Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 05. Juli 2017 - 1 LA 12/17

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2017:0705.1LA12.17.00
bei uns veröffentlicht am05.07.2017

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 6. Kammer, Einzelrichter - vom 21. November 2016 wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert beträgt 5.000,00 Euro.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen Lichtimmissionen einer Straßenlaterne, die auf der seinem Haus gegenüber liegenden Straßenseite installiert worden ist.

2

Auf seine Klage hat das Verwaltungsgericht einen Ortstermin durchgeführt und die Beklagte durch das Urteil vom 21.11.2016 verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um die von der Straßenlaterne für das Haus des Klägers ausgehenden Lichtimmissionen zu beseitigen. Zur Begründung heißt es, der Unterlassungsanspruch des Klägers sei begründet, da die Lichtimmissionen nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung (ab 17 Uhr) unzumutbar seien. Die Laterne bewirke - obwohl 37 m entfernt - eine erhebliche Aufhellung des Grundstücks des Klägers bis in Höhe der Dachrinne und einen deutlich wahrnehmbaren Schattenwurf. Der auf dem alten Mast installierte neue Beleuchtungskörper verursache zwangsläufig eine deutliche Vergrößerung der ausgeleuchteten Fläche. Auf Fragen der allgemeinen Akzeptanz komme es nur es nur bzgl. der Ausleuchtung des Straßenraums, nicht auch bzgl. des Grundstücks des Klägers an. Die hier gegebene Ausleuchtung sei allein für den Straßenraum nicht "notwendig"; der Kläger müsse daher die damit einher gehenden Belästigungen nicht hinnehmen. Er müsse sich auch nicht auf Selbsthilfe (Abdunkeln der Fenster, Aufwuchs der Hecke) verweisen lassen. Die "grundsätzlichen Erwägungen" der Beklagten seien nicht schutzwürdig, weil im Einzelfall die erhebliche Belästigung des Klägers mit geringem Aufwand beendet werden könne. Es bleibe der Beklagten überlassen, in welcher Weise sie die Lichtimmissionen beseitigen will.

3

Gegen das am 12.01.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24.01.2017 die Zulassung der Berufung beantragt.

II.

4

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

5

Der Antrag ist zwar zulässig (1.), aber unbegründet (2.).

6

1. Der Antrag ist innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO gestellt und auch fristgerecht begründet worden. Die Beklagte bezieht sich auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 - 3 und Nr. 5 VwGO.

7

2. Die geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch.

8

2.1 Der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Solche Zweifel wären zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass dies auf das Ergebnis - Klagabweisung - durchschlägt. Das ist nicht der Fall.

9

2.1.1 Der Hinweis der Beklagten auf die früher vorhandene Bauart der Straßenlaternen (nicht "Bogen-", sondern "Kofferlampe") ist für die Frage der Zumutbarkeit der von dem jetzt installierten Leuchtentyp "Volkmar II LED" mit den Lampenköpfen LED 26 W/3.000 Lumen ausgehenden Lichtimmissionen unerheblich. Auf die Beweisantritte (S. 4 der Begründung des Zulassungsantrags) kommt es damit nicht an.

10

2.1.2 Soweit die Beklagte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts kritisiert, weil dieses die "Lichtplanungsunterlagen" und die darin angegebene Lichtstärke an der Grenze zum Grundstück des Klägers von 1 lx (und danach auf 0,3 lx abnehmend) nicht "zur Kenntnis" genommen habe, ergibt sich auch daraus kein - ergebnisrelevanter - Einwand gegen die Richtigkeit des klagabweisenden Urteils.

11

2.1.2.1 Die Beklagte übersieht insoweit, dass das klagabweisende Urteil – tragend – auf dem Ergebnis der (bei Dunkelheit vorgenommenen) Ortsbesichtigung beruht, wonach die neue Straßenbeleuchtung das Grundstück des Klägers "erheblich aufhellt mit deutlich wahrnehmbaren Schattenwürfen an die Fassade des Wohnhauses bis über die Höhe der Dachrinne hinaus". Die Lichteinwirkung werde damit – nachvollziehbar – als "erheblich belästigend" empfunden (S. 4 des Urt.-Abdr.).

12

Die Kritik der Beklagten, das Verwaltungsgericht sei insoweit "einfach zu einer subjektiven Unzumutbarkeit der Lichtimmissionen" gelangt, ohne dies durch "physikalische Grundlagen" oder den "derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand der Lichtimmissionsforschung" zu erhärten, vermag nicht zu überzeugen.

13

Das Verwaltungsgericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 108 Abs. 1 VwGO). In Bezug auf Lichtimmissionen und ihre Zumutbarkeit i. S. d. § 3 Abs. 1 BImSchG ist die Überzeugungsbildung nicht durch allgemein geltende Grenzwerte oder Bewertungsmethoden gebunden, da solche weder durch Gesetz noch durch Rechtsverordnung geregelt sind. Die Frage, ob und ggf. unter welchen Umständen Lichtimmissionen als erhebliche Belästigung i. S. d. § 3 Abs. 1 BImSchG anzusehen sind, ist im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung der "Stärke" und des Charakters der Lichtimmissionen, der Gebietsart und der durch die tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und –bedürftigkeit sowohl des Lichtemittenten als auch der betroffenen Grundstücke - einschließlich der Möglichkeit, selbst für Abhilfe (etwa durch Vorhänge etc.) zu sorgen - zu beurteilen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.03.1999, 4 B 14.99, BauR 1999, 1279). Dabei sind auch wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz einzubeziehen. Alle Faktoren sind in eine wertende Gesamtbeurteilung im Sinne einer Güterabwägung einzustellen (OVG Münster, Urt. v. 15.03.2007, 10 A 998/06, BRS 71 Nr. 70 [bei Juris Rn. 77]; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 29.04.1988, 7 C 33.87, BVerwGE 79, 254 ff. [bei Juris Rn. 16, m.w.N.]).

14

Diesem Ansatz, den der Senat teilt, ist das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung der Sache nach gefolgt und hat seine wertende Gesamtbeurteilung – im Kern – daran ausgerichtet, dass es für die den Kläger treffende zusätzliche Lichteinwirkung keine "Notwendigkeit" bzw. keinen "rechtfertigenden Grund" gibt. Die Straßenbeleuchtung sei im Interesse der Verkehrssicherheit auf die angemessene Ausleuchtung der Straßen und Gehwege beschränkt, umfasse also nicht (auch) die Ausleuchtung von Grundstücken bzw. die Anstrahlung von Gebäudewänden. In Bezug auf Letzteres sei die Beklagte nicht schutzwürdig (S. 4-5 des Urt.-Abdr.).

15

Die darin liegende Aussage, dass Lichtimmissionen umso weniger hinzunehmen sind, je geringer ihre Entstehung oder Reichweite sachlich gerechtfertigt ist, verdient Zustimmung. Die Beklagte kann - mit anderen Worten – die Hinnahme solcher Lichteinwirkungen nicht beanspruchen, die für die öffentliche Straßenbeleuchtung nicht erforderlich sind. Diese dient der Verkehrssicherheit, der Orientierung, der Erhöhung der persönlichen Sicherheit der Bevölkerung und - etwa in zentralen Bereichen - auch der Belebung von Kommunikationsbereichen. Die Planung bzw. Auslegung der Straßenbeleuchtung kann sich – etwa – an den in der DIN EN 13201-1 beschriebenen "Beleuchtungssituationen" orientieren (im vorliegenden Fall einer Anliegerstraße B2, D3 oder D4). Dabei ist allerdings auf eine Minimierung von störenden Lichtwirkungen auf Privatgrundstücke zu achten; deren "Ausleuchtung" gehört nicht zu der von der Beklagten wahrzunehmenden öffentlichen Aufgabe.

16

Das Verwaltungsgericht hat – dazu – in seinem Urteil überzeugend herausgearbeitet, dass dies im vorliegenden Fall unzureichend beachtet worden ist. Wenn – wie hier – die Straßenlaterne so installiert worden ist, dass ihre Lichtwirkung über den Bereich der öffentlichen Straße (mit Gehweg) hinausreicht und das Mauerwerk des Gebäudes des Klägers "bis einschließlich Dachrinne deutlich anstrahlt" (Protokoll der Ortsbesichtigung vom 17.11.2016), spricht dies bereits dafür, dass damit eine nicht vom öffentlichen Zweck der Straßenbeleuchtung getragene – störende – Lichteinwirkung vorliegt.

17

Dem Einwand der Beklagten, dass insoweit vor einer rechtlichen Bewertung "zwingend" eine Messung zu erfolgen habe, ist nicht zu folgen. Soweit insoweit auf die DIN EN 13201 verwiesen wird, ist (schon) nicht dargelegt, ob danach Messungen vorzunehmen sind; naheliegend ist dies nicht, da die DIN EN 13201 nur "Gütemerkmale" für die Straßenbeleuchtung - abhängig von Beleuchtungssituationen (A1 bis E2) - festlegt (vgl. die Planungshilfe "Licht für Europas Straßen. Beleuchtung von Straßen pp. nach DIN EN 13201", Arnsberg [trilux], 2005, S. 2, 9). Die - weiter - zitierten "Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen" der Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI [im Folgenden: LAI-Hinweise]) i. d. F. vom 08.10.2012 enthalten zwar Vorgaben für Lichtimmissionsmessungen (zu 4. und 5.), doch sind diese Hinweise nach deren Ziff. 2 (2. Absatz) auf Anlagen zur Beleuchtung des öffentlichen Straßenraums nicht anwendbar. Sie enthalten auch - ausdrücklich - keine für öffentliche Straßenbeleuchtungsanlagen geltenden Immissionsrichtwerte (s. Tabelle 1 der "Hinweise"). Der Leitfaden "Lichteinwirkung auf die Nachbarschaft" des Fachverbandes für Strahlenschutz e. V. (Köln, 2014) stimmt in Bezug auf die Beurteilung der Raumaufhellung mit den LAI-Hinweisen überein.

18

2.1.2.2 Die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil zu den Gründen der Lichteinwirkung der Straßenlaterne auf das Grundstück bzw. das Wohnhaus des Klägers werden von der Beklagten - im Tatsächlichen - nicht angegriffen. Danach steht fest, dass der von der Beklagten ausgewählte, lt. Herstellerangabe "extrem breitstrahlende" Leuchtentyp "Volkmar II LED" (s. Bl. 45 der Beiakte A) in Verbindung mit der unveränderten Masthöhe zu den o. g. Lichteinwirkungen führt. Dem erstinstanzlichen Urteil ist darin zu folgen, dass diese Immissionen bei einem anderen Leuchtentyp (mit einer nach "unten" gerichteten Lichtverteilung [s. dazu LAI-Hinweise, Abbildung 2 sowie "Leitfaden" {a.a.O.}, Abbildung 3], oder einem anderen Leuchtmodul) und/oder bei einem niedrigeren Lampenmast ohne Weiteres hätten vermieden oder vermindert werden können, ohne dass dies die Qualität der Beleuchtung der öffentlichen Straße bzw. des Gehweges beeinträchtigt hätte. Die daraus abgeleitete Schlussfolgerung, dass der Kläger diese Lichteinwirkungen nicht hinzunehmen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

19

2.1.2.3 Bei dieser Sachlage kam es auf eine gutachterliche oder messtechnische Erfassung des (genauen) Werts der am Haus des Klägers "ankommenden" Beleuchtungsstärke nicht an. Der Kläger kann vielmehr, wie das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden hat, die Beseitigung der Lichteinwirkungen beanspruchen, die die Bedürfnisse der Straßenbeleuchtung übersteigen.

