Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 24. Juni 2016 - 4 B 1339/15
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 4.11.2015 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerde-verfahren auf 7.500,00 EUR festgesetzt.
1
Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
2Das Verwaltungsgericht hat den sinngemäßen Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 1 K 5147/15 (VG Köln) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 27.7.2015 wiederherzustellen bzw. hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung anzuordnen,
4abgelehnt. Die diese Entscheidung tragenden Annahmen werden durch das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nicht erschüttert.
5Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Anfechtungsklage voraussichtlich keinen Erfolg haben werde. Insbesondere sei der auf § 49 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 3 VwVfG NRW gestützte Widerruf der dem Antragsteller nach § 55 Abs. 2 GewO erteilten Reisegewerbekarte für das Aufsuchen von Bestellungen für Telekommunikationsverträge rechtmäßig. Dem Antragsteller hätte im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis gemäß § 57 Abs. 1 GewO versagt werden müssen. Er sei gewerberechtlich unzuverlässig, weil er bei der Krankenkasse C. H. Beitragsrückstände aus der Zeit vom 2.1.2012 bis 15.6.2015 in Höhe von 16.235,17 EUR habe. Maßnahmen zur dauerhaften Reduzierung des Rückstandes habe der Antragsteller nicht ergriffen. Auch habe er ein tragfähiges Sanierungskonzept zur Rückführung der Verbindlichkeiten in einem überschaubaren Zeitraum nicht glaubhaft gemacht. Der Widerruf sei zur Abwehr einer Gefährdung des öffentlichen Interesses - des Schutzes potentieller Kunden und Geschäftspartner vor einer Geschäftsbeziehung mit einem zahlungsunfähigen Vertragspartner - geboten. Damit sei das Ermessen der Antragsgegnerin auf einen Widerruf intendiert gewesen, zumal besondere Umstände, die sie zu einer anderen Entscheidung hätten veranlassen müssen, nicht ersichtlich seien.
6Die Beschwerdebegründung rechtfertigt keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
7Der Einwand des Antragstellers, der Beitragsrückstand sei kein Beleg für seine Unzuverlässigkeit, weil er in Unkenntnis der Entwicklung seiner Tätigkeit seine künftigen Einkünfte nicht richtig habe abschätzen können und nach Vorlage entsprechender Nachweise mit einer hohen Nachveranlagung konfrontiert worden sei, greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass die Annahme der Unzuverlässigkeit kein Verschulden voraussetze und es daher keiner näheren Überprüfung bedürfe, ob den Antragsteller an der Entstehung des Rückstands (möglicherweise) keine Schuld treffe (vgl. Beschlussabdruck Seite 4, vierter Absatz). Mit Blick darauf ist auch das Vorbringen des Antragstellers unerheblich, dass es mehrere Monate gedauert habe, bis ihn die Krankenkasse über die Höhe der neu festgesetzten Beiträge aufgeklärt habe.
8Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Widerruf der Reisegewerbekarte auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil er infolgedessen seine Existenzgrundlage verliert. Ist - wie hier - der Widerruf der Reisegewerbekarte zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich, so ist es nicht unverhältnismäßig, dem Schutzzweck der §§ 49 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 3 VwVfG NRW, 57 Abs. 1 GewO Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen zu geben, seine Existenzgrundlage beibehalten zu können.
9Vgl. zur vergleichbaren Interessenlage bei der Gewerbeuntersagung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO: OVG NRW, Beschluss vom 22.12.2015– 4 A 593/15 –, juris, Rn. 23, m. w. N.
10Der Widerruf der Reisegewerbekarte ist auch im Übrigen nicht ermessensfehlerhaft. Der Antragsteller legt keine Ausnahmesituation dar, die die Antragsgegnerin hätte veranlassen sollen, ihre Ermessensentscheidung abweichend von einem „intendierten“ Widerruf zu treffen. Der Gesetzgeber hat, soweit es um die in § 49 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 VwVfG NRW getroffenen Regelungen geht, dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes bereits insofern Rechnung getragen, als er in § 49 Abs. 6 VwVfG NRW einen Entschädigungsanspruch des Betroffenen für etwaige im Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts erlittene Vermögensnachteile geschaffen hat.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31.5.2016
12– 4 B 1360/15 –, juris, Rn. 22, m. w. N.
13Soweit der Antragsteller sich auf finanzielle Verluste beruft, macht er keine Gesichtspunkte geltend, die nicht bereits im Rahmen eines – hier mangels Schutzwürdigkeit ohnehin nicht in Betracht kommenden – Entschädigungsanspruchs nach § 49 Abs. 6 VwVfG NRW zu berücksichtigen wären.
14Die dargelegten Beschwerdegründe rechtfertigen es auch nicht, dem Antragsteller deshalb vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, weil ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Reisegewerbekarte nur anzunehmen ist, wenn die begründete Besorgnis besteht, dass sich die mit dem Widerruf bekämpfte Gefahr schon in der Zeit bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens realisieren kann. Zwar ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Begründetheit dieser Besorgnis unter Berücksichtigung auch solcher Umstände zu beurteilen, die erst nach dem Erlass der angefochtenen Ordnungsverfügung eingetreten sind.
15Vgl. zur vergleichbaren Interessenlage bei der Gewerbeuntersagung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO: OVG NRW, Beschluss vom 25.3.2015 – 4 B 1480/ 14 –, juris, Rn. 38 ff., m. w. N.
16Die Beschwerde zeigt aber kein ausreichendes Sanierungskonzept zur Rückführung des Rückstands in einem überschaubaren Zeitraum auf. Dies gilt auch mit Blick auf die - nach Erlass der angefochtenen Ordnungsverfügung - mit der C. H. geschlossenen Vereinbarung, wonach der am 4.9.2015 in Höhe von 15.644,51 EUR bestehende (erhebliche) Rückstand bis zum 31.8.2016 gestundet werde und der Antragsteller neben dem laufenden Krankenkassenbeitrag in Höhe von 469,42 EUR monatlich noch einen weiteren Betrag in Höhe von 230,58 EUR zur Tilgung des Rückstands zu zahlen habe. Die C. H. hat bereits mit Schreiben vom 4.9.2015 klargestellt, dass die getroffene Vereinbarung befristet werden müsse, weil der Rückstand bei einer monatlichen Rate von rund 230,00 EUR erst nach 69 Monaten getilgt sei. Dies gehe zu Lasten aller Versicherten und sei mit den Beitragserhebungsgrundsätzen nicht vereinbar. Der Antragsteller müsse daher ab 1.9.2016 ein verbessertes Angebot unterbreiten. Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, dass er bereits seit einigen Monaten zuverlässig die laufende Gesamtrate von 700,00 EUR an die Krankenkasse bezahle, ist dieses Vorbringen inzwischen überholt. Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 8.6.2016 ‑ vom Antragsteller unwidersprochen - mitgeteilt, eine Rücksprache mit der C. Ersatzkasse habe ergeben, dass der Antragsteller seit April 2016 der Zahlungsvereinbarung nicht mehr nachkomme und noch ein erheblicher Beitragsrückstand in Höhe von 14.872,03 EUR bestehe.
