Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 28. Jan. 2016 - 6 B 11140/15

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2016:0128.6B11140.15.0A
bei uns veröffentlicht am28.01.2016

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Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 17. November 2015 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren und das erstinstanzliche Verfahren – insoweit unter teilweiser Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts – auf 14.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Die von ihr dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – allein Gegenstand der Überprüfung durch den Senat sind, führen nicht zu einer von dem angefochtenen Beschluss abweichenden Interessenabwägung. Dem Verwaltungsgericht ist vielmehr im Ergebnis darin zuzustimmen, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung vom 3. September 2015 schwerer wiegt als das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung. Dies ergibt sich aus den allenfalls geringen Erfolgsaussichten, die Rechtsbehelfe der Antragstellerin gegen die Untersagungsverfügung vom 3. September 2015 nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen überschlägigen Prüfung voraussichtlich haben, und die deshalb die gesetzgeberische Entscheidung, die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen Anordnungen der Glücksspielaufsicht auszuschließen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 Glücksspielstaatsvertrag 2012 – GlüStV –), nicht zu erschüttern vermögen.

2

1. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, durfte die angefochtene Untersagungsverfügung auf der Grundlage der §§ 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3, 4 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 7 Abs. 5, 13 Landesglücksspielgesetz in der seit dem 22. August 2015 geltenden Fassung – LGlüG – erlassen werden. Danach kann die für die Glücksspielaufsicht zuständige Behörde die unerlaubte Vermittlung von Sportwetten und die Werbung hierfür untersagen sowie weitere erforderliche Maßnahmen ergreifen.

3

a) Die Antragstellerin verfügt nicht über die gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV, § 1 Abs. 1 LGlüG vorgeschriebene Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten in der Betriebsstätte N. in W.

4

aa) Dieser Erlaubnisvorbehalt ist nicht aus unionsrechtlichen Gründen unanwendbar.

5

Der Senat folgt der Auffassung der Antragstellerin nicht, es fehle deshalb an einem wirksamen Erlaubnisvorbehalt, weil der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten gemäß § 7 Abs. 7 LGlüG nur von einem Konzessionsnehmer i. S. d. §§ 4a ff. GlüStV (Wettveranstalter) gestellt werden könne, ein transparentes, diskriminierungsfreies und auch im Übrigen unionsrechtskonformes Konzessionsvergabeverfahren aber nicht bestehe. Ein solches Vergabeverfahren, das die unionsrechtlichen Anforderungen erfüllt, ist eingeleitet und nicht offensichtlich aussichtslos.

6

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, C-46/08 – Carmen Media Group – GewArch 2010, 448, juris, Rn. 87) kann ein Erlaubnisvorbehalt als eine in die Dienstleistungsfreiheit eingreifende Regelung über Sportwetten nur dann den unionsrechtlichen Anforderungen genügen, wenn sie auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen setzen, damit diese nicht willkürlich erfolgen kann. In Leitsatz 4 der Entscheidung in den Rechtssachen Placanica u. a. (EuGH, C-338/04 u. a., NJW 2007, 1515, juris) heißt es, die Dienstleistungsfreiheit stehe einer strafrechtlichen Sanktion wegen Sammelns von Wetten ohne die nach dem nationalen Recht erforderliche Konzession dann entgegen, wenn eine solche Konzession oder Genehmigung deshalb nicht beschafft werden konnte, weil der betreffende Mitgliedstaat es unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht abgelehnt hatte, sie zu erteilen.

7

Gemessen daran normieren die Bestimmungen der §§ 4a ff. GlüStV ein auf objektiven Voraussetzungen beruhendes, transparentes und Bewerber aus anderen Mitgliedsstaaten nicht diskriminierendes Konzessionsvergabeverfahren, das nicht – wie mit der Beschwerdebegründung vorgetragen wird – von Anfang an aussichtslos, damit nutzlos und rechtlich „nicht notwendig“ ist. Zwar hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof (8 B 1028/15, ZfWG 2015, 478, juris; 8 B 883/15) eine verwaltungsgerichtliche einstweilige Anordnung bestätigt, mit der dem bundesweit dafür zuständigen Land Hessen die Erteilung der (bereits vorbereiteten) Konzessionen für die Veranstaltung von Sportwetten einstweilen untersagt wird. Zur Begründung dieser Beschwerdeentscheidung heißt es, die im Glücksspielstaatsvertrag erfolgte Zuweisung von Entscheidungsbefugnissen an ein aus 16 Vertretern der Länder bestehendes Glücksspielkollegium sei mit dem Bundesstaatsprinzip und dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes nicht vereinbar. Aber auch bei unterstellter Verfassungskonformität des im Glücksspielstaatsvertrag geregelten Vergabeverfahrens unter Einbindung des Glücksspielkollegiums sei das Auswahlverfahren unter Verletzung des Transparenzgebotes durchgeführt worden, weil das Land Hessen in der Ausschreibung eine unzutreffende Angabe hinsichtlich des für die Vergabe der Konzessionen maßgeblichen Auswahlkriteriums genannt habe und auch die Gewichtung der Auswahlkriterien mit den Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages nicht in Einklang stehe (HessVGH, 8 B 1028/15, ZfWG 2015, 478, juris, Rn. 37, 54 ff.).

8

Daraus kann indessen nicht geschlossen werden, die Vergabe von Konzessionen für die Veranstaltung von Sportwetten gemäß §§ 4a ff. GlüStV sei endgültig gescheitert. Denn das Vergabeverfahren kann unter Vermeidung der vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof aufgezeigten Mängel des Auswahlverfahrens – in dem danach erforderlichen Umfang – ordnungsgemäß wiederholt bzw. fortgesetzt werden. Soweit dieser die Zuweisung von Entscheidungsbefugnissen an das Glücksspielkollegium für mit dem Bundesstaatsprinzip und dem Demokratieprinzip unvereinbar hält, folgt auch daraus nicht, dass die Konzessionsvergabe unter Beteiligung des Glücksspielkollegiums verfassungsrechtlich ausgeschlossen ist. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (9-VII-13 u.a., GewArch 2015, 510, juris) hat nämlich – in den Senat für das vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren überzeugender Weise – entschieden, die bundesstaatliche Kompetenzordnung und das rechtsstaatliche Erfordernis der Zuständigkeits- und Verantwortungsklarheit stehe der staatsvertraglich vereinbarten Übertragung einzelner Länderaufgaben auf eine für alle Bundesländer gemeinschaftlich zuständige Landesbehörde wie das Glücksspielkollegium nicht grundsätzlich entgegen. Der auch bei einer intraföderalen Zuständigkeitskonzentration notwendige demokratische Legitimationszusammenhang bleibe gewahrt, wenn die länderübergreifend tätigen Vollzugsbehörden an die Beschlüsse einer gemeinschaftlichen Aufsichtsinstanz gebunden seien, die ihrerseits aus weisungsunterworfenen Vertretern der Bundesländer bestehe (BayVerfGH, Vf. 9-VII-13 u.a., GewArch 2015, 510, juris, Rn. 140 ff.).

9

Da es auch nach Auffassung des Generalanwalts (Schlussanträge in der Rechtssache Ince, C-336/14, juris, Rn. 74) Sache des nationalen Gerichts ist zu ermitteln, ob das laufende Konzessionsverfahren mit den allgemeinen Grundsätzen in Einklang steht und damit eine gerechtfertigte Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstellt, besteht keine Veranlassung, mit einer Entscheidung über die Beschwerde bis zur Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Ince abzuwarten.

10

bb) Die gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV, § 1 Abs. 1 LGlüG vorgeschriebene Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten ist nicht wegen der der Antragstellerin unter dem 30. März 2015 erteilten Duldung entbehrlich.

11

Obwohl die Antragstellerin aufgrund dieser Duldung ihre Betriebsstätte N. in W. als Verkaufsstelle i. S. d. § 7 Abs. 5 LGlüG a. F. zur Sportwettvermittlung nutzen konnte, stellt die Duldung keine Wettvermittlungserlaubnis dar. Etwas davon Abweichendes ergibt sich nicht aus der Anmerkung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, 8 C 17.12, juris, Rn. 72) im Zusammenhang mit der in Nordrhein-Westfalen bis zum Jahr 2012 geltenden Rechtslage, wonach dort unionsrechtskonforme, monopolunabhängige Erlaubnisvoraussetzungen nicht hätten geprüft werden können, weil das Erlaubnisverfahren - im Gegensatz zu anderen Bundesländern wie etwa dem Freistaat Bayern oder Rheinland-Pfalz - nicht für Private geöffnet gewesen sei. Dies bezog sich auf die bis zum 30. Juni 2012 maßgebliche Rechtslage, nicht aber auf Duldungen des Antragsgegners unter Geltung des Glücksspielstaatsvertrags 2012. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, 8 B 86.13, juris, Rn. 10) vielmehr ausgeführt, dadurch würden Sportwettvermittler keiner Duldungspflicht unterworfen, vielmehr würden die nachteiligen Folgen der gesetzlichen Erlaubnispflicht für die Dauer des Konzessionsverfahrens vermindert.

12

Auch wenn der Antragsgegner die Aufnahme einer Wettvermittlungstätigkeit vor Erteilung der Duldung nicht hingenommen und die Duldung vom 30. März 2015 von der Erfüllung etlicher Erlaubnisvoraussetzungen abhängig gemacht hat, kann sie nicht als einer Erlaubnis gleichstehender Verwaltungsakt betrachtet werden. Denn der Antragsgegner hat damit lediglich unter im Einzelnen bezeichneten Nebenbestimmungen „vorerst auf den Erlass einer Untersagungsverfügung“ verzichtet, also eine der Zusicherung i. S. d. § 38 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - i. V. m. § 1 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz - LVwVfG - vergleichbare Entscheidung getroffen (vgl. BVerwG, 2 C 14.97, BVerwGE 106, 187, juris; BVerwG, 5 C 10.05, BVerwGE 126, 33, juris). Damit sollte dem Einwand der privaten Sportwettveranstalter und -vermittler begegnet werden, während der Dauer des Konzessionierungsverfahrens bestehe ein faktisches Monopol der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH fort, das Private unionrechtswidrig von der Sportwettvermittlung ausschließe.

13

Die Duldung würde, wenn sie noch wirksam wäre, allerdings die Ermessensausübung beim Erlass einer Untersagungsverfügung beeinflussen.

14

b) Von dem ihm im Falle unerlaubter Vermittlung von Sportwetten nach §§ 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3, 4 Abs. 1 GlüStV i. V. m. § 13 Abs. 2 Satz 1 LGlüG eingeräumten Ermessen hat der Antragsgegner mit der Untersagungsverfügung vom 3. September 2015 fehlerfrei Gebrauch gemacht.

15

aa) Insbesondere ist er zutreffend davon ausgegangen, dass er nicht mehr an die der Antragstellerin erteilte Duldung gebunden ist. Durch die am 22. August 2015 in Kraft getretene gesetzliche Aufhebung der von der Antragstellerin bisher wahrgenommenen Möglichkeit, Sportwetten als Nebengeschäft in einer Verkaufsstelle zu vermitteln, ist die Bindung des Antragsgegners an die Duldung vom 30. März 2015, die ausdrücklich für eine Verkaufsstelle zur Sportwettvermittlung als Nebengeschäft ausgesprochen wurde, ohne Weiteres ebenso erloschen, wie dies nach § 38 Abs. 3 VwVfG kraft Gesetzes für eine Zusicherung nach wesentlicher Änderung der Sach- und Rechtslage gilt (vgl. hierzu BayVGH, 24 CS 06.2460, juris; OVG LSA, 3 R 53/13, ZLR 2014, 351, juris). Auf diese Weise wurde die Duldung gegenstandslos und ihre Rechtswirkungen i. S. d. § 43 Abs. 2 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 LVwVfG anderweitig beendet, ohne dass es eines Widerrufs gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 LVwVfG wegen geänderter Rechtslage bedurfte.

16

Soweit die Antragstellerin meint, die Duldung könne ihre Wirksamkeit allenfalls durch Widerruf nach § 13 Abs. 3 Nr. 4 LGlüG verlieren, kann ihr schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die Duldung vom 30. März 2015 – wie ausgeführt – weder eine Erlaubnis ist noch einer solchen gleichsteht.

17

Angesichts dessen kommt es nicht entscheidend darauf an, dass der Antragsgegner mit seiner Entscheidung vom 8. Juni 2015 schon zuvor die Duldung vom 30. März 2015 „entzogen“ und die Antragstellerin dagegen Widerspruch eingelegt hat. Diesem kommt allerdings wohl keine aufschiebende Wirkung zu. Denn die Entscheidung vom 8. Juni 2015, „nicht mehr vom Erlass einer Untersagungsverfügung“ abzusehen und der Antragstellerin aufzugeben, die Sportwettvermittlung unverzüglich einzustellen, dürfte als Maßnahme der Glücksspielaufsicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GlüStV sofort vollziehbar sein.

18

bb) Die Ermessensausübung des Antragsgegners, die Sportwettvermittlung in der Betriebsstätte N. in W. zu untersagen, wäre auch dann zu beanstanden, wenn die Erteilung der gemäß §§ 4 Abs. 1 GlüStV, 1 Abs. 1 LGlüG vorgeschriebenen Erlaubnis offensichtlich beansprucht werden könnte (vgl. hierzu BVerwG, 8 C 14.12, BVerwGE 146, 303, juris, Rn. 54; OVG RP, 6 A 10448/13.OVG, ZfWG 2014, 29, juris, Rn. 35). Dies ist jedoch unabhängig von dem noch laufenden Konzessionierungsverfahren (vgl. hierzu OVG SL, 3 B 268/12, ZfWG 2013, 151, juris; OVG SH, 2 MB 1/15, ZfWG 2015, 351, juris) nicht der Fall, weil diese Betriebsstätte der Antragstellerin den vorgeschriebenen Mindestabstand nicht einhält.

19

Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Antragstellerin insbesondere gegen die Abschaffung der einem Abstandsgebot nicht unterliegenden Verkaufsstellen trotz Aufrechterhaltung des Sportwettangebots in (Lotto-)Annahmestellen für eine Übergangszeit teilt der Senat nicht. Er hält vielmehr die in der Begründung zum Gesetzentwurf der Änderung des Landesglücksspielgesetzes (LT-Drucks. 16/4671, S. 21 f.) wiedergegebene Erwägung, die der zwischen Verkaufsstellen und Annahmestellen differenzierenden Neuregelung zugrunde liegt, für tragfähig. Danach ist dem Vertrauens- oder Bestandsschutzinteresse der Inhaber von Annahmestellen, in denen in der Vergangenheit legal die Sportwette Oddset vermittelt wurde, durch eine Übergangsregelung Rechnung zu tragen, während dies auf Konzessionäre und deren Sportwettvermittler nicht zutrifft, weil bisher weder Konzessionen noch Erlaubnisse zum Betrieb von Annahmestellen ausgesprochen worden sind. Dass die Duldung einer Annahmestelle keine Erlaubnis darstellt und einer solchen auch nicht gleichsteht, ist bereits dargelegt worden.