20

Die Beklagte scheint anzunehmen, dass der Kläger auch in einer solchen Fallgestaltung Lichteinwirkungen hinzunehmen habe, die unterhalb von bestimmten Richt- oder Anhaltswerten liegen. Sie versucht dies durch die sog. "Lichtplanungsunterlagen" (Anlage B 1) zu belegen, denen sie eine Beleuchtungsstärke an den Fenstern der (straßenzugewandten) Ruheräume des Klägers von weniger als 1 lx (bis 0,3 lx) entnimmt.

21

Ob dem – ungeachtet der "extrem breitstrahlenden" Lichtwirkung der Straßenlaterne für die an den vertikalen Flächen der Außenfenster anzusetzenden Werte – zu folgen ist, erscheint fraglich. Die Beklagte weist selbst darauf hin, dass es bei Zugrundelegung des in der DIN EN 13201 angegebenen "Wartungswertes der mittleren horizontalen Beleuchtungsstärke 2 lx bis 15 lx auf der Hand liege, dass der Wert von 1 lx "nicht immer unterschritten werden kann" (vgl. – in diesem Sinne auch – "Leitfaden" [a.a.O.] zu 5.1, S. 12).

22

Letztlich kann dies offen bleiben. Der Begründung des Zulassungsantrags ist nicht zu entnehmen, welcher Immissions(-richt-)wert hier maßgeblich sein soll. Die "LAI-Hinweise" helfen unbeschadet des Umstandes, dass sie in der Rechtsprechung (ansonsten) als "sachverständige Beurteilungshilfe" für die Frage der (Un-)Zu-mutbarkeit von Lichtimmissionen herangezogen werden (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 27.02.2009, 7 B 1647/08, NVwZ-RR 2009, 716 [Rn. 50], VGH Mannheim, Urt. v. 29.03.2012, 3 S 2658/10, NVwZ-RR 2012, 636 [Rn. 40]), nicht weiter, da die dort - in Tabelle 1 - angegebenen Immissionsrichtwerte ausdrücklich nicht für öffentliche Straßenbeleuchtungsanlagen gelten. Selbst wenn die im "Leitfaden" (a.a.O., zu 5.1, S. 12) genannten "Anhaltswerte" bzw. die den Empfehlungen des Arbeitskreises "Lichtimmissionen" der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft (LiTG) für die "Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen künstlicher Lichtquellen 12.3" (3. Aufl., 2011; zu 3.2) zu entnehmenden Richtwerte hier anwendbar wären, würde dies – allein – die erstinstanzliche Klagabweisung nicht in Frage stellen. Diese bleibt – weiterhin – tragend darauf gestützt, dass nach der – nicht zu beanstandenden – Abwägung der Belange der Beklagten mit denjenigen des Klägers kein Recht der Gemeinde besteht, das Grundstück weiterhin – wie bisher – zu beleuchten.

23

2.1.3 Der – von der Beklagten gerügte – Umstand, dass das Verwaltungsgericht keine Innenbesichtigung zur Prüfung einer (evtl.) Blendwirkung vorgenommen hat, ist nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit des klagabweisenden Urteils zu begründen. Das Urteil ist – wie ausgeführt – tragend darauf gestützt, dass die Lichteinwirkung auf das Wohnhaus nach dem Ergebnis der die beiderseitigen Belange berücksichtigenden Gesamtbeurteilung vom Kläger nicht hinzunehmen ist (s. o. zu 2.1.2.1 und 2.1.2.2). Unabhängig davon geht es bei der Rüge des Beklagten der Sache nach um einen Aufklärungsmangel, was als Verfahrensfehler anzusehen wäre. Eine Berufungszulassung (auch) wegen ernstlicher Zweifel ist nur möglich, wenn eine entsprechende Verfahrensrüge nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ebenfalls zur Zulassung führen würde (VGH Kassel, Beschl. v. 01.11.2012, 7 A 1256/11.Z, NVwZ-RR 2013, 417). Das ist hier nicht der Fall. Aus dem Protokoll der vor Ort durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 17.11.2016 (S. 2) ist zu entnehmen, dass die "Begutachtung" der Situation in den Wohnräumen allseits nicht für erforderlich gehalten wurde. Die Beklagte war szt. durch den Bürgermeister und zwei hauptamtliche Bedienstete des Amtes vertreten. Sie kann danach das Unterbleiben einer weiteren Sachaufklärung nicht mehr rügen. Eine Innenbesichtigung musste sich dem Verwaltungsgericht nach der Ortsbesichtigung und der Erörterung der Sach- und Rechtslage auch nicht aufdrängen.

24

2.2 Die Zulassung der Berufung kann auch nicht auf § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gestützt werden. Der Beklagten ist zwar darin zu folgen, dass einer Entscheidung nach § 6 Abs. 1 VwGO für den genannten Zulassungsgrund keine Bindungswirkung zukommt. Sie hat allerdings keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache dargelegt.

25

2.2.1 Soweit die Beklagte hier (erneut) darauf hinweist, dass früher keine Bogen-, sondern sog. Kofferlampen installiert gewesen seien, werden damit keine "Schwierigkeiten" geltend gemacht. I. ü. wird auf die Ausführungen zu oben 2.1.1 verwiesen.

26

2.2.2 Ob das Verwaltungsgericht "ohne weitere Untersuchungen … seine subjektiven … Eindrücke einfach zum Maßstab von unzumutbaren Belästigungen durch Lichtimmissionen machen darf", ist keine in rechtlicher Hinsicht schwierige Frage. Ihre Beantwortung ergibt sich – zum einen – aus dem Prozessverlauf, einschließlich der Mitwirkung der Beteiligten bei der Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 S. 1 2. Hs. VwGO), und - zum anderen - aus der Anwendung der im erstinstanzlichen Urteil (S. 3 d. Abdr.) zutreffend zusammengefassten Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs und der §§ 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 BImSchG auf den Einzelfall. Wenn das Verwaltungsgericht, wie oben zu 2.1.2.1 ausgeführt, im Rahmen einer wertenden Gesamtbeurteilung über den genannten Anspruch entscheidet, sind dabei "subjektive Eindrücke", die in einem Termin vor Ort entstanden sind und Gegenstand der Erörterung der Sach- und Rechtslage waren, zu berücksichtigen. Die – sinngemäß geltend gemachte - Ansicht der Beklagten, es habe auch einer Auseinandersetzung mit "wissenschaftlichen Erkenntnissen" bedurft, begründet - als solche - keine besonderen (rechtlichen) Schwierigkeiten, sondern enthält allenfalls eine im Rahmen des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu prüfende Kritik.

27

2.3 Die Zulassung der Berufung kann auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beansprucht werden.

28

Die Beklagte hält die Tatsachenfrage, ob "ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Begebenheiten und Vorbelastungen in Immissionsschutzfällen in eine rechtliche Beurteilung eingetreten werden" kann, sowie die Rechtsfrage, ob "der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 86 VwGO in Immissionsschutzfällen durch subjektive Empfindungen des Gerichts ersetzt werden kann", für grundsätzlich bedeutsam. Beide Fragen verfehlen ihr Ziel.

29

Die erste (Tatsachen-)Frage insinuiert, das Verwaltungsgericht sei "ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Begebenheiten und Vorbelastungen" in eine rechtliche Beurteilung eingetreten, was offensichtlich nicht zutrifft. In Bezug auf die frühere Beleuchtungssituation kommt es auf die "Begebenheiten" nicht an (s. o. 2.1.1). Die gestellte Frage wäre folglich (so) schon nicht entscheidungserheblich. Wenn die Frage – im Sinne der zu § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO formulierten Frage – sinngemäß dahingehend verstanden wird, dass es um die (Frage der) Berücksichtigung "wissenschaftlicher Erkenntnisse" gehen soll, entzieht sich ihre Beantwortung einer verallgemeinerungsfähigen Klärung, weil dies vom jeweiligen Einzelfall abhängig ist.

30

Die zweite (Rechts-)Frage ist so formuliert, dass sie keiner verallgemeinerungsfähigen Klärung zugänglich ist. Was die Beklagte als "subjektive Empfindungen" des Gerichts bezeichnet, sind Erwägungen innerhalb der gebotenen wertenden Gesamtbeurteilung über den geltend gemachten Anspruch.

31

2.4 Die Berufungszulassung kann schließlich auch nicht auf einen Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO gestützt werden.

32

Die Beklagte hält es für verfahrensfehlerhaft, dass das Verwaltungsgericht seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) "durch einen Verzicht auf eigene Lichtmessungen bzw. … auf ein naheliegendes Sachverständigengutachten" verletzt habe. Dem kann nicht gefolgt werden.

33

Was das Verwaltungsgericht gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuklären hat, richtet sich nach dem Streitgegenstand; in dessen Rahmen hat es den Sachverhalt insoweit zu erforschen, als dies für seine Entscheidung erforderlich ist. Maßgeblich ist dabei die der erstinstanzlichen Entscheidung zugrundeliegende Rechtsauffassung, selbst wenn diese unzutreffend sein sollte (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.10.1984, 6 C 49.84, BVerwGE 70, 216 ff. [bei Juris Rn. 16]). Die Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO wird nicht verletzt, wenn das Verwaltungsgericht den aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Sachverhalt aufgrund der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und eines Verhandlungstermins vor Ort (mit Ortsbesichtigung) für aufgeklärt hält und von einer weiteren Beweiserhebung absieht.

34

Vor diesem Hintergrund hätte die Beklagte eine unvollständige Aufklärung von Fragen, die entscheidungserheblich sind, darlegen müssen, Das ist nicht geschehen. Auf eine Lichtmessung bzw. eine Sachverständigengutachten zu den Lichtimmissionen kam es aus der Sicht des Verwaltungsgerichts nicht an. Damit ist zugleich klar, dass sich dem Verwaltungsgericht insoweit auch keine weitere Ermittlung oder Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen.

35

3. Der Zulassungsantrag ist nach alledem abzulehnen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG.

36

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

37

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Urteilsbesprechung zu Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 05. Juli 2017 - 1 LA 12/17

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. März 2012 - 3 S 2658/10

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(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

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(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Mai 2009 - 2 K 1583/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Anbringung einer Videowerbeanlage (City-Board).
Der Kläger zu 1 ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flst.Nr. ... (...), die Klägerin zu 2 Eigentümerin des ebenfalls mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flst.Nr. ... (...) auf der Gemarkung der Beklagten. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Goethestraße" der Beklagten, der insoweit ein allgemeines Wohngebiet festsetzt.
Die Beklagte erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 18.07.2006 eine Baugenehmigung für die Errichtung einer „City-Board" genannten Videowerbeanlage mit laufend wechselnden Bildern auf dem mit einem mehrgeschossigen Wohnhaus bebauten Grundstück Flst.Nr. ... (... ...-...). Die 4,08 m x 3,02 m große, an der westlichen Außenwand des Wohnhauses angebrachte Anlage wurde im Dezember 2006 in Betrieb genommen. Der Anbringungsort ist von den Wohnhäusern der Kläger ca. 35 bis 40 m entfernt. Das Bauvorhabengrundstück liegt nicht im räumlichen Geltungsbereich eines Bebauungsplans.
Gegen die Baugenehmigung legten die Kläger jeweils Widerspruch ein.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens legte die Beigeladene ein Gutachten des Sachverständigen für Lichttechnik Dr.-Ing. ... ... vom 19.02.2007 zur Beurteilung der Lichtimmissionen auf der Grundlage von Messungen für die Gebäude ... xx, xx und xx vor. Am 07.03.2007 wurden von dem Sachverständigen ergänzende Messungen vorgenommen.
In der Folgezeit erließ die Beklagte mit Bescheid vom 11.07.2007 als Ergänzung zur Baugenehmigung vom 18.07.2006 die Nebenbestimmung, dass das City-Board werktags maximal von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr und sonntags von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr betrieben werden (Nr. 1) und die Beleuchtungsstärke (Leuchtdichte) in den Dunkelstunden maximal 2 % betragen darf (Nr. 2). Als Dunkelheit galt die Zeit 30 Minuten vor Sonnenaufgang und 30 Minuten nach Sonnenuntergang, für die Berechnung der Beleuchtungsstärke galten die beigefügten Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen (Beschluss des Länderausschusses für Immissionsschutz vom 10.05.2000).
Das Regierungspräsidium Stuttgart fasste mit Widerspruchsbescheiden vom 26.03.2008 die Baugenehmigung der Beklagten vom 11.07.2007 zur Klarstellung wie folgt:
1. Der Betrieb des City-Boards (Videowerbeanlage) darf werktags maximal von 06.00 Uhr bis 20.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen maximal von 09.00 Uhr bis 20.00 Uhr erfolgen.
2. In dieser Zeitspanne darf in Dunkelstunden die am Immissionsort (hier ... xx und ...) erzeugte vertikale Beleuchtungsstärke 1 Lux nicht überschreiten. Das ist bei der Anlage der Fall, wenn ihre Leuchtdichte auf maximal 2 % des möglichen Höchstwertes eingestellt wird. Dunkelstunden sind die Zeiten, die in die Zeitspanne von 30 Minuten nach Sonnenuntergang bis 30 Minuten vor Sonnenaufgang fallen. Für die Berechnung der Beleuchtungsstärke gelten die Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen (Beschluss des Länderausschusses für Immissionsschutz vom 10.05.2002, beigefügt als Anlage)."
10 
Im Übrigen wurden die Widersprüche zurückgewiesen.
11 
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 20.05.2009 - 2 K 1583/08 -die von Klägern erhobenen Klagen abgewiesen.
12 
Der Senat hat auf Antrag der Kläger mit Beschluss vom 23.11.2010 - 3 S 1539/09 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zugelassen.
13 
Die Kläger beantragen zuletzt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20.05.2009 - 2 K 1583/08 - zu ändern und die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 18.07.2006, geändert durch Bescheid vom 11.07.2007, in der Fassung vom 27.03.2012 und die Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 26.03.2008 aufzuheben.
15 
Die Kläger tragen zur Begründung im Wesentlichen vor: Ein Betrieb der Videowerbeanlage sei an Feiertagen durch die Baugenehmigung in der Fassung vom 11.07.2007 nicht vorgesehen gewesen. Die Beigeladene habe sich mit einem Betrieb der Anlage in diesem Umfang bereits einverstanden erklärt. Es verstoße gegen Treu und Glauben, wenn die Widerspruchsbehörde zum Nachteil der Kläger den Betrieb der Anlage auch auf Feiertage ausweite. Zudem sei der Betrieb der Werbeanlage an Sonn- und Feiertagen rücksichtlos. Die LAI-Hinweise seien Bestandteil der Baugenehmigung geworden. Der Sachverständige Dr. Ing. ... habe in seinem Gutachten vom 10.03.2007 ausgeführt, aus dem Wert Ev = 3 lx werde die zulässige vertikale Beleuchtungsstärke Ev = 0,3 lx für höchste Ansprüche. Soweit mit der Baugenehmigung eine maximale vertikale Beleuchtungsstärke von 1 lx in den „Dunkelstunden“ als Grenzwert angegeben werde, sei dieser Wert zu hoch und übersteige die zulässige vertikale Beleuchtungsstärke nach der LAI-Hinweisen um mehr als dreifache. Des Weiteren lasse die Baugenehmigung eine Beschränkung auf einen maximal zulässigen Leuchtdichtewert hinsichtlich der Blendungswirkung vermissen. Außerdem sehe die Baugenehmigung keine Beschränkung außerhalb der „Dunkelstunden“ vor. Es träten indessen nicht nur in den Abendstunden, sondern auch am Tage regelmäßig unerträgliche Beleuchtungssituationen auf. Dies gelte insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten, da es bereits am Tage witterungsbedingt häufig dunkel sei. Eine automatische Anpassung der Leuchtstärke an das Wetter erfolge nicht. Auch beziehe sich die Beschränkung der Einstellung der Leuchtdichte des Videoboards auf 2 % lediglich auf die momentan angebrachte Werbeanlage, während die Baugenehmigung nicht die Errichtung eines bestimmten Gerätes vorsehe. Die Anknüpfung an einen Hersteller- und bauartabhängigen Wert von 2 % sei daher fehlerhaft. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruhe zudem auf Unterlagen, die ihnen nicht zugänglich gemacht worden seien. Bei den Gutachten handle es sich um Parteigutachten, wobei sie sich nicht grundsätzlich gegen Inhalt der Gutachten wendeten. Das genehmigte Vorhaben verstoße schließlich auch gegen § 5 BImSchG. Aus der Sicht der Kläger entspreche es dem Stand der Technik, einen Sensor zu installieren, der jeweilige Beleuchtungsstärken an die Außenhelligkeit automatisch anpasse.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie trägt zusammengefasst vor: Eine reformatio in peius zu Lasten der Kläger liege nicht vor. Die Widerspruchsbehörde habe die Nebenbestimmung zur Baugenehmigung hinsichtlich des Betriebs an Sonntagen lediglich dahin konkretisiert, dass diese Betriebseinschränkung auch feiertags gelte. Auch habe die Beigeladene nicht auf einen Betrieb an Sonn- und Feiertagen verzichtet. Die Vorgaben der LAI-Hinweise sowie des Sachverständigen Dr. Ing. ... seien hinreichend berücksichtigt worden. Dies gelte insbesondere für die zulässige vertikale Beleuchtungsstärke. Der zur Beurteilung der Lichtstärken und Blendwirkung hinzugezogene Gutachter Dr. Ing. ... führe in seinem Gutachten vom 19.02.2007 aus, dass eine Übereinstimmung der montierten Anlage mit den Hinweisen zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen in jedem Fall dann gegeben sei, wenn die Anlage auf 2 % ihrer maximalen Beleuchtungsstärke, d.h. „Brightness“, eingestellt werde. Durch die „Brightness“ Einstellung auf 2 % des möglichen Höchstwertes der Anlage werde auch die Einhaltung der maximal zulässigen mittleren Leuchtdichte sichergestellt. Entgegen der Auffassung der Kläger müsse für den Tagbetrieb kein maximaler Lichtwert vorgeschrieben werden. Im Tagbetrieb außerhalb der Dunkelstunden stelle der Betrieb des Videoboards keine unzumutbare Beeinträchtigung der Grundstücke der Kläger dar. Der Einwand der Kläger, die erlassene Nebenbestimmung würde nicht bei einem Wechsel der Anlage gelten, überzeuge nicht. Die Nebenbestimmung beziehe sich auf das konkret montierte Modell eines City-Boards. Sollte die Anlage gewechselt werden, müsste ein erneutes Genehmigungsverfahren durchlaufen und erforderlichenfalls eine neue Nebenbestimmung in Bezug auf die zulässige Art des Betriebs erlassen werden. Es entspreche nicht dem Stand der Technik, das Videoboard mit einem Lichtsensor auszustatten, damit eine automatische Anpassung der „Brightness“ Einstellung an die Lichtverhältnisse erfolgen könne.
19 
Die Beigeladene beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen
21 
Sie schließt sich den Ausführungen der Beklagten an.
22 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 27.03.2012 hat die Beklagte erklärt:
23 
Die Nebenbestimmung im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 26.03.2008 wird wie folgt geändert und neu gefasst:
Nr. 1
24 
Der Betrieb des City-Boards (Videowerbeanlage) darf werktags maximal von 06.00 Uhr bis 20.00 Uhr und an Sonntagen, die nicht gesetzliche Feiertage sind, maximal von 09.00 Uhr bis 20.00 Uhr betrieben werden. An gesetzlichen Feiertagen in Baden-Württemberg darf das Videoboard nicht betrieben werden.
Nr. 2
25 
In dieser Zeitspanne darf in Dunkelstunden die am Immissionsort (hier ... xx und ... xx) erzeugte vertikale Beleuchtungsstärke Ev = 0,3 lx nicht überschreiten. Hierbei wurden die Abschläge für eine farbige und wechselnde Lichtquelle berücksichtigt. Das ist bei der Anlage der Fall, wenn ihre Leuchtdichte auf maximal 2 % „Brightness“ des möglichen Höchstwertes eingestellt wird. Dunkelstunden sind die Zeiten, die in der Zeitspanne von 30 Minuten nach Sonnenuntergang bis 30 Minuten vor Sonnenaufgang fallen. Für die Berechnung der Beleuchtungsstärke gelten die Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen (Beschluss des Länderausschusses für Immissionsschutz vom 10.05.2000, beigefügt als Anlage).