17Für die Annahme, dass dem Antragsteller eine Rückführung seiner Rückstände nicht in absehbarer Zeit gelingen wird, spricht im Übrigen auch der Umstand, dass nach Mitteilung des Finanzamts L. -X. vom 31.5.2016 dort ein erheblicher Steuerrückstand in Höhe von 18.635,01 EUR (aus der Zeit ab 2014) entstanden ist.
18Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass (mehr), vor einer Entscheidung im vorliegenden Verfahren noch ein (etwaiges) verbessertes Angebot des Antragstellers zur Tilgung des bei der C. Ersatzkasse bestehenden Rückstands für die Zeit ab 1.9.2016 abzuwarten. Abgesehen davon erfordert das aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip folgende Gebot, im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auch nach dem Erlass der angefochtenen Ordnungsverfügung eingetretene Umstände zu berücksichtigen, nicht, sich (lediglich) abzeichnende Entwicklungen abzuwarten. Derartige nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens eintretende Veränderungen können nur im Rahmen eines erneuten Erlaubnisverfahrens Berücksichtigung finden.
19Vgl. zur vergleichbaren Interessenlage bei der Wiedergestattung der Gewerbeausübung gemäß § 35 Abs. 6 GewO: BVerwG, Urteil vom 15.4.2015
20– 8 C 6.14 –, BVerwGE 152, 39 = juris, Rn. 15 f., m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 26.1.2016 – 4 A 454/15 –, NVwZ-RR 2016, 336 = juris, Rn. 4 und 10.
21Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
22Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
23Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 24. Juni 2016 - 4 B 1339/15
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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Ein Reisegewerbe betreibt, wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung (§ 4 Absatz 3) oder ohne eine solche zu haben
- 1.
Waren feilbietet oder Bestellungen aufsucht (vertreibt) oder ankauft, Leistungen anbietet oder Bestellungen auf Leistungen aufsucht oder - 2.
unterhaltende Tätigkeiten als Schausteller oder nach Schaustellerart ausübt.
(2) Wer ein Reisegewerbe betreiben will, bedarf der Erlaubnis (Reisegewerbekarte).
(3) Die Reisegewerbekarte kann inhaltlich beschränkt, mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit oder der Verbraucher erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.
(1) Die Reisegewerbekarte ist zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für die beabsichtigte Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt.
(2) Im Falle der Ausübung des Bewachungsgewerbes, des Gewerbes der Makler, Bauträger und Baubetreuer, Wohnimmobilienverwalter, des Versicherungsvermittlergewerbes, des Versicherungsberatergewerbes, des Gewerbes des Finanzanlagenvermittlers und Honorar-Finanzanlagenberaters sowie des Gewerbes des Immobiliardarlehensvermittlers gelten die Versagungsgründe der §§ 34a, 34c, 34d, 34f, 34h oder 34i entsprechend.
(3) Die Ausübung des Versteigerergewerbes als Reisegewerbe ist nur zulässig, wenn der Gewerbetreibende die nach § 34b Abs. 1 erforderliche Erlaubnis besitzt.
(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.
(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.
(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf
- 1.
die Feststellung des Sachverhalts, - 2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder - 3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
(3a) (weggefallen)
(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.
(5) (weggefallen)
(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.
(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.
(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.
(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.
(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2015 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Januar 2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungs- und des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beteiligten in dem Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungs-verfahren auf 15.000,00 EUR festgesetzt.
1
G r ü n d e :
21. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte am 17. Juli 2013 bei der Schließung und Versiegelung des „Kiosks mit Stehcafé“ der Klägerin, H. A. 18, L. , gemäß § 55 Abs. 2 VwVG NRW im Rahmen ihrer Befugnisse gehandelt habe und der fiktive Grundverwaltungsakt, die Gewerbeuntersagung, gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO rechtmäßig sei, nachdem am 16. Juli 2013 im Rahmen einer polizeilichen Durchsuchung des Kiosks in der Jacke des Angestellten der Klägerin, Herrn U. H1. , mehrere verkaufsfertig abgepackte Kokainrationen und Amphetamin aufgefunden wurden.
4a) Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
5Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil auf Seite 6, vierter Absatz, bis Seite 8, zweiter Absatz, ausführlich das Vorliegen einer Gefahrenlage im Sinne des § 55 Abs. 2 VwVG NRW begründet. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an. Soweit die Klägerin einwendet, im Rahmen der Anklageerhebung gegen M. P. und U. H1. sei keiner der in der Anklageschrift genannten Orte konkret dem Kiosk der Klägerin zugeordnet worden, greift dieses Vorbringen nicht durch. Zum einen widerlegt es nicht die – eine gegenwärtige Gefahr begründende – Tatsache, , dass am 16. Juli 2013 im Rahmen einer Durchsuchung des Kiosks abgepackte Betäubungsmittel in der Jacke des Herrn H1. gefunden wurden. Zum anderen ist der Einwand unzutreffend, weil Gegenstand der Anklage auch das im Kiosk H. A. aufgefundene Rauschgift war. Auf Seite 7 der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft L. (185 Js 156/13) wird unter Ziffer 40) ausdrücklich ausgeführt, dass Herr H1. am 16. Juli 2013 in dem Kiosk H. A. 18 über einen Plastikbeutel mit 10,49 g Amphetamin und zwei Plastikbeutel mit jeweils 0,20 g und 3,62 g Kokain verfügte und die Betäubungsmittel zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren.
6War damit angesichts der noch am 17. Juli 2013 bestehenden Gefahrenlage ein sofortiges Einschreiten der Beklagten erforderlich, konnte die Beklagte zugleich – entgegen der Auffassung der Klägerin – von einer vorherigen Anhörung absehen, vgl. § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG NRW.
7Auch ist die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Klägerin sei zur Ausübung des Gewerbes „Kiosk mit Stehcafé“ im H. A. – einer durch Drogenhandel belasteten Gegend – gewerberechtlich unzuverlässig, nicht zu beanstanden. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses der Gewerbeuntersagung.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 146.80 ‑, BVerwGE 65, 1 = juris, Rn.14; OVG NRW, Beschluss vom 25. März 2015 ‑ 4 B 1480/14 ‑, juris, Rn. 6 f., mit weiteren Nachweisen für die ständige Rechtsprechung.
9Nicht ordnungsgemäß ist eine Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht Willens oder in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Geschäftes zu gewährleisten.
10Vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 5. Oktober 2009 ‑ 2 B 273/09 ‑, GewArch 2009, 491 = juris, Rn. 21.
11Wer – wie die Klägerin – ein Geschäftslokal in einer Umgebung betreibt, in der bekanntermaßen häufig Handel mit Betäubungsmitteln stattfindet, muss die Gewähr dafür bieten, dass er in der Lage ist, den Missbrauch seiner Räumlichkeiten durch die Drogenszene zu verhindern. Wer das nicht leisten kann, hat nicht die für die Gewerbeausübung erforderliche Zulässigkeit.
12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. November 2014 ‑ 4 E 1083/14 ‑ unter Bezugnahme auf OVG Bremen, Beschluss vom 5. Oktober 2009 ‑ 2 B 273/09 ‑, GewArch 2009, 491 = juris, Rn. 33 und Bay. VGH, Beschluss vom 22. August 2013 - 22 CS 13.1530 -, BayVBl. 2014, 244 = juris, Rn. 25.
13Hierzu gehört, dass er seine Mitarbeiter sorgfältig auswählt und überwacht.
14Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. November 2014 ‑ 4 E 1083/14 ‑ unter Bezugnahme auf Bay. VGH, Beschluss vom 23. Januar 2001 ‑ 22 ZS 00.3666 ‑, GewArch 2001, 172 = juris, Rn. 3.
15Diesen Verpflichtungen ist die Klägerin nicht nachgekommen, als sie wissentlich den wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz einschlägig vorbestraften und nach ihrer Kenntnis zumindest bis vor Kurzem drogenabhängigen Herrn U. H1. für eine eigenverantwortliche Tätigkeit als Verkäufer in ihrem Kiosk einstellte. Zur Vermeidung von (weiteren) Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen im Beschluss vom 6. November 2014 – 4 E 1083/14 – (Seite 6, letzter Absatz, erster Satz) sowie auf die Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts (Seite 10, vorletzter Absatz).
16Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Verwaltungsgericht für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit der Klägerin zutreffend auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des (fiktiven) Erlasses der Gewerbeuntersagung am 17. Juli 2013 abgestellt und nachträgliche Erkenntnisse im Sinne einer „ex-post-Betrachtung“ zu Recht nicht mehr berücksichtigt. Dementsprechend bleibt der Einwand der Klägerin ohne Erfolg, die tatsächlichen Gegebenheiten zu diesem Zeitpunkt hätten allenfalls aus „ex ante“ Sicht eine Gefahrenlage im Sinne des § 55 Abs. 2 VwVG, nicht aber eine ‑ auch zukünftig wirkende – Untersagung ihres Gewerbes „Kiosk mit Stehcafé“ gerechtfertigt, hinsichtlich derer eine „ex-post-Betrachtung“ erforderlich gewesen wäre.
17Auch den weiteren Einwänden der Klägerin gegen die Annahme ihrer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit ist nicht zu folgen. Das Verwaltungsgericht hat diese jeweils selbstständig tragend damit begründet, dass die Klägerin deshalb nicht in der Lage gewesen sei, den Missbrauch ihrer Räumlichkeiten durch die Drogenszene zu verhindern, weil es erstens im Hinblick auf den Angestellten U. H1. an einer hinreichend sorgfältigen Mitarbeiterauswahl gefehlt habe und weil zweitens die Klägerin ihren Aufsichts- und Überwachungspflichten nur unzureichend nachgekommen sei. Dem ist die Klägerin nicht durchgreifend entgegen getreten.
18Der Einwand der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe das – inzwischen rechtskräftige – Urteil des Amtsgerichts L. vom 16. Mai 2014 – 584 Ls 8/14 185 Js 156/13 – falsch zitiert, indem es dargelegt habe, dass der Angeklagte H1. wegen des Handels mit Betäubungsmitteln unter anderem auch wegen einer im Kiosk der Klägerin begangenen Tat verurteilt worden sei, greift nicht durch. Zum einen betreffen die Ausführungen des Verwaltungsgericht auf Seite 7 (zweiter und dritter Absatz) des Urteils nicht die Unzuverlässigkeit der Klägerin, sondern die Frage, ob eine das abgekürzte Verfahren nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW rechtfertigende Gefahrenlage bestanden hat. Zum anderen sind die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zutreffend. Das Amtsgericht L. hat Herrn H1. wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in 39 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und hierbei festgestellt, dass er in dem Kiosk „H. A. 18“ über einen Plastikbeutel mit 10,49 g Amphetamin sowie über zwei Plastikbeutel mit jeweils 0,20 und 3,62 g Kokain verfügt habe, die für den Eigenbedarf und dessen Finanzierung zum Weiterverkauf bestimmt gewesen seien. Ferner hat es bei der Strafzumessung ausgeführt, dass es für das im Kiosk H. A. aufgefundene Rauschgift eine Einsatzstrafe von einem Jahr für schuld- und tatangemessen halte.
19Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der dem Beschluss des OVG Bremen vom 5. Oktober 2009 – 2 B 273/09 – zu Grunde liegende Sachverhalt mit der vorliegenden Sachlage vergleichbar. Auch wenn nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin - im Gegensatz zu dem dortigen Antragsteller – selbst in den Drogenhandel eingebunden war, befand sich das Café des dortigen Antragstellers – wie auch der „Kiosk mit Stehcafé“ der Klägerin – in einer durch häufigen Drogenhandel belasteten Umgebung.
20Ferner vermag das Vorbringen der Klägerin, sie habe ihren Mitarbeiter U. H1. „aufgrund der hiesigen Vorfälle“ am „16.7.2013“ fristlos entlassen, den Vorwurf der fehlenden sorgfältigen Mitarbeiterauswahl nicht zu entkräften, weil diese Auswahl bereits der Einstellung hätte vorausgehen müssen. Unsorgfältig war sie – worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat – bereits deshalb, weil die Klägerin in einem durch Drogenhandel belasteten Umfeld wissentlich einen einschlägig vorbestraften und seit Jahren schwer drogenabhängigen Mitarbeiter eingestellt und damit die Gefahr der Begehung von Betäubungsmitteldelikten in ihrem eigenen Kiosk deutlich erhöht hat. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, sie habe Herrn H1. erst nach einer erfolgreichen Drogenentwöhnungstherapie eingestellt und ihr könne nicht vorgeworfen werden, dass sie ihm eine Chance und die Möglichkeit zur Resozialisierung gegeben habe, greift dieses Vorbringen nicht durch. Denn die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit setzt kein subjektiv vorwerfbares Verhalten voraus, sondern knüpft lediglich an objektive Tatsachen an. Objektiv war aber auch nach der (angeblichen) Drogentherapie des Herrn H1. mit der Möglichkeit eines Rückfalls zu rechnen, sodass ihm in dem problematischen Umfeld des Kiosks der Klägerin eine dortige eigenverantwortliche Tätigkeit als Verkäufer nicht hätte übertragen werden dürfen. Angesichts dessen ist auch ohne Belang, dass die Klägerin selbst nicht im Verdacht gestanden hat, mit Betäubungsmitteln gehandelt oder den Betäubungsmittelhandel von Herrn H1. gebilligt zu haben.
21Mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt des (fiktiven) Erlasses der Untersagungsverfügung am 17. Juli 2013 ist zudem unerheblich ist, ob sich im Nachhinein die „Vision eines schwunghaften, bandenmäßigen Kokain- und Amphetaminhandels mit dem Kiosk als Dreh- und Angelpunkt“ und dem „als Bandenkopf“ angesehenen Mitarbeiter der Klägerin J. O. „im Rahmen der Ermittlung gerade nicht bestätigt hat“ oder ob es nach einer Entlassung von Herrn H1. ausgereicht hätte sicherzustellen, dass der Vater der Klägerin, Herr P1. U1. , den Kiosk nicht mehr betritt.
22Greifen damit die Einwände der Klägerin gegen die selbständig tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur fehlenden Sorgfalt bei der Auswahl des Herrn H1. nicht durch, kommt es auf ihren weiteren Einwand, sie sei mit dem Einbau einer Videoanlage und ihrer stichprobenartigen Überprüfung der Videoaufzeichnungen ihren Aufsichts- und Überwachungspflichten ausreichend nachgekommen, nicht mehr an. Ihre Zweifel an der Beweiskraft des polizeilichen Vermerks vom 17. Juli 2013 und der Videoaufzeichnungen vom 24. Juni 2013 und 9. Juli 2013, denen nach Ansicht des Verwaltungsgerichts zu entnehmen ist, dass Herr H1. im Kiosk mehrmals aus einer Plastiktüte weiße Briefchen entnommen und an unbekannte Personen übergeben hat, sind daher ebenso unerheblich wie ihr Einwand, das Verwaltungsgericht hätte im Einzelnen darlegen müssen, auf welche konkreten und nachvollziehbaren polizeilichen Feststellungen es seine Entscheidung „ansonsten“ gründet.
23Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Gewerbeuntersagung auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Beklagten stand zur raschen und effektiven Abwehr der vom Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ausgehenden Gefahren für die Allgemeinheit kein milderes Mittel zur Verfügung als die – der Vollziehung der (fiktiven) Gewerbeuntersagung dienende – Schließung und Versiegelung des Kiosks am 17. Juli 2013. Die Klägerin kann nicht unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2013 – 22 CS 13.1530 – erfolgreich geltend machen, dass zur Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität eine Verlängerung der Sperrzeiten ausgereicht hätte. Der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs lag zugrunde, dass eine Diskothek deshalb „Dreh- und Angelpunkt des Geschehens“ von Betäubungsmitteldelikten war, weil sich die angetroffenen Personen mangels anderer um diese Zeit noch geöffneter Gaststätten ausschließlich dort aufhielten. Diese Sachlage ist der vorliegenden nicht vergleichbar. Der weitere Hinweis der Klägerin, aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs ergebe sich, welche Anforderungen an die Begründung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils zu stellen seien, stellt keine konkrete inhaltliche Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts in dem hier angefochtenen Urteil dar. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang (erneut) bemängelt, das Verwaltungsgericht habe hinsichtlich der Frage ihrer gewerberechtlichen Zuverlässigkeit zu Unrecht eine ex-ante Betrachtung vorgenommen, wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
24Auch der Einwand der Klägerin, die Untersagungsverfügung habe ihre wirtschaftliche Existenz vernichtet und sie in ihrem Grundrecht aus Art. 12 GG verletzt, begründet nicht die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme. Ist – wie hier – die Gewerbeuntersagung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich, so ist es nicht unverhältnismäßig, dem Schutzzweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen zu geben, seine Existenzgrundlage beibehalten zu können.
25Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. März 1994 - 1 B 33.94 -, GewArch 1995, 114 = juris, Rn. 3.
26Soweit die Klägerin die im Rahmen der Erörterung geäußerte Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, eine Amtspflichtverletzung der Beklagten scheide selbst bei einem Erfolg der Klage aus, als unzutreffend beanstandet, fehlt es ebenfalls an einer konkreten inhaltlichen Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung.
27b) Ebenso wenig liegen Verfahrensmängel nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor, auf denen die Entscheidung beruhen kann. Die Klägerin beanstandet, das Verwaltungsgericht hätte im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes konkret darlegen und nachweisen müssen, welche tatsächlichen Erkenntnisse und Grundlagen es zum Bestandteil seiner Entscheidung macht. Es benenne das Durchsuchungsergebnis vom 16. Juli 2013, den polizeilichen Vermerk vom 17. Juli 2013 über die Auswertung des Festplattenrekorders, die Aussage einer Vertrauensperson vom 15. Mai 2013 und das anonyme Schreiben vom 14. Mai 2013 als ausreichend, um sowohl die Gefahrenlage nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW im Rahmen einer ex-ante Betrachtung als auch die Unzuverlässigkeit der Klägerin gemäß § 35 GewO im Rahmen einer ex-post-Betrachtung zu begründen. Mit diesem Vorbringen rügt die Klägerin in Wahrheit aber keinen Aufklärungsmangel, da völlig offen bleibt, was das Verwaltungsgericht im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes (konkret) hätte aufklären sollen, sondern greift im Ergebnis die freie Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts (§ 108 Abs. 1 VwGO) an. Etwaige Mängel der Beweiswürdigung und der richterlichen Überzeugungsbildung sind aber grundsätzlich dem materiellen Recht und nicht dem Verfahrensrecht zuzuordnen. Etwas anderes mag allenfalls bei einer von Willkür geprägten Beweiswürdigung gelten, etwa bei offensichtlich widersprüchlichen oder aktenwidrigen Feststellungen sowie bei Verstößen gegen Natur- und Denkgesetze.
28Vgl. OVG S.-A., Beschluss vom 31. März 2010 ‑ 1 L 5/10 ‑, juris, Rn. 31.
29Dass die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts an derartigen Fehlern leidet, lässt die Antragsbegründungsschrift indes nicht erkennen.
30Soweit die Klägerin bemängelt, das Verwaltungsgericht zeige nicht konkret auf, auf welche Videosequenz es sich warum stütze, und sie sich damit im Ergebnis gegen die Erwägung des Verwaltungsgerichts wendet, ihre gewerberechtliche Unzuverlässigkeit folge (auch) aus der fehlenden Überwachung ihres Angestellten H1. , führt diese Rüge schon deshalb nicht zur Zulassung der Berufung, weil sich die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit der Klägerin bereits aus anderen selbständig tragenden Gründen ergibt.
312. Die Beschwerde der Klägerin gegen die (wiederholte) Versagung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet, weil die Vorinstanz ihrer im erstinstanzlichen Klageverfahren beabsichtigten Rechtsverfolgung zutreffend die hinreichende Aussicht auf Erfolg abgesprochen hat (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Soweit die Klägerin auf der Grundlage der im Verfahren über die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 4 VwGO dargelegten Gründe einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt, ergibt sich die Unbegründetheit dieses Standpunktes aus den vorstehenden Erwägungen. In dem Zulassungsverfahren nicht dargelegte Gründe, aus denen das Verwaltungsgericht der beabsichtigten Rechtsverfolgung im erstinstanzlichen Klageverfahren hinreichende Erfolgsaussicht hätte beimessen müssen, sind auch mit Blick auf die Beschwerdebegründung vom 21. Januar 2015 nicht erkennbar.
32Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 166 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
33Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
34Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18.11.2015 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen jeweils auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den sinngemäßen Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 3 K 6911/15 (VG Düsseldorf) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 14.9.2015 wiederherzustellen bzw. hinsichtlich der Zwangsmittelandrohungen anzuordnen,
4abgelehnt. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die vorzunehmende Interessenabwägung gehe zu Lasten der Antragstellerin aus. Es spreche alles für die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung vom 14.9.2015. Die Antragstellerin habe die streitgegenständlichen Geldautomaten nicht in einem dem Gaststättengewerbe dienenden Raum, sondern in einem Nebenraum der angrenzenden Spielhalle aufgestellt. Ohne den Widerruf der erteilten Geeignetheitsbestätigung sei das öffentliche Interesse, den Gefahren der Spielsucht angemessen zu begegnen, gefährdet. Das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Vorgaben der Spielverordnung und des Spielerschutzes überwiege das private Interesse der Antragstellerin an der Fortsetzung des Spielbetriebs. Diese Annahmen des Verwaltungsgerichts werden durch das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, im Ergebnis nicht erschüttert.
5Der sinngemäß erhobene Einwand der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe die Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Blick darauf, dass die aktuelle Situation derjenigen der letzten 11 Jahre entspreche, nicht nachvollziehbar begründet, greift nicht durch. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung entspricht dem formellen Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. In der Begründung einer Vollziehungsanordnung hat die Behörde schlüssig, konkret und substantiiert darzulegen, aufgrund welcher Erwägungen sie gerade im vorliegenden Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung als gegeben ansieht und das Interesse des Betroffenen am Bestehen der gesetzlich vorgesehenen aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat.
6Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.9.2001 – 1 DB 26.01 –, juris, Rn. 6.
7Diesen Anforderungen hat die Antragsgegnerin genügt, indem sie darauf abgestellt hat, es könne vor allem mit Blick auf den Jugendschutz und die Suchtprävention sowie zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen nicht hingenommen werden, dass die Antragstellerin während eines möglicherweise lang andauernden Rechtsstreits weiterhin illegales Glücksspiel betreibe. Die Antragsgegnerin war nicht gehindert, ein besonderes Vollziehungsinteresse anzunehmen, nur weil sie die Aufstellung der Geldspielgeräte irrtümlich als rechtmäßig eingeschätzt hat. Nach Erkennen einer Gefahr darf dieser mit sofortiger Wirkung begegnet werden. Ob die zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung angeführten Gründe diese tatsächlich rechtfertigen, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Die Beurteilung, ob das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin die gegenläufigen Vollziehungsinteressen überwiegt, ist vielmehr Teil der gerichtlichen Interessenabwägung im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO.
8Das Beschwerdevorbringen stellt die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht in Frage, es spreche alles für die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 14.9.2015. Insbesondere ist der auf § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG NRW gestützte Widerruf der der Antragstellerin unter dem 22.11.2004 erteilten Bestätigung, dass das Café in der S. . 172, X. , für die Aufstellung von Geldspielgeräten geeignet sei, im Ergebnis nicht zu beanstanden.
9Nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG NRW darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden, wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
10Zwar spricht viel dafür, dass die Geeignetheitsbestätigung vom 22.11.2004 von Anfang an rechtswidrig war, weil der darin bezeichnete Aufstellungsort nicht den für die Aufstellung von Geldspielgeräten maßgeblichen Voraussetzungen entsprach und im Übrigen auch weiterhin nicht entspricht. Nach § 33c Abs. 3 Satz 1 GewO darf der Gewerbetreibende Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit nur aufstellen, wenn ihm die zuständige Behörde schriftlich bestätigt hat, dass der Aufstellungsort den auf der Grundlage des § 33f Abs. 1 Nr. 1 GewO erlassenen Durchführungsvorschriften entspricht. Gemäß § 1 Abs. 1 SpielV dürfen Geldspielgeräte unter anderem nur – was hier allein in Betracht kommt – in Räumen von Schank- oder Speisewirtschaften, in denen Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, aufgestellt werden (Nr. 1). Ein Gaststättenbetrieb im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV ist nur dann gegeben, wenn die gewerblichen Räume durch den Schank- und Speisebetrieb geprägt sind und nicht überwiegend einem anderen Zweck dienen.
11Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.3.1991 – 1 B 30.91 –, GewArch 1991, 225 = juris, Rn. 5; OVG NRW, Urteil vom 10.12.1990 – 4 A 2423/89 –, GewArch 1991, 224 = juris, Rn. 5, und Beschluss vom 3.1.2014 – 4 B 1053/13 –, m. w. N.; Marcks in: Landmann/Rohmer, GewO, Loseblatt-Kommentar, Stand: Juni 2015, § 1 SpielV, Rn. 2.
12Die Regelungen des § 1 SpielV dienen der Eindämmung der Betätigung des Spieltriebs, dem Schutz der Allgemeinheit und der Spieler sowie dem Interesse des Jugendschutzes (vgl. § 33f Abs. 1 GewO). Zur Erreichung dieser Regelungsziele hat der Verordnungsgeber die Aufstellung von Geldspielgeräten in § 1 Abs. 1 SpielV auf solche Orte beschränkt, in denen – wie bei Spiel- und Wettannahmestellen – das Spielen den Hauptzweck bildet und die deshalb bestimmten Zulässigkeitsanforderungen unterliegen, oder bei denen die Zulassung einer begrenzten Anzahl von Geldspielgeräten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV) unter Wahrung des Jugendschutzinteresses aus anderen Gründen vertretbar erscheint. Der Annahme, dass Letzteres für Schank- und Speisewirtschaften bejaht werden kann, liegt erkennbar die Erwägung zugrunde, dass derartige Betriebe nicht in erster Linie zur Befriedigung des Unterhaltungsbedürfnisses aufgesucht werden und eine Ausbreitung des Spieltriebs deshalb nicht zu befürchten ist.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3.1.2014 – 4 B 1053/13 –, m. w. N., und Urteil vom 10.12.1990 – 4 A 2423/89 –, GewArch 1991, 224 = juris, Rn. 7 ff.
14In der streitgegenständlichen Betriebsstätte bildet die Aufstellung von Geldspielgeräten den Hauptzweck. Das Verwaltungsgericht ist unter Bezugnahme auf die detaillierte Auseinandersetzung der Antragsgegnerin mit den von ihr im Juli 2015 festgestellten örtlichen Gegebenheiten (Aufstellung von drei Geldspielgeräten mit dazugehörigen Sesseln, ein kleiner Stehtisch, kein Tresen, keine Bedienung in dem Café, keine weiteren Sitzgelegenheiten, Versorgung der Gäste mit Getränken durch die Aufsicht der angrenzenden Spielhalle über eine Luke, kostenfreie Abgabe der Getränke an Automatenspieler) zutreffend davon ausgegangen, dass in dem nur (ca. 13 qm) großen (Steh-)Café das Glücksspielangebot im Vordergrund steht.
15Für die Möglichkeit des Widerrufs ist jedoch unerheblich, ob dies auch im Zeitpunkt der Erteilung der Geeignetheitsbestätigung am 22.11.2004 schon der Fall war, worauf das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin hindeutet, dass – bezogen auf das Jahr 2015 – die aktuelle Situation derjenigen der letzten 11 Jahre entspreche.
16Denn die Möglichkeit des Widerrufs besteht über den Wortlaut des § 49 Abs. 1 und 2 VwVfG NRW hinaus auch bei rechtswidrigen Verwaltungsakten. Trotz der unterschiedlichen Regelungen der Rücknahme und des Widerrufs in §§ 48 f. VwVfG NRW im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit bzw. Rechtmäßigkeit des in Frage stehenden Verwaltungsakts bestehen keine Bedenken gegen die Anwendbarkeit des § 49 Abs. 1 und 2 VwVfG NRW auch auf rechtswidrige Verwaltungsakte, die nach § 48 VwVfG NRW nicht zurückgenommen werden können oder sollen, für die aber jedenfalls die Voraussetzungen des Widerrufs gegeben sind. Einem rechtswidrigen Verwaltungsakt kann kein höherer Bestandsschutz zugemessen werden als einem rechtmäßigen.
17Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.9.2000 – 9 C 12.00 –, BVerwGE 112, 81 (85); OVG NRW, Urteile vom 13.6.2002 – 12 A 693/99 –, NVwZ-RR 2003, 803 = juris, Rn. 15, m. w. N., und vom 10.12.1990 – 4 A 2423/89 –, GewArch 1991, 224 = juris, Rn. 2, m. w. N.
18Auch die übrigen – bei der Anwendung des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG NRW auf von Anfang an rechtswidrige Verwaltungsakte noch zu prüfenden – Voraussetzungen waren im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung vom 14.9.2015 erfüllt. Die Geeignetheitsbestätigung hätte auch aufgrund des im Juli 2015 bestehenden Sachverhalts nicht erteilt werden dürfen. Mangels gaststättentypischer Prägung der Betriebsstätte ist der Einwand der Antragstellerin unerheblich, es kämen „auch heute“ noch regelmäßig Gäste, die ausschließlich das gastronomische Angebot annähmen und sich für die aufgestellten Geldspielgeräte nicht weiter interessierten.
19Auch kommt es entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht darauf an, ob eine gemeinsame Beaufsichtigung der (benachbarten) Spielhalle und des Cafés aufgrund entsprechender Videoüberwachungen „unproblematisch“ und „zulässig“ ist. Entscheidend ist, dass im Café nicht das Schank- und Speiseangebot im Vordergrund steht und es im Übrigen auch nicht „cafétypisch“ ist, dass Cafébesucher von der Aufsicht einer Spielhalle bedient werden, die (erst) über eine Videoüberwachung auf ihre Wünsche aufmerksam wird und servierte Getränke nicht berechnet, wenn an in den Räumlichkeiten aufgestellten Spielautomaten gespielt wird.
20Ferner wäre ohne den Widerruf der Geeignetheitsbestätigung das öffentliche Interesse an der Einhaltung des Jugend- und Spielerschutzes gefährdet. Bei dem streitgegenständlichen Stehcafé handelt es sich um eine Räumlichkeit, die bei einem Fortbestand der Geeignetheitsbestätigung weiterhin in erster Linie zur Befriedigung des Unterhaltungsbedürfnisses aufgesucht würde, ohne dass die hierfür erforderlichen Zulässigkeitsanforderungen nach der Spielverordnung erfüllt werden. Dies ist angesichts des Schutzzwecks des § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV, der insbesondere der Eindämmung des Spieltriebs und dem Interesse des Jugendschutzes dient (§ 33f Abs. 1 GewO), nicht hinnehmbar. Mit Blick darauf hat die Antragsgegnerin auch zutreffend angenommen, dass das öffentliche Interesse an der Einhaltung der für die Aufstellung von Geldspielgeräten einschlägigen Bestimmungen das Vertrauen der Antragstellerin in den Fortbestand des rechtswidrigen Zustandes überwiege.
21Vgl. auch: OVG NRW, Urteil vom 10.12.1990 – 4 A 2423/89 –, GewArch 1991, 224 = juris, Rn. 11.
22Dem ist die Antragstellerin auch in ihrer Beschwerdebegründung nicht durchgreifend entgegen getreten.
23Der Widerruf der Geeignetheitsbestätigung ist im Ergebnis auch nicht ermessensfehlerhaft. Zwar enthält die Verfügung der Antragsgegnerin vom 14.9.2015 keine ausdrückliche Begründung der Entscheidung über das in § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG NRW eingeräumte Widerrufsermessen („darf“). Dies ist jedoch unschädlich, weil es hier keiner weiteren Ausführungen zur Ausübung des Widerrufsermessens bedurfte. In Fallgestaltungen, in denen – wie vorliegend – ausschließlich wirtschaftliche Interessen des Begünstigten betroffen sind und außergewöhnliche Umstände, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen, weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich sind, ist die Ermessensentscheidung der Behörde in Richtung auf einen Widerruf „intendiert“.
24Der Regelung des § 49 Abs. 2 VwVfG NRW liegt der Gedanke zugrunde, dass in den Widerrufsfällen der Nrn. 1 bis 5 das öffentliche Interesse an der Beseitigung oder Änderung des Verwaltungsakts im Allgemeinen schwerer wiegt als das Interesse des Betroffenen am Bestand des Verwaltungsakts und das entsprechende Vertrauensinteresse. Dieses prinzipielle Übergewicht des öffentlichen Interesses liegt - soweit es um die in § 49 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 getroffenen Regelungen geht ‑ darin begründet, dass dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes hier bereits vom Gesetzgeber insofern Rechnung getragen worden ist, als dieser in § 49 Abs. 6 VwVfG NRW einen Entschädigungsanspruch des Betroffenen für etwaige im Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts erlittene Vermögensnachteile geschaffen bzw. einen Widerruf für den Fall des Gebrauchmachens von der Vergünstigung ausgeschlossen hat (Nr. 4). Der Gesetzgeber hat mit anderen Worten den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes bereits in die Widerrufsregelungen des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 i. V. m. § 49 Abs. 6 VwVfG NRW „eingearbeitet“. Das der Behörde in § 49 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 VwVfG NRW eingeräumte Ermessen ist deshalb im Hinblick auf das öffentliche Interesse an einem Widerruf der Vergünstigung in Richtung auf einen Widerruf „intendiert“. Aus diesem Grund können Vertrauensschutzgesichtspunkte im Rahmen des der Behörde obliegenden Widerrufsermessens nur dann zugunsten des Betroffenen zu Buche schlagen, wenn der ihm ohnehin bereits unmittelbar kraft Gesetzes zustehende Vertrauensschutz aus besonderen Gründen nicht ausreichend erscheint.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.1.1992 – 7 C 38.90 ‑, NVwZ 1992, 565 = juris, Rn. 15, m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 13.6.2002 – 12 A 693/99 –, NVwZ-RR 2003, 803 = juris, Rn. 43, m. w. N.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 23.8.2007 – 5 LA 123/06 –, juris, Rn. 12, m. w. N.
26Ist das Ermessen intendiert und liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst. Versteht sich aber das Ergebnis von selbst, so bedarf es insoweit nach § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG NRW auch keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung. Nur dann, wenn der Behörde außergewöhnliche Umstände des Falls bekannt geworden oder erkennbar sind, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen und die von der Behörde nicht erwogen worden sind, liegt ein rechtsfehlerhafter Gebrauch des Ermessens vor.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.1997 – 3 C 22.96 –, BVerwGE 105, 55 = juris, Rn. 14; OVG NRW, Urteil vom 13.6.2002 – 12 A 693/99 –, NVwZ-RR 2003, 803 = juris, Rn. 45.