20

Für die Betriebsstätte N. in W. kann die Antragstellerin eine glücksspielrechtliche Erlaubnis nicht offensichtlich beanspruchen. Seit dem 22. August 2015 kommt eine Erlaubnis zur Sportwettvermittlung nur als Wettvermittlungsstelle i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 1 LGlüG in Betracht, also als besonderes Wettlokal eines Konzessionsnehmers (Wettveranstalters). Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 LGlüG darf eine solche Erlaubnis zum Vermitteln von Sportwetten in einer Wettvermittlungsstelle – von weiteren Voraussetzungen abgesehen – nur erteilt werden, wenn die Wettvermittlungsstelle einen Mindestabstand von 250 Metern Luftlinie zu einer öffentlichen oder privaten Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht wird, nicht unterschreitet.

21

Zu den öffentlichen oder privaten Einrichtungen i. S. d. § 7 Abs. 3 Satz 1 LGlüG, die überwiegend von Minderjährigen besucht werden, gehören auch private Nachhilfeeinrichtungen (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf, LT-Drucks. 16/4671, S. 21), wenn sie ähnlich wie eine öffentliche Schule auf Dauer sowie mit mehreren Lehr- bzw. Nachhilfekräften betrieben und von einer namhaften Anzahl von Schülern in einem Alter besucht werden, in dem diese typischerweise durch öffentliche Glücksspielangebote gefährdet sind (vgl. OVG RP, 6 A 11312/13.OVG, NVwZ-RR 2014, 725, juris). Dies trifft auf die Nachhilfeeinrichtung „Studienkreis W.“ zu. Diese liegt weniger als 200 m von der Betriebsstätte N. entfernt und erteilt nach den Angaben der Antragstellerin derzeit täglich 8 Schülern im Alter von 11 bis 17 Jahren – neben weiteren Schülern in anderen Altersstufen – Nachhilfeunterricht. Gegen Ende des Jahres 2014 nahmen – wie im dem Geschäftsführer der Antragstellerin bekannten Verfahren 6 B 10903/14.OVG vorgetragen wurde – in drei Unterrichtsräumen täglich ca. 12 Schüler im Alter von 13 bis 14 Jahren das Nachhilfeangebot des Studienkreises wahr. Ferner ist davon auszugehen, dass sie mit mehreren Lehr- bzw. Nachhilfekräften betrieben wird. Denn sie hilft ihrer Internet-Homepage zufolge mit „qualifizierten und sympathischen Nachhilfe-Lehrern“ Schülern „aller Klassenstufen und Schularten“. Trotz der erwähnten Schwankungen der Zahl der Nachhilfeschüler handelt es sich bei der Nachhilfeeinrichtung „Studienkreis W.“ nach der im vorliegenden vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen überschlägigen Prüfung der Sach- und Rechtslage um eine Einrichtung i. S. d. § 7 Abs. 3 Satz 1 LGlüG.

22

cc) Auch ein Anspruch der Antragstellerin auf die Gewährung einer Ausnahme von diesem Abstandsgebot ist nicht offensichtlich gegeben. § 7 Abs. 3 Satz 2 LGlüG ermächtigt die zuständige Behörde, unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standorts und der Lage des Einzelfalls Ausnahmen von dem in § 7 Abs. 3 Satz 1 LGlüG festgesetzten Mindestabstand zuzulassen. Solche kommen nach der Begründung zum Gesetzentwurf (LT-Drucks. 16/4671, S. 21) insbesondere in Betracht, wenn eine Gefährdung Minderjähriger im Hinblick auf ihr Alter oder deshalb ausgeschlossen ist, weil etwa zwischen der Wettvermittlungsstelle und der Jugendeinrichtung natürliche oder künstliche Barrieren bestehen, die nicht auf direktem Wege zu überwinden sind (Flüsse, Gleisanlagen, Stadtautobahnen). Solche Umstände liegen nicht offensichtlich vor. Angesichts der geringen Schülerzahl erscheint die Gewährung einer Ausnahme vom Abstandsgebot jedoch möglich.

23

dd) Von dem ihm eingeräumten Ermessen hat der Antragsgegner auch nicht mit Rücksicht auf Vertrauensschutzgesichtspunkte einen fehlerhaften Gebrauch gemacht. Soweit die Antragstellerin für ihre Sportwettvermittlung in der Betriebsstätte N. in W. Investitionen erbracht hat, die nunmehr nutzlos geworden sind, ist ihr Vertrauen in den Fortbestand der Duldung trotz Änderung des Landesglücksspielgesetzes nicht schutzwürdig. Denn ihre Investitionen für die Sportwettvermittlung als Nebengeschäft waren von Anfang an erkennbar risikobehaftet und deshalb in ihrer Schutzwürdigkeit gemindert (vgl. BVerfG, 1 BvR 2410/08, NVwZ 2009, 1221, juris). Dies ergibt sich bereits aus dem lediglich vorläufigen Absehen vom Erlass einer Untersagungsverfügung, das mit der Duldung ausgesprochen wurde, und aus der Abhängigkeit der Duldung vom Konzessionierungsverfahren für die Wettveranstalter. Der Klarstellung, dass die Duldung ausdrücklich „nur für die Übergangszeit, d. h. bis zum Abschluss des Konzessionierungsverfahrens für die Wettveranstalter gilt“, hat der Antragsgegner außerdem angefügt, hieraus könne „keinerlei Anspruch oder Vertrauensschutz o. a. für ein späteres Genehmigungsverfahren hergeleitet werden“.

24

c) Durchgreifende Bedenken gegen die in den Ziffern 2 bis 6 der Untersagungsverfügung vom 3. September 2015 getroffenen Anordnungen und die Kostenentscheidung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

25

2. Auch die Zwangsmittelandrohung ist nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die Androhung unmittelbaren Zwangs in Form der Versiegelung vor der Androhung eines Zwangsgelds nicht unverhältnismäßig.

26

Zwar bestimmt § 65 Abs. 1 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz – LVwVG -, dass unmittelbarer Zwang nur angewendet werden darf, wenn die Ersatzvornahme oder das Zwangsgeld nicht zum Ziel führen oder untunlich sind. Ein solcher Nachrang der angedrohten Versiegelung für den Fall, dass weiterhin unerlaubt Sportwetten in der Betriebsstätte N. in W. oder einer neuen Betriebsstätte vermittelt und/oder die Hilfsmittel zur Sportwettvermittlung nicht fristgerecht aus dem Geschäftsraum entfernt werden, besteht hier jedoch nicht. Denn nicht nur eine Ersatzvornahme, sondern auch eine Zwangsgeldfestsetzung wäre weniger effektiv als unmittelbarer Zwang durch Versiegelung und würde darüber hinaus den Verpflichteten auch finanziell wesentlich stärker belasten. Stellt sich unmittelbarer Zwang als das wirksamste und zugleich mildeste Mittel dar, sind Ersatzvornahme und Zwangsgeldfestsetzung im Sinne des § 65 Abs. 1 LVwVG untunlich.

27

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

28

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2, 63 Abs. 3 GKG. Der Wert des Streitgegenstandes wird – für das erstinstanzliche Verfahren unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts – auf 14.000,00 € festgesetzt. Die in Höhe von 23.000,00 € angedrohten Zwangsgelder, die den für die Grundverfügung zu bemessenden Streitwert (15.000,00 €) übersteigen, werden zur Hälfte berücksichtigt (vgl. Nr. 1.5 und 1.7.2. des Streitwertkatalogs). Dieser Wert (11.500,00 €) erhöht sich um 2.500,00 € wegen der erfolgten Androhungen unmittelbaren Zwangs durch Versiegelung.

Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 28. Jan. 2016 - 6 B 11140/15

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 28. Jan. 2016 - 6 B 11140/15

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 28. Jan. 2016 - 6 B 11140/15 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


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Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 43 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 38 Zusicherung


(1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die

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Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3. Juli 2014, soweit die Klage abgewiesen worden ist, teilweise geändert. Die Nebenbestimmung Nr. 15 in dem Bescheid vom

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die Anhörung Beteiligter oder die Mitwirkung einer anderen Behörde oder eines Ausschusses auf Grund einer Rechtsvorschrift erforderlich, so darf die Zusicherung erst nach Anhörung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behörde oder des Ausschusses gegeben werden.

(2) Auf die Unwirksamkeit der Zusicherung finden, unbeschadet des Absatzes 1 Satz 1, § 44, auf die Heilung von Mängeln bei der Anhörung Beteiligter und der Mitwirkung anderer Behörden oder Ausschüsse § 45 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 sowie Abs. 2, auf die Rücknahme § 48, auf den Widerruf, unbeschadet des Absatzes 3, § 49 entsprechende Anwendung.

(3) Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden.

Gründe

1

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder wenn dies aus anderen Gründen nötig erscheint. Nach den §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.

2

1) Der Antrag, im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festzustellen, dass der Einsatz von Aluminium zum Zwecke der Korrosionshemmung keiner Ausnahmegenehmigung nach § 12 der Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (TrinkwasserverordnungTrinkwV) i. d. F. der Bekanntmachung vom 02. August 2013 (BGBl. I S. 2977) bedarf, ist unbegründet, weil es am Anordnungsanspruch fehlt. Der Antrag wäre nur begründet, wenn Aluminium in die Liste der Aufbereitungsstoffe nach § 11 Abs. 1 Satz 1 TrinkwV eingetragen wäre oder es einer solchen Eintragung zur Verwendung zum Zwecke der Korrosionshemmung in Trinkwasserleistungen nicht bedürfte. Beide Voraussetzungen liegen nicht vor.

3

Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 TrinkwV dürfen während der Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung des Trinkwassers nur Aufbereitungsstoffe verwendet werden, die in einer Liste des Bundesministeriums für Gesundheit enthalten sind. Die Antragstellerin stellt Anlagen zum Korrosionsschutz in Warmwasserbehältern und Rohrleitungen her, bei denen dem Trinkwasser in einem elektrolytischen Prozess Aluminium zugegeben wird. Das durch die Katalyse im Wasser gelöste Aluminium bildet in den Rohrleitungen einen Korrosionsschutzfilm.

4

Aluminium ist in der Liste der zugelassenen Aufbereitungsstoffe nicht enthalten. Die Zugabe von Aluminium zum Trinkwasser zum Zwecke des Schutzes von Trinkwasserleitungen vor Korrosion ist wegen § 11 Abs. 1 Satz 1 TrinkwV nur zulässig, wenn Aluminium in die Liste aufgenommen ist.

5

Elektrolytisch gelöstes Aluminium ist ein Aufbereitungsstoff i. S. d. § 11 Abs. 1 Satz 1 TrinkwV. Denn gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 8 TrinkwV sind Aufbereitungsstoffe alle Stoffe, die bei der Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung des Trinkwasser bis zur Entnahmestelle eingesetzt werden und durch die die Zusammensetzung des entnommenen Trinkwassers verändert werden kann. Durch die von der Antragstellerin hergestellten und vertriebenen Anlagen wird Aluminium elektrolytisch gelöst dem Wasser zugesetzt. Soweit sie geltend macht, das Metall werde nur in geringen Mengen zugegeben, ist dies nicht erheblich, weil weder § 3 Abs. 1 Nr. 8, noch § 11 Abs. 1 Satz 1 TrinkwV auf das Überschreiten bestimmter Konzentrationen im Sinne einer Erheblichkeitsschwelle abstellen.

6

Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Zugabe von Aluminium erfolge nicht zur Aufbereitung des Wasser für den menschlichen Gebrauch, sondern zur Verhinderung der Korrosion von wasserführenden Leitungen und damit zur Instandhaltung der Installationsanlagen i. S. d. § 17 TrinkwV, rechtfertigt dies keine andere Sicht der Dinge. Denn § 11 Abs. 1 Satz 1 TrinkwV stellt nicht auf einen bestimmten Verwendungszweck ab, sondern einzig darauf, ob während der Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung Stoffe verwendet werden. Elektrolytisch gelöste Aluminiumionen sind auch Aufbereitungsstoffe i. S. d. § 11 Abs. 1 Satz 1 TrinkwV, weil nach § 3 Abs. 1 Nr. 8 TrinkwV Aufbereitungsstoffe alle Stoffe sind, die bei der Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung des Trinkwassers bis zur Entnahmestelle eingesetzt werden. Dass dem Trinkwasser Aluminium nur in geringen Mengen zugegeben wird, ändert nichts daran, dass sich durch die Zugabe die Zusammensetzung des entnommenen Trinkwassers verändert.

7

Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Antragstellerin, Aufbereitungsstoffe seien nur die Stoffe, die sowohl bei der Gewinnung als auch bei der Aufbereitung und der Verteilung zugesetzt würden, weil der Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 TrinkwV mit der Verwendung des Wortes „und“ verdeutliche, dass nur die Zugabe eines Stoffes in allen drei Phasen der Zulassung durch die Aufnahme in die Liste bedürfe. Nach der Wortbedeutung im Sinnzusammenhang wird das „und“ als Ausdruck einer Anreihung oder Aufzählung verwendet und lässt damit auch ein Verständnis dahingehend zu, dass während des Zeitraums von der Gewinnung über die Aufbereitung bis zur Verteilung nur bestimmte Aufbereitungsstoffe verwendet werden dürfen. Dieses Verständnis folgt zwingend aus dem Zweck der Regelung. Das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Art. Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 868) bestimmt in § 37 Abs. 1 IfSG, dass Wasser für den menschlichen Gebrauch so beschaffen sein muss, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit, insbesondere durch Krankheitserreger, nicht zu besorgen ist und ermächtigt mit § 38 Abs. 1 Nr. 4 IfSG, durch Rechtsverordnung die Anforderungen an Stoffe, Verfahren und Materialien bei der Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung des Wassers für den menschlichen Gebrauch, und insbesondere zu bestimmen, dass nur Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren verwendet werden dürfen, die hinreichend wirksam sind und keine vermeidbaren oder unvertretbaren Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt haben. Der auf dieser Grundlage erlassene § 11 TrinkwV ist deshalb auch im Lichte dieser Ermächtigungsgrundlage so zu verstehen, dass die Zugabe eines Stoffes unabhängig davon, in welcher Phase die Zugabe erfolgt, nur erlaubt ist, wenn der Stoff in der Liste der Aufbereitungsstoffe genannt ist. Der Gesetzgeber und ihm folgend der Verordnungsgeber sehen für das Trinkwasser ein hohes Schutzniveau vor, indem sie in den §§ 37 Abs. 1 IfSG, 4 Abs. 1 Satz 1 TrinkwV bestimmen, dass Trinkwasser so beschaffen sein muss, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit nicht zu besorgen ist. Diesem Besorgnisgrundsatz liefe es zuwider, wenn bei der Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung von Trinkwasser Aufbereitungsstoffe zugesetzt werden dürften, ohne dass zuvor festgestellt worden ist, dass diese Stoffe keine vermeidbaren oder unvertretbaren Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt haben, sofern die Zugabe eines Stoffes sich nur auf eine oder zwei der drei in § 11 Abs. 1 Satz 1 TrinkwV genannten Phasen beschränkt.

8

Die Antragstellerin könnte auch nicht mit Erfolg einwenden, die Aufnahme eines Stoffes in die Liste als Voraussetzung einer zulässigen Verwendung sei nicht durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und schränke deshalb die Berufsausübungsfreiheit unangemessen ein, weil für Aluminium im Trinkwasser ohnehin ein Grenzwert von 0,2 mg/l festgelegt sei, so dass mit einer Zulassungspflicht nach Maßgabe des § 11 TrinkwV kein besserer Gesundheitsschutz erreicht werden könne. Wenn für Aluminium in der Ziffer 1 der Anlage 3 zu § 7 TrinkwV ein Grenzwert von 0,2 mg/l bestimmt ist, der im Wasser für den menschlichen Gebrauch eingehalten werden muss (§ 7 Satz 1 TrinkwV), so lässt dies die Befugnis des Gesetzgebers unberührt, daneben aus Gründen des vorbeugenden Gesundheits- und Umweltschutzes einen numerus clausus der Aufbereitungsstoffe in der Weise zu bestimmen, dass nur solche Stoffe dem Trinkwasser beigemengt werden dürfen, deren Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zuvor festgestellt worden ist. Die Bestimmung von einzuhaltenden Indikatorparametern in der Anlage zu § 7 TrinkwV bezweckt die Sicherstellung, dass das am Zapfhahn bereitgestellte Trinkwasser von solcher Reinheit ist, dass (mindestens) die Grenzwerte eingehalten werden. Die Antragstellerin könnte nicht geltend machen, dem werde Rechnung getragen, weil ihre Anlage bei bestimmungsgemäßem Gebrauch Aluminium in einer Konzentration von unter 0,2 mg/l in das Trinkwasser abgebe. Denn damit würde die Gesamtbelastung mit dem auf die Anlage der Antragstellerin zurückzuführenden Eintrag gleichgesetzt und außer acht gelassen, dass Trinkwasser aus anderen Quellen mit Aluminium und zwar schlimmstenfalls bis zur Schwelle des § 7 Satz 1 TrinkwV vorbelastet sein kann.

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2) Die Antragstellerin könnte nicht mit Erfolg geltend machen, sie habe einen Anspruch darauf, den Antragsgegner mit einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Aluminium vorläufig – für die Dauer bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens 3 L 239/11 – in die Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren gemäß § 11 TrinkwV aufzunehmen.

10

a) Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 TrinkwV erfolgt die Aufnahme in die Liste nur, wenn die Stoffe und Verfahren hinreichend wirksam sind und keine vermeidbaren oder unvertretbaren Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt haben. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist nach dem Sachstand im Eilverfahren offen. Sowohl die Wirksamkeit als auch die Auswirkungen des Korrosionsschutzverfahrens durch den Einsatz von Aluminium im Trinkwasser sind zwischen den Beteiligten umstritten. Da der Akteninhalt zu keinem dieser Tatbestandsmerkmale eine genügend sichere Tatsachenfeststellung ermöglicht, wird der Senat diesen Fragen im Hauptsacheverfahren durch eine Beweiserhebung nachzugehen haben.

11

b) Die Antragstellerin kann auch aus § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 TrinkwV einen Anspruch auf Aufnahme in die Liste nicht herleiten. Danach werden Aufbereitungsstoffe, die in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union rechtmäßig hergestellt oder in den Verkehr gebracht worden sind, in die Liste aufgenommen, wenn das Umweltbundesamt festgestellt hat, dass mit ihnen das in Deutschland geforderte Schutzniveau gleichermaßen dauerhaft erreicht wird. Das Ergebnis von Prüfungen, die bereits im Herkunftsmitgliedstaat vorgenommen worden sind, wird bei dieser Feststellung durch das Umweltbundesamt berücksichtigt (§ 11 Abs. 3 Satz 3 TrinkwV). Eine solche Feststellung der Gleichwertigkeit hat die Beklagte nicht getroffen.

12

aa) Das Ergebnis der Prüfung, ob das Schutzniveau gleichermaßen dauerhaft erreicht werden kann, hängt von der Beantwortung der Frage ab, ob das Zulassungsverfahren und die materiellen Voraussetzungen für die Zulassung in Dänemark dem Schutzniveau in Deutschland entspricht. Diese Frage ist indes nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ebenfalls offen.

13

bb) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 TrinkwV auch nicht unanwendbar, weil der Vorbehalt einer Feststellung, dass das in Deutschland geforderte Schutzniveau gleichermaßen dauerhaft erreicht wird, gegen Art. 34 AEUV verstößt, wonach mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verboten sind. Denn nach Art. 36 Satz 1 AEUV stehen dem Einfuhrverbote nicht entgegen, die zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen gerechtfertigt sind. Sie dürfen nach Art. 36 Satz 2 AEUV jedoch weder ein Mittel zu willkürlicher Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen. Die Bestimmung des Niveaus des Schutzes der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren durch die Verwendung von Stoffen im Trinkwasser ist Sache der Mitgliedstaaten und stellt einen Belang dar, der Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung i. S. d. Art. 36 Satz 1 AEUV rechtfertigen kann. Ist es den Mitgliedstaaten gemeinschaftsrechtlich unbenommen, im Interesse des Gesundheitsschutzes ein höheres Schutzniveau zu bestimmen, so begründet die Zulassung von Anlagen und Verfahren in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union für sich besehen keinen Anspruch auf Zulassung in einem anderen Mitgliedstaat. Es ist den Mitgliedstaaten auch unter Berücksichtigung des Art. 34 AEUV unbenommen zu überprüfen, ob das von ihnen vorgesehene Schutzniveau mit der Anwendung von Anlagen und Verfahren, die in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen sind, erreicht werden kann.

14

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin folgt anderes weder aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urt. v. 12.07.2012 – C-171/11 – ), noch des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.08.2013 – VI-2 U (Kart) 15/08). Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat auf das im Vorabentscheidungsverfahren ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofes erkannt, dass die Einführung eines 3.000-Stunden-Tests für die Erteilung eines Zertifizierungszeichens für Bauteile von Trinkwasserleitungen, die in Italien zugelassen sind, ohne eine belastbare Gefahrenanalyse und eine vertretbare Risikobewertung nach unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenvorsorge nicht als erforderlich oder angemessen angesehen werden könne. Demgegenüber genügt es nach § 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 TrinkwV für die Aufnahme in die Liste der zugelassenen Aufbereitungsstoffe bereits, dass die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung des Ergebnisses von Prüfungen, die bereits im Herkunftsland vorgenommen worden sind, feststellt, dass das Schutzniveau gleichermaßen dauerhaft erreicht wird. Abgesehen davon hängt das Ergebnis einer belastbaren Gefahrenanalyse und eine vertretbare Risikobewertung unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenvorsorge im vorliegenden Fall von dem Ergebnis der Beweisaufnahme ab, die der Senat im Hauptsacheverfahren 3 L 269/11 durchzuführen haben wird.

15

c) Ist der Erfolg der Antragstellerin mit der von ihr im Hauptsacheverfahren 3 L 239/11 verfolgten Verpflichtung der Beklagten zur Aufnahme von Aluminium in die Liste der Aufbereitungsstoffe offen, so ist die Frage, ob eine einstweilige Anordnung nötig erscheint anhand einer Abwägung der widerstreitenden Interessen zu treffen, die zulasten der Antragstellerin ausgeht. Bei der Abwägung hat der Senat zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei den Regelungen zum Trinkwasser durch das Prinzip der Gefahrenvorsorge und den Besorgnisgrundsatz ein hohes Schutzniveau vorsieht und als Konsequenz dessen als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt die Verwendung von Aufbereitungsstoffen erst dann gestattet, wenn festgestellt ist, dass das Verfahren wirksam und die Auswirkungen der Verwendung des Aufbereitungsstoff nicht vermeidbar und nicht unvertretbar sind. Da der Senat in einem ohnedies auf eine nur summarische Sachprüfung angelegten Verfahren über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht feststellen kann, dass diese Voraussetzungen für die Aufnahme in die Liste erfüllt sind, widerspricht es der Regelungssystematik des materiellen Rechts, wenn Gerichte vorläufig eine Verwendung von Aufbereitungsstoffen ermöglichen, obwohl die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt nicht verlässlich geklärt sind, so dass jedenfalls für die Dauer des Hauptsacheverfahrens dem Zweck der gesetzlichen Regelung zuwiderlaufend Aufbereitungsstoffe eingesetzt werden, deren Unbedenklichkeit nicht festgestellt ist.

16

Bei dieser Lage hat das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers daran, die Anlagen in Deutschland bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorläufig weiterhin vertreiben zu können, hintanzustehen.

17

3) Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch darauf, im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig eine Ausnahmegenehmigung i. S. d. § 12 Abs. 1 Satz 1 TrinkwV für den Einsatz von Aluminium fest zum Zwecke der Korrosionshemmung bei bestehenden Warmwasserleitungen erteilt zu bekommen.

18

a) Einen Anspruch auf Erteilung einer vorläufigen Ausnahmegenehmigung kann die Antragstellerin nicht auf eine Zusicherung i. S. d. 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG stützen.

19

aa) Aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin bis zum Inkrafttreten der Zweiten Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung vom 05. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2562) am 14. Dezember 2012 Aluminium in der Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren jeweils befristet aufgenommen hatte, kann die Antragstellerin kein Vertrauen darauf herleiten, dass dies auch für die Zukunft so gehandhabt werde. Die Antragsgegnerin hat Aluminium im Teil III a unter den Aufbereitungsstoffen mit befristeter Aufnahme zur allgemeinen Anwendung geführt, und zwar zunächst, seit der 3. Änderungsmitteilung zu dieser Liste (Stand: Dezember 2004) befristet bis zum 01. Januar 2007. Ab der 6. Änderungsmitteilung (Stand: November 2006) erfolgte die vorläufige Befristung jeweils um ein weiteres Kalenderjahr, ab der 12. Änderungsmitteilung (Stand: Dezember 2009) und zuletzt mit der Befristung bis zum 31. Dezember 2012 durch die 16. Änderungsmitteilung (Stand: November 2011) jeweils mit dem Zusatz, es sei „vorbehaltlich einer Entscheidung in einem anhängigen verwaltungsrechtlichen Verfahren“ beabsichtigt, „Aluminium, fest“ nach Ablauf des (jeweiligen) Kalenderjahres aus der Liste zu streichen. Mit der auf das Inkrafttreten der Zweiten Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung folgenden 17. Änderungsmitteilung wurde der bisherige Teil III a der Liste mit den befristet zugelassenen Aufbereitungsstoffen im Hinblick auf die Änderung der Trinkwasserverordnung durch die Einfügung des § 12 TrinkwV nicht mehr fortgeführt. Die jeweiligen Änderungsmitteilungen sind keine Zusagen, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen (§ 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG). Sie sind Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen i. S. d. § 35 Satz 2 VwVfG, mit denen die Verwendung von Aluminium als Aufbereitungsstoff jeweils befristet auf ein Kalenderjahr erlaubt worden ist. Einen weitergehenden Erklärungsinhalt, insbesondere dahin, Aluminium auch nach Ablauf der Frist weiterhin als Aufbereitungsstoff in die Liste aufzunehmen, enthält keine dieser Änderungsmitteilungen.

20

Wenn die Zulassung von Aluminium als Aufbereitungsstoff seit der 6. Änderungsmitteilung jeweils auf ein Kalenderjahr befristet gewesen ist und seit der 12. Änderungsmitteilung im Dezember 2009 zudem mit dem Zusatz versehen gewesen ist, es sei – vorbehaltlich einer gerichtlichen Entscheidung – vorgesehen, den Aufbereitungsstoff nach Ablauf des (jeweiligen) Kalenderjahres aus der Liste zu streichen, so gibt der Inhalt solcher Erklärungen für einen verständigen Dritten in der Lage des Adressaten keinen Grund für die Annahme, die Antragsgegnerin werde den Aufbereitungsstoff bis zum rechtskräftigen Abschluss des z. Z. beim Senat anhängigen Verfahren 3 L 239/11 weiterhin jeweils befristet als Aufbereitungsstoff zulassen. Nach dem Wortlaut der Erklärungen war jeweils beabsichtigt, zu dem jeweiligen Jahresende Aluminium aus der Liste der befristet zugelassenen Aufbereitungsstoffe zu streichen. Die Absicht stand einzig unter dem Vorbehalt einer anderweitigen Entscheidung in dem anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren, so dass die Antragstellerin jeweils zum Jahresende aufs Neue damit hat rechnen müssen, dass Aluminium als Aufbereitungsstoff über das Fristende hinaus nicht eingesetzt werden darf. Aus welchen Gründen die Antragstellerin meint, die Streichung aus dem Teil III a der Liste sei jeweils nur „pro forma“ angekündigt worden, ist unerfindlich.

21

bb) Auch aus dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 07. Februar 2012 kann die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht herleiten. Auch wenn man den dortigen Hinweis, die „Streichung des Stoffes von der § 11 TrinkwV-Liste ist bis zum Ende dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt“ als Zusicherung deuten wollte, Aluminium bis zum Abschluss des Verfahrens weiterhin als befristet zugelassenen Aufbereitungsstoff in der Liste zu führen, so wäre die Antragsgegnerin an eine solche Zusicherung nicht mehr gebunden. Denn nach § 38 Abs. 3 VwVfG ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden, wenn sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart ändert, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen. Das ist hier im Hinblick auf die mit Wirkung vom 14. Dezember 2012 bewirkte Rechtsänderung durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung vom 05. Dezember 2012 (BGBl I S. 2562) der Fall. Denn mit der Einfügung des § 12 Abs. 1 TrinkwV ist nunmehr eine befristete Aufnahme in die Liste der Aufbereitungsstoffe nicht mehr zulässig. Das wird anhand der Entstehungsgeschichte insofern belegt, als zur Begründung im Verordnungsentwurf zu § 12 TrinkwV-E ausgeführt wird, die Bestimmung regele die Voraussetzungen, unter denen das Umweltbundsamt für die Erprobung von Aufbereitungsstoffen und Desinfektionsverfahren einzelfallbezogene, befristete Ausnahmen von Vorschriften des § 11 zulassen können, um die „Liste (...) von bislang enthaltenen einzelfallbezogenen Regelungen“ zu entlasten, so dass sie weniger häufig geändert werden müsse und als Folge dessen auch die statische Verweisung in § 11 Abs. 1 Satz 7 TrinkwV weniger häufig aktualisiert werden müsse (BR-Drs. 525/12 S. 19). Nach dem mit der Begründung zum Ausdruck gebrachten Zweck der Regelung soll die Liste der Aufbereitungsstoffe um einzelfallbezogene Eintragungen vorübergehenden Charakters entlastet werden, um den Anpassungs- und Änderungsbedarf zu verringern (BR-Drs. 525/12, S. 1 und 12). Zutreffend geht die Antragsgegnerin davon aus, dass es mit diesem Regelungszweck nicht vereinbar ist, an der bisherigen Praxis, Aufbereitungsstoffe in einem gesonderten Teil III a der Liste befristet aufzunehmen, auch nach der Rechtsänderung weiterhin festzuhalten.

22

b) Auch aus § 12 Abs. 1 Satz 1 TrinkwV kann die Antragstellerin einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nicht herleiten. Danach kann die Antragsgegnerin auf Antrag befristete Ausnahmen von § 11 Abs. 1 Satz 1 und 5 und Absatz 2 TrinkwV genehmigen, wenn für die Entscheidung über die Aufnahme eines Stoffes in die Liste der zugelassenen Aufbereitungsstoffe nach § 11 Abs. 3 Satz 1 TrinkwV die Erprobung eines Aufbereitungsstoffes oder Desinfektionsverfahrens erforderlich ist und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch die Erprobung keine Gefährdung der Gesundheit oder der Umwelt zu erwarten ist.

23

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung liegen nicht vor, weil nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich ist, dass die von der Antragstellerin seit mehr als 10 Jahren vertriebenen Anlagen einer weiteren Erprobung bedürften. Die in den letzten Jahren vor Inkrafttreten der Zweiten Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung jeweils befristeten Aufnahmen in die Liste erfolgten, wie die o. g. Zusätze zu den Eintragungen ab der 12. Änderungsmitteilung verdeutlichen, nicht, weil eine weitere Erprobung des Verfahrens notwendig gewesen wäre, sondern nur, um bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens in der Hauptsache die weitere Verwendung von Aluminium als Aufbereitungsstoff nicht zu unterbinden. Die Antragsgegnerin steht vielmehr auf dem Standpunkt, die Aufnahme von Aluminium in die Liste der Aufbereitungsstoffe komme nicht in Betracht, weil das Verfahren der Antragstellerin nicht hinreichend wirksam sei und vermeidbare Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt i. S. d. § 11 Abs. 3 Satz 1 TrinkwV habe. Wegen der Einzelheiten wird auf den der Antragstellerin bekannten Schriftsatz der Antragsgegnerin in der Sache 3 L 239/11 vom 11. Januar 2011 (S. 6 bis 9) verwiesen. Die Beteiligten bewerten die vorliegenden Erkenntnisse über die Wirksamkeit und die Auswirkungen des Stoffeinsatzes auf Mensch und Umwelt unterschiedlich. Wenn die Antragstellerin diese im gerichtlichen Hauptsacheverfahren geäußerte Auffassung der Antragsgegnerin in der Sache nicht teilt, so rechtfertigt das nicht eine vorläufige Zulassung zum Zwecke einer weiteren Erprobung.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 17 b Abs. 2 Satz 2 GVG. Die Festsetzung der Höhe des Streitwertes beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin vermittelt seit dem 7.10.2010 in ihren Geschäftsräumen R-Straße, A-Stadt, M-Straße, A-Stadt, H-straße , A-Stadt, seit Juli 2011 in der M-Straße, A-Stadt und seit Februar 2011 in der L-Straße, B-Stadt, Sportwetten mit fester Gewinnquote an die in Malta ansässige und konzessionierte Firma T..

Mit Bescheid vom 18.5.2012 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin die Ausübung der Tätigkeit „Vermittlung von Sportwetten“, hier speziell den Betrieb einer Annahmestelle, die Vermittlung von Sportwetten und die Abwicklung des damit verbundenen Zahlungsverkehrs, sowie jegliche Werbung hierfür, für nicht im Saarland konzessionierte Sportwetten für das gesamte Gebiet des Saarlandes, insbesondere an den vorgenannten Betriebsstätten, mit sofortiger Wirkung. Gleichzeitig wurde der Antragstellerin untersagt, die vorgenannten Betriebsräume Dritten zum Zwecke der Weiterführung der Sportwettvermittlung zu überlassen.

Am 24.5.2012 hat die Antragstellerin Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 18.5.2012 erhoben und am 25.5.2012 beantragt, deren aufschiebende Wirkung anzuordnen. Mit Beschluss vom 20.8.2012 - 6 L 523/12 - hat das Verwaltungsgericht den Eilrechtsschutzantrag zurückgewiesen. Gegen diesen am selben Tag zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 24.8.2012 Beschwerde erhoben und diese fristgerecht begründet. Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegen getreten.

II.

Die gemäß § 146 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der angegriffenen Entscheidung, mit der der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 18.5.2012 zurückgewiesen wurde. Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Abwägung zwischen dem Interesse der Antragstellerin, der Verbotsverfügung vom 18.5.2012 erst nach Klärung deren Rechtmäßigkeit im Hauptsacheverfahren nachkommen zu müssen, und dem öffentlichen Interesse an dem sowohl gemäß § 9 Abs. 2 des am 31.12 2011 außer Kraft getretenen Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (im Folgenden: GlüStV a.F.) als auch in § 9 Abs. 2 des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011 (im Folgenden: GlüStV n.F.) angeordneten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung kommt dem Vollzugsinteresse der Vorrang zu.

Denn die von der Antragstellerin gegen die Untersagungsverfügung vom 18.5.2012 im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwände vermögen bei der im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung zu begründen.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Senats, da der streitgegenständliche Bescheid als Dauerverwaltungsakt zu qualifizieren ist und die einschlägigen gesetzlichen Regelungen keinen abweichenden Zeitpunkt bestimmen

vgl. u.a. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8.12.2011 -4 A 1965/07-, m.w.N., juris.

Damit ist die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung - wovon bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist - anhand der am Tag der Entscheidung geltenden Rechtsvorschriften, also anhand des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (GlüStV n.F.) sowie des saarländischen Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 20.6.2012 (AG GlüStV-Saar n.F.) zu beurteilen. Diese Regelungen gelten im Saarland seit dem 1.7.2012.

Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die angefochtene Untersagung der Vermittlung von Sportwetten ihre Rechtsgrundlage nunmehr in § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. findet. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach dem Glücksspielstaatsvertrag bestehenden oder auf seiner Grundlage begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Der Antragsgegner als die nach § 14 Abs. 1 AG GlüStV-Saar n.F. zuständige Behörde kann nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n.F. die zur Erfüllung dieser Aufgabe erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Insbesondere kann er nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele untersagen. Nach Maßgabe der vorgenannten Vorschriften ist die angefochtene Untersagung voraussichtlich nicht zu beanstanden.

Zwar vermag – wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - ebensowenig wie das durch die Neuregelung außer Kraft getretene Sportwettenmonopol das vom Antragsgegner angeführte rein formale Fehlen einer Konzession des Wettveranstalters im Sinne von § 4 a GlüStV n.F bzw. der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderlichen Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten zur Zeit eine umfassende glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung der vorliegenden Art zu rechtfertigen. Das Fehlen einer solchen Erlaubnis bzw. Konzession kann der Antragstellerin derzeit bereits deshalb nicht entgegen gehalten werden, weil die Antragstellerin unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrages mit Blick auf das darin vorgesehene Sportwettenmonopol gar keine Möglichkeit hatte, eine Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten an einen privaten Veranstalter zu erhalten, und das seit dem 1.7.2012 vorgesehene Verfahren zur Erteilung von Sportwettenkonzessionen noch in vollem Gange ist. Erst nach der Entscheidung darüber, wem eine Konzession erteilt wird, kann die Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle von dem Konzessionsnehmer beantragt werden. Vorher wäre ein Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis für die Antragstellerin aussichtslos. Solange dieser - durch die verzögerte Umsetzung des neuen Glücksspielstaatsvertrages bedingte - Schwebezustand andauert, kann der Antragstellerin das Fehlen einer Erlaubnis nicht angelastet werden.

Die Untersagung der von der Antragstellerin ohne Erlaubnis aufgenommenen Geschäftstätigkeit ist dennoch im Ergebnis nicht zu beanstanden, da die konkret ausgeübte Tätigkeit der Vermittlung von Sportwetten auch materiell nicht erlaubnisfähig ist.

Ob sich – wie das Verwaltungsgericht angenommen hat – die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit bereits aus der zum Verweilen einladenden Ausstattung der Betriebsräume der Antragstellerin ergibt oder – wie die Antragstellerin geltend macht - eine den Zielen des § 1 GlüStV n.F. entgegenstehende Einrichtung der Räumlichkeiten zum jetzigen Zeitpunkt allenfalls eine entsprechende Auflagenverfügung, nicht aber eine vollständige Untersagung der Sportwettenvermittlung hätte rechtfertigen können, kann vorliegend dahinstehen. Denn die konkrete Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin ist jedenfalls deshalb materiell nicht erlaubnisfähig, weil sie mit § 21 Abs. 2 GlüStV n.F. nicht in Einklang zu bringen ist, wonach in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen. Ergänzt wird diese Regelung durch § 11 Abs. 4 Nr. 2 AG GlüStV-Saar n.F., wonach die Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle nur erteilt werden darf, wenn mit der Antragstellung erklärt wird, dass die Wettvermittlungsstelle nicht in einer Spielhalle oder einem ähnlichen Unternehmen im Sinne des § 33 i der Gewerbeordnung eingerichtet wird. Auch § 10 Abs. 4 Nr. 2 AG GlüStV-Saar a.F. beinhaltete bereits eine vergleichbare Bestimmung. Das Trennungsgebot beruht auf der Erwägung, dass eine Kumulation der Vermittlung von Sportwetten und des gewerblichen Glücksspielangebots mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages nicht vereinbar wäre. Zu den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages gehört unter anderem die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ( § 1 Nr. 1 GlüStV ). Diesem Ziel liefe es zuwider, wenn Annahmestellen für Sportwetten in Räumlichkeiten mit gewerblichem Glücksspielangebot eingerichtet werden dürften. Hierdurch würde die Gelegenheit zum Wetten in einer Umgebung eröffnet, in der sich Personen aufhalten, von denen eine beträchtliche Zahl anfällig für die Entwicklung einer Spiel- oder Wettsucht ist. Es ist davon auszugehen, dass das Automatenspiel die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten hervorbringt. Die räumliche Verknüpfung von gewerblichem Spiel mit einer Annahmestelle für Sportwetten würde daher für Automatenspieler einen nach der Zielsetzung des GlüStV unerwünschten Anreiz bieten, sich auch dem Wetten zuzuwenden. Ebenso könnten durch eine Kumulation beider Angebote die an Sportwetten interessierten Kunden unerwünschter Weise dazu animiert werden, sich dem Automatenspiel zuzuwenden

vgl. OVG Münster, Urteil vom 8.12.2011 - 4 A 1965/07 - und VG Arnsberg, Urteil vom 14.12.2011 - 1 K 62/09 -, juris.

Nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Antragsgegners bietet die Antragstellerin in Betriebsstätten, in denen sie Sportwetten entgegennimmt, auch die Möglichkeit zum Automatenspiel an. Zudem verstößt die Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin gegen § 21 Abs. 4 Satz 2 bis 4 GlüStV n.F.. Satz 2 der genannten Vorschrift bestimmt zunächst, dass Wetten während des laufenden Sportereignisses unzulässig sind. Zwar können gemäß Satz 3 1. HS der Vorschrift davon abweichend Sportwetten, die Wetten auf das Endergebnis sind, während des laufenden Sportereignisses zugelassen werden ( Endergebniswetten ); Wetten auf einzelne Vorgänge während des Sportereignisses ( Ereigniswetten ) sind gemäß Satz 3 2. HS jedoch ausgeschlossen.

Die von der Antragstellerin vermittelten Sportwetten widersprechen offenkundig den vorgenannten Regelungen. Auf Grund der in den Verwaltungsakten befindlichen Exemplare der von der Antragstellerin in ihren Betriebsräumen vorgehaltenen Wettscheine ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin nicht erlaubte Livewetten und auch unzulässige Ereigniswetten ( etwa Wetten auf das erste bzw. nächste Tor usw. ) vermittelt. Dem entsprechenden Vorbringen des Antragsgegners ist die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegengetreten. Soweit die Antragstellerin demgegenüber geltend macht, dass die Firma T, deren Wetten sie vermittle, im Rahmen ihres Antrags auf Erteilung einer Konzession gemäß §§ 4a ffGlühStV n. F. bestrebt sei, ein den Anforderungen des neuen Glücksspielstaatsvertrags entsprechendes Wettangebot zu erarbeiten, ändert dies nichts daran, dass das aktuell von der Antragstellerin vorgehaltene Wettangebot den Vorgaben des § 21 Abs. 4 GlüStv n.F. eindeutig widerspricht. Maßgeblich für die Beurteilung der materiellen Erlaubnisfähigkeit bzw. der Rechtmäßigkeit der jeweiligen Tätigkeit von Veranstaltern und den betroffenen Vermittlern ist deren gegenwärtiges und nicht ein – zudem nicht näher konkretisiertes – zukünftiges Geschäftsmodell

vgl. OVG Lüneburg, Urt. vom 21.6.2011 – 11 LC 348/10 – m.w.N., juris.

Wird ein gegenwärtig rechtswidriges Geschäftsmodell zukünftig im Sinne der zuvor bezeichneten Anforderungen geändert und (sowohl für den Veranstalter als auch für den jeweiligen Vermittler) genehmigt, so wird dieses Modell schon begrifflich nicht mehr von der angefochtenen Untersagungsverfügung, welche sich lediglich gegen im Saarland nicht konzessionierte Sportwetten richtet, erfasst.