Nr. 3
26 
Der Betreiber wird verpflichtet, durch Vorlage eines Prüfgutachtens eines anerkannten Sachverständigen bis zum 31.08.2012 nachzuweisen, dass die Nebenbestimmung Nr. 2 bei einem Betrieb in den Dunkelstunden eingehalten ist.
27 
Die Akten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie des Verwaltungsgerichts Stuttgart Az.: 2 K 3211/07 und 2 K 1583/08 liegen dem Senat vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Akten und auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.
29 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
30 
Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 18.07.2006 in der Fassung vom 11.07.2007 verletzt unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten erklärten Änderung und Neufassung der Nebenbestimmung in den Widerspruchsbescheiden des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 26.03.2008 die Kläger weder in bauplanungsrechtlicher (I.) noch in bauordnungsrechtlicher (II.) Hinsicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
I. Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts.
32 
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend grundsätzlich nach § 34 Abs. 1 BauGB. Denn das Vorhabengrundstück Flst.-Nr. ... liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Gebiets, für das außer eines sich auf die Festsetzung von Baulinien beschränkenden Stadtbauplans aus dem Jahr 1885 kein Bebauungsplan existiert.
33 
1. Den Klägern steht kein - auch für ein faktisches Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB grundsätzlich geltender - Anspruch auf Bewahrung der Gebietsart zu. Zwar kommt der Art eines Baugebiets, das nach § 34 Abs. 2 BauGB aufgrund der näheren Umgebung tatsächlich in jeder Hinsicht einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebiete entspricht, ebenso wie der Festsetzung eines Baugebiets durch Bebauungsplan, grundsätzlich nachbarschützende Wirkung zu und der Eigentümer eines im Baugebiet gelegenen Grundstücks hat als Nachbar einen - von tatsächlichen Beeinträchtigungen unabhängigen - Schutzanspruch auf Bewahrung der Gebietsart (sog. Gebietserhaltungsanspruch, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 22.12.2011 - 4 B 32.11 -, BBB 2012, Nr. 4, 60). Der Abwehranspruch des Nachbarn wird grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit der Gebietsart unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierdurch das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebiets eingeleitet wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 - 4 B 60.07 -, NVwZ 2008, 786; Urteil vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, BVerwGE 116, 155 = NVwZ 2002, 1118; Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 -, NVwZ 2002, 1384; Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151). Vorliegend entspricht die Eigenart der näheren Umgebung indessen keinem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete, sondern stellt eine Gemengelage dar, in dem der Gebietserhaltungsanspruch keine Anwendung findet. Insbesondere scheidet eine Einstufung als faktisches allgemeines Wohngebiet aus.
34 
Nach ständiger Rechtsprechung reicht die nähere Umgebung im Sinn dieser Vorschrift so weit, wie sich - erstens - die Ausführung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens auswirken kann und - zweitens - wie die Umgebung ihrerseits die bodenrechtliche Situation des Baugrundstücks prägt (BVerwG, Urteil vom 18.10.1974 - 4 C 77.73 -, NJW 1975, 460; Urteil vom 26.5.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369; Urteil vom 11.2.1993 - 4 C 15.92 -, NVwZ 1994, 285). Sie ist daher nicht auf die in der unmittelbaren Nachbarschaft vorhandene Bebauung beschränkt, sondern bezieht auch die Bebauung in der weiteren Umgebung des Baugrundstücks ein, soweit diese noch prägend auf das Grundstück einwirkt (BVerwG, Urteil vom 19.9.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34).
35 
Gemessen daran umfasst nach den in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigten Feststellungen des Verwaltungsgerichts Stuttgart in dem Erörterungstermin im Verfahren 2 K 1583/08 am 09.03.2009 die nähere Umgebung des Baugrundstücks außer der ganz überwiegend aus Wohnhäusern bestehenden Bebauung entlang der ... und dem auf dem Baugrundstück selbst vorhandenen Wohnhaus auch das nach Osten an das Baugrundstück grenzende, mit einem Geschäftshaus bebaute Grundstück ... Str. x sowie die nördlich der ... Straße gelegenen, größtenteils ebenfalls gewerblich genutzten Grundstücke. Hierzu zählen eine Filiale des Unternehmens ..., sowie (westlich davon) u.a. eine Videothek und ein Tiernahrungshandel. Weiter westlich, im Gebäude an der Ecke zur Bahnhofsstraße, findet sich eine Bankfiliale. Soweit diese östlich und nördlich des Baugrundstücks vorhandenen gewerbliche Nutzungen in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 2 und 3 BauNVO überhaupt noch zulässig wären, stellen sie jedenfalls in diesem Bereich nach Anzahl, Umfang und Gewicht keine Ausnahme mehr dar, sondern prägen die Umgebung, so dass sich eine Einstufung als allgemeines Wohngebiet verbietet. Hinzu kommt, dass der ... als großflächiger Einzelhandelsbetrieb das Wohnen wesentlich stört, wegen seiner Größe und Auswirkungen wohl nur in einem Kern- oder Sondergebiet zulässig wäre, und aufgrund der vorwiegend gewerblichen Nutzung in diesem Bereich auch nicht als „Ausreißer" angesehen werden kann. Aufgrund der uneinheitlichen Art der Bebauung kann dieser Bereich demnach weder als allgemeines Wohngebiet noch als Mischgebiet qualifiziert werden.
36 
Nach dem damit anzuwendenden § 34 Abs. 1 BauGB hängt die Zulässigkeit des Vorhabens der Beigeladenen - objektiv-rechtlich - davon ab, ob es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Ob das Vorhaben der Beigeladenen diese Voraussetzung in jeder Hinsicht erfüllt (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 16.06.2009 - 4 B 50.08 -, BauR 2009, 1564), kann im Rahmen des vorliegenden Verfahrens dahinstehen, weil § 34 Abs. 1 BauGB nur insoweit nachbarschützende Wirkung hat, als das in dieser Vorschrift im Tatbestandsmerkmal des „Sich-Einfügens" verankerte Rücksichtnahmegebot in seiner drittschützenden Ausprägung verletzt ist (st. Rspr. vgl. BVerwG, Urteil v. 25.02.1977 - IV C 22.75 -, BVerwGE 52, 122; Urteil v. 13.03.1981 - 4 C 1.78 -, DVBI 1981, 928; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 20.03.2012 - 3 S 223/12 -, juris).
37 
Nach welchen Maßstäben eine derartige Rücksichtslosigkeit anzunehmen ist, beurteilt sich, sofern Immissionen als Beeinträchtigungen in Rede stehen, nach den Regelungen des Immissionsschutzrechts. Eine Anlage, deren Immissionen sich in den Grenzen des der Nachbarschaft gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG Zumutbaren halten, erweist sich auch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht als nicht rücksichtslos. Es gibt kein bauplanungsrechtliches Rücksichtnahmegebot, das etwa dem Verursacher von Umwelteinwirkungen mehr an Rücksichtnahme zugunsten der Nachbarn abverlangt, als es das BImSchG gebietet. Dieses Gesetz hat vielmehr die Grenze der Zumutbarkeit für Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme auch für das Baurecht allgemein bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 -, BRS 40 Nr. 206; Urteil vom 27.08.1998 - 4 C 5.98 -, BRS 60 Nr. 83, Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 -, BRS 62 Nr. 86).
38 
Nach § 22 Abs. 1 BImSchG sind - nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz - nicht genehmigungsbedürftige Anlagen (vgl. § 3 Abs. 5 BImSchG) u.a. so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche, nach dem Stand der Technik vermeidbare Umwelteinwirkungen verhindert oder nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Zu den Immissionen zählt nach § 3 Abs. 2 BImSchG u.a. auch auf Menschen einwirkendes Licht. Rechtsverbindliche Vorschriften zur Bestimmung der immissionsschutzrechtlichen Erheblichkeitsgrenzen für Lichtimmissionen fehlen bisher. Die Beurteilung, wann Lichteinwirkungen zu erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft führen, kann nicht anhand allgemein gültiger Grenzwerte und Bewertungsmethoden vorgenommen werden, da solche weder durch Gesetz noch durch Rechtsverordnung bindend geregelt sind.
39 
Die vom Länderausschuss für Immissionsschutz am 10.05.2000 beschlossenen Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen (im Folgenden: LAI-Hinweise) haben keine normative Wirkung und können folglich keine Allgemeinverbindlichkeit für sich beanspruchen (OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 21.12.2006 - 7 B 2193/06 -, BauR 2007, 861; Urteil vom 15.03.2007 - 10 A 998/06 -, DVBl. 2008, 791; Beschluss vom 27.02.2009 - 7 B 1647/08 -, NVwZ-RR 2009, 716).
40 
Die Zumutbarkeit von Lichtimmissionen beurteilt sich daher grundsätzlich nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung zum Gebot der Rücksichtnahme entwickelt hat. Abzustellen ist auf den Grad der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Innen- und Außenwohnbereiche des Nachbarn. Das Maß der Schutzbedürftigkeit in tatsächlicher Hinsicht kann im Einzelfall davon abhängen, ob und inwieweit der Nachbar ohne größeren Aufwand im Rahmen des Ortsüblichen und Sozialadäquaten zumutbare Abschirmmaßnahmen ergreifen kann (zumutbarer Eigenschutz). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Eigenschutz gegen Lichtimmissionen, anders als der Schutz gegen Lärm oder Gerüche, ohne Einbußen für die Wohnqualität häufig durch herkömmliche Maßnahmen wie Vorhänge oder Jalousien innerhalb der Gebäude oder durch Hecken oder Rankgerüste in den Außenwohnbereichen bewerkstelligt werden kann. Dies gilt auch deswegen, weil Lichtimmissionen oft gleichsam zwangsläufige Folge typischer Wohnformen sind und von daher auch akzeptiert werden (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss v. 17.03.1999 - 4 B 14.99 -, BauR 1999, 1279). Andererseits ist die Intensität der Blendwirkung und ist das Gewicht der dem Nachbarn durch die Schutzmaßnahmen abverlangten Nutzungseinschränkungen seines Wohngrundstücks - im Innen- wie im Außenwohnbereich - in Rechnung zu stellen. Schließlich ist im Rahmen der rechtlichen Schutzwürdigkeit der Beteiligten darauf abzustellen, ob die die Blendwirkung auslösenden baulichen Maßnahmen vom materiellen Baurecht gedeckt sind oder nicht. Ob und in welchem Umfang innerhalb dieses Rahmens Abschirmmaßnahmen möglich und im Verhältnis zwischen Grundstücksnachbarn zumutbar sind, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ., Urteil v. 19.07.2007 - 3 S 1654/06 -, VBIBW 2008, 184). Bei Beurteilung dieser Zumutbarkeit scheidet, wie dargelegt, eine Bindung an die LAI-Hinweise mangels Allgemeinverbindlichkeit aus. Mithin dürfen die in ihnen vorgeschlagenen Mess- und Rechenverfahren, Richtwerte sowie Zu- und Abschläge nicht ungeprüft zugrunde gelegt werden. Gleichwohl ist der Senat nicht gehindert, die LAI-Hinweise als sachverständige Beurteilungshilfe und als Bewertungsmaßstab in seine Erwägungen einzubeziehen (so auch OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 21.12.2006 - 7 B 2193/06 -, BauR 2007, 861; Urteil vom 15.03.2007 - 10 A 998/06 -, DVBl. 2008, 791; Beschluss vom 27.02.2009 - 7 B 1647/08 -, NVwZ-RR 2009, 716).
41 
Die LAI-Hinweise gehen von dem nachvollziehbaren und den Senat überzeugenden Ansatz aus, dass zu den maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung der durch Lichtimmissionen verursachten Belästigungen zum einen die Raumaufhellung und zum anderen die als psychologische Blendung bezeichnete Störempfindung gehören. Eine Raumaufhellung ist dann anzunehmen, wenn die Immission des Lichts zu einer signifikant erhöhten Helligkeit des Raumes mit der Folge führt, dass die Nutzung eines Wohnbereichs (etwa Schlafzimmer oder Wohnzimmer) eingeschränkt ist. Eine (psychologische) Blendung wird hingegen angenommen, wenn durch eine Lichtquelle in der Nachbarschaft zwar aufgrund der Entfernung oder Eigenart der Lichtquelle keine oder keine übermäßige Aufhellung erzeugt wird, eine Belästigung aber aus psychologischen Gründen vorliegt. Eine solche Belästigung entsteht durch die ungewollte Ablenkung der Blickrichtung zur Lichtquelle hin, die eine ständige Umadaptation des Auges auslösen kann (vgl. hierzu Nr. 3 Buchst. a und b LAI-Hinweise).
42 
Für die Zumutbarkeit der Raumaufhellung - beschrieben durch die mittlere Beleuchtungsstärke - sehen die LAI-Hinweise für Immissionsorte in reinen, allgemeinen, besonderen Wohngebieten, Kleinsiedlungsgebieten und Erholungsgebieten (Nr. 2 der Tabelle 1) als Richtwert für den Zeitraum von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr 3 lx und für den Zeitraum von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr 1 lx vor. Für Beleuchtungsanlagen mit veränderbaren Betriebszuständen ist der Beleuchtungszustand mit der maximalen Beleuchtungsstärke zu bewerten. In besonders auffälligen Wechsellichtsituationen (z.B. große Schwankungen der Beleuchtungsstärke), die lästiger als zeitig konstantes Licht empfunden werden, sind bei der Beurteilung der Raumaufhellung die Maximalwerte je nach Auffälligkeit mit einem Faktor 2 bis 5 zu multiplizieren und mit den Immissionsrichtwerten der Tabelle 1 zu vergleichen (Nr. 4.1 der LAI-Hinweise). Strahlt die Beleuchtungsanlage intensiv farbiges Licht aus, so ist bei besonderer Auffälligkeit der Messwert mit einem Faktor 2 zu multiplizieren und mit den Immissionsrichtwerten der Tabelle 1 zu vergleichen.
43 
Für die psychologische Blendung ist die mittlere Leuchtdichte der Blendlichtquelle (Ls) , die Umgebungsleuchtdichte (Lu) und der Raumwinkel (Ωs) maßgebend (vgl. LAI-Hinweise Nr. 5.1). Zur Berechnung der Werte für die maximal tolerable mittlere Leuchtdichte (Lmax) werden die Umgebungsleuchtdichte und der Raumwinkel zu einander in Beziehung gesetzt und mit dem in Tabelle 2 für einen bestimmten Immssionsort festgelegten Proportionalitätsfaktor k multipliziert (vgl. Nr. 5.1 der LAI-Hinweise). Die mittlere Leuchtdichte der zu beurteilenden Blendquelle (zu deren Berechnung - gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Wechsellichtsituationen - vgl. Nrn. 5.1 und 5.3.1 der LAI-Hinweise) soll den nach dem zuvor beschriebenen Berechnungsmodus ermittelten Wert für die maximal tolerable mittlere Leuchtdichte nicht überschreiten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Leuchtdichte eine Eigenschaft einer flächigen Lichtquelle ist, die an einem entfernten Ort eine bestimmte Beleuchtungsstärke erzeugt; die Größen sind direkt proportional.
44 
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben erweist sich die streitgegenständliche Videowerbeanlage gegenüber den Klägern nicht als rücksichtslos.
45 
Das von der Beigeladenen eingeholte und auf der Grundlage der LAI-Hinweise erstellte Gutachten des Sachverständigen für Lichttechnik Dr. Ing. ... ... vom 19.02.2007 sowie die von ihm im Weiteren abgegebenen ergänzenden Stellungnahmen und Erläuterungen vom 10.03.2007, 30.09.2009, 26.01.2001 und 23.03.2012 kommen zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die Videowerbeanlage bei einer Einstellung des Betriebsgeräts des Videoboards während der Dunkelstunden auf eine Leuchtdichte („Brightness“) von 2 % die in den LAI-Hinweisen aufgeführten Immissionsrichtwerte einhält. Denn bei dieser Einstellung werde der nach den LAI-Hinweisen im vorliegenden Fall geltende Höchstwert der mittleren Beleuchtungsstärke von Ev = 0,3 lx in jedem Fall eingehalten. Die von dem Videoboard herrührenden Lichtimmissionen würden unter diesen Betriebsbedingungen auch mit Blick auf die maßgebende maximal tolerable Leuchtdichte der Blendlichtquelle alle Anforderungen der LAI-Hinweise erfüllen und demzufolge als zumutbar angesehen. Dies gelte auch für das Haus ... xx. Zwar fehle es insoweit an Messungen. Nach den Berechnungsergebnissen, die auf der Grundlage der für die Anwesen ... xx, xx und xx stattgefundenen Messungen beruhten, würden die Grenzwerte der Lichtrichtlinie bei einer „Brightness“-Einstellung des Videoboards auf 2 % auch für das Haus ... xx weder erreicht noch gar überschritten (vgl. die überzeugende Stellungnahme vom 30.09.2009). Für die Beurteilung der Raumaufhellung und der Berechnung der mittleren Beleuchtungsstärke ist der Gutachter hinsichtlich der Anwesen der Kläger von Nr. 2 der Tabelle 1 der LAI-Hinweise ausgegangen und hat damit - insoweit durchaus zugunsten der Kläger - als Immissionsort ein Wohngebiet zugrunde gelegt. Ferner hat der Gutachter bei der Ermittlung der mittleren Leuchtstärke den nach den LAI-Hinweisen vorgesehenen Faktor 2 für farbiges Licht berücksichtigt und für die Wechsellicht-Situation den höchst möglichen Faktor 5 eingestellt. Auch bei der Beurteilung der Blendung hat der Gutachter für die Ermittlung der mittleren Leuchtdichte mit dem Höchstfaktor 5 gerechnet. Diese Grundannahmen zeigen, dass der Gutachter für die Beurteilung der streitgegenständlichen Videowerbeanlage die Höchstanforderungen der LAI-Hinweise für Lichtimmissionen angelegt hat, seine Berechnungen daher „auf der sicheren Seite“ liegen.
46 
Hinsichtlich der Beschränkung der Leuchtdichte („Brightness“) auf 2 % in den Dunkelstunden hat der Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30.09.2009 ausgeführt, die vom Tageslicht erzeugten Beleuchtungsstärken erreichten Werte bis zu 100.000 lx. Bei Tageslichtberechnungen gehe man meist von einer Beleuchtungsstärke von 5.000 lx aus. Vergleiche man dies mit den bei der Einstellung „Brightness“ = 2 % erzeugten ca. 0,15 lx, erkenne man, dass die Anlage selbst dann nur ca. 3/100.000 der natürlichen Beleuchtungsstärke bewirke. Diese nachvollziehbaren - auch von den Klägern nicht in Zweifel gezogenen - Ausführungen zeigen, dass die Videowerbeanlage hinsichtlich ihrer Lichtimmissionen während der Hellstunden des Tages keine unzumutbare Beeinträchtigung bewirkt, so dass die in der Baugenehmigung nur für die Dunkelstunden ausgesprochene Betriebsbeschränkung keinen rechtlichen Bedenken begegnet. Im Übrigen stellt der Gutachter in seiner Erläuterung vom 23.03.2012 klar, dass die Lichtrichtlinie wie auch die ihr zugrunde liegende LITG-Publikation naturgemäß nur für die Dunkelstunden innerhalb der Zeitgrenzen von 6.00 bis 20.00 Uhr, 20.00 bis 22.00 Uhr und 22.00 bis 6.00 Uhr gelten und gelten können.
47 
Das Gutachten sowie die zu seiner Ergänzung und Erläuterung ergangenen Stellungnahmen geben dem Senat keinen Anlass, an seiner Tragfähigkeit zu zweifeln. Die gutachterlichen Äußerungen weisen weder grobe Mängel noch unlösbare Widersprüche auf noch gehen sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen aus. Ebenso wenig bestehen Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 19.02.2007 - 2 B 19.07 -, Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 49; Beschluss vom 22.12.2011 - 2 B 87.11 -, juris). Insoweit ist auch auf die Ausführungen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg hinzuweisen. Diese teilte nach Übersendung des Gutachtens von Dr. ... durch das Regierungspräsidium Stuttgart am 22.01.2008 mit, dass dieses nicht zu beanstanden sei; die Beurteilung sei fachlich korrekt und nachvollziehbar durchgeführt. Auch die Kläger zeigen im Ergebnis keine Umstände auf, die die Unverwertbarkeit des Gutachtens und der weiteren Stellungnahmen begründen. Ferner stellen sie die Ergebnisse, zu denen der Gutachter gelangt ist, nicht schlüssig in Frage. Allein ihr Einwand, die Messungen seien entgegen Nr. 5.3.1.2 der LAI-Hinweise nicht in den Innenräumen vor dem Fenster vorgenommen wurden, vermag hieran nichts zu ändern. Denn in diesem Fall wäre, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, der Abstand zur Videoanlage noch größer und die Belästigung damit geringer.
48 
Die Vorgaben des Gutachters, die die Einhaltung der LAI-Anforderungen an zumutbare Lichtimmissionen gewährleisten, werden unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten erklärten Änderung und Neufassung der Nebenbestimmung in den Widerspruchsbescheiden des Regierungspräsidiums Stuttgart nunmehr durch die Baugenehmigung vollständig umgesetzt. Nach der neu gefassten Nebenbestimmung Nr. 2 darf in der Zeitspanne, die in Nr. 1 der neu gefassten Nebenbestimmung festgelegt ist, in Dunkelstunden die am Immissionsort (hier: ... xx und ...- ... xx) erzeugte vertikale Beleuchtungsstärke Ev = 0,3 lx nicht überschreiten. Gleichzeitig wird festgelegt, dass dies bei einer Einstellung der Anlage auf 2 % „Brightness“ gewährleistet ist. Damit wird insbesondere die Widersprüchlichkeit in Nr. 2 der Nebenbestimmung in der Fassung der Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidium Stuttgart beseitigt, wonach einerseits die vertikale Beleuchtungsstärke 1 lx nicht überschritten werden durfte und andererseits die Leuchtdichte auf maximal 2 % des möglichen Höchstwertes festgelegt wurde. Der Einwand der Kläger, die Beschränkung der Einstellung der Leuchtdichte des Videoboards auf 2 % beziehe sich lediglich auf die momentan angebrachte Werbeanlage, greift nicht durch. Die Nebenbestimmung bestimmt in Nr. 1 und Nr. 2 Satz 1 zunächst allgemein und damit für alle weiteren Anlagen, dass der Betrieb des City-Boards (Videowerbeanlage) werktags maximal von 06.00 Uhr bis 20.00 Uhr und an Sonntagen, die nicht gesetzliche Feiertage sind, maximal von 09.00 Uhr bis 20.00 Uhr erfolgen und dass in dieser Zeitspanne in Dunkelstunden die am Immissionsort (hier ... xx und xx) erzeugte vertikale Beleuchtungsstärke Ev = 0,3 lx nicht überschritten werden darf. Erst Satz 2 der Nr. 2 bezieht sich auf die verwendete Anlage und konkretisiert, unter welchen Bedingungen diese die Anforderungen nach Satz 1 der Nr. 2 erfüllt. Maßgebend bleibt aber für alle „erdenklichen“ Anlagen die Bestimmung über die Einhaltung der vertikalen Beleuchtungsstärke von 0,3 lx.
49 
Des Weiteren wurde in Nr. 1 Satz 2 der neugefassten Nebenbestimmung festgelegt, dass das Videoboard an gesetzlichen Feiertagen nicht betrieben werden darf, so dass sich der Einwand der Kläger, die Widerspruchsbescheide beinhalteten eine unzulässige Schlechterstellung, insoweit erledigt hat. Im Übrigen überzeugt der Einwand der reformatio in peius schon deshalb nicht, weil die Widerspruchsbehörde die Nebenbestimmung zur Baugenehmigung hinsichtlich des Betriebs an Sonn- und Feiertagen ausschließlich konkretisiert hat, nämlich dahin, dass die zunächst nur die Sonntage betreffende Betriebseinschränkung auch für Feiertage gelte. Denn nach der von der Beklagten erteilten Baugenehmigung - auch in der Fassung der Nebenbestimmung vom 11.07.2007 - hätte die Videowerbeanlage feiertags unbeschränkt betrieben werden können. Ein Verzicht der Beigeladenen auf den Betrieb der Videowerbeanlage an Sonn- und Feiertagen vor der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist nicht ersichtlich.
50 
Bei Einhaltung der nunmehr in Nr. 2 der neugefassten Nebenbestimmung zur Baugenehmigung aufgeführten Bedingungen, die die Beigeladene nach Nr. 3 der in der mündlichen Verhandlung erklärten Nebenbestimmung überdies durch die Vorlage eines Prüfgutachtens nachzuweisen hat, kann von einer erheblichen Belästigung der von der Videowerbeanlage ausgehenden Lichtimmissionen, die die Grenze der Zumutbarkeit überschreiten, nicht ausgegangen werden. Eine andere Beurteilung ist auch nicht insoweit angezeigt, als die Kläger eine Beeinträchtigung auch während derjenigen Tagstunden befürchten, in denen die Helligkeit aufgrund bestimmter Witterungsverhältnisse eingeschränkt ist. In diesen begrenzten Zeiträumen ist es den Klägern im Rahmen des sozialadäquaten und ortsüblichen Eigenschutzes zumutbar, die Auswirkungen der Werbeanlage durch Vorhänge und Rollläden abzufangen. Eine ständige Verdunklung der Räume ist damit nicht verbunden.
51 
II. Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt schließlich auch nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts.
52 
1. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals auf die unzureichenden Bauvorlagen hingewiesen haben, führt dies nicht zum Erfolg ihrer Berufung. Das Verwaltungsgericht hat unter Bezug auf die maßgebende Rechtsprechung insbesondere auch des erkennenden Senats mit zutreffenden Erwägungen ausgeführt, ein mit Blick auf Nachbarschutz rechtlich durchgreifender Verstoß gegen die Vorschriften über die Anforderungen an die Bauvorlagen und den Bauantrag in § 53 LBO liege nicht vor. Trotz gewisser Mängel ergebe sich aus der Baugenehmigung mit der erforderlichen Bestimmtheit, welches Bauvorhaben konkret zur Genehmigung gestanden habe. Insoweit verweist der Senat auf die überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (§ 117 Abs. 5 VwGO).
53 
2. Das Verwaltungsgericht hat ferner zu Recht entschieden, dass sich die Kläger nicht auf einen Verstoß gegen die Gestaltungsvorschriften des § 11 LBO berufen können, weil diese ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit erlassen und daher nicht dazu bestimmt seien, auch den Individualinteressen (insbesondere der Nachbarn) zu dienen. Sie seien demzufolge nicht nachbarschützend. Diese zutreffenden Erwägungen bedürfen seitens des Senats keiner weiteren Vertiefung.
54 
Die Berufung war nach all dem zurückzuweisen.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 2 VwGO. Es entsprach der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn diese hat einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO übernommen (so die nunmehr einheitliche Rechtsprechung aller Bausenate des beschließenden Gerichtshofs, vgl. zuletzt Beschluss vom 10.01.2011 - 8 S 2667/10 -, DVBl. 2011, 315 [Ls.]).
56 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 27. März 2012
58 
Der Streitwert für das Verfahren auf 15.000,-- EUR festgesetzt (§ 39 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffern 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit [Streitwertkatalog 2004, NVwZ 2004, 1327]).
59 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.
29 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
30 
Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 18.07.2006 in der Fassung vom 11.07.2007 verletzt unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten erklärten Änderung und Neufassung der Nebenbestimmung in den Widerspruchsbescheiden des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 26.03.2008 die Kläger weder in bauplanungsrechtlicher (I.) noch in bauordnungsrechtlicher (II.) Hinsicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
I. Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts.
32 
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend grundsätzlich nach § 34 Abs. 1 BauGB. Denn das Vorhabengrundstück Flst.-Nr. ... liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Gebiets, für das außer eines sich auf die Festsetzung von Baulinien beschränkenden Stadtbauplans aus dem Jahr 1885 kein Bebauungsplan existiert.
33 
1. Den Klägern steht kein - auch für ein faktisches Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB grundsätzlich geltender - Anspruch auf Bewahrung der Gebietsart zu. Zwar kommt der Art eines Baugebiets, das nach § 34 Abs. 2 BauGB aufgrund der näheren Umgebung tatsächlich in jeder Hinsicht einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebiete entspricht, ebenso wie der Festsetzung eines Baugebiets durch Bebauungsplan, grundsätzlich nachbarschützende Wirkung zu und der Eigentümer eines im Baugebiet gelegenen Grundstücks hat als Nachbar einen - von tatsächlichen Beeinträchtigungen unabhängigen - Schutzanspruch auf Bewahrung der Gebietsart (sog. Gebietserhaltungsanspruch, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 22.12.2011 - 4 B 32.11 -, BBB 2012, Nr. 4, 60). Der Abwehranspruch des Nachbarn wird grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit der Gebietsart unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierdurch das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebiets eingeleitet wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 - 4 B 60.07 -, NVwZ 2008, 786; Urteil vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, BVerwGE 116, 155 = NVwZ 2002, 1118; Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 -, NVwZ 2002, 1384; Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151). Vorliegend entspricht die Eigenart der näheren Umgebung indessen keinem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete, sondern stellt eine Gemengelage dar, in dem der Gebietserhaltungsanspruch keine Anwendung findet. Insbesondere scheidet eine Einstufung als faktisches allgemeines Wohngebiet aus.
34 
Nach ständiger Rechtsprechung reicht die nähere Umgebung im Sinn dieser Vorschrift so weit, wie sich - erstens - die Ausführung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens auswirken kann und - zweitens - wie die Umgebung ihrerseits die bodenrechtliche Situation des Baugrundstücks prägt (BVerwG, Urteil vom 18.10.1974 - 4 C 77.73 -, NJW 1975, 460; Urteil vom 26.5.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369; Urteil vom 11.2.1993 - 4 C 15.92 -, NVwZ 1994, 285). Sie ist daher nicht auf die in der unmittelbaren Nachbarschaft vorhandene Bebauung beschränkt, sondern bezieht auch die Bebauung in der weiteren Umgebung des Baugrundstücks ein, soweit diese noch prägend auf das Grundstück einwirkt (BVerwG, Urteil vom 19.9.1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34).
35 
Gemessen daran umfasst nach den in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigten Feststellungen des Verwaltungsgerichts Stuttgart in dem Erörterungstermin im Verfahren 2 K 1583/08 am 09.03.2009 die nähere Umgebung des Baugrundstücks außer der ganz überwiegend aus Wohnhäusern bestehenden Bebauung entlang der ... und dem auf dem Baugrundstück selbst vorhandenen Wohnhaus auch das nach Osten an das Baugrundstück grenzende, mit einem Geschäftshaus bebaute Grundstück ... Str. x sowie die nördlich der ... Straße gelegenen, größtenteils ebenfalls gewerblich genutzten Grundstücke. Hierzu zählen eine Filiale des Unternehmens ..., sowie (westlich davon) u.a. eine Videothek und ein Tiernahrungshandel. Weiter westlich, im Gebäude an der Ecke zur Bahnhofsstraße, findet sich eine Bankfiliale. Soweit diese östlich und nördlich des Baugrundstücks vorhandenen gewerbliche Nutzungen in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 2 und 3 BauNVO überhaupt noch zulässig wären, stellen sie jedenfalls in diesem Bereich nach Anzahl, Umfang und Gewicht keine Ausnahme mehr dar, sondern prägen die Umgebung, so dass sich eine Einstufung als allgemeines Wohngebiet verbietet. Hinzu kommt, dass der ... als großflächiger Einzelhandelsbetrieb das Wohnen wesentlich stört, wegen seiner Größe und Auswirkungen wohl nur in einem Kern- oder Sondergebiet zulässig wäre, und aufgrund der vorwiegend gewerblichen Nutzung in diesem Bereich auch nicht als „Ausreißer" angesehen werden kann. Aufgrund der uneinheitlichen Art der Bebauung kann dieser Bereich demnach weder als allgemeines Wohngebiet noch als Mischgebiet qualifiziert werden.
36 
Nach dem damit anzuwendenden § 34 Abs. 1 BauGB hängt die Zulässigkeit des Vorhabens der Beigeladenen - objektiv-rechtlich - davon ab, ob es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Ob das Vorhaben der Beigeladenen diese Voraussetzung in jeder Hinsicht erfüllt (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 16.06.2009 - 4 B 50.08 -, BauR 2009, 1564), kann im Rahmen des vorliegenden Verfahrens dahinstehen, weil § 34 Abs. 1 BauGB nur insoweit nachbarschützende Wirkung hat, als das in dieser Vorschrift im Tatbestandsmerkmal des „Sich-Einfügens" verankerte Rücksichtnahmegebot in seiner drittschützenden Ausprägung verletzt ist (st. Rspr. vgl. BVerwG, Urteil v. 25.02.1977 - IV C 22.75 -, BVerwGE 52, 122; Urteil v. 13.03.1981 - 4 C 1.78 -, DVBI 1981, 928; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 20.03.2012 - 3 S 223/12 -, juris).
37 
Nach welchen Maßstäben eine derartige Rücksichtslosigkeit anzunehmen ist, beurteilt sich, sofern Immissionen als Beeinträchtigungen in Rede stehen, nach den Regelungen des Immissionsschutzrechts. Eine Anlage, deren Immissionen sich in den Grenzen des der Nachbarschaft gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG Zumutbaren halten, erweist sich auch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht als nicht rücksichtslos. Es gibt kein bauplanungsrechtliches Rücksichtnahmegebot, das etwa dem Verursacher von Umwelteinwirkungen mehr an Rücksichtnahme zugunsten der Nachbarn abverlangt, als es das BImSchG gebietet. Dieses Gesetz hat vielmehr die Grenze der Zumutbarkeit für Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme auch für das Baurecht allgemein bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 -, BRS 40 Nr. 206; Urteil vom 27.08.1998 - 4 C 5.98 -, BRS 60 Nr. 83, Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 -, BRS 62 Nr. 86).
38 
Nach § 22 Abs. 1 BImSchG sind - nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz - nicht genehmigungsbedürftige Anlagen (vgl. § 3 Abs. 5 BImSchG) u.a. so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche, nach dem Stand der Technik vermeidbare Umwelteinwirkungen verhindert oder nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Zu den Immissionen zählt nach § 3 Abs. 2 BImSchG u.a. auch auf Menschen einwirkendes Licht. Rechtsverbindliche Vorschriften zur Bestimmung der immissionsschutzrechtlichen Erheblichkeitsgrenzen für Lichtimmissionen fehlen bisher. Die Beurteilung, wann Lichteinwirkungen zu erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft führen, kann nicht anhand allgemein gültiger Grenzwerte und Bewertungsmethoden vorgenommen werden, da solche weder durch Gesetz noch durch Rechtsverordnung bindend geregelt sind.
39 
Die vom Länderausschuss für Immissionsschutz am 10.05.2000 beschlossenen Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen (im Folgenden: LAI-Hinweise) haben keine normative Wirkung und können folglich keine Allgemeinverbindlichkeit für sich beanspruchen (OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 21.12.2006 - 7 B 2193/06 -, BauR 2007, 861; Urteil vom 15.03.2007 - 10 A 998/06 -, DVBl. 2008, 791; Beschluss vom 27.02.2009 - 7 B 1647/08 -, NVwZ-RR 2009, 716).
40 
Die Zumutbarkeit von Lichtimmissionen beurteilt sich daher grundsätzlich nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung zum Gebot der Rücksichtnahme entwickelt hat. Abzustellen ist auf den Grad der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Innen- und Außenwohnbereiche des Nachbarn. Das Maß der Schutzbedürftigkeit in tatsächlicher Hinsicht kann im Einzelfall davon abhängen, ob und inwieweit der Nachbar ohne größeren Aufwand im Rahmen des Ortsüblichen und Sozialadäquaten zumutbare Abschirmmaßnahmen ergreifen kann (zumutbarer Eigenschutz). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Eigenschutz gegen Lichtimmissionen, anders als der Schutz gegen Lärm oder Gerüche, ohne Einbußen für die Wohnqualität häufig durch herkömmliche Maßnahmen wie Vorhänge oder Jalousien innerhalb der Gebäude oder durch Hecken oder Rankgerüste in den Außenwohnbereichen bewerkstelligt werden kann. Dies gilt auch deswegen, weil Lichtimmissionen oft gleichsam zwangsläufige Folge typischer Wohnformen sind und von daher auch akzeptiert werden (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss v. 17.03.1999 - 4 B 14.99 -, BauR 1999, 1279). Andererseits ist die Intensität der Blendwirkung und ist das Gewicht der dem Nachbarn durch die Schutzmaßnahmen abverlangten Nutzungseinschränkungen seines Wohngrundstücks - im Innen- wie im Außenwohnbereich - in Rechnung zu stellen. Schließlich ist im Rahmen der rechtlichen Schutzwürdigkeit der Beteiligten darauf abzustellen, ob die die Blendwirkung auslösenden baulichen Maßnahmen vom materiellen Baurecht gedeckt sind oder nicht. Ob und in welchem Umfang innerhalb dieses Rahmens Abschirmmaßnahmen möglich und im Verhältnis zwischen Grundstücksnachbarn zumutbar sind, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ., Urteil v. 19.07.2007 - 3 S 1654/06 -, VBIBW 2008, 184). Bei Beurteilung dieser Zumutbarkeit scheidet, wie dargelegt, eine Bindung an die LAI-Hinweise mangels Allgemeinverbindlichkeit aus. Mithin dürfen die in ihnen vorgeschlagenen Mess- und Rechenverfahren, Richtwerte sowie Zu- und Abschläge nicht ungeprüft zugrunde gelegt werden. Gleichwohl ist der Senat nicht gehindert, die LAI-Hinweise als sachverständige Beurteilungshilfe und als Bewertungsmaßstab in seine Erwägungen einzubeziehen (so auch OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 21.12.2006 - 7 B 2193/06 -, BauR 2007, 861; Urteil vom 15.03.2007 - 10 A 998/06 -, DVBl. 2008, 791; Beschluss vom 27.02.2009 - 7 B 1647/08 -, NVwZ-RR 2009, 716).
41 
Die LAI-Hinweise gehen von dem nachvollziehbaren und den Senat überzeugenden Ansatz aus, dass zu den maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung der durch Lichtimmissionen verursachten Belästigungen zum einen die Raumaufhellung und zum anderen die als psychologische Blendung bezeichnete Störempfindung gehören. Eine Raumaufhellung ist dann anzunehmen, wenn die Immission des Lichts zu einer signifikant erhöhten Helligkeit des Raumes mit der Folge führt, dass die Nutzung eines Wohnbereichs (etwa Schlafzimmer oder Wohnzimmer) eingeschränkt ist. Eine (psychologische) Blendung wird hingegen angenommen, wenn durch eine Lichtquelle in der Nachbarschaft zwar aufgrund der Entfernung oder Eigenart der Lichtquelle keine oder keine übermäßige Aufhellung erzeugt wird, eine Belästigung aber aus psychologischen Gründen vorliegt. Eine solche Belästigung entsteht durch die ungewollte Ablenkung der Blickrichtung zur Lichtquelle hin, die eine ständige Umadaptation des Auges auslösen kann (vgl. hierzu Nr. 3 Buchst. a und b LAI-Hinweise).
42 
Für die Zumutbarkeit der Raumaufhellung - beschrieben durch die mittlere Beleuchtungsstärke - sehen die LAI-Hinweise für Immissionsorte in reinen, allgemeinen, besonderen Wohngebieten, Kleinsiedlungsgebieten und Erholungsgebieten (Nr. 2 der Tabelle 1) als Richtwert für den Zeitraum von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr 3 lx und für den Zeitraum von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr 1 lx vor. Für Beleuchtungsanlagen mit veränderbaren Betriebszuständen ist der Beleuchtungszustand mit der maximalen Beleuchtungsstärke zu bewerten. In besonders auffälligen Wechsellichtsituationen (z.B. große Schwankungen der Beleuchtungsstärke), die lästiger als zeitig konstantes Licht empfunden werden, sind bei der Beurteilung der Raumaufhellung die Maximalwerte je nach Auffälligkeit mit einem Faktor 2 bis 5 zu multiplizieren und mit den Immissionsrichtwerten der Tabelle 1 zu vergleichen (Nr. 4.1 der LAI-Hinweise). Strahlt die Beleuchtungsanlage intensiv farbiges Licht aus, so ist bei besonderer Auffälligkeit der Messwert mit einem Faktor 2 zu multiplizieren und mit den Immissionsrichtwerten der Tabelle 1 zu vergleichen.
43 
Für die psychologische Blendung ist die mittlere Leuchtdichte der Blendlichtquelle (Ls) , die Umgebungsleuchtdichte (Lu) und der Raumwinkel (Ωs) maßgebend (vgl. LAI-Hinweise Nr. 5.1). Zur Berechnung der Werte für die maximal tolerable mittlere Leuchtdichte (Lmax) werden die Umgebungsleuchtdichte und der Raumwinkel zu einander in Beziehung gesetzt und mit dem in Tabelle 2 für einen bestimmten Immssionsort festgelegten Proportionalitätsfaktor k multipliziert (vgl. Nr. 5.1 der LAI-Hinweise). Die mittlere Leuchtdichte der zu beurteilenden Blendquelle (zu deren Berechnung - gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Wechsellichtsituationen - vgl. Nrn. 5.1 und 5.3.1 der LAI-Hinweise) soll den nach dem zuvor beschriebenen Berechnungsmodus ermittelten Wert für die maximal tolerable mittlere Leuchtdichte nicht überschreiten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Leuchtdichte eine Eigenschaft einer flächigen Lichtquelle ist, die an einem entfernten Ort eine bestimmte Beleuchtungsstärke erzeugt; die Größen sind direkt proportional.
44 
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben erweist sich die streitgegenständliche Videowerbeanlage gegenüber den Klägern nicht als rücksichtslos.
45 
