Sozialgericht Augsburg Urteil, 21. Dez. 2017 - S 7 AL 288/15

bei uns veröffentlicht am21.12.2017

Gericht

Sozialgericht Augsburg

Tenor

I. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Kosten für die von ihm für B. erbrachten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Ausbildung zur Raumausstatterin einschließlich der Kosten für die Unterbringung in der heilpädagogischen Wohngruppe des Berufsbildungswerks in D. ab 31. August 2015 bis zur Übernahme des Falles durch die Beklagte zu erstatten.

II. Die Beklagte wird verpflichtet, den Fall in eigener Zuständigkeit ab 21. Dezember 2017 zu übernehmen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger als zweitangegangenen Rehabilitationsträger die Kosten der von ihm ab 31.08.2015 erbrachten Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Heimerziehung (Unterbringung in einer heilpädagogischen Wohngruppe im Berufsbildungswerk D.) gemäß § 35 a Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) sowie die Kosten für die Ausbildung zur Raumausstatterin bis zur Übernahme des Falles durch die Beklagte dem Grunde nach zu erstatten hat.

Die am 1999 in Rumänien geborene M. - B. (im Folgenden: A. B.) lebt seit November 2011 in Deutschland. Der Vater der A. B. ist bereits im Jahr 2007 in Rumänien verstorben. Die Mutter der A. B. beantragte am 09.06.2014 bei dem Kläger Jugendhilfe. Der Kläger bewilligte mit Bescheid vom 10.09.2014 für die Zeit vom 12.09.2014 bis 11.09.2015 Eingliederungshilfe für seelisch behinderte bzw. von einer seelischen Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche in Form von Heimerziehung. A. B. wohnt seit dem 12.09.2014 im Förderungswerk St. N. in einer heilpädagogischen Wohngruppe und besucht seitdem die flexible Arbeits- und Berufsvorbereitung (FABV). Diagnostisch wurden bei A. B. schon vor Beginn der Maßnahme - mit ärztlich-psychologischem Bericht der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie vom 02.07.2014 - u.a. eine Anpassungsstörung mit gemischter Störung von Gefühlen und Sozialverhalten und eine durchschnittliche Intelligenz festgestellt. In der Zeit vom 28.04.2015 bis 08.05.2015 und ab 22.07.2015 befand sich A. B. im Praktikum der Ausbildungswerkstatt der Raumausstatter. Am 13.07.2015 beantragte A. B., vertreten durch ihre allein sorgeberechtigte Mutter, bei der Beklagten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Mit Schreiben vom 17.07.2015 leitete die Beklagte den Antrag an den Kläger nach § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) mit der Begründung weiter, die Beklagte sei für die beantragten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zuständig. Bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für (seelisch) behinderte Jugendliche könne die Beklagte nur dann Kostenträger für berufliche Maßnahmen sein, wenn der Maßnahmeerfolg mit den Standardprodukten der Beklagten und den dafür vorgesehenen Personalschlüsseln gewährleistet werden könne. Wenn dies nicht der Fall sei, seien die erforderlichen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gegebenenfalls vom Träger der Jugendhilfe selbst zu übernehmen. Im Fall der A. B. seien weitere Maßnahmen nach § 35 a SGB VIII erforderlich.

Mit Bescheid vom 02.09.2015 gewährte der Kläger A. B. für den Zeitraum vom 31.08.2015 bis 30.08.2016 - als Vorausleistung - Eingliederungshilfe für seelisch behinderte bzw. von einer seelischen Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche in Form von Heimerziehung. Vorbehaltlich der Heranziehung der A. B. und ihren unterhaltsverpflichteten Eltern trage der Kläger die Kosten für diese Maßnahme. Die Beklagte sei für die Gewährung der Leistung (Übernahme der Ausbildungs- und Unterbringungskosten in der heilpädagogischen Wohngruppe) zwar zuständig. Aufgrund der Weiterleitung des Antrages auf Leistungen zur Teilhabe durch die Beklagte habe er jedoch die Maßnahme als zweitangegangener Träger zu gewähren. Gemäß § 35 a SGB VIII hätten Kinder und Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweiche und daher ihre Teilhabe am Arbeitsleben in der Gesellschaft beeinträchtigt sei oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten sei. Aufgabe und Ziel der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie die Art der Leistungen richteten sich nach § 53 Abs. 3 und 4 Satz 1, den §§ 54, 56 und 57 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII), soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung fänden. Im Falle von A. B. lägen alle Voraussetzungen für die Gewährung einer solchen Eingliederungshilfe vor. A. B. zähle laut Gutachten vom 02.07.2014 zum betreffenden Personenkreis. Die Heranziehung des Kindes und seiner Eltern zu den Kosten der Hilfe folge aus §§ 91 ff. SGB VIII.

Mit Bescheiden vom 08.09.2016 und 06.04.2017 verlängerte der Kläger die gewährte Maßnahme bis zum 21.09.2017 und im Anschluss daran bis 21.03.2018.

Mit Schreiben vom 02.09.2015 machte der Kläger gegenüber der Beklagten unter Berufung auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 24.04.2015 (L 8 AL 2430/12) die Übernahme des Falles zum nächstmöglichen Zeitpunkt in die Zuständigkeit der Beklagten geltend.

Mit der am 16.10.2015 beim Sozialgericht Augsburg erhobenen Klage begehrt der Kläger die Verpflichtung der Beklagten, die Kosten der Unterbringung in der heilpädagogischen Wohngruppe im Berufsbildungswerk D. sowie der Kosten der Ausbildung zur Raumausstatterin bis zur Übernahme des Falles durch die Beklagte in eigener Zuständigkeit dem Grunde nach zu erstatten. Zur Begründung bringt der Kläger - gestützt auf § 10 Abs. 1 SGB VIII - im Wesentlichen vor, die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei einem jungen Menschen mit seelischer Behinderung würden den Leistungen der beruflichen Eingliederung nach § 35 a SGB VIII vorgehen bzw. Jugendhilfeleistungen seien gegenüber den von der Beklagten zu gewährenden Leistungen nachrangig.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Kosten für die von ihm für Frau B. erbrachten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Ausbildung zur Raumausstatterin einschließlich der Kosten für die Unterbringung in der heilpädagogischen Wohngruppe des Berufsbildungswerks in D. ab 31.08.2015 bis zur Übernahme des Falles durch die Beklagte zu erstatten und festzustellen, dass die Beklagte sachlich zuständiger Leistungsträger ist,

die Beklagte zu verpflichten, den Fall in eigener Zuständigkeit ab sofort zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bringt im Wesentlichen vor, A. B. sei bereits vor Ausbildungsbeginn aus erzieherischen und persönlichkeitsbedingten Gründen auf eine Unterbringung außerhalb des familiären Umfelds angewiesen gewesen. Die Unterbringungskosten einschließlich der Mehrkosten für Heilpädagogik während der Ausbildung zur Raumausstatterin seien daher nicht ausbildungsbedingt entstanden. Auch bei seelisch behinderten Jugendlichen sei zwischen ausbildungsbezogenen und therapeutischen Kosten zu unterscheiden. Ohne die erzieherischen Defizite bei A. B. bestünde kein Bedarf für eine Unterbringung im Berufsbildungswerk. Dementsprechend verbleibe die Zuständigkeit für die Unterbringung während der Ausbildung beim Kläger.

Zur Ergänzung des Tatbestandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beteiligten sowie die Gerichtsakte verwiesen.

Gründe

Die am 16.10.2015 erhobene Klage ist zulässig. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger kann als zweitangegangener Rehabilitationsträger Erstattung der hier streitigen Kosten dem Grunde nach von der Beklagten als originär zuständigen Rehabilitationsträger verlangen.

Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden, wenn nach § 54 Abs. 4 oder 5 SGG eine Leistung in Geld begehrt wird, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Ein Grundurteil auf eine reine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG erledigt den Rechtsstreits nicht abschließend, sondern ist ein Zwischenurteil. Rechtsgrundlage hierfür ist § 202 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 304 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Bis zur Durchführung des Nachverfahrens über die Höhe der Leistung bleibt der Rechtsstreit im Übrigen anhängig, sofern er nicht, z.B. nach Einigung der Beteiligten, für erledigt erklärt wird (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 130 Rn. 4 e).

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch ist § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung. Die Vorschrift räumt dem zweitangegangenen Träger einen spezialgesetzlichen Erstattungsanspruch gegen den materiell-rechtlich originär zuständigen Rehabilitationsträger ein. Dieser spezielle Anspruch geht den allgemeinen Erstattungsansprüchen nach dem Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) grundsätzlich vor. Er ist begründet, soweit der Leistungsberechtigte von dem Träger, der ohne die Regelung in § 14 SGB IX zuständig wäre, die gewährte Maßnahme hätte beanspruchen können (vgl. BSGE 98, 267; BSGE 101, 207). Die Zuständigkeitszuweisung erstreckt sich im Außenverhältnis zum Versicherten auf alle Rechtsgrundlagen, die in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind. Im Verhältnis zum behinderten Menschen wird dadurch eine eigene gesetzliche Verpflichtung des zweitangegangenen Trägers begründet, die - vergleichbar der Regelung des § 107 SGB X - einen endgültigen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistungen in diesem Rechtsverhältnis bildet. Im Verhältnis der Rehabilitationsträger untereinander ist jedoch eine Lastenverschiebung ohne Ausgleich nicht bezweckt (BSGE 98, 277; Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 06.03.2013, B 11 AL 2/12 R, zitiert nach juris).

Die Erstattungsregelung des § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX ist vorliegend anwendbar, weil die Beklagte den bei ihr eingereichten Leistungsantrag der A. B. bzw. ihres gesetzlichen Vertreters unverzüglich im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX an den Kläger weitergeleitet hat. Der Kläger hat danach die Leistungen an A. B. als zweitangegangener Rehabilitationsträger im Sinne des § 14 SGB IX erbracht bzw. erbringt diese weiterhin.

Voraussetzung des Erstattungsanspruchs nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX ist, dass nach der Bewilligung der Leistung durch den vorleistenden Rehabilitationsträger (§ 14 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 SGB IX) festgestellt wird, dass der andere Träger für die Leistung zuständig ist. Eine solche Erstattungslage besteht mithin nicht, wenn der zweitangegangene Rehabilitationsträger selbst für die erbrachte Leistung nach den Vorschriften seines Leistungsrechts - hier des SGB VIII - zuständig ist.

Vorliegend ist die Beklagte nach §§ 112 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) gegenüber A. B. zur Leistung verpflichtet.

Nach dem für die Beklagte maßgeblichen materiellen Recht (vgl. § 7 SGB IX), dem SGB III, bestimmen die §§ 112 ff. SGB III, ob Leistungen zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben zu erbringen sind. Behinderten Menschen können gemäß § 112 Abs. 1 SGB III Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wieder herzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern, soweit Art oder Schwere der Behinderung dies erfordern. Gemäß § 112 Abs. 2 SGB III sind bei der Auswahl der Leistungen Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes angemessen zu berücksichtigen; soweit erforderlich ist auch die berufliche Eignung abzuklären oder eine Arbeitserprobung durchzuführen. Nach § 113 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB III können für behinderte Menschen allgemeine Leistungen und besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie diese ergänzende Leistungen erbracht werden, wobei nach § 113 Abs. 2 SGB III besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur erbracht werden, soweit nicht bereits durch die allgemeinen Leistungen eine Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann. Gemäß § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB III sind die besonderen Leistungen anstelle der allgemeinen Leistungen insbesondere zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung einschließlich Berufsvorbereitung sowie blindentechnischer und vergleichbarer spezieller Grundausbildungen zu erbringen, wenn

1. Art oder Schwere der Behinderung oder die Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben die Teilnahme an a) einer Maßnahme in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen oder b) einer sonstigen, auf die besonderen Bedürfnisse behinderter Menschen ausgerichteten Maßnahme unerlässlich machen oder

2. die allgemeinen Leistungen die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen Leistungen nicht oder nicht im erforderlichen Umfang vorsehen.

In besonderen Einrichtungen für behinderte Menschen können auch Aus- und Weiterbildungen außerhalb des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung gefördert werden (§ 117 Abs. 1 Satz 2 SGB III).

Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben umfassen auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen, soweit diese Leistungen im Einzelfall erforderlich sind (§ 33 Abs. 6 SGB IX).

Anhaltspunkte für die organisatorischen und inhaltlichen Vorgaben, die an „besondere“ Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation im Sinne des § 117 Abs. 1 SGB III zu stellen sind, ergeben sich aus § 35 SGB IX. Danach werden Leistungen durch Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke und vergleichbare Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation ausgeführt, soweit Art und Schwere der Behinderung oder die Sicherung des Erfolgs die besonderen Hilfen dieser Einrichtungen erforderlich machen (§ 35 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).

Diese besonderen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zählen nicht zu den Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung. Sie sind vielmehr als Pflichtleistung zu gewähren (Brand, SGB III, Kommentar, 7. Auflage § 112 Rn. 3).

Behindert im Sinne des SGB III sind die Menschen, deren Aussichten am Arbeitsleben teilzuhaben oder weiter teilzuhaben, wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 SGB IX nicht nur vorübergehend wesentlich gemindert sind und die deshalb Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben benötigen, einschließlich lernbehinderter Menschen (§ 19 Abs. 1 SGB III). Behinderten Menschen stehen gemäß § 19 Abs. 2 SGB III Menschen gleich, denen eine Behinderung mit den in Abs. 1 genannten Folgen droht. Die Art der Behinderung kann demnach körperlicher, geistiger oder seelischer Art sein (Brand, a.a.O., § 19 Rn. 3). Auf die Ursachen der Behinderung kommt es nicht an. Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass A. B. die persönlichen Voraussetzungen für die Erbringung von Leistungen nach den §§ 112 ff. SGB III erfüllt, weil sie aufgrund der Art und Schwere ihrer Behinderung eine Teilhabe am Arbeitsleben nur durch entsprechende Fördermaßnahmen erreichen kann.

Dass im Falle der Leistungsempfängerin A. B. eine seelische Behinderung vorliegt, ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Dies ergibt sich insbesondere aus dem ärztlich-psychologischen Bericht der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie vom 02.07.2014 sowie der psychologischen Stellungnahme des Dipl.-Psychologen Dr. W. vom 07.07.2014.

Der Kläger ist für die streitigen Leistungen auch nicht vorrangig zuständig. Dies ergibt sich aus dem Zusammenwirken der Subsidiaritätsregelungen in § 22 Abs. 1 SGB III und § 10 Abs. 1 SGB VIII. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII werden Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, durch das SGB VIII nicht berührt (Satz 1). Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem SGB VIII entsprechende Leistungen vorgesehen sind (§ 10 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII). Wenn Leistungen eines anderen Sozialleistungsträgers nicht deshalb versagt werden dürfen, weil es im SGB VIII entsprechende Leistungen gibt, zeigt dies, dass im Sinne der weiteren Nachrangregelung des § 22 Abs. 1 und 2 SGB III eine Leistungspflicht des Jugendhilfeträgers in Fallgestaltungen gleichartiger Leistungen gerade nicht bestehen soll und die Jugendhilfe als nachrangig angesehen werden muss (BSG, Urteil vom 12.10.2017, B 11 AL 20/16 R, zitiert nach juris; Luthe in Schlegel/ Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 10 Rn. 27, Stand Februar 2017).

Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es nicht darauf an, dass erzieherische Defizite, wie von der Beklagten vorgebracht, ursächlich für die erforderliche Unterbringung der A. B. in einer heilpädagogischen Wohngruppe waren oder sind. Es mag sein, dass der Schwerpunkt im Falle der A. B. im erzieherischen Bereich liegt. Ob der Bedarf ausschließlich durch die seelische Behinderung des Leistungsberechtigten bedingt ist oder ob andere Umstände, wie erzieherische Defizite, für den Umfang der Teilhabeleistungen mit ursächlich sind, kann dahingestellt bleiben. Zwar war eine Heimunterbringung der A. B. bereits vor Aufnahme der Ausbildung zur Raumausstatterin erforderlich, so dass von einem vorwiegend erzieherischen Bedarf ausgegangen werden könnte. Allerdings ist, worauf das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 19.10.2011 (5 C 6/11, zitiert nach juris) zu der Vorrangregelung des § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII hingewiesen hat, das Abstellen auf einen Schwerpunkt der Leistung wegen der damit verbundenen Auslegungsprobleme abzulehnen.

Soweit die Beklagte vorbringt, die im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbrachten, erforderlichen und diese unterstützenden medizinischen, psychologischen und pädagogischen Hilfen gehörten nicht in das von ihr zu leistende Spektrum der Rehabilitationsleistungen, so teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Das Gericht schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg (Urteil vom 24.04.2015, L 8 AL 2430/12, juris) an.

Nach § 33 Abs. 1 SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wieder herzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Die Leistungen umfassen gemäß § 33 Abs. 6 Satz 1 SGB IX auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen, soweit diese im Einzelfall erforderlich sind, um die in Abs. 1 der Vorschrift genannten Ziele zu erreichen oder zu sichern und Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu vermeiden, wie bereits oben ausgeführt. Ausdrücklich genannt sind dabei Hilfen zur seelischen Stabilisierung und zur Förderung der sozialen Kompetenz (Nr. 5). Das LSG Baden-Württemberg (a.a.O., Rn. 68) hat in diesem Zusammenhang ausgeführt:

„Denn bei diesen Leistungen handelt es sich um Annex-Leistungen zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben …, für die derjenige Rehabilitationsträger zuständig ist, der auch für die „Hauptleistung“ Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zuständig ist. Diese Annex-Leistungen stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit der beruflichen Rehabilitationsleistung als Hauptleistung; es handelt sich nicht um eigenständig zu gewährende Sozialleistungen … Dies entspricht auch der vom Gesetzgeber angenommenen umfassenden Zuständigkeit des leistenden Rehabilitationsträgers ….“

Auch vorliegend handelt es sich bei den in der heilpädagogischen Wohngruppe im Berufsbildungswerk D. erbrachten Leistungen um solche, die die Berufsvorbereitung bzw. die Berufsausbildung unterstützen und insoweit sichern. Damit handelt es sich zur Überzeugung des Gerichts gerade nicht um eigenständige psychologische, pädagogische oder sonstige isolierte erzieherische Maßnahmen, die rehabilitationsunabhängig wären. Zur Überzeugung der Kammer dienen gerade diese Maßnahmen der Unterstützung und Ermöglichung der Ausbildung der A. B. Angesichts der unstreitig feststehenden seelischen Behinderung der A. B. und den hieraus entstehenden Auswirkungen auch auf die berufliche Eingliederung der A. B. ist gerade auch die Unterbringung der A. B. für den Erfolg der beruflichen Eingliederung durch erfolgreichen Abschluss der Ausbildung notwendig, um die erforderliche Stabilisierung der A. B. zu erreichen.

Auch ist es zutreffend, dass A. B. aufgrund ihrer seelischen Behinderung, wie bereits vor dem 31.08.2015 - und auch danach - Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII bzw. § 41 SGB VIII hatte bzw. hätte. Wie das LSG Baden-Württemberg (a.a.O.) mit Urteil vom 24.04.2015 zutreffend festgestellt hat, folgt hieraus jedoch keine fortdauernde Leistungsverpflichtung des Klägers, wie die Beklagte offenbar meint. Wie das BSG zur Kongruenz von Leistungen bei der Sicherstellung des Lebensunterhalts durch Jugendhilfeleistungen einerseits und die Berufsausbildungsbeihilfe andererseits mit Urteil vom 12.10.2017 (B 11 AL 20/16 R, zitiert nach juris) jüngst festgestellt hat, ergibt sich aus dem Zusammenwirken der Subsidiaritätsregelungen in § 22 Abs. 1 SGB III und § 10 Abs. 1 SGB VIII, dass die Leistungen der Beklagten vorrangig sind. Wenn Leistungen gemäß § 10 Abs. 1 SGB VIII eines anderen Sozialleistungsträgers nicht deshalb versagt werden dürfen, weil es im SGB VIII entsprechende Leistungen gibt, zeigt dies, dass im Sinne der weiteren Nachrangregelung des § 22 Abs. 1 und Abs. 2 SGB III eine Leistungspflicht des Jugendhilfeträgers in Fallgestaltungen gleichartiger Leistungen gerade nicht bestehen soll und die Jugendhilfe als nachrangig angesehen werden muss (BSG, a.a.O.; Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 10 Rn. 27, Stand Februar 2017).

