Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 09. Nov. 2018 - 7 K 2350/18
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen zu 70 % der Kläger und zu 30 % das beklagte Land.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme von Beihilfebescheiden und die Rückforderung von Beihilfeleistungen.
3Der Kläger ist der Sohn und Alleinerbe des am 03. Mai 2010 verstorbenen Erblassers F. O. . Der Erblasser war mit einem Bemessungssatz von 70 vom Hundert beihilfeberechtigt. Vor seinem Ableben wohnte er bei dem Kläger und wurde von dessen Ehefrau gepflegt. Der Kläger war bevollmächtigt, für den Erblasser das Verwaltungsverfahren in beihilferechtlichen Angelegenheiten zu führen. Die gewährten Beihilfebeträge gingen auf einem Konto des Erblassers bei der Deutschen Bank ein, auf welches der Kläger aufgrund einer unbeschränkten Kontovollmacht zugreifen konnte.
4In den Jahren 2008 bis einschließlich 2010 gingen bei dem beklagten Land unter anderem neun Beihilfeanträge für die Erstattung von Aufwendungen für stationäre Krankenhausaufenthalte des Erblassers mit dessen Unterschriftenzug ein. Auf diese Anträge erließ das beklagte Land neun Beihilfebescheide und gewährte dem Erblasser hierin insgesamt Beihilfen in Höhe von 102.469,59 Euro für stationäre Krankenhausaufenthalte.
5Antragsdatum |
Bescheiderlass |
Beihilfebetrag für stationäre Krankenhausaufenthalte |
|
Nr. 1 |
29.04.2008 |
19.05.2008 |
3.152,71 Euro |
Nr. 2 |
03.03.2009 |
07.03.2009 |
5.345,60 Euro |
Nr. 3 |
13.07.2009 |
21.07.2009 |
10.011,45 Euro |
Nr. 4 |
29.09.2009 |
06.10.2009 |
12.749,46 Euro |
Nr. 5 |
04.11.2009 |
12.11.2009 |
4.305,75 Euro |
Nr. 6 |
10.02.2010 |
19.02.2010 |
16.726,16 Euro |
Nr. 7 |
26.03.2010 |
01.04.2010 |
16.726,16 Euro |
Nr. 8 |
19.04.2010 |
14.05.2010 |
16.726,16 Euro |
Nr. 9 |
03.05.2010 |
17.05.2010 |
16.726,16 Euro |
Mit Schreiben vom 24. Januar 2013 teilte das beklagte Land dem Kläger mit, dass Beihilfezahlungen, die aus Anlass stationärer Krankenhausaufenthalte seines verstorbenen Vaters geleistet worden seien, zur Überprüfung stünden. Daher forderte es den Kläger auf, die Rechnungen, die den Bescheiden Nr. 2 - 9 zugrunde liegen, erneut vorzulegen oder dem beklagten Land eine Vollmacht auszustellen, um Rechnungen bei der privaten Krankenversicherung des Erblassers selbst einholen zu können.
7Mit Bescheid vom 25. Juli 2013 hob das beklagte Land die Bescheide Nr. 3 - 9 bezüglich der gewährten Beihilfen für stationäre Krankenhausaufenthalte dem Kläger gegenüber als Alleinerbe auf. Es begründete dies damit, dass ihm als Rechtsnachfolger des Erblassers dessen Handlungen zuzurechnen seien. An der Echtheit der eingereichten Rechnungen bestünde erheblicher Zweifel; es sei davon auszugehen, dass es sich um manipulierte Rechnungsbelege handele. Ein Abgleich mit der Datenbank des Rechnungsstellers habe ergeben, dass die zur Erstattung vorgelegten Aufwendungen so nicht in Rechnung gestellt worden seien. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 BVO NRW sei Beihilfe zu stationären Krankenhausbehandlungen nur zu gewähren, wenn diese auch tatsächlich durchgeführt worden seien. Mit Schreiben vom 24. Januar 2013, 01. März 2013 und 30. April 2013 sei der Kläger gebeten worden, Rechnungsbelege vorzulegen; dem sei er nicht nachgekommen. Auch habe der Kläger keine Vollmacht erteilt, damit das beklagte Land selbst Unterlagen bei der privaten Krankenversicherung des Erblassers einholen könne. Eine abschließende Prüfung sei aufgrund der mangelnden Mitwirkung des Klägers nicht möglich gewesen. Die Auswertung der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft habe überdies ergeben, dass die entsprechenden abgerechneten Belege über stationäre Krankenhausbehandlungen nicht beglichen wurden. Nach all dem sei davon auszugehen, dass die geltend gemachten Aufwendungen gar nicht entstanden seien. Auf Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen - VwVfG NRW - könne sich der Kläger nicht berufen, weil die Beihilfebescheide durch gefälschte Rechnungen erwirkt worden seien; daher sei die Rechtswidrigkeit der Bescheide dem Kläger auch bekannt gewesen. Die Rücknahme der Bescheide führe auch nicht zu einer unbilligen Härte. Die aufgrund der Rücknahme zu viel gezahlte Beihilfe forderte das beklagte Land mit gleichem Schreiben zurück (zunächst 93.971,28 Euro). Auf eine etwaige Entreicherung könne er sich nicht berufen. Die Fehlerhaftigkeit der Bescheide sei für ihn offensichtlich gewesen, da ihm bekannt gewesen sein müsse, dass die Aufwendungen für Krankenhausaufenthalte tatsächlich nicht entstanden seien. Es seien auch im Hinblick auf seine Lebensverhältnisse keine Anhaltspunkte ersichtlich, die eine Rückforderung entfallen lassen könnten.