Das von der Beigeladenen eingeholte und auf der Grundlage der LAI-Hinweise erstellte Gutachten des Sachverständigen für Lichttechnik Dr. Ing. ... ... vom 19.02.2007 sowie die von ihm im Weiteren abgegebenen ergänzenden Stellungnahmen und Erläuterungen vom 10.03.2007, 30.09.2009, 26.01.2001 und 23.03.2012 kommen zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die Videowerbeanlage bei einer Einstellung des Betriebsgeräts des Videoboards während der Dunkelstunden auf eine Leuchtdichte („Brightness“) von 2 % die in den LAI-Hinweisen aufgeführten Immissionsrichtwerte einhält. Denn bei dieser Einstellung werde der nach den LAI-Hinweisen im vorliegenden Fall geltende Höchstwert der mittleren Beleuchtungsstärke von Ev = 0,3 lx in jedem Fall eingehalten. Die von dem Videoboard herrührenden Lichtimmissionen würden unter diesen Betriebsbedingungen auch mit Blick auf die maßgebende maximal tolerable Leuchtdichte der Blendlichtquelle alle Anforderungen der LAI-Hinweise erfüllen und demzufolge als zumutbar angesehen. Dies gelte auch für das Haus ... xx. Zwar fehle es insoweit an Messungen. Nach den Berechnungsergebnissen, die auf der Grundlage der für die Anwesen ... xx, xx und xx stattgefundenen Messungen beruhten, würden die Grenzwerte der Lichtrichtlinie bei einer „Brightness“-Einstellung des Videoboards auf 2 % auch für das Haus ... xx weder erreicht noch gar überschritten (vgl. die überzeugende Stellungnahme vom 30.09.2009). Für die Beurteilung der Raumaufhellung und der Berechnung der mittleren Beleuchtungsstärke ist der Gutachter hinsichtlich der Anwesen der Kläger von Nr. 2 der Tabelle 1 der LAI-Hinweise ausgegangen und hat damit - insoweit durchaus zugunsten der Kläger - als Immissionsort ein Wohngebiet zugrunde gelegt. Ferner hat der Gutachter bei der Ermittlung der mittleren Leuchtstärke den nach den LAI-Hinweisen vorgesehenen Faktor 2 für farbiges Licht berücksichtigt und für die Wechsellicht-Situation den höchst möglichen Faktor 5 eingestellt. Auch bei der Beurteilung der Blendung hat der Gutachter für die Ermittlung der mittleren Leuchtdichte mit dem Höchstfaktor 5 gerechnet. Diese Grundannahmen zeigen, dass der Gutachter für die Beurteilung der streitgegenständlichen Videowerbeanlage die Höchstanforderungen der LAI-Hinweise für Lichtimmissionen angelegt hat, seine Berechnungen daher „auf der sicheren Seite“ liegen.
46 
Hinsichtlich der Beschränkung der Leuchtdichte („Brightness“) auf 2 % in den Dunkelstunden hat der Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30.09.2009 ausgeführt, die vom Tageslicht erzeugten Beleuchtungsstärken erreichten Werte bis zu 100.000 lx. Bei Tageslichtberechnungen gehe man meist von einer Beleuchtungsstärke von 5.000 lx aus. Vergleiche man dies mit den bei der Einstellung „Brightness“ = 2 % erzeugten ca. 0,15 lx, erkenne man, dass die Anlage selbst dann nur ca. 3/100.000 der natürlichen Beleuchtungsstärke bewirke. Diese nachvollziehbaren - auch von den Klägern nicht in Zweifel gezogenen - Ausführungen zeigen, dass die Videowerbeanlage hinsichtlich ihrer Lichtimmissionen während der Hellstunden des Tages keine unzumutbare Beeinträchtigung bewirkt, so dass die in der Baugenehmigung nur für die Dunkelstunden ausgesprochene Betriebsbeschränkung keinen rechtlichen Bedenken begegnet. Im Übrigen stellt der Gutachter in seiner Erläuterung vom 23.03.2012 klar, dass die Lichtrichtlinie wie auch die ihr zugrunde liegende LITG-Publikation naturgemäß nur für die Dunkelstunden innerhalb der Zeitgrenzen von 6.00 bis 20.00 Uhr, 20.00 bis 22.00 Uhr und 22.00 bis 6.00 Uhr gelten und gelten können.
47 
Das Gutachten sowie die zu seiner Ergänzung und Erläuterung ergangenen Stellungnahmen geben dem Senat keinen Anlass, an seiner Tragfähigkeit zu zweifeln. Die gutachterlichen Äußerungen weisen weder grobe Mängel noch unlösbare Widersprüche auf noch gehen sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen aus. Ebenso wenig bestehen Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 19.02.2007 - 2 B 19.07 -, Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 49; Beschluss vom 22.12.2011 - 2 B 87.11 -, juris). Insoweit ist auch auf die Ausführungen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg hinzuweisen. Diese teilte nach Übersendung des Gutachtens von Dr. ... durch das Regierungspräsidium Stuttgart am 22.01.2008 mit, dass dieses nicht zu beanstanden sei; die Beurteilung sei fachlich korrekt und nachvollziehbar durchgeführt. Auch die Kläger zeigen im Ergebnis keine Umstände auf, die die Unverwertbarkeit des Gutachtens und der weiteren Stellungnahmen begründen. Ferner stellen sie die Ergebnisse, zu denen der Gutachter gelangt ist, nicht schlüssig in Frage. Allein ihr Einwand, die Messungen seien entgegen Nr. 5.3.1.2 der LAI-Hinweise nicht in den Innenräumen vor dem Fenster vorgenommen wurden, vermag hieran nichts zu ändern. Denn in diesem Fall wäre, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, der Abstand zur Videoanlage noch größer und die Belästigung damit geringer.
48 
Die Vorgaben des Gutachters, die die Einhaltung der LAI-Anforderungen an zumutbare Lichtimmissionen gewährleisten, werden unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten erklärten Änderung und Neufassung der Nebenbestimmung in den Widerspruchsbescheiden des Regierungspräsidiums Stuttgart nunmehr durch die Baugenehmigung vollständig umgesetzt. Nach der neu gefassten Nebenbestimmung Nr. 2 darf in der Zeitspanne, die in Nr. 1 der neu gefassten Nebenbestimmung festgelegt ist, in Dunkelstunden die am Immissionsort (hier: ... xx und ...- ... xx) erzeugte vertikale Beleuchtungsstärke Ev = 0,3 lx nicht überschreiten. Gleichzeitig wird festgelegt, dass dies bei einer Einstellung der Anlage auf 2 % „Brightness“ gewährleistet ist. Damit wird insbesondere die Widersprüchlichkeit in Nr. 2 der Nebenbestimmung in der Fassung der Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidium Stuttgart beseitigt, wonach einerseits die vertikale Beleuchtungsstärke 1 lx nicht überschritten werden durfte und andererseits die Leuchtdichte auf maximal 2 % des möglichen Höchstwertes festgelegt wurde. Der Einwand der Kläger, die Beschränkung der Einstellung der Leuchtdichte des Videoboards auf 2 % beziehe sich lediglich auf die momentan angebrachte Werbeanlage, greift nicht durch. Die Nebenbestimmung bestimmt in Nr. 1 und Nr. 2 Satz 1 zunächst allgemein und damit für alle weiteren Anlagen, dass der Betrieb des City-Boards (Videowerbeanlage) werktags maximal von 06.00 Uhr bis 20.00 Uhr und an Sonntagen, die nicht gesetzliche Feiertage sind, maximal von 09.00 Uhr bis 20.00 Uhr erfolgen und dass in dieser Zeitspanne in Dunkelstunden die am Immissionsort (hier ... xx und xx) erzeugte vertikale Beleuchtungsstärke Ev = 0,3 lx nicht überschritten werden darf. Erst Satz 2 der Nr. 2 bezieht sich auf die verwendete Anlage und konkretisiert, unter welchen Bedingungen diese die Anforderungen nach Satz 1 der Nr. 2 erfüllt. Maßgebend bleibt aber für alle „erdenklichen“ Anlagen die Bestimmung über die Einhaltung der vertikalen Beleuchtungsstärke von 0,3 lx.
49 
Des Weiteren wurde in Nr. 1 Satz 2 der neugefassten Nebenbestimmung festgelegt, dass das Videoboard an gesetzlichen Feiertagen nicht betrieben werden darf, so dass sich der Einwand der Kläger, die Widerspruchsbescheide beinhalteten eine unzulässige Schlechterstellung, insoweit erledigt hat. Im Übrigen überzeugt der Einwand der reformatio in peius schon deshalb nicht, weil die Widerspruchsbehörde die Nebenbestimmung zur Baugenehmigung hinsichtlich des Betriebs an Sonn- und Feiertagen ausschließlich konkretisiert hat, nämlich dahin, dass die zunächst nur die Sonntage betreffende Betriebseinschränkung auch für Feiertage gelte. Denn nach der von der Beklagten erteilten Baugenehmigung - auch in der Fassung der Nebenbestimmung vom 11.07.2007 - hätte die Videowerbeanlage feiertags unbeschränkt betrieben werden können. Ein Verzicht der Beigeladenen auf den Betrieb der Videowerbeanlage an Sonn- und Feiertagen vor der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist nicht ersichtlich.
50 
Bei Einhaltung der nunmehr in Nr. 2 der neugefassten Nebenbestimmung zur Baugenehmigung aufgeführten Bedingungen, die die Beigeladene nach Nr. 3 der in der mündlichen Verhandlung erklärten Nebenbestimmung überdies durch die Vorlage eines Prüfgutachtens nachzuweisen hat, kann von einer erheblichen Belästigung der von der Videowerbeanlage ausgehenden Lichtimmissionen, die die Grenze der Zumutbarkeit überschreiten, nicht ausgegangen werden. Eine andere Beurteilung ist auch nicht insoweit angezeigt, als die Kläger eine Beeinträchtigung auch während derjenigen Tagstunden befürchten, in denen die Helligkeit aufgrund bestimmter Witterungsverhältnisse eingeschränkt ist. In diesen begrenzten Zeiträumen ist es den Klägern im Rahmen des sozialadäquaten und ortsüblichen Eigenschutzes zumutbar, die Auswirkungen der Werbeanlage durch Vorhänge und Rollläden abzufangen. Eine ständige Verdunklung der Räume ist damit nicht verbunden.
51 
II. Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt schließlich auch nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts.
52 
1. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals auf die unzureichenden Bauvorlagen hingewiesen haben, führt dies nicht zum Erfolg ihrer Berufung. Das Verwaltungsgericht hat unter Bezug auf die maßgebende Rechtsprechung insbesondere auch des erkennenden Senats mit zutreffenden Erwägungen ausgeführt, ein mit Blick auf Nachbarschutz rechtlich durchgreifender Verstoß gegen die Vorschriften über die Anforderungen an die Bauvorlagen und den Bauantrag in § 53 LBO liege nicht vor. Trotz gewisser Mängel ergebe sich aus der Baugenehmigung mit der erforderlichen Bestimmtheit, welches Bauvorhaben konkret zur Genehmigung gestanden habe. Insoweit verweist der Senat auf die überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (§ 117 Abs. 5 VwGO).
53 
2. Das Verwaltungsgericht hat ferner zu Recht entschieden, dass sich die Kläger nicht auf einen Verstoß gegen die Gestaltungsvorschriften des § 11 LBO berufen können, weil diese ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit erlassen und daher nicht dazu bestimmt seien, auch den Individualinteressen (insbesondere der Nachbarn) zu dienen. Sie seien demzufolge nicht nachbarschützend. Diese zutreffenden Erwägungen bedürfen seitens des Senats keiner weiteren Vertiefung.
54 
Die Berufung war nach all dem zurückzuweisen.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 2 VwGO. Es entsprach der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn diese hat einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO übernommen (so die nunmehr einheitliche Rechtsprechung aller Bausenate des beschließenden Gerichtshofs, vgl. zuletzt Beschluss vom 10.01.2011 - 8 S 2667/10 -, DVBl. 2011, 315 [Ls.]).
56 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 27. März 2012
58 
Der Streitwert für das Verfahren auf 15.000,-- EUR festgesetzt (§ 39 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffern 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit [Streitwertkatalog 2004, NVwZ 2004, 1327]).
59 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.