Nach § 22 Abs. 1 SGB III ist die Beklagte grundsätzlich nur zuständig bei Nichtbestehen einer Leistungspflicht anderer öffentlicher Stellen. Außerdem erbringt die Beklagte allgemeine und besondere Rehabilitationsleistungen (§§ 112 ff. SGB III) nach § 22 Abs. 2 SGB III nur dann, wenn nicht andere Rehabilitationsträger, zu denen nach § 6 SGB IX auch der Jugendhilfeträger gehört, im Sinne des SGB IX zuständig sind. Wenn allerdings Leistungen eines anderen Trägers, wie hier der Beklagten, nach § 10 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII nicht deshalb versagt werden dürfen, weil es im SGB VIII entsprechende Leistungen gibt, so zeigt dies, dass im Sinne des § 22 Abs. 1 und 2 SGB III eine Leistungspflicht des Jugendhilfeträgers gerade nicht bestehen soll und die Jugendhilfe mithin als nachrangig angesehen werden muss (so Luthe, a.a.O.; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.06.2016, L 1 AL 53/15, zitiert nach juris).

Bei seelisch behinderten Menschen, wie A. B., sind Rehabilitationsträger sowohl die Beklagte als auch der Kläger (§ 6 SGB IX in Verbindung mit § 5 SGB IX), wobei die Beklagte nach § 10 Abs. 1 SGB VIII, wie oben erläutert, grundsätzlich vorrangig zuständig ist.

Zwar ist nach § 19 SGB III eine Behinderung mit Auswirkung auf den beruflichen Bereich erforderlich. Voraussetzung ist dementsprechend ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Behinderung und der Minderung der Aussichten am Arbeitsmarkt teilzuhaben. Maßgebend für die Behinderung im Sinne des § 19 SGB III ist insbesondere, dass durch die Behinderung die Aussicht, am Arbeitsleben teilzuhaben oder weiter teilzuhaben wesentlich gemindert wird (Luthe, a.a.O., Rn. 29). Nach Auffassung der Kammer ist es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zutreffend, dass (flankierende) sozialpädagogische Leistungen nicht vom SGB III erfasst sind und damit die Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers mangels bestehender Kongruenz der beiden Leistungskomplexe erhalten bleibt (Luthe, a.a.O., Rn. 31). Soweit die berufliche Eingliederung des seelisch behinderten Leistungsberechtigten flankierende sozialpädagogische Leistungen erfordert, wovon die Kammer im vorliegenden Fall ausgeht, ist die vorrangige Zuständigkeit der Beklagten begründet. Dass eine seelische Behinderung bei der A. B. vorliegt, ist zwischen den Beteiligten, wie oben ausgeführt, zu Recht unstreitig. Diese Behinderung hat auch Auswirkungen auf die berufliche Eingliederung der A. B.

Für die Zeit ab dem 31.08.2015 hat der Kläger nach alledem einen Erstattungsanspruch dem Grunde gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB X. Außerdem hat die Beklagte den Fall in eigener Zuständigkeit zu übernehmen. Aus der vorrangigen Zuständigkeit der Beklagten ergibt sich die Verpflichtung der Übernahme im Verhältnis zum Kläger. Gegenüber der A. B. bleibt der Kläger aufgrund der Weiterleitung des Antrages im Außenverhältnis zuständig.

Eine Beiladung der A. B. gemäß § 75 Abs. 2 1. Alternative SGG war nicht erforderlich. Danach sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Bei einem Erstattungsstreit zweier Rehabilitationsträger wird indessen die Position des Leistungsberechtigten Sozialleistungsempfängers nicht berührt (vgl. BSG, Urteil vom 25.09.2014, B 8 SO 7/13 R, zitiert nach juris).

Über die Kosten war im ergangenen Grundurteil als Zwischenurteil nach § 202 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 304 ZPO nicht zu entscheiden. Denn vor Abschluss des Nachverfahrens steht nicht fest, in welchem Umfang die eine oder andere Seite unterliegt, welche Kosten in der Instanz entstehen und wodurch diese verursacht worden sind (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, Kommentar, 12. Auflage 2017, § 130 Rn. 8). Über die Kosten kann daher erst dann entschieden werden, wenn das Nachverfahren abgeschlossen ist, sei es durch Endurteil, Vergleich oder Erledigungserklärung der Beteiligten (vgl. BSG, Urteil vom 26.07.1994, 11 RAr 115/93).

Gegen das ergangene Zwischenurteil ist die Berufung statthaft (§ 144 SGG). Sie ist nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ausgeschlossen, da die Erstattungsforderung des Klägers den Beschwerdewert von 10.000 EUR übersteigt. Die vom Kläger geltend gemachte Erstattungsforderung beträgt nach Angaben des Klägers weit über 100.000 EUR (bis einschließlich Februar 2017 bereits 112.895,18 EUR).

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(1) Für Menschen mit Behinderungen können Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern, s

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(1) Für Menschen mit Behinderungen können erbracht werden1.allgemeine Leistungen sowie2.besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und diese ergänzende Leistungen. (2) Besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden nur erbracht,

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(1) Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Buches sind Menschen, deren Aussichten, am Arbeitsleben teilzuhaben oder weiter teilzuhaben, wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 des Neunten Buches nicht nur vorübergehend we

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Referenzen

(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.

(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.

(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Soweit ein Erstattungsanspruch besteht, gilt der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt.

(2) Hat der Berechtigte Ansprüche gegen mehrere Leistungsträger, gilt der Anspruch als erfüllt, den der Träger, der die Sozialleistung erbracht hat, bestimmt. Die Bestimmung ist dem Berechtigten gegenüber unverzüglich vorzunehmen und den übrigen Leistungsträgern mitzuteilen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. Oktober 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der beklagten Bundesagentur für Arbeit (BA) die Erstattung von Aufwendungen, die ihr durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben an den Versicherten K. M. entstanden sind.

2

Der 1948 geborene Versicherte war bis Januar 2003 im Bergbau beschäftigt und bezog ab 1.2.2003 Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlebergbaus (APG) vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Einen am 11.6.2003 bei der Beklagten gestellten Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben leitete diese am 12.6.2003 an die Klägerin mit dem Hinweis weiter, diese sei als Rentenversicherungsträger zuständig. Die Klägerin holte ein Gutachten ein mit dem Ergebnis, der Versicherte könne "auf Dauer keinen Tätigkeiten erwerbsbringenden Charakters auf dem Allgemeinen Arbeitsmarkt mehr nachkommen", sei aber in der Lage, unter geschützten Bedingungen "körperlich leichte Tätigkeiten, zB in einer Behindertenwerkstatt, auszuführen". Sie bewilligte zunächst Leistungen im Eingangsverfahren einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM), in das der Versicherte am 17.11.2003 aufgenommen wurde. Nachdem die Klägerin am 19.11.2003 erfahren hatte, dass der Versicherte APG bezog, meldete sie am 8.1.2004 einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten an und bewilligte durch Bescheid vom 23.1.2004 Maßnahmen im Berufsbildungsbereich der WfbM sowie Übergangsgeld für die Dauer der Maßnahmen, welches auf das APG angerechnet wurde.

3

Die Erstattung der Kosten für das Eingangsverfahren (2492,25 Euro) und den Berufsbildungsbereich (64 151,68 Euro) iHv insgesamt 66 643,93 Euro lehnte die Beklagte unter Hinweis darauf ab, dass die Klägerin die Bewilligung der Leistungen wegen des Bezugs von APG durch den Versicherten nach dem Ausschlusstatbestand des § 12 Abs 1 Nr 4a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hätte ablehnen müssen.

4

Mit der Klage hat die Klägerin ihren Erstattungsanspruch weiter verfolgt und damit begründet, dass sie durch Weiterleitung des Reha-Antrags des Versicherten durch die Beklagte an sie nach § 14 Abs 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) verpflichtet gewesen sei, die Leistung ohne Prüfung der eigenen Zuständigkeit zu erbringen. Die Erbringung dieser Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung sei aber durch § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI ausgeschlossen, weil der Versicherte APG bezogen habe. Zuständiger Reha-Träger sei daher gemäß § 42 Abs 1 Nr 1 SGB IX die Beklagte.

5

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 4.7.2011); das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 20.10.2011). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Gemäß § 14 Abs 4 S 1 SGB IX habe der zweitangegangene Träger einen spezialgesetzlichen Erstattungsanspruch gegen den eigentlich bzw originär zuständigen Reha-Träger. Voraussetzung des Anspruchs sei aber, dass der andere Träger - hier also die Beklagte - für die Leistung zuständig sei. Nach § 42 Abs 1 Nr 1 SGB IX bestehe eine solche Zuständigkeit indes nur, soweit nicht einer der in den Nr 2 bis 4 genannten Träger zuständig sei. Nach § 42 Abs 1 Nr 3 SGB IX seien die Träger der Rentenversicherung unter den Voraussetzungen der §§ 11 bis 13 SGB VI zuständig. Diese Zuständigkeit bestehe stets dann, wenn ein Versicherter die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 SGB VI erfülle und damit generell zu dem Personenkreis gehöre, für den der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zuständig sei. Der Umstand, dass der Versicherte APG erhalte und deshalb nach § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI von Leistungen zur Teilhabe ausgeschlossen sei, führe zu keiner anderen Bewertung. Denn § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI sei keine Zuständigkeitsregelung. Nach § 22 Abs 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) sei die Leistungszuständigkeit der BA nachrangig, dh, die Leistungspflicht entfalle auch dann, wenn zwar ein anderer Leistungsträger sachlich zuständig sei, die Leistung im konkreten Fall aber ablehne. Zu § 57 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) als Vorgängerregelung zu § 22 Abs 2 S 1 SGB III habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits ausdrücklich entschieden, dass die Vorschrift als reine Kompetenznorm nur die generelle Zuständigkeit des Reha-Trägers regele(BSG SozR 4100 § 57 Nr 9). Sei grundsätzlich ein anderer Träger zuständig, wenngleich im Einzelfall nicht zur Leistung verpflichtet, könne eine subsidiäre Zuständigkeit der BA nicht mehr begründet werden. Auch sprächen Sinn und Zweck des § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI gegen eine subsidiäre Leistungszuständigkeit der BA; denn die Vorschrift wolle verhindern, dass Reha-Leistungen noch an Versicherte erbracht würden, die eigentlich schon endgültig aus dem Arbeitsleben ausgeschieden seien. Dieser Sinn und Zweck würde aber verfehlt, wenn in diesem Fall wieder ein anderer Träger zuständig werde.

6

Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Eine (nachrangige) Leistungszuständigkeit der Beklagten ergebe sich aus § 42 Abs 1 Nr 1 SGB IX iVm § 22 Abs 2 SGB III. Denn die Entscheidung des BSG zur Vorgängerregelung des § 57 AFG sei auf das Recht des SGB IX nicht übertragbar. Die Rechtsprechung beruhe im Wesentlichen auf einer Auslegung von Vorschriften des Rehabilitations-Angleichungsgesetzes (RehaAnglG), dessen Geltung mit dem Inkrafttreten des SGB IX entfallen sei. Das SGB IX gelte nunmehr unmittelbar und bereichsübergreifend. Alle für die Reha-Träger iS des § 6 SGB IX einheitlichen Regelungen seien - soweit in dem jeweiligen Sozialleistungsgesetz nichts Abweichendes bestimmt sei - unmittelbar anzuwenden. § 42 Abs 1 Nr 3 SGB IX stelle hinsichtlich der Trägerschaft des Rentenversicherungsträgers aber nicht nur auf § 11 SGB VI ab, sondern auch auf die §§ 12 und 13 SGB VI, die Leistungsausschlüsse im konkreten Einzelfall beträfen. Für die Ausblendung dieser Vorschriften im Rahmen der Zuständigkeitsabgrenzung gebe es keine gesetzmäßige Begründung. Daher werde nach einem Leistungsausschluss iS des § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI über § 42 Abs 1 Nr 1 SGB IX iVm § 22 Abs 2 SGB III die Beklagte (wieder) zuständig.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. Oktober 2011 sowie das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 4. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 66 643,93 Euro zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 Sozialgerichtsgesetz). Ob der Klägerin ein Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Aufwendungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben an den Versicherten K M. zusteht, lässt sich nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen.

11

1. Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch ist § 14 Abs 4 S 1 SGB IX. Die Vorschrift räumt dem zweitangegangenen Träger einen spezialgesetzlichen Erstattungsanspruch gegen den materiell-rechtlich originär zuständigen Reha-Träger ein. Dieser spezielle Anspruch geht den allgemeinen Erstattungsansprüchen nach dem Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) grundsätzlich vor. Er ist begründet, soweit der Versicherte von dem Träger, der ohne die Regelung in § 14 SGB IX zuständig wäre, die gewährte Maßnahme hätte beanspruchen können(vgl BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 18 ff; BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 9 ff; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 28 ff; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 10 RdNr 11 mwN). Die Zuständigkeitszuweisung erstreckt sich im Außenverhältnis zum Versicherten auf alle Rechtsgrundlagen, die in der konkreten Bedarfssituation für Reha-Träger vorgesehen sind. Im Verhältnis zum behinderten Menschen wird dadurch eine eigene gesetzliche Verpflichtung des zweitangegangenen Trägers begründet, die - vergleichbar der Regelung des § 107 SGB X - einen endgültigen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistungen in diesem Rechtsverhältnis bildet. Im Verhältnis der Reha-Träger untereinander ist jedoch eine Lastenverschiebung ohne Ausgleich nicht bezweckt (BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 12; Knittel, SGB IX, Stand August 2012, § 14 RdNr 129).

12

Die Erstattungsregelung des § 14 Abs 4 S 1 SGB IX ist hier anwendbar, weil die Beklagte den bei ihr eingereichten Leistungsantrag des Versicherten einen Tag nach Antragseingang und damit unverzüglich iS des § 14 Abs 1 S 2 SGB IX an die Klägerin weitergeleitet hat. Die Klägerin hat danach die Leistungen an den Versicherten als zweitangegangener Reha-Träger iS des § 14 SGB IX erbracht.

13

2. Voraussetzung des Erstattungsanspruchs nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX ist, dass nach Bewilligung der Leistung durch den vorleistenden Reha-Träger(§ 14 Abs 1 S 2 bis 4 SGB IX) festgestellt wird, dass der andere Träger für die Leistung zuständig ist. Eine solche Erstattungslage besteht mithin nicht, wenn der zweitangegangene Reha-Träger selbst für die erbrachte Leistung nach den Vorschriften seines Leistungsrechts - hier des SGB VI - zuständig ist. Dies ist jedoch entgegen der Auffassung des LSG nicht der Fall.

14

Die Zuständigkeit für die Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich einer WfbM richtet sich nach § 42 Abs 1 SGB IX. Nach Nr 1 dieser Vorschrift erbringt die BA diese Leistungen, soweit nicht einer der in den Nr 2 bis 4 genannten Träger zuständig ist. Nach Nr 3 der Norm sind die Träger der Rentenversicherung unter den Voraussetzungen der §§ 11 bis 13 SGB VI zuständig.

15

Nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG, gegen die zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht sind (§ 163 Sozialgerichtsgesetz), erfüllte der Versicherte zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Leistung des Rentenversicherungsträgers nach § 11 SGB VI; in seiner Person bestand jedoch ein Leistungshindernis iS des § 12 SGB VI. Denn nach Abs 1 Nr 4a dieser Vorschrift werden Leistungen zur Teilhabe ua nicht für Versicherte erbracht, die eine Leistung beziehen, die regelmäßig bis zum Beginn einer Rente wegen Alters gezahlt wird. Der Versicherte bezog seit dem 1.2.2003 - und damit auch im Zeitpunkt der Bewilligung der Leistungen zur Teilhabe - vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle APG. Hierbei handelt es sich um eine Leistung, die regelmäßig bis zum Beginn der Altersrente gezahlt wird und damit um eine Leistung iS des § 12 Abs 1 Nr 4a SGB VI(vgl Luthe, juris-PK SGB VI, Stand 11.5.2011, § 12 RdNr 48; Günniker in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Mai 2012, K § 12 RdNr 17, 18). Die dem Versicherten erbrachten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben finden mithin keine Stütze im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung.

16

Demgegenüber ist die nur auf § 11 SGB VI abstellende Argumentation des LSG - wie die Revision zutreffend geltend macht - schon deshalb nicht überzeugend, weil § 42 Abs 1 Nr 3 SGB IX nicht nur auf § 11 SGB VI, sondern auf die §§ 11 bis 13 SGB VI verweist. Die Ausschlusstatbestände des § 12 Abs 1 SGB VI begründen aber allgemeine Leistungshindernisse. Hieraus folgt, dass der Rentenversicherungsträger unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen keine Leistungen erbringen darf und insoweit generell unzuständig ist (vgl Kater in Kasseler Kommentar, § 12 SGB VI RdNr 3, Stand 2012). Insofern lässt sich auch die zu § 57 AFG und zum RehaAnglG ergangene Rechtsprechung des Senats(BSG SozR 4100 § 57 Nr 9), auf die das LSG seine Auffassung gestützt hat, nicht auf § 14 Abs 4 S 1 SGB IX übertragen; denn "zuständig" im Verhältnis der Leistungsträger untereinander iS des § 14 Abs 4 S 1 SGB IX ist der Träger, der auch materiell zur Leistungsgewährung verpflichtet ist.

17

3. Ob der geltend gemachte Erstattungsanspruch begründet ist, hängt somit davon ab, ob der Versicherte die begehrten Leistungen von der Beklagten als erstangegangenem und grundsätzlich gemäß § 42 Abs 1 Nr 1 SGB IX zuständigen Reha-Träger nach dem für diesen geltenden materiellen Recht beanspruchen konnte(vgl BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 10 RdNr 13; SozR 4-2500 § 33 Nr 36 RdNr 12). Für die Beantwortung dieser Frage reichen die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht aus.

18

Soweit § 14 Abs 4 S 1 SGB IX eine Erstattung der Aufwendungen des vorleistenden Trägers "nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften" vorsieht, bedeutet dies lediglich, dass der Fall von dem eigentlich zuständigen und damit erstattungspflichtigen Träger nicht noch einmal von Grund auf neu aufzugreifen ist(vgl Knittel, SGB IX, § 14 RdNr 133, Stand 2012), der erstattungspflichtige Träger somit an die Sachverhaltsaufklärung bzw eine etwaige Ermessensbetätigung des vorleistenden Trägers gebunden ist (vgl BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 19). Den Ausführungen des LSG einschließlich der in Bezug genommenen Verwaltungsakten lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass der Sachverhalt durch die Klägerin im Hinblick auf die maßgebenden Vorschriften aufgeklärt worden ist, sodass die notwendigen Feststellungen nunmehr im gerichtlichen Verfahren nachzuholen sind.

19

Das LSG wird insbesondere zu prüfen haben, ob der Versicherte die ihm gewährten Leistungen auf der Grundlage der Vorschriften des SGB III zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben beanspruchen konnte (§§ 97 ff SGB III, jeweils in der zur Zeit des Maßnahmebeginns - 2003 - geltenden Fassung, vgl BSGE 109, 293 = SozR 4-3250 § 17 Nr 2, RdNr 20). Dabei wird zu beachten sein, dass die Leistungen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich der Werkstätten für behinderte Menschen gemäß § 102 Abs 2 SGB III(in der bis 31.3.2012 geltenden Fassung) iVm § 40 SGB IX dann möglich sind, wenn erwartet werden kann, dass der behinderte Mensch nach der Teilnahme an der Maßnahme in der Lage ist, wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen(vgl BSGE 109, 293 = SozR 4-3250 § 17 Nr 2, RdNr 26).

20

4. Das LSG wird auch über die Kosten einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Die Vorschriften im Teil 1 gelten für die Leistungen zur Teilhabe, soweit sich aus den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergibt. Die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen. Das Recht der Eingliederungshilfe im Teil 2 ist ein Leistungsgesetz im Sinne der Sätze 1 und 2.

(2) Abweichend von Absatz 1 gehen die Vorschriften der Kapitel 2 bis 4 den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen vor. Von den Vorschriften in Kapitel 4 kann durch Landesrecht nicht abgewichen werden.

(1) Für Menschen mit Behinderungen können Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern, soweit Art oder Schwere der Behinderung dies erfordern.

(2) Bei der Auswahl der Leistungen sind Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes angemessen zu berücksichtigen. Soweit erforderlich, ist auch die berufliche Eignung abzuklären oder eine Arbeitserprobung durchzuführen.

(1) Für Menschen mit Behinderungen können erbracht werden

1.
allgemeine Leistungen sowie
2.
besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und diese ergänzende Leistungen.

(2) Besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden nur erbracht, soweit nicht bereits durch die allgemeinen Leistungen eine Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann.

(1) Die besonderen Leistungen sind anstelle der allgemeinen Leistungen insbesondere zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung, einschließlich Berufsvorbereitung, sowie der wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung zu erbringen, wenn

1.
Art oder Schwere der Behinderung oder die Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben die Teilnahme an
a)
einer Maßnahme in einer besonderen Einrichtung für Menschen mit Behinderungen oder
b)
einer sonstigen, auf die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen ausgerichteten Maßnahme
unerlässlich machen oder
2.
die allgemeinen Leistungen die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen Leistungen nicht oder nicht im erforderlichen Umfang vorsehen.
In besonderen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen können auch Aus- und Weiterbildungen außerhalb des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung gefördert werden.

(2) Leistungen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich werden von anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder anderen Leistungsanbietern nach den §§ 57, 60, 61a und 62 des Neunten Buches erbracht.

Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauftrags diese Personen einer Beratungsstelle nach § 32 oder einer sonstigen Beratungsstelle für Rehabilitation zur Beratung über die geeigneten Leistungen zur Teilhabe vorstellen.

(1) Die besonderen Leistungen sind anstelle der allgemeinen Leistungen insbesondere zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung, einschließlich Berufsvorbereitung, sowie der wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung zu erbringen, wenn

1.
Art oder Schwere der Behinderung oder die Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben die Teilnahme an
a)
einer Maßnahme in einer besonderen Einrichtung für Menschen mit Behinderungen oder
b)
einer sonstigen, auf die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen ausgerichteten Maßnahme
unerlässlich machen oder
2.
die allgemeinen Leistungen die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen Leistungen nicht oder nicht im erforderlichen Umfang vorsehen.
In besonderen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen können auch Aus- und Weiterbildungen außerhalb des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung gefördert werden.

(2) Leistungen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich werden von anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder anderen Leistungsanbietern nach den §§ 57, 60, 61a und 62 des Neunten Buches erbracht.

(1) In den Ländern können Landesärzte bestellt werden, die über besondere Erfahrungen in der Hilfe für Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Menschen verfügen.

(2) Die Landesärzte haben insbesondere folgende Aufgaben:

1.
Gutachten für die Landesbehörden, die für das Gesundheitswesen, die Sozialhilfe und Eingliederungshilfe zuständig sind, sowie für die zuständigen Träger der Sozialhilfe und Eingliederungshilfe in besonders schwierig gelagerten Einzelfällen oder in Fällen von grundsätzlicher Bedeutung zu erstatten,
2.
die für das Gesundheitswesen zuständigen obersten Landesbehörden beim Erstellen von Konzeptionen, Situations- und Bedarfsanalysen und bei der Landesplanung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Menschen zu beraten und zu unterstützen sowie selbst entsprechende Initiativen zu ergreifen und
3.
die für das Gesundheitswesen zuständigen Landesbehörden über Art und Ursachen von Behinderungen und notwendige Hilfen sowie über den Erfolg von Leistungen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Menschen regelmäßig zu unterrichten.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Buches sind Menschen, deren Aussichten, am Arbeitsleben teilzuhaben oder weiter teilzuhaben, wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 des Neunten Buches nicht nur vorübergehend wesentlich gemindert sind und die deshalb Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben benötigen, einschließlich Menschen mit Lernbehinderungen.

(2) Menschen mit Behinderungen stehen Menschen gleich, denen eine Behinderung mit den in Absatz 1 genannten Folgen droht.

(1) Leistungen der aktiven Arbeitsförderung dürfen nur erbracht werden, wenn nicht andere Leistungsträger oder andere öffentlich-rechtliche Stellen zur Erbringung gleichartiger Leistungen gesetzlich verpflichtet sind.

(1a) Leistungen nach § 82 dürfen nur erbracht werden, wenn die berufliche Weiterbildung nicht auf ein nach § 2 Absatz 1 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes förderfähiges Fortbildungsziel vorbereitet.

(2) Allgemeine und besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dürfen nur erbracht werden, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des Neunten Buches zuständig ist. Dies gilt nicht für Leistungen nach den §§ 44 und 45, sofern nicht bereits der nach Satz 1 zuständige Rehabilitationsträger nach dem jeweiligen für ihn geltenden Leistungsgesetz gleichartige Leistungen erbringt. Der Eingliederungszuschuss für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen nach § 90 Absatz 2 bis 4 und Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung für schwerbehinderte Menschen nach § 73 dürfen auch dann erbracht werden, wenn ein anderer Leistungsträger zur Erbringung gleichartiger Leistungen gesetzlich verpflichtet ist oder, ohne gesetzlich verpflichtet zu sein, Leistungen erbringt. In diesem Fall werden die Leistungen des anderen Leistungsträgers angerechnet.

(3) Soweit Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung und zur Förderung der beruflichen Weiterbildung der Sicherung des Lebensunterhaltes dienen, gehen sie der Ausbildungsbeihilfe nach § 44 des Strafvollzugsgesetzes vor. Die Leistungen für Gefangene dürfen die Höhe der Ausbildungsbeihilfe nach § 44 des Strafvollzugsgesetzes nicht übersteigen. Sie werden den Gefangenen nach einer Förderzusage der Agentur für Arbeit in Vorleistung von den Ländern erbracht und von der Bundesagentur erstattet.

(4) Folgende Leistungen des Dritten Kapitels werden nicht an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches erbracht:

1.
Leistungen nach § 35,
2.
Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach dem Zweiten Abschnitt,
3.
Leistungen zur Berufsausbildung nach dem Vierten Unterabschnitt des Dritten Abschnitts und Leistungen nach § 54a,
4.
Leistungen zur beruflichen Weiterbildung nach dem Vierten Abschnitt, mit Ausnahme von Leistungen nach § 82 Absatz 6, und Leistungen nach den §§ 131a und 131b,
5.
Leistungen zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Ersten Unterabschnitt des Fünften Abschnitts,
6.
Leistungen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben nach
a)
den §§ 112 bis 114, 115 Nummer 1 bis 3 mit Ausnahme berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen und der Berufsausbildungsbeihilfe sowie § 116 Absatz 1, 2 und 6,
b)
§ 117 Absatz 1 und § 118 Nummer 1 und 3 für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung,
c)
den §§ 119 bis 121,
d)
den §§ 127 und 128 für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung.
Sofern die Bundesagentur für die Erbringung von Leistungen nach § 35 besondere Dienststellen nach § 367 Abs. 2 Satz 2 eingerichtet oder zusätzliche Vermittlungsdienstleistungen agenturübergreifend organisiert hat, erbringt sie die dort angebotenen Vermittlungsleistungen abweichend von Satz 1 auch an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches. Eine Leistungserbringung an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches nach den Grundsätzen der §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches bleibt ebenfalls unberührt. Die Agenturen für Arbeit dürfen Aufträge nach Satz 3 zur Ausbildungsvermittlung nur aus wichtigem Grund ablehnen. Satz 1 gilt nicht für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Teilarbeitslosengeld haben; die Sätze 2 bis 4 finden insoweit keine Anwendung.

(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.

(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.

(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.

(1) Leistungen der aktiven Arbeitsförderung dürfen nur erbracht werden, wenn nicht andere Leistungsträger oder andere öffentlich-rechtliche Stellen zur Erbringung gleichartiger Leistungen gesetzlich verpflichtet sind.

(1a) Leistungen nach § 82 dürfen nur erbracht werden, wenn die berufliche Weiterbildung nicht auf ein nach § 2 Absatz 1 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes förderfähiges Fortbildungsziel vorbereitet.

(2) Allgemeine und besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dürfen nur erbracht werden, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des Neunten Buches zuständig ist. Dies gilt nicht für Leistungen nach den §§ 44 und 45, sofern nicht bereits der nach Satz 1 zuständige Rehabilitationsträger nach dem jeweiligen für ihn geltenden Leistungsgesetz gleichartige Leistungen erbringt. Der Eingliederungszuschuss für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen nach § 90 Absatz 2 bis 4 und Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung für schwerbehinderte Menschen nach § 73 dürfen auch dann erbracht werden, wenn ein anderer Leistungsträger zur Erbringung gleichartiger Leistungen gesetzlich verpflichtet ist oder, ohne gesetzlich verpflichtet zu sein, Leistungen erbringt. In diesem Fall werden die Leistungen des anderen Leistungsträgers angerechnet.

(3) Soweit Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung und zur Förderung der beruflichen Weiterbildung der Sicherung des Lebensunterhaltes dienen, gehen sie der Ausbildungsbeihilfe nach § 44 des Strafvollzugsgesetzes vor. Die Leistungen für Gefangene dürfen die Höhe der Ausbildungsbeihilfe nach § 44 des Strafvollzugsgesetzes nicht übersteigen. Sie werden den Gefangenen nach einer Förderzusage der Agentur für Arbeit in Vorleistung von den Ländern erbracht und von der Bundesagentur erstattet.

(4) Folgende Leistungen des Dritten Kapitels werden nicht an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches erbracht:

1.
Leistungen nach § 35,
2.
Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach dem Zweiten Abschnitt,
3.
Leistungen zur Berufsausbildung nach dem Vierten Unterabschnitt des Dritten Abschnitts und Leistungen nach § 54a,
4.
Leistungen zur beruflichen Weiterbildung nach dem Vierten Abschnitt, mit Ausnahme von Leistungen nach § 82 Absatz 6, und Leistungen nach den §§ 131a und 131b,
5.
Leistungen zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Ersten Unterabschnitt des Fünften Abschnitts,
6.
Leistungen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben nach
a)
den §§ 112 bis 114, 115 Nummer 1 bis 3 mit Ausnahme berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen und der Berufsausbildungsbeihilfe sowie § 116 Absatz 1, 2 und 6,
b)
§ 117 Absatz 1 und § 118 Nummer 1 und 3 für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung,
c)
den §§ 119 bis 121,
d)
den §§ 127 und 128 für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung.
Sofern die Bundesagentur für die Erbringung von Leistungen nach § 35 besondere Dienststellen nach § 367 Abs. 2 Satz 2 eingerichtet oder zusätzliche Vermittlungsdienstleistungen agenturübergreifend organisiert hat, erbringt sie die dort angebotenen Vermittlungsleistungen abweichend von Satz 1 auch an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches. Eine Leistungserbringung an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches nach den Grundsätzen der §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches bleibt ebenfalls unberührt. Die Agenturen für Arbeit dürfen Aufträge nach Satz 3 zur Ausbildungsvermittlung nur aus wichtigem Grund ablehnen. Satz 1 gilt nicht für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Teilarbeitslosengeld haben; die Sätze 2 bis 4 finden insoweit keine Anwendung.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Juni 2016 und des Sozialgerichts Trier vom 30. Juni 2015 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der klagende Landkreis, ein Träger der Jugendhilfe, begehrt die Feststellung der Verpflichtung der beklagten Bundesagentur für Arbeit zur Zahlung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) an die Beigeladene.

2

Die im Jahre 1996 geborene N. W. (im Folgenden: Beigeladene) erhält seit Juli 2012 Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) im Jugendhilfezentrum "c. " in A. (im Folgenden: Jugendhilfezentrum) mit Kostenübernahme durch den Kläger. Die Beklagte bestätigte nach einem Eignungstest, dass bei der Beigeladenen aufgrund der Art und Schwere der Behinderung eine Ausbildung nach § 66 BBiG angezeigt sei(Schreiben vom 13.6.2014). Der Kläger trug auch die Kosten für deren im September 2014 begonnene Ausbildung zur Beiköchin im Jugendhilfezentrum (Bescheid an die Beigeladene und Nachricht an den Kläger vom 22.9.2014). Die Kosten für die Gesamtmaßnahme beliefen sich auf ca 7000 Euro monatlich und umfassten Betreuungskosten (Heimerziehung), Ausbildungskosten (rund 2000 Euro) und den Lebensunterhalt der Beigeladenen. Als Ausbildungsbetrieb zahlte das Jugendhilfezentrum der Beigeladenen eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 793,26 Euro monatlich (1.8.2014 bis 31.8.2015) bzw 843,20 Euro monatlich (1.9.2015 bis 29.2.2016) und einmalige Leistungen im November 2014, Juni 2015 und November 2015.

3

Der Kläger beantragte bei der Beklagten für die Beigeladene BAB. Er teilte mit, dass die von ihm erbrachten Aufwendungen neben den Kosten der Bestreitung des gesamten Lebensunterhalts die Ausbildungskosten umfassten (Schreiben vom 22.9.2014). Die Eltern der Beigeladenen bezögen SGB II-Leistungen. Die Beklagte lehnte den Antrag auf BAB ab, weil die Beigeladene mit der Ausbildungsvergütung über ausreichende Einkünfte verfüge (Bescheid vom 18.11.2014; Widerspruchsbescheid vom 19.2.2015). Das SG hat der allein von dem Kläger als erstattungsberechtigtem Träger der Jugendhilfe erhobenen Klage stattgegeben, den Bescheid vom 18.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.2.2015 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger BAB für die Beigeladene ab dem 1.9.2014 zu zahlen (Urteil vom 30.6.2015).

4

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das SG-Urteil geändert und festgestellt, dass diese verpflichtet sei, der Beigeladenen ab 1.9.2014 BAB in gesetzlicher Höhe zu gewähren sowie im Übrigen die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen (Urteil vom 9.6.2016). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Beigeladene habe vom 1.8.2014 bis 29.2.2016 eine dem Grunde nach förderungsfähige berufliche Ausbildung absolviert, gehöre zum förderungsfähigen Personenkreis und erfülle auch die sonstigen persönlichen Voraussetzungen. Die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten, die sonstigen Aufwendungen und die Maßnahmekosten (Gesamtbedarf) hätten ihr auch nicht anderweitig zur Verfügung gestanden, weil die Ausbildungsvergütung nicht anzurechnen sei. Unabhängig von der Frage, ob man in den konkret an die Beigeladene erbrachten Zahlungen eine Ausbildungsvergütung, eine Ausbildungsbeihilfe oder eine gleichartige Leistung aus öffentlichen Mitteln sehe, stehe § 10 Abs 1 SGB VIII einer Anrechnung entgegen. Bei diesen Zahlungen und der BAB handele es sich um zweckidentische Leistungen mit unterhaltssichernder Funktion. Unerheblich sei, dass die Jugendhilfeleistungen nicht unmittelbar von dem Kläger an die Beigeladene ausgezahlt, sondern zunächst der Ausbildungseinrichtung (Jugendhilfezentrum) zur Verfügung gestellt würden, die dann ihrerseits der Beigeladenen eine Ausbildungsvergütung in entsprechender Höhe nach dem BBiG erbringe. Es handele sich dennoch um an Dritte erbrachte Sozialleistungen nach den Vorschriften des SGB VIII, weil sie der hilfebedürftigen Beigeladenen zur Verwirklichung ihres sozialen Rechts auf Jugendhilfe zukämen und deren Lebensunterhalt während der Ausbildung ermöglichten. Wegen der kausalen Verknüpfung der beiden Zahlungen erfordere es der Zweck des § 10 Abs 1 Satz 2 SGB VIII, diese Vorrangregelung anzuwenden. Entscheidend sei, dass die beiden Leistungsverpflichtungen nebeneinander bestünden und jeweils der Deckung des Lebensunterhalts der Beigeladenen im streitbefangenen Zeitraum dienten.

5

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 SGB III sowie § 10 SGB VIII. Eine Ausbildungsvergütung, die von der Ausbildungseinrichtung im Rahmen der Heimerziehung an einen (minderjährigen) Jugendlichen gezahlt, aber vom Jugendhilfeträger erstattet werde, müsse als Einkommen auf die BAB angerechnet werden. Im Verhältnis zwischen ihr und der Beigeladenen verliere die Ausbildungsvergütung nicht ihren Charakter als "Vergütung".

6

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Juni 2016 und des Sozialgerichts Trier vom 30. Juni 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet.

10

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das Urteil des LSG vom 9.6.2016, soweit dieses die Aufhebung des Bescheids vom 18.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.2.2015 durch das SG bestätigt und festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Beigeladenen ab 1.9.2014 BAB in gesetzlicher Höhe zu erbringen.

11

Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger sein Begehren als Anfechtungs- und Feststellungsklage geltend machen muss. Nach § 97 Satz 1 SGB VIII kann der erstattungsberechtigte Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Feststellung einer Sozialleistung betreiben sowie Rechtsmittel einlegen. Die Regelung berechtigt den Kläger, im Wege einer gesetzlichen Prozessstandschaft die Feststellung zu verfolgen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Beigeladene, die weiterhin potentielle Inhaberin des Anspruchs bleibt, BAB zu erbringen. Auf das von dem Kläger als Jugendhilfeträger anstelle der Beigeladenen im Wege des § 97 SGB VIII geführte Verfahren auf Bewilligung von BAB hat die Beklagte diese Sozialleistung durch die angefochtenen Bescheide abgelehnt.

12

Bei einer solchen Leistungsablehnung ermöglicht § 97 Satz 1 SGB VIII die Erhebung einer Anfechtungsklage(vgl nur BSG vom 22.4.1998 - B 9 VG 6/96 R - BSGE 82, 112, 114 = SozR 3-5910 § 91a Nr 4). Die damit verbundene Feststellungsklage kann sich auf das Bestehen eines Anspruchs des Jugendlichen oder Kindes beziehen. Deren (fremde) Rechte können geltend gemacht, nicht aber eine Leistung an sich selbst verlangt werden (BSG vom 15.2.2000 - B 11 AL 73/99 R - juris RdNr 14; BSG vom 11.12.2008 - B 9/9a VG 1/07 R - SozR 4-3100 § 60 Nr 5, RdNr 25; Schneider in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 97 RdNr 24, Stand Dezember 2016).

13

2. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrenshindernisse liegen nicht vor. Ein (teilweiser) Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses für die Feststellungsklage ist nicht deshalb anzunehmen, weil der Kläger wegen der bei Klageerhebung bereits erbrachten Jugendhilfeleistungen auch einen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte hätte geltend machen können. Der Gesetzgeber stellt den Trägern der Jugendhilfe grundsätzlich beide Wege (Feststellungsverfahren, Erstattungsverfahren) zur Wahl. § 97 SGB VIII bezieht sich nicht ausschließlich auf eine in die Zukunft gerichtete Feststellung des Sozialleistungsanspruchs; vielmehr soll das Feststellungsverfahren einer Klärung der Verhältnisse in Bezug auf das Bestehen eines Erstattungsanspruchs dienen (Schneider in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 97 RdNrn 19, 27, Stand Dezember 2016; vgl zu § 91a BSHG: BSG vom 22.4.1998 - B 9 VG 6/96 R - BSGE 82, 112, 116 = SozR 3-5910 § 91a Nr 4 mwN). Solange davon ausgegangen werden kann, dass sich durch die Feststellung wesentliche Vorfragen des Erstattungsstreits erledigen können, besteht (weiterhin) ein Rechtsschutzbedürfnis. Dies ist hier wegen der Klärung des Anspruchs der Beigeladenen auf BAB der Fall (vgl auch BSG vom 10.7.2014 - B 10 SF 1/14 R - SGb 2014, 504 zu der § 86 SGB X entnommenen Verpflichtung des erstattungsberechtigten Sozialhilfeträgers statt und gerade neben Erstattungsansprüchen nach den §§ 102 ff SGB X die Feststellung der Leistungspflicht des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers für bereits erbrachte Sozialleistungen als Prozessstandschafter bei vorangegangener Ablehnung gegenüber dem Berechtigten zu betreiben). Ob im Ausnahmefall das Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage fehlen kann, wenn bei Klageerhebung ausschließlich bereits abgeschlossene Zeiträume betroffen sind und direkt auf Erstattung geklagt werden könnte, ist im Übrigen nach den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalls zu beantworten (vgl für eine derartige Konstellation: BSG vom 15.2.2000 - B 11 AL 73/99 R - juris RdNr 14). Eine solche Fallgestaltung liegt hier nicht vor.

14

Der Umstand, dass die Beigeladene wegen der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs 1 SGB X vor Klageerhebung bereits erbrachter Leistungen nicht noch einmal an sich selbst verlangen könnte, berührt nicht das Feststellungsrecht des vorleistenden Jugendhilfeträgers, sondern - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - allein den Auszahlungsanspruch der Berechtigten - also hier der Beigeladenen - gegen die Beklagte, der jedoch nicht Streitgegenstand ist.

15

3. Das zulässige Feststellungsbegehren ist jedoch nicht begründet. Zwar ist der Kläger grundsätzlich erstattungsberechtigt, weil er an die Beigeladene Leistungen der Jugendhilfe erbracht hat und es sich bei einem Teil dieser Jugendhilfeleistungen und der BAB um gleichartige Sozialleistungen handelt (s hierzu unter a). Wegen der Höhe der an die Beigeladene ausgezahlten Ausbildungsvergütung hatte diese gegen die Beklagte jedoch keinen Anspruch auf BAB (s hierzu unter b).

16

a) Rechtsgrundlage für eine potentielle Erstattungsberechtigung des Klägers nach § 97 Satz 1 SGB VIII ist § 104 Abs 1 Satz 1 SGB X. Dies setzt voraus, dass Leistungsverpflichtungen von zwei Sozialleistungsträgern - hier des Klägers als Jugendhilfeträger und der beklagten BA als zur Erbringung von BAB Verpflichtete - nebeneinander bestehen und miteinander konkurrieren, wobei die Verpflichtung eines der Leistungsträger der Leistungspflicht des anderen Sozialleistungsträgers nachgehen muss.

17

Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ist davon auszugehen, dass der Kläger der Beigeladenen neben der fortgeführten Hilfe zur Erziehung ab September 2014 die Förderung einer Berufsausbildung zur Beiköchin als Maßnahme der Jugendberufshilfe bewilligt hat. Nach § 41 Abs 1 SGB VIII soll einem jungen Volljährigen - in der Regel bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres - Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt werden, wenn und solange die Hilfe aufgrund der individuellen Situation des jungen Menschen notwendig ist. § 27 Abs 3 Satz 2 SGB VIII, auf den § 41 Abs 2 SGB VIII zur Ausgestaltung dieser Hilfen ausdrücklich verweist, bestimmt, dass die Hilfen zur Erziehung bei Bedarf Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen iS des § 13 Abs 2 SGB VIII einschließen. Hiernach können geeignete sozialpädagogisch begleitete Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen angeboten werden, die den Fähigkeiten und dem Entwicklungsstand dieser jungen Menschen Rechnung tragen. Im ambulanten und stationären Bereich können Hilfeformen vorgehalten werden, die Hilfe zur Erziehung mit Ausbildungs- und Beschäftigungsformen koppeln (Schmidt-Obkirchner in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl 2015, § 27 RdNr 35; Schäfer in Münder/Meysen/Trenzcek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl 2013, § 13 RdNr 16 mit Verweis auf BT-Drucks 11/5948, S 55; zur sozialpolitischen Bedeutung: Schruth in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 13 RdNr 48 ff, Stand Juni 2014). Möglich sind öffentlich-rechtliche Beschäftigungsmaßnahmen und reguläre Arbeitsverträge (Struck in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl 2015, § 13 RdNr 32). Bei der Entscheidung über die Art, den Umfang und die zeitliche Dauer einer Hilfe für junge Volljährige steht dem Jugendhilfeträger im erforderlichen Rahmen der (sozial-)pädagogischen Wertungen und Zukunftsprognosen ein gerichtlich nicht voll überprüfbarer Beurteilungsspielraum und ein Bewertungsvorrecht zu (Fischer in Schellhorn ua, SGB VIII, 5. Aufl 2017, § 41 RdNr 17 mwRspr).

18

Die gerichtliche Überprüfung hat sich grundsätzlich darauf zu beschränken, ob allgemein gültige fachliche Maßstäbe beachtet worden, keine sachfremden Erwägungen eingeflossen und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind (vgl BVerwG vom 24.6.1999 - 5 C 24/98 - BVerwGE 109, 155, 167; BayVGH vom 17.6.2004 - 12 CE 04.578 - JAmt 2004, 545, 546; VG Würzburg vom 22.7.2010 - W 3 K 10.489 - juris, RdNr 25). Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Förderung der Beigeladenen durch die auch von der Beklagten als "angezeigt" angesehene Ausbildung zur Beiköchin in der Jugendhilfeeinrichtung nicht erforderlich war, liegen nicht vor.

19

Bei diesen Leistungen des Klägers als Jugendhilfeträger und der BAB kann es sich auch um gleichartige Sozialleistungen im Sinne der Vorrang-Nachrang-Regelung des § 104 SGB X handeln. Wesentliche Kriterien für die Gleichartigkeit der Leistungen sind deren Ziel und Funktion, also "deren Zweck" (Mrozynski, SGB VIII, 5. Aufl 2009, § 10 RdNr 2). Die Leistungen müssen gleich, gleichartig, einander entsprechend, kongruent, einander überschneidend oder deckungsgleich sein (BVerwG vom 2.3.2006 - 5 C 15.05 - BVerwGE 125, 95 ff, 96). Dies kann nicht pauschal anhand der (gesamten) Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe, sondern nur bezogen auf die jeweils differenziert zu betrachtenden einzelnen Anteile einer Jugendhilfemaßnahme bestimmt werden (vgl nur OVG Lüneburg vom 28.7.2009 - 4 PA 250/08 - FEVS 61, 180, 181).

20

Eine Kongruenz von Leistungen ist bei der Sicherstellung des Lebensunterhalts durch die Jugendhilfeleistungen einerseits und die BAB andererseits grundsätzlich anzunehmen, wobei die BAB gegenüber Leistungen für Unterhalt und Unterkunft nach dem SGB VIII grundsätzlich vorrangig ist (Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 10 RdNr 15, Stand Februar 2017; Happe/Saurbier in Jans/Happe/Saurbier/Maas, Kinder- und Jugendhilferecht, § 10 RdNr 31, Stand Januar 2015; Meysen in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl 2013, § 10 RdNr 9; vgl zur früheren Rechtslage: BSG vom 28.9.1993 - 11 RAr 7/93 - FEVS 45, 127, 131). Dies ergibt sich aus dem Zusammenwirken der Subsidiaritätsregelungen in § 22 Abs 1 SGB III und § 10 Abs 1 SGB VIII. Nach § 10 Abs 1 Satz 1 SGB VIII werden Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, durch das SGB VIII nicht berührt(Satz 1). Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem SGB VIII entsprechende Leistungen vorgesehen sind (§ 10 Abs 1 Satz 2 SGB VIII). Wenn Leistungen eines anderen Sozialleistungsträgers nicht deshalb versagt werden dürfen, weil es im SGB VIII entsprechende Leistungen gibt, zeigt dies, dass im Sinne der weiteren Nachrangregelung des § 22 Abs 1 und 2 SGB III eine Leistungspflicht des Jugendhilfeträgers in Fallgestaltungen gleichartiger Leistungen gerade nicht bestehen soll und die Jugendhilfe als nachrangig angesehen werden muss(Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 10 RdNr 27, Stand Februar 2017).

21

b) Trotz demnach grundsätzlich möglicher Erstattungsberechtigung des Klägers iS des § 97 Satz 1 SGB VIII steht einer Begründetheit seines Feststellungsbegehrens entgegen, dass die Ausbildungsvergütung selbst nicht als nachrangige Jugendhilfeleistung iS des § 10 SGB VIII angesehen werden und wegen deren konkreter Höhe von der Beigeladenen keine BAB beansprucht werden kann.

22

§ 56 Abs 1 SGB III macht den Anspruch von Auszubildenden auf BAB während einer Berufsausbildung davon abhängig, ob eine Berufsausbildung förderungsfähig ist(Nr 1), sie zum förderungsfähigen Personenkreis gehören, die sonstigen persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sind (Nr 2) und ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen (Nr 3). Zwar kann ausgehend von einer Berufsausbildung für behinderte Menschen nach § 66 BBiG grundsätzlich eine durch BAB förderungsfähige Ausbildung vorliegen(§ 116 Abs 2 SGB III iVm § 57 Abs 1 SGB III; vgl die am 30.9.2011 beschlossene Empfehlung für eine Ausbildungsregelung zum Fachpraktiker Küche /zur Fachpraktikerin Küche gemäß § 66 BBiG bzw § 42m HwO). Die Beigeladene konnte ihren zu berücksichtigenden Gesamtbedarf im Rahmen der BAB jedoch anderweitig iS des § 56 Abs 1 Nr 3 SGB III decken.

23

Die Subsidiaritätsklausel des § 56 Abs 1 Nr 3 SGB III wird in § 67 SGB III näher konkretisiert. Die Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens richtet sich über § 67 Abs 2 Satz 1 SGB III im Wesentlichen nach § 21 BAföG und knüpft an den Einkommensbegriff iS des § 2 EStG an. § 2 Abs 1 EStG bestimmt, welche Arten des zu berücksichtigenden Einkommens existieren. Vom Einkommensbegriff des § 21 Abs 3 Satz 1 Nr 4 BAföG iVm § 2 EStG umfasst sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, nicht jedoch solche aus staatlichen Transferleistungen(Buser in Eicher/Schlegel, SGB III, § 56 RdNr 47, Stand Dezember 2015). Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass die von dem Jugendhilfezentrum erbrachte Lehrlingsvergütung als Einkommen aus unselbständiger Arbeit iS des § 67 SGB III iVm den Vorschriften des BAföG und des EStG anzurechnen ist.

24

Insofern ist nicht entscheidend, dass der Kläger die gesamten Ausbildungskosten der Beigeladenen zur Beiköchin - einschließlich der damit verbundenen Lehrlingsvergütung - gegenüber der Beigeladenen als Jugendhilfeleistung bewilligt und tatsächlich wirtschaftlich getragen hat. Zwar könnten die Leistungen des Klägers an das Jugendhilfezentrum als ausbildenden Betrieb als Sozialleistungen für den Arbeitgeber zu qualifizieren sein (vgl nur BSG vom 22.9.2004 - B 11 AL 33/03 R - SozR 4-1500 § 183 Nr 2 zu Eingliederungszuschüssen an Arbeitgeber; BSG vom 6.8.2014 - B 11 AL 7/13 R - SozR 4-1200 § 45 Nr 8 RdNr 15 ff zu Erstattungszahlungen für Arbeitgeberbeiträge an den eine WfB betreibenden Verein). Hiervon getrennt zu betrachten ist jedoch die Frage, ob die zwischen der Beigeladenen und dem Jugendhilfezentrum auf der Grundlage eines Berufsausbildungsvertrags (§ 10 BBiG) mit Vereinbarung einer Vergütung (§ 17 BBiG) an die Beigeladene erbrachte Ausbildungsvergütung als Einkommen im Sinne der Vorschriften zur BAB zu berücksichtigen ist (vgl zu den unterschiedlichen Rechtsverhältnissen im Rahmen einer dreiseitigen Rechtsbeziehung bei Förderung einer überbetrieblichen Ausbildung der beruflichen Rehabilitation durch die Arbeitsverwaltung: BAG vom 15.11.2000 - 5 AZR 296/99 - BAGE 96, 237, 244).

25

Die Vorschriften zur Einkommensanrechnung bei der BAB unterscheiden zwischen anrechenbaren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und staatlichen Transferleistungen. Nur für staatliche Transferleistungen regelt § 21 Abs 3 Satz 1 Nr 4 BAföG, dass sonstige Einnahmen, die zur Deckung des Lebensbedarfs bestimmt sind, als Einkommen in Höhe der tatsächlich geleisteten Beträge gelten, soweit sie das Bundesministerium für Bildung und Forschung in der diese Leistungen der sozialen Sicherung abschließend aufzählenden BAföG-Einkommensverordnung erfasst bzw gerade nicht erfasst hat. Bezogen auf privatrechtlich vereinbarte Ausbildungsvergütungen enthalten die bei der BAB heranzuziehenden Einkommensanrechnungsvorschriften jedoch keine Einschränkungen (etwa im Sinne einer Nichtanrechenbarkeit von aus Jugendhilfemitteln in wirtschaftlicher Hinsicht getragenen Ausbildungsvergütungen). Dass bei Berufsausbildungsverhältnissen nach § 66 BBiG häufig eine Förderung durch staatliche Transferzahlungen notwendig sein wird und zugleich aus jugendhilferechtlicher Sicht eine Angleichung an "normale Ausbildungsverhältnisse" angestrebt wird, ermöglicht keine andere rechtliche Wertung. Da die gesetzlichen Regelungen eine Anrechenbarkeit der tatsächlichen Einnahmen aus einer Ausbildungsvergütung - in hier bedarfsdeckender Höhe von 793,26 Euro (Zeitraum: 1.8.2014 bis 31.8.2015) bzw 843,20 Euro (Zeitraum: 1.9.2015 bis 29.2.2016) zzgl der einmaligen Zahlungen - zwingend vorsehen, sieht der Senat keinen rechtlichen Ansatz für eine Nichtberücksichtigung der an die Beigeladene nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG gezahlten Vergütung in bedarfsdeckender Höhe.

26

Ohne ausdrückliche Regelung des Gesetzgebers ist es mit der privatautonomen Gestaltung der Ausbildungsvergütungen und deren Funktionen nicht vereinbar, diese gegenüber der BAB als subsidiäre Sozialleistung iS des § 11 Satz 1 SGB I zu werten. Zu berücksichtigen ist, dass die Angemessenheit der Höhe der Ausbildungsvergütung nach der Rechtsprechung des BAG ausgehend von den drei Funktionen einer finanziellen Unterstützung, der Heranbildung ausreichenden Nachwuchses und der Entlohnung der Leistungen des Auszubildenden bestimmt wird (BAG vom 22.1.2008 - 9 AZR 999/06 - BAGE 125, 285, 292; BAG vom 29.4.2015 - 9 AZR 108/14 - NZA 2015, 1384; Lakies in Lakies/Malottke, BBiG, 5. Aufl 2016, § 17 RdNr 6). Es greift regelmäßig die Vermutung, dass die Höhe der Ausbildungsvergütung diesen Gesichtspunkten Rechnung trägt. Dies wird auch darin deutlich, dass das BAG in Fallgestaltungen einer vollständigen Förderung durch die öffentliche Hand eine deutliche Unterschreitung der tariflichen Vergütung bis hin zu einem völligen Verzicht auf eine Ausbildungsvergütung jedenfalls in Einzelfällen für möglich gehalten hat (BAG vom 6.9.1989 - 5 AZR 611/88 - NZA 1990, 105 zur Vereinbarung einer Zahlung des von der BA erbrachten Ausbildungsgeldes als Vergütung iS des § 10 Abs 1 Satz 1 BBiG; BAG vom 11.10.1995 - 5 AZR 258/94 - BAGE 81, 139 ff bei 100%iger Förderung durch die öffentliche Hand und fehlendem Vorteil des ausbildenden Vereins an der Durchführung der Ausbildung; BAG vom 22.1.2008 - 9 AZR 999/06 - BAGE 125, 285 ff, zur Zulässigkeit einer deutlich unter dem Tarifniveau liegenden Ausbildungsvergütung bei einem durch Zuschüsse der Bundesagentur für Arbeit finanziertem Ausbildungsverhältnis).

27

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.

(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.

(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.

Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauftrags diese Personen einer Beratungsstelle nach § 32 oder einer sonstigen Beratungsstelle für Rehabilitation zur Beratung über die geeigneten Leistungen zur Teilhabe vorstellen.

(1) Junge Volljährige erhalten geeignete und notwendige Hilfe nach diesem Abschnitt, wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet. Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Eine Beendigung der Hilfe schließt die erneute Gewährung oder Fortsetzung einer Hilfe nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 nicht aus.

(2) Für die Ausgestaltung der Hilfe gelten § 27 Absatz 3 und 4 sowie die §§ 28 bis 30, 33 bis 36, 39 und 40 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige tritt.

(3) Soll eine Hilfe nach dieser Vorschrift nicht fortgesetzt oder beendet werden, prüft der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ab einem Jahr vor dem hierfür im Hilfeplan vorgesehenen Zeitpunkt, ob im Hinblick auf den Bedarf des jungen Menschen ein Zuständigkeitsübergang auf andere Sozialleistungsträger in Betracht kommt; § 36b gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Juni 2016 und des Sozialgerichts Trier vom 30. Juni 2015 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der klagende Landkreis, ein Träger der Jugendhilfe, begehrt die Feststellung der Verpflichtung der beklagten Bundesagentur für Arbeit zur Zahlung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) an die Beigeladene.

2

Die im Jahre 1996 geborene N. W. (im Folgenden: Beigeladene) erhält seit Juli 2012 Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) im Jugendhilfezentrum "c. " in A. (im Folgenden: Jugendhilfezentrum) mit Kostenübernahme durch den Kläger. Die Beklagte bestätigte nach einem Eignungstest, dass bei der Beigeladenen aufgrund der Art und Schwere der Behinderung eine Ausbildung nach § 66 BBiG angezeigt sei(Schreiben vom 13.6.2014). Der Kläger trug auch die Kosten für deren im September 2014 begonnene Ausbildung zur Beiköchin im Jugendhilfezentrum (Bescheid an die Beigeladene und Nachricht an den Kläger vom 22.9.2014). Die Kosten für die Gesamtmaßnahme beliefen sich auf ca 7000 Euro monatlich und umfassten Betreuungskosten (Heimerziehung), Ausbildungskosten (rund 2000 Euro) und den Lebensunterhalt der Beigeladenen. Als Ausbildungsbetrieb zahlte das Jugendhilfezentrum der Beigeladenen eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 793,26 Euro monatlich (1.8.2014 bis 31.8.2015) bzw 843,20 Euro monatlich (1.9.2015 bis 29.2.2016) und einmalige Leistungen im November 2014, Juni 2015 und November 2015.

3

Der Kläger beantragte bei der Beklagten für die Beigeladene BAB. Er teilte mit, dass die von ihm erbrachten Aufwendungen neben den Kosten der Bestreitung des gesamten Lebensunterhalts die Ausbildungskosten umfassten (Schreiben vom 22.9.2014). Die Eltern der Beigeladenen bezögen SGB II-Leistungen. Die Beklagte lehnte den Antrag auf BAB ab, weil die Beigeladene mit der Ausbildungsvergütung über ausreichende Einkünfte verfüge (Bescheid vom 18.11.2014; Widerspruchsbescheid vom 19.2.2015). Das SG hat der allein von dem Kläger als erstattungsberechtigtem Träger der Jugendhilfe erhobenen Klage stattgegeben, den Bescheid vom 18.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.2.2015 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger BAB für die Beigeladene ab dem 1.9.2014 zu zahlen (Urteil vom 30.6.2015).

4

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das SG-Urteil geändert und festgestellt, dass diese verpflichtet sei, der Beigeladenen ab 1.9.2014 BAB in gesetzlicher Höhe zu gewähren sowie im Übrigen die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen (Urteil vom 9.6.2016). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Beigeladene habe vom 1.8.2014 bis 29.2.2016 eine dem Grunde nach förderungsfähige berufliche Ausbildung absolviert, gehöre zum förderungsfähigen Personenkreis und erfülle auch die sonstigen persönlichen Voraussetzungen. Die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten, die sonstigen Aufwendungen und die Maßnahmekosten (Gesamtbedarf) hätten ihr auch nicht anderweitig zur Verfügung gestanden, weil die Ausbildungsvergütung nicht anzurechnen sei. Unabhängig von der Frage, ob man in den konkret an die Beigeladene erbrachten Zahlungen eine Ausbildungsvergütung, eine Ausbildungsbeihilfe oder eine gleichartige Leistung aus öffentlichen Mitteln sehe, stehe § 10 Abs 1 SGB VIII einer Anrechnung entgegen. Bei diesen Zahlungen und der BAB handele es sich um zweckidentische Leistungen mit unterhaltssichernder Funktion. Unerheblich sei, dass die Jugendhilfeleistungen nicht unmittelbar von dem Kläger an die Beigeladene ausgezahlt, sondern zunächst der Ausbildungseinrichtung (Jugendhilfezentrum) zur Verfügung gestellt würden, die dann ihrerseits der Beigeladenen eine Ausbildungsvergütung in entsprechender Höhe nach dem BBiG erbringe. Es handele sich dennoch um an Dritte erbrachte Sozialleistungen nach den Vorschriften des SGB VIII, weil sie der hilfebedürftigen Beigeladenen zur Verwirklichung ihres sozialen Rechts auf Jugendhilfe zukämen und deren Lebensunterhalt während der Ausbildung ermöglichten. Wegen der kausalen Verknüpfung der beiden Zahlungen erfordere es der Zweck des § 10 Abs 1 Satz 2 SGB VIII, diese Vorrangregelung anzuwenden. Entscheidend sei, dass die beiden Leistungsverpflichtungen nebeneinander bestünden und jeweils der Deckung des Lebensunterhalts der Beigeladenen im streitbefangenen Zeitraum dienten.

5

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 SGB III sowie § 10 SGB VIII. Eine Ausbildungsvergütung, die von der Ausbildungseinrichtung im Rahmen der Heimerziehung an einen (minderjährigen) Jugendlichen gezahlt, aber vom Jugendhilfeträger erstattet werde, müsse als Einkommen auf die BAB angerechnet werden. Im Verhältnis zwischen ihr und der Beigeladenen verliere die Ausbildungsvergütung nicht ihren Charakter als "Vergütung".

6

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Juni 2016 und des Sozialgerichts Trier vom 30. Juni 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet.

10

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das Urteil des LSG vom 9.6.2016, soweit dieses die Aufhebung des Bescheids vom 18.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.2.2015 durch das SG bestätigt und festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Beigeladenen ab 1.9.2014 BAB in gesetzlicher Höhe zu erbringen.

11

Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger sein Begehren als Anfechtungs- und Feststellungsklage geltend machen muss. Nach § 97 Satz 1 SGB VIII kann der erstattungsberechtigte Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Feststellung einer Sozialleistung betreiben sowie Rechtsmittel einlegen. Die Regelung berechtigt den Kläger, im Wege einer gesetzlichen Prozessstandschaft die Feststellung zu verfolgen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Beigeladene, die weiterhin potentielle Inhaberin des Anspruchs bleibt, BAB zu erbringen. Auf das von dem Kläger als Jugendhilfeträger anstelle der Beigeladenen im Wege des § 97 SGB VIII geführte Verfahren auf Bewilligung von BAB hat die Beklagte diese Sozialleistung durch die angefochtenen Bescheide abgelehnt.

12

Bei einer solchen Leistungsablehnung ermöglicht § 97 Satz 1 SGB VIII die Erhebung einer Anfechtungsklage(vgl nur BSG vom 22.4.1998 - B 9 VG 6/96 R - BSGE 82, 112, 114 = SozR 3-5910 § 91a Nr 4). Die damit verbundene Feststellungsklage kann sich auf das Bestehen eines Anspruchs des Jugendlichen oder Kindes beziehen. Deren (fremde) Rechte können geltend gemacht, nicht aber eine Leistung an sich selbst verlangt werden (BSG vom 15.2.2000 - B 11 AL 73/99 R - juris RdNr 14; BSG vom 11.12.2008 - B 9/9a VG 1/07 R - SozR 4-3100 § 60 Nr 5, RdNr 25; Schneider in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 97 RdNr 24, Stand Dezember 2016).

13

2. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrenshindernisse liegen nicht vor. Ein (teilweiser) Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses für die Feststellungsklage ist nicht deshalb anzunehmen, weil der Kläger wegen der bei Klageerhebung bereits erbrachten Jugendhilfeleistungen auch einen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte hätte geltend machen können. Der Gesetzgeber stellt den Trägern der Jugendhilfe grundsätzlich beide Wege (Feststellungsverfahren, Erstattungsverfahren) zur Wahl. § 97 SGB VIII bezieht sich nicht ausschließlich auf eine in die Zukunft gerichtete Feststellung des Sozialleistungsanspruchs; vielmehr soll das Feststellungsverfahren einer Klärung der Verhältnisse in Bezug auf das Bestehen eines Erstattungsanspruchs dienen (Schneider in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 97 RdNrn 19, 27, Stand Dezember 2016; vgl zu § 91a BSHG: BSG vom 22.4.1998 - B 9 VG 6/96 R - BSGE 82, 112, 116 = SozR 3-5910 § 91a Nr 4 mwN). Solange davon ausgegangen werden kann, dass sich durch die Feststellung wesentliche Vorfragen des Erstattungsstreits erledigen können, besteht (weiterhin) ein Rechtsschutzbedürfnis. Dies ist hier wegen der Klärung des Anspruchs der Beigeladenen auf BAB der Fall (vgl auch BSG vom 10.7.2014 - B 10 SF 1/14 R - SGb 2014, 504 zu der § 86 SGB X entnommenen Verpflichtung des erstattungsberechtigten Sozialhilfeträgers statt und gerade neben Erstattungsansprüchen nach den §§ 102 ff SGB X die Feststellung der Leistungspflicht des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers für bereits erbrachte Sozialleistungen als Prozessstandschafter bei vorangegangener Ablehnung gegenüber dem Berechtigten zu betreiben). Ob im Ausnahmefall das Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage fehlen kann, wenn bei Klageerhebung ausschließlich bereits abgeschlossene Zeiträume betroffen sind und direkt auf Erstattung geklagt werden könnte, ist im Übrigen nach den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalls zu beantworten (vgl für eine derartige Konstellation: BSG vom 15.2.2000 - B 11 AL 73/99 R - juris RdNr 14). Eine solche Fallgestaltung liegt hier nicht vor.

14

Der Umstand, dass die Beigeladene wegen der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs 1 SGB X vor Klageerhebung bereits erbrachter Leistungen nicht noch einmal an sich selbst verlangen könnte, berührt nicht das Feststellungsrecht des vorleistenden Jugendhilfeträgers, sondern - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - allein den Auszahlungsanspruch der Berechtigten - also hier der Beigeladenen - gegen die Beklagte, der jedoch nicht Streitgegenstand ist.

15

3. Das zulässige Feststellungsbegehren ist jedoch nicht begründet. Zwar ist der Kläger grundsätzlich erstattungsberechtigt, weil er an die Beigeladene Leistungen der Jugendhilfe erbracht hat und es sich bei einem Teil dieser Jugendhilfeleistungen und der BAB um gleichartige Sozialleistungen handelt (s hierzu unter a). Wegen der Höhe der an die Beigeladene ausgezahlten Ausbildungsvergütung hatte diese gegen die Beklagte jedoch keinen Anspruch auf BAB (s hierzu unter b).

16

a) Rechtsgrundlage für eine potentielle Erstattungsberechtigung des Klägers nach § 97 Satz 1 SGB VIII ist § 104 Abs 1 Satz 1 SGB X. Dies setzt voraus, dass Leistungsverpflichtungen von zwei Sozialleistungsträgern - hier des Klägers als Jugendhilfeträger und der beklagten BA als zur Erbringung von BAB Verpflichtete - nebeneinander bestehen und miteinander konkurrieren, wobei die Verpflichtung eines der Leistungsträger der Leistungspflicht des anderen Sozialleistungsträgers nachgehen muss.

17

Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ist davon auszugehen, dass der Kläger der Beigeladenen neben der fortgeführten Hilfe zur Erziehung ab September 2014 die Förderung einer Berufsausbildung zur Beiköchin als Maßnahme der Jugendberufshilfe bewilligt hat. Nach § 41 Abs 1 SGB VIII soll einem jungen Volljährigen - in der Regel bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres - Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt werden, wenn und solange die Hilfe aufgrund der individuellen Situation des jungen Menschen notwendig ist. § 27 Abs 3 Satz 2 SGB VIII, auf den § 41 Abs 2 SGB VIII zur Ausgestaltung dieser Hilfen ausdrücklich verweist, bestimmt, dass die Hilfen zur Erziehung bei Bedarf Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen iS des § 13 Abs 2 SGB VIII einschließen. Hiernach können geeignete sozialpädagogisch begleitete Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen angeboten werden, die den Fähigkeiten und dem Entwicklungsstand dieser jungen Menschen Rechnung tragen. Im ambulanten und stationären Bereich können Hilfeformen vorgehalten werden, die Hilfe zur Erziehung mit Ausbildungs- und Beschäftigungsformen koppeln (Schmidt-Obkirchner in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl 2015, § 27 RdNr 35; Schäfer in Münder/Meysen/Trenzcek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl 2013, § 13 RdNr 16 mit Verweis auf BT-Drucks 11/5948, S 55; zur sozialpolitischen Bedeutung: Schruth in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 13 RdNr 48 ff, Stand Juni 2014). Möglich sind öffentlich-rechtliche Beschäftigungsmaßnahmen und reguläre Arbeitsverträge (Struck in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl 2015, § 13 RdNr 32). Bei der Entscheidung über die Art, den Umfang und die zeitliche Dauer einer Hilfe für junge Volljährige steht dem Jugendhilfeträger im erforderlichen Rahmen der (sozial-)pädagogischen Wertungen und Zukunftsprognosen ein gerichtlich nicht voll überprüfbarer Beurteilungsspielraum und ein Bewertungsvorrecht zu (Fischer in Schellhorn ua, SGB VIII, 5. Aufl 2017, § 41 RdNr 17 mwRspr).

18

Die gerichtliche Überprüfung hat sich grundsätzlich darauf zu beschränken, ob allgemein gültige fachliche Maßstäbe beachtet worden, keine sachfremden Erwägungen eingeflossen und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind (vgl BVerwG vom 24.6.1999 - 5 C 24/98 - BVerwGE 109, 155, 167; BayVGH vom 17.6.2004 - 12 CE 04.578 - JAmt 2004, 545, 546; VG Würzburg vom 22.7.2010 - W 3 K 10.489 - juris, RdNr 25). Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Förderung der Beigeladenen durch die auch von der Beklagten als "angezeigt" angesehene Ausbildung zur Beiköchin in der Jugendhilfeeinrichtung nicht erforderlich war, liegen nicht vor.

19

Bei diesen Leistungen des Klägers als Jugendhilfeträger und der BAB kann es sich auch um gleichartige Sozialleistungen im Sinne der Vorrang-Nachrang-Regelung des § 104 SGB X handeln. Wesentliche Kriterien für die Gleichartigkeit der Leistungen sind deren Ziel und Funktion, also "deren Zweck" (Mrozynski, SGB VIII, 5. Aufl 2009, § 10 RdNr 2). Die Leistungen müssen gleich, gleichartig, einander entsprechend, kongruent, einander überschneidend oder deckungsgleich sein (BVerwG vom 2.3.2006 - 5 C 15.05 - BVerwGE 125, 95 ff, 96). Dies kann nicht pauschal anhand der (gesamten) Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe, sondern nur bezogen auf die jeweils differenziert zu betrachtenden einzelnen Anteile einer Jugendhilfemaßnahme bestimmt werden (vgl nur OVG Lüneburg vom 28.7.2009 - 4 PA 250/08 - FEVS 61, 180, 181).

20

Eine Kongruenz von Leistungen ist bei der Sicherstellung des Lebensunterhalts durch die Jugendhilfeleistungen einerseits und die BAB andererseits grundsätzlich anzunehmen, wobei die BAB gegenüber Leistungen für Unterhalt und Unterkunft nach dem SGB VIII grundsätzlich vorrangig ist (Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 10 RdNr 15, Stand Februar 2017; Happe/Saurbier in Jans/Happe/Saurbier/Maas, Kinder- und Jugendhilferecht, § 10 RdNr 31, Stand Januar 2015; Meysen in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl 2013, § 10 RdNr 9; vgl zur früheren Rechtslage: BSG vom 28.9.1993 - 11 RAr 7/93 - FEVS 45, 127, 131). Dies ergibt sich aus dem Zusammenwirken der Subsidiaritätsregelungen in § 22 Abs 1 SGB III und § 10 Abs 1 SGB VIII. Nach § 10 Abs 1 Satz 1 SGB VIII werden Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, durch das SGB VIII nicht berührt(Satz 1). Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem SGB VIII entsprechende Leistungen vorgesehen sind (§ 10 Abs 1 Satz 2 SGB VIII). Wenn Leistungen eines anderen Sozialleistungsträgers nicht deshalb versagt werden dürfen, weil es im SGB VIII entsprechende Leistungen gibt, zeigt dies, dass im Sinne der weiteren Nachrangregelung des § 22 Abs 1 und 2 SGB III eine Leistungspflicht des Jugendhilfeträgers in Fallgestaltungen gleichartiger Leistungen gerade nicht bestehen soll und die Jugendhilfe als nachrangig angesehen werden muss(Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 10 RdNr 27, Stand Februar 2017).

21

b) Trotz demnach grundsätzlich möglicher Erstattungsberechtigung des Klägers iS des § 97 Satz 1 SGB VIII steht einer Begründetheit seines Feststellungsbegehrens entgegen, dass die Ausbildungsvergütung selbst nicht als nachrangige Jugendhilfeleistung iS des § 10 SGB VIII angesehen werden und wegen deren konkreter Höhe von der Beigeladenen keine BAB beansprucht werden kann.

22

§ 56 Abs 1 SGB III macht den Anspruch von Auszubildenden auf BAB während einer Berufsausbildung davon abhängig, ob eine Berufsausbildung förderungsfähig ist(Nr 1), sie zum förderungsfähigen Personenkreis gehören, die sonstigen persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sind (Nr 2) und ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen (Nr 3). Zwar kann ausgehend von einer Berufsausbildung für behinderte Menschen nach § 66 BBiG grundsätzlich eine durch BAB förderungsfähige Ausbildung vorliegen(§ 116 Abs 2 SGB III iVm § 57 Abs 1 SGB III; vgl die am 30.9.2011 beschlossene Empfehlung für eine Ausbildungsregelung zum Fachpraktiker Küche /zur Fachpraktikerin Küche gemäß § 66 BBiG bzw § 42m HwO). Die Beigeladene konnte ihren zu berücksichtigenden Gesamtbedarf im Rahmen der BAB jedoch anderweitig iS des § 56 Abs 1 Nr 3 SGB III decken.

23

Die Subsidiaritätsklausel des § 56 Abs 1 Nr 3 SGB III wird in § 67 SGB III näher konkretisiert. Die Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens richtet sich über § 67 Abs 2 Satz 1 SGB III im Wesentlichen nach § 21 BAföG und knüpft an den Einkommensbegriff iS des § 2 EStG an. § 2 Abs 1 EStG bestimmt, welche Arten des zu berücksichtigenden Einkommens existieren. Vom Einkommensbegriff des § 21 Abs 3 Satz 1 Nr 4 BAföG iVm § 2 EStG umfasst sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, nicht jedoch solche aus staatlichen Transferleistungen(Buser in Eicher/Schlegel, SGB III, § 56 RdNr 47, Stand Dezember 2015). Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass die von dem Jugendhilfezentrum erbrachte Lehrlingsvergütung als Einkommen aus unselbständiger Arbeit iS des § 67 SGB III iVm den Vorschriften des BAföG und des EStG anzurechnen ist.

24

Insofern ist nicht entscheidend, dass der Kläger die gesamten Ausbildungskosten der Beigeladenen zur Beiköchin - einschließlich der damit verbundenen Lehrlingsvergütung - gegenüber der Beigeladenen als Jugendhilfeleistung bewilligt und tatsächlich wirtschaftlich getragen hat. Zwar könnten die Leistungen des Klägers an das Jugendhilfezentrum als ausbildenden Betrieb als Sozialleistungen für den Arbeitgeber zu qualifizieren sein (vgl nur BSG vom 22.9.2004 - B 11 AL 33/03 R - SozR 4-1500 § 183 Nr 2 zu Eingliederungszuschüssen an Arbeitgeber; BSG vom 6.8.2014 - B 11 AL 7/13 R - SozR 4-1200 § 45 Nr 8 RdNr 15 ff zu Erstattungszahlungen für Arbeitgeberbeiträge an den eine WfB betreibenden Verein). Hiervon getrennt zu betrachten ist jedoch die Frage, ob die zwischen der Beigeladenen und dem Jugendhilfezentrum auf der Grundlage eines Berufsausbildungsvertrags (§ 10 BBiG) mit Vereinbarung einer Vergütung (§ 17 BBiG) an die Beigeladene erbrachte Ausbildungsvergütung als Einkommen im Sinne der Vorschriften zur BAB zu berücksichtigen ist (vgl zu den unterschiedlichen Rechtsverhältnissen im Rahmen einer dreiseitigen Rechtsbeziehung bei Förderung einer überbetrieblichen Ausbildung der beruflichen Rehabilitation durch die Arbeitsverwaltung: BAG vom 15.11.2000 - 5 AZR 296/99 - BAGE 96, 237, 244).

25

Die Vorschriften zur Einkommensanrechnung bei der BAB unterscheiden zwischen anrechenbaren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und staatlichen Transferleistungen. Nur für staatliche Transferleistungen regelt § 21 Abs 3 Satz 1 Nr 4 BAföG, dass sonstige Einnahmen, die zur Deckung des Lebensbedarfs bestimmt sind, als Einkommen in Höhe der tatsächlich geleisteten Beträge gelten, soweit sie das Bundesministerium für Bildung und Forschung in der diese Leistungen der sozialen Sicherung abschließend aufzählenden BAföG-Einkommensverordnung erfasst bzw gerade nicht erfasst hat. Bezogen auf privatrechtlich vereinbarte Ausbildungsvergütungen enthalten die bei der BAB heranzuziehenden Einkommensanrechnungsvorschriften jedoch keine Einschränkungen (etwa im Sinne einer Nichtanrechenbarkeit von aus Jugendhilfemitteln in wirtschaftlicher Hinsicht getragenen Ausbildungsvergütungen). Dass bei Berufsausbildungsverhältnissen nach § 66 BBiG häufig eine Förderung durch staatliche Transferzahlungen notwendig sein wird und zugleich aus jugendhilferechtlicher Sicht eine Angleichung an "normale Ausbildungsverhältnisse" angestrebt wird, ermöglicht keine andere rechtliche Wertung. Da die gesetzlichen Regelungen eine Anrechenbarkeit der tatsächlichen Einnahmen aus einer Ausbildungsvergütung - in hier bedarfsdeckender Höhe von 793,26 Euro (Zeitraum: 1.8.2014 bis 31.8.2015) bzw 843,20 Euro (Zeitraum: 1.9.2015 bis 29.2.2016) zzgl der einmaligen Zahlungen - zwingend vorsehen, sieht der Senat keinen rechtlichen Ansatz für eine Nichtberücksichtigung der an die Beigeladene nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG gezahlten Vergütung in bedarfsdeckender Höhe.

26

Ohne ausdrückliche Regelung des Gesetzgebers ist es mit der privatautonomen Gestaltung der Ausbildungsvergütungen und deren Funktionen nicht vereinbar, diese gegenüber der BAB als subsidiäre Sozialleistung iS des § 11 Satz 1 SGB I zu werten. Zu berücksichtigen ist, dass die Angemessenheit der Höhe der Ausbildungsvergütung nach der Rechtsprechung des BAG ausgehend von den drei Funktionen einer finanziellen Unterstützung, der Heranbildung ausreichenden Nachwuchses und der Entlohnung der Leistungen des Auszubildenden bestimmt wird (BAG vom 22.1.2008 - 9 AZR 999/06 - BAGE 125, 285, 292; BAG vom 29.4.2015 - 9 AZR 108/14 - NZA 2015, 1384; Lakies in Lakies/Malottke, BBiG, 5. Aufl 2016, § 17 RdNr 6). Es greift regelmäßig die Vermutung, dass die Höhe der Ausbildungsvergütung diesen Gesichtspunkten Rechnung trägt. Dies wird auch darin deutlich, dass das BAG in Fallgestaltungen einer vollständigen Förderung durch die öffentliche Hand eine deutliche Unterschreitung der tariflichen Vergütung bis hin zu einem völligen Verzicht auf eine Ausbildungsvergütung jedenfalls in Einzelfällen für möglich gehalten hat (BAG vom 6.9.1989 - 5 AZR 611/88 - NZA 1990, 105 zur Vereinbarung einer Zahlung des von der BA erbrachten Ausbildungsgeldes als Vergütung iS des § 10 Abs 1 Satz 1 BBiG; BAG vom 11.10.1995 - 5 AZR 258/94 - BAGE 81, 139 ff bei 100%iger Förderung durch die öffentliche Hand und fehlendem Vorteil des ausbildenden Vereins an der Durchführung der Ausbildung; BAG vom 22.1.2008 - 9 AZR 999/06 - BAGE 125, 285 ff, zur Zulässigkeit einer deutlich unter dem Tarifniveau liegenden Ausbildungsvergütung bei einem durch Zuschüsse der Bundesagentur für Arbeit finanziertem Ausbildungsverhältnis).

27

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Leistungen der aktiven Arbeitsförderung dürfen nur erbracht werden, wenn nicht andere Leistungsträger oder andere öffentlich-rechtliche Stellen zur Erbringung gleichartiger Leistungen gesetzlich verpflichtet sind.

(1a) Leistungen nach § 82 dürfen nur erbracht werden, wenn die berufliche Weiterbildung nicht auf ein nach § 2 Absatz 1 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes förderfähiges Fortbildungsziel vorbereitet.

(2) Allgemeine und besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dürfen nur erbracht werden, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des Neunten Buches zuständig ist. Dies gilt nicht für Leistungen nach den §§ 44 und 45, sofern nicht bereits der nach Satz 1 zuständige Rehabilitationsträger nach dem jeweiligen für ihn geltenden Leistungsgesetz gleichartige Leistungen erbringt. Der Eingliederungszuschuss für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen nach § 90 Absatz 2 bis 4 und Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung für schwerbehinderte Menschen nach § 73 dürfen auch dann erbracht werden, wenn ein anderer Leistungsträger zur Erbringung gleichartiger Leistungen gesetzlich verpflichtet ist oder, ohne gesetzlich verpflichtet zu sein, Leistungen erbringt. In diesem Fall werden die Leistungen des anderen Leistungsträgers angerechnet.

(3) Soweit Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung und zur Förderung der beruflichen Weiterbildung der Sicherung des Lebensunterhaltes dienen, gehen sie der Ausbildungsbeihilfe nach § 44 des Strafvollzugsgesetzes vor. Die Leistungen für Gefangene dürfen die Höhe der Ausbildungsbeihilfe nach § 44 des Strafvollzugsgesetzes nicht übersteigen. Sie werden den Gefangenen nach einer Förderzusage der Agentur für Arbeit in Vorleistung von den Ländern erbracht und von der Bundesagentur erstattet.

(4) Folgende Leistungen des Dritten Kapitels werden nicht an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches erbracht:

1.
Leistungen nach § 35,
2.
Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach dem Zweiten Abschnitt,
3.
Leistungen zur Berufsausbildung nach dem Vierten Unterabschnitt des Dritten Abschnitts und Leistungen nach § 54a,
4.
Leistungen zur beruflichen Weiterbildung nach dem Vierten Abschnitt, mit Ausnahme von Leistungen nach § 82 Absatz 6, und Leistungen nach den §§ 131a und 131b,
5.
Leistungen zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Ersten Unterabschnitt des Fünften Abschnitts,
6.
Leistungen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben nach
a)
den §§ 112 bis 114, 115 Nummer 1 bis 3 mit Ausnahme berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen und der Berufsausbildungsbeihilfe sowie § 116 Absatz 1, 2 und 6,
b)
§ 117 Absatz 1 und § 118 Nummer 1 und 3 für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung,
c)
den §§ 119 bis 121,
d)
den §§ 127 und 128 für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung.
Sofern die Bundesagentur für die Erbringung von Leistungen nach § 35 besondere Dienststellen nach § 367 Abs. 2 Satz 2 eingerichtet oder zusätzliche Vermittlungsdienstleistungen agenturübergreifend organisiert hat, erbringt sie die dort angebotenen Vermittlungsleistungen abweichend von Satz 1 auch an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches. Eine Leistungserbringung an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches nach den Grundsätzen der §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches bleibt ebenfalls unberührt. Die Agenturen für Arbeit dürfen Aufträge nach Satz 3 zur Ausbildungsvermittlung nur aus wichtigem Grund ablehnen. Satz 1 gilt nicht für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Teilarbeitslosengeld haben; die Sätze 2 bis 4 finden insoweit keine Anwendung.

(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.

(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.

(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.

(1) Leistungen der aktiven Arbeitsförderung dürfen nur erbracht werden, wenn nicht andere Leistungsträger oder andere öffentlich-rechtliche Stellen zur Erbringung gleichartiger Leistungen gesetzlich verpflichtet sind.

(1a) Leistungen nach § 82 dürfen nur erbracht werden, wenn die berufliche Weiterbildung nicht auf ein nach § 2 Absatz 1 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes förderfähiges Fortbildungsziel vorbereitet.

(2) Allgemeine und besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dürfen nur erbracht werden, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des Neunten Buches zuständig ist. Dies gilt nicht für Leistungen nach den §§ 44 und 45, sofern nicht bereits der nach Satz 1 zuständige Rehabilitationsträger nach dem jeweiligen für ihn geltenden Leistungsgesetz gleichartige Leistungen erbringt. Der Eingliederungszuschuss für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen nach § 90 Absatz 2 bis 4 und Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung für schwerbehinderte Menschen nach § 73 dürfen auch dann erbracht werden, wenn ein anderer Leistungsträger zur Erbringung gleichartiger Leistungen gesetzlich verpflichtet ist oder, ohne gesetzlich verpflichtet zu sein, Leistungen erbringt. In diesem Fall werden die Leistungen des anderen Leistungsträgers angerechnet.

(3) Soweit Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung und zur Förderung der beruflichen Weiterbildung der Sicherung des Lebensunterhaltes dienen, gehen sie der Ausbildungsbeihilfe nach § 44 des Strafvollzugsgesetzes vor. Die Leistungen für Gefangene dürfen die Höhe der Ausbildungsbeihilfe nach § 44 des Strafvollzugsgesetzes nicht übersteigen. Sie werden den Gefangenen nach einer Förderzusage der Agentur für Arbeit in Vorleistung von den Ländern erbracht und von der Bundesagentur erstattet.

(4) Folgende Leistungen des Dritten Kapitels werden nicht an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches erbracht:

1.
Leistungen nach § 35,
2.
Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach dem Zweiten Abschnitt,
3.
Leistungen zur Berufsausbildung nach dem Vierten Unterabschnitt des Dritten Abschnitts und Leistungen nach § 54a,
4.
Leistungen zur beruflichen Weiterbildung nach dem Vierten Abschnitt, mit Ausnahme von Leistungen nach § 82 Absatz 6, und Leistungen nach den §§ 131a und 131b,
5.
Leistungen zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Ersten Unterabschnitt des Fünften Abschnitts,
6.
Leistungen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben nach
a)
den §§ 112 bis 114, 115 Nummer 1 bis 3 mit Ausnahme berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen und der Berufsausbildungsbeihilfe sowie § 116 Absatz 1, 2 und 6,
b)
§ 117 Absatz 1 und § 118 Nummer 1 und 3 für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung,
c)
den §§ 119 bis 121,
d)
den §§ 127 und 128 für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung.
Sofern die Bundesagentur für die Erbringung von Leistungen nach § 35 besondere Dienststellen nach § 367 Abs. 2 Satz 2 eingerichtet oder zusätzliche Vermittlungsdienstleistungen agenturübergreifend organisiert hat, erbringt sie die dort angebotenen Vermittlungsleistungen abweichend von Satz 1 auch an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches. Eine Leistungserbringung an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches nach den Grundsätzen der §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches bleibt ebenfalls unberührt. Die Agenturen für Arbeit dürfen Aufträge nach Satz 3 zur Ausbildungsvermittlung nur aus wichtigem Grund ablehnen. Satz 1 gilt nicht für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Teilarbeitslosengeld haben; die Sätze 2 bis 4 finden insoweit keine Anwendung.

(1) Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein:

1.
die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
2.
die Bundesagentur für Arbeit für Leistungen nach § 5 Nummer 2 und 3,
3.
die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3 und 5; für Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Siebten Buches die für diese zuständigen Unfallversicherungsträger für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
4.
die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3, der Träger der Alterssicherung der Landwirte für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
5.
die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
6.
die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5 sowie
7.
die Träger der Eingliederungshilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5.

(2) Die Rehabilitationsträger nehmen ihre Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahr.

(3) Die Bundesagentur für Arbeit ist auch Rehabilitationsträger für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen im Sinne des Zweiten Buches, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist. Die Zuständigkeit der Jobcenter nach § 6d des Zweiten Buches für die Leistungen zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach § 16 Absatz 1 des Zweiten Buches bleibt unberührt. Die Bundesagentur für Arbeit stellt den Rehabilitationsbedarf fest. Sie beteiligt das zuständige Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 und berät das Jobcenter zu den von ihm zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 Absatz 1 Satz 3 des Zweiten Buches. Das Jobcenter entscheidet über diese Leistungen innerhalb der in Kapitel 4 genannten Fristen.

(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.

(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.

(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.

(1) Leistungen der aktiven Arbeitsförderung dürfen nur erbracht werden, wenn nicht andere Leistungsträger oder andere öffentlich-rechtliche Stellen zur Erbringung gleichartiger Leistungen gesetzlich verpflichtet sind.

(1a) Leistungen nach § 82 dürfen nur erbracht werden, wenn die berufliche Weiterbildung nicht auf ein nach § 2 Absatz 1 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes förderfähiges Fortbildungsziel vorbereitet.

(2) Allgemeine und besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dürfen nur erbracht werden, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des Neunten Buches zuständig ist. Dies gilt nicht für Leistungen nach den §§ 44 und 45, sofern nicht bereits der nach Satz 1 zuständige Rehabilitationsträger nach dem jeweiligen für ihn geltenden Leistungsgesetz gleichartige Leistungen erbringt. Der Eingliederungszuschuss für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen nach § 90 Absatz 2 bis 4 und Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung für schwerbehinderte Menschen nach § 73 dürfen auch dann erbracht werden, wenn ein anderer Leistungsträger zur Erbringung gleichartiger Leistungen gesetzlich verpflichtet ist oder, ohne gesetzlich verpflichtet zu sein, Leistungen erbringt. In diesem Fall werden die Leistungen des anderen Leistungsträgers angerechnet.

(3) Soweit Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung und zur Förderung der beruflichen Weiterbildung der Sicherung des Lebensunterhaltes dienen, gehen sie der Ausbildungsbeihilfe nach § 44 des Strafvollzugsgesetzes vor. Die Leistungen für Gefangene dürfen die Höhe der Ausbildungsbeihilfe nach § 44 des Strafvollzugsgesetzes nicht übersteigen. Sie werden den Gefangenen nach einer Förderzusage der Agentur für Arbeit in Vorleistung von den Ländern erbracht und von der Bundesagentur erstattet.

(4) Folgende Leistungen des Dritten Kapitels werden nicht an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches erbracht:

1.
Leistungen nach § 35,
2.
Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach dem Zweiten Abschnitt,
3.
Leistungen zur Berufsausbildung nach dem Vierten Unterabschnitt des Dritten Abschnitts und Leistungen nach § 54a,
4.
Leistungen zur beruflichen Weiterbildung nach dem Vierten Abschnitt, mit Ausnahme von Leistungen nach § 82 Absatz 6, und Leistungen nach den §§ 131a und 131b,
5.
Leistungen zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Ersten Unterabschnitt des Fünften Abschnitts,
6.
Leistungen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben nach
a)
den §§ 112 bis 114, 115 Nummer 1 bis 3 mit Ausnahme berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen und der Berufsausbildungsbeihilfe sowie § 116 Absatz 1, 2 und 6,
b)
§ 117 Absatz 1 und § 118 Nummer 1 und 3 für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung,
c)
den §§ 119 bis 121,
d)
den §§ 127 und 128 für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung.
Sofern die Bundesagentur für die Erbringung von Leistungen nach § 35 besondere Dienststellen nach § 367 Abs. 2 Satz 2 eingerichtet oder zusätzliche Vermittlungsdienstleistungen agenturübergreifend organisiert hat, erbringt sie die dort angebotenen Vermittlungsleistungen abweichend von Satz 1 auch an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches. Eine Leistungserbringung an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches nach den Grundsätzen der §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches bleibt ebenfalls unberührt. Die Agenturen für Arbeit dürfen Aufträge nach Satz 3 zur Ausbildungsvermittlung nur aus wichtigem Grund ablehnen. Satz 1 gilt nicht für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des Zweiten Buches, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Teilarbeitslosengeld haben; die Sätze 2 bis 4 finden insoweit keine Anwendung.

(1) Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein:

1.
die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
2.
die Bundesagentur für Arbeit für Leistungen nach § 5 Nummer 2 und 3,
3.
die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3 und 5; für Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Siebten Buches die für diese zuständigen Unfallversicherungsträger für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
4.
die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3, der Träger der Alterssicherung der Landwirte für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
5.
die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
6.
die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5 sowie
7.
die Träger der Eingliederungshilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5.

(2) Die Rehabilitationsträger nehmen ihre Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahr.

(3) Die Bundesagentur für Arbeit ist auch Rehabilitationsträger für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen im Sinne des Zweiten Buches, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist. Die Zuständigkeit der Jobcenter nach § 6d des Zweiten Buches für die Leistungen zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach § 16 Absatz 1 des Zweiten Buches bleibt unberührt. Die Bundesagentur für Arbeit stellt den Rehabilitationsbedarf fest. Sie beteiligt das zuständige Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 und berät das Jobcenter zu den von ihm zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 Absatz 1 Satz 3 des Zweiten Buches. Das Jobcenter entscheidet über diese Leistungen innerhalb der in Kapitel 4 genannten Fristen.

Zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden erbracht:

1.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
2.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
3.
unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen,
4.
Leistungen zur Teilhabe an Bildung und
5.
Leistungen zur sozialen Teilhabe.

(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.

(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.

(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.

(1) Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Buches sind Menschen, deren Aussichten, am Arbeitsleben teilzuhaben oder weiter teilzuhaben, wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 des Neunten Buches nicht nur vorübergehend wesentlich gemindert sind und die deshalb Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben benötigen, einschließlich Menschen mit Lernbehinderungen.

(2) Menschen mit Behinderungen stehen Menschen gleich, denen eine Behinderung mit den in Absatz 1 genannten Folgen droht.

Ein Beteiligter ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat der Behörde auf Verlangen innerhalb einer angemessenen Frist einen Empfangsbevollmächtigten im Inland zu benennen. Unterlässt er dies, gilt ein an ihn gerichtetes Schriftstück am siebenten Tage nach der Aufgabe zur Post und ein elektronisch übermitteltes Dokument am dritten Tage nach der Absendung als zugegangen. Dies gilt nicht, wenn feststeht, dass das Dokument den Empfänger nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erreicht hat. Auf die Rechtsfolgen der Unterlassung ist der Beteiligte hinzuweisen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 4. Dezember 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen, soweit das Landessozialgericht über den Grund des Anspruchs entschieden hat.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 41 398,52 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist (noch) die Erstattung von Kosten, die die Klägerin (als Trägerin der Jugendhilfe) in der Zeit vom 19.1.2006 bis 6.6.2010 für die Unterbringung der 2003 geborenen L H (H) in einer Pflegefamilie aufgewandt hat.

2

Die 2003 geborene H ist mehrfach behindert (geistige Behinderung, hochgradige Sehbehinderung und weitere körperliche Behinderungen). Die Klägerin hatte ihr auf Antrag (vom 7.7.2004) im Namen des Beklagten Eingliederungshilfe (Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft) gemäß §§ 53, 54 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) iVm § 55 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) zunächst ambulant für die Zeit ab 1.8.2004 und anschließend für die Zeit ab 1.8.2005 teilstationär in einer integrativen Kindertagesstätte in M
gewährt.

3

Ab 19.1.2006 bewilligte sie - H lebte seit 16.1.2006 in einer Pflegefamilie - als Trägerin der Jugendhilfe auf einen weiteren Antrag (vom 9.1.2006) Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege nach § 27 iVm § 33 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) "vorbehaltlich bis zur Klärung ggf über SGB XII vorübergehend in einer heilpädagogischen Pflegestelle" (Bescheid vom 24.1.2006) und zahlte an die Pflegeeltern Pflegegeld nach § 39 SGB VIII. Die Klägerin stellte im Namen der H erfolglos beim Beklagten einen Antrag auf Leistungen der Eingliederungshilfe (ablehnendes Schreiben des Beklagten vom 1.6.2006; Widerspruchsbescheid vom 11.9.2007). Außerdem verlangte sie die Erstattung der Kosten.

4

Da der Beklagte auch diesem Antrag nicht entsprach, erhob sie Klage, gerichtet auf Erstattung von Leistungen dem Grunde nach unter Aufhebung des Bescheids vom 1.6.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids. Das Sozialgericht (SG) Magdeburg hat den Widerspruchsbescheid vom 11.9.2007 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, "der Klägerin Hilfen in noch zu beziffernder Höhe ab dem 19.1.2006 gemäß § 102 SGB X zu erstatten"(Urteil vom 19.5.2009). Zu erstatten seien die "aufgewandten Kosten". Dagegen hat der Beklagte Berufung eingelegt. Nachdem die Klägerin die Klage auf die Zeit vom 19.1.2006 bis 6.6.2010 beschränkt, eine Aufstellung über die Kosten vorgelegt und beantragt hat, die auf Aufhebung des SG-Urteils gerichtete Berufung des Beklagten zurückzuweisen, "soweit sich der Erstattungsanspruch in Höhe von 44 419,22 Euro auf den Zeitraum 19. Januar 2006 bis 6. Juni 2010" beziehe, hat das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt das Urteil des SG aufgehoben, "soweit der Beklagte verurteilt worden ist, der Klägerin mehr als 8020,70 Euro, dh auch Kosten der Aufwendungen für die Zeit bis 4. August 2009, zu erstatten"; im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 4.12.2012).

5

Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klage sei als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, gerichtet gegen den "Bescheid vom 1.6.2006 in der Fassung" eines "Bescheids vom 15.9.2006 sowie des Widerspruchsbescheids vom 11.9.2007" zulässig. Sie sei jedoch nur so weit begründet, als die Erstattung der Kosten für die Zeit ab dem 5.8.2009 geltend gemacht werde. Anspruchsgrundlage sei § 102 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Die Klägerin sei aufgrund § 43 Abs 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) als zuerst angegangene Leistungsträgerin verpflichtet gewesen, vorläufige Leistungen zu erbringen. Der Beklagte sei jedoch bis zum 4.8.2009 nicht vorrangig zuständig gewesen. Erst mit dem zum 5.8.2009 in Kraft getretenen § 54 Abs 3 SGB XII habe der Gesetzgeber geregelt, dass auch die Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie eine Eingliederungshilfeleistung sein könne. Die Betreuung in einer Familie als Vollzeitpflege sei nach der zuvor geltenden Rechtslage weder eine ambulante noch eine stationäre Leistung der Eingliederungshilfe iS von § 13 Abs 1 SGB XII iVm §§ 53, 54 Abs 1 SGB XII. Daher habe die Klägerin einen Anspruch auf die Erstattung der von ihr bezifferten Kosten in Höhe von 8020,70 Euro für die Zeit vom 5.8.2009 bis 6.6.2010. Es bestehe kein Anlass, die Deckung des Grundbetrages (für den Lebensunterhalt) von der Erstattung auszunehmen; denn Sinn des § 54 Abs 3 SGB XII sei es gerade, eine geteilte Zuständigkeit (des Sozial- und Jugendhilfeträgers) zu vermeiden.