8Am 27. August 2013 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Juli 2013 ein. Zunächst gewährte das beklagte Land ihm mehrere Fristverlängerungen für die Widerspruchsbegründung, da dieser das Strafverfahren abwarten wollte. Es erfuhr im August 2016, dass der Kläger der Alleinerbe des Erblassers ist; daraufhin setzte es ihm eine letzte Frist zur Widerspruchsbegründung bis zum 30. November 2016.
9Mit Bescheid vom 07. Oktober 2016 hob das beklagte Land die Bescheide Nr. 1 - 2 der oben dargestellten Auflistung in Bezug auf die Gewährung von Beihilfen für stationäre Krankenhausaufenthalte auf und forderte die Rückzahlung der zu viel gezahlten Beträge ein (8.498,31 Euro). Zur Begründung verwies es auf seine Ausführungen aus dem Rückforderungsbescheid vom 25. Juli 2013 und führte ergänzend aus, dass nach Auswertung der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Düsseldorf davon auszugehen sei, dass auch die mit diesem Bescheid aufgehobenen Beihilfen zu Unrecht gezahlt worden seien, da die Aufwendungen gar nicht entstanden seien. Die Bescheide seien durch Angaben erwirkt worden, die in wesentlicher Beziehung unrichtig gewesen seien. Von der Rückforderung der überzahlten Beträge könne zwar aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise abgesehen werden, beispielsweise, wenn der Grund für die Überzahlung überwiegend im Verantwortungsbereich der Behörde liege; die Behörde müsse sich jedoch darauf verlassen können, dass Anträge korrekt gestellt werden. Gründe, die in den persönlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Verhältnissen des Klägers liegen und für ein Absehen von der Rückforderung sprechen würden, seien nicht vorgetragen worden.
10Am 10. November 2016 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 07. Oktober 2016 Widerspruch ein. Im Wesentlichen trägt er vor:
11Er habe keine Kenntnis von manipulierten Rechnungen gehabt. Seine Ehefrau habe die pflegerische und gesundheitliche Betreuung des Erblassers gänzlich übernommen. Der Erblasser habe die Einreichung gefälschter Rechnungen initiiert und mit der Ehefrau des Klägers gemeinsam durchgeführt. Letztendlich habe sie in den letzten Monaten vor dem Tod des Erblassers die Rechnungen gefälscht und dessen Schrift nachgeahmt. Der Erblasser selbst habe auch Beihilfeanträge ausgefüllt, welche die Ehefrau des Klägers nach dessen Tod habe einreichen sollen. Seine Ehefrau habe sich um sämtliche finanziellen Belange gekümmert. Der Kläger habe auch den Tod des Erblassers einen Tag nach dessen Ableben der Verwaltung des Q. B. mitgeteilt. Auch dem Landesamt für Besoldung habe er die Sterbeurkunde vorgelegt. Überdies sei der Rückforderungsbetrag von insgesamt 102.469,59 Euro unrichtig, die Staatsanwaltschaft gehe lediglich von einem Betrag in Höhe von 66.904,84 Euro aus.
12Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2017 lehnte das beklagte Land die Widersprüche des Klägers vom 27. August 2013 und 10. November 2016 gegen seine Bescheide vom 25. Juli 2013 und 07. Oktober 2016 ab. Ergänzend zu seinem bisherigen Vortrag machte es geltend, dass seine Aufhebungsbescheide rechtmäßig seien. Der Kläger sei Alleinerbe und bereits seit 2004 für die Beihilfeangelegenheiten des Erblassers bevollmächtigt. Gemäß § 14 BVO NRW sei er als Kind und Erbe in die Rechtsstellung des Erblassers eingetreten. Daher seien ihm als Rechtsnachfolger alle Handlungen seines verstorbenen Vaters zuzurechnen. Überdies sei er bereits erstinstanzlich wegen der Fälschung von Rechnungen, die bei dem beklagten Land eingereicht wurden, verurteilt worden. Somit habe auch er selbst die Bescheide durch arglistige Täuschung erwirkt und die Rechtswidrigkeit der Bescheide gekannt. Da er den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung kannte, sei auch ein etwaiger Wegfall der Bereicherung unbeachtlich. Nach einem handschriftlichen Vermerk eines Mitarbeiters des beklagten Landes auf dem Widerspruchsbescheid im Verwaltungsvorgang vom 28. Mai 2018 hatte die den Kläger vertretende Kanzlei per E-Mail mitgeteilt, dass der Widerspruchsbescheid nicht zugestellt worden sei. Außerdem bestehe das Mandat nicht mehr. Im Weiteren wurde ebenfalls handschriftlich vermerkt, dass ein erneuter Versand des Widerspruchsbescheids an den Kläger selbst am 28. Mai 2018 erfolgt sei.
13Der Kläger hat am 26. Juni 2018 Klage erhoben. Hierbei wiederholt er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, dass das Berufungsverfahren gegen seine erstinstanzliche Verurteilung noch anhängig sei. Daher sei die Feststellung des beklagten Landes, er habe die Manipulationen der Rechnungen durchgeführt, eine Behauptung "ins Blaue hinein". Vor Abschluss des Strafverfahrens gelte die Unschuldsvermutung. Er sei auch nicht der richtige Adressat des Rückerstattungsanspruchs; die Tatsache, dass er bereits vor dem Tod seines Vaters für dessen Beihilfeangelegenheiten bevollmächtigt war, ändere hieran nichts. Er habe zu keinem Zeitpunkt Kenntnis vom kollusiven Zusammenwirken des Erblassers und seiner Ehefrau gehabt. Eine etwaige Bereicherung seitens des Klägers oder des Erblassers habe nie bestanden. Er habe sich weder um das Konto des Erblassers noch um sein eigenes Koto gekümmert, da er berufstätig gewesen sei. Verfügungen auf sein Konto seien von seinem Vater oder seiner Ehefrau veranlasst worden.
14Das beklagte Land hat den Bescheid vom 25. Juli 2013 in Bezug auf die Rücknahme der Bescheide vom 14. und 17. Mai 2010 in der mündlichen Verhandlung aufgehoben. Weiterhin hat es den Bescheid vom 25. Juli 2013 in Bezug auf die Rückforderung eines dementsprechenden Betrages in Höhe von 33.452,32 Euro aufgehoben.
15Die Beteiligten haben sodann den Rechtsstreit diesbezüglich in der Hauptsache teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt.
16Der Kläger beantragt,
17die Bescheide des beklagten Landes vom 25. Juli 2013 und vom 7. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2018 in Gestalt der Erklärung der Vertreterin des beklagten Landes vom 9. November 2018 aufzuheben.
18das beklagte Land beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Es wiederholt hierbei sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, dass, auch wenn wie in der Klagebegründung angegeben wurde, lediglich von der Ehefrau des Klägers gemeinsam mit dem Erblasser die gefälschten Rechnungen eingereicht worden seien, die Beihilfebescheide durch arglistige Täuschung erwirkt worden seien. Wie sich aus dem strafrechtlichen Verfahren ergebe, habe in den betreffenden Zeiten kein Krankenhausaufenthalt des Erblassers stattgefunden. Die Rechtswidrigkeit der Beihilfen habe der Erblasser gekannt, wie der Kläger selbst vortrage. Als Rechtsnachfolger müsse er sich dieses Wissen zurechnen lassen.
21Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs und der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft.
22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
23Das Verfahren war in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
24Die Klage hat im noch rechtshängigen Umfang keinen Erfolg; sie ist zulässig, aber unbegründet.
25Die Aufhebungsbescheide des beklagten Landes vom 25. Juli 2013 und vom 07. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 11. Dezember 2017 sind, soweit sie noch Gegenstand des Verfahrens sind, rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
26Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Beihilfebescheide im oben genannten Umfang ist § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW. Hiernach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
27Die tatbestandlichen Voraussetzung des § 48 Abs. 1 VwVfG NRW liegen vor. Die Gewährung der Beihilfen für stationäre Krankenhausaufenthalte durch die Bescheide Nr. 1 - 7 war rechtswidrig. Der beihilferechtliche Tatbestand für die Erstattung dieser Aufwendungen war jeweils nicht erfüllt, da die dem beklagten Land vorgelegten Rechnungen diesbezüglich gefälscht waren.
28Bescheid Nr. 1
29Der diesem Bescheid zugrundeliegende Beihilfeantrag wurde am 29. April 2008 gestellt; beigefügt war eine Rechnung vom 28. April 2008 mit einem Rechnungsbetrag in Höhe von 4.773,87 Euro für einen stationären Krankenhausaufenthalt vom 05. - 22. April 2008. Nach Auskunft der privaten Krankenversicherung wurde diese Rechnung nicht bei ihr zur Erstattung eingereicht. Dieser Umstand, lässt darauf schließen, dass es sich bei dieser Rechnung nicht um einen Originalbeleg handelte. Ein nachvollziehbarer Grund für das fehlende Erstattungsverