Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 20. März 2017 - 2 L 84/16

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2017:0320.2L84.16.0A
bei uns veröffentlicht am20.03.2017

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt die anteilige Erstattung von Kosten für den Ausbau einer Umleitungsstrecke, die im Zuge des Ausbaus der Ortsdurchfahrt der Bundesstraße B 71 in M-Stadt, einem Ortsteil der Beklagten, eingerichtet wurde.

2

Im Rahmen der Planung schlossen die Klägerin, vertreten durch das Land Sachsen-Anhalt (Bundesstraßenbauverwaltung), dieses vertreten durch den Landesbetrieb Bau, und das Land Sachsen-Anhalt (Landesstraßenbauverwaltung), dieses ebenfalls vertreten durch den Landesbetrieb Bau, am 27.06.2008 eine "Umleitungsvereinbarung", nach der der Verkehr von der Bundesstraße aus Richtung Magdeburg kommend aufgrund einer erforderlichen halbseitigen Sperrung auf die Landesstraßen L 1 und L 15 umgeleitet werden sollte. Nach § 2 Ziffer 1 dieser Vereinbarung ist gemäß § 14 Abs. 3 FStrG durch den Bund im Benehmen mit dem Land festzustellen, welche Maßnahmen notwendig sind, um die Umleitungsstrecke für die Aufnahme des zusätzlichen Verkehrs verkehrssicher zu machen. Die hierfür notwendigen Mehraufwendungen sollten dem Land erstattet werden.

3

Am 17.07./24.07.2008 schlossen die Klägerin, vertreten durch den Landesbetrieb Bau Sachsen-Anhalt, und die Beklagte eine Vereinbarung über den Ausbau der Ortsdurchfahrt M-Stadt der B 71 als Gemeinschaftsmaßnahme gemäß Nr. 12 (1) der Ortsdurchfahrtsrichtlinien (ODR) zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse (nachfolgend: OD-Vereinbarung). In den §§ 2 bis 6 der OD-Vereinbarung wurde im Einzelnen geregelt, wie die Kosten für die Durchführung der Baumaßnahme, für die Befestigung, für die Oberflächenentwässerungsanlagen, für die Kreuzungen und Einmündungen sowie für die Änderung von Versorgungsanlagen zwischen den Vertragsparteien aufgeteilt werden. Nach § 10 Abs. 4 der OD-Vereinbarung sollten die anfallenden Umleitungskosten für die verkehrssichere Herrichtung und Unterhaltung der überörtlichen Umleitungsstrecke über die L 1 und L 15 im Verhältnis der anteiligen Baukosten zwischen der Bauverwaltung des Bundes und der Beklagten geteilt werden. Hierfür sollte eine gesonderte Umleitungsvereinbarung geschlossen werden.

4

Mit Schlussrechnung vom 31.03.2010 stellte das bauausführende Unternehmen dem Landesbetrieb Bau Kosten in Höhe von insgesamt 2.869.522,10 € in Rechnung. Davon entfiel ein Betrag in Höhe von 967.595,02 € auf die zusätzlichen Kosten für Leistungen an der Umleitungsstrecke (ohne die Kosten für das Verkehrssicherungsmaterial im Bereich der Umleitungsstrecke).

5

Die von der Klägerin erhobene Klage auf Zahlung eines Teilbetrages in Höhe von 294.046,31 €, den sie nach dem Verhältnis der von den Beteiligten jeweils zu tragenden Kosten für den Ausbau der Ortsdurchfahrt errechnete, hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

6

Die Klägerin habe den geltend gemachten Zahlungsanspruch nicht. Er ergebe sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz, insbesondere nicht aus § 14 Abs. 3 FStrG, der den vorliegenden Fall nicht regele. Den Anspruch könne die Klägerin auch nicht auf § 10 Abs. 4 der OD-Vereinbarung stützen, weil § 10 Abs. 4 Satz 2 bestimme, dass für die Verteilung der Umleitungskosten eine gesonderte Umleitungsvereinbarung geschlossen werde, die aber nicht zustande gekommen sei. Die zwischen der Klägerin und dem Land Sachsen-Anhalt getroffene Umleitungsvereinbarung vom 27.06.2008 könne nicht die Umleitungsvereinbarung im Sinne des § 10 Abs. 4 Satz 2 der OD-Vereinbarung sein, weil sie keine Regelung zur Verteilung der Umleitungskosten zwischen der Klägerin und der Beklagten enthalte und zudem fast einen Monat zuvor abgeschlossen worden sei. Dem könne die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, beim Abschluss der OD-Vereinbarung sei es wegen Änderungswünschen zu Verzögerungen gekommen, während die Umleitungsvereinbarung zwischen ihr und dem Land Sachsen-Anhalt sofort habe geschlossen werden können. Offen bleiben könne, ob die Umleitungsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 181 BGB i.V.m. § 62 Satz 2 VwVfG möglicherweise deshalb nichtig sei, weil der Landebetrieb Bau bei Abschluss dieser Vereinbarung für beide Vertragsparteien aufgetreten sei. Diese Umleitungsvereinbarung könne jedenfalls deshalb nicht die in § 10 Abs. 4 Satz 2 der OD-Vereinbarung genannte Umleitungsvereinbarung sein, weil nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut eine Umleitungsvereinbarung erst noch habe abgeschlossen werden sollen. Der von der Klägerin angeführte zeitliche Aspekt überzeuge nicht. Da es nach dem Vortrag der Klägerin bereits einen Entwurf der OD-Vereinbarung gegeben habe, hätte es nahe gelegen, den Text des § 10 Abs. 4 Satz 2 der OD-Vereinbarung anzupassen, falls damit – wie die Klägerin behaupte – die Umleitungsvereinbarung vom 27.06.2008 gemeint wäre. Eine derartige Änderung hätte auch nur von der Klägerin veranlasst werden können, weil die Beklagte erst mit Zustellung der Klageschrift von dieser Vereinbarung Kenntnis erlangt habe. Im Übrigen hätte es auch nahe gelegen, die bereits abgeschlossene Vereinbarung vom 27.06.2008 als Anlage zur OD-Vereinbarung zu nehmen. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass eine Umleitungsvereinbarung nur zwischen dem Träger der Straßenbaulast, der eine Umleitungsstrecke errichten wolle, und dem Träger der Straßenbaulast, dessen Straßen dafür in Anspruch genommen werde, geschlossen werden könne. Der Begriff "Umleitungsvereinbarung" sei kein gesetzlich definierter Begriff, so dass er nicht zwingend so verstanden werden müsse, wie ihn die Klägerin definiere.

II.

7

A. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

8

1. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor. Solche Zweifel bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.07.2013 – 1 BvR 3057/11 –, NJW 2013, 3506, RdNr. 36 in juris, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

9

1.1. Die Klägerin macht geltend, § 14 Abs. 3 FStrG finde entgegen der Auffassung der Vorinstanz Anwendung, weil die hier geltend gemachten Kosten gegenüber dem Land Sachsen-Anhalt auszugleichen seien. Die Ausgleichspflicht schlage auch auf das Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten durch, weil beide Beteiligte durch die OD-Vereinbarung auch die Aufteilung der Kosten der Umleitungstrecke geregelt hätten. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

10

Gemäß § 14 Abs. 3 FStrG ist im Benehmen mit dem Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke festzustellen, was notwendig ist, um die Umleitungsstrecke für die Aufnahme des zusätzlichen Verkehrs verkehrssicher zu machen. Die hierfür nötigen Mehraufwendungen sind dem Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke zu erstatten. Das gilt auch für Aufwendungen, die der Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke zur Beseitigung wesentlicher durch die Umleitung verursachter Schäden machen muss. § 14 Abs. 3 Satz 2 FStrG begründet eine Pflicht zur Erstattung von Aufwendungen für die umleitungsbedingten baulichen Maßnahmen. Erstattungspflichtig ist der Baulastträger, der die Umleitung veranlasst; will dieser die Arbeiten selbst durchführen lassen, bedarf es insoweit einer (Verwaltungs-)Vereinbarung zwischen den beiden Baulastträgern (Netter, in: Marschall, FStrG, 6. Aufl., § 14 RdNr. 14). Die Regelung betrifft das Verhältnis zwischen dem Baulastträger, der die Umleitung veranlasst hat, und dem Baulastträger, dessen Straße für die Umleitung in Anspruch genommen wird. Eine Ausgleichspflicht zwischen zwei die Umleitung veranlassenden Baulastträgern oder zwischen dem die Umleitung veranlassenden und einem weiteren Baulastträger der gesperrten Bundesstraße (wie in den Fällen des § 5 Abs. 3 FStrG) im Innenverhältnis regelt die Vorschrift hingegen nach ihrem klaren Wortlaut nicht.

11

1.2. Die Klägerin macht weiter geltend, sie habe mit der Beklagten in der OD-Vereinbarung die Aufteilung der Kosten für die Umleitungsstrecke vereinbart. Eine Umleitungsvereinbarung im Sinne von § 10 Abs. 4 Satz 2 der OD-Vereinbarung sei nur zwischen dem Vorhabenträger und dem Straßenbaulastträger der Umleitungsstrecke zu schließen gewesen, was auch geschehen sei. Eine Umleitungsvereinbarung beinhalte entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts keine Vereinbarung über die Höhe der Kosten der Umleitungsstrecke und auch nicht die Aufteilung der Kostenverpflichtung der jeweiligen Straßenbaulastträger der gesperrten Straße. Der Ausgleichsanspruch des Landes Sachsen-Anhalt sei im Innenverhältnis zwischen ihr und der Beklagten durch die OD-Vereinbarung im Verhältnis der entstehenden Baukosten und der jeweiligen Beteiligung der Maßnahmenträger aufgeteilt worden. Der Abschluss einer Umleitungsvereinbarung sei nicht notwendiger Bestandteil für die Zahlungsverpflichtung gewesen, da in der OD-Vereinbarung konkret der prozentuale Anteil errechnet worden sei, den die Beklagte tragen müsse. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit ihrer Darstellung auseinandergesetzt, weshalb es erst zu einem späteren Abschluss der Umleitungsvereinbarung gekommen sei, und lasse offen, welchen Inhalt eine Umleitungsvereinbarung zwischen ihr und der Beklagten hätte haben müssen oder können. Zwar wäre eine Änderung des Textes in § 10 Abs. 4 Satz 2 der OD-Vereinbarung möglich gewesen. Da man jedoch von einem Abschluss der OD-Vereinbarung vor Abschluss der Umleitungsvereinbarung ausgegangen sei, sei die Formulierung so gewählt worden. Zwar sei der Begriff der "Umleitungsvereinbarung" gesetzlich nicht definiert. Aus dem Wortlaut ergebe sich aber, dass darin Vereinbarungen über die Nutzung der Umleitungsstrecke über den Gemeingebrauch hinaus geschlossen werden. Inwieweit dies zwischen ihr und der Beklagten hätte geschehen sollen, lasse das Verwaltungsgericht offen. Mit diesen Einwänden vermag die Klägerin nicht durchzudringen.

12

Auch ein öffentlicher-rechtlicher Vertrag ist gemäß §§ 133, 157 BGB unter Beachtung der Gebote von Treu und Glauben auszulegen. Neben dem Wortlaut und dem daraus zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen kommt es auf den mit dem Rechtsgeschäft verfolgten Zweck einer Regelung, die beiderseitige Interessenlage und die Begleitumstände der Vereinbarung an. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führt (vgl. Beschl. d. Senats v. 18.12.2014 – 2 L 78/12 –, juris, RdNr. 48, m.w.N.). Es kommt daher nicht darauf an, wie ein Vertragspartner eine von ihm (vor-)formulierte vertragliche Regelung verstanden wissen will; maßgeblich ist allein der objektive Empfängerhorizont.

13

Aus dem Wortlaut des hier streitigen § 10 Abs. 4 Satz 1 der OD-Vereinbarung ergibt sich zwar mit hinreichender Klarheit, dass die Beklagte einen Teil der Kosten tragen sollte, die für die bauliche Herrichtung der Umleitungsstrecke entstehen, und zwar nach dem Verhältnis der Baukosten, die die Klägerin und die Beklagte für den Ausbau der Ortsdurchfahrt der B 71 als Gemeinschaftsmaßnahme nach den §§ 2 bis 6 der OD-Vereinbarung zu tragen haben. Ohne den folgenden Satz 2 wäre die Regelung eindeutig und nicht auslegungsbedürftig.

14

Der Wortlaut des Satzes 2, dass "hierfür" eine gesonderte Umleitungsvereinbarung geschlossen wird, spricht aber für die Auslegung des Verwaltungsgerichts, dass ein Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte den Abschluss einer weiteren Vereinbarung zwischen diesen Vertragsparteien bezüglich der Umleitungsstrecke voraussetzt. Dass damit – wie die Klägerin geltend macht – eine Vereinbarung zwischen ihr und dem Land Sachsen-Anhalt gemeint war, lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen; zumal die von ihr angeführte Umleitungsvereinbarung vom 27.06.2008 im Zeitpunkt des Abschlusses der OD-Vereinbarung bereits abgeschlossen war. Es mag sein, dass es beim Abschluss der OD-Vereinbarung zu Verzögerungen kam. Dann aber hätte es der Klägerin oblegen, den Vertragstext entsprechend anzupassen und für den Vertragspartner bzw. den objektiven Empfängerhorizont eindeutig zu fassen. Die Klägerin hat auch keine Umstände dargelegt, aufgrund der die Beklagte den Schluss hätte ziehen müssen, dass die nach § 10 Abs. 4 Satz 2 der OD-Vereinbarung noch zu schließende gesonderte Umleitungsvereinbarung eine Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Land Sachsen-Anhalt sein soll, die bereits vorlag, wie etwa Gespräche im Vorfeld oder anlässlich des Abschlusses der OD-Vereinbarung. Zwar mag eine "Umleitungs"-Vereinbarung nach dem Wortsinn regelmäßig vor allem Regelungen über die Nutzung einer Umleitungsstrecke beinhalten. Gleichwohl kann die Regelung in § 10 Abs. 4 Satz 2 der OD-Vereinbarung so verstanden werden, dass die Beklagte an einer solchen Vereinbarung als Vertragspartner beteiligt werden sollte. Dafür spricht insbesondere die Verwendung des Wortes "hierfür".

15

Eine solche gesonderte Umleitungsvereinbarung, an der auch die Beklagte als Vertragspartner beteiligt ist, erscheint nicht deshalb von vornherein überflüssig, weil § 10 Abs. 4 Satz 1 der OD-Vereinbarung eine Kostenaufteilung nach den Anteilen der Baukostenanteile für den Ausbau der Ortsdurchfahrt enthält, so dass sich der von der Beklagten zu erstattende Betrag ohne weitere vertragliche Regelungen anhand der vorliegenden Unternehmerrechnung(en) bestimmen ließe. Der Ausgleichsanspruch, den der Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke gegen den Träger der Straßenbaulast der gesperrten Straße als Veranlasser der Umleitung nach § 14 Abs. 3 Satz 2 FStrG hat, ist beschränkt auf die Mehraufwendungen, die durch die notwendigen Maßnahmen zur Herstellung der Verkehrssicherheit auf der Umleitungsstrecke anfallen, sowie auf die Aufwendungen zur Beseitigung wesentlicher durch die Umleitung verursachter Schäden; er umfasst insbesondere nicht die Aufwendungen, die auch ohne die Umleitung angefallen wären (vgl. Stahlhut, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. Kap. 24, RdNr. 11.2). Dem entsprechend verlangt § 14 Abs. 3 Satz 1 FStrG, dass zuvor im Benehmen mit dem Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke festzustellen ist, was notwendig ist, um die Umleitungsstrecke für die Aufnahme des zusätzlichen Verkehrs verkehrssicher zu machen. Dadurch wird u.a. sichergestellt, dass an der Umleitungsstrecke keine Maßnahmen durchgeführt werden, die über die Herstellung der Verkehrssicherheit der Umleitungsstrecke hinausgehen, und nicht etwa auf Kosten des Baulastträgers der gesperrten Straße eine "Generalüberholung" der Fahrbahn der Umleitungsstrecke vorgenommen wird (vgl. Netter, a.a.O., RdNr. 13). Ist nicht nur ein Träger der Straßenbaulast an der Baumaßnahme beteiligt, deretwegen die Umleitung eingerichtet wird, sondern liegt – wie hier bei der auszubauenden Ortsdurchfahrt von Bundesstraßen – gemäß § 5 Abs. 1 und 3 FStrG die Straßenbaulast für die Fahrbahn und Radwege beim Bund, die Straßenbaulast für die Gehwege und Parkplätze hingegen bei der Gemeinde, erscheint es durchaus sachgerecht, auch die betroffene Gemeinde in die Feststellung, ob und welche Maßnahmen zur Herstellung der Verkehrssicherheit an der Umleitungsstrecke notwendig sind, jedenfalls dann einzubeziehen, wenn sie einen Teil der Kosten für die Herrichtung der Umleitungsstrecke tragen soll. Dem entsprechend macht eine vertragliche Regelung, nach der auch die Gemeinde Vertragspartner der Umleitungsvereinbarung werden soll, durchaus Sinn. Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – ein und dieselbe Behörde sowohl den die Umleitung veranlassenden Baulastträger als auch den Baulastträger der Umleitungsstrecke bei Abschluss der Umleitungsvereinbarung vertritt. Der Inhalt einer solchen Umleitungsvereinbarung muss sich, wie die Vereinbarung vom 27.06.2008 zeigt, nicht auf den Verlauf und die Nutzung der Umleitungsstrecke beschränken, sondern kann auch Regelungen zur Erstattung von Mehraufwendungen enthalten. Ferner könnte bestimmt werden, dass die Gemeinde an der Feststellung über die Notwendigkeit von Maßnahme an der Umleitungsstrecke beteiligt wird.

16

2. Die Rechtssache weist auch nicht die von der Klägerin geltend gemachten besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.

17

Besondere Schwierigkeiten liegen nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 02.12.2015 – 2 L 4/15 –, juris, RdNr. 27) vor bei erheblich über dem Durchschnitt liegender Komplexität der Rechtssache, im Tatsächlichen besonders bei wirtschaftlichen, technischen und wissenschaftlichen Zusammenhängen, wenn der Sachverhalt schwierig zu überschauen oder zu ermitteln ist, im Rechtlichen bei neuartigen oder ausgefallenen Rechtsfragen.

18

Schwierigkeiten dieser Art zeigt die Klägerin in der Zulassungsschrift nicht auf. Ob sich eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten aus der OD-Vereinbarung ergibt, lässt sich mit Hilfe der üblichen, oben dargelegten Auslegungsregeln ermitteln, ohne dass es hierzu der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfte. Gleiches gilt für den Begriff der "Umleitungsvereinbarung".

19

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

20

III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.


Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 20. März 2017 - 2 L 84/16

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 20. März 2017 - 2 L 84/16

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 20. März 2017 - 2 L 84/16 zitiert 11 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


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Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllu

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 5 Träger der Straßenbaulast


(1) Der Bund ist Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. Bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen Dritter bleiben unberührt

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 62 Ergänzende Anwendung von Vorschriften


Soweit sich aus den §§ 54 bis 61 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 14 Umleitungen


(1) Bei Sperrung von Bundesfernstraßen wegen vorübergehender Behinderung sind die Träger der Straßenbaulast anderer öffentlicher Straßen verpflichtet, die Umleitung des Verkehrs auf ihren Straßen zu dulden. (2) Der Träger der Straßenbaulast der U

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(1) Bei Sperrung von Bundesfernstraßen wegen vorübergehender Behinderung sind die Träger der Straßenbaulast anderer öffentlicher Straßen verpflichtet, die Umleitung des Verkehrs auf ihren Straßen zu dulden.

(2) Der Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke und die Straßenverkehrsbehörden sind vor der Sperrung zu unterrichten.

(3) Im Benehmen mit dem Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke ist festzustellen, was notwendig ist, um die Umleitungsstrecke für die Aufnahme des zusätzlichen Verkehrs verkehrssicher zu machen. Die hierfür nötigen Mehraufwendungen sind dem Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke zu erstatten. Das gilt auch für Aufwendungen, die der Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke zur Beseitigung wesentlicher durch die Umleitung verursachter Schäden machen muss.

