin bestanden, das links nahe dem Feuerwehrgebäude und dem Unimog-LKW parkende Feuerwehrfahrzeug innerhalb der Abstellfläche schlicht an den rechten Rand des Abstellplatzes zur Schranke zu bewegen, um von dort aus mit einer um mehrere Meter besseren Einsicht nach links in die E-Straße einsehen und dort fahrende Fahrzeuge erkennen zu können. Dies hätte ohne Zuhilfenahme Dritter durch einfaches Rücksetzen oder Wenden auf der hierfür der Größe nach ohne Weiteres geeigneten Abstellfläche erfolgen können. Anhaltspunkte dafür, dass dies tatsächlich nicht möglich gewesen wäre, bestehen angesichts der Beschaffenheit des Abstellplatzes und der Größe des vom Kläger geführten Fahrzeuges, wie sie sich nach den in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Lichtbildern eindeutig ergeben, nicht.
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Darüber hinaus ergibt sich aus diesen Lichtbildern wie den Aussagen der Zeugen H. und R., die der Kläger nicht in Frage stellt und an deren Glaubhaftigkeit keine Zweifel bestehen, dass der Kläger schon beim Besteigen des Feuerwehrfahrzeuges an dem Feuerwehrgebäude vorbei und durch den dieses umgebenden Maschendrahtzaun hindurch die E-Straße in Fahrrichtung links hat einsehen und sich damit hätte versichern könne, ob sich auf der Straße kein fließender Verkehr bewegt. Beide Zeugen haben nämlich schon erstinstanzlich übereinstimmend und vor diesem Hintergrund auch nachvollziehbar wie vom Kläger unwidersprochen ausgesagt, dass sie hinter dem Unimog-LKW das Fahrzeug des Klägers haben stehen sehen. Der Zeitraum, der den Zeugen vom Erkennen des Feuerwehrfahrzeuges zur Verfügung gestanden hatte, stand dem Kläger gleichermaßen zur Verfügung. Mit anderen Worten: Vermochten die Zeugen den Kläger bzw. dessen Fahrzeug noch vor dem Anfahren wahrzunehmen, stellte sich die Situation für den Kläger nicht anders dar. Von dieser einfachen wie naheliegenden Möglichkeit der Vergewisserung hat er indes offenkundig keinen Gebrauch gemacht, sondern hat ohne Not die unsicherste, d. h. gefährlichste Zufahrtsmöglichkeit mit den schlechtesten Sichtverhältnissen auf den fließenden Verkehr gewählt, indem er in unmittelbarer Nähe, dicht am geparkten Unimog-Fahrzeug vorbei, nach links in die E-Straße auffuhr. Dabei ist umso bemerkenswerter, dass von den drei hier maßgeblichen Fahrzeugen der vom Zeugen H. gesteuerte LKW die größte Fahrzeughöhe auswies, d. h. dieser für den Kläger leichter zu erkennen gewesen wäre als umgekehrt.
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Unabhängig davon hätte für den Kläger die einfache und naheliegende Möglichkeit bestanden, die mit dem Be- und Entladen des Unimog-LKW beschäftigten Personen um entsprechende Einweisung in die E-Straße zu bitten. Angesichts der beschriebenen besonderen Gefährdungslage war dies - wie bereits ausgeführt - vorliegend geboten sowie überdies ohne weiteren Aufwand möglich und dem Kläger auch objektiv wie subjektiv zumutbar gewesen. Soweit sich dieser dahingehend einlässt, die betreffenden Personen hätten sich zum Unfallzeitpunkt im Feuerwehrgebäude befunden, sagt dies schon nichts darüber aus, ob sie sich vor dem Anfahren des Klägers nicht noch bei dem Unimog-LKW aufgehalten haben. Ungeachtet dessen wäre es dem Kläger ohne Weiteres möglich wie zumutbar gewesen, die sich in unmittelbarer Nähe befindlichen Personen im Feuerwehrgebäude um entsprechende Einweisung im Sinne von § 10 Satz 1 StVO zu bitten, zumal gerade sie mit ihrem Fahrzeug dem Kläger die Sicht versperrt haben. Auch diese einfache und naheliegende Möglichkeit hat der Kläger ungenutzt gelassen, wenngleich sie sich ihm angesichts der eingeschränkten Sicht hätte aufdrängen müssen. Nichts Anderes gilt im Übrigen in Bezug auf den wachhabenden S., der nach seinen zeugenschaftlichen glaubhaften und auch vom Kläger nicht in Frage gestellten Angaben in der Berufungsverhandlung nur einige Meter vom Fahrzeug des Klägers entfernt an der Schranke seinen Dienst versehen hat. Dass und aus welchen konkreten Gründen dem Kläger die Inanspruchnahme dieser Hilfeleistung nicht möglich oder gar unzumutbar gewesen sein sollte oder der Versuch, um Einweisung zu bitten, sich von vornherein als aussichtslos dargestellt haben könnte, wird vom Kläger weder (schlüssig) aufgezeigt, noch ist dies für den Senat anderweitig zu ersehen, zumal der Kläger und der Zeuge S. sich nach beiderlei Angaben kurz zuvor noch gegrüßt hatten.
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Dass der Kläger von einem von rechts herrührenden quietschenden (Brems-)Geräusch eines weiteren LKW abgelenkt worden sein will, vermag ihn weder objektiv noch subjektiv vom Vorwurf grob fahrlässigen Fehlverhaltens zu entlasten. Es stellt bereits ein schlechterdings unentschuldbares Verhalten des Klägers dar, das Feuerwehrfahrzeug weiter in den Straßenbereich hineinbewegt zu haben, ohne sofort nach der Wahrnehmung eines Fahrgeräusches eines dritten Fahrzeuges anzuhalten und durch zureichende - notfalls kurze - wechselnde Blicke nach rechts wie links abzusichern, etwaigen fließenden, vorfahrtberechtigten Verkehr auf der E-Straße nicht zu gefährden. Schon nach den klägerischen Einlassungen will er sich überdies zunächst lediglich in Fahrtrichtung nach links orientiert und gerade deshalb durch ein vermeintlich herannahendes Fahrzeug von rechts abgelenkt worden sein. Unter diesen Umständen hätte sich jedem, vor allem aber dem berufs- wie verkehrserfahrenen Kläger aufdrängen müssen, die Fahrbewegung unverzüglich zu beenden und nicht - wie stattdessen vom Kläger angegeben, wenn auch langsam - zunächst weiter in den Straßenbereich einzufahren. Darüber hinaus hätte dem Kläger wie jedem Dritten ohne Weiteres einleuchten müssen, das Feuerwehrfahrzeug aus dem Straßenbereich wieder zurück auf die Abstellfläche zu bewegen, nachdem sich aus seiner Sicht offenbar von rechts vorfahrtsberechtigter Verkehr ankündigt. Nichts dergleichen hat der Kläger indes unternommen, wenngleich ihm dies nicht nur ohne Weiteres möglich, sondern auch zuzumuten war; stattdessen hat er seine Fahrt auf der bzw. in die E-Straße zunächst fortgesetzt, wo er schließlich mit seinem Fahrzeug gegen den Bundeswehr-LKW des Zeugen H. stieß, welcher zu diesem Zeitpunkt, übereinstimmend nach der Bekundung des Zeugen H. wie auch ausweislich der Sitzungsniederschrift des Verwaltungsgerichtes (dort Seite 2) nach der insoweit bestätigenden Einlassung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. März 2012, bereits zum Stehen gekommen war. Mit anderen Worten: Der Kläger hat sein Fahrzeug in Fahrtrichtung links ohne den notwendigen Sichtkontakt fortbewegt und gerade nicht zumindest sofort bei Wahrnehmung des quietschenden (Brems-)Geräusches angehalten. Dies wird nicht zuletzt auch bestätigt durch die auf den Lichtbildern zu erkennende und auch vom Sachverständigen in Bezug genommene Stellung der Vorderräder des vom Kläger geführten Feuerwehrfahrzeuges.
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Darauf, dass er während des erst sodann eingeleiteten Bremsvorganges aufgrund der Beschaffenheit der Feuerwehrstiefel vom Bremspedal abgerutscht sein will, vermag sich der Kläger ebenso wenig mit Erfolg zu berufen. Sowohl das Feuerwehrfahrzeug als auch die von ihm getragenen Stiefel waren dem Kläger aus längerer Nutzung bekannt und damit vertraut. Schon dies allein hätte ihm daher Anlass sein müssen, mit noch größerer Vorsicht - wie oben beschrieben - die Art und Weise des Einfahrens auf die E-Straße anzugehen, wenn die Beschaffenheit der Feuerwehrstiefel ein „besonderes Gefährdungspotenzial“ in sich geborgen hätten. Ungeachtet dessen stellte sich das vermeintliche Abrutschen auch allenfalls als bloße - weitere - Folge des vorangegangenen grob fahrlässigen Fehlverhaltens des Klägers dar. Hätte der Kläger - wie ausgeführt - sein Feuerwehrfahrzeug innerhalb der Abstellfläche an den rechten Rand des Anstellplatzes bewegt oder sich zumindest einweisen lassen, hätte es nicht des von ihm behaupteten plötzlichen Bremsmanövers bedurft und hätte er nach Maßgabe von § 10 Satz 1 StVO ohne schuldhaftes Verhalten in bzw. auf die E-Straße einfahren können. Auf das Fehlen eines - spezifischen - Fahrsicherheitstrainings kommt es daher auch in diesem Zusammenhang nicht entscheidungserheblich an.
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Soweit sich der Kläger auf ein mögliches Augenblicksversagen beruft, zeigt er ein solches nach alledem schon nicht schlüssig auf. Unabhängig davon ließe ein Augenblicksversagen des Klägers allein nicht gleichsam prinzipiell den Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens entfallen (vgl. hierzu: OVG LSA, Beschluss vom 24. Januar 2007 - 1 L 261/06 - und Beschluss vom 6. Juni 2007 - 1 L 85/07 -). Das so genannte Augenblicksversagen hat zum Inhalt, dass der Handelnde für eine kurze Zeit die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, wobei dieser Umstand allein noch keinen ausreichenden Grund darstellt, den Schuldvorwurf der groben Fahrlässigkeit herabzustufen, wenn die objektiven Merkmale der groben Fahrlässigkeit gegeben sind. Vielmehr müssen weitere, in der Person des Handelnden liegende besondere Umstände hinzukommen, die den Grund des momentanen Versagens erkennen und in einem milderen Licht erscheinen lassen (vgl.: BGH, Urteil vom 8. Juli 1992 - IV ZR 223/91 -, BGHZ 119, 147; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 15. Juli 2005 - 2 LA 1172/04 -, DÖD 2006, 160; vgl. im Übrigen auch: OVG LSA, , a. a. O., und Beschluss vom 21. Dezember 2001 - 3 L 490/01 -). Welche hinzutretenden Gründe geeignet sein können, den Schuldvorwurf zu mindern, ist eine Frage des Einzelfalles, wobei die Gefährlichkeit der Handlung eine Rolle spielt, denn mit der Größe der möglichen Gefahr wächst auch das Maß der zu erwartenden Sorgfalt (vgl.: BGH, Urteil vom 8. Juli 1992, a. a. O.).
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Derartige besondere Umstände, die es rechtfertigen würden, hier den Schuldvorwurf geringer als grob fahrlässig zu werten, hat der Kläger weder aufgezeigt, noch ist dies anderweitig anzunehmen. Neben dem - wie bereits ausgeführt - Fehlen einer nur kurzen Zeit der Sorgfaltsaußerachtlassung sind in der Person des Klägers zum bzw. im Zeitpunkt des Unfallgeschehens auch keine besonderen Umstände im vorbezeichneten Sinne hinzugetreten. Es ist nichts dafür ersichtlich und dargelegt, dass sich der Kläger etwa in einer psychischen Ausnahmesituation, einer ihn akut beeinträchtigenden Erkrankung, unter gesteigerter Stresseinwirkung oder in einer besonderen Gefahrensituation befunden hätte. Das angeblich von rechts herrührende quietschende (Brems-) Geräusch eines weiteren LKW ist im Übrigen schon nicht geeignet, den Kläger gleichsam „aus der Bahn zu werfen“. Unabhängig davon lässt weder die vermeintlich hervorgerufene Ablenkung noch das angebliche Abrutschen vom Bremspedal aufgrund der plötzlichen Einleitung des Bremsmanövers das vorangegangene Fehlverhalten des Klägers in einem milderen Licht erscheinen, zumal die Kette des grob fahrlässigen Handelns zeitlich nicht unerheblich schon vor diesen behaupteten Ereignissen beginnt. Insoweit waren auch keine verkehrlich ungewöhnlichen oder wetterbedingten Ablenkungen oder Erschwernisse gegeben. Hinzu kommt, dass das vom Kläger zu erwartende Maß an Sorgfalt hier auch noch gesteigert ist, da er - wie ausgeführt - ohne Not die unsicherste, d. h. gefährlichste Zufahrtsmöglichkeit mit den schlechtesten Sichtverhältnissen auf den fließenden Verkehr gewählt und dadurch eine besonders hohe Gefahrenlage herbeigeführt und letztlich auch realisiert hat.
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Dass der Kläger nach den von der Beklagten eingeholten Stellungnahmen seiner Vorgesetzten über ein außerordentlich hohes Verantwortungsbewusstsein, beispielhaftes Engagement und Zielstrebigkeit bei der Lösung von Problemen verfügt, er sich durch ein außerordentlich hohes Verantwortungsbewusstsein, vorbildliches Engagement und Zielstrebigkeit auszeichnet, entscheidend zu einer reibungslosen Auftragserfüllung bei der betreffenden Feuerwehreinheit beigetragen hat, immer die notwendige Umsicht und Entschlossenheit gezeigt hat und seine Eigeninitiative, Führungsverantwortung und Vorbildfunktion besonders herausragend gewesen sind, ändert im Ergebnis nichts daran, dass dem Kläger in der hier streitgegenständlichen Situation ein besonders schwerwiegendes und auch subjektiv schlechthin unentschuldbares Fehlverhalten, das über das gewöhnliche Maß an Fahrlässigkeit erheblich hinausgeht, unterlaufen ist, und zwar ohne dass besondere Umstände vorgelegen haben, die es rechtfertigen würden, hier den Schuldvorwurf geringer als grob fahrlässig zu werten.
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Unabhängig vom Vorstehenden wäre letztlich der für das öffentliche Dienstrecht anerkannte Rechtsgedanke des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB heranzuziehen. Danach trifft einen Beamten, der - wie hier - objektiv eine Dienstpflicht verletzt hat, die materielle Beweislast dafür, dass er die Pflichtverletzung ohne ein für die Haftung ausreichendes Verschulden begangen hat (vgl.: BVerwG, Urteil vom 11. März 1999 - 2 C 15.98 -, Buchholz 236.1 § 24 SG Nr. 17, zu § 282 a. F.; BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07 -, NJW 2009, 2298). Obwohl der Beamte gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 BBG nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet, geht es bei Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung und eines dadurch verursachten Schadens zu seinen Lasten, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass er die Pflichtverletzung vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen hat (vgl.: BVerwG, Urteil vom 11. März 1999, a. a. O. [m. w. N.]). Nach den vorstehenden Feststellungen und Ausführungen des Senates kann letztlich auch auf der Grundlage der Einlassungen des Klägers jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass er die festgestellte Pflichtverletzung grob fahrlässig begangen hat.
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c) Schließlich hat der Kläger durch die grob fahrlässige Dienstpflichtverletzung einen Schaden an den vorbezeichneten Fahrzeugen der Beklagten in der von der Beklagten geltend gemachten Höhe verursacht. Der Anspruch des Dienstherrn auf Ersatz des Schadens setzt dabei voraus, dass dieser durch eine Dienstpflichtverletzung des Beamten adäquat verursacht worden ist. Eine ursächliche Verbindung zwischen Dienstpflichtverletzung und Schadenseintritt ist adäquat, wenn die begangene Dienstpflichtverletzung nach allgemeiner Lebenserfahrung für einen objektiven Betrachter geeignet war, den Schaden herbeizuführen (vgl.: BVerwG, Urteil vom 11. März 1999, a. a. O. [m. w. N.]).
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aa) Hiervon ausgehend steht zunächst fest, dass der Kläger infolge der vorbezeichneten grob fahrlässigen Dienstpflichtverletzung bei der Beklagten einen Schaden adäquat verursacht hat. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig und auch durch die Zeugenaussagen bestätigt, dass es infolge des Einfahrens des Klägers auf bzw. in die E-Straße zum Zusammenstoß der hier maßgeblichen beiden Bundeswehrfahrzeuge und dadurch jedenfalls an Teilen der jeweiligen Fahrzeugkarosserie zu Beschädigungen gekommen ist, welche Reparaturaufwendungen zur Wiederherstellung der vorherigen Zustandes (vgl. § 249 Abs. 1 BGB) verursacht haben. Nach allgemeiner Lebenserfahrung war für einen objektiven Betrachter der vom Kläger herbeigeführte Zusammenstoß beider Fahrzeuge geeignet, einen solchen Schaden herbeizuführen. Dies wird vom Kläger auch nicht - weiter - in Abrede gestellt.
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Soweit der Kläger indes die einzelnen Schadenspositionen, d. h. die jeweiligen Einzelbeschädigungen an den unfallbeteiligten Fahrzeugen und die entsprechende Schadenshöhe bestreitet, steht nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass der Kläger durch den von ihm herbeigeführten Zusammenstoß Schäden in Höhe von 8.071,31 € adäquat verursacht hat. Dies steht nach den Einlassungen des Klägers, den in den Akten befindlichen Lichtbildern, den Aussagen der Zeugen H. und R. sowie der hierauf beruhenden (siehe Seite 10 des Gutachtens), überzeugenden „Kompatibilitätsprüfung“ und den Feststellungen des Sachverständigen(gutachtens) mit den zugehörigen Erläuterungen des Sachverständigen in der Berufungsverhandlung zur Überzeugung des Senates fest.
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Danach stieß das vom Kläger geführte Feuerwehrfahrzeug in einem Winkel von ca. 45° gegen die vordere rechte Fahrzeugecke des vom Zeugen H. gefahrenen Bundeswehr-LKW. Dadurch wurden die Motorhaube und der Kühlergrill des Mercedes „Wolf“ links von der Mitte markant, d. h. erheblich eingedrückt sowie der Stoßfänger und der Tarnscheinwerfer linksseitig deutlich erkennbar deformiert. Diese Beschädigungen sind insbesondere auf dem Lichtbild auf Bl. 70 der Beiakte A eindeutig zu erkennen. Dass es sich hierbei um Vorschäden gehandelt haben könnte, behauptet auch der Kläger nicht. Infolge der Beschädigung des Kühlergrills musste zugleich der nach den nicht weiter in Frage gestellten und - mangels anderweitiger Anhaltspunkte - in Frage zu stellenden Feststellungen des Sachverständigen (Seite 10 und 16 des Gutachtens) darin fest integrierte Mercedes-Stern erneuert werden. Des Weiteren wurden nach den sachlich nachvollziehbaren wie überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen (Seite 11 [unten f.] und 16 des Gutachtens) aufgrund der Eindrückung und der Deformationstiefe des Kühlergrills sowie der entsprechenden, anhand des Vergleichfahrzeuges nachvollziehbaren engen Lage die dahinter liegenden Bauteile (Waschanlagenbehälter, Kühler, Lüfter, Ölkühler und Ölwärmetauscher) beschädigt, so dass deren Reparatur bzw. Austausch erforderlich war. Entsprechendes gilt in Bezug auf die weiteren sich hinter dem Kühlergrill befindlichen Bauteile (Montageblech, Keilriemen, Leuchtweitenregulierung und Scheinwerferhöhenverstellung; Seite 12 und 16 des Gutachtens). Der Sachverständige hat sowohl anhand des Ausmaßes der Deformationstiefe der Karosserieschäden wie der - teilweise zusammenhängenden - Funktionsweise der jeweiligen Bauteile hinter dem Kühlergrill im Einzelnen als auch sachlich nachvollziehbar erläutert, dass - und aus welchen konkreten Umständen hergeleitet - deren Beschädigung die Folge des Eindrückens der auf den Zusammenstoß zurückzuführenden Deformierung des Frontbereiches vorn links darstellt. Dass es sich hierbei um Vorschäden am Feuerwehrzeug handeln könnte, erachtet der Senat nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen im Berufungsverfahren demgegenüber vorliegend als ausgeschlossen, da solche Vorschäden sich nicht bloß optisch ausgewirkt hätten, sondern damit vielmehr für den Kläger wahrnehmbare Funktionsbeeinträchtigungen einher gegangen wären, er solche indes vor Fahrtantritt nicht festgestellt bzw. entsprechend der ihm bekannten Dienstanweisung festgehalten hat. Darüber hinaus hat der Sachverständige auf Befragung in der Berufungsverhandlung nachvollziehbar erläutert, dass im Hinblick auf die Funktionalität der Bauteile und die ca. eineinhalb Jahre zuvor durchgeführte Generaldurchsicht des Fahrzeuges mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass eine Beeinträchtigung der Funktionstüchtigkeit, die eine Reparatur hier überhaupt erst erforderlich gemacht hat, schon vor dem Unfallereignis vorhanden gewesen ist. Entsprechendes gilt in Bezug auf den Vorderkotflügel und das Radlaufblech links. Der Sachverständige hat auf Nachfrage plausibel erläutert, dass und aus welchen tatsächlich gegebenen Erfahrungswerten auf der Grundlage der vorliegenden durch die Lichtbilder erkennbaren Schäden wegen der gegebenen (geringen) Spaltmaße es mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einer Auswölbung gekommen ist, die eine Erneuerungsbedürftigkeit Vorderkotflügel und Radlaufblech links nach sich gezogen hat. Dem Senat haben sich auch anderweitig keine Anhaltspunkte aufgezeigt, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass über eine bloße rein theoretische Möglichkeit hinaus schon ein entsprechender Vorschaden vorhanden gewesen sein könnte. Da dem Kläger das Fahrzeug genau bekannt gewesen ist, hätte es mehr als nahe gelegen, dass dieser - wie bei den bereits vorhandenen Lackschäden - konkrete Angaben zu etwaigen ersichtlichen Vorschäden hätte machen können.
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Durch den Zusammenstoß wurde des Weiteren der Bundeswehr-LKW an der vorderen rechten Fahrzeugecke beschädigt. Auch dies ist auf dem Lichtbild zu erkennen und nach dem Sachverständigengutachten (dort Seite 15 [unten f.], 17) mit den Einzelschäden an der Stoßfängerecke rechts, dem Kotflügelteilstück rechts, dem Einstieg rechts mit Haltern und der Leuchteinheit vorne rechts nachvollziehbar als Folge des Zusammenstoßens beider Fahrzeuge dargestellt. Dass es sich hierbei um Vorschäden gehandelt haben könnte, ist weder ersichtlich, noch wurde dies vom Zeugen H. angegeben; Entsprechendes behauptet auch der Kläger nicht.
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Durch die vorbezeichneten, infolge des vom Kläger herbeigeführten Zusammenstoßes adäquat verursachten Beschädigungen ist ein Wiederherstellungsschaden im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB in Höhe der Reparaturkosten für das Feuerwehrfahrzeug von 6.097,31 € und für den Bundeswehr-LKW von 1.973,82 €, mithin insgesamt in Höhe von 8.071,13 € entstanden. Auch dies steht nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten (dort Seite 13 f. und 16 f. i. V. m. der Anlage 3 [Seite 22 bis 26]) i. V. m. den entsprechenden („korrigierten“) Reparaturkostenrechnungen des Reparaturunternehmens zur Überzeugung des Senates fest. Während der Sachverständige die für die Reparatur des Bundeswehr-LKW angesetzten einzelnen Reparaturkosten für die o. g. Beschädigungen keiner „Korrektur“ unterzogen hat, hat er in Bezug auf das Feuerwehrfahrzeug sämtliche oben nicht aufgeführten Kostenpositionen herausgerechnet und die übrigen Kostenpositionen als angemessene Reparaturkosten im Ergebnis bestätigt. Akten- oder sachwidrige Feststellung sind dem Gutachter dabei ebenso wenig unterlaufen wie Rechen- oder sonstige Fehler. Entsprechendes wird vom Kläger dementsprechend auch nicht - weiter - gerügt.
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Es ist im Übrigen auch in keiner Weise zu erkennen, dass die gutachterlich anerkannten Schadenspositionen ihrer jeweiligen Höhe nach eine unangemessene Werkunternehmervergütung darstellen, etwa zum Nachteil des Klägers überhöht oder zumindest marktunüblich abgerechnet worden ist. Gegenteiliges macht der Kläger schon nicht geltend und ist mangels adäquater Anhaltspunkte ebenso wenig anzunehmen.
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Es ist ebenso wenig festzustellen, dass die Beklagte mit der - sofortigen - Beauftragung des o. g. Reparaturunternehmens gegen die allgemein bei Rechtsverletzungen nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB geltende Schadensminderungspflicht des Gläubigers (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 -, BVerwGE 143, 381 [m. w. N.]) verstoßen hätte. Selbst wenn es angezeigt sein sollte, vor der Beauftragung eines Reparaturunternehmens weitere Kostenvoranschläge einzuholen, um das möglichst kostengünstige Angebot zur Minimierung der Regresshöhe einzuholen (verneinend: OLG Frankfurt, Urteil vom 17. Januar 1996 - 13 U 258/94 -, juris „keine Markterforschungspflicht“), hat jedoch die Beklagte im gegebenen Fall nachvollziehbar aufgezeigt, dass für sie ein besonderes sofortiges Wiederverwendungsinteresse an dem beschädigten Feuerwehrfahrzeug bestanden hat, insbesondere für den Einsatzfall kein anderes gleichartiges bzw. gleichwertiges Feuerwehrfahrzeug zur Verfügung gestanden hat. Dass die Beklagte dabei das ihr bekannte und aus ihrer Sicht auch bewährte Reparaturunternehmen beauftragt hat, unterliegt unter Schadensminderungsgesichtspunkten gleichfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Denn bei dieser Werkstätte als Dauervertragspartner der Beklagten handelt es sich danach nicht nur qualitativ wie in zeitlicher Hinsicht um einen zuverlässigen Werkunternehmer, vielmehr besteht hiernach gerade kein Anlass zu der Annahme, die Beklagte hätte gerade im Fall des Klägers eine „teure“ Reparaturwerkstatt beauftragt. Überdies ist die Beklagte gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 BHO zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung verpflichtet, so dass auch insofern keine greifbaren Anhaltspunkte dafür bestehen, die Beklagte unterhalte unwirtschaftliche bzw. nicht sparsame dauerhafte Vertragsbeziehungen zu der o. g. Werkstätte.
- 67
Unabhängig vom Vorstehenden ist vorliegend ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nicht festzustellen. Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen anderen, insbesondere „freien Fachwerkstatt" verweisen, muss der Schädiger darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht (siehe: BGH Urteil vom 23. Februar 2010 - VI ZR 91/09 -, NJW 2010, 2118). Im gegebenen Fall mangelt es insoweit schon an den erforderlichen Darlegungen des Klägers, dessen Einwände sich vielmehr darin erschöpfen, die Beklagte habe keine Alternativangebote eingeholt. Dies mag bei nur fiktiver Schadensabrechnung genügen (siehe: BGH Urteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 320/12 -, NJW 2013, 2817 [m. w. N.]), gilt indes nicht im Fall tatsächlich angefallener Kosten bei einer vorgenommenen Schadensbehebung („konkrete Schadensabrechnung (vgl.: BGH, Urteil vom 18. Oktober 2011 - VI ZR 17/11 -, NJW 2012, 50 [m. w. N.]).
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Eine Beschränkung der Schadenshöhe ergibt sich hier ebenso wenig aus dem Vorliegen eines wirtschaftlichen Totalschadens. Ein solcher ist anzunehmen, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen und die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeuges damit in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig ist mit der Folge, dass das Kraftfahrzeug nicht mehr reparaturwürdig ist und der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich nur die Wiederbeschaffungskosten verlangen kann (siehe: BGH, Urteil vom 8. Februar 2011 - VI ZR 79/10 -, NJW 2011, 1435 [m. w. N.]). Gleichwohl kann sogar der Ersatz des Reparaturaufwands bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat. Ebenso ist geklärt, dass jedenfalls in dem Fall, in dem zwar die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten über der 130 %-Grenze liegen, es dem Geschädigten aber - auch unter Verwendung von Gebrauchtteilen - gelungen ist, eine nach Auffassung des sachverständig beratenen Berufungsgerichtes fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, dem Geschädigten aus dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebots eine Abrechnung der konkret angefallenen Reparaturkosten nicht verwehrt werden kann. Selbst in dem weiteren Fall, dass der Geschädigte, der sein beschädigtes Kraftfahrzeug instand gesetzt hat, obwohl ein Sachverständiger die voraussichtlichen Kosten der Reparatur auf einen den Wiederbeschaffungswert um mehr als 30 % übersteigenden Betrag geschätzt hat, kann dieser den Ersatz von Reparaturkosten dann verlangen, wenn er nachweist, dass die tatsächlich durchgeführte Reparatur, sofern diese fachgerecht und den Vorgaben des Gutachtens entsprechend ausgeführt worden ist, wirtschaftlich nicht unvernünftig war, was der tatrichterlichen Beurteilung unterliegt (siehe zusammenfassend: BGH, Urteil vom 15. November 2011 - VI ZR 30/11 -, NJW 2012, 52 [m. w. N.]).
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Hier liegt ein wirtschaftlicher Totalschaden indes an keinem der vom Kläger beschädigten Fahrzeuge der Beklagten vor, denn die unfallbedingten Reparaturkosten lagen in keinem Fall mehr als 30 % über dem ermittelten Wiederbeschaffungswert. Für dessen Ermittlung ist von dem Preis auszugehen, den ein seriöser Händler für eine vergleichbare Sache am Markt verlangt, wobei der Wiederbeschaffungswert jedenfalls den Zeitwert der beschädigten Sache zuzüglich einer Händlerspanne von regelmäßig 15 bis 20 v. H. umfasst (siehe statt aller: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, Band 2 § 251 Rn. 18 f.; Palandt, BGB, 72. Auflage, § 249 Rn. 16 [jeweils m. w. N. aus der Rechtsprechung]).
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Vorliegend wurde vom Sachverständigen überzeugend festgestellt, dass zum Unfallzeitpunkt bereits der Zeitwert/Verkehrswert des Feuerwehrfahrzeuges ca. 8.600,00 € und des Bundeswehr-LKW ca. 50.000,00 € betragen hat. Er hat bezogen auf das Feuerwehrfahrzeug sowohl anhand der Materialbeschaffungspreise der Beklagten als auch aus Verifizierungsgründen anhand von ergänzenden Internet-Angeboten sowie der sog. Schwacke-Liste 1995 i. V. m. der zusätzlich den Zeit- und Zustandsfaktor abbildenden Berechnungsmethode für die Instandsetzungskostengrenzenermittlung den Zeitwert sachlich nachvollziehbar abgebildet, wobei mit Recht auch die spezifische Ausstattung des Fahrzeuges Berücksichtigung gefunden hat. Dass der Zeitwert des Feuerwehrfahrzeuges allgemein denkbar unter den Reparaturkosten gelegen haben könnte, hat der Sachverständige auf mündliche Befragung zwar „theoretisch“ bejaht, aber wegen fehlender tatsächlicher Anhaltspunkte für weitere, unerkannte Vorschäden vorliegend letztlich ausgeschlossen. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen vermag der Senat auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass Vorschäden in einer solch gravierenden Werthöhe vorhanden gewesen sein sollen; diese hätten sich - ungeachtet dessen - wohl auch dem Kläger aufdrängen müssen. Unabhängig davon müsste der Zeitwert des Feuerwehrfahrzeuges wegen der vorgenannten 130 %-Grenze sogar den Wert von 4.690,24 € unterschreiten (6.097,31 € [130 %] ~ 4.690,24 € [100 %]); für eine solche Annahme liegen überhaupt keine rechtfertigenden Umstände vor und werden vom Kläger auch nicht (näher) dargetan. Betreffend den nicht spezifisch ausgestatteten Bundeswehr-LKW hat der Sachverständige den daher folgerichtig auf dem (allgemeinen) zivilen Markt zu erzielenden Wert (Zeitwert /Verkehrswert) mit ca. 50.000,00 € angegeben. Sachwidrige Anknüpfungspunkte sind im Rahmen der gutachterlichen Ausführungen ebenso wenig ersichtlich wie Rechenfehler. Es bestehen gegen die gutachterlichen Überlegungen gleichfalls keine sachgedanklichen Mängel. Der Kläger hat diesbezüglich auch keine konkreten Einwände erhoben. Die unfallbezogenen Reparaturkosten beliefen sich bei dem Feuerwehrfahrzeug gegenüber dem Zeitwert auf lediglich 6.097,31 € und bei dem Bundeswehr-LKW auf nur 1.973,82 €, so dass in keinem Fall der Zeitwert/Verkehrswert überschritten wurde und damit die Überschreitung der Grenze von 130 v. H. des Wiederbeschaffungswertes ausgeschlossen ist.
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bb) Der Kläger kann sich schadensmindernd auch nicht mit Erfolg auf ein etwaiges Mitverschulden des Unfallgegners berufen.
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Dem in Anspruch genommenen Beamten ist die Berufung auf die in § 254 BGB enthaltenen Rechtsgedanken mit der Begründung, bei der Entstehung des Schadens habe ein Verschulden anderer Beamter mitgewirkt, nämlich grundsätzlich verwehrt, da die in § 75 Abs. 1 Satz 2 BBG geregelte gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Beamter nicht auf Fälle bewussten und gewollten Zusammenwirkens beschränkt ist, sondern alle Fälle betrifft, in denen mehrere Beamte, wenn auch jeder für sich, schuldhaft eine adäquat ursächliche Bedingung zum Eintritt des Schadens gesetzt haben (vgl.: BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 1969 - II C 80.65 -, BVerwGE 34, 123; vgl. auch: BVerwG, Urteil vom 19. März 1998 - 2 C 6.97 -, BVerwGE 106, 272 [m. w. N.]).
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Gleichwohl kann ausnahmsweise der im Beamtenrecht geltende Grundsatz von Treu und Glauben gebieten, die in § 254 BGB niedergelegten allgemeinen Rechtsgedanken auch bei Ersatzansprüchen der öffentlichen Hand gegen einen schuldhaft pflichtwidrig handelnden Beamten anzuwenden. Es sind Fälle denkbar, in denen ein Beamter durch eine schuldhafte Verletzung seiner Dienstpflicht dem Dienstherrn einen Schaden zufügt und ein zweiter Beamter diesen Schaden dadurch schuldhaft mitverursacht, dass er eine Dienstpflicht vernachlässigt, zu deren Erfüllung namens des Dienstherrn er gerade gegenüber dem in erster Linie den Schaden verursachenden Beamten verpflichtet ist. In einem solchen Fall wäre zumindest denkbar, dass sich der Dienstherr das mitwirkende Mitverschulden des zweiten Beamten nach den in §§ 254, 278 BGB niedergelegten allgemeinen Rechtsgrundsätzen anrechnen lassen müsste (vgl.: BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 1969, a. a. O.).
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Eine solche - dienstliche - Fallgestaltung liegt hier zwischen dem Kläger und dem Fahrer des Bundeswehr-LKW H. indes schon nicht vor. Unabhängig davon besteht im Hinblick auf die vorstehenden Feststellungen und Ausführungen des Senates auch nicht der geringste Anlass für die Annahme, Herr H. habe überhaupt grob fahrlässig oder gar vorsätzlich gegen ihm obliegende Dienstpflichten verstoßen. Ebenso wenig rechtfertigen die Einlassungen des Klägers die Annahme, dass ein etwaiges Fehlverhalten (Mitverschulden) des Unfallgegners sich so darstellte, dass damit der gegenüber dem Kläger erhobene Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens entfiele. Der sich im fließenden Verkehr bewegende Vorfahrtsberechtigte darf im Übrigen grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Einbiegende sein Vorrecht beachten wird (BGH, Urteil vom 20. September 2011 - VI ZR 282/10 -, juris [m. w. N.]).
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Hat der Kläger nach alledem grob fahrlässig ihm obliegende Pflichten verletzt, so hat er gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 BBG seinem Dienstherrn den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Diese Regelung stellt keine Ermessensnorm dar. Soweit § 75 Abs. 1 Satz 2 BGB - wie ausgeführt - eine gesamtschuldnerische Haftung begründet, mag sich der herangezogene Beamte nach den Regeln des Gesamtschuldnerausgleiches an die weiteren Gesamtschuldner im Sinne von § 421 BGB halten (vgl. hierzu: BGH Urteil vom 22. Dezember 2011 - VII ZR 7/11 -, BHGZ 192, 182 [m. w. N.]). Überdies bestimmt § 75 Abs. 3 BBG, dass der Ersatzanspruch auf den Beamten übergeht, wenn er dem Dienstherrn Ersatz leistet und dieser einen Ersatzanspruch gegen einen Dritten hat. Damit wird einem etwaigen Mitverschulden Dritter im Rahmen der Schadenshaftung vom Gesetzgeber bereits prinzipiell Rechnung getragen, ohne dass dies im Einzelfall noch einer darüber hinausgehenden Einzelfallentscheidung des Dienstherrn zugänglich ist. Im Übrigen ist die Verwaltung grundsätzlich verpflichtet, den Beamten in Anspruch zu nehmen, um dem haushaltsrechtlichen Gebot zu sparsamer Verwaltungsführung und der Pflicht zur vorbeugenden und gegebenenfalls erzieherischen Einwirkung auf die Beamtenschaft zu genügen (vgl.: BVerwG, Urteil vom 8. August 1973 - VI C 15.71 -, BVerwGE 44, 27).