28Hiervon ausgehend war die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin in Richtung auf einen Widerruf intendiert. Die Antragstellerin hat bereits im Rahmen ihrer Anhörung vom 1.7.2015 keine außergewöhnlichen Umstände geltend gemacht, die ein Absehen vom Widerruf hätten begründen können. Die Antragstellerin hat im anwaltlichen Schriftsatz vom 11.8.2015 lediglich darauf verwiesen, dass in dem Café das gastronomische Angebot im Vordergrund stehe und das öffentliche Interesse ohne den Widerruf nicht gefährdet sei. Auch soweit sie sich mit ihrem Einwand, dass der Antragsgegnerin die Situation vor Ort seit Jahren bekannt gewesen sei, auf Vertrauensschutz und den Ablauf der Jahresfrist berufen hat, hat sie damit keine Ausnahmesituation dargelegt. Nichts anderes gilt für die Beschwerdebegründung. Die Antragstellerin beruft sich (lediglich) darauf, ihr entstehe ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden, weil sie die Leasingverträge für die Geldautomaten aktuell nicht beenden könne und sie keine anderweitige Einsatzmöglichkeit für die Geräte habe. Damit macht sie aber keine Gesichtspunkte geltend, die nicht bereits im Rahmen eines Entschädigungsanspruchs nach § 49 Abs. 6 VwVfG NRW zu berücksichtigen wären.
29Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war die Jahresfrist des § 49 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 48 Abs. 4 VwVfG NRW bei Erlass der angefochtenen Ordnungsverfügung am 14.9.2015 auch noch nicht abgelaufen.
30Nach dem Normzweck des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW handelt es sich bei der Jahresfrist nicht um eine Bearbeitungs-, sondern um eine Entscheidungsfrist. Der zuständigen Behörde wird ein Jahr Zeit eingeräumt, um die Entscheidung über die Rücknahme des Verwaltungsakts zu treffen. Daraus folgt, dass die Frist erst bei vollständiger behördlicher Kenntnis der für die Rücknahme maßgebenden Sach- und Rechtslage zu laufen beginnt. Erst wenn die Behörde auf der Grundlage aller entscheidungserheblichen Tatsachen den zutreffenden rechtlichen Schluss gezogen hat, dass ihr die Rücknahmebefugnis zusteht, muss sie innerhalb eines Jahres entscheiden, ob sie davon Gebrauch macht. Daher setzt der Fristbeginn zum einen voraus, dass die zuständige Behörde zu der Erkenntnis gelangt, dass der begünstigende Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Es ist unerheblich, ob sie sich zuvor in einem Irrtum über den entscheidungserheblichen Sachverhalt (Tatsachenirrtum) oder über dessen rechtliche Bedeutung (Rechtsirrtum) befunden hat. Auch wenn der Erlass des begünstigenden Verwaltungsakts darauf beruht, dass die Behörde den ihr vollständig bekannten Sachverhalt rechtsfehlerhaft gewürdigt oder das anzuwendende Recht verkannt hat, beginnt die Jahresfrist erst mit Kenntnis des Rechtsfehlers zu laufen. Zum anderen muss sich die zuständige Behörde darüber im Klaren sein, dass sich aus der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts die Befugnis zu dessen Rücknahme ergibt. Sie muss zu der Erkenntnis gelangt sein, dass die weiteren Rücknahmevoraussetzungen des § 48 VwVfG NRW gegeben sind. Dies ist anzunehmen, wenn die Behörde ohne weitere Sachaufklärung imstande ist, diese Voraussetzungen des § 48 VwVfG NRW, d. h. vor allem die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsakts, zutreffend zu beurteilen und daraus die richtigen Schlüsse zieht.
31Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.6.2012 – 2 C 13.11 –, BVerwGE 143, 230 = juris, Rn. 27 bis 29,
32m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 19.5.2016
33– 4 B 1329/15 –, juris, Rn. 14.
34Die Jahresfrist wird daher nur dann überschritten, wenn die Behörde für ihre Entscheidung trotz Kenntnis der Rechtswidrigkeit und aller für die Rücknahmeverfügung erforderlichen Umstände mehr als ein Jahr benötigt.
35Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.1.2013
36– 2 B 62.12 –, juris, Rn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 19.5.2016 – 4 B 1329/15 –, juris, Rn. 16.
37Hiervon ausgehend hat die Antragsgegnerin die angefochtene Ordnungsverfügung vom 14.9.2015 (jedenfalls) innerhalb der Jahresfrist des § 49 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 48 Abs. 4 VwVfG NRW erlassen, da diese frühestens im Juni 2015 begann. Zwar waren der Antragsgegnerin die tatsächlichen Verhältnisse in dem streitgegenständlichen Café bereits aufgrund der in den Jahren 2005 bis 2007 und am 18.12.2013 durchgeführten Kontrollen bekannt. Auch wiesen diese eindeutig darauf hin, dass der Raum nicht durch den Schank- und Speisebetrieb geprägt war, sondern überwiegend dem Zweck des Aufstellens von Geldspielgeräten diente. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin begann die Jahresfrist bei summarischer Prüfung jedoch frühestens im Juni 2015. Die sich in einem Rechtsirrtum befindende Antragsgegnerin hat erst aufgrund der Kontrolle vom 9.6.2015 und insbesondere aufgrund der ‑ weiteren Ermittlungen dienenden ‑ Kontrolle vom 8.7.2015 sowie der in diesem Zusammenhang gefertigten Fotos erkannt, dass sie die für das Café erteilte Geeignetheitsbestätigung bislang zu Unrecht für rechtmäßig gehalten hat. Auch war sie sich erstmals zu diesem Zeitpunkt über die ihr zustehende Aufhebungsbefugnis im Klaren. Mit Blick darauf, dass auch bei einem vollständig ermittelten Sachverhalt die Jahresfrist im Falle eines Rechtsirrtums erst mit Kenntnis des Rechtsfehlers zu laufen beginnt, beruft sich die Antragstellerin vergeblich darauf, dass sich die zu Grunde liegenden Tatsachen seit 2004 nicht geändert hätten und die Antragsgegnerin (auch) die Gaststätte seit deren Konzessionierung regelmäßig überprüft habe. Angesichts dessen ist auch der Einwand der Antragstellerin unerheblich, dass die Antragsgegnerin schon bei einer Kontrolle am 18.12.2013 festgestellt habe, dass in dem streitgegenständlichen Café die Schankwirtschaft nicht im Vordergrund gestanden habe.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Das Interesse der Antragstellerin am Fortbestand der Geeignetheitsbestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO beurteilt sich letztlich nach der Zahl der in Rede stehenden Geldspielgeräte. Ist - wie hier - ihre Zahl bekannt, legt der Senat im Hauptsacheverfahren einen Betrag von 2.000,00 EUR für jedes Gerät zugrunde. Diese Beträge sind im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.
40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3.1.2014
41– 4 B 1053/13 –, m. w. N.
42Danach ergibt sich bei drei Geldspielgeräten ein Streitwert von 3.000,00 EUR. Entsprechend ist auch die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung geändert worden.
43Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.
(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.
(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf
- 1.
die Feststellung des Sachverhalts, - 2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder - 3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
(3a) (weggefallen)
(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.
(5) (weggefallen)
(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.
(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.
(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.
(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.
(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.
(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.
(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf
- 1.
die Feststellung des Sachverhalts, - 2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder - 3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
(3a) (weggefallen)
(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.
(5) (weggefallen)
(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.
(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.
(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.
(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.
(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 13. Januar 2015 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 20.000,00 Euro festgesetzt
1
G r ü n d e :
2Der sinngemäß in seinem Namen gestellte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
3Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Die als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene sinngemäße Frage,
4auf welchen Zeitpunkt bei der Anfechtungsklage für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung abzustellen ist,
5ist, wie sich bereits aus dem angegriffenen Urteil und dem Zulassungsvorbringen ergibt, seit langem höchstrichterlich geklärt. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden und der Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 GewO kommt es auf den Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung an. Nicht entscheidend ist, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens weiterentwickelt haben. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass seit Inkrafttreten der Neufassung des § 35 Abs. 6 GewO am 1.5.1974 eine deutliche Trennung zwischen dem Untersagungsverfahren einerseits und dem Wiedergestattungsverfahren andererseits besteht. Ist ein Gewerbe wirksam untersagt worden, hat die Behörde nicht mehr zu prüfen, ob die Untersagungsgründe die ergangene Gewerbeuntersagung weiterhin tragen. Haben sich die tatsächlichen Umstände geändert, muss die Initiative zur Wiederzulassung nach § 35 Abs. 6 GewO vom Gewerbetreibenden ausgehen. Diese Rechtsprechung haben das Bundesverwaltungsgericht und der Senat jüngst erneut grundsätzlich bestätigt.
6Vgl. BVerwG, Urteil vom 15.4.2015 – 8 C 6.14 –, NVwZ 2015, 1544 = juris, Rn. 15, m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 25.3.2015 – 4 B 1480/14 –, juris, Rn. 6 f.
7Die Gründe, die der Kläger anführt, um zu erreichen, diese Rechtsansicht einer erneuten Überprüfung zuzuführen, lassen keinen neuen Klärungsbedarf erkennen. Es handelt sich letztlich um Einwände gegen die Folgen, die sich für einen unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus der gesetzlichen Trennung zwischen Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren insbesondere deshalb ergeben, weil nach § 35 Abs. 6 GewO eine Wiedergestattung nur auf Antrag und grundsätzlich frühestens ein Jahr nach Durchführung der Untersagungsverfügung erfolgen kann. Ohne Änderung dieser klaren gesetzlichen Entscheidung bestehen die Gründe unverändert fort, die die höchstrichterliche Rechtsprechung daran hindern, die Gewerbeuntersagung hinsichtlich des maßgeblichen gerichtlichen Beurteilungszeitpunktes wie jeden anderen Dauerverwaltungsakt zu behandeln.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 2.2.1982 – 1 C 146.80 –, BVerwGE 65, 1 = juris, Rn. 14.
9Daran ändert die Argumentation des Klägers nichts, wonach wegen der praktischen Handhabung des § 35 Abs. 6 GewO durch die zuständigen Behörden eine Wiedergestattung vor Ablauf des Karenzjahres regelmäßig nicht erfolge und deshalb sehenden Auges hingenommen werde, dass trotz Beseitigung der Unzuverlässigkeitsgründe die berufliche Existenz für mindestens ein Jahr eliminiert werde; anschließend gebe es keine wirtschaftliche Realität für einen Neuantrag und Neubeginn. Seine daraus abgeleitete Schlussfolgerung, durch die Vorverlegung des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts werde dem Gewerbetreibenden tatsächlich der Rechtsschutz genommen und das rechtliche Gehör versagt, trifft nicht zu. Bezogen auf den in der Rechtsprechung geklärten maßgeblichen Zeitpunkt der Gewerbeuntersagung kann der Betroffene eine gerichtliche Überprüfung erwirken. Den später eintretenden Wegfall der Unzuverlässigkeit kann er im Wiedergestattungsverfahren nach § 35 Abs. 6 GewO geltend machen, notfalls auch mit gerichtlicher Hilfe.
10Abgesehen davon zielt das Vorbringen des Klägers inhaltlich letztlich allenfalls auf einen Klärungsbedarf hinsichtlich der behördlichen Handhabung der Jahresfrist nach § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO im behördlichen Wiedergestattungsverfahren, wenn er rügt, dass dieses Instrument in der Praxis nicht bzw. nur unzureichend genutzt werde; die Behörde, welche die Gewerbeuntersagung einmal erlassen habe, bewillige die Neuerteilung in keinem Fall vor Ablauf der Karenzzeit. Selbst wenn dies zuträfe, ergäbe sich daraus kein Klärungsbedarf bezogen auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt in einem gegen eine Untersagungsverfügung gerichteten Verfahren, um das es hier geht.
11Ungeachtet dessen entspricht die Argumentation des Klägers, in keinem Fall werde vor Ablauf der Karenzzeit die Neuerteilung bewilligt, auch nicht der geltenden und notfalls gerichtlich einklagbaren Rechtslage. Eine entsprechende Handhabung ist lediglich im Regelfall rechtmäßig. Insbesondere bei hohen Steuer- und sonstigen Zahlungsrückständen, die über längere Zeit angefallen sind und häufig Anlass für Gewerbeuntersagungen bieten, wird ohnehin vor Ablauf eines Jahres seit Durchführung der Untersagungsverfügung nur selten eine Sanierung möglich sein, die die Unzuverlässigkeit verlässlich beseitigt. Hier ist die Gewerbeuntersagung im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Ausprägung durch Art. 12 Abs. 1 GG schon im Interesse des redlichen Wirtschaftsverkehrs geboten, weil der Gewerbetreibende in erheblichem Umfang seine Schulden nicht begleichen kann. Die hieraus folgende Gefahr für den Geschäftsverkehr kann regelmäßig nur durch langwierige Sanierungsbemühungen beseitigt werden. Sofern hingegen im Einzelfall ausnahmsweise die Gründe, die die Unzuverlässigkeit begründen, schon vor Ablauf des Karenzjahres wegfallen, kommt gerade unter Berücksichtigung der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit nach § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO auf Antrag in einem gesonderten Wiederaufnahmeverfahren eine frühere Wiedergestattung in Betracht, weil dann hierfür besondere Gründe vorliegen. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und bedarf keiner grundsätzlichen Klärung in einem Berufungsverfahren.
12Die Berufung ist auch nicht wegen allenfalls sinngemäß geltend gemachter ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Dass die Annahme der Unzuverlässigkeit des Klägers zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung gerechtfertigt war, stellt die Antragsbegründung nicht durchgreifend in Zweifel. Die sinngemäße Kritik an der fehlenden behördlichen Berücksichtigung späterer Sanierungsbemühungen betrifft, wie ausgeführt, nicht die Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung, sondern ist im hier nicht streitgegenständlichen Wiedergestattungsverfahren geltend zu machen.
13Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
14Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 39 Abs. 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG.
15Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.