(4) Muss die Umleitung ganz oder zum Teil über private Wege geleitet werden, die dem öffentlichen Verkehr dienen, so ist der Eigentümer zur Duldung der Umleitung auf schriftliche Anforderung durch die Straßenbaubehörde oder bei Umleitung von einer Bundesfernstraße, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht, durch die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes verpflichtet. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend. Der Träger der Straßenbaulast ist verpflichtet, nach Aufhebung der Umleitung auf Antrag des Eigentümers den früheren Zustand des Weges wiederherzustellen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend, wenn neue Bundesfernstraßen vorübergehend über andere öffentliche Straßen an das Bundesfernstraßennetz angeschlossen werden müssen.

(6) Der Eigentümer einer baulichen Anlage, die an einer ausgewiesenen Umleitungsstrecke gelegen ist, kann vom Träger der Straßenbaulast für die gesperrte Bundesfernstraße in der Baulast des Bundes Ersatz der erbrachten notwendigen Aufwendungen für Schallschutzmaßnahmen an der baulichen Anlage auf Antrag verlangen, wenn durch die Sperrung der Hauptfahrbahn der Bundesfernstraße in der Baulast des Bundes

1.
der vom Straßenverkehr auf der Umleitungsstrecke ausgehende Lärm um mindestens 3 Dezibel (A) erhöht wird,
2.
der Beurteilungspegel 64 Dezibel (A) am Tage (6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) oder 54 Dezibel (A) in der Nacht (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) überschreitet und
3.
eine Verkehrszunahme verursacht wird, die ab Sperrung der Bundesfernstraße voraussichtlich länger als zwei Jahre andauern wird.
Ein Anspruch besteht nicht, wenn die Lärmerhöhung insbesondere wegen der besonderen Art der Nutzung der baulichen Anlage zumutbar ist oder zugunsten des Betroffenen innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach der Sperrung sonstige Lärmschutzmaßnahmen an der Umleitungsstrecke umgesetzt werden. Wird die zu schützende Nutzung nur am Tage oder nur in der Nacht ausgeübt, so ist nur der Immissionsgrenzwert für den jeweiligen Zeitraum anzuwenden. Sofern nicht abweichend geregelt, muss der Beurteilungspegel nach Satz 1 Nummer 2 durch den Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraße in der Baulast des Bundes nach den Vorgaben der nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassenen Verordnung berechnet werden. Die Berechnung kann auf repräsentative Immissionsorte entlang der betroffenen Umleitungsstrecke begrenzt werden. Notwendig sind erbrachte Aufwendungen, soweit durch sie die Vorgaben zum Umfang von Schallschutzmaßnahmen in der nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassenen Verordnung eingehalten werden; nicht notwendige Aufwendungen sind bauliche Verbesserungen an Wänden und Dächern sowie an Decken unter nicht ausgebauten Dachräumen. Im Einzelfall kann das erforderliche Schalldämmmaß ohne Berechnung der einzelnen Umfassungsbauteile anhand eines repräsentativen Gebäudes an der Umleitungsstrecke festgelegt werden.

Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

Soweit sich aus den §§ 54 bis 61 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 - 13 LA 81/11 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde beanstanden die Beschwerdeführer insbesondere, dass das Oberverwaltungsgericht ihren Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil über ihre Klage gegen einen deichrechtlichen Planfeststellungsbeschluss abgelehnt hat.

A.

I.

2

1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der an der Alten Aller gelegenen Flurstücke X, Y und Z, von denen eines mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut ist.

3

2. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz stellte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 auf Antrag eines Deichverbands einen Plan für die Verbesserung der Deichsicherheit auf einem Streckenabschnitt von ungefähr 4 km fest. Der festgestellte Plan übernimmt auch einen Änderungsantrag des Deichverbands vom 7. Juli 2008. In diesem wird ausgeführt, für den Bereich der Flurstücke X, Y und Z habe der Antrag bisher die Herstellung einer neuen Hochwasserschutzmauer sowie die Anlage eines Deichverteidigungswegs zwischen der neuen Hochwassermauer und dem Wohngebäude der Beschwerdeführer auf dem Flurstück X vorgesehen. Aufgrund der doch nicht unerheblichen Vorteile eines grünen Deiches gegenüber einer Hochwasserschutzwand im Hinblick auf Sicherheit und Unterhaltungskosten habe die ursprüngliche Planung aus heutiger Sicht, nicht zuletzt auch aufgrund neuerer Vorgaben zur Finanzierung, einer neuen Bewertung bedurft. Im Ergebnis sei danach, soweit möglich, auch hier der grüne Deich zu realisieren. Der Bau des Deiches solle auf dem Flurstück Y erfolgen. Der dauerhaft in Anspruch genommene Flächenanteil dieses Flurstücks betrage 3.100 qm.

4

3. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer gegen den Planfeststellungsbeschluss weitgehend ab.

5

Eine Verletzung des Abwägungsgebotes könnten die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg geltend machen. Der beklagte Landesbetrieb (im Folgenden: Beklagter) habe bei seiner Abwägungsentscheidung die Belange der Beschwerdeführer berücksichtigt. Das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Z werde im Umfang von 830 qm für den Neubau des Deichkörpers in Anspruch genommen. Eine Flächeninanspruchnahme sei bei der Entscheidung zugunsten des grünen Deiches in diesem Umfang geboten. Eine wesentliche Beeinträchtigung ihres verbleibenden Grundbesitzes ergebe sich daraus nicht, zumal auch bei einer Erhöhung der vorhandenen Flutschutzmauer, wie dies die Beschwerdeführer wünschten, Beeinträchtigungen ihres Grundbesitzes zu erwarten wären. Die Flächeninanspruchnahme sei dann allerdings geringer. Auch die Belange des Naturschutzes würden gewahrt. Denn der vorhandene Teich, der als Biotop einzustufen sei, werde an anderer Stelle neu hergestellt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des vorhandenen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet) sei zudem durch die geplante Trassierung nicht zu erwarten. Dies wäre allenfalls bei einer Verlegung des Deiches in östlicher Richtung, also auf das Flurstück Y, der Fall. Dieses Flurstück werde aber durch die Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt, hiervon werde lediglich während der Bauzeit ein Arbeitsstreifen in Anspruch genommen.

6

4. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab.

7

Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sei nicht hinreichend dargetan und liege zudem nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend in Frage gestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss dem Abwägungsgebot entspreche.

8

Die Beschwerdeführer seien durch die Deicherneuerungsmaßnahme unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Sie hätten deshalb einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle.

9

Das Abwägungsgebot habe in der Rechtsprechung zu der gerichtlichen Überprüfung von Planungsalternativen in Bezug auf abweichende Standorte beziehungsweise Trassen eine nähere Ausformung erfahren, die sich auch auf die Bestimmung einer Deichlinienführung für einen der Planfeststellung unterliegenden Deichbau übertragen ließe: Ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösungen müssten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die eigentliche planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen unterliege nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Planfeststellungsbehörde handele nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls aus guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl seien erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen sei.

10

Einen derartigen Fehler hätten die Beschwerdeführer in ihrer Zulassungsbegründung nicht darzulegen vermocht.

11

So sei die dauerhafte Inanspruchnahme des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Flurstücks Y durch die Erstellung eines grünen Deichs anstelle der Verstärkung und Erhöhung der alten Hochwasserschutzmauer Gegenstand der Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Der Änderungsantrag des Beigeladenen vom 7. Juli 2008 weise eindeutig darauf hin, dass alle beschriebenen Maßnahmen (Errichtung eines grünen Deiches anstelle einer Hochwasserschutzmauer) auf dem Flurstück Y zu realisieren seien. Der Änderungsantrag sei ebenso wie der zugehörige Lageplan Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und damit Gegenstand der Abwägung geworden. Dass dieser Belang auch tatsächlich inhaltlich abgewogen worden sei, ergebe sich aus den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses. Danach seien die Eigentumsbelange der Beschwerdeführer, die aufgrund der Vorgabe, dass ein grüner Deich errichtet werden müsse, betroffen würden, in die Abwägung eingestellt worden, hätten aber hinter die Belange des Hochwasserschutzes zurücktreten müssen. Einzig denkbare Alternative zur Verwirklichung des Hochwasserschutzes im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer sei die Herstellung eines grünen Deiches auf der Trasse des jetzigen Deiches. Dies hätte aber den Abriss dieses Wohnhauses zur Folge, was ungleich schwerer wiege als die Inanspruchnahme von Weideland.

12

Allerdings sei das Verwaltungsgericht offensichtlich irrig davon ausgegangen, das Flurstück Y werde nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens in Anspruch genommen. Dies sei jedoch für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ohne Bedeutung, da die dauerhafte teilweise Inanspruchnahme dieses Grundstücks - wie dargelegt - durch den Beklagten ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden sei, mithin kein Abwägungsfehler vorliege, der der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht entgegenstünde.

13

Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auch die Errichtung eines grünen Deiches vor dem Wohnhaus der Beschwerdeführer anstelle der ursprünglich geplanten Verstärkung und Erhöhung der vorhandenen Hochwasserschutzmauer als abwägungsfehlerfrei angesehen. Insoweit habe es zutreffend auf die Schwachstellen im Übergangsbereich einer Hochwasserschutzmauer zu dem sich anschließenden grünen Deich hingewiesen. Zu Recht habe es dabei auch darauf abgestellt, dass eine notfallmäßige Erhöhung durch Sandsäcke bei einem grünen Deich einfacher und sicherer zu bewerkstelligen sei, als dies bei einer Hochwasserschutzmauer der Fall wäre. Dies ergebe sich schon aufgrund der breiteren zur Verfügung stehenden Grundfläche und bedürfe keiner weiteren Erläuterung.

II.

14

1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Planfeststellungsbeschluss, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 GG und machen unter anderem geltend, der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, weil er die Anforderungen an die Darlegung der verschiedenen Zulassungsgründe überspanne.

15

Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hätten sie aufgezeigt, dass sich eine erhebliche Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils schlüssig in Frage stellen lasse. Das Verwaltungsgericht gehe in seinem Urteil davon aus, dass das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Y nicht auf Dauer, sondern lediglich für die Bauzeit in geringem Umfang beeinträchtigt werde. Mit der Feststellung dieser Tatsache gehe das Verwaltungsgericht außerdem davon aus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des sich dort befindenden FFH-Gebiets nicht zu erwarten sei. Sie hätten dargelegt, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts 3.100 qm des Flurstücks Y dauerhaft in Anspruch genommen werden sollten. Insoweit stimmten die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht mit dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss überein.

16

Diese Fehleinschätzung sei für das Urteil des Verwaltungsgerichts auch erheblich, denn sie betreffe die Art und Weise sowie den Umfang der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums, darüber hinaus aber auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von ihnen rügefähige Frage der Vereinbarkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses mit (europäischem) Naturschutzrecht. Erheblich sei sie auch insofern, als das Verwaltungsgericht auf die Feststellung seine Überprüfung der dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Abwägung stütze und hiernach in dem Urteil zu dem Schluss komme, die Beklagte habe ihre Belange hinreichend berücksichtigt.

17

Die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts habe das Oberverwaltungsgericht im Grunde zwar auch erkannt, die "irrige" Annahme des Verwaltungsgerichts zu der Inanspruchnahme des Flurstücks Y jedoch als für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils unbedeutend angesehen. Die angebliche Ergebnisrichtigkeit des Urteils begründe das Oberverwaltungsgericht damit, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme des Flurstücks Y ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt habe. Mit dieser Würdigung greife das Oberverwaltungsgericht aber dem eigentlichen Berufungsverfahren vor. Unabhängig davon seien erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts dargetan, wenn sich aus dem Vorbringen ergebe, dass das Urteil auf der fehlerhaften Annahme von in Anspruch genommenen Flächen fuße, denn es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts zu prüfen, ob die Belange tatsächlich ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden seien.

18

2. Die Niedersächsische Landesregierung sowie der Beklagte und der im Ausgangsverfahren beigeladene Deichverband hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten der Ausgangsverfahren sind beigezogen.

B.

19

Die Verfassungsbeschwerde hat hinsichtlich des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Erfolg.

I.

20

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtet, ist sie zulässig (1.) und begründet (2.). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Er ist aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

21

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts keine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben haben. Dies war weder zur Erschöpfung des Rechtswegs (a) noch wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (b) geboten.

22

a) aa) Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; 126, 1 <17>). Erheben Beschwerdeführer in einem solchen Fall keine Anhörungsrüge, obwohl sie statthaft und nicht offensichtlich aussichtslos wäre, hat das zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist, sofern die damit gerügten Grundrechtsverletzungen denselben Streitgegenstand betreffen wie der geltend gemachte Gehörsverstoß(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10).

23

Wird die Rüge einer Gehörsverletzung hingegen weder ausdrücklich noch der Sache nach zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht oder wird die zunächst wirksam im Verfassungsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wieder zurückgenommen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), hängt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rechtswegerschöpfung nicht von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Anhörungsrügeverfahrens ab. Wurde ein Anhörungsrügeverfahren vor dem letztinstanzlichen Fachgericht durchgeführt, mit der Verfassungsbeschwerde aber kein Gehörsverstoß gerügt - etwa weil sich die Beschwerdeführer insoweit von den Gründen des die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschlusses haben überzeugen lassen -, zählt dieses Anhörungsrügeverfahren, wenn es nicht offensichtlich aussichtslos war, gleichwohl zum Rechtsweg und wirkt damit fristbestimmend für die Verfassungsbeschwerde.

24

bb) Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.

25

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde enthält allerdings Ausführungen, die - isoliert betrachtet - als Rügen einer Gehörsverletzung gedeutet werden könnten. So beanstanden die Beschwerdeführer unter anderem, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe. Dieses Vorbringen kann bei sachdienlicher Auslegung nicht als Rüge einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG verstanden werden. Es dient im Zusammenhang der Verfassungsbeschwerde eindeutig dem Ziel zu begründen, dass das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie den der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache verkannt habe. Dass die Beschwerdeführer ungeachtet dessen mit diesen Ausführungen gleichwohl der Sache nach einen Gehörsverstoß rügen wollen, kann nach dem Grundsatz wohlwollender Auslegung prozessualer Anträge im Sinne des erkennbaren Rechtsschutzanliegens auch deshalb nicht angenommen werden, weil ihrem Vorbringen ansonsten ein Verständnis unterlegt würde, das mangels Erhebung einer Anhörungsrüge zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führen würde.

26

b) Die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO war hier auch nicht mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde geboten.

27

aa) Dieser in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Das kann auch bedeuten, dass Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Denn die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer enthebt sie nicht ohne Weiteres der Beachtung des Subsidiaritätsgebotes; als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist dieses der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer entzogen.

28

Die Verweisung auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit einer anderweitigen prozessualen Möglichkeit zur Abhilfe (stRspr, vgl. nur BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07,1 BvR 1569/08 -, NJW 2012, S. 3081 <3082 [Tz. 45]>). Zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der sie sich nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG berufen, müssen Beschwerdeführer daher aus Gründen der Subsidiarität eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf nur dann ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden.

29

Das Subsidiaritätsgebot greift danach in den hier in Rede stehenden Fällen insbesondere dann, wenn auf der Hand liegt, dass mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach ein Gehörsverstoß gerügt wird, die Beschwerdeführer aber ersichtlich mit Rücksicht darauf, dass kein Anhörungsrügeverfahren durchgeführt wurde, ausschließlich die Verletzung eines anderen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts geltend machen, das durch ein solches Vorgehen des Gerichts gleichfalls verletzt sein kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 2011 - 1 BvR 1468/11 -, juris).

30

Die Möglichkeit, über eine erfolgreiche Anhörungsrüge die Beseitigung anderweitiger Grundrechtsverletzungen zu erreichen, besteht im Übrigen von vornherein nur in dem Umfang, als diese denselben Streitgegenstand betreffen wie die geltend gemachte Gehörsverletzung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Nur insoweit kann aus dem Subsidiaritätsgrundsatz die Obliegenheit der Erhebung einer Anhörungsrüge auch für den Fall abgeleitet werden, dass mit der Verfassungsbeschwerde kein Gehörsverstoß gerügt wird.

31

bb) Gemessen hieran verletzt es nicht den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, dass die Beschwerdeführer es unterlassen haben, eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung der Zulassung der Berufung zu erheben.

32

Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung des FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe, ist schon zweifelhaft, ob dieser Vortrag, selbst wenn er in der Sache zuträfe, überhaupt geeignet ist, eine Gehörsverletzung zu begründen. Wird bestimmter Vortrag in einer gerichtlichen Entscheidung nicht erwähnt, lässt dies nämlich nur unter besonderen Umständen den Rückschluss auf die Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens zu (vgl. BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Das hier in Frage stehende, für die Geltendmachung einer Gehörsverletzung eher unspezifische Vorbringen der Beschwerdeführer ist zudem eindeutig und sinnvoll in die Rüge einer Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eingebunden, die sich gegen die Verneinung des Berufungszulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache richtet. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer damit lediglich eine Versäumung der Anhörungsrüge umgehen wollten. Sie müssen sich daher nicht entgegenhalten lassen, dass die Erhebung einer Anhörungsrüge nahe gelegen hätte und zu erwarten gewesen wäre, dass ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter eine Anhörungsrüge erhoben hätte.

33

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

34

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642).

35

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

36

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies ist den Beschwerdeführern gelungen. Sie haben aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht in einem für ihr Grundeigentum und damit für die Entscheidung wesentlichen Punkt von falschen Annahmen über die Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss ausgegangen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

37

Das Urteil des Verwaltungsgerichts geht von der Annahme aus, das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Flurstück Y werde durch die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt; vielmehr werde lediglich während der Bauzeit ein Streifen dieses Flurstücks in Anspruch genommen.

38

Die Beschwerdeführer haben in der Begründung ihres Zulassungsantrags geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bereits im Änderungsantrag vom 7. Juli 2008 ausdrücklich von der Notwendigkeit der dauerhaften Inanspruchnahme von 3.100 qm des Flurstücks Y die Rede sei. Dementsprechend sei auch die Festsetzung im Planfeststellungsbeschluss erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine gerechte Abwägung ihrer Belange.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat erkannt, dass das Verwaltungsgericht "offensichtlich irrig" von einer nur vorübergehenden Inanspruchnahme des Flurstücks Y nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens ausgegangen ist. Dennoch hat es sich nicht dazu veranlasst gesehen, die Berufung aufgrund einer unzutreffenden Annahme der tatsächlichen Betroffenheit der Beschwerdeführer zuzulassen. Es hat vielmehr im Berufungszulassungsverfahren eine eigene Prüfung der fachplanerischen Abwägungsentscheidung vorgenommen und dabei das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis für richtig befunden. Damit hat es in verfassungswidriger Weise Teile der dem Berufungsverfahren vorbehaltenen Sachprüfung in das Berufungszulassungsverfahren vorverlagert.

40

Zwar begegnet es keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

41

Das Oberverwaltungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Kontrolle der fachplanerischen Abwägungsentscheidung in einem für die Beschwerdeführer entscheidenden Punkt durch eine eigene Kontrolle ersetzt. Ob das Deichbauvorhaben die Eigentumsrechte der Beschwerdeführer gemessen an den damit verfolgten Zielen und den in Frage kommenden Vorhabenalternativen - hier insbesondere der von den Beschwerdeführern statt des Deichneubaus verlangten Ertüchtigung der Hochwasserschutzwand - unverhältnismäßig beeinträchtigt, hängt unter anderem maßgeblich von der mit den festgestellten Maßnahmen einhergehenden Eigentumsbelastung für die Beschwerdeführer ab. Dass es insofern für die Abwägungsentscheidung von erheblichem Gewicht ist, ob das Flurstück Y nur vorübergehend während der Bauzeit als Arbeitsstreifen oder dauerhaft in dem doch beträchtlichen Umfang von 3.100 qm in Anspruch genommen wird, liegt auf der Hand. Es war dem Oberverwaltungsgericht bei Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes verwehrt, im Berufungszulassungsverfahren, das insbesondere mangels eines förmlichen Beweisaufnahmeverfahrens den Beteiligten von vornherein weniger Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tatsachenfeststellung einräumt als das Hauptsacheverfahren, diese Frage der Abgewogenheit des Planfeststellungsbeschlusses abweichend vom Verwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.