Zweifel an der Vereinbarkeit der vorgenannten Regelungen mit dem Verfassungs- bzw. Gemeinschaftsrecht bestehen bei summarischer Prüfung nicht. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass sowohl das Trennungsgebot gemäß § 21 Abs. 2 GlüStV n.F. als auch das in § 21 Abs. 4 GlüStV n.F. festgesetzte Live- bzw. Ereigniswettenverbot mit Blick auf das mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgte Ziel der Suchtvorbeugung verhältnismäßig und von daher als Einschränkungen der Berufsfreiheit verfassungsrechtlich gerechtfertigt sind. Ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Art. 56, 57 AEUV ist ebenfalls nicht erkennbar. Insbesondere steht außer Frage, dass die hier in Rede stehenden Verbote nicht diskriminierend sind, also für Inländer und Ausländer gleichermaßen gelten, und dass damit tatsächlich auch das unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziel der Bekämpfung der Wettsucht verfolgt wird. Anhaltspunkte dafür, dass Sinn und Zweck der hier in Rede Verbote durch andere gesetzliche Regelungen bzw. die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich

so zum Trennungsgebot bereits Beschluss des Senats vom 19.11.2012 – 3 B 273/12 -; zu den generellen Anforderungen an die Vereinbarkeit einer den Betrieb von Sportwetten einschränkenden Regelungen mit der Dienstleistungsfreiheit BVerwG, Urteil vom 1.6.2011 -8 C 5/10-, juris.

Zu weitergehenden Ausführungen bietet das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren keinen Anlass, da die von der Antragstellerin angesprochenen verfassungs- bzw. gemeinschaftsrechtlichen Bedenken nicht die hier in Rede stehenden Verbote betreffen.

Ist der Antragsgegner daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin materiell nicht erlaubnisfähig ist, ist die Untersagung der Vermittlungstätigkeit nicht zu beanstanden. Da eine lediglich standortbezogene Untersagung durch eine Verlagerung der Tätigkeit an andere Standorte einfach umgangen werden könnte, wie dies in der Vergangenheit in ähnlichen Fällen häufig geschah, ist auch ein saarlandweites Verbot gerechtfertigt.

Der Antragsgegner war entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht gehalten, vor einer Untersagung der Vermittlungstätigkeit zunächst die Möglichkeit einer Auflagenverfügung in Erwägung zu ziehen. Zwar kommen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

vgl. Urteil vom 1.6.2011 - 8 C 2.10 – , juris

bei Zweifeln über die Beachtung von Vorschriften über die Art und Weise der Gewerbetätigkeit zunächst Nebenbestimmungen in Betracht und rechtfertigt der Erlaubnisvorbehalt eine vollständige Untersagung der Sportwettenvermittlung nur bei Fehlen der Erlaubnisfähigkeit. Im vorliegenden Fall bestehen jedoch gerade keine Zweifel über die Beachtung der einschlägigen rechtlichen Vorschriften. Vielmehr ist die Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin wegen Verstoßes gegen das Trennungsgebot sowie das Verbot von Live- und Ereigniswetten eindeutig nicht erlaubnisfähig, so dass auch nach der o.g. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine unmittelbare Untersagung gerechtfertigt ist. Im Übrigen dürfte die Einhaltung etwa einer Auflage, künftig keine Live- oder Ereigniswetten mehr zu vermitteln, obwohl der Wettveranstalter diese weiterhin anbietet, auch kaum zu kontrollieren sein.

Der weitere Einwand der Antragstellerin, dass die noch auf der Grundlage des alten Glücksspielstaatsvertrages ergangene Untersagungsverfügung vom 18.5.2012 nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages vom 15.12.2011 bereits deshalb keine Regelungswirkung mehr entfalten könne, weil mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag gänzlich andere Ziele als mit der früheren Regelung verfolgt würden und mit der am 1.7.2012 in Kraft getretenen Neuregelung insbesondere die Zielrichtung des streitgegenständlichen ordnungsrechtlichen Einschreitens, nämlich die Sicherung des ehemaligen Sportwettenmonopols, vollständig entfallen sei, geht ebenfalls fehl. Zunächst lässt sich einem Vergleich der in § 1 GlüStV n.F. genannten Ziele der Neuregelung mit den in § 1 GlüStV a.F. angeführten Zielen des früheren Staatsvertrages ohne weiteres entnehmen, dass diese weitgehend übereinstimmen. Insbesondere ist es nach wie vor Ziel des neuen - wie auch bereits des alten - Glücksspielstaatsvertrages, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Es kann keine Rede davon sein, dass mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag gänzlich andere Ziele als mit dem früheren verfolgt würden. Im neuen Glücksspielstaatsvertrag wurden im Wesentlichen lediglich die Mittel zur Erreichung der fortbestehenden Zielsetzung einer Neuregelung unterzogen.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist ein überwiegendes Suspensivinteresse auch nicht deshalb anzunehmen, weil die angefochtene Untersagungsverfügung – wie die Antragstellerin geltend macht - allein zum Zweck der Sicherung des staatlichen Sportwettenmonopols ergangen sei, welches nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages jedoch nicht mehr fortbestehe. Zwar ist im Anschluss an die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2010 - 8 C 13.09 - u.a., vom 1.6.2011 - 8 C 4/10 - u.a. und vom 11.7.2011 - 8 C 11/10 - in der Rechtsprechung in Fällen, in denen Untersagungsverfügungen ursprünglich allein auf das staatliche Sportwettenmonopol gestützt waren, in hiergegen gerichteten Eilrechtsschutzverfahren nicht zuletzt mit Blick auf das im neuen Glücksspielstaatsvertrag im Rahmen einer Experimentierklausel vorgesehene Konzessionssystem zum Teil ein überwiegendes Suspensivinteresse der betroffenen Sportwettenvermittler bejaht worden

vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.8.2011 - 6 S 1695/11 -, juris.

Eine solche Fallkonstellation ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Die streitgegenständliche Untersagungsverfügung war zwar auch, aber nicht einmal hauptsächlich darauf gestützt, dass die der Antragstellerin untersagten Tätigkeiten dem staatlichen Sportwettenmonopol zuwider liefen; vielmehr hat der Antragsgegner die angefochtene Untersagungsverfügung von Beginn an selbständig tragend des Weiteren damit begründet, dass weder die Antragstellerin noch der Wettveranstalter, dessen Wetten sie vermittele, im Besitz der erforderlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnis seien und die Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin materiellrechtlich nicht erlaubnisfähig sei. Soweit der Antragsgegner die Untersagungsverfügung nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages weiterhin darauf stützt, dass die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin auch nach den nunmehr geltenden Neuregelungen, welche nach wie vor - wenn auch modifizierte - Internet-, Livewetten- und Koppelungsverbote enthielten, weiterhin materiell nicht erlaubnisfähig sei, handelt es sich von daher lediglich um eine zulässige Ergänzung seiner ursprünglichen Ermessenserwägungen, nicht jedoch um einen gänzlichen Austausch der Begründung wie in dem o.g. vom VGH Baden-Württemberg entschiedenen Fall. Eine Wesensänderung der ursprünglichen Untersagungsverfügung durch die nunmehr an der Neuregelung des Sportwettenbereichs orientierte Argumentation des Antragsgegners kann insoweit nicht angenommen werden.

Der Antragsgegner ist bei der Auswahl der privaten Sportwettenvermittler, gegen die er Untersagungsverfügungen erlassen hat, auch nicht willkürlich vorgegangen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO zunächst auf die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen. Dem von der Antragstellerin hiergegen erhobenen Einwand, dass die vom Antragsgegner herangezogenen Auswahlkriterien nicht sachgerecht gewesen seien, kann nicht gefolgt werden. Auch nach Auffassung des Senats ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner bei der Auswahl der Wettbüros, gegen die er vorrangig vorgegangen ist, insbesondere auf das von den jeweiligen Büros für wett- und spielaffines Publikum unter Suchtgesichtspunkten ausgehende Gefahrenpotential abgestellt hat. Die zur Bewertung des Gefahrenpotentials herangezogenen Kriterien - etwa eine hohe Anziehungskraft aufgrund Lage, Außendarstellung und Werbewirksamkeit, eine zum Verweilen einladende Ausgestaltung der Räumlichkeiten sowie das gleichzeitige Anbieten mehrerer Spielmöglichkeiten, z.B. von Sportwetten und Spielautomaten innerhalb einer Betriebsstätte - begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Soweit die Antragstellerin hiergegen geltend macht, dass andere Sportwettvermittler im Saarland etwa durch die Art der von ihnen angebotenen Wetten weit schwerwiegender gegen die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages verstießen, handelt es sich um eine rein subjektive Bewertung der Antragstellerin, die die nachvollziehbaren Auswahlkriterien des Antragsgegners nicht in Frage zu stellen vermag. Auch war der Antragsgegner entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht gehalten, bei seiner Auswahlentscheidung die bisherigen Bemühungen der jeweiligen Wettvermittler bzw. –veranstalter um den Erhalt einer behördlichen Erlaubnis zu berücksichtigen. Eine entsprechende Verpflichtung kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil die hier in Rede stehenden Untersagungsverfügungen noch vor Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages und damit zu einem Zeitpunkt ergangen sind, als ein Antrag auf Erteilung einer behördlichen Erlaubnis zur Vermittlung privater Sportwetten nicht erfolgversprechend war. Das nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag vorgesehene Konzessionsverfahren wurde erst geraume Zeit nach der vom Antragsgegner getroffenen Auswahlentscheidung eingeleitet.

Der weitere Einwand der Antragstellerin, dass angesichts einer unzureichenden Personalausstattung der Glücksspielabteilung des Landesverwaltungsamtes derzeit im Saarland ein strukturelles Vollzugsdefizit bei der Durchsetzung der materiell-rechtlichen Anforderungen des Glücksspielstaatsvertrags im Bereich der Wettvermittlung anzunehmen sei, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Allein der Umstand, dass die Personalstärke der Glücksspielabteilung des Antragsgegners ein zeitgleiches Vorgehen gegen sämtliche Anbieter nicht erlaubnisfähiger Sportwetten nicht zulässt, vielmehr ein zeitlich gestaffeltes Einschreiten erforderlich macht, lässt weder auf eine generell unzureichende Personalausstattung noch darauf schließen, dass der Antragsgegner nicht in der Lage wäre, die Zielsetzungen des Glücksspielstaatsvertrages in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen. Eine kohärente und systematische Verfolgung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrages setzt nicht notwendig ein zeitgleiches Vorgehen gegen sämtliche Verstöße voraus.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin begegnet die Untersagungsverfügung auch nicht mit Blick auf die derzeitige Untersagungspraxis in anderen Bundesländern rechtlichen Bedenken. Hinreichende Anhaltspunkte, die auf eine gegen Gemeinschaftsrecht verstoßende inkohärente Verfahrensweise schließen ließen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Nach dem Kenntnisstand des Senats sind bei unerlaubter Vermittlung von ungenehmigten Glücksspielen, insbesondere von Sportwetten, bundesweit bis in die jüngere Vergangenheit Untersagungsverfügungen erlassen worden. Soweit in jüngster Zeit vorübergehend vom Erlass oder von der Durchsetzung entsprechender Verfügungen abgesehen worden ist, wie dies auch im Saarland zeitweilig der Fall war, lässt dies jedoch nicht auf eine generelle Duldung unerlaubter Sportwettenvermittlung schließen, vielmehr geschah dies - soweit ersichtlich – zum einen mit Blick auf unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrages bestehende rechtliche Unsicherheiten, zum Teil in Reaktion auf die Rechtsprechung der örtlich zuständigen Obergerichte, aber auch im Hinblick auf die zu erwartende, mit erheblichen Änderungen verbundene Neuregelung im GlüStV n.F., deren Umsetzung immer noch nicht vollzogen ist. Im Übrigen lässt sich dem pauschalen Vorbringen der Antragstellerin, mit Blick auf die mittlerweile in Kraft getretene Neuregelung des Sportwettenbereichs sei die Vermittlung von Sportwetten privater Veranstalter bundesweit zuletzt geduldet worden, nichts dafür entnehmen, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden auch gegen nach der neuen Rechtslage materiellrechtlich offenkundig nicht erlaubnisfähige Vermittlungstätigkeiten weiterhin nicht einschreiten.

Ist nach alledem die aktuelle Geschäftstätigkeit der Antragstellerin materiell-rechtlich nicht erlaubnisfähig, begegnet nicht nur die landesweite Untersagung derselben, sondern auch das darüber hinaus ausgesprochene Verbot der Überlassung der Betriebsräume an Dritte zum Zwecke der Weiterführung entsprechender – und damit nicht erlaubnisfähiger - Aktivitäten keinen rechtlichen Bedenken.

Vermag nach alledem das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin bei summarischer Prüfung keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Untersagungsverfügung zu begründen, ist mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass dem in § 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV n.F. zum Ausdruck gebrachten öffentlichen Interesse an deren Vollzug der Vorrang vor dem Suspensivinteresse der Antragstellerin zukommt. Dass der Antragsgegner im Hinblick auf vergleichsweise Regelungen, die im Jahr 2011 angesichts der zu erwartenden Neuregelung des Sportwettenbereichs mit anderen Sportwettenvermittler getroffen wurden, auch im Falle der Antragstellerin vorübergehend von einem Einschreiten abgesehen hat, bietet keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Der vorübergehende Verzicht auf ein Einschreiten gegen unerlaubte Vermittlung privater Sportwetten erfolgte im Wesentlichen mit Blick darauf, dass eine Neuregelung dieses Bereichs bevorstand, deren Inhalt jedoch noch nicht feststand. Unter der Voraussetzung der Einhaltung bestimmter Vorgaben sah der Antragsgegner von einem Einschreiten ab, um zunächst eine Klärung dessen, was künftig erlaubnisfähig sein wird, abzuwarten. Der Antragsgegner war dadurch jedoch nicht gehindert, nach Bekanntwerden des Inhalts der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Neuregelung gegen Aktivitäten vorzugehen, die auch nach der Neuregelung eindeutig nicht erlaubnisfähig sind. Soweit die Antragstellerin darüber hinaus geltend macht, dass ihr im Falle einer sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung irrevisible Schäden drohten, denen kein nennenswerter Vorteil in Bezug auf die Erreichung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrages gegenüberstehe, vermag auch dies kein überwiegendes Suspensivinteresse der Antragstellerin zu begründen. Da die Vermittlung von Sportwetten in der von der Antragstellerin derzeit praktizierten Form nicht erlaubnisfähig ist, besteht kein schutzwürdiges Interesse an der Weiterführung dieser Geschäftstätigkeit.

Von daher ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer - vom 28.07.2014 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

25.000,-- Euro

festgesetzt.

Gründe

1

Der erkennende Senat ist für die Behandlung der Rechtsache zuständig, da der Geschäftsbereich „Lotterierecht“ mit dem Geschäftsverteilungsplan des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts für das Geschäftsjahr 2015 im Zuge einer umfangreichen alle Senate betreffenden Neuverteilung auf den 2. Senat übergegangen ist. Hiergegen ist nichts zu erinnern. Die Spekulationen der Beschwerdeführerin beruhen auf keinerlei sachlichen Grundlagen.

2

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 28.07.2014 ist unbegründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

3

Die zulässige, insbesondere fristgerecht gem. § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO eingelegte und gem. § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ordnungsgemäß begründete Beschwerde hat keinen Erfolg.

4

Die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grundsätzlich beschränkt ist, geben dem Senat keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer beim Verwaltungsgericht anhängigen Klage (- 12 A 99/14 -) gegen die Untersagungsverfügung des Antragsgegners vom 07.07.2014 stattzugeben. Mit dem Verwaltungsgericht geht auch der Senat davon aus, dass das Interesse der Antragstellerin, von den Folgen des Vollzugs der angefochtenen Untersagungsverfügung vorläufig verschont zu bleiben, derzeit hinter dem Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehbarkeit dieser Untersagungsverfügung zurücktritt.

5

Das Verwaltungsgericht hat zunächst in zutreffender Weise den Entscheidungsmaßstab im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes in Form eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bestimmt.

6

In ständiger Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass das Gericht im Fall einer - wie hier gem. §§ 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV 2012, § 248 Abs. 1 Satz 2 LVwG - gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit zu prüfen hat, ob wegen der Besonderheiten des Einzelfalles ein privates Interesse an der aufschiebenden Wirkung vorliegt, das gegenüber dem im Gesetz in diesen Fällen unterstellten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte, wenn aufgrund der summarischen Prüfung Erfolg oder Misserfolg des Rechtsbehelfs offensichtlich erscheinen. Erweist sich nach der genannten Überprüfung der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtmäßig, ist in den Fällen des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs das besondere öffentliche Vollziehungsinteresse bereits konstituiert und bedarf keiner weiteren Darlegung durch die Behörde. Lässt sich bei der gebotenen summarischen Prüfung weder die Rechtmäßigkeit noch die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids feststellen, bedarf es zur Entscheidung einer weiteren Interessenabwägung. Diese erfordert eine Ermittlung der Folgen, die einträten, wenn die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes versagt würde, das Verfahren in der Hauptsache hingegen Erfolg hätte. Diese Auswirkungen sind zu vergleichen mit denjenigen, die einträten, wenn die aufschiebende Wirkung angeordnet würde, dem Rechtsbehelf aber der Erfolg in der Hauptsache versagt bliebe. Im Rahmen dieser Folgenbetrachtung ist es dabei unerheblich, dass ob die aufschiebende Wirkung durch Gesetz oder durch behördliche Anordnung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ausgeschlossen ist. Auch im Fall einer gesetzlichen Vollziehungsanordnung ist bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens dem öffentlichen Vollziehungsinteresse nicht von vorneherein ein höheres Gewicht beizumessen (st. Rspr., OVG Schleswig, Beschl. v. 06.08.1991 - 4 M 109/91 -, SchlHA 1991, 220, 221).

7

Mit dem Verwaltungsgericht ist der Senat im Ergebnis der Ansicht, dass die in der Hauptsache angegriffene Untersagungsverfügung des Antragsgegners vom 07.07.2014 offensichtlich rechtmäßig ist und im Rahmen des Hauptsacheverfahrens Bestand haben wird.

8

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ist der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung durch den Senat. Der streitgegenständliche Verwaltungsakt ist als Dauerverwaltungsakt zu qualifizieren (vgl. auch OVG Saarlouis, Beschl. v. 06.12.2012 - 3 B 268/12 -; OVG Berlin, Beschl. v. 24.08.2012 - OVG 1 S 44.12 -; Deiseroth, Sportwetten vor dem Bundesverwaltungsgericht, DVBL. 2014, 1545, 1548). Ein solcher Bescheid lässt ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis entstehen und aktualisiert es - im Sinne der Summierung einzelnen Verwaltungsakte - ständig (Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 44 zu § 113). So liegt es bei der zeitlich unbeschränkten Untersagungsverfügung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines solchen Dauerverwaltungsaktes ist derjenige der letzten gerichtlichen Entscheidung. Eine Ausnahme ist nur dann anzuerkennen, wenn die einschlägigen gesetzlichen Regelungen des materiellen Rechts einen abweichenden Zeitpunkt bestimmen (BVerwG, Urt. v. 11.07.2011 - 8 C 12/10 -; OVG des Saarlandes, Beschl. v. 06.12.2012 - 3 B 268/12 -). Dies ist hier nicht der Fall.

9

Damit ist die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung, wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist, auf der Grundlage des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV 2012) vom 15.12.2011 (GVOBl. 2013, S. 51), der in den meisten Bundesländern zum 01.07.2012 in Kraft trat, sowie des schleswig-holsteinischen Gesetzes zur Ausführung des Ersten Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (AG GlüStV 2012) vom 01.02.2013 (GVOBl. 2013, 64) zu beurteilen. Hiernach entfaltet der GlüStV 2012 in Schleswig-Holstein Geltung seit dem 08.02.2013. Die genannten Vorschriften sind im Übrigen auch Gegenstand der erforderlichen unionsrechtlichen Notifikation nach der Richtlinie 98/48/EG vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217 v. 05.08.1998, S. 18) gewesen.

10

Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht angenommen, dass die Untersagungsverfügung ihre Grundlage in § 9 Abs. 1 GlüStV 2012 findet. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 hat die Glücksspielaufsicht, hier gem. § 6 Abs. 2 Nr. 3 AG GlüStV 2012 der Antragsgegner, die Aufgabe, die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen nach diesem Staatsvertrag zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel unterbleibt. In Erfüllung dieser Aufgaben kann sie gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV 2012 kann sie insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele untersagen. Insoweit ist indes klarzustellen, dass die Untersagungsverfügung nicht, wie das Verwaltungsgericht missverständlich festgestellt hat, als sog. „Minusmaßnahme“ auf diese Vorschrift zu stützen ist, sondern eine der regulären Maßnahmen darstellt, wie sie in nicht abschließender Weise in § 9 Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2012 benannt werden.

11

Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 liegen vor. Es handelt sich zunächst bei den von der Antragstellerin beabsichtigten Sportwetten um ein Glücksspiel i.S.d. GlüStV 2012. Letzteres ist in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 legal definiert als Spiel, bei welchem für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2012 sind Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses Glücksspiele, wobei nach Satz 4 Sportwetten Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen sind. Da ein in Bezug auf die jeweilige Sportart durchschnittlich Kundiger kaum die Fähigkeit hat, vor Beginn des sportlichen Wettkampfes mit dem Anspruch auf objektive Richtigkeit dessen Ergebnis vorherzusagen, solange keine unzulässige Manipulation vorliegt, hängt der Ausgang der Wette jedenfalls nur zu einem geringen Anteil von den durch die Wettenden zu beeinflussenden Umständen und ganz überwiegend vom Zufall ab. Das Zufallsprinzip wird erst recht deutlich, wenn nicht auf bestimmte Sportereignisse abgestellt wird, sondern auf mehrere aus einer Vielzahl von Ereignissen. Auch wenn nicht in Abrede zu stellen ist, dass Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet des Sportwesens die Chance, einzelne Ergebnisse richtig vorherzusagen, verbessern können, schließt dies die Zufälligkeit des Erfolgs nicht aus. Das Sportgeschehen, soweit es wettkampforientiert ist, gewinnt seinen Reiz für Dritte gerade durch die Ergebnisoffenheit. Außerdem darf das Wettangebot gerade nicht ausschließlich aus der Sicht einzelner, mit den jeweiligen Verhältnissen besonders vertrauter Spieler bewertet werden. Es richtet sich nicht an spezifische Interessentenkreise, sondern an einen unbestimmten Personenkreis mit unterschiedlichen Kenntnissen und Erfahrungen (st. Rspr., BVerwG, Urt. v. 23.08.1994 - 1 C 18.91 -, NVwZ 1995, 475, 476; Urt. v. 28.03.2001 - 6 C 2.01 -, NJW2001, 2648, 2648; Urt. v. 21.06.2006 - 6 C 19.06 -, NVwZ 2006, 1175, 1177. Mit vergleichbarer Begründung auch zum Beispiel des Poker-Spiels BVerwG, Urt. v. 22.01.2014 - 8 C 26.12 -, NJW 2012, 2299, 2300; BayVGH, Beschl. v. 07.03.2012 - 10 CS 10.1347 - ). Sofern Schwierigkeiten in Folge eines uneinheitlichen Verständnisses zwischen dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff i.S.d. § 284 StGB und dem ordnungsrechtlichen Glücksspielbegriff i.S.d. § 3 Abs. 1 GlüStV 2012 prognostiziert werden und daher eine einheitliche Auslegung beider Begrifflichkeiten gefordert wird (Kruis, Verwaltungsakzessorietät und Einheit der Rechtsordnung - Plädoyer für eine einheitliche Auslegung des Glücksspielbegriffs in § 284 StGB, § 33 h GewO und § 3 I GlüStV, NVwZ 2012, 797), so bezieht sich diese Auseinandersetzung lediglich auf die Frage der Höhe des zu leistenden Entgeltes, nicht aber auf die Intensität des Zufallsmomentes (so auch BVerwG, Urt. v. 16.10.2013 - 8 C 21.12 -, NVwZ 2014, 889, 890 f.; Urt. v. 09.07.2014 - 8 C 7.13 -, NJW2014, 3175, 3175).

12

Es handelt sich weiter auch um unerlaubtes Glücksspiel. Gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 GlüStV 2012 dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten und Vermitteln ohne diese Erlaubnis stellt unerlaubtes Glücksspiel dar und ist verboten. Nach § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 ist § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 entsprechend anzuwenden, soweit § 10 Abs. 6 GlüStV 2012, insbesondere im Rahmen einer zeitlich befristeten Experimentierklausel für Sportwetten, nicht anwendbar ist und die dort den Veranstaltern nach §10 Abs. 2 und 3 vorbehaltenen Glücksspiele nur mit einer Konzession veranstaltet werden dürfen. Auch gem. § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV 2012 bedarf die Vermittlung von Sportwetten in Sportvermittlungsstellen der Erlaubnis gem. § 4 Abs. 1 Satz 1. Die Voraussetzungen dieser formellen Illegalität liegen hier vor. Die Antragstellerin ist - bisher erfolglos - Beteiligte eines laufenden Konzessionsverfahrens im Rahmen der Experimentierklausel i.S.d. § 10a GlüStV und keine Erlaubnisinhaberin i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012.

13

In der Rechtsfolge sieht § 9 Abs. 1 Sätze 2, 3 Nr. 3 GlüStV 2012 eine Ermessensentscheidung vor, was auch der Antragsgegner zutreffend angenommen hat. Ermessensfehler i.S.d. § 114 Satz 1 VwGO, die Gegenstand der richterlichen Nachprüfung sind, sind vorliegend nicht ersichtlich.

14

Wie das Verwaltungsgericht jedenfalls auch im Ergebnis anerkannt hat, vermag das allein formale Fehlen einer Konzession des Vermittlers i.S.d. § 4a GlüStV 2012 bzw. das allein formale Fehlen der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 erforderlichen Erlaubnis zum Entscheidungszeitpunkt eine umfassende glücksspielrechtliche Untersagung, wie sie hier Gegenstand der Untersuchung ist, noch nicht zu rechtfertigen. Das maßgebliche Konzessionsverfahren ist bisher nicht abgeschlossen und eine Beschleunigung liegt nicht in den Händen der Antragstellerin. Erst nach Abschluss des Konzessionsverfahrens kann sie um eine Erlaubnis i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 nachsuchen. Vorher bliebe ein entsprechender Antrag ohne Erfolgsaussichten. Solange dieser Schwebezustand ohne ein Zutun der Antragstellerin andauert, kann ihr das Fehlen einer Erlaubnis nicht angelastet werden (so auch OVG des Saarlandes, Beschl. v. 06.12.2012 - 3 B 268/12 -). Wollte man das Fehlen der Erlaubnis unabhängig von der realistischen Möglichkeit, eine solche zu erlangen, doch zum maßgeblichen Entscheidungskriterium machen, so liefe dies darauf hinaus, in unzulässiger Weise auf ein staatliches Monopol im Bereich der Sportwetten abzustellen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 12.06.2012 - 10 B 10.2959 -; VGH BW, Beschl. v. 30.08.2012-6 S 1083/12-).

15

Von einer Unzulässigkeit des staatlichen Monopols in diesem Bereich ist allerdings die Zulässigkeit des Erlaubnisvorbehalts gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 als solche unabhängig. Der Erlaubnisvorbehalt soll gewährleisten, dass Sportwetten nur durch zuverlässige Personen vermittelt werden, die einen ordnungsgemäßen, den gesetzlichen Vorgaben genügenden Vertrieb der Wettangebote sicherstellen (BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 13.09 -, NVwZ 2011, 549, 552; vgl. im Anschluss OVG Schleswig, Beschl. v. 11.04.2011 - 4 MB 14/11 -). Insofern stellt es eine zulässige Vorgehensweise dar, im Kern der Ermessensentscheidung auf die materielle Erlaubnisfähigkeit des in den Blick genommenen Vorhabens abzustellen (so auch VGH BW, Beschl. v. 22.04.2014 - 6 S 215/14 -, NVwZ-RR 2014, 640, 640). Dies entspricht letztlich auch der Vorgehensweise des VG Hamburg, Beschl. v. 29.04.2013 - 4 E 331/12 -, S. 18 ff., die die Antragstellerin zur Untermauerung ihrer Argumentation herangezogen hat. Vorliegend hat der Antragsgegner eine solche materiell-rechtliche Überlegung auch von vornherein zum Gegenstand seiner Untersagungsverfügung gemacht. Er hat sie nicht erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens „nachgeschoben“ mit der Folge, dass sich die Untersagungsverfügung ihrem Wesen nach ändern würde, was einer zulässigen Ermessensergänzung i.S.d. §114 Satz 2 VwGO entgegenstehen würde (mit dieser Konsequenz auch VGH BW, Beschl. v. 30.08.2012 - 6 S 1083/12 -).

16

Bereits aus der Regelung des § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV mit ihrem Verweis auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 ergibt sich ferner, dass die Länder im Rahmen des stationären Vertriebs von Sportwetten über dieses Erlaubnisverfahren auch eine Zuständigkeit bzw. Entscheidungskompetenz hinsichtlich der materiellen Genehmigungsfähigkeit nach ihrem Landesrecht innehaben (vgl. Gebhardt, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Auflage, 2013, § 10a, Rn. 26).