6

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit dem Ziel der Kostenerstattung für die Zeit bis 4.8.2009. Sie rügt insoweit eine fehlerhafte Auslegung des § 10 Abs 4 SGB VIII sowie der §§ 53, 54 SGB XII. Bereits nach § 54 Abs 1 SGB XII sei der Katalog des § 54 SGB XII dem Wortlaut nach ("insbesondere") offen ausgestaltet gewesen; mit der Erweiterung des § 54 SGB XII um seinen Abs 3 (Hilfe für Betreuung in einer Pflegefamilie) sei kein neuer Leistungstatbestand für Kinder und Jugendliche geschaffen worden. Sie ist der Ansicht, ihr stehe deshalb auch ein Erstattungsanspruch betreffend die Zeit vom 19.1.2006 bis 4.8.2009 zu und

7

beantragt insoweit,
das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung des Beklagten insgesamt zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,

        

1.    

die Revision zurückzuweisen,

        

und (insoweit sinngemäß)

        

2.    

das Urteil des LSG im Wege der Anschlussrevision aufzuheben, soweit er für die Zeit vom 5.8.2009 bis 6.6.2010 zur Zahlung von 8020,70 Euro verurteilt worden ist.

9

Er hält die Auffassung des LSG hinsichtlich der Rechtslage bis 5.8.2009 für zutreffend, macht aber geltend, das LSG habe zu Unrecht für die Zeit ab 5.8.2009 eine Erstattungspflicht auch hinsichtlich der Kosten für Hs Lebensunterhalt angenommen. Außerdem sei das Kindergeld abzuziehen.

10

Insoweit beantragt die Klägerin,
die Anschlussrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist zulässig; dies gilt auch für die Anschlussrevision, die im Sozialgerichtsgesetz (SGG) zwar nicht ausdrücklich geregelt, aber auch hier statthaft ist (§ 202 SGG iVm § 554 Zivilprozessordnung; vgl BSG SozR 4-1500 § 144 Nr 4 RdNr 16 mwN). Die Zulässigkeitsvoraussetzungen im Einzelnen sind erfüllt. Die Anschlussrevision steht im Zusammenhang mit dem Streitgegenstand der Hauptrevision, dem Erstattungsbegehren der Klägerin. Die Anschlussrevision ist auch innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat nach der Zustellung der Revisionsbegründung beim Revisionsbeklagten (vgl § 202 SGG iVm § 554 Abs 2 Satz 2 und Abs 3 Satz 1 ZPO) erklärt und begründet worden.

12

Die Anschlussrevision ist im Sinne einer endgültigen Aufhebung des LSG-Urteils in der Sache begründet, soweit das LSG im Berufungsverfahren auf ein (Teil-)Grundurteil des SG eine Entscheidung über die konkrete Höhe des geltend gemachten Erstattungsanspruchs für die Zeit ab 5.8.2009 getroffen hat (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Soweit es die dann im Wege der Anschlussrevision (nur noch dem Grunde nach) betroffene Höhe des für diese Zeit geltend gemachten Erstattungsanspruchs und den mit der Revision geltend gemachten Erstattungsanspruch für die Zeit bis 4.8.2009 betrifft, ist die Sache an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

13

Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist aufgrund des Vorbringens der Beteiligten ohne Rücksicht auf ungenau formulierte Anträge - selbst wenn sie auf gerichtlichen Vorschlägen beruhen - als wahres Begehren anders als im Klage- und Berufungsverfahren nicht mehr die Anfechtung ergangener Bescheide über die Ablehnung der Eingliederungshilfe (zu dieser prozessualen Möglichkeit der Klägerin § 97 SGB VIII); damit ist für die Entscheidung ohne Bedeutung, welche Bescheide aufgrund der Entscheidung des LSG und in welchem Umfang aufgehoben sind. Die Beteiligten haben den Anfechtungsteil in der Sache auch zu Recht ausgeklammert, weil die Entscheidung über Erstattungsansprüche der Klägerin nicht von der Wirksamkeit der zur Eingliederungshilfe ergangenen Bescheide abhängig ist. Der Klägerin stand nämlich ein Wahlrecht zwischen der Verfolgung der Eingliederungshilfeansprüche als Verfahrens- und Prozessstandschafterin nach § 97 SGB VIII und der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen gegen den Beklagten zu(vgl dazu näher: Schneider in juris PraxisKommentar SGB VIII, 2014, § 97 RdNr 27 mwN auch zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts; Armbruster in jurisPK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 95 SGB XII RdNr 17 ff und 109 ff). Von den die Eingliederungshilfeleistungen ablehnenden Bescheiden des Beklagten konnten vorliegend ohnedies keine im Erstattungsverfahren bindende Wirkungen ausgehen. Denn im Ausgangsschreiben vom 1.6.2006 hat sich der Beklagte lediglich darauf berufen, die Klägerin sei überhaupt nicht berechtigt, diesen Anspruch zu betreiben, und im Widerspruchsbescheid hat er im Ergebnis zu Recht eine eigene Leistungspflicht - wenn auch mit fehlerhafter Begründung - verneint. Aufgrund des Umstandes, dass die Klägerin den Rehabilitationsantrag nicht an den Beklagten weitergeleitet hat, ist sie selbst gemäß § 14 SGB IX zur Erbringung von Eingliederungshilfeleistungen zuständig geworden(hierzu später), und der Beklagte durfte deshalb Leistungen überhaupt nicht mehr bewilligen.

14

Zur Klarstellung des Entscheidungstenors wird darauf hingewiesen, dass das LSG nach der Zurückverweisung der Sache mithin nicht mehr über das ursprüngliche Anfechtungsbegehren zu entscheiden hat. Insoweit ist auch im Revisionsverfahren unter Berücksichtigung des Vortrags der Beteiligten Streitgegenstand ein Erstattungsanspruch dem Grunde nach für die Zeit vom 19.1.2006 bis 4.8.2009 (Revision) und ein dem Grunde nach niedrigerer Erstattungsanspruch für die Zeit vom 5.8.2009 bis 6.6.2010 (Anschlussrevision; dazu näher später); für die Zeit danach hat sich der Rechtsstreit durch die Klagebeschränkung während des Berufungsverfahrens erledigt (§ 102 Abs 1 SGG).

15

Ein im Rahmen des Anschlussrevisionsantrags von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensmangel liegt darin, dass das LSG den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens verkannt hat (§ 123 SGG). Während das SG neben der Aufhebung des Widerspruchsbescheids im Rahmen der im Revisionsverfahren nicht mehr streitgegenständlichen Anfechtungsklage nur - insoweit antragsgemäß - in der vorliegenden Form zu Unrecht über den Erstattungsanspruch dem Grunde nach ("aufgewandte", "zu beziffernde" Kosten) entschieden hat (§ 130 Abs 1 SGG), hat das LSG unter Berücksichtigung seines (fehlerhaften) Tenors und der Entscheidungsgründe über die genaue Leistungshöhe (8020,70 Euro) befunden, ohne dass ein entsprechender Antrag der Klägerin überhaupt vorlag. Diese selbst hat vielmehr im Schriftsatz vom 15.2.2012 ausdrücklich ausgeführt, mit der Aufstellung der Kosten keine Klageerweiterung beabsichtigt zu haben. Mit seiner Entscheidung hat das LSG damit verkannt, dass der Rechtsstreit mit der Berufung des Beklagten insoweit bei ihm überhaupt nicht angefallen ist. Eine Entscheidung über die genaue Höhe des Erstattungsanspruchs hat das SG nicht getroffen; sie bleibt ggf einem Nachverfahren beim SG vorbehalten (vgl nur BSG SozR 3-4100 § 56 Nr 15 S 71; SozR 4-3100 § 18c Nr 2).

16

Das Vorbringen der Klägerin vor dem SG im Hinblick auf den Erstattungsanspruch aus eigenem Recht ist nämlich als neben der Anfechtungklage gegen die Ablehnung der Eingliederungshilfe erhobene echte Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG)im Gleichordnungsverhältnis zwischen den beteiligten Behörden auszulegen. Soweit das SG auf diese Leistungsklage entschieden hat, handelt es sich um ein (Teil-)Zwischenurteil (vgl § 130 Abs 1 SGG und § 202 SGG iVm § 301 ZPO; dazu allgemein nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 130 RdNr 4e mwN). Dass das SG antragsgemäß zusätzlich den Widerspruchsbescheid aufgehoben hat, ändert hieran nichts. Damit wurde lediglich über die ursprünglich zugleich anhängig gemachte Anfechtungsklage (im Sinne der Klägerin) durch Endurteil entschieden. Das Zwischenurteil erledigt den Rechtsstreit jedoch nicht abschließend; es steht nur hinsichtlich des Rechtsmittels wegen der ausdrücklichen Anordnung in § 202 SGG iVm § 304 Abs 2 ZPO einem Endurteil gleich (vgl nur BSGE 61, 217 ff = SozR 3100 § 19 Nr 18). Es kann dahinstehen, ob nach Erlass eines beantragten erstinstanzlichen Grundurteils im Berufungsverfahren, insbesondere in Fällen eines Zwischenurteils über den Grund, überhaupt eine Klageerweiterung (§ 99 SGG) zu einem bezifferten Antrag durch einfache Erklärung, durch Berufung oder Anschlussberufung zulässig ist. Jedenfalls hätte dies eines entsprechenden Antrags bedurft, an dem es vorliegend gerade mangelt.

17

Sonstige von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Die Frage nach einem unzulässigen Insichprozess für den Fall, dass der Klägerin selbst die Wahrnehmungszuständigkeit für die Eingliederungshilfe anstelle des Beklagten übertragen worden wäre (dazu später), stellt sich nicht, weil sich die Klage ohnedies gegen den Beklagten als juristische Person richtet. Wäre die Klägerin selbst wahrnehmungszuständig, wäre die Klage vielmehr unbegründet.

18

Auch eine Beiladung der H gemäß § 75 Abs 2 1. Alt SGG (echte notwendige Beiladung) war nicht erforderlich. Danach sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Vorliegend handelt es es sich um einen Erstattungsstreit zweier Träger der Rehabilitation auf der Basis des § 14 SGB IX(dazu sogleich). In diesem Fall wird die Position des leistungsberechtigten Sozialleistungsempfängers nicht berührt (vgl nur: BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 2 RdNr 9; Senatsurteil vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - RdNr 10).

19

Ob ein Erstattungsanspruch der Klägerin für die Zeit bis 4.8.2009 dem Grunde nach besteht, kann indes nicht abschließend beurteilt werden. Anspruchsgrundlage dafür kann nur § 104 SGB X iVm § 14 SGB IX sein. Nach § 14 Abs 1 Satz 2 SGB IX hat der mit einem Rehabilitationsantrag angegangene Rehabilitationsträger nach einer Prüfung seiner Zuständigkeit bei deren Fehlen den Antrag unverzüglich an den zuständigen Rehabilitationsträger weiterzuleiten. Tut er dies - wie vorliegend - nicht, wird er selbst umfassend für die erforderlichen Rehabilitationsleistungen zuständig (Abs 2 Satz 1). Für die Anwendung des § 14 Abs 1 und 2 SGB IX genügt es, dass die Klägerin als kreisfreie Stadt ein Rehabilitationsträger(dazu §§ 69 Abs 1, 85 SGB VIII iVm § 1 Abs 1 Kinder- und Jugendhilfegesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 5.5.2000 - Gesetz- und Verordnungsblatt 236) iS des § 6 Abs 1 Nr 6 SGB IX(BSGE 101, 207 ff RdNr 28 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 7) und bei ihr der maßgebliche Antrag gestellt worden ist.

20

Dies ist vorliegend der Fall. Nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung (vgl allgemein nur: Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, E 010 Einführung RdNr 332 mwN, Stand September 2013; Link in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 37 RdNr 26 mwN) war der Antrag vom 9.1.2006 zumindest auch als Rehabilitationsantrag auszulegen: H wollte die Leistung unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt erhalten. Entscheidungserheblich ist für die Anwendung des § 14 SGB IX nicht, ob die nach dem SGB VIII erbrachten Leistungen solche der Teilhabe waren(vgl zu dieser Frage andererseits für die Leistungspflicht des Erstattungspflichtigen: BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 20 RdNr 9; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 15).

21

Die Klägerin war auch trotz von Anfang an bestehender nachrangiger Zuständigkeit (§ 10 Abs 4 SGB VIII; im Einzelnen später) unzuständig iS des § 14 Abs 1 Satz 2 SGB IX(im Ergebnis ebenso ohne nähere Begründung BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 2), weil Sinn des § 14 SGB IX die Vermeidung von Streitigkeiten zwischen mehreren Rehabilitationsträgern ist(grundlegend BSGE 93, 283 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 1). Dass Nachrangigkeit gerade zwei nebeneinander, wenn auch gestufte, Zuständigkeiten voraussetzt, hindert dann aber nicht die Anwendung des § 14 SGB IX.

22

Ein Erstattungsanspruch nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX ist zwar ausgeschlossen, weil die Klägerin nicht erst aufgrund eines an sie weitergeleiteten Antrages zuständiger Rehabilitationsträger geworden ist. Für die Beurteilung ist insoweit der Antrag vom 7.7.2004 ohne Bedeutung. Maßgeblicher Antrag ist vielmehr der vom 9.1.2006; diesen hat die Klägerin nicht weitergeleitet und hierdurch ihre Zuständigkeit als erstangegangener Träger nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX begründet. Der vorangegangene Antrag vom 7.7.2004, auf den zunächst ambulante und anschließend durch die Betreuung in der integrativen Kindertagesstätte teilstationäre Eingliederungshilfe in Form von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft bewilligt worden sind, ist dagegen für die Abgrenzung von erstangegangenem und zweitangegangenem Träger schon deshalb nicht (mehr) erheblich, weil mit dem Antrag auf Unterbringung in einer Pflegefamilie eine neue Teilhabeleistung beantragt und nicht nur im Rahmen des Erstantrags eine modifizierende Ergänzung angestrebt oder der ursprüngliche Antrag wiederholt wurde (vgl Luik in jurisPK SGB IX, 2010, § 14 RdNr 55). Der so vorgenommenen Abgrenzung entspricht auch die Regelung des § 14 Abs 6 SGB IX, wonach der (erstangegangene) Träger der Rehabilitation, der bei der Prüfung von Amts wegen erkennt, dass ein weiterer Rehabilitationsbedarf entstanden ist, für den er nicht zuständig nach § 6 Abs 1 SGB IX ist, wegen einer Entscheidung über diesen neuen Bedarf einen Antrag entsprechend § 14 Abs 1 Satz 2 SGB IX an den zuständigen Träger weiterleiten muss; in diesem Fall ist also ein Zuständigkeitswechsel im Gesetz durchaus vorgesehen.

23

Ein Erstattungsanspruch nach allgemeinen Vorschriften ist mit § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX aber nicht ausgeschlossen und ergibt sich regelmäßig aus § 104 SGB X(stRspr; grundlegend BSGE 98, 267 ff RdNr 10 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 4). § 102 SGB X iVm § 43 Abs 1 SGB I findet - anders als das LSG meint - auch vorliegend keine Anwendung. § 102 SGB XII ist nach der Rechtsprechung des BSG in Fällen des § 14 SGB IX nur in Ausnahmefällen anwendbar, in denen sich der erstangegangene Rehabilitationsträger einem Leistungszwang ausgesetzt sieht, der demjenigen des zweitangegangenen Trägers vergleichbar ist(BSGE 104, 294 ff RdNr 15 = SozR 4-3250 § 14 Nr 9: "in Fällen der vorliegenden Art"; in "Fortentwicklung der Rechtsprechung des 1. Senats"). Ein solcher Ausnahmefall ist schon deshalb auszuschließen, weil sich auch ohne die Existenz des § 14 SGB IX der Erstattungsanspruch nur aus § 104 SGB X ergeben würde(dazu auch BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 2). Für eine Anwendung des § 102 SGB X genügt nicht der Umstand, dass die Klägerin ihre Jugendhilfeleistungen als vorläufig bezeichnet hat(BVerwGE 142, 18 ff RdNr 14 ff mwN); dies hat keine Bindungswirkung für das Erstattungsverfahren (BVerwG aaO). Die Regelung des § 14 SGB IX geht ohnedies der des vom LSG angewandten § 43 SGB I vor(BSGE 109, 56 ff RdNr 11 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1).

24

Nach § 104 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs 1 SGB X vorliegen, der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Ein Fall des § 103 SGB X liegt nicht vor; denn diese Norm regelt nur den Anspruch des Leistungsträgers, dessen Leistungsverpflichtung nachträglich entfallen ist. Ein Anspruch der H gegen die Klägerin wegen der Vollzeitpflege in der Pflegefamilie wäre aber auch ohne § 14 SGB IX nicht nachträglich entfallen. Vielmehr beruft sich die Klägerin gerade darauf, dass sie nach § 10 Abs 4 Satz 2 SGB VIII nachrangig leistungsverpflichteter Träger sei. Der damit allein denkbare Erstattungsanspruch des § 104 SGB X setzt als Grundkonstellation voraus, dass gestufte Leistungspflichten (mindestens) zweier Leistungsträger nebeneinander bestehen. Ob vorliegend zwei derart miteinander konkurrierende Leistungspflichten unterschiedlicher Sozialleistungsträger bestanden (sog Leistungsidentität), lässt sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht entscheiden.

25

Der Anspruch scheitert allerdings nicht bereits an einer (eigentlichen) Unzuständigkeit des Beklagten. Für eine Leistungserbringung in Form der Eingliederungshilfe gegenüber H wäre dieser vielmehr - sieht man von § 14 SGB IX ab - sachlich und örtlich zuständig; die Klägerin war auch nicht (ggf) als örtlicher Träger der Sozialhilfe für die Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe selbst wahrnehmungszuständig. In S-A sind aufgrund einer Heranziehung durch das Land als überörtlichem Sozialhilfeträger (vgl § 2 Abs 1 Gesetz zur Ausführung des SGB XII vom 11.1.2005 - GVBl 8 - iVm § 3 Abs 3 SGB XII), der für Leistungen der Eingliederungshilfe sachlich zuständig ist (§ 97 Abs 3 SGB XII iVm § 3 Nr 1 AGSGB XII), die Landkreise und kreisfreien Städte zwar mit der Durchführung dieser Aufgabe betraut. Mit dieser Heranziehung wird in S-A allerdings keine Wahrnehmungszuständigkeit für die Leistungserbringung begründet (zum Begriff der Wahrnehmungszuständigkeit zuletzt Urteil des Senats vom 13.2.2014 - B 8 SO 11/12 R -, SozR 4-3500 § 106 Nr 1 RdNr 16); denn sie erbringen diese Leistungen insoweit nicht im eigenen Namen, sondern entscheiden im Namen des zuständigen Trägers, also des Landes (§ 6 Satz 2 AGSGB XII).

26

Wäre die als Jugendhilfe erbrachte Betreuung in der Familie auch als Eingliederungshilfe nach dem SGB XII möglich, regelt § 10 Abs 4 Satz 2 SGB VIII, dass Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, Leistungen nach dem SGB VIII vorgehen. Für den Vorrang der Eingliederungshilfeleistungen nach dem SGB XII genügt dabei bereits jede Überschneidung der Leistungsbereiche; es ist dafür nicht (weiter gehend) erforderlich, dass der Schwerpunkt des Hilfebedarfs bzw -zwecks im Bereich einer der den Eingliederungsbedarf auslösenden Behinderungen liegt oder eine von ihnen für die konkrete Maßnahme ursächlich ist (vgl zuletzt BVerwGE 142, 18 ff RdNr 31 mwN). Damit kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung, die Betreuung der H nicht mehr in der Herkunftsfamilie, sondern in einer Pflegefamilie vornehmen zu lassen, im Ausgangspunkt auf die Notwendigkeit zur Intervention durch das Jugendamt wegen eines (bislang nicht weiter aufgeklärten) Erziehungsdefizits bei der Betreuung durch die Mutter zurückgeht, wie der Beklagte meint. Für die Beurteilung der Leistungsidentität ist schließlich ohne Bedeutung, wem der jeweilige Anspruch nach der Systematik des SGB VIII und des SGB XII zusteht; entscheidend ist nur, dass die Bedarfe derselben Person - vorliegend der H - gedeckt werden (BVerwG, Urteil vom 19.10.2011 - 5 C 6.11 -, Buchholz 436.511 § 10 KJHG/SGB VIII Nr 6).