42

Da das Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ablehnen konnte, beruht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf diesem Verfassungsverstoß. Ob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus auch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, kann dahinstehen.

II.

43

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landesbetriebs wendet, bedarf es keiner Entscheidung. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist der Rechtsweg vor den Fachgerichten wieder eröffnet und dadurch eine erneute fachgerichtliche Aufarbeitung des Ausgangsfalls möglich (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>).

C.

44

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

45

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Bei Sperrung von Bundesfernstraßen wegen vorübergehender Behinderung sind die Träger der Straßenbaulast anderer öffentlicher Straßen verpflichtet, die Umleitung des Verkehrs auf ihren Straßen zu dulden.

(2) Der Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke und die Straßenverkehrsbehörden sind vor der Sperrung zu unterrichten.

(3) Im Benehmen mit dem Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke ist festzustellen, was notwendig ist, um die Umleitungsstrecke für die Aufnahme des zusätzlichen Verkehrs verkehrssicher zu machen. Die hierfür nötigen Mehraufwendungen sind dem Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke zu erstatten. Das gilt auch für Aufwendungen, die der Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke zur Beseitigung wesentlicher durch die Umleitung verursachter Schäden machen muss.

(4) Muss die Umleitung ganz oder zum Teil über private Wege geleitet werden, die dem öffentlichen Verkehr dienen, so ist der Eigentümer zur Duldung der Umleitung auf schriftliche Anforderung durch die Straßenbaubehörde oder bei Umleitung von einer Bundesfernstraße, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht, durch die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes verpflichtet. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend. Der Träger der Straßenbaulast ist verpflichtet, nach Aufhebung der Umleitung auf Antrag des Eigentümers den früheren Zustand des Weges wiederherzustellen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend, wenn neue Bundesfernstraßen vorübergehend über andere öffentliche Straßen an das Bundesfernstraßennetz angeschlossen werden müssen.

(6) Der Eigentümer einer baulichen Anlage, die an einer ausgewiesenen Umleitungsstrecke gelegen ist, kann vom Träger der Straßenbaulast für die gesperrte Bundesfernstraße in der Baulast des Bundes Ersatz der erbrachten notwendigen Aufwendungen für Schallschutzmaßnahmen an der baulichen Anlage auf Antrag verlangen, wenn durch die Sperrung der Hauptfahrbahn der Bundesfernstraße in der Baulast des Bundes

1.
der vom Straßenverkehr auf der Umleitungsstrecke ausgehende Lärm um mindestens 3 Dezibel (A) erhöht wird,
2.
der Beurteilungspegel 64 Dezibel (A) am Tage (6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) oder 54 Dezibel (A) in der Nacht (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) überschreitet und
3.
eine Verkehrszunahme verursacht wird, die ab Sperrung der Bundesfernstraße voraussichtlich länger als zwei Jahre andauern wird.
Ein Anspruch besteht nicht, wenn die Lärmerhöhung insbesondere wegen der besonderen Art der Nutzung der baulichen Anlage zumutbar ist oder zugunsten des Betroffenen innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach der Sperrung sonstige Lärmschutzmaßnahmen an der Umleitungsstrecke umgesetzt werden. Wird die zu schützende Nutzung nur am Tage oder nur in der Nacht ausgeübt, so ist nur der Immissionsgrenzwert für den jeweiligen Zeitraum anzuwenden. Sofern nicht abweichend geregelt, muss der Beurteilungspegel nach Satz 1 Nummer 2 durch den Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraße in der Baulast des Bundes nach den Vorgaben der nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassenen Verordnung berechnet werden. Die Berechnung kann auf repräsentative Immissionsorte entlang der betroffenen Umleitungsstrecke begrenzt werden. Notwendig sind erbrachte Aufwendungen, soweit durch sie die Vorgaben zum Umfang von Schallschutzmaßnahmen in der nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassenen Verordnung eingehalten werden; nicht notwendige Aufwendungen sind bauliche Verbesserungen an Wänden und Dächern sowie an Decken unter nicht ausgebauten Dachräumen. Im Einzelfall kann das erforderliche Schalldämmmaß ohne Berechnung der einzelnen Umfassungsbauteile anhand eines repräsentativen Gebäudes an der Umleitungsstrecke festgelegt werden.

(1) Der Bund ist Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. Bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen Dritter bleiben unberührt.

(2) Die Gemeinden mit mehr als 80 000 Einwohnern sind Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen. Maßgebend ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl. Das Ergebnis einer Volkszählung wird mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr verbindlich, in dem die Volkszählung stattgefunden hat. Werden Gemeindegrenzen geändert oder neue Gemeinden gebildet, so ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl des neuen Gemeindegebietes maßgebend. In diesen Fällen wechselt die Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten, wenn sie bisher dem Bund oblag, mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr der Gebietsänderung, sonst mit der Gebietsänderung.

(2a) Die Gemeinde bleibt abweichend von Absatz 2 Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde erklärt. Eine Gemeinde mit mehr als 50 000, aber weniger als 80 000 Einwohnern wird Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde verlangt. Absatz 2 Satz 2 und 4 gilt entsprechend. Die oberste Landesstraßenbaubehörde unterrichtet das Fernstraßen-Bundesamt über die Erklärung der Gemeinde nach Satz 1 oder das Verlangen der Gemeinde nach Satz 2.

(3) In den Ortsdurchfahrten der übrigen Gemeinden ist die Gemeinde Träger der Straßenbaulast für Gehwege und Parkplätze.

(3a) Führt die Ortsdurchfahrt über Straßen und Plätze, die erheblich breiter angelegt sind als die Bundesstraße, so ist von der Straßenbaubehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde die seitliche Begrenzung der Ortsdurchfahrten besonders festzulegen. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, so entscheidet die oberste Landesstraßenbaubehörde.

(4) Eine Ortsdurchfahrt ist der Teil einer Bundesstraße, der innerhalb der geschlossenen Ortslage liegt und auch der Erschließung der anliegenden Grundstücke oder der mehrfachen Verknüpfung des Ortsstraßennetzes dient. Geschlossene Ortslage ist der Teil des Gemeindebezirkes, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist. Einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung unterbrechen den Zusammenhang nicht. Die oberste Landesstraßenbaubehörde setzt im Benehmen mit der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Gemeinde die Ortsdurchfahrt fest und kann dabei mit Zustimmung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und der Kommunalaufsichtsbehörde von der Regel der Sätze 1 und 2 abweichen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass abweichend von Satz 4 an Stelle der höheren Verwaltungsbehörde eine andere Behörde zuständig ist. Sie können diese Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um den Umfang der Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung naturschutzrechtlicher Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger nach Abschluss eines im Zusammenhang mit einem wasserstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren geschlossenen außergerichtlichen Vergleichs.

2

Die Kläger sind Eigentümer verschiedener Grundstücke der Gemarkung A-Stadt, Flur A und Flur B, insbesondere der von einer wasserstraßenrechtlichen Planfeststellung betroffenen Flurstücke 49 und 54/1 der Flur A sowie der Flurstücke 51, 52, 57, 58 und 10007, die unmittelbar nördlich des Elbe-Havel-Kanals (EHK) liegen. Auf den Grundstücken befindet sich das ehemalige Rittergut (...), das die Kläger zu einem Zentrum für Freizeit, Erholung, Entspannung und Kultur um- und ausbauen wollen.

3

Mit Beschluss vom 27.10.2008 stellte die Beklagte – Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost – die vorgelegten Pläne im Planfeststellungsverfahren für den Ausbau des Kanals, Planfeststellungsabschnitt 7, EHK-km 355,120 (Süd) / 355,150 (Nord) bis EHK-km 364,400 (Süd) / 364,750 (Nord) mit Mündungsbereich Roßdorfer Altkanal einschließlich Genthiner Fußwegbrücke, fest. Gegenstand der Planfeststellung ist u. a. die Begradigung des bisherigen Kanalverlaufs im Bereich der genannten klägerischen Grundstücke, so dass Teile der Grundstücke in Anspruch genommen werden. Aufgrund des Durchstichs entsteht zwischen der alten und neuen Achse des Kanals eine Insel. Nach der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. S. 130) sei der Durchstich so gewählt worden, dass er das Anwesen der Kläger nicht durchtrennt. Weiter heißt es dort, statt eines Schrägufers im Bereich des Gutsparks werde ein Spundwandufer errichtet; auf das landseitige Bankett werde verzichtet. Der Träger des Vorhabens habe zugesagt, auf den Baufeldstreifen teilweise zu verzichten, um den Damm und seinen Bewuchs so weit wie möglich zu erhalten, so dass auch die dort vorhandene Blutbuche und ihr Wurzelwerk noch besser geschützt werden könnten. Er sei auch bereit, die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für den Bereich des Gutsparks mit den Klägern und der beauftragten Landschaftsarchitektin abzustimmen.

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Nachdem die von den Klägern im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen im Planfeststellungsbeschluss im Wesentlichen zurückgewiesen worden waren, erhoben sie mit Schriftsatz vom 22.01.2009 beim Bundesverwaltungsgericht Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss und beantragten zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Mit Beschluss vom 02.04.2009 (7 VR 1.09) ordnete das Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage an. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Der Planfeststellungsbeschluss habe keine der Trassenvarianten, die in den Jahren 2003/2004 Gegenstand der Voruntersuchung gewesen seien, im Hinblick auf eine Minimierung des Eingriffs in die Grundstücke der Kläger untersucht und bezüglich eines eventuellen Flächenmehrbedarfs und damit einhergehender höherer Kosten gewichtet, die sich aber wiederum relativiert hätten durch Kostenersparnisse bei einer Vermeidung eines Eingriffs in den Gutspark der Kläger.

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Am 13.05.2009 schlossen die Beteiligten daraufhin einen außergerichtlichen Vergleich, in welchem sich die Kläger Zug um Zug gegen Zahlung eines Geldbetrages (insgesamt 153.000 €) und weiterer Leistungen der Beklagten verpflichteten, die beim Bundesverwaltungsgericht noch anhängige Klage zurückzunehmen. Die zwischen den Beteiligten streitige Ziffer 6 des Vergleichs hat folgenden Wortlaut:

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„Die Beklagte wird die im Planfeststellungsbeschluss (Az: P-143.3-Pro/45) festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger mit der vom Kläger beauftragten Landschaftsarchitektin abstimmen und vorgezogen durchführen“.

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Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 20.08.2009 um Erteilung einer Bauerlaubnisvereinbarung sowie einer Vereinbarung über die vorübergehende Inanspruchnahme von Grundstücken gebeten hatte und dazu weiterer Schriftverkehr zwischen den Beteiligten geführt worden war, übersandte sie den Klägern die von der (...) - Ökologie & Landschaftsplanung GmbH erstellte Ermittlung des separaten Kompensationsanspruchs für die bauzeitlich beanspruchten Teilflächen auf den Flurstücken 49, 54/1 und 58 vom Oktober 2009. Darin wird u. a. ausgeführt, dass die zum Erwerb planfestgestellten Teilflächen der Flurstücke 51, 52 und 57 der Flur B auf der Basis eines Rahmengutachtens zum Verkehrswert käuflich erworben werden und deshalb bei der Ermittlung des Kompensationsanspruchs außer Betracht bleiben. Für die bauzeitlich in Anspruch genommenen Teilflächen ermittelte die (...) GmbH einen Kompensationsumfang in Höhe von 3.693,20 €.

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Dem widersprachen die Kläger mit Schreiben vom 22.10.2009 und machten zu Begründung geltend, dass nach ihrer Auffassung auch die Kompensationsmaßnahmen für die vom Vorhabenträger zu erwerbenden Flächen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf ihren Grundstücken umzusetzen seien. Bei den außer Acht gelassenen Flächen handele es sich um die ökologisch wertvollsten Flächen, die nun vereinbarungswidrig nicht mehr auf ihren Grundstücken sondern auf der in östlicher Richtung gelegenen Insel ausgeglichen werden sollen. Bereits bei einem Ortstermin am 26.09.2007 sei vereinbart worden, dass die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für den entfallenden Teil des Gutsparks und für die als Baustelleneinrichtungs- und Zwischenlager genutzte Fläche mit der Planung zur Entwicklung des Gutsparks abgestimmt werden sollen. Es hätten die Möglichkeiten vorgezogener Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen geprüft werden sollen, insbesondere sei vereinbart worden, dass eine Vorschlagsliste für die Bepflanzung des Gutsparks weitergeleitet werde. Auch in der telefonischen Besprechung am 29.10.2007 habe eine Mitarbeiterin der Beklagten geäußert, dass ein dem Verlust entsprechender Ausgleich im Bereich des Gutsparks, der Baustelleneinrichtung und auf räumlich nahen Flächen im Eigentum der Kläger unproblematisch sei und begrüßt werde. Auch später bei einem Ortstermin am 08.09.2009 habe sich die Beklagte nicht dahingehend geäußert, dass diese Flächen nunmehr an ganz anderer Stelle ausgeglichen werden sollen und nicht wie vereinbart auf den Grundstücken der Kläger.

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Mit Schreiben vom 13.11.2009 teilte die Beklagte den Klägern u. a. mit, dass die ursprünglich planfestgestellte Baustelleneinrichtungsfläche auf dem Flurstück 58 von geplanten 18.878 m² vorübergehender Inanspruchnahme auf 1.892 m² Baufeldstreifen reduziert worden sei, weil eigene Flächen im Planfeststellungsabschnitt 6 zur Ausführung dieser Maßnahme geeignet gewesen seien und eine Inanspruchnahme von Flächen der Kläger so weit wie möglich eingeschränkt worden sei. Die Kläger könnten nicht erwarten, dass ein Eingriff, der nicht stattgefunden habe, an anderer Stelle auf ihrem Besitz ausgeglichen werde.

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Nachdem die Kläger die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.11.2009 erfolglos aufgefordert hatten, ihnen gegenüber bis zum 27.11.2009 rechtsverbindlich zu erklären, dass die Beklagte den in Ziffer 6 des Vergleichs protokollierten Verpflichtungen uneingeschränkt nachkomme, haben die Kläger am 29.01.2010 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Auffassung der Beklagten, dass sie nach Ziffer 6 des Vergleichs nur diejenigen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger durchzuführen habe, die aufgrund von Eingriffen auf denjenigen Flächen erfolgen müssten, die im Eigentum der Kläger stünden und dort verblieben, sei falsch. Die Regelung sei vielmehr so zu verstehen, dass die im Planfeststellungsbeschluss festgestellten und aus den Grundstücken der Kläger herrührenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den in ihrem Eigentum verbleibenden Grundstücken zu erfolgen haben. Dies sei bereits 2007 so erörtert worden. Inhalt der Vereinbarung in Ziffer 6 des Vergleichs sei gewesen, dass die Beklagte als Teilkompensation des erheblichen Eingriffs in den Gutspark durch den Kanalausbau die ohnehin nach dem Planfeststellungsbeschluss auszuführenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht irgendwann bzw. irgendwo an anderer Stelle ausführe, sondern unter fachplanerischer Begleitung der Landschaftsarchitektin auf den Grundstück der Kläger, namentlich im Rahmen der Neugestaltung des nach dem Kanalausbau verkleinerten Gutsparks, und zwar „vorgezogen“ vor dem Kanalausbau.

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Die Kläger haben beantragt,

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festzustellen, dass sich die Beklagte in Ziffer 6 des Vergleichs vom 13.05.2009 verpflichtet hat, die aus dem naturschutzrechtlichen Eingriffen in die klägerischen Grundstücke resultierenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Flurstücken 51, 52 und 57 der Flur B in der Gemarkung A-Stadt nach vorheriger Absprache mit der Landschaftsarchitektin vorgezogen durchzuführen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat vorgetragen, mit Ziffer 6 des Vergleichs sei lediglich eine Regelung für diejenigen Kompensationsmaßnahmen beabsichtigt gewesen, die ohnehin auf den im Eigentum der Kläger verbleibenden Grundstücken stattfinden sollten. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass mit dem Planfeststellungsbeschluss auch der landschaftspflegerische Begleitplan festgestellt worden sei. So seien auch die Kompensationsmaßnahmen jedenfalls grundstücksbezogen abschließend im landschaftspflegerischen Begleitplan enthalten, geregelt und damit planfestgestellt. Dieser Plan stelle eine verbindliche Grundlage für die Kompensation der Eingriffe dar. Auch der Wortlaut lasse keine anderen Schlussfolgerungen zu. Die im Plan festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bildeten ein Gesamtpaket, das auch von den Trägern öffentlicher Belange akzeptiert worden sei. In Kenntnis der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten habe der Vorhabenträger deshalb in dem Vergleich nur zugestanden, dass die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die auf den Grundstücken der Kläger vorgesehen seien, mit der beauftragten Landschaftsarchitektin abgestimmt und vorgezogen durchgeführt werden.

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Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

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Die Feststellungsklage sei zwar zulässig, aber nicht begründet. Bestehe Streit über den Inhalt der Leistungspflicht, komme zur Vermeidung von (Folge-)Streitigkeiten im Rahmen der Vollstreckung vorrangig eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO dergestalt in Betracht, dass das Bestehen eines bestimmten Leistungsinhalts festgestellt werde. Die in Ziffer 6 des Vergleichs getroffene Vereinbarung sei jedoch gemäß § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig, so dass aus ihr keine unmittelbaren Leistungsansprüche abgeleitet werden könnten. Der Planfeststellungsbeschluss beinhalte ein Verbot, wonach die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (auch) auf den Grundstücken der Kläger umgesetzt werden dürfen. Sei der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden, seien u. a. Ansprüche auf Änderung der Anlagen etc. ausgeschlossen. Die Änderung eines planfestgestellten Vorhabens bedürfe eines neuen Planfeststellungsverfahrens. Vorliegend seien im landschaftspflegerischen Begleitplan die Grundstücke, auf denen Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen durchgeführt werden, explizit dargestellt; die Grundstücke der Kläger seien davon nicht erfasst. Dem Vorhabenträger sei es mithin verwehrt, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auch auf den Grundstücken der Kläger durchzuführen. Er könne ohne förmliche Planänderung von den planfestgestellten Maßnahmen nicht abweichen, zumal es sich dabei um eine nicht zuletzt im Sinne der Landschaftsplanung abgestimmte Gesamtmaßnahme mit gegenseitigen Abhängigkeiten handele. Zwar habe der Vorhabenträger aufgrund des planfestgestellten landschaftspflegerischen Begleitplans noch einen Handlungsspielraum dergestalt, dass er die Quantität innerhalb der gleichen Art von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zwischen den dafür bestimmten Grundstücken bestimmen könne. Ihm stehe es jedoch nicht frei, diese Maßnahmen auch auf anderen Grundstücken durchzuführen. Eine etwaige Vereinbarung, in der sich die Beklagte verpflichte, außerhalb der planfestgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen „Leistungen zugunsten eines Dritten“ zu erbringen, wäre zwar nicht nichtig. Eine solche Auslegung der Vereinbarung in Ziffer 6 des Vergleichs scheitere aber wegen der darin enthaltenen Bezugnahme auf den Planfeststellungsbeschluss und damit am Wortlaut der Vereinbarung. Auch entspräche dies nicht dem Willen der Beteiligten, weil sie sich darauf gar nicht berufen hätten.

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Die vom Senat wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zugelassene Berufung haben die Kläger wie folgt begründet:

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Die streitgegenständliche Ziffer 6 des Vergleichs sei nicht nach § 59 Abs. 1 VwVfG nichtig, weil sie nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoße. Bei dem Planfeststellungsbeschluss i.V.m. dem landschaftspflegerischen Begleitplan handele es sich bereits um keine zwingende Rechtsnorm, sondern um einen Verwaltungsakt in Gestalt einer einheitlichen Gesamtentscheidung, mit dem für ein konkretes Vorhaben die Zulässigkeit hinsichtlich aller berührten öffentlichen Belange festgestellt werde. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass nach Ansicht der Beklagten die Ziele und Zwecke der planfestgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gefährdet würden, wenn man Teile der Maßnahmen, insbesondere Gehölzanpflanzungen, nicht exakt an den im landschaftspflegerischen Begleitplan vorgesehenen Orten durchführe. Zum einen weise der landschaftspflegerische Begleitplan gerade keine derart exakte Planung auf, dass bestimmte Gehölze oder Pflanzen an bestimmten Stellen in bestimmter Anzahl zu pflanzen seien und jede Abweichung hiervon die ganze Planung hinfällig mache. Es seien ohne weiteres Abweichungen möglich und sogar nötig, weil bei der Umsetzung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen die konkreten Umstände vor Ort zu berücksichtigen seien, die Anpassungen und Änderungen ohnehin regelmäßig erforderlich machten. Zum anderen sei zu berücksichtigen, dass die Kläger von den insgesamt von der Beklagten auszuführenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nur einen geringen Teil beanspruchten, der auf ihren Grundstücken im Bereich des verbleibenden Gutsparks durchgeführt werden solle. Zudem liege der Gutspark nur wenige Meter neben der Stelle, wo die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach dem landschaftspflegerischen Begleitplan vorgesehen seien. Die Ziele und Zwecke des Plans würden daher in keiner Weise negativ beeinflusst oder gar gefährdet, wenn die Beklagte das umsetze, wozu sie sich vertraglich verpflichtet habe. Zudem sei der landschaftspflegerische Begleitplan nicht eindeutig. Den Übersichten des Begleitplans stehe die Aussage auf Seite 130 des Planfeststellungsbeschlusses entgegen, in der sich die Beklagte bereit erkläre, die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für den Bereich des Gutsparkes mit den Einwendern (Klägern) und der beauftragten Landschaftsarchitektin abzustimmen. Damit sei ein gewisser Spielraum ausdrücklich festgestellt worden. In der streitigen Vergleichsregelung gehe es um die Vornahme eines kleinen Bruchteils der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf dem Gelände des Gutsparks der Kläger anstelle der neu entstehenden Kanalinsel. Der Gutspark werde durch den Ausbau des Elbe-Havel-Kanals in Mitleidenschaft gezogen, wofür Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchzuführen seien. Zweck dieser Maßnahmen sei es, die langfristigen Einwirkungen auf die Natur so gering wie möglich zu halten und die natürlichen Lebensräume der Tier- und Pflanzenwelt wiederherzustellen bzw. zu erhalten. Beide betroffenen Gebiete, die sehr eng beieinander lägen, seien von dem Ausbau des Elbe-Havel-Kanals beeinträchtigt, wobei auf der Kanalinsel neuer Lebensraum entstehe und im Gutspark in einen bestehenden Lebensraum eingegriffen werde. Auch die Kosten würden bei der Durchführung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf ihrem Grundstück nicht erhöht. Neben dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung der natürlichen Lebensräume für die Tier- und Pflanzenwelt und der kostengünstigen Durchführung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen stünden die Grundsätze der Vertragsverbindlichkeit und des Vertrauensschutzes. Die erforderlichen Änderungen des Planfeststellungsbeschlusses, respektive des landschaftspflegerischen Begleitplanes, wären zur Umsetzung der Verpflichtungen der Beklagten aus der Ziffer 6 des Vergleiches derart marginal, dass eine Planänderung ohne Schwierigkeiten möglich wäre.

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Nach dem Wortlaut des Vergleichs seien alle in dem Planfeststellungsbeschluss festgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den in ihrem Eigentum verbleibenden Grundstücken durchzuführen, und zwar sowohl die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für Baufeldstreifen bzw. vorübergehend in Anspruch genommene Flächen als auch die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die dauerhaft durch die Trassenführung des Kanals in Anspruch genommenen Flächen. Eingeschränkt werde der Regelungsgehalt des Wortlauts lediglich dahingehend, dass hinsichtlich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die dauerhaft durch die Trassenführung des Kanals in Anspruch genommenen Flächen sich dies auf die Flächen der Kläger beziehe, die beeinträchtigt werden, nicht auf alle durch die Trassenführung dauerhaft beeinträchtigten Flächen (auch Dritter). Wäre die Auslegung der Beklagten zutreffend, hätte der Wortlaut des Vergleiches den Inhalt haben müssen, dass die Beklagte die im Planfeststellungsbeschluss auf den Grundstücken der Kläger festgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen mit der vom Kläger beauftragten Landschaftsarchitektin abstimmen und vorgezogen durchführen werde. Aufgrund der Satzstellung werde deutlich, dass die Worte „auf den Grundstücken der Kläger“ sich nicht auf die „festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen“ beziehen und somit nicht dazu dienten, diese Maßnahmen weiter zu konkretisieren. Die im Planfeststellungsbeschluss konkretisierten Ausgleichs- und Ersatzansprüche würden auf ihren Grundstücken abgestimmt und vorgezogen durchgeführt. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck des Vergleichs. Der Erhalt des Gutsparks sei ihr zentrales Interesse gewesen, das der Beklagten bekannt gewesen sei und sich wie ein roter Faden durch das Planfeststellungsverfahren und das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bis hin zu dem geschlossenen Vergleich ziehe. Da eine Verlegung der Trasse nicht möglich gewesen sei, hätten sie dafür gekämpft, die Beeinträchtigungen für den Gutspark so gering wie möglich zu halten. Aus der Vorgeschichte und der besonderen Bedeutung des Gutsparks für sie ergebe sich, dass sie ein herausragendes Interesse daran gehabt hätten, den Baumbestand zumindest wiederherzustellen. Im landschaftspflegerischen Begleitplan seien keine Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die unmittelbaren Folgen des Kanalbaus auf ihrem Grundstück vorgesehen gewesen. Sie hätten einem Vergleich nicht zugestimmt, wenn dieser sie schlechter gestellt hätte als ein anhängiges Verfahren mit guter Aussicht auf Erfolg. Wenn nur diejenigen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen von der Regelung hätten erfasst werden sollen, die nach dem Planfeststellungsbeschluss und dem landschaftspflegerischen Begleitplan ohnehin auf ihren Grundstücken ausgeführt werden, hätte es der Regelung in der Ziffer 6 des Vergleiches nicht bedurft. Mit der Regelung habe fixiert werden sollen, dass gerade die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die ohnehin planfestgestellt seien, jedenfalls in Bezug auf den wegfallenden Teil des Gutsparks nicht irgendwo (auf der neu entstehenden Insel), sondern im verbleibenden Teil des Gutsparks ausgeführt werden sollen. Insofern sei mit der Ziffer 6 des Vergleichs eine Leistung zu ihren Gunsten vereinbart worden, die über die reinen Feststellungen des Planfeststellungsbeschlusses nebst landschaftspflegerischem Begleitplan hinausgehe. Die Verpflichtung aus Ziffer 6 des Vergleichs habe eine Teilkompensation dargestellt. Die mit dem Vergleich auch vereinbarte Zahlung einer Geldleistung habe nicht separat gestanden, sondern sei so austariert worden, dass sie dem Vergleich letztlich hätten zustimmen können. Durch die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen hätten sie sich eigene Aufforstungs- und Anpflanzungsmaßnahmen erspart. Dies sei Gegenstand des Vergleichs gewesen. Sofern die Beklagte rechtlich und tatsächlich nicht in der Lage gewesen sein sollte, die Verpflichtung bezüglich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu erfüllen, habe sie dennoch hierfür einzustehen und Schadenersatz zu leisten, der derzeit allerdings noch nicht bezifferbar sei.

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Bereits in der Klageschrift hätten sie ihr auf Vornahme der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gerichtetes Rechtsschutzbegehren formuliert und nur auf Anraten des Kammervorsitzenden in der mündlichen Verhandlung einen Feststellungsantrag gestellt. Nunmehr verfolgten sie ihr Leistungsbegehren weiter, von dem sie zu keinem Zeitpunkt abgerückt seien. Im Mai 2014 seien die Bauarbeiten für den Ausbau des Elbe-Havel-Kanals abgeschlossen worden, ohne dass die Beklagte die streitige Verpflichtung aus dem Vergleich erfüllt hätte.

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Die Kläger beantragen nunmehr,

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das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die im Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 27.10.2008 unter A.III.4., B.III. 3.1.2, 3.2.5, 4 und 5, sowie Anlage 7 (lfd. Nrn. 36 bis 51) festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger in der Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstücke 49 und 54/1 und Flur B, Flurstücke 51, 52, 57 und 58 durchzuführen,

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hilfsweise

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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern alle bereits entstandenen und noch entstehenden Schäden zu ersetzen, die daraus resultieren, dass die Beklagte aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht in der Lage ist, die vorgenannten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den oben genannten Grundstücken der Kläger durchzuführen und deshalb auch nicht durchführt.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Auch sie tritt der Auffassung der Vorinstanz entgegen, dass die Reglung in Ziffer 6 des Vergleichs nichtig sei. In den Planfeststellungsunterlagen seien auf den klägerischen Grundstücken zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitigen Regelung die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme 1.1 und die V-Maßnahme 1 planfestgestellt worden. Letztgenannte Maßnahme sehe die Wiederherstellung des ursprünglichen Bestandes vor, und zwar genau an den Stellen, an denen baubedingt habe eingegriffen werden müssen. Sie stelle aus naturschutzfachlicher Sicht dem Charakter nach – unabhängig von ihrer formalen Bezeichnung – (auch) eine Ausgleichsmaßnahme im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG dar. Sie habe bereits vor Eröffnung des Planfeststellungsverfahrens, nachdem ihr die Planungen der Kläger zur Nutzung und Umgestaltung des Rittergutes (...) zur Kenntnis gelangt seien, ihre bis dahin erfolgten Planungen geändert, um die ganz oder teilweise im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücke nur in so geringem Maße wie nötig in Anspruch zu nehmen. So seien durch die Änderung der ursprünglichen Planung, die Schrägufer beinhaltet habe, sehr kostenintensive Spundwände vorgesehen, was zu einer Reduzierung der Flächeninanspruchnahme auf den klägerischen Grundstücken um ca. 41% geführt habe. Später habe sie ursprünglich planfestgestellte Inanspruchnahmen von Grundstücken der Kläger für Baufeldstreifen und eine Baustelleneinrichtungsfläche in erheblichem Umfang reduziert. Da es auf den klägerischen Grundstücken zu wesentlich verringerten Eingriffen als ursprünglich planfestgestellt gekommen sei, hätten sich dementsprechend auch die zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in entsprechendem Umfang verringert. Dennoch würden sowohl die Ausgleichsmaßnahme 1.1 als auch die Maßnahme V 1 nach Abschluss der Bauarbeiten auf den klägerischen Grundstücken im dann noch erforderlichen Umfang durchgeführt. Der exakte und endgültige Umfang dieser Maßnahmen könne aber erst, wie auch sonst bei der Umsetzung von planfestgestellten Maßnahmen üblich, nach deren Abschluss geplant werden. Maßgeblich seien vorliegend auch die Platzverhältnisse, die nach dem Bau eines noch zu errichtenden Zauns verblieben. Absehbar sei aber, dass u. a. die Pflanzung von Strauchgruppen sowie Gehölzpflanzungen auf der hergestellten Böschung, d. h. Strauchgruppen entsprechend der örtlich vorhandenen natürlichen Vegetation, und ggf. an geeigneten Stellen auch die Pflanzung einzelner Bäume ausgeführt werden. Entsprechende Pflanzungen werde es auch im Bereich des Gutsparks geben. Bei der Realisierung dieser Maßnahmen werde sie sich, wie dies in Ziffer 6 des Vergleichs geregelt sei, mit der Landschaftsarchitektin der Kläger abstimmen und die Maßnahmen vorgezogen durchführen.

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Entgegen der Auffassung der Kläger seien nur diejenigen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf ihren Grundstücken durchzuführen, die auf diesen Flächen planfestgestellt worden seien. Nur diese Maßnahmen seien Teil der Vergleichsverhandlungen gewesen und hätten in Ziffer 6 des Vergleichs aufgenommen werden können. Diese Regelung konkretisiere lediglich die Festlegungen des Planfeststellungsbeschlusses einschließlich des landschaftspflegerischen Begleitplans hinsichtlich der auf den Grundstücken der Kläger festgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Das Klagebegehren sei, insbesondere auch aus rechtlichen Gründen, auf eine unmögliche Leistung gerichtet und könne deshalb nicht Gegenstand des Vergleichs geworden sein. Die planfestgestellten Vermeidungs-, Verminderungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bildeten ein Gesamtkonzept mit gegenseitigen Abhängigkeiten zur Kompensation der durch das Vorhaben verursachten Eingriffe. Im Anhörungsverfahren hätten (Naturschutz-)Fachbehörden, die Naturschutzvereinigungen, die betroffenen Grundstückseigentümer und diverse andere Betroffene hierzu Stellung genommen bzw. Einwendungen erhoben. Die Planfeststellungsbehörde habe danach unter Einbeziehung dieser Äußerungen eine Abwägungsentscheidung getroffen, deren Ergebnis sich dann in Form des Planfeststellungsbeschlusses nebst den dazu gehörigen Unterlagen, hier vor allem des landschaftspflegerischen Begleitplans, darstelle. Würden nun, wie von den Klägern begehrt, einzelne Maßnahmen aus diesem Gesamtkonzept herausgelöst, um sie auf ihren Grundstücken vorzunehmen, führte dies nicht nur dazu, dass damit das im Planfeststellungsbeschluss abgewogene Gesamtkompensationskonzept zerfiele, sondern es wäre – neben der Erstellung eines neuen landschaftspflegerischen Begleitplans – ein Planänderungsverfahren mit einem neuen Anhörungsverfahren erforderlich. Ohne Durchführung eines Planänderungsverfahrens, d.h. nur durch den Abschluss des Vergleichs, könne der Planfeststellungsbeschluss nebst landschaftspflegerischem Begleitplan nicht rechtlich wirksam geändert werden. Im Übrigen stellten die Festlegungen in der streitigen Ziffer 6 des Vergleichs in Bezug auf „mit der vom Kläger beauftragten Landschaftsarchitektin abstimmen“ und „vorgezogen“ allein Konkretisierungen des Planfeststellungsbeschlusses dar und hätten keinen darüber hinaus gehenden Erklärungswert. Überdies sei nicht erkennbar, warum sie sich dazu habe verpflichten sollen, auch für Eingriffe, die auf ehemaligen Flächen der Kläger vorgenommen worden seien bzw. werden, Kompensation auf den verbleibenden klägerischen Grundstücken zu leisten. Soweit Grundstücke der Kläger zur Realisierung des Vorhabens komplett in Anspruch genommen worden seien, seien diese von ihr erworben und nach gutachterlicher Festsetzung ein entsprechender Kaufpreis bzw. eine Entschädigung bei dauerhafter Beschränkung an die Kläger gezahlt worden. Weswegen sie die Kläger dann zusätzlich noch mit entsprechenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den bei ihnen verbleibenden Flächen – quasi doppelt – hätte entschädigen sollen, sei nicht nachvollziehbar. Ganz abgesehen davon hätten die Kläger bereits im Zuge ihrer Klagerücknahme im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine beträchtliche Zahlung in Höhe von 150.000 € und weitere 3.000 € für Sonderplanungskosten erhalten. Die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf der Insel seien gerade nicht für Eingriffe auf den Grundstücken der Kläger geplant, sondern „allgemein“ für Eingriffe bilanziert worden (z.B. Flächenentzug durch Durchstich, Stadtstrecke, etc.). Es habe eine Bilanzierung stattgefunden nach Biotoptypen, Fauna, Landschaftsbild usw. in „Hektar“ und nicht nach „Wasserstraßen-Kilometern“. Es sei somit nicht ersichtlich, warum sie bei Abschluss der Vereinbarung den Willen gehabt haben sollte, den Planfeststellungsbeschluss, insbesondere die Gesamtkonzeption des landschaftspflegerischen Begleitplans, mit dem dargestellten Aufwand noch einmal „auseinander zu pflücken“, obwohl sie den Klägern insbesondere für ihren Flächenverlust und für den entsprechenden Bewuchs monetäre Entschädigung leiste. Nichts anderes ergebe sich, wenn man auf den Empfängerhorizont der Kläger abstelle. Die vorgesehenen (Gesamt-)Kompensationsmaßnahmen überstiegen selbst dann die Größe ihrer Grundstücke erheblich, wenn man Maßnahmen wie „Tanklager (...)“, „Ablagerungsfläche“ und „Sohlgleite“ unberücksichtigt lasse. Im Übrigen seien einige Maßnahmen auch ortsgebunden und könnten deshalb nicht auf den Grundstücken der Kläger durchgeführt werden. Die streitige Passage des Vergleichs enthalte auch keine Andeutung dahingehend, dass die Planfeststellungsbehörde zur Umsetzung der behaupteten Zusage die Durchführung eines Planänderungsverfahrens oder Derartiges anstrebe. Ferner sei die Einschätzung der Kläger, die Durchführung eines entsprechenden Planänderungsverfahrens sei ohne Schwierigkeiten möglich, nicht nachvollziehbar. Die Einschätzung der Kläger könne die Stellungnahmen der entsprechenden Fachbehörden nicht ersetzen. Zudem habe der Abschluss des Vergleichs für die Beklagte primär den Zweck gehabt, den Planfeststellungsbeschluss in Bestandskraft erwachsen zu lassen. Andere Klagen seien nicht erhoben worden. Die Durchführung eines erforderlichen Planänderungsverfahrens zur Modifizierung insbesondere des landschaftspflegerischen Begleitplans hätte aber dazu geführt, dass eine Vielzahl neuer Klagemöglichkeiten gegen den Änderungsbeschluss geschaffen worden wären. In der streitigen Ziffer 6 des Vergleichs habe sie sich auch nicht zu Leistungen außerhalb der planfestgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, namentlich zu „Leistungen zugunsten eines Dritten“ verpflichtet bzw. verpflichten wollen. Dem stehe bereits der Wortlaut der Ziffer 6 bzw. die Bezugnahme auf den Planfeststellungsbeschluss entgegen. Die Regelung sehe gerade nicht vor, dass der Träger des Vorhabens zuzüglich zu den bereits planfestgestellten noch weitere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die nicht der Planfeststellung unterlagen, auf den Grundstücken der Kläger durchführen werde. Zudem stünde dieser Vorgehensweise die Bundeshaushaltsordnung entgegen. Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien nach den naturschutzrechtlichen Vorgaben nur in dem Umfang zu erbringen, dass die mit dem Vorhaben verursachten Eingriffe in Natur und Landschaft kompensiert werden. Für die Vereinbarung weiterer Maßnahmen und damit einer entsprechenden „Überkompensation“ sei kein Raum.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Der Senat entscheidet über die Berufung durch Beschluss nach § 130a Satz 1 VwGO, weil er einstimmig zu dem in der Beschlussformel niedergelegten Ergebnis gelangt und bei geklärtem Sachverhalt keine mündliche Verhandlung für erforderlich hält. Die Anhörungsrechte der Beteiligten (§§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO) sind gewahrt.

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II. Die Berufung der Kläger ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

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1. Die von den Klägern im Berufungsverfahren vorgenommene Umstellung des Hauptantrags von einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO zu einer allgemeinen Leistungsklage ist zulässig. Dabei kann dahinstehen, ob der im erstinstanzlichen Verfahren gestellte Feststellungsantrag mit Rücksicht darauf sachdienlich gewesen ist, dass die Kläger seinerzeit die Durchführung der von ihnen begehrten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf ihren Grundstücken noch nicht verlangen konnten, weil das Ausbauvorhaben der Beklagten noch nicht fertig gestellt oder zumindest so weit hergestellt war, dass die Maßnahmen sinnvollerweise schon durchgeführt werden konnten. Jedenfalls nach der Fertigstellung des Bauvorhabens stehen einer Vornahme noch nicht durchgeführter Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen keine Hindernisse (mehr) entgegen. In der Umstellung des Klageantrags von einer Feststellungsklage in eine allgemeine Leistungsklage liegt auch keine Klageänderung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.10.1987 – BVerwG 4 B 211.97 –, DÖV 1988, 224, RdNr. 9 in juris; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 91 RdNr. 9). Im Übrigen wäre eine Klageänderung gemäß § 91 Abs. 1 und 2 VwGO zulässig, weil sich die Beklagte im Schriftsatz vom 23.10.2014 auf die geänderte Klage eingelassen hat. Zudem wäre die geänderte Klage sachdienlich, weil der Prozessstoff im Wesentlichen derselbe bleibt.