17

Im Zuge der Überlegungen zur materiellen Legalität bzw. zur materiellen Erlaubnisfähigkeit hat der Antragsgegner der Antragstellerin aus Verhältnismäßigkeitserwägungen vor Erlass der Untersagungsverfügung eine an die materiellen Voraussetzungen der Landesverordnung über den stationären Vertrieb von Sportwetten (Sportwettvertriebsverordnung - SVVO) vom 15. Juli 2013 (GVOBl. 2013, S. 319) gebundene Duldung in Aussicht gestellt. Soweit die Antragstellerin vorträgt, die SVVO vermöge schon mangels Eröffnung ihres Anwendungsbereichs nicht als taugliche Rechtsgrundlage hierfür zu dienen, folgt der Senat diesem Vorbringen nicht. Ungeachtet der Geltungserstreckung der SVVO auf den konkreten Fall kann das Erfordernis des Nachweises der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen als Minusmaßnahme auf § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 gestützt werden. Gegenüber der vollständigen Untersagung, die gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV 2012 grundsätzlich ein zulässiges Vorgehen der Aufsichtsbehörde darstellen kann, stellt die Duldung des Wettvertriebs bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens unter Wahrung der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen für diesen Zeitraum eine weniger einschneidende Belastung der Antragstellerin dar. Das Bundesverwaltungsgericht (Beschl. 22.07.2014 - 8 B 86/13 -) hat eine solche Überlegung mit Blick auf eine vergleichbare Praxis in Rheinland-Pfalz wie folgt gebilligt:

18

„Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die eben genannte [d.h. an die materielle Erlaubnisfähigkeit anknüpfende] Duldungspraxis die Berufs- und Dienstleistungsfreiheit verletzen sollte. Entgegen der Auffassung der Beschwerde werden die Sportwettenvermittler dadurch keiner Duldungspflicht unterworfen, vielmehr werden die nachteiligen Folgen der gesetzlichen Erlaubnispflicht für die Dauer des Konzessionsverfahrens vermindert.“

19

Der Antragsgegner hat jedoch schließlich zu Recht von einer solchen Duldung Abstand genommen, weil die Antragstellerin die entsprechenden Nachweise nicht erbracht hat. So entspricht etwa das von der Antragstellerin mit Schreiben vom 07.09.2014 vorgelegte Vertriebskonzept nicht den Anforderungen an die Darstellung des beabsichtigten Vorhabens hinsichtlich der Voraussetzungen der §§ 3 bis 12 SVVO, weil es über allgemeine Angaben hinaus keinerlei Aussagen zu den Betriebsstätten in Schleswig-Holstein enthält. Weiter wird etwa aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen nicht eindeutig ersichtlich, ob in den Räumlichkeiten weitere Unterhaltungsspielgeräte zu finden sein sollen, deren Vorhandensein ggf. einen Verstoß gegen das Trennungsgebot des § 5 Abs. 3 Nr. 4 SVVO nach sich ziehen könnte. Insofern handelt es sich, anders als von der Antragstellerin vorgetragen, auch nicht um untergeordnete, unbedeutende Detailfragen, so dass die Frage einer Unverhältnismäßigkeit der Untersagungsverfügung angesichts dieser Geringfügigkeit dahinstehen kann.

20

Soweit grundsätzlich als milderes Mittel gegenüber einer vollständigen Untersagungsverfügung der Erlass von Nebenbestimmungen in Betracht kommt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 12.06.2012 - 10 B 10.2959 -), hat der Antragsgegner von dieser Möglichkeit ermessensfehlerfrei Abstand genommen. Der Erlass von Nebenbestimmungen bietet sich als milderes Mittel grundsätzlich dort an, wo die Sicherstellung der materiellen Erlaubnisvorschriften unsicher scheint und für die Zukunft sichergestellt werden soll. Dies trifft jedenfalls auf den Bereich des allgemeinen Gewerberechts zu, in welchem per definitionem die Ausführung nicht sozial unwertiger, auf Gewinnerzielung gerichteter und auf Dauer angelegter selbstständiger Tätigkeiten reglementiert wird (statt vieler nur Pielow, in: Pielow, Gewerberecht, Stand: 01.07.2014, § 1 GewO, Rn. 142 ff.). Hier herrscht der Grundsatz der Gewerbefreiheit (vgl. § 1 Abs. 1 GewO), von dem zugunsten einer besonderen Kontrollbedürftigkeit in bestimmten Bereichen Ausnahmen zu machen sind, die eine Erlaubnisbedürftigkeit der jeweiligen Tätigkeiten zur Folge haben. Um in diesen Ausnahmefällen die Verhältnismäßigkeit des Erlaubnisvorbehalts zu wahren, sind regelmäßig besagte Nebenbestimmungen zur Sicherstellung der materiellen Erlaubnisfähigkeit vorrangig vor der Versagung der begehrten Erlaubnis in Betracht zu ziehen.

21

Auf den Bereich des Glücksspielwesens lässt sich diese Betrachtungsweise jedoch nicht ohne weiteres übertragen. Durch § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 hat der interföderale Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er zum Zwecke der präventiven Abwehr von Gefahren für die in § 1 GlüStV 2012 genannten Belange grundsätzlich ein unbedingtes Verbot unerlaubten Glücksspiels, welches als potentiell sozialschädlich eingeordnet wird, verankert wissen will. Eine allgemeine Glücksspielfreiheit besteht hier nicht. Zwar lässt sich aus diesem Unterschied zum allgemeinen Gewerberecht nicht ableiten, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit der in den Blick genommenen Tätigkeit bei der Entscheidung über die Untersagungsverfügung gänzlich außer Acht zu lassen ist (so wohl entgegen BVerwG Pagenkopf, Der neue Glücksspielstaatsvertrag - Neue Ufer, alte Gewässer, NJW 2012, 2918, 2920). Jedoch erscheint es zugunsten einer effektiven Gefahrenabwehr gerechtfertigt, dass es grundsätzlich in die Risikosphäre desjenigen, der eine erlaubnispflichtige Tätigkeit aufnimmt oder diese ohne die erforderliche Erlaubnis in seinen Räumen duldet, fällt, dass diese als solche materiell erlaubnisfähig ist. Ist dies nicht frei von Zweifeln oder sogar ernstlich zweifelhaft, rechtfertigt dies, den Antragsteller im Ergebnis an der formellen Illegalität seines Tuns festzuhalten und ihm die Fortsetzung der Tätigkeit bzw. deren Duldung insgesamt zu untersagen (so auch OVG Berlin, Beschl. v. 04.07.2012 - OVG 1 S 150.11 -). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe erscheint es vorliegend gerechtfertigt, die Antragstellerin mit jenem Risiko zu belasten. Sie hat auch nach mehrfacher Aufforderung die erforderlichen Nachweise über die Gewährleistung der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen nicht erbracht, so dass erhebliche Zweifel an der Erfüllung derselben bestehen bleiben. Dementsprechend war vom Antragsgegner nicht (mehr) zu verlangen, diese Unsicherheit über die Erwägung entsprechender Nebenbestimmungen aufzufangen, sondern er konnte im Sinne einer effektiven Gefahrenabwehr eine umfassende Untersagungsverfügung erlassen. Auch die Überlegung des Antragsgegners, eine landesweite Untersagung sei erforderlich, weil ein isoliertes Vorgehen nur gegen die beiden Standorte in Lübeck und Norderstedt nicht gleich geeignet sei, den unerlaubten Wettvertrieb auch an anderen als den bekannten Standorten zu unterbinden, begegnet unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr keinen Bedenken (vgl. auch OVG des Saarlandes, Beschl. v. 06.12.2012 - 3 B 268/12 -).

22

Soweit der Antragsgegner sich mit diesem Vorgehen in der Sache an den materiellrechtlichen Vorschriften der SVVO orientiert, bestehen hiergegen auch keine durchgreifenden verfassungs- oder unionsrechtlichen Einwendungen. Soweit die Antragstellerin rügt, das „Duldungsregime“ des Antragsgegners bewege sich in einem Raum gänzlich frei von ermessensregulierenden Maßgaben, erweist sich dies als nicht zutreffend. Gerade durch die Zugrundelegung der Regelungen in der SVVO macht der Antragsgegner nachvollzieh- und vorhersehbar deutlich, welches seine Maßstäbe für die Annahme der materiellen Erlaubnisfähigkeit sind.

23

Soweit die Antragstellerin rügt, eine Notifikation der Vorschriften der SVVO i.S.d. Art. 8 der Richtlinie 98/34 EG sei nicht erfolgt, so greift diese Rüge mangels Notifikationserfordernis in diesem Fall nicht durch. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Voraussetzung für die Notifikationspflicht, dass es zu erheblichen Einschränkungen bei der Vermarktung durch die fragliche Vorschriften kommt (EuGH, Urt. v. 19.07.2012 - C-213/11, C-214/11 und C-217/11 -, Fortuna sp.z. o. o., NVwZ-RR 2012, 717, 718; vgl. mit diesem Kriterium auch VGH BW, Beschl. v. 22.04.2014 - 6 S 215/14 -, NVwZ-RR 2014, 640, 643). Berücksichtigt man, dass die hier angewendete SVVO in ihrer Fassung vom 15.07.2013 den GlüStV 2012 über die Verordnungsermächtigung des § 10 Nr. 5 AG GlüStV 2012 S-H in zulässiger Weise ausgestaltet und keine anderen als die in § 1 GlüStV 2012 genannten Zielsetzungen verfolgen will, sind Einschränkungen bei der Vermarktung, die über die Intensität des GlüStV 2012 bzw. des entsprechenden Ausführungsgesetzes hinausgehen, nicht ausreichend von der Antragstellerin vorgetragen oder aber im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung anderweitig ersichtlich.

24

Die Anwendung der Vorschriften der SVVO auf die Antragstellerin stellt auch keine unverhältnismäßige Beschränkung ihrer Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG dar oder verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG.

25

Die Vorschriften der SVVO verfolgen mit der Sicherstellung der in § 1 GlüStV 2012 genannten Zielsetzungen einen legitimen Zweck. Die Festschreibung der gem. §§ 3 ff. SVVO zu erbringenden Nachweise bestimmter materiell-rechtlicher Anforderungen vermag diese Zielsetzung auch zumindest zu fördern. Mildere Mittel sind in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Auch hinsichtlich der Angemessenheit des Regelungsregimes der SVVO bestehen keine Bedenken. Die Vorschriften der SVVO stellen lediglich Ausübungsmodalitäten, nicht aber Zugangsschranken zur Ausübung des Berufsbildes des Wettunternehmers dar. Erstere sind wegen ihrer geringen Eingriffsintensität bereits zulässig, wenn sie aufgrund vernünftiger Erwägungen des Gemeinwohls zweckmäßig erscheinen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Interessen des Gemeinwohls, denen die Regelung zu dienen bestimmt ist, umso stärker sein müssen, je empfindlicher die Berufsausübenden in ihrer Berufsfreiheit beeinträchtigt werden (st. Rspr. seit BVerfG, Urt. v. 11.06.1958 - 1 BvR 596/56 -, NJW 1958, 1035, 1038; Hofmann, in: Schmidt- Bleibtreu/Hormann/Henneke, Grundgesetz, Kommentar, 13 Auflage, 2014, Art. 12, Rn. 52 m.w.N.). Dieser Grundsatz ist vorliegend mit Blick auf die Belange des § 1 GlüStV 2012 gewahrt. Es handelt sich bei diesen um Gemeinwohlbelange von einigem Gewicht, denen nachvollziehbare und zumutbare Anforderungen an die Ausgestaltung der Wettbetriebe und an den Nachweis über die Verlässlichkeit der Betriebsdurchführung gegenüber stehen.

26

Auch ein Ermessensfehler in Gestalt der Verletzung der aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Anforderungen liegt nicht vor. Ermächtigt ein Gesetz, wie hier § 9 Abs. 1 Satz 2, 3 Nr. 3 GlüStV 2012, dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, so erfordert das Gebot der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Dies bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 09.07.2014 - 8 C 36/12 -).

27

Ernsthafte Anhaltspunkte für ein willkürlich ungleichmäßiges Vorgehen des Antragsgegners sind vorliegend jedoch weder aufgrund des Vortrags der Antragstellerin noch anderweitig ersichtlich. Zwar hat der Antragsgegner eingeräumt, dass gegenüber Wettbewerbern der Antragstellerin teilweise eine Duldung der formell illegalen Tätigkeit erfolgt. Er hat jedoch gleichzeitig deutlich gemacht, dass dieser Unterschied allein auf der materiellen Erlaubnisfähigkeit der Tätigkeit beruht, so dass sich das Abweichen des Ergebnisses gegenüber der Antragstellerin jedenfalls nicht als willkürlich darstellt. Das von der Antragstellerin vorgetragene Untersagungsregime bzw. dessen konkreter Vollzug durch die Behörden anderer Bundesländern vermag einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG schon deswegen nicht zu begründen, weil nur der jeweils zuständige Normgeber verpflichtet ist, im Wesentlichen gleiche Sachverhalte gleich zu regeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2011 - 8 C 12/10 -) bzw. es nur auf den behördlichen Vollzug desselben föderalen Hoheitsträgers ankommen kann (Krieger, in: Schmidt-Bleibtreu/Hormann/Henneke, Grundgesetz, Kommentar, 13 Auflage, 2014, Art. 3, Rn. 27). Soweit die Antragstellerin vorträgt, die Länder seien im Rahmen des GlüStV 2012 zu einer einheitlichen Verwaltung zwingend verpflichtet, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Aus § 9a GlüStV 2012 lässt sich entnehmen, dass ein ländereinheitliches Verfahren nur in den dort enumerativ aufgezählten Bereichen vorgesehen ist, in den nicht genannten Konstellationen hingegen dementsprechend nicht greifen soll. Ein weitergehendes Verständnis im Sinne einer Pflicht zur umfassenden Länderkoordination erscheint im Übrigen auch im Hinblick auf die ohnedies zu wahrende horizontale Gesamtkohärenz (dazu sogleich) entbehrlich.

28

Schließlich stellt die auf den Regelungen der SVVO basierende Duldungs- bzw. Untersagungspraxis des Antragsgegners keine Verletzung der unionsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 56 AEUV dar.

29

Zwar stellen der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 S. 1 GlüStV 2012 bzw. die Möglichkeit der Untersagung gem. § 9 Abs. 1 GlüStV 2012 eine rechtfertigungsbedürftige Einschränkung dieser Freiheit dar. Die vom EuGH aufgestellten und vom BVerwG näher ausgeführten Anforderungen an die Rechtfertigung dieser Beschränkung sind jedoch vorliegend erfüllt. Derartige staatliche Maßnahmen müssen nämlich mit dem unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot vereinbar sein, zwingende Gründen des Allgemeinwohls verfolgen, geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (BVerwG, Urt. v. 11.07.2011 - 8C 12/10 -).

30

Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot i.S.d. Art. 57 Abs. 3 AEUV liegt nicht vor, weil die der Untersagungsverfügung des Antragsgegners zugrunde liegenden Rechtsnormen gleichermaßen für in- wie ausländische Betreiber gelten. Im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot ist auch eine Anerkennung der durch die ... Behörden erteilten Genehmigung der Tätigkeiten der Antragstellerin nicht geboten (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1423).