27

Die Leistungsidentität verlangt zum einen - wenn wie vorliegend mit der Leistung der nachrangigen Leistungspflicht nachgekommen, sie nicht als nach § 14 SGB IX zuständig Gewordener erbracht werden soll -, um im Erstattungsverhältnis eine Lastenverschiebung zu vermeiden(zu diesem Gesichtspunkt BSGE 98, 267 ff RdNr 16 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4), eine inhaltlich rechtmäßige Leistungserbringung nach den für die eigene Leistung geltenden Vorschriften (vgl BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 20), zum anderen aber, dass die Voraussetzungen der Leistungserbringung auch durch den vorrangig Verpflichteten vorliegen (vgl nur: grundlegend BSGE 74, 36 ff = SozR 3-1300 § 104 Nr 8; BSG SozR 4-3100 § 18c Nr 2; BVerwGE 99, 114 ff). Schließlich bestimmt sich anders als bei Anwendung des § 102 SGB X der Umfang des Erstattungsanspruchs nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Vorschriften(§ 104 Abs 3 SGB X), was sich auch auf den Anspruchsgrund auswirken kann.

28

Ob die Klägerin an H Hilfen zur Erziehung in Vollzeitpflege (§ 27 SGB VIII iVm §§ 33, 39 SGB VIII)rechtmäßig erbracht hat, hat das LSG im Einzelnen nicht geprüft. Zur Beurteilung der materiellrechtlichen Voraussetzungen der Leistungserbringung fehlt es an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen; aus der Bezugnahme auf die von der Klägerin vorgelegten Aufstellungen ergibt sich hierzu nichts. Ebenso wenig lässt sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG entscheiden, ob und inwieweit H gegen den Beklagten einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Betreuung in der Pflegefamilie als Leistung der Eingliederungshilfe nach §§ 19 Abs 3, 53, 54 SGB XII iVm § 55 SGB IX gehabt hätte.

29

Leistungsidentität liegt unter diesen Voraussetzungen vor, wenn bei einem Kind behinderungsbedingt Entwicklungsstörungen sowohl in körperlicher als auch in geistiger Hinsicht bestehen, die zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft führen, und dadurch Betreuungsleistungen sowohl Maßnahmen der Jugendhilfe als auch der Eingliederungshilfe zu erbringen sind (so bereits BVerwGE 125, 96 ff RdNr 9; dazu auch Küfner, Das Jugendamt 2007, 8 ff). Neben einem erzieherischen Defizit kann eine behinderungsbedingt erforderliche (zur Voraussetzung der Erforderlichkeit § 53 Abs 3 SGB XII iVm § 4 Abs 1 und 2 SGB IX) Eingliederungshilfeleistung im Sinne der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in Betracht kommen, wenn eine über die Erziehung hinausgehende qualitative Betreuung erfolgt, die dem Kind das Leben in der Gemeinschaft außerhalb der Familie ermöglichen soll (ähnlich Nellissen in jurisPK SGB VIII, 2014, § 33 RdNr 62; Tillmanns, Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl 2012, § 33 SGB VIII RdNr 7; so wohl auch Kunkel/Kepert in Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl 2014, § 33 RdNr 11). Unschädlich ist, dass die Vollzeitpflege im Leistungskatalog des § 54 Abs 1 SGB XII nicht genannt ist; denn dessen Aufzählung ist ausdrücklich nicht abschließend. Aus der Einfügung des § 54 Abs 3 SGB XII mit Wirkung ab 5.8.2009 lässt sich für die Zeit vor Inkrafttreten nicht entnehmen, gerade die Betreuung in einer Pflegefamilie sei bei einem grundsätzlich offenen Leistungskatalog als Eingliederungshilfe ausgeschlossen gewesen. Es sollte insoweit lediglich für eine bis dahin in der Praxis aufgetretene Abgrenzungsproblematik eine ausdrückliche Regelung geschaffen und so im Ergebnis eine Neuordnung der Zuständigkeiten nur für die Zukunft erreicht werden (vgl BT-Drucks 16/13417, S 6; im Einzelnen sogleich).

30

Zu Unrecht ist deshalb das LSG davon ausgegangen, dass Leistungen der Eingliederungshilfe wegen Betreuung in einer Pflegefamilie erst seit Inkrafttreten des § 54 Abs 3 SGB XII idF des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus(vom 30.7.2009 - BGBl I 2495) in Betracht kommen. Zwar handelt es sich bei der Betreuung in einer Familie nicht um die Hilfe in einer Einrichtung iS des SGB XII; denn es fehlt an den eine Einrichtung kennzeichnenden Merkmalen eines in einer besonderen Organisationsform unter verantwortlicher Leitung zusammengefassten Bestandes an personellen und sächlichen Mitteln, der auf eine gewisse Dauer angelegt und für einen größeren, wechselnden Personenkreis bestimmt ist (vgl zuletzt Urteil des Senats vom 13.2.2014 - B 8 SO 11/12 R -, SozR 4-3500 § 106 Nr 1, RdNr 19 mwN). Das bedeutet aber nicht, dass die Erbringung von Vollzeitpflege in Pflegefamilien als ambulante Maßnahme der sozialhilferechtlichen Eingliederungsleistung ausscheidet.

31

Um die vorliegend denkbare Leistungsidentität abschließend prüfen zu können, wird das LSG nach der Zurückverweisung deshalb Feststellungen dazu treffen müssen, ob bei H neben der Betreuung in der integrativen Kindertagesstätte ein zusätzlicher Bedarf für Eingliederungsmaßnahmen nach §§ 53 Abs 1 Satz 1, 54 Abs 1 Satz 2 SGB XII iVm § 55 Abs 1 und 2 SGB IX bestand und eine über die reine Erziehung hinausgehende Förderung in der Pflegefamilie erfolgt ist. Bis zur Einfügung des § 54 Abs 3 SGB XII zum 5.8.2009 war allerdings der Träger der Jugendhilfe im Fall der Betreuung in einer Pflegefamilie selbst bei bestehender Sozialhilfebedürftigkeit des Kindes nach § 10 Abs 4 Satz 1 SGB VIII für den Lebensunterhalt vorrangig zuständig(so bereits BVerwGE 125, 96 ff). Ein ggf bestehender Erstattungsanspruch wäre deshalb in der Zeit vom 19.1.2006 bis 4.8.2009 auf die Kosten der Erziehung beschränkt; nur insoweit sind die Leistungen ggf gleich, gleichartig, einander entsprechend, kongruent, einander überschneidend oder deckungsgleich, wie dies der in § 10 Abs 4 Satz 2 SGB VIII normierte Nachrang der Kinder- und Jugendhilfe gegenüber der Sozialhilfe voraussetzt(vgl dazu BVerwGE 109, 325 ff). Die Sicherstellung des Lebensunterhalts eines Kindes ist - wie hier im Rahmen der Vollzeitpflege - zwar eine Leistung nach dem SGB VIII (§ 39 Abs 1 Satz 1 SGB VIII iVm §§ 32 bis 35, § 35a Abs 2 Nr 2 bis 4 SGB VIII). Dies gehört jedoch bei der Betreuung eines Kindes in einer Pflegefamilie, bei der es sich - wie ausgeführt - nicht um eine stationäre Leistung handelt (vgl zur stationären Leistung aber § 35 Abs 1 Satz 1 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670), nicht zugleich zu den integralen (vgl in anderem Zusammenhang: BSGE 99, 252 ff = SozR 4-3500 § 28 Nr 3; BSG, Urteil vom 9.12.2008 - B 8/9b SO 12/07 R) Aufgaben der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII (zu diesem Gesichtspunkt auch BVerwGE 142, 18 ff RdNr 35). Von der Erstattung sind deshalb die in den Leistungen nach § 39 SGB VIII enthaltenen Bestandteile für den Lebensunterhalt auszunehmen. Dies wird ggf im Nachverfahren zu berücksichtigen sein.

32

Für die Erstattung ist allerdings ohne Bedeutung, ob mit den Pflegeeltern Verträge nach §§ 75 ff SGB XII, insbesondere eine Vergütungsvereinbarung, getroffen ist. Weder handelt es sich bei der Betreuung in einer Pflegefamilie um die Leistung in einer Einrichtung (s oben) noch um die Leistung eines ambulanten Dienstes iS des § 75 Abs 1 Satz 2 SGB XII. Die durch die Pflegeeltern anfallenden Tätigkeiten können nicht als Dienstleistung an einer Person (zu dieser Definition Jaritz/Eicher in jurisPK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 75 SGB XII RdNr 70 mwN) verstanden werden; dies würde den persönlichen Beziehungen der Betroffenen nicht gerecht werden. Deshalb stehen die entsprechenden Leistungen des § 33 SGB VIII ebenfalls nicht unter dem Vorbehalt von Vergütungsvereinbarungen(dazu §§ 78a, 39 SGB VIII).

33

Schließlich kann für den Grund der Erstattungsforderung von Bedeutung sein, ob Einkommen und Vermögen der H - auf das der Pflegeeltern kommt es nicht an - einzusetzen wäre (§ 19 Abs 3 SGB XII iVm § 104 Abs 3 SGB X). Eine privilegierte Maßnahme liegt jedenfalls nicht vor (vgl § 92 Abs 2 SGB XII). Die Anwendung des sog Bruttoprinzips (trotz zu berücksichtigenden Vermögens und/oder Einkommens volle Leistung gegen zumutbaren Aufwendungsersatz) scheidet mangels einschlägiger Regelung aus, sodass es keiner Entscheidung bedarf, wie dann zu verfahren wäre (vgl allgemein zum Bruttoprinzip BSGE 114, 147 ff RdNr 16 = SozR 4-3500 § 92a Nr 1). Das Kindergeld wäre allerdings nicht abzuziehen, sondern lediglich, soweit es überhaupt H als Einkommen zuzuordnen wäre (dazu § 82 Abs 1 Satz 3 SGB XII)oder tatsächlich erzielt sein sollte, im Rahmen der Einkommensgrenzen der §§ 85 ff SGB XII zu berücksichtigen.

34

Für die (vom SG ggf im Nachverfahren zu prüfende) Höhe des Erstattungsanspruchs sei angemerkt, dass das SGB XII keine nähere Regelung über die Art und Höhe der Leistung enthält, sodass diese gemäß § 17 Abs 2 SGB XII ins Ermessen des Sozialhilfeträgers gestellt sind. Da eine Orientierung im Rahmen dieses Ermessens an § 39 SGB VIII indes angebracht ist, sind erstattungsfähig die Kosten - ohne den Lebensunterhalt -, die den Leistungen nach § 39 SGB VIII entsprechen(zu diesem Gedanken allgemein nur BSG SozR 1300 § 104 Nr 6). Im Rahmen des Erstattungsverfahrens kann mithin der Erstattungspflichtige dem Erstattungsberechtigten nicht entgegenhalten, er hätte das Ermessen anders ausgeübt. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die vom Erstattungsberechtigten erbrachten Leistungen im Rahmen des ansonsten vom Erstattungspflichtigen auszuübenden Ermessens bewegen.

35

Auf die Anschlussrevision des Beklagten kann auch über die Zeit vom 5.8.2009 bis 6.6.2010 nicht abschließend entschieden werden, weil entgegen der Ansicht des Beklagten ab 5.8.2009 Kosten für den Lebensunterhalt im Rahmen des Erstattungsbegehrens nicht mehr auszunehmen sind (dazu später), andererseits eine niedrigere Höhe des Erstattungsanspruchs daraus resultieren könnte, dass ebenso wie für die Zeit bis 4.8.2009 ausreichende tatsächliche Feststellungen dazu fehlen, ob ein Erstattungsanspruch überhaupt besteht. Wäre dies der Fall, wäre dem mit der Anschlussrevision verfolgten Begehren des Beklagten - wenn auch mit anderer Begründung - Rechnung getragen.

36

Dem kann nicht entgegengehalten werden, mit der vom Senat bereits von Amts wegen vorgenommenen Änderung des LSG-Urteils (vom bezifferten Leistungsurteil in ein Grundurteil) dürfte nicht mehr geprüft werden, ob die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch ab 5.8.2009 überhaupt vorliegen. Dies würde den rechtlichen Interessen des Beklagten bei der aus dem Verfahrensfehler des LSG resultierenden prozessualen Situation nicht gerecht werden. Da einerseits das SG ein Grundurteil (auch betreffend die Leistungshöhe) dahin erlassen hat, dass die gesamten Kosten erstattungspflichtig sind, und diese nur noch zu beziffern seien, andererseits im Sozialgerichtsverfahren auch ein Grundurteil im Rahmen eines Höhenstreits möglich ist (vgl dazu nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 130 RdNr 2d mwN), hätte sich der durch das Urteil belastete Beklagte dagegen auch allein wegen der Höhe wehren können. Wenn aber im Höhenstreit alle Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen sind, um zu einer höheren Leistung zu gelangen (vgl nur BSGE 94, 109 ff RdNr 5 = SozR 4-4220 § 3 Nr 1), muss Gleiches für den umgekehrten Fall gelten, wenn sich der Betroffene mit dem Ziel einer errechenbaren Minderung der Leistung wehrt. Auch in dieser Konstellation liefe eine Beschränkung der Prüfung auf eine unzulässige Elementenfeststellung hinaus (zu diesem Gesichtspunkt auch Eicher in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 40 RdNr 11 mwN). Vorliegend ist das Ziel der Anschlussrevision - ausgehend von dem zu Unrecht vom LSG bezifferten ausgeurteilten Zahlbetrag - in der Höhe genau errechen- und bezifferbar (Abzug der Leistungsbestandteile für den Lebensunterhalt und des Kindergeldes vom Gesamtbetrag, dieser auf 8020,70 Euro vom LSG bestimmt). Selbst wenn diese beiden Aspekte nicht zu einer geringeren Erstattungssumme führen würden, könnte sich die gleichwohl errechenbare Minderung immer noch daraus ergeben, dass die Voraussetzungen für eine Erstattung überhaupt nicht vorlagen. So liegt die Sache hier. Damit würden im Nachverfahren allerdings nur noch der Umfang der aufgewendeten Kosten und die Höhe eines Abzugs wegen des Lebensunterhalts und eines gezahlten Kindergelds zu prüfen sein. Eine im Ergebnis niedrigere Erstattungsforderung darf sich insoweit für die Klägerin nicht ergeben.

37

Für die Zeit ab Inkrafttreten des § 54 Abs 3 SGB XII zum 5.8.2009 ergibt sich nämlich eine andere Beurteilung möglicher Leistungsansprüche der H (unter Einschluss von Kosten des Lebensunterhalts) und damit der Erstattungsansprüche als für die davor liegende Zeit (dazu oben). Ab diesem Zeitpunkt müssen für einen Anspruch auf Eingliederungshilfe in der Form einer Betreuung in einer Pflegefamilie die qualifizierten Voraussetzungen des § 54 Abs 3 SGB XII erfüllt sein. Eine Leistung der Eingliederungshilfe ist danach auf die Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie, soweit eine geeignete Person, die einer Erlaubnis nach § 44 SGB VIII bedarf, Kinder und Jugendliche über Tag und Nacht in ihrem Haushalt versorgt und dadurch der Aufenthalt in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe vermieden oder beendet werden kann. Unter den genannten Voraussetzungen hat der Gesetzgeber jede erforderliche Betreuung eines behinderten Kindes in einer Pflegefamilie typisierend als Eingliederungshilfe normiert, aber zugleich zum Ausdruck gebracht, dass ab diesem Zeitpunkt jegliche Betreuung - ob als neuer oder fortbestehender Leistungsfall - nur noch nach den genannten Kriterien als erforderliche und geeignete Leistung zur Verwirklichung der Eingliederungszwecke des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 1 und 2 SGB IX anzusehen ist.

38

Erfüllt die ab dem Inkrafttreten des § 54 Abs 3 SGB XII an H erbrachte Leistung der Klägerin die in dieser Norm genannten weiteren Voraussetzungen für eine Eingliederungshilfe, ist der Beklagte indes für die Maßnahme ab diesem Zeitpunkt insgesamt erstattungspflichtig. Nur diesen Schluss lässt die ebenfalls zum 5.8.2009 erfolgte Änderung des § 28 Abs 5 SGB XII(jetzt § 27a Abs 4 Satz 3 SGB XII) zu. Danach soll die Unterbringung in einer Pflegefamilie regelmäßig zu einer abweichenden Bemessung der Regelsätze für den notwendigen Lebensunterhalt führen; diese Änderung ist im Hinblick auf § 54 Abs 3 SGB XII erfolgt(BT-Drucks 16/13417, S 6). Sie macht deutlich, dass der Träger der Sozialhilfe auch für die mit der Unterbringung verbundenen Kosten zum Lebensunterhalt als einem integralen Bestandteil der Maßnahme aufzukommen hat.

39

Mit dem neuen Leistungstatbestand in § 54 Abs 3 SGB XII sollte ermöglicht werden, dass auch Hilfe für die Betreuung in einer Familie als Alternative zur vollstationären Betreuung in Anspruch genommen wird, wenn dies dem Wohle des Kindes dient. Außerdem sollte eine Gleichbehandlung mit seelisch behinderten Kindern und Jugendlichen erreicht werden und zugleich die üblicherweise aus den unterschiedlichen Leistungszielen resultierende gespaltene Trägerschaft (Sozialhilfe sowie Kinder- und Jugendhilfe) beendet werden (BT-Drucks 16/13417, S 6). Dieses gesetzgeberische Ziel einer abschließenden Abgrenzung der Fallgruppen voneinander verlangt, dass Leistungen zur Betreuung von Kindern in einer Pflegefamilie über den 5.8.2009 hinaus regelmäßig nur noch möglich sind, wenn die einschränkend eingeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Die hierfür erforderlichen Feststellungen wird das LSG nachzuholen haben.

40

Diese Auslegung im Sinne einer übergangslosen Neuregelung, die teilweise günstiger, teilweise ungünstiger ist als die alte Regelung, wird dadurch gestützt, dass das SGB XII anders als das Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) in § 66 SGB II und das Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) in § 422 SGB III keine spezielle Übergangsregelung für bereits begonnene Maßnahmen enthält. Einer Vertrauensschutzregelung bedarf es ohnedies in Fällen der vorliegenden Art, in denen Leistungen nach dem SGB VIII gewährt worden sind und nur die Kostenerstattung zwischen den Leistungsträgern betroffen ist, nicht. Ob in anderen Übergangsfällen, in denen ausschließlich Leistungen nach den früheren Vorschriften der Eingliederungshilfe (s dazu oben) erbracht worden sind, geeignete Lösungen (etwa Analogie zu § 66 SGB II und § 422 SGB III) zu suchen sind, kann offen bleiben.

41

Soweit es die Berücksichtigung von Kindergeld betrifft, gelten entgegen der Ansicht des Beklagten die gleichen Grundsätze wie für die Zeit bis 4.8.2009. Abgesehen davon, dass Kindergeld ggf schon bei § 39 SGB VIII nach dessen Abs 6 leistungsmindernd wirkt und damit auf die Höhe der Erstattungsforderung durchschlägt, ist es, wenn es denn Einkommen der H ist, nur nach Maßgabe der Einkommensgrenzen der §§ 85 ff SGB XII zu berücksichtigen.

42

Das LSG wird bei seiner Entscheidung auch zu prüfen haben, ob im Hinblick darauf, dass es sich bei dem SG-Urteil nur um ein Teil-Endurteil, verbunden mit einem Teil-Zwischenurteil, handelt, eine Kostenentscheidung zu ergehen hat (vgl dazu nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 193 RdNr 2b); ggf ist die Kostenentscheidung des SG aufzuheben. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2 Satz 1, 45 Abs 2, 47 Abs 1 und 2, 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz. Die für die Streitwertbestimmung maßgeblichen Gesichtspunkte ergeben sich für den Revisionsantrag der Klägerin aus deren Angaben zum Umfang des Erstattungsanspruchs; für die Anschlussrevision ist der Auffangstreitwert von 5000 Euro zugrunde zu legen.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.