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Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist allerdings - wie der Kläger dem Grunde nach mit Recht geltend macht - bei der Bemessung der geltend gemachten Schadensersatzforderung zu berücksichtigen (vgl.: BVerwG, Urteil vom 8. August 1973, a. a. O.; Urteil vom 11. März 1999, a. a. O. [m. w. N.]). Sofern ein Beamter in Ausübung seines Dienstes grob fahrlässig insbesondere einen so hohen Schaden verursacht hat, dass es selbst bei Berücksichtigung seines verhältnismäßig schweren Verschuldens unbillig oder sogar unzumutbar erscheint, den vollen Ersatz des Schadens von ihm zu verlangen, kann sich für den Dienstherrn indes die Frage stellen, ob nicht das beiderseitige Treueverhältnis und die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht es angemessen erscheinen lassen, den Schadensersatzanspruch nach Maßgabe des Haushaltsrechts nur soweit durchzusetzen, dass die Lebenshaltung und die Dienstfreude des Beamten nicht in unerträglicher Weise beeinträchtigt werden. Dabei würde es sich aber um eine vom Ermessen des Dienstherrn bestimmte Hilfeleistung handeln, die nicht den rechtlichen Bestand des Schadensersatzanspruches berührt, sondern vielmehr gerade daran anknüpft, dass gegen den Beamten ein nach Grund und Höhe bestimmter voller Schadensersatzanspruch besteht (vgl.: BVerwG, Urteil vom 17. September 1964, a. a. O.).
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Hiervon ausgehend mangelt es im Fall des Klägers angesichts der von der Beklagten hier nachgewiesenen Schadenshöhe von 8.071,31 € schon an einem Schaden, dessen vollständige Geltendmachung die Lebenshaltung und die Dienstfreude des Klägers in unerträglicher Weise zu beeinträchtigen geeignet ist. Der Kläger steht als Bundesbeamter im Amt eines Oberbrandmeisters im Dienst der Beklagten und hat(te) damit einen Anspruch auf Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 8 BBesO zuzüglich der Feuerwehrpersonalzulage (Stand Mai 2010: 2.550,00 € + 130,56 € = 2.680,56 € monatlich), deren Höhe nicht per se die vorgenannte unerträgliche Beeinträchtigung befürchten lässt. Darüber hinaus hat der Kläger angegeben, dass seine Nettobesoldung im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 31. Juli 2010 inklusive Zulagen- und Überstundenvergütung 19.512,00 € betragen habe, was einem monatlichen Nettobetrag von 2.787,43 € entspricht. Dass mit einem solchen Nettoeinkommen ein Gesamtschaden in Höhe von 8.071,31 € nicht beglichen werden könnte, ohne die Lebenshaltung oder die Dienstfreude in unerträglicher Weise zu beeinträchtigen, ist weder dargetan noch anderweitig anzunehmen. Dies gilt umso mehr, als dem Kläger schon mit der Anhörungsmitteilung der Beklagten vom 16. September 2010 wie auch in dem angefochtenen Bescheid und dem Widerspruchsbescheid ausdrücklich eröffnet wurde, den letztlich nur geltend gemachten Schadensersatz nach seinen individuellen wirtschaftlichen Verhältnissen in angemessenen Raten begleichen zu können. Dass und aus welchen konkreten Gründen dies dem Kläger nicht möglich oder unzumutbar sein sollte, hat dieser weder substantiiert aufgezeigt, noch ist dies anderweitig für den Senat ersichtlich.
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Unabhängig davon hat die Beklagte im vorliegenden Fall auch nicht den gesamten - nachgewiesen - Schaden gegenüber dem Kläger geltend gemacht, sondern diesen auf einen Betrag von 8.041,68 € beschränkt. Dadurch, dass die Beklagte den Kläger durch den angefochtenen Leistungsbescheid nur in Höhe des vorbezeichneten Teilbetrages in Anspruch nimmt, hat sie ihrer Fürsorgepflicht ausreichend Rechnung getragen. Zum Wesen der Fürsorgepflicht gehört es, dass der Dienstherr sich im Rahmen seiner Rechtsbeziehungen zu dem Beamten nicht nur an die gesetzlichen und sonstigen Vorschriften hält, sondern dass er sich auch - worauf der Kläger insofern zutreffend hinweist - bei allen Handlungen und Maßnahmen vom Wohlwollen dem Beamten gegenüber leiten lässt und stets bemüht ist, ihn vor Nachteilen und Schaden zu bewahren (vgl.: BVerwG, Urteil vom 8. August 1973, a. a. O.).
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Eine solche von der Fürsorgepflicht geprägte - allgemeine und damit zugleich dem Kläger zugutekommende - Konzeption liegt vorliegend den von der Beklagten angewandten Einziehungsrichtlinien (EZR) des Bundesministers der Verteidigung vom 17. Oktober 2008 (VMBl. 2008, 188) zugrunde. Insoweit besteht eine Selbstbindung der Verwaltung dahin, dass seine Heranziehung zum Schadensersatz nach § 75 BBG begrenzt wird, und zwar unabhängig von der weiteren Schadenshöhe. Ziffer 3. Abs. 2 und 3 EZR sind vorliegend einschlägig und von der Beklagten auch ordnungsgemäß angewandt worden, indem sie für den anzunehmenden dreifachen Messbetrag das Grundgehalt nebst in Monatsbeträgen zu zahlende Zulagen - ohne den Familienzuschlag - zum Zeitpunkt der Schadensverursachung zugrunde gelegt hat. Anlass für eine weitere Beschränkung hat der Kläger nicht dargelegt und ist aus den oben genannten Gründen ebenso wenig gegeben.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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4. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in §§ 132 VwGO, 127 BRRG genannten Gründe vorliegt.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.