31

Es ist außerdem davon auszugehen, dass die bewirkten Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sportwetten mit den ausweislich § 1 GlüStV 2012 verfolgten Zielen unionsrechtlich legitimen Zwecken dienen (vgl. noch zum GlüStV 2008 BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 14.09 -, NVwZ 2011, 554, 560; EuGH, Urt. v. 12.06.2014 - C-156/13 -, Digibet und Albers, NVwZ 2014, 1001, 1001).

32

Weiter ist zu berücksichtigen, dass es im Glücksspielbereich an einer unionsrechtlichen Kompetenz zur Harmonisierung fehlt. Angesichts dessen bleibt es, dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung gem. Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EUV entsprechend, jedem Mitgliedstaat überlassen, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen und zu beurteilen, ob es erforderlich ist, bestimmte Tätigkeiten in diesem Bereich vollständig oder teilweise zu verbieten oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu kontrollieren. Die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen ist dabei allein im Hinblick auf das national angestrebte Schutzniveau und die verfolgten Ziele zu beurteilen (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-316/07 u.a. -, Markus Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409, 1413; Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1423; BVerwG, Urt. v. 11.07.2011 - 8 C 12.10 -). Soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerdebegründung Zweifel an der Eignung der gesetzlichen Regelungen bzw. der Vollzugspraxis des Antragsgegners aufzuzeigen sucht, folgt der Senat diesen Bedenken nicht.

33

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH muss eine staatliche Regelung, die auf die Verfolgung zwingender Gründe des Allgemeinwohls gestützt wird, ebenso wie ihre Anwendung in der Praxis geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zu Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt. Dies ist Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung im jeweiligen Mitgliedstaat (EuGH, Urt. v. 6.11.2003 - C-243/01 -, Gambelli u.a., NJW 2004, 139, 140 f.; Urt. v. 03.06.2010 - C-258/08 -, Ladbrokes, NVwZ 2010, 1081, 1082; Urt. v. 08.09.2010 - C-316/07 u.a. -, Markus Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409, 1414; Urt. v. 08.09.2010 -C-46/08-, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1424). Unter dem Kohärenzerfordernis ist dabei zweierlei zu verstehen: Zum einen erfordert es, dass der Mitgliedstaat die Gemeinwohlziele im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich befolgen muss; er darf nicht in Wahrheit andere Ziele, namentlich solche finanzieller Art, anstreben, welche die Beschränkung nicht legitimieren könnten (vgl. nur EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1425; BVerwG, Urt. v. 11.07.2011 - 8 C 12/10 -; BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 14.09 -, NVwZ 2011, 554, 561 f.). Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Das Kohärenzgebot stellt dabei kein Uniformitätsgebot oder die Vorgabe einer Optimierung der Zielverwirklichung dar. Jedoch dürfen in anderen Glücksspielsektoren - auch, wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - keine Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409, 1416 und Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1425; vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 14/09 -, NVwZ 2011, 554, 562). Der EuGH hat mit der vorgenannten Rechtsprechung klargestellt, dass für die vorzunehmende Kohärenzprüfung auch Gegebenheiten aus einem oder mehreren anderen Glücksspielmarktsegmenten als dem konkret untersuchten von Bedeutung sein können, sodass dieses Kriterium nunmehr als Anforderung einer Gesamtkohärenz zu verstehen ist (Heseler, Der Einfluss des Europarechts auf die mitgliedstaatliche Glücksspielregelung, Frankreich und Deutschland im Vergleich, 2013, S. 434).

34

Vorliegend bestehen nach der - im Rahmen der summarischen Überprüfung gebildeten - Überzeugung des Senats keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich der sektorenübergreifenden Gesamtkohärenz der gerügten Untersagungsregelungen bzw. deren tatsächlicher Umsetzung. Soweit das Verwaltungsgericht jedoch hierzu lediglich ausgeführt hat, dass die Regelungen des Glücksspielrechts den aus der EuGH-Rechtsprechung folgenden Kohärenzanforderungen immer stärker nachgekommen seien, hält der Senat auch im Rahmen der gebotenen summarischen Betrachtung eine ausführlichere Begründung für angemessen:

35

Soweit das Bundesverwaltungsgericht - noch zum GlüStV 2008 - mit dem EuGH das Kohärenzgebot im Sinne einer Gesamtkohärenz interpretiert hat, hat es - ebenso wie der EuGH selbst - keine abschließende Aussage zur Gesamtkohärenz des deutschen Glückspielrechts getroffen (BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 13/09 -, NVwZ 2011, 549, 552). Eine entsprechende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes mit Blick auf den GlüStV 2012 steht, soweit ersichtlich, noch aus. Auch der EuGH hat im Rahmen seiner Digibet und Albers-Entscheidung vom 12.06.2014 (- C-156/13 -, NVwZ 2014, 1001, 1002) keine abschließende unionsrechtliche Einschätzung des GlüStV 2012 vorgenommen (mit dieser Einschätzung auch Hambach, Aktuelle Entwicklungen im Online-Glücksspielrecht: Keine Ruhe für den GlüStV, Kommunikation&Recht 2014, 570, 573).

36

Zunächst ist festzuhalten, dass mit dem Verwaltungsgericht nicht davon auszugehen ist, dass sich das vom Antragsgegner zugrunde gelegte Regelungsregime bzw. dessen Vollzug in der Praxis in nur vorgeschobener Weise an den Zielen des § 1 GlüStV 2012 orientiert. Die Tatsache allein, dass ein etwaiges fiskalisches Motiv im GlüStV 2012, z.B. in §10 Abs. 5, Niederschlag findet, erlaubt nicht per se die Schlussfolgerung, dieses Motiv sei in Wahrheit nicht nur willkommene Nebenfolge, sondern vielmehr - auch ohne Nennung in § 1 GlüStV 2012 - Hauptmotiv der Regelung (Heseler, Der Einfluss des Europarechts auf die mitgliedstaatliche Glücksspielregelung, Frankreich und Deutschland im Vergleich, 2013, S.412). Über die allgemeine Kritik am geltenden Glücksspielrecht hinausgehende Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner die legitimen Ziele des GlüStV 2012 nur scheinheilig verfolgt, hat die Antragstellerin nicht vorbringen können.

37

Im Übrigen hatte der EuGH in seinem Urteil vom 08.09.2010 in der Rechtssache ... u.a. Zweifel am Bestehen einer Gesamtkohärenz insbesondere im Hinblick auf die staatliche Werbetätigkeit im Lotteriebereich, die abweichende Regulierung der Pferdesportwetten sowie die Ausgestaltung des Glücksspielrechts im Bereich der Spielbanken und der gewerblichen Automatenspiele zum Ausdruck gebracht (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C- 316/07 u.a. -, Markus Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409, 1415 f.). Diesen Zweifeln dürfte mittlerweile im Zuge der Evaluation und Weiterentwicklung durch den GlüStV 2012 in unionskonformer Weise Rechnung getragen worden sein. Im GlüStV 2012 werden nunmehr neben den allgemeinen Sportwetten, die gem. § 10a GlüStV 2012 - wenn auch in begrenztem Rahmen - einer Privatisierung zugänglich sind, gem. §§ 2 Abs. 5, 27 GlüStV 2012 auch die Pferdesportwetten erfasst. Insoweit wird zwischen beiden Glücksspielsegmenten ein Gleichlauf hergestellt. Im Rahmen des § 5 Abs. 2 bis 4 GlüStV 2012 findet sich überdies ein differenziertes - am unterschiedlichen Gefährdungspotential der Glücksspielarten sowie am unterschiedlichen Wirkpotential der Werbung in verschiedenen Verbreitungsmedien orientiertes - Regime bezüglich der zulässigen Werbung für öffentliches Glücksspiel, welches für staatliche und private Anbieter gleichermaßen gilt. Hinsichtlich der Spielbanken (vgl. §§ 2 Abs. 2, 20 GlüStV 2012) und Spielhallen (vgl. §§ 2 Abs. 3, 24 -26 GlüStV 2012) liegt ebenfalls eine gegenüber der früheren Rechtslage intensivierte Regelung vor. Auch insoweit ist davon auszugehen, dass sich Zweifel an der Regelungskohärenz mit Blick auf die nunmehr jedenfalls nicht mehr stärker reglementierten Sportwetten ausräumen lassen (vgl. zum Ganzen Heseler, Der Einfluss des Europarechts auf die mitgliedstaatliche Glücksspielregelung, Frankreich und Deutschland im Vergleich, 2013, S. 436 ff.).

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Eine Missachtung des Kohärenzgebotes zeigt die Beschwerdebegründung bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung auch nicht insoweit auf, als darin geltend gemacht wird, der Antragsgegner würde mit seiner Untersagungspraxis im Unterschied zu den anderen Bundesländern ein wesentlich restriktiveres und um einiges intensiver belastendes Regelungsregime vollziehen. In dieser Frage ist der Antragstellerin zwar darin Recht zu geben, dass sich ein Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht auf Umstände, die sich aus seiner internen Rechts- und Verfassungsordnung ergeben, berufen kann, um die Nichteinhaltung unionsrechtlicher Verpflichtungen zu rechtfertigen. Vielmehr müssen im Rahmen eines föderalen Staatsaufbaus Bund und Länder gemeinsam daran arbeiten, dass die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV zu wahren, nicht verletzt wird (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1425; VGH München, Beschl. v. 09.05.2014 - 22 CS 14.568 - ). Dieser Grundsatz gilt sinngemäß auch im Verhältnis der Bundesländer untereinander. Allerdings liegt nach der Rechtsprechung des EuGH ein Verstoß gegen das Kohärenzgebot auch in horizontaler Hinsicht, d.h. hinsichtlich der verschiedenen Rechtsträger in der Bundesrepublik, nur vor, wenn feststeht, dass das mit einer einschränkenden Regelung verfolgte Schutzziel mit dieser Regelung nicht mehr wirksam verfolgt werden kann. Auch hier ist eine Optimierung der Zielverwirklichung unionsrechtlich nicht geboten. Entsprechend der oben dargelegten Rechtsprechung des EuGH in Ansehung des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung ist der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche auf Grund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten. Im Rahmen einer föderalen Kompetenzordnung gilt dies für jeden im Mitgliedstaat tätigen Gesetzgeber (BVerwG, Urt. v. 20.06.2013 - 8 C 10/12 -, NVwZ 2014, 181, 188; VGH BW, Beschl. v. 22.04.2014 - 6 S 215/14 -, NVwZ-RR 2014, 640, 642; vgl. auch BayVGH, Beschl. v. 09.05.2014 - 22 CS 14.568 - in Anlehnung an EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1425).

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Im Hinblick auf die vom Antragsgegner vorgetragene Untersagungspraxis in anderen Bundesländern, etwa in Rheinland-Pfalz, und angesichts der durch die Rechtsprechung belegten und für erforderlich gehaltenen Praxis, eine Untersagung des Sportwettenvertriebes von der Einhaltung materieller Erlaubnisvoraussetzungen abhängig zu machen - was letztlich dem von der Antragstellerin gerügten „Duldungsmodell“ entspricht -, ist nicht ausreichend vorgetragen oder bei der gebotenen summarischen Prüfung anderweitig ersichtlich, dass die Verfolgung der glücksspielrechtlichen Zielsetzungen unter anderen Hoheitsträgern als dem Antragsgegner tatsächlich konterkariert würde. Im Hinblick auf diese Frage verdient im Übrigen auch der Gedanke, ob überhaupt ein überregionaler - möglicherweise zu Konterkarierung führender - Wettbewerb besteht, Beachtung: Anders als z.B. bei über das Internet zugänglichen Glücksspielen, ist es nicht ohne weiteres vorstellbar, dass die in Schleswig-Holstein geltenden Rahmenbedingungen zur Begrenzung des Sportwetten-Glücksspiels den ihnen zugedachten Zweck nicht mehr erfüllen können, wenn andere Bundesländer möglicherweise weniger strenge Anforderungen stellen. Denn anders als z.B. im Internetvertrieb ist die Wahrscheinlichkeit als eher gering einzuschätzen, dass Glücksspieler oder zum Glücksspiel geneigte Personen, die dieses Verlangen wegen der strengeren Anforderungen in Schleswig-Holstein nicht in dem von ihnen gewünschten Maß befriedigen können, ohne weiteres auf terrestrische Wettvertriebe in den weniger strengen Bundesländern ausweichen (mit einem vergleichbaren Gedankengang hinsichtlich Spielbanken BayVGH, Beschl. v. 09.05.2014 - 22 CS 14.568-).

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Unabhängig von der Frage, ob sich die angefochtene Verfügung voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird und deshalb die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach den eingangs genannten Maßstäben ausscheidet, führte auch eine Interessenabwägung im Übrigen nicht zu einem anderen Ergebnis. In die Interessenabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind u.a. die Möglichkeit des Eintritts nicht wieder rückgängig zu machender Folgen durch den sofortigen Vollzug, das Gewicht der dem Betroffenen auferlegten Belastung sowie die Dringlichkeit der baldigen Vollziehung und das Gewicht der damit verfolgten Schutzinteressen (vgl. Külpmann, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage, 2011, Rn. 984 ff.). Führt man diese Gesichtspunkte im vorliegenden Verfahren einer umfassenden Abwägungsentscheidung zu, überwiegen die zugunsten des Antragsgegners zu berücksichtigenden Aspekte. Zwar ist die Antragstellerin belastet durch die ihr drohenden Vollstreckungsmaßnahmen des Antragsgegners in Form der Verhängung eines Zwangsgeldes i.H.v. 25.000 €, welches letztlich auch einhergeht mit dem Stigma der fehlenden Rechtstreue der Antragstellerin. Darüber hinaus hat die Antragstellerin allerdings - von der Darlegung des ihrer Ansicht nach geltenden allgemeinen Grundsatzes der glücksspielrechtlichen Betätigungsfreiheit abgesehen - nicht dargelegt, welche konkreten wirtschaftlichen Konsequenzen ihr aus der vorläufigen Befolgung der Untersagungsverfügung drohen, insbesondere in welcher Höhe ihr Ausfälle in Umsatz und Gewinn drohen und in welchem Verhältnis diese zu den anderweitigen Einnahmen aus den u.a. im Vertriebskonzept zahlreich benannten Vertriebsstellen in anderen Bundesländern stehen. Unabänderliche Konsequenzen infolge der sofortigen Vollziehbarkeit sind damit ebenso wenig ersichtlich wie eine ernsthaft existentielle Bedrohung der Antragstellerin. Zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit streiten weiter die bereits genannten glücksspielrechtlichen Zielsetzungen, die als Allgemeinwohlbelange von einigem Gewicht einzuordnen sind. Diese überwiegen die für den Senat ersichtlichen Belastungen der Antragstellerin (vgl. auch VGH BW, Beschl. v. 22.04.2014-6 S 215/14-, NVwZ-RR 2014, 640, 643).

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

42

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

43

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.