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2. Die geänderte Klage hat aber keinen Erfolg.

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2.1. Soweit die Leistungsklage auch darauf gerichtet sein sollte, die Beklagte zu verurteilen, die bereits im Planfeststellungsbeschluss i.V.m. dem landschaftspflegerischen Begleitplan für die Grundstücke der Kläger vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Sinne von § 19 Abs. 2 BNatSchG a. F. bzw. § 15 Abs. 2 BNatSchG n. F. durchzuführen, fehlte den Klägern das Rechtsschutzinteresse. Die Beklagte war von Anfang an bereit, diese Maßnahmen wie im Planfeststellungsbeschluss i.V.m. dem landschaftspflegerischen Begleitplan vorgesehen auszuführen (vgl. Schriftsatz vom 15.03.2010, Bl. 39 GA).

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2.2. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte auf den Grundstücken der Kläger Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchführt, die über die im Planfeststellungsbeschluss i.V.m. dem landschaftspflegerischen Begleitplan für ihre Grundstücke bereits vorgesehenen Maßnahmen hinausgehen.

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2.2.1. Die streitige Ziffer 6 des außergerichtlichen Vergleichs vom 13.05.2009 ist allerdings entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht nichtig.

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2.2.1.1. Bei der Vereinbarung vom 13.05.2009 handelt es sich um einen rechtlich zulässigen öffentlich-rechtlichen Vertrag.

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Die §§ 54 ff. VwVfG regeln ausdrücklich nur den Vergleichsvertrag (§ 55 VwVfG) und den Austauschvertrag (§ 56 VwVfG), geben aber darüber hinaus für den öffentlich-rechtlichen Vertrag nicht bestimmte Vertragstypen vor. Soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen (§ 54 Satz 1 VwVfG), können die Beteiligten in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag Regelungen vereinbaren, ohne dabei an bestimmte Vertragstypen gebunden zu sein. Ob eine Regelung zulässiger Gegenstand eines öffentlich-rechtlichen Vertrages sein kann, richtet sich unter anderem danach, ob die einschlägigen Vorschriften des Fachrechts dem entgegenstehen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 30.04.2008 – BVerwG 7 B 6.08 –, juris, RdNr. 19).

40

Bei der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarung vom 13.05.2009 handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, der Elemente eines Vergleichsvertrages im Sinne von § 55 VwVfG und eine Austauschvertrages im Sinne von § 56 VwVfG beinhaltet.

41

Nach § 55 VwVfG kann ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Abs. 2 VwVfG, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird (Vergleich), geschlossen werden, wenn die Behörde den Abschluss des Vergleichs zur Beseitigung der Ungewissheit nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig hält. Dabei ist Nachgeben jedes Abrücken von dem im Verfahren günstigstenfalls erreichbaren Ergebnis (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 55 RdNr. 19). Das Nachgeben nur eines Beteiligten genügt nicht (Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 55 RdNr. 40). Auf Seiten der Behörde kann das Nachgeben liegen in einem Verzicht auf eine Auflage, der Verlängerung einer dem Betroffenen eingeräumten Frist, dem Verzicht auf die Vollstreckung eines Verwaltungsakts, der Stundung einer Forderung, der Verpflichtung, über einen Antrag erneut zu entscheiden, wenn das Gericht in einer parallelen Sache zugunsten des Klägers entscheiden sollte; auf Seiten des Bürgers kann das Nachgeben etwa in einer Rücknahme eines bereits eingelegten Rechtsbehelfs bestehen (Kopp/Ramsauer, a.a.O.). Unter diesen Voraussetzungen vermögen Vergleichsverträge Leistungspflichten auch dann zu begründen, wenn der Vergleichsinhalt der Gesetzeslage (teilweise) widerspricht (BVerwG, Urt. v. 01.12.1989 – BVerwG 8 C 17.87 –, BVerwGE 84, 157 [165], RdNr. 29 in juris, m.w.N.). Das gegenseitige Nachgeben muss seine Ursache in dem Bestreben des Vertragspartners haben, die rechtliche und tatsächliche Ungewissheit gemeinsam zu bewältigen; Voraussetzung ist deshalb ein innerer Zusammenhang zwischen Ungewissheit und Nachgeben (Kopp/Ramsauer, a.a.O., RdNr. 19a). Besteht das Nachgeben in einer (objektiven) Gegenleistung, kann ein Vergleich zugleich auch Austauschcharakter im Sinne des § 56 VwVfG haben (Bonk, a.a.O.).

42

Im konkreten Fall bestand bei den Beteiligten im Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs in rechtlicher Hinsicht Ungewissheit darüber, inwieweit der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 27.10.2008 wegen der von den Klägern geltend gemachten Belange inhaltlich geändert werden musste. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der von den Klägern erhobenen Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss mit Beschluss vom 02.04.2009 angeordnet hatte, war einerseits mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Planfeststellungsbeschluss aufgrund eines fachplanerischen Abwägungsmangels in dieser Form keinen Bestand haben würde. Unsicher war andererseits aber auch, ob und wie der voraussichtlich bestehende Abwägungsmangel im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens nach § 14e Abs. 6 Satz 2 WaStrG behoben werden konnte, insbesondere ob das ergänzende Verfahren zu einer inhaltlichen Änderung des Planfeststellungsbeschlusses führen würde oder würde führen müssen. Dies hatte das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss offen gelassen.

43

Das Nachgeben der Kläger bestand darin, dass sie ihre Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht zurücknehmen sollten. Die Beklagte ist in der Vereinbarung vom 13.05.2009 insoweit von ihrer Position, der unveränderten Aufrechterhaltung des Planfeststellungsbeschlusses, abgerückt, als sie den Klägern zugestanden hat, die Spundwände im Bereich der Grundstücke der Kläger mit dem für den Baugrund geeigneten Verfahren einzubringen unter Berücksichtigung etwaiger denkmalrechtlicher Belange, im Rahmen der Baumaßnahme einen blickdichten Zaun auf den Grundstücken der Kläger zu errichten und die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger mit der von den Klägern beauftragen Landschaftsarchitektin abzustimmen und vorgezogen durchzuführen. Mit den Regelungen, dass die Beklagte den Klägern eine Geldleistung in Höhe von insgesamt 153.000,00 € gewährt und die für ihr Vorhaben benötigten Grundstücke der Kläger zum Verkehrswert erwirbt, hat sie sich darüber hinaus zu (weiteren) Gegenleistungen im Sinne von § 56 VwVfG verpflichtet. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Weder aus den Vorschriften des Wasserstraßengesetzes noch aus naturschutzrechtlichen Bestimmungen lässt sich herleiten, dass ein Vorhabenträger einem Einwender in einem Planfeststellungsverfahren nicht zusagen darf, eventuelle Nachteile seines Vorhabens durch Gegenleistungen auszugleichen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.04.2008, a.a.O.).

44

2.2.1.2. Ziffer 6 des Vergleichs ist entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht gemäß § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig.

45

Gemäß § 59 Abs. 1 VwVfG ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des BGB ergibt. Gemäß § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Bei verwaltungsrechtlichen Verträgen führt nicht jeder Rechtsverstoß, sondern nur ein qualifizierter Fall der Rechtswidrigkeit zur Nichtigkeit; die „inhaltliche Unzulässigkeit" eines verwaltungsrechtlichen Vertrages führt zu dessen Nichtigkeit, wenn sie sich als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) darstellt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.09.2005 – BVerwG 4 B 57.05 –, ZfBR 2006, 53, RdNr. 4 in Juris, m.w.N.). Erforderlich ist ein Verstoß gegen eine zwingende Rechtsnorm, die entweder den Abschluss eines Vertrages, d. h. eine Regelung der in Frage stehenden Angelegenheit durch Vertrag, den Inhalt der vertraglichen Regelung oder die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges schlechthin verbietet (vgl. OVG BBg, Urt. v. 13.12.2006 – 10 B 13.05 –, Juris, RdNr. 93; VGH BW, Urt. v. 01.10.2004 – 3 S 1743/03 –, BauR 2005, 1908, RdNr. 19 in Juris).

46

Ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot lässt sich hier nicht damit begründen, dass der Planfeststellungsbeschluss das Verbot beinhalte, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger umzusetzen. Der Planfeststellungsbeschluss ist – wie die Beteiligten zutreffend geltend machen – keine Rechtsnorm, sondern ein Verwaltungsakt. Im Übrigen ist dem Planfeststellungsbeschluss ein solches Verbot nicht zu entnehmen. Die Annahme der Vorinstanz, die Grundstücke der Kläger gehörten nach dem landschaftspflegerischen Begleitplan nicht zu den Grundstücken, auf denen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchgeführt werden, trifft nicht zu. Der zum landschaftspflegerischen Begleitplan gehörende Maßnahmeplan für den Abschnitt „EHK-km 355,120 bis 356,890“ (Anlage 7.9) lässt erkennen, dass auf den Klägern gehörenden Grundstücken (Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstücke 49 und 54/1 sowie Flur B, Flurstücke 51, 52, 57 und 58) – wenn auch in vergleichweise geringem Umfang – eine Ausgleichsmaßnahme nach Ziffer 1.1 vorgesehen ist, die nach dem Textteil des Plans (S. 25) die Entwicklung von Ruderal-/Staudenflächen und auf geeigneten Flächen (Ruderalflächen auf landseitigen Böschungen des Betriebsweges) auch die Anpflanzung von Einzelbäumen beinhaltet.

47

2.2.2. Aus dem Vergleich lässt sich der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Durchführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf ihren Grundstücken über die im Planfeststellungsbeschluss konkret für ihre Grundstücke festgelegten Maßnahmen hinaus aber nicht herleiten.

48

Der Vergleich als materiell-rechtlicher Vertrag ist gemäß §§ 133, 157 BGB unter Beachtung der Gebote von Treu und Glauben auszulegen. Neben dem Wortlaut und dem daraus zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen kommt es auf den mit dem Rechtsgeschäft verfolgten Zweck einer Regelung, die beiderseitige Interessenlage und die Begleitumstände der Vereinbarung an (vgl. OVG NW, Beschl. v. 03.12.2014 – 13 A 202/14 –, juris, RdNr. 5, m.w.N.). Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führt (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.2005 – XII ZR 241/03 –, NJW-RR 2006, 337 [338]) und die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vermeidet (BGH, Urt. v. 17.03.2011 – I ZR 93/09 –, juris, RdNr. 26):

49

2.2.2.1. Bei der danach vorzunehmenden Auslegung der streitigen Vereinbarung in Ziffer 6 des Vergleichs lässt sich insbesondere kein Anspruch der Kläger darauf herleiten, dass die Beklagte sämtliche im Planfeststellungsbeschluss i.V.m. dem landschaftspflegerischen Begleitplan festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den im Klageantrag bezeichneten Grundstücken der Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstücke 49 und 54/1 und Flur B, Flurstücke 51, 52, 57 und 58 durchführen muss.

50

Schon der Wortlaut der streitigen Regelung lässt eine solche Auslegung nicht zu. Darin verpflichtet sich die Beklagte, die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger mit der von ihnen beauftragten Landschaftsarchitektin abzustimmen und vorgezogen durchzuführen. Der Satz wäre ggf. mehrdeutig, wenn die Verpflichtung zur Abstimmung mit der Landschaftsarchitektin fehlen würde oder anders in diesen Satz eingefügt worden wäre. Hätte eine Vereinbarung des Inhalts getroffen werden sollen, dass alle im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger durchzuführen sind, wäre eine andere Formulierung gewählt worden, etwa dergestalt, dass sich die Beklagte verpflichtet, die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (nur) auf den Grundstücken der Kläger nach vorheriger Abstimmung mit der beauftragten Landschaftsarchitektin vorgezogen durchzuführen. Zwar wäre die Regelung noch klarer, wenn der Satz dergestalt formuliert worden wäre, dass die Beklagte die im Planfeststellungsbeschluss auf den Grundstücken der Kläger festgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen mit der beauftragten Landschaftsarchitektin abstimmen und vorgezogen durchführen werde. Da sich jedoch die Verpflichtung zur Abstimmung mit der Landschaftsarchitektin auf „die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger“ bezieht, kann sich die im nächsten Satzteil festgelegte Verpflichtung zur vorgezogenen Durchführung verständigerweise ebenfalls nur auf die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger beziehen. Dass eine Abweichung von den Festlegungen im Planfeststellungsbeschluss erfolgen soll, lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen.

51

Unabhängig davon wäre es auch unmöglich, sämtliche im Planfeststellungsbeschluss i.V.m dem landespflegerischen Begleitplan dargestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den von den Klägern bezeichneten Grundstücken durchzuführen. Dies lässt schon der Umfang der Maßnahmen nicht zu. Nach dem landschaftspflegerischen Begleitplan, der gemäß § 20 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG a. F. sowie nach § 17 Abs. 4 Satz 5 BNatSchG n. F. Bestandteil des Fachplans ist, werden im fraglichen ca. 9,5 km langen Planfeststellungsabschnitt 7 im unmittelbaren Kanalbereich auf einer Fläche von insgesamt 34,43 ha Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt. Der restliche Kompensationsbedarf wird mit dem Rückbau (5,16 ha) und der Renaturierung des ehemaligen Tanklagers (...) (Weinberg bei (...)) auf 21 ha sowie der Umwandlung eines Sohlabsturzes in eine Sohlgleite am Tuchheim-Parchener Bach als Ersatzmaßnahme entwickelt. Auf den Ausgleichs- und Ersatzflächen werden Maßnahmen vorgesehen, die die erheblich beeinträchtigten Funktionen der Schutzgüter Vegetation, Fauna, Boden und Landschaftsbild positiv entwickeln. Der Verlust, der im Zuge des Ausbaus durch die Fällung von 348 Einzelbäumen eingetreten ist, soll durch 414 Neupflanzungen unterschiedlicher Qualitäten ausgeglichen werden. Stellt man diese im landschaftspflegerischen Begleitplan für die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehenen Flächen einerseits und die Gesamtfläche der von den Klägern in ihrem Antrag bezeichneten Grundstücke (Flur A, Flurstücke 49 und 54/1 und Flur B, Flurstücke 51, 52, 57 und 58) von 85.899 m² (vgl. S. 99 ff. des Grunderwerbsverzeichnisses, Anlage 4.1 des Planfeststellungsbeschlusses) andererseits gegenüber, ist offensichtlich, dass nicht sämtliche im Planfeststellungsbeschluss i.V.m dem landespflegerischen Begleitplan dargestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für den ca. 9,5 km langen Planungsabschnitt auf den von den Klägern bezeichneten Grundstücken herstellt werden können und sie deshalb vernünftigerweise auch nicht Gegenstand der streitigen Ziffer 6 des Vergleichs sein können.

52

In ihrem Schriftsatz vom 05.05.2010 (S. 2, Bl. 60 GA) haben die Kläger im Übrigen selbst vorgetragen, obwohl der Wortlaut des Vergleichs – aus ihrer Sicht – eine derartige Auslegung zulasse, begehrten sie nicht, dass die Beklagte alle Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die im Zuge des Kanalausbaus im streitgegenständlichen Planungsabschnitt durchgeführt werden müssen, sämtlich auf ihren Grundstücken vorzunehmen habe.

53

2.2.2.2. Auch eine Vereinbarung des Inhalts, dass zwar nicht sämtliche, aber auch nicht nur die im Planfeststellungsbeschluss für die Grundstücke der Kläger konkret vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger durchgeführt werden sollen, lässt sich dem Vergleich nicht entnehmen.

54

a) Auch eine solche Auslegung findet im Wortlaut der Ziffer 6 des Vergleichs keine Stütze. Hätten die Beteiligten eine solche teilweise Abweichung von den Festlegungen im Planfeststellungsbeschluss vereinbaren wollen, etwa mit dem Inhalt, dass Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in dem Umfang auf ihren Grundstücken durchgeführt werden sollen, wie sie den Eingriffen auf ihren Grundstücken entsprechen (vgl. nochmals S. 2 des Schriftsatzes der Kläger vom 05.05.2010, Bl. 60 GA), wären die auf den Grundstücken der Kläger durchzuführenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und die sich daraus ergebenden Abweichungen vom Planfeststellungsbeschluss zumindest grob nach Umfang und Art näher bezeichnet worden, um überhaupt eine hinreichend bestimmte und umsetzbare Regelung zu schaffen. Im Planfeststellungsbeschluss waren die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach Art und Umfang genau bezeichnet.

55

b) Auch der Zweck des Vergleichs und die bei Abschluss des Vergleichs gegebene Interessenlage sprechen gegen die von den Klägern begehrte Verlegung von im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf ihre Grundstücke.

56

Zweck des Vergleichs insgesamt war es, den vor dem Bundesverwaltungsgericht im Hauptsacheverfahren noch anhängigen Rechtsstreit der Beteiligten endgültig beizulegen. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage wegen eines Abwägungsmangels bei der Trassenwahl angeordnet hatte, mussten die Beteiligten davon ausgehen, dass der angefochtene Planfeststellungsbeschluss im Hauptsacheverfahren keinen Bestand haben würde. Dabei ließ das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich offen, ob der festgestellte Fehler in einem ergänzenden Verfahren nach § 14e Abs. 6 Satz 2 WaStrG behoben werden könnte und ob ein solches ergänzendes Verfahren zu einer inhaltlichen Änderung des Planfeststellungsbeschlusses führen würde.

57

aa) Daher hatte die Beklagte ein erhebliches Interesse daran, ein solches ergänzendes Verfahren sowie eine danach möglicherweise erforderliche Planänderung und damit einhergehende Verzögerungen für den Kanalausbau zu vermeiden. Diesem Interesse der Beklagten hätte es offenkundig widersprochen, abweichend vom Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses und des landschaftspflegerischen Begleitplans Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die nicht schon für die Grundstücke der Kläger vorgesehen waren, auf die Grundstücke der Kläger zu verlegen. Da der Planfeststellungsbeschlusses und der landschaftspflegerische Begleitplan eine rechtliche Einheit bilden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.05.1996 – BVerwG 4 B 30.95 –, NVwZ-RR 1997, 217 [218]) hätte eine von den Festlegungen im landschaftspflegerischen Begleitplan abweichende Durchführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen eine Planänderung erfordert.

58

Zwar hätte für eine solche Änderung voraussichtlich nicht zwingend ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden müssen. Denn gemäß § 14d Satz 1 WaStrG i.V.m. § 76 Abs. 2 VwVfG kann die Planfeststellungsbehörde bei Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung von einem neuen Planfeststellungsverfahren absehen, wenn die Belange anderer nicht berührt werden oder wenn die Betroffenen der Änderung zugestimmt haben. Als unwesentlich ist eine Planänderung dann anzusehen, wenn sie Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis nach Struktur und Inhalt nicht berührt, also die Frage sachgerechter Zielsetzung nicht erneut aufwerfen kann, d.h. wenn die Gesamtkonzeption, insbesondere Umfang und Zweck des Vorhabens unverändert bleiben und wenn zusätzliche belastende Auswirkungen von größerem Gewicht sowohl auf die Umgebung als auch hinsichtlich der Belange Einzelner nicht zu erwarten sind (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 76 RdNr. 27, m.w.N.). Letzteres dürfte bei der Verlegung einer Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme der Fall sein (vgl. OVG RP, Gerichtsbescheid v. 25.06.2003 – 8 C 10392/03 –, NuR 2003, 634). In diesem Fall kann eine Planänderung formlos erfolgen (vgl. Hütting/Hopp, UPR 2003, 1 [4 f.]; Jarras, DVBl 1997, 795 [798]).

59

Die Verlegung der im Planfeststellungsbeschluss i.V.m. dem landschaftspflegerischen Begleitplan festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf die Grundstücke der Kläger hätte aber materiell vorausgesetzt, dass die Beklagte ein völlig neues naturschutzrechtliches Konzept erarbeitet. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass die planfestgestellten Vermeidungs-, Verminderungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ein Gesamtkonzept mit gegenseitigen Abhängigkeiten zur Kompensation der durch das Vorhaben verursachten Eingriffe bilden. Die in einem naturschutzfachlichen Gesamtkonzept vorzusehenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen müssen die durch das Vorhaben verursachten unvermeidbaren Eingriffe in Natur und Landschaft qualitativ ausgleichen oder gleichwertig ersetzen (BVerwG, Urt. v. 24.03.2011 – BVerwG 7 A 3.10 –, NVwZ 2011, 1124 [1126], RdNr. 44). Dabei ist u. a. zu berücksichtigen, dass für die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nur solche Flächen in Anspruch genommen werden dürfen, die sich für diesen Zweck objektiv eignen; damit kommen nur solche Flächen in Betracht, die aufwertungsbedürftig und -fähig sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.03.2011, a.a.O., RdNr. 47).

60

In der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses werden die vom Vorhaben verursachten Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sowie die Maßnahmen, mit denen die unvermeidbaren Beeinträchtigungen ausgeglichen oder ersetzt werden sollen, im Einzelnen dargelegt.

61

So wird in Abschnitt 3.1.2 (Schutzgut Pflanzen, Tiere und deren Lebensräume) ausgeführt, infolge von bau- und anlagebedingter Flächeninanspruchnahme gingen wertvolle Lebensräume der Fauna (vor allem Altfauna) verloren. Betroffen seien Bruthabitate streng geschützter Vogelarten. Für alle anderen betrachteten Tiergruppen stelle insbesondere die Abgrabung der Landzunge an der Einmündung des RAK zur Errichtung der Wendestelle durch die Zerstörung eines sehr wichtigen Habitatkomplexes eine besonders erhebliche Beeinträchtigung dar. Reptilien, Amphibien, Heuschrecken, Libellen und Schmetterlinge seien hier mit zum Teil hoher Individuendichte vorhanden. Im unmittelbaren Kanalbereich würden daher auf ca. 34,43 ha Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt, z.B. durch die Gestaltung der entstehenden Kanalinsel, Gestaltung eines Flachwasserbereiches, Gehölzpflanzungen, Waldsaumentwicklung und Gestaltung der Ablagerungsflächen. Der restliche Kompensationsbedarf werde mit dem Rückbau und der Renaturierung des ehemaligen Tanklagers (...) (Maßnahme 4.1) sowie der Umwandlung eines Sohlabsturzes in eine Sohlgleite am Tuchheim-Parchener Bach (Maßnahme 4.2) als Ersatzmaßnahmen entwickelt. Der Verlust von Einzelbäumen werde durch 414 Neupflanzungen unterschiedlicher Qualität ausgeglichen.

62

In Abschnitt 3.1.3 (Schutzgut Boden) heißt es weiter: Um die anlagebedingten Beeinträchtigungen zu kompensieren, seien zahlreiche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen, die u. a. der Aufwertung der Bodenfunktionen dienten (Maßnahmen 1.2, 1.3, 1.5, 1.7 und 4.1). Landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen würden umgewandelt in Sukzessions- und Gehölzflächen. Zur Gestaltung der Kanalinsel werde die Steinschüttung am Nordufer des Altkanals zurückgebaut. Am Tanklager (...) würden asphaltierte/betonierte Flächen entsiegelt und eine Geländemodellierung durch Verfüllung von Baugruben vorgenommen (Maßnahme 4.1).

63

In Abschnitt 3.1.6 (Schutzgut Landschaftsbild) wird ausgeführt, das Landschaftsbild werde vor allem in relativ naturnah wirkenden Bereichen der freien Strecke sowie der Halbinsel an der Einmündung des Roßdorfer Altkanals in G. dauerhaft beeinträchtigt. Der Verlust landschaftsbildprägender kanalbegleitender Gehölze infolge der Neutrassierung (einschließlich Durchstich bei (...)) und Verbreiterung des Kanals, der Abtrag naturnaher Lebensräume an der Halbinsel und die teilweise Sicherung des Kanalufers mit Spundwänden verminderten den landschaftsästhetischen Wert des EHK und seiner unmittelbaren Umgebung besonders. Die deutlichen Landschaftsveränderungen aufgrund der Neutrassierung bei (...) und der Verlust von kanalbegleitenden Gehölzen stellten jedoch keine dauerhafte Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dar. Durch die Neutrassierung entstünden ein Altkanal und eine Insel zwischen neuem und altem Kanalteil, auf der sich ein naturnaher auenartiger Lebensraumkomplex entwickeln könne, so dass es sogar zu einer Aufwertung der bisher intensiv genutzten Ackerlandschaft komme. Außerdem sei bei der gesamten Baumaßnahme darauf zu achten, insbesondere die wertgebenden Gehölze soweit wie möglich in ihrem Bestand zu erhalten. Zusätzlich erfolge die landschaftsästhetische Raumwiederherstellung und Einbindung des Kanals in die Landschaft durch kanalbegleitende Gehölzpflanzungen und Waldsaumentwicklung gemäß den LBP-Maßnahmen 1.1, 1.2, 1.3 und 1.5. Im Teilabschnitt 3 der Stadtstrecke werde sich der technische Charakter der Stadtstrecke verstärken. Bisher noch vorhandene naturnahe Landschaftsbereiche in den Kanalseitenräumen sowie an der Mündung des Roßdorfer Altkanals würden weitgehend verschwinden. Infolge der Einrichtung einer Wendestelle für die Berufsschifffahrt würden an der Einmündung des Roßdorfer Altkanals große Teile der Halbinsel mit natürlichen und naturnahen Lebensraumtypen abgetragen. Durch die Verbreiterung des Kanals gingen uferbegleitende Gehölzbestände verloren. Der Verlust an naturnahen Lebensraumtypen könne in diesem Bereich nur ersetzt werden. Dazu dienten die Maßnahmen 4.1 und 4.2. Am Tanklager (...) würden Gebäude, die das Erscheinungsbild des Landschaftsschutzgebietes störten, rückgebaut und die Entwicklung von naturnahen Laubmischwäldern ermöglicht. Am Tucheim-Parchener Bach werde ein Sohlabsturz in eine Sohlgleite umgewandelt, um die technische Überprägung des Gewässerabschnittes zu relativieren. Mit den Ablagerungen von Baggergut aus dem PFA 7 auf den bereits vorhandenen Ablagerungsflächen im Bereich der PFA 6 und 8 komme es insgesamt zu einer landschaftsbildverträglichen Geländeaufhöhung von durchschnittlich sechs Metern. Durch eine sanfte Geländemodellierung aller betroffenen Flächen und eine landschaftsgerechte Kultivierung, die einen Großteil des visuell erlebbaren Höhenunterschiedes überlagere, lasse sich der Eingriff in das Landschaftsbild im Rahmen der vorgesehenen LBP-Maßnahmen mindern und ausgleichen (vgl. Maßnahme 3.1). Im Ergebnis würden die erheblichen und nachhaltigen Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes somit ausgeglichen bzw. ersetzt.

64

In Abschnitt. 3.2.5 der Begründung (Naturschutz und Landschaftspflege) wird ausgeführt, durch die dargestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, denen Abstimmungen mit den zuständigen Fachbehörden des Landes zu Grunde lägen und deren Ausführungsplanung der Träger des Vorhabens mit den Fachbehörden abstimmen werde, bleibe keine erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung des Naturhaushaltes und Landschaftsbildes zurück.

65

Diese Erwägungen zeigen, dass den im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ein komplexes und abgewogenes Gesamtkompensationskonzept zugrunde liegt, wobei gerade die Kanalinsel besonders gute Möglichkeiten bietet, die Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu kompensieren. An den Darstellungen im landschaftspflegerischen Begleitplan wird deutlich, dass sich viele der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Bereich der neu entstehenden Kanalinsel konzentrieren. Mit einer Verlegung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf die Grundstücke der Kläger hätten unter Mitwirkung anderer Fachbehörden, insbesondere der Naturschutzbehörde, wesentliche Teile des Gesamtkonzepts aufgegeben und ein völlig neues Konzept erarbeitet werden müssen. Die Beklagte verfolgte mit dem Vergleich aber gerade das Ziel, eine aufwendige Planänderung zu vermeiden.

66

bb) Auf der anderen Seite konnten die Kläger nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass bei Durchführung eines nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Betracht kommenden ergänzenden Verfahrens abwägungsfehlerfrei nur eine Trasse gewählt werden durfte, bei der ihre Grundstücke nicht oder nur in deutlich geringerem Umfang in Anspruch genommen werden. Dem entsprechend war ihre Interessenlage vornehmlich dadurch gekennzeichnet, dass sie bei der möglicherweise nicht vermeidbaren Verwirklichung des Vorhabens unter Inanspruchnahme von Teilen ihres Grundbesitzes einen für sie angemessenen Ausgleich erhalten. Neben der streitigen Vereinbarung unter Ziffer 6 verpflichtete sich die Beklagte als Gegenleistung für die Klagerücknahme zu weiteren Leistungen an die Kläger. Hauptleistung der Beklagten war nach Ziffer 1 des Vergleichs die Zahlung der Beträge in Ziffer 2 in Höhe von insgesamt 153.000 €, nach deren Zahlung die Klage Zug um Zug zurückgenommen werden sollte. Daneben übernahm die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs einschließlich der vorgerichtlichen Kosten der anwaltlichen Vertretung (Ziffer 3) und verpflichtete sich zur Herstellung der Spundwände im Bereich der Grundstücke der Kläger mit dem für den Baugrund geeigneten Verfahren (Ziffer 4) sowie zur Errichtung eines blickdichten Zauns auf den Grundstücken der Kläger (Ziffer 5). Ferner einigten sich die Beteiligten darauf, dass die Beklagte die für ihr Vorhaben benötigten Grundstücksteile der Kläger zum Verkehrswert erwirbt (Ziffer 8) und die Beklagte hinsichtlich der Berücksichtigung denkmalrechtlicher Belange, die auch weitere auf den Grundstücken der Kläger erfolgte Funde mit einschlossen, mit der zuständigen Behörde abstimmt. Ihrem Interesse an einem Ausgleich für die durch den Ausbau des Kanals entstehenden Nachteile wurde mithin auf vielfältige Art und Weise Rechnung getragen.

67

Es kann auch keine Rede davon sein, dass die Ziffer 6 des Vergleichs in dem von der Beklagten verstandenen Sinn für die Kläger überflüssig wäre. Die darin (zusätzlich) vereinbarte und über die Verpflichtung im Planfeststellungsbeschluss hinaus gehende Gegenleistung des Beklagten bestand darin, dass sie die auf den Grundstücken der Kläger durchzuführenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen mit der beauftragten Landschaftsarchitektin abstimmt und – gegenüber den übrigen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen – vorgezogen durchführt.

68

c) Ein Wille der Beteiligten zur Durchführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger über die Festlegungen im Planfeststellungsbeschluss hinaus ergibt sich mit der gebotenen Klarheit auch nicht aus den Begleitumständen.

69

Der Vergleich ist nach den darin formulierten einleitenden Ausführungen das Ergebnis eines am 11.05.2009 zwischen den Klägern bzw. deren Bevollmächtigtem und Vertretern der Beklagten durchgeführten Einigungsgesprächs. Nach dem Aktenvermerk vom 13.05.2009 (Bl. 3040 des Verwaltungsvorgangs) waren die wesentlichen Forderungen der Kläger, dass a) kein Betriebsweg auf ihrem Grundstück angelegt oder zumindest eine sichere und blickdichte Absperrung angebracht wird, b) ihr Grundbesitz so weit wie möglich nicht beeinträchtigt wird, c) der Spundwandeinbau so schonend wie möglich erfolgen soll (Beeinträchtigung der Scheune und der Fundamente der vermuteten Burg) und d) eine Entschädigung oder ein monetärer Ausgleich erfolgt. Dies spricht dafür, dass die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger für das Zustandkommen des Vergleichs nur von untergeordneter Bedeutung waren.

70

Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus den beim Ortstermin am 29.09.2007 geführten Gesprächen. Darin wurde laut Niederschrift vom 01.10.2007 (vgl. Anlage 12 zur Klageschrift) zwar u. a. festgehalten, dass die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen „für den entfallenden Teil des Gutsparkes und für die als Baustelleneinrichtungs- und Zwischenlager genutzte Fläche“ mit der Planung zur Entwicklung des Gutsparks abgestimmt werden sollten und die zuständige Mitarbeiterin der Beklagten die von der Landschaftsarchitektin erstellte Vorschlagsliste für die Bepflanzung des Gutsparks mit den im landschaftspflegerischen Begleitplan bilanzierten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen abgleichen sollte. Ferner lässt sich einer Gesprächsnotiz der Landschaftsarchitektin vom 30.10.2007 (Anlage 14 zur Klageschrift) entnehmen, dass ein dem Verlust von Gehölzflächen und Baumbeständen entsprechender Ausgleich im Bereich des Gutsparks in Rede stand. Da diese Gespräche aber weit vor Abschluss des Vergleichs, insbesondere auch vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses und vor Klageerhebung beim Bundesverwaltungsgericht stattfanden, kommt ihnen für die Auslegung des Vergleichs wenig Aussagekraft zu. Auch in diesem Zusammenhang ist in Rechnung zu stellen, dass die Beklagte den Klägern wegen der Inanspruchnahme von Teilen des Gutsparks im Vergleich einen finanziellen Ausgleich in Höhe von insgesamt 153.000 € gewährt hat und dass Flächen für Baustelleneinrichtungen und Zwischenlager in erheblichem Umfang letztlich nicht in Anspruch genommen wurden.

71

2.2.2.3. Am Wortlaut des Vergleichs scheitert auch eine Auslegung dahingehend, dass die Beklagte sich dazu verpflichtet hat, auf den Grundstücken der Kläger Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchzuführen, die nicht im Planfeststellungsbeschluss i.V.m. dem landschaftspflegerischen Begleitplan vorgesehen sind. Denn die in Rede stehende Ziffer 6 des Vergleichs nimmt ausdrücklich Bezug auf die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen.

72

2.3. Hat der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Durchführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf ihren Grundstücken über die im Planfeststellungsbeschluss für sie festgelegten Maßnahmen hinaus zu keinem Zeitpunkt bestanden, steht den Klägern auch nicht der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Verpflichtung zu.

73

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

74

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

75

V. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

76

VI. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG. Die sich aus dem Antrag der Kläger für sie ergebende Bedeutung der Sache bemisst der Senat nach den voraussichtlichen Kosten für die von den Klägern begehrten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die sie im erstinstanzlichen Verfahren auf ca. 20.000,00 € beziffert haben. Der Wert des hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruchs bleibt gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG unberücksichtigt, weil er – bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung (vgl. BGH, Beschl. v. 12.09.2013 – I ZR 58/11 –, juris, RdNr. 6) – denselben Gegenstand betrifft wie der mit dem Hauptantrag verfolgte Anspruch.


(1) Bei Sperrung von Bundesfernstraßen wegen vorübergehender Behinderung sind die Träger der Straßenbaulast anderer öffentlicher Straßen verpflichtet, die Umleitung des Verkehrs auf ihren Straßen zu dulden.

(2) Der Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke und die Straßenverkehrsbehörden sind vor der Sperrung zu unterrichten.

(3) Im Benehmen mit dem Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke ist festzustellen, was notwendig ist, um die Umleitungsstrecke für die Aufnahme des zusätzlichen Verkehrs verkehrssicher zu machen. Die hierfür nötigen Mehraufwendungen sind dem Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke zu erstatten. Das gilt auch für Aufwendungen, die der Träger der Straßenbaulast der Umleitungsstrecke zur Beseitigung wesentlicher durch die Umleitung verursachter Schäden machen muss.

(4) Muss die Umleitung ganz oder zum Teil über private Wege geleitet werden, die dem öffentlichen Verkehr dienen, so ist der Eigentümer zur Duldung der Umleitung auf schriftliche Anforderung durch die Straßenbaubehörde oder bei Umleitung von einer Bundesfernstraße, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht, durch die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes verpflichtet. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend. Der Träger der Straßenbaulast ist verpflichtet, nach Aufhebung der Umleitung auf Antrag des Eigentümers den früheren Zustand des Weges wiederherzustellen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend, wenn neue Bundesfernstraßen vorübergehend über andere öffentliche Straßen an das Bundesfernstraßennetz angeschlossen werden müssen.

(6) Der Eigentümer einer baulichen Anlage, die an einer ausgewiesenen Umleitungsstrecke gelegen ist, kann vom Träger der Straßenbaulast für die gesperrte Bundesfernstraße in der Baulast des Bundes Ersatz der erbrachten notwendigen Aufwendungen für Schallschutzmaßnahmen an der baulichen Anlage auf Antrag verlangen, wenn durch die Sperrung der Hauptfahrbahn der Bundesfernstraße in der Baulast des Bundes

1.
der vom Straßenverkehr auf der Umleitungsstrecke ausgehende Lärm um mindestens 3 Dezibel (A) erhöht wird,
2.
der Beurteilungspegel 64 Dezibel (A) am Tage (6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) oder 54 Dezibel (A) in der Nacht (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) überschreitet und
3.
eine Verkehrszunahme verursacht wird, die ab Sperrung der Bundesfernstraße voraussichtlich länger als zwei Jahre andauern wird.
Ein Anspruch besteht nicht, wenn die Lärmerhöhung insbesondere wegen der besonderen Art der Nutzung der baulichen Anlage zumutbar ist oder zugunsten des Betroffenen innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach der Sperrung sonstige Lärmschutzmaßnahmen an der Umleitungsstrecke umgesetzt werden. Wird die zu schützende Nutzung nur am Tage oder nur in der Nacht ausgeübt, so ist nur der Immissionsgrenzwert für den jeweiligen Zeitraum anzuwenden. Sofern nicht abweichend geregelt, muss der Beurteilungspegel nach Satz 1 Nummer 2 durch den Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraße in der Baulast des Bundes nach den Vorgaben der nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassenen Verordnung berechnet werden. Die Berechnung kann auf repräsentative Immissionsorte entlang der betroffenen Umleitungsstrecke begrenzt werden. Notwendig sind erbrachte Aufwendungen, soweit durch sie die Vorgaben zum Umfang von Schallschutzmaßnahmen in der nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassenen Verordnung eingehalten werden; nicht notwendige Aufwendungen sind bauliche Verbesserungen an Wänden und Dächern sowie an Decken unter nicht ausgebauten Dachräumen. Im Einzelfall kann das erforderliche Schalldämmmaß ohne Berechnung der einzelnen Umfassungsbauteile anhand eines repräsentativen Gebäudes an der Umleitungsstrecke festgelegt werden.

(1) Der Bund ist Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. Bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen Dritter bleiben unberührt.

(2) Die Gemeinden mit mehr als 80 000 Einwohnern sind Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen. Maßgebend ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl. Das Ergebnis einer Volkszählung wird mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr verbindlich, in dem die Volkszählung stattgefunden hat. Werden Gemeindegrenzen geändert oder neue Gemeinden gebildet, so ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl des neuen Gemeindegebietes maßgebend. In diesen Fällen wechselt die Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten, wenn sie bisher dem Bund oblag, mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr der Gebietsänderung, sonst mit der Gebietsänderung.

(2a) Die Gemeinde bleibt abweichend von Absatz 2 Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde erklärt. Eine Gemeinde mit mehr als 50 000, aber weniger als 80 000 Einwohnern wird Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde verlangt. Absatz 2 Satz 2 und 4 gilt entsprechend. Die oberste Landesstraßenbaubehörde unterrichtet das Fernstraßen-Bundesamt über die Erklärung der Gemeinde nach Satz 1 oder das Verlangen der Gemeinde nach Satz 2.

(3) In den Ortsdurchfahrten der übrigen Gemeinden ist die Gemeinde Träger der Straßenbaulast für Gehwege und Parkplätze.

(3a) Führt die Ortsdurchfahrt über Straßen und Plätze, die erheblich breiter angelegt sind als die Bundesstraße, so ist von der Straßenbaubehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde die seitliche Begrenzung der Ortsdurchfahrten besonders festzulegen. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, so entscheidet die oberste Landesstraßenbaubehörde.

(4) Eine Ortsdurchfahrt ist der Teil einer Bundesstraße, der innerhalb der geschlossenen Ortslage liegt und auch der Erschließung der anliegenden Grundstücke oder der mehrfachen Verknüpfung des Ortsstraßennetzes dient. Geschlossene Ortslage ist der Teil des Gemeindebezirkes, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist. Einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung unterbrechen den Zusammenhang nicht. Die oberste Landesstraßenbaubehörde setzt im Benehmen mit der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Gemeinde die Ortsdurchfahrt fest und kann dabei mit Zustimmung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und der Kommunalaufsichtsbehörde von der Regel der Sätze 1 und 2 abweichen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass abweichend von Satz 4 an Stelle der höheren Verwaltungsbehörde eine andere Behörde zuständig ist. Sie können diese Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die vom Beklagten getroffene Feststellung, dass im Bereich der ehemaligen innerdeutschen Grenze zwischen der Bundesautobahn 2 und der Bundesstraße 1 gelegene Grundstücke des Klägers (Gemarkung H., Flur A, Flurstücke 1/44, 1/48 und 163 sowie der Flur B, Flurstücke 1/63, 1/65, 1/67, 150, 151 154, 155, 157, 162, 165, 167 und 171) zum Denkmalbereich „Grenzübergangsstelle Marienborn" gehören. Grundlage dieser Feststellung war insbesondere ein Gutachten der Landeskonservatorin bei Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie des Landes Sachsen-Anhalt vom 03.09.2012 (Bl. 32 des Verwaltungsvorgangs [Beiakte B]), in der sie u.a. (vgl. S. 3 f.) ausführte:

2

„Die Einrichtung der alliierten Grenzkontrollstelle an der Autobahn Berlin-Hannover im Jahre 1945 steht am Beginn der städtebaulichen Entwicklung der Grenzübergangstelle, die im Bereich des Magdeburger Geheges völlig neu entstand. Auf dem Gelände befanden sich mit Ausnahme der Autobahn und der Reichsstraße 1 (B1) vorher ausschließlich Waldflächen.

3

Die heute vorhandene Rodungsfläche sowie sämtliche bauliche Anlagen, die von 1945 bis 1989 entstanden, stehen ausschließlich mit der Existenz der GÜSt im Zusammenhang. Selbst die als erhebliche Störung des Denkmalbereichs entstandene Raststätte wäre ohne die vorher vorhandene GÜSt hier kaum errichtet worden.

4

Die Rodungsfläche bildet nördlich der Autobahn einen charakteristischen Keil aus, der zum Punkt des Grenzübertritts der Autobahn zuläuft und räumlich wirkungsvoll und bewusst angelegt ist.

5

Die Bauten, Straßenführungen und Flächen der GÜSt sind nach wie vor Struktur bestimmend. Ihre städtebauliche Struktur, zu der neben der Organisation von Wegeführung und Gebäuden im Kontrollterritorium und im Unterkunfts- und Verwaltungsbereich auch die weiteren Freiflächen und die dort platzierten Anlagen und Gebäude gehören, ist von höchstem dokumentarischen Wert und historischer Wertigkeit, da sie die Organisation und die Konzeption der GÜSt deutlich machen. Ihre Bestandteile bilden einen historischen und funktionalen Zusammenhang.

6

Die Grenzübergangsstelle Marienborn …. ist in den umfänglich erhaltenen Teilen weitgehend authentisch überliefert. Die gegen die erheblichen Bedenken des damaligen Landesamtes für Denkmalpflege neu erbaute Autobahnabfahrt sowie die ebenfalls gegen die erheblichen Bedenken des Landesamts und unter Abbruch von Teilen des Kontrollbereichs errichtete Raststätte Marienborn sind zweifelsfrei als empfindliche Störungen des Denkmals zu bewerten. Die verbleibenden Teile sind jedoch noch ausreichend, um das Denkmal zu konstituieren…

7

Unbeachtliche Umstände: Zustand

8

Unbeachtlich sind für die Denkmaleigenschaft in der Regel der Zustand einer Sache, also Veränderungen und Schäden. Der Zustand der Anlage ist ohnehin insgesamt als befriedigend zu bezeichnen.

9

Der Zustand einzelner Teile der Anlage, insbesondere der Freiflächen ist jedoch durch unterlassene Pflege im Sinne des § 9 Abs. 2 DenkmSchG LSA geprägt. Die vormalig freigehaltenen Flächen des Grenzsicherungsbereichs drohen zu verbuschen und zu verwalden. Sichtbeziehungen und Funktionszusammenhänge sind nicht mehr oder nicht hinreichend gut wahrnehmbar. Durch entsprechende Maßnahmen ist hier jedoch ein denkmalgerechter Zustand kurzfristig und ohne Weiteres wieder herzustellen.“

10

Nachdem der Kläger Widerspruch gegen den Feststellungsbescheid erhoben hatte, führte die Landeskonservatorin in einer weiteren Stellungnahme vom 19.11.2012 (Bl. 65 ff. des Verwaltungsvorgangs) ergänzend aus, bereits nach der Planskizze und ausführlichen Denkmalbegründung vom 17.10.1990 seien die Flächen nördlich der Autobahn bis zur B 1 integraler Bestandteil des Flächendenkmals gewesen. Auch das Kulturdenkmal GÜSt Marienborn habe sich seit seiner Unterschutzstellung erheblich verändert. Autobahnbau, Bau der Rastanlage südlich der Autobahn, forstliche Nutzung und Verfall hätten gegenüber dem Zeitpunkt der Unterschutzstellung im Jahre 1990 die Integrität und Authentizität beeinträchtigt. Dennoch sei die Denkmalfähigkeit der baulichen Gesamtanlage dadurch nicht beeinträchtigt.

11

Den Widerspruch des Klägers wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2013 ab.

12

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht den Feststellungsbescheid des Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass die Grundstücke nicht vom Denkmal „Grenzübergangsstelle Marienborn“ erfasst seien. Zur Begründung hat es u.a ausgeführt:

13

Es unterliege zunächst keinen Zweifeln, dass die Grenzübergangsstelle Marienborn, die als Denkmalbereich im vorgenannten Sinne in das nachrichtliche Denkmalverzeichnis eingetragen sei, als solche die Kriterien eines Kulturdenkmals in der Form eines Denkmalbereichs erfülle. Das Gericht folge insoweit den zutreffenden gutachterlichen Ausführungen der Landeskonservatorin und den darin enthaltenen Ausführungen zur generellen Denkmalfähigkeit und Denkmalwürdigkeit.

14

Das Gericht komme allerdings unter Würdigung des Ergebnisses des vom Berichterstatter durchgeführten Ortstermins und nach der Auswertung des zu den Akten gereichten Lichtbild- und Kartenmaterials hinsichtlich der Frage, inwieweit der vorgefundene Zustand des Denkmalbereichs einen Einfluss auf die Denkmalfähigkeit genommen habe, hinsichtlich der streitgegenständlichen Grundflächen des Klägers zu einem anderen Ergebnis. Zur Überzeugung des Gerichts sei die Weiterentwicklung der klägerischen Grundflächen im Gutachten unzutreffend beschrieben und gewürdigt. Aus den dem Gericht vorliegenden Dokumenten und der Erkenntnis aus dem Ortstermin sei zu entnehmen, dass dieser „charakteristische Keil“ bereits zu einem ganz erheblichen Teil mit einem über zwanzigjährigen Baumbestand bewachsen sei. Dazu sei der Charakter dieser Grundflächen durch die baulichen Veränderungen in Rahmen der Verbreiterung der Autobahn unter Errichtung eines die Fahrbahn zum nördlichen Bereich abschirmenden Erdwalles sowie der Errichtung einer neuen Autobahnabfahrt mit dem ursprünglichen Erscheinungsbild einer Rodungsfläche nicht mehr in Verbindung zu bringen. Die diesen Grundflächen vormals im Rahmen der unter Denkmalschutz gestellten Grenzübergangs- bzw. Grenzsicherungsanlage obliegende Funktionszuordnung ließen diese Flächen nicht mehr erkennen. Insoweit sei das Gericht zu der Erkenntnis gekommen, dass die Verbuschung oder Verwaldung dieser Flächen zum ganz erheblichen Teil bereits eingetreten sei und nicht nur diesen Denkmalbereich „bedrohe“.

15

Es liege ein Fall vor, in dem die Denkmalfähigkeit entfallen sei, weil das Objekt entweder rettungslos abgängig sei oder nach seiner Wiederherstellung nur noch eine Kopie des Originals wäre. Soweit das Gutachten zu dem Schluss komme, insbesondere bei den Freiflächen könnten denkmalgerechte Zustände kurzfristig und ohne Weiteres wieder hergestellt werden, sei eine entsprechende Maßnahme bereits durch den funktional die Autobahn nördlich begleitenden und abschirmenden, bis zu etwa neun Meter hohen Erdwall nicht praktikabel, da insoweit in den Funktionszusammenhang der neuen Fahrbahngestaltung eingegriffen werden müsste. Darüber hinaus würde eine erneute Rodung und Freihaltung der mehrere Hektar großen Flächen lediglich eine Kopie der vormals vorhandenen unnatürlichen Rodungsschneise darstellen, nachdem die ursprüngliche Rodungsfläche zuvor vollständig verschwunden sei.

16

Dass sich bei einem Aufblick auf die streitgegenständlichen Grundflächen aus der Vogelperspektive anhand von vegetationsreduzierten Bereichen schwache Andeutungen und Rückschlüsse auf durch dieses einstige Schussfeld verlaufende Kolonnenwege „lesen“ ließen, könne eine eigenständige Denkmalfähigkeit dieser Bereiche nicht begründen. Denn dieser im Bereich eines Schussfeldes ohnehin nur untergeordneten Funktion lasse sich der Zusammenhang zu der einstigen Freifläche nicht mehr zuordnen. Den etwa vorhandenen Wegresten komme aufgrund des Verschwindens der Rodungsfläche, die quasi von der Natur zurückerobert worden sei, auch im Hinblick auf das Gesamtverständnis für die Funktionsweise der Grenzübergangsstelle keine erkennbare Bedeutung mehr zu.

II.

A.

17

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

18

1. Die vom Beklagten geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.

19

Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.07.2013 – 1 BvR 3057/11 –, NJW 2013, 3506, RdNr. 36 in juris, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

20

1.1. Der Beklagte wendet ein, aus der Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt vom 19.11.2012 sowie dem Ausweisungstext und der Kartierung im Denkmalverzeichnis ergebe sich, dass die Flächen nördlich der Bundesautobahn A 2 bis zur Bundesstraße B 1 integraler Bestandteil des Flächendenkmals „Grenzübergangsstelle Marienborn" seien. Die aufgrund des Ortstermins getroffene Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass der „charakteristische Keil" bereits zu einem erheblichen Teil mit einem über 20-jährigen Baumbestand bewachsen sei, so dass die diesen Grundflächen vormals obliegende Funktionszuordnung zur Grenzübergang- bzw. Grenzsicherungsanlage nicht mehr zu erkennen sei und damit die Voraussetzungen für ein Kulturdenkmal nicht mehr vorlägen, seien tatsächlich und rechtlich fehlerhaft. Der Aufwuchs sei durch Höhe, Struktur und Gehölzbesatz eindeutig als typischer, recht junger Sukzessionsbestand erkennbar und deutlich von dem Waldstreifen abgrenzbar, der nach 1972 nicht mehr gerodet worden sei. Die klare Grenze zwischen älterem und jüngerem Wald, der nach 1989 entstanden sei, dokumentiere anschaulich den Verlauf des ehemaligen Grenzzauns. Sie verlaufe über 650 m linear und hier sowohl parallel zur ehemaligen Staatsgrenze und der B 1 als auch zu hier sichtbaren Grenzlandschaftselementen, wie etwa dem Kolonnenweg. Unrichtig sei ferner die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Flächen der Autobahn im Zuge des sechsstreifigen Ausbaus auf den vormaligen Rodungskeil ausgeweitet worden seien und ein abschirmender neun Meter hoher Erdwall aufgeworfen worden sei. Die heutige Autobahn sei im Denkmalbereich im Wesentlichen zwischen den ehemals beidseitig vorhandenen Betonmauern bzw. Zäunen errichtet worden. Dies sei ohne weiteres möglich gewesen, weil dort neben den vier Fahrspuren der ehemaligen Reichsautobahn in den 60er Jahren zusätzliche Fahrspuren angelegt worden seien. Eine Verbreiterung der Autobahn nach Norden habe es nur im östlichen Teil des Denkmalbereichs in Höhe der Kontrollstelle gegeben. Nur dort – östlich der Auffahrt – sei überhaupt ein Erdwall mit einer allerdings deutlich geringeren Höhe als neun Meter errichtet worden, während man im gesamten anschließenden Streckenabschnitt von der Auffahrt in Richtung Westen bis zur Landesgrenze entweder keine oder nur niedrige und zumeist zu überschauende Wälle errichtet habe. Zudem seien die im Gebiet westlich der heutigen Verbindungsstraße befindlichen Wege vollständig erhalten; es handele sich also nicht nur um „Wegereste". Dazu zähle insbesondere eine Asphaltstraße, die an der Betonmauer entlang bis an die Landesgrenze verlaufe und an mehreren Stellen für Aufstellflächen erweitert sei, so dass die ehemaligen Toranlagen in der Mauer und die dahinter befindlichen Funktionen (z.B. Betonsperren) lokalisierbar seien. Ebenfalls vollständig erhalten sei der entlang der früheren Grenze verlaufende Kolonnenweg, der ab der Autobahnabfahrt wieder sichtbar sei und von dort am Beobachtungsturm vorbei nach Norden führe. Im unmittelbaren Umfeld des Turms sei der Weg lediglich teilweise durch Erdanhäufungen verdeckt. Darüber hinaus befinde sich auf dem Gelände eine Fahrspur, die durch Ziegelbruch befestigt sei. Südseitig vor den zwei Zaunanlagen hätten sich 1989 etwa sieben Meter breite Kontrollstreifen befunden, die regelmäßig gepflügt worden seien. In Folge dieser jahrzehntelangen Bodenbearbeitung seien diese am Bodenrelief, am schneisenartig fehlenden hohen Bewuchs oder in Streifen homogenen Kiefernbestandes im Gelände eindeutig auszumachen und insofern unter dem Bewuchs substanziell vorhanden. Zwischen den noch vorhandenen Brückenrampen und der neuen Auffahrt zur Autobahn seien Funktionsflächen der vor 1974 genutzten Kontrolleinrichtungen (LKW-Ausreise) erhalten. Die Fläche des früheren Kontrollgebäudes sei tief enttrümmert worden und als Geländevertiefung noch erkennbar. Die Platten des Betonweges seien zu größeren Teilen aufgenommen, aber weiterhin vor Ort aufgeschichtet. Daneben seien einzelne technische Anlagen wie Kabeltrassen oder Betonfundamente punktuell vorhanden.

21

Mit diesen Einwänden vermag der Beklagte die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Würdigung, dass die in diesem Bereich als Schussfeld angelegte keilförmige „Rodungsfläche" und damit die Ausdehnung des Denkmalbereichs bis zur B 1 im Norden in der Örtlichkeit nicht mehr erkennbar sei, nicht in Frage zu stellen. Auch wenn sich der auf dieser ehemaligen Rodungsfläche in den vergangenen 20 Jahren gewachsene Baumbestand von dem älteren Baumbestand der angrenzenden Waldflächen unterscheidet, vermag dies nichts daran zu ändern, dass die dort als Schussfeld angelegte Rodungsfläche nicht mehr als solche zu erkennen ist und damit die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 DenkmSchG LSA für die Zugehörigkeit der Umgebung zum Denkmalbereich erforderliche besondere historische oder funktionale Beziehung dieser Flächen zu den Bauwerken im Denkmalbereich nicht mehr ablesbar ist. Eine für die Denkmaleigenschaft erforderliche besondere Bedeutung eines gegenständlichen Zeugnisse menschlichen Lebens aus vergangener Zeit im Sinne von § 2 Abs. 1 DenkmSchG LSA setzt voraus, dass die Bedeutung – ggf. mit sachverständiger Hilfe – auch noch an der vorhandenen Substanz ablesbar und nicht nur gedanklich rekonstruierbar ist (vgl. BayVGH, Urt. v. 16.07.2015 – 1 B 11.2137 –, juris, RdNr. 17). Dies gilt entsprechend für die hier in Rede stehende Fallgestaltung, dass verschiedene Bauwerke zusammen mit der Umgebung, die mit ihnen in einem geschichtlichen und/oder funktionalen Zusammenhang steht, einen Denkmalbereich im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 DenkmSchG LSA bildet. Die noch mehr oder weniger erhaltenen Wege und sonstigen Reste der ehemaligen Grenzanlagen im Bereich der streitigen Flächen mögen erkennen lassen, dass sich dort die frühere innerdeutsche Grenze befunden hat. Sie reichen aber nicht aus, um die Funktion der früheren Rodungsflächen als Schussfeld und den Zusammenhang mit der früheren Grenzübergangsstelle erkennen zu können. Dazu haben sie insgesamt zu wenig Substanz. Hinzu kommt, dass die Grenzsicherungsanlagen und Kolonnenwege über weite Strecken entlang der früheren innerdeutschen Grenze angelegt wurden, so dass sie keine verlässliche Auskunft darüber geben können, wo der Denkmalbereich „Grenzübergangsstelle Marienborn“ endet.

22

Die Würdigung des Verwaltungsgericht, dass ein Zusammenhang der Grenzübergangsstelle mit den früheren Rodungsflächen nicht mehr erkennbar sei, wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die baulichen Veränderungen hauptsächlich den östlichen und mittleren Teil des Denkmalbereichs betreffen und die Erdwälle entlang der Autobahn im westlichen Teil nicht die vom Verwaltungsgericht angenommene Höhe erreichen mögen. Die Veränderungen des Geländes, die im Zuge des Baus der nördlich an die Autobahn anschließenden Auf- und Abfahrt stattgefunden haben, betreffen zumindest einen Teil der Grundstücke des Klägers, wie etwa die Flurstücke 151, 154, 155, 157, 162, 165 und 167 der Flur 4 der Gemarkung H., die in unmittelbarer Nähe der neu angelegten Anschlussstelle liegen (vgl. den Flurkartenauszug des Beklagten, Bl. 14 des Verwaltungsvorgangs). Zudem wird der früher sichtbare Funktionszusammenhang zwischen den Gebäuden der ehemaligen Grenzübergangsstelle und den streitigen Flächen durch die neu errichtete Rastanlage und die neu angelegte Autobahnanschlussstelle signifikant unterbrochen. Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht die im Rahmen des Autobahnausbaus vorgenommenen baulichen Veränderungen nur als zusätzlichen Gesichtspunkt dafür angeführt, dass der Charakter der streitigen Flächen mit dem ursprünglichen Erscheinungsbild einer „Rodungsfläche" nicht mehr in Verbindung zu bringen sei.

23

1.2. Der Beklagte rügt ferner, das Verwaltungsgericht habe überholte Rechtssätze über den Verlust der Denkmaleigenschaft bei Bauwerken angewandt, die zudem nicht ohne Einschränkungen auf Flächen der streitgegenständlichen Art übertragen werden könnten. Der Eigentümer eines Denkmals könne sich nicht auf den schlechten Zustand des Denkmals berufen, wenn dieser im Wesentlichen darauf zurückzuführen sei, dass der Eigentümer seiner Erhaltungspflicht nicht nachgekommen sei. Selbst wenn durch die Rodung der streitgegenständlichen Fläche lediglich eine Kopie der vormals unnatürlichen Rodungsschneise entstehen würde, sei die Einschätzung des Verwaltungsgerichts fehlerhaft. Bleibe die Denkmaleigenschaft unberührt, wenn wesentliche Teile eines Gebäudes erneuert und saniert werden, müsse dies erst recht für Maßnahmen gelten, die lediglich den vorhandenen Bewuchs entfernten, um die Flächen in den ursprünglichen Zustand zu versetzen. Andernfalls stelle man etwa den Schutzstatus eines geschützten Parks in Frage, der aufgrund mangelnder Pflege verwildert sei. Auch mit diesen Einwänden vermag der Beklagte nicht durchzudringen.

24

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass „denkmalgerechte Zustände“ in Bezug auf die streitigen Flächen nicht ohne weiteres wieder hergestellt werden können. Auch wenn der in diesem Bereich entlang der Autobahn verlaufende Erdwall nicht neun Meter hoch, sondern deutlich niedriger sein sollte, erscheint es in der Tat nicht praktikabel, diesen wieder zu beseitigen und dadurch den im Jahre 1990 bestehenden Zustand in diesem Bereich wiederherzustellen. Dahinstehen kann, ob die erneute Rodung des Baumbestandes als „Kopie" des ursprünglichen Zustandes bezeichnet werden kann. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger nicht verpflichtet werden kann, die ursprünglich angelegte, mehrere (ca. 10) Hektar große Rodungsfläche durch die Beseitigung des in den letzten 20 Jahren gewachsenen Baumbestandes wiederherzustellen. Eine solche Pflicht ergibt sich insbesondere nicht aus § 9 Abs. 2 DenkmSchG LSA, der die Eigentümer, Besitzer und anderen Verfügungsberechtigten von Kulturdenkmalen verpflichtet, diese im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nach denkmalpflegerischen Grundsätzen zu erhalten, zu pflegen und instandzusetzen. § 9 Abs. 6 DenkmSchG LSA sieht als Folge aus der Verletzung der Pflichten nach diesem Gesetz und damit auch der Erhaltungspflicht die Möglichkeit vor, dass die untere Denkmalschutzbehörde gefahrenabwendende Maßnahmen anordnet oder selbst durchführt und die Eigentümer zur Duldung solcher Maßnahmen verpflichtet sind. Von der Erhaltungspflicht nicht umfasst ist jedoch die vollständige oder teilweise Wiederherstellung des historischen Originals, wenn eine schützenswerte historische Substanz nicht mehr vorhanden und die Denkmalaussage damit untergegangen ist (vgl. OVG BBg, Urt. v. 28.05.2009 – OVG 2 A 14.08 –, juris, RdNr. 68). Die Wiederherstellung einer (ursprünglich) zu einem Denkmalbereich gehörenden Rodungsfläche durch Beseitigung eines über 20 Jahre gewachsenen Baumbestandes dieser Größe geht über die in § 9 Abs. 2 DenkmSchG LSA vorgesehenen Erhaltungs-, Pflege- und Instandsetzungspflicht hinaus. Auch aus § 9 Abs. 8 DenkmSchG LSA lässt sich eine Pflicht des Klägers zur (erneuten) Rodung der streitigen Fläche nicht herleiten. Nach dieser Vorschrift hat, wer ein Kulturdenkmal beschädigt, nach Anordnung der Denkmalschutzbehörden die betreffenden Maßnahmen einzustellen und den früheren Zustand wiederherzustellen oder das Kulturdenkmal auf eine andere vorgeschriebene Weise instandzusetzen. Das Unterlassen von Maßnahmen, die einen Wiederbewuchs mit Bäumen verhindern, kann nicht als „Beschädigung" eines Kulturdenkmals angesehen werden.

25

Im Übrigen kann dem Kläger kein Vorwurf dahingehend gemacht werden, er sei seinen sich aus dem DenkmSchG LSA ergebenden Pflichten nicht nachgekommen, indem er die streitigen Flächen nicht von Bewuchs freigehalten habe. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass die in Rede stehenden Flächen nach früheren Feststellungen der Denkmalschutzbehörden nicht dem Denkmalbereich der Grenzübergangsstelle zugerechnet wurden. Nach dem im Verwaltungsvorgang vorhandenen Auszug aus dem Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt mit Bearbeitungstand vom 16.02.2011 (Bl 84 des Verwaltungsvorgangs) wird ausgeführt, dass zum Denkmalbereich (1.) der Autobahnabschnitt zwischen östlicher Beschauerbrücke (abgebaut) und Landesgrenze mit beidseitigen Mauern, Zäunen und Glaswand, komplett einschließlich Grenzpfähle, (2.) der mit Zäunen umgrenzte Kontrollbereich einschließlich Bereitstellungsraum mit allen Bauten und Betonflächen und (3.) der mit Zäunen umgrenzte Wohn- und Verwaltungsbereich gehöre. Außerhalb dieser Bereiche (4.) seien als Einzelbauten zu erhalten: der Metallturm am Südwestende des umzäunten Autobahnabschnitts sowie der Beobachtungsturm der ehemaligen Grenzanlagen nördlich der Autobahn. Von den hier streitigen Flächen ist darin nicht die Rede. Dies deckt sich mit dem Bericht vom 28.02.1992 des damaligen Landeskonservators beim Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt (Bl. 92 des Verwaltungsvorgangs). Auch in der Stellungnahme vom 03.11.2010 zur Bauleitplanung der Verbandsgemeinde Obere Aller (Bl. 22 f. des Verwaltungsvorgangs) führte des Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt aus, dass gegen das Vorhaben „Sondergebiet Rasthof an der Abfahrt Nr. 63 der BAB A2 Marienborn" keine grundsätzlichen Einwände bestünden; die Behörde wies lediglich darauf hin, dass im projektierten Areal archäologische Befunde vorhanden sein könnten und Funde dieser Art zu melden seien. Erst im Gutachten vom 03.09.2012 kam die Landeskonservatorin beim Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt zu dem Ergebnis, dass auch die streitige „Rodungsfläche“ zum Denkmalbereich gehöre. In der weiteren Stellungnahme vom 19.11.2012 widersprach sie dem Vorwurf, der Denkmalbereich sei ausgeweitet worden, unter Hinweis auf eine Analyse der Akten, insbesondere auch des denkmalpflegerischen Gutachtens des damaligen Instituts für Denkmalpflege vom 17.10.1990 (Bl. 68 ff. des Verwaltungsvorgangs), in dem es am Ende (Seite 11) heißt, zur Erhaltung und Sicherung des Bestandes gehöre auch, dass die ringsum im optischen Blickfeld befindliche Landschaft diesen typischen Grenzcharakter behalte. Die Landeskonservatorin räumte aber ein, dass bei der systematischen Benachrichtigung der Denkmaleigentümer durch den Landkreis die Flächen nördlich der Autobahn, die ebenfalls Teil des Denkmalbereichs seien, nicht berücksichtigt worden seien, da für eine erhebliche Beeinträchtigung dieses Teils des Denkmalbereichs ja erst Baurecht hätte geschaffen werden müssen.

26

2. Der Beklagte hat auch keine besonderen tatsächlichen und/oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) dargelegt.

27

Besondere Schwierigkeiten liegen nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 27.12.2006 – 2 L 66/05 –, juris) vor bei erheblich über dem Durchschnitt liegender Komplexität der Rechtssache, im Tatsächlichen besonders bei wirtschaftlichen, technischen und wissenschaftlichen Zusammenhängen, wenn der Sachverhalt schwierig zu überschauen oder zu ermitteln ist, im Rechtlichen bei neuartigen oder ausgefallenen Rechtsfragen.

28

Schwierigkeiten dieser Art zeigt der Beklagte in der Zulassungsschrift nicht auf. Er rügt im Rahmen dieses Zulassungsgrundes im Wesentlichen eine fehlerhafte Tatsachenermittlung und Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht, insbesondere dessen Würdigung, dass es sich bei der Entfernung von „später zu einem Denkmal Hinzugefügten“ um eine „Kopie“ handele.

29

3. Die Rechtssache hat auch nicht die vom Beklagten geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

30

Dieser Zulassungsgrund verlangt, dass eine konkrete, aber generalisierbare, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortende, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen der Klärung bedarf und noch nicht (hinreichend) geklärt worden ist. Die Frage muss für eine Vielzahl, jedenfalls Mehrzahl von Verfahren bedeutsam sein; jedoch reicht allein der Umstand nicht aus, dass der Ausgang des Rechtsstreits auch für andere Personen von Interesse sein könnte oder sich vergleichbare Fragen in einer unbestimmten Vielzahl ähnlicher Verfahren stellen (vgl. Beschl. d. Senats v. 23.04.2010 – 2 L 148/09 –, juris, RdNr. 12). Die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass der Rechtsmittelführer konkret auf die Rechts- oder Tatsachenfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.06.2006 – BVerwG 5 B 99.05 –, juris, m.w.N.). Sie setzt insbesondere auch die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (BVerwG, Beschl. v. 19.08.1997 – BVerwG 7 B 261/97 –, NJW 1997, 3328, RdNr. 2 in juris).

31

Diesen Anforderungen wird die Zulassungsschrift nicht gerecht. Der Beklagte zeigt nicht auf, inwieweit die von ihm aufgeworfenen Fragen,

32

a) ob eine Beseitigung von Bäumen, Büschen und weiterem Bewuchs im Rahmen der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes tatsächlich als eine Kopie des Originals angesehen werden kann,

33

b) ob die obergerichtlichen Entscheidungen zu Blickbeziehungen im Hinblick auf die denkmalgeschützte Wirkung eines Baudenkmals zu seiner Umgebung und dem damit einhergehenden Abwehranspruch auch auf Fälle der vorliegenden Art so übertragbar sind, dass eine aus denkmalschutzrechtlicher Sicht notwendige Sichtbeziehung durch Freihalten bzw. Freimachen von Flächen aufrechterhalten werden muss,

34

c) ob die Denkmaleigenschaft und Denkmalwürdigkeit allein dadurch entfällt, dass unter Schutz gestellte Bestandteile aufgrund mangelnder Pflege zwar noch erhalten, aber nicht mehr sichtbar sind,

35

jeweils eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen soll. Im Übrigen lassen sich diese Fragen nicht allgemeingültig, sondern nur unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls beantworten.

36

4. Die Berufung ist schließlich nicht wegen der geltend gemachten Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) zuzulassen.

37

Eine Abweichung im Sinne der Vorschriften über die Zulassung von Rechtsmitteln liegt vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechts- oder ggf. Tatsachensatz von einem in der Rechtsprechung des im Instanzenzug übergeordneten Gerichts aufgestellten ebensolchen Satz abgewichen ist; die Beschwerdebegründung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (vgl. BVerwG, Beschl. 08.07.2011 – BVerwG 5 B 22.11 –, ZOV 2011, 219). Um den für die Frage der Divergenz notwendigen Vergleich in der Sache zu ermöglichen, muss dargelegt werden, dass ein vom Verwaltungsgericht gebildeter, tragender abstrakter, aber inhaltlich bestimmter Rechtssatz entweder ausdrücklich gebildet worden ist oder sich doch aus der Entscheidung eindeutig ergibt, dass das Verwaltungsgericht von einem abstrakten, fallübergreifenden Rechtssatz ausgegangen ist und seinen Erwägungen zugrunde gelegt hat; der aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewonnene, hinreichend bezeichnete Rechtssatz ist sodann einem anderen eindeutig gegenüberzustellen, der aus der konkreten Entscheidung im Instanzenzug zu gewinnen ist (Beschl. d. Senats v. 12.01.2010 – 2 L 54/09 –, juris, RdNr. 22, m.w.N.).

38

Eine solche Gegenüberstellung nimmt der Beklagte in der Zulassungsschrift nicht vor. Er rügt lediglich, das Verwaltungsgericht habe im angefochtenen Urteil Rechtsgrundsätze missachtet, die der Senat in seinem Urteil vom 15.12.2011 (2 L 152/06 –, BRS 78 Nr. 206) zum Verlust der Denkmaleigenschaft aufgestellt habe. Das Aufzeigen einer fehlerhaften Anwendung von Rechtssätzen, die das im Instanzenzug übergeordnete Gericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den an eine Divergenzrüge zu stellenden Zulässigkeitsanforderungen nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.08.2010 – BVerwG 8 B 27.10 –, juris, RdNr. 6, m.w.N.).

39

5. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.

40

5.1. Der Beklagte beanstandet, das Verwaltungsgericht habe sich von Tatsachen leiten lassen, die weder Gegenstand der Akten, der gutachterlichen Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie noch einer Beweisaufnahme entsprungen seien. Er beanstandet insbesondere die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der neben der Autobahn liegende Wall bis zu neun Meter hoch sei, obwohl im Ortstermin keine Messungen durchgeführt worden seien und sich entsprechende Höhenangaben auch nicht den Verwaltungsvorgängen entnehmen ließen.

41

Damit rügt der Beklagte der Sache nach einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, weil sich das Verwaltungsgericht seine Überzeugung auf der Grundlage unrichtiger Tatsachenfeststellungen gebildet habe. Sofern dem Verwaltungsgericht in Bezug auf die vom Beklagten beanstandete Feststellung ein Verfahrensfehler unterlaufen sein sollte, kann das angefochtene Urteil indes nicht im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO darauf beruhen.

42

Eine Entscheidung beruht dann auf einem Rechtsverstoß, wenn mindestens die Möglichkeit besteht, dass das Gericht ohne den Rechtsverstoß zu einem dem Rechtsmittelführer sachlich günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl. zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO: BVerwG, Beschl. v. 14.08.1962 – BVerwG V B 83.61 –, BVerwGE 14, 342 [346], RdNr. 15 in juris, m.w.N.; Beschl. v. 28.03.2006 – BVerwG 1 B 91.05 –, juris). Dies kann hier ausgeschlossen werden.

43

Das Verwaltungsgericht hat die von ihm angegebene und vom Beklagten beanstandete Höhe des Walles von „bis zu neun Metern“ bei der Frage erwähnt, ob denkmalgerechte Zustände ohne weiteres wieder hergestellt werden können. Die Höhe des Walles hat dabei aber keine entscheidende Rolle gespielt. Vielmehr war für das Verwaltungsgericht maßgeblich, dass bei einer „entsprechenden Maßnahme“ in den Funktionszusammenhang der neuen Fahrbahngestaltung eingegriffen werden müsste und darüber hinaus eine erneute Rodung und Freihaltung der mehrere Hektar großen Flächen lediglich eine Kopie der vormals vorhandenen unnatürlichen Rodungsschneise darstellen würde. Das Verwaltungsgericht hat entgegen dem Vorbringen des Beklagten auch nicht die Feststellung getroffen, der „Verlauf der Autobahn greife in die Situation des streitgegenständlichen Grundstücks ein“. Vielmehr hat es in der vom Beklagten zitierten Passage des Urteils (Seite 6 unten) ausgeführt, dass es eine „entsprechende Maßnahme“ bereits wegen des „funktional die Autobahn abschirmenden (bis zu neun Meter hohen) Walls“ für nicht praktikabel halte, da insoweit „in den Funktionszusammenhang der neuen Fahrbahngestaltung“ eingegriffen werden müsste. Es hat damit zum Ausdruck gebracht, dass eine zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erforderliche Beseitigung des Walls wegen des Funktionszusammenhanges von Wall und Autobahn aus seiner Sicht nicht ernsthaft in Frage kommt.

44

5.2. Der Beklagte rügt schließlich, das Verwaltungsgericht habe sich nicht um die notwendige Aufklärung bemüht, obwohl es „in so erheblicher Weise“ von den Ausführungen des zuständigen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie abgewichen sei. Reichten der von der Denkmalfachbehörde vermittelte und der eigene Sachverstand des Gerichts zur Entscheidungsfindung nicht aus, müsse ein externes Sachverständigengutachten eingeholt werden. Das Verwaltungsgericht sei davon ausgegangen, dass durch die von ihm angenommenen baulichen Veränderungen an der Autobahn eine Sichtbeziehung zwischen der Grenzübergangsstelle Marienborn und der streitgegenständlichen Fläche nicht mehr vorhanden sei bzw. nicht wieder herstellbar wäre, ohne dass in das Gesamtsystem der Autobahn eingegriffen werden müsste. Der Beklagte macht damit der Sache nach eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) und des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) geltend, die aber nicht vorliegt.

45

Wird ein Aufklärungsmangel und ein damit zusammenhängender Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz behauptet, muss der Rechtsmittelführer darlegen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, entweder auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.11.2013 – BVerwG 6 B 26.13 –, juris, RdNr. 45, m.w.N.).

46

Diesen Anforderungen wird die Zulassungsschrift nicht gerecht. Es ist bereits zweifelhaft, ob der Beklagte hinreichend dargelegt hat, hinsichtlich welcher konkreten tatsächlichen Umstände weiterer Aufklärungsbedarf bestanden hat. Er zeigt jedenfalls nicht auf, welche tatsächlichen Feststellungen bei Einholung eines „externen“ Sachverständigengutachtens voraussichtlich getroffen worden wären.

47

Unabhängig davon mussten sich dem Verwaltungsgericht ohne entsprechenden Beweisantrag weitere Ermittlungen, insbesondere die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zur Frage des Verlustes der Zugehörigkeit der streitigen Flächen zum Denkmalbereich, nicht aufdrängen.

48

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist an die Stellungnahmen sachverständiger Stellen nicht gebunden, sondern im Gegenteil verpflichtet, deren Feststellungen und Schlussfolgerungen auf ihre Aussage- und Überzeugungskraft zu überprüfen. Dem entspricht es, dass das Gericht sich auch gegen die Ergebnisse eines Sachverständigengutachtens entscheiden darf, was es allerdings zu begründen hat. Inwieweit eigene Sachkunde eingesetzt werden kann, liegt im gerichtlichen Ermessen. Woher das Gericht die eigene Sachkunde hat, muss es nur dann überzeugend nachweisen, wenn es einem Experten auf einem Sachgebiet nicht folgt, das durch Kompliziertheit und wissenschaftliche Bezogenheit gekennzeichnet ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 14.06.2012 – BVerwG 4 B 22.12 –, BRS 79 Nr. 211, RdNr. 6 in juris).

49

Ein gerichtliches Sachverständigengutachten zur Beurteilung der Denkmaleigenschaft kann etwa dann erforderlich sein, wenn bestimmte Tatsachen zur Bedeutung eines Gebäudes nach den Kriterien des § 2 Abs. 1 Satz 2 DenkmSchG LSA klärungsbedürftig geblieben sind, weil die bisherigen Feststellungen im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren dafür nicht genügend Grundlagen bieten (Urt. d. Senats v. 15.12.2011, a.a.O., RdNr. 84, m.w.N.). Gleiches mag gelten, wenn der von der Denkmalfachbehörde vermittelte Sachverstand zur Entscheidungsfindung nicht für die Beantwortung der Frage ausreicht, ob ein Gebäude seine Denkmalfähigkeit oder Denkmalwürdigkeit durch Schäden am Gebäude verloren hat (vgl. NdsOVG, Urt. v. 15.07.2014 – 1 LB 133/13 –, juris, RdNr. 36).

50

Gemessen daran musste sich dem Verwaltungsgericht die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens hier nicht aufdrängen. Es hat die fachliche Bewertung der Denkmalfachbehörde zur Denkmaleigenschaft der ehemaligen Grenzübergangsstelle Marienborn und zur ursprünglichen Ausdehnung des Denkmalbereichs auf die dem Kläger gehörenden Grundstücke nicht in Zweifel gezogen. Fraglich war vielmehr, ob der funktionale und/oder historische Zusammenhang zwischen den baulichen Anlagen der ehemaligen Grenzübergangsstelle und den streitigen Flächen, der für die Zugehörigkeit der Umgebung zum Denkmalbereich nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 DenkmSchG LSA konstitutiv ist, durch die baulichen und die von der Natur bewirkten Veränderungen (dauerhaft) verloren gegangen ist. Dies hängt maßgeblich von der Bewertung der örtlichen Gegebenheiten, insbesondere den verbliebenen bzw. realistischerweise wieder herstellbaren Sichtbeziehungen ab. Das Verwaltungsgericht hat sich auf der Grundlage des von ihm vor Ort durchgeführten Augenscheins seine Überzeugung dahingehend gebildet, dass die vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in seinem Gutachten dargestellte frühere „Rodungsfläche“ ungeachtet noch vorhandener „Wegereste“ als solche nicht mehr zu erkennen sei, und weiter angenommen, dass eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes aufgrund der inzwischen eingetretenen baulichen Veränderungen nicht praktikabel sei und einer erneute Rodung lediglich eine Kopie der vormals vorhandenen unnatürlichen Rodungsschneise darstellen würde. Diese Würdigung hat das Verwaltungsgericht auch ohne Hinzuziehung eines (Denkmal-)Sachverständigen vornehmen können.

B.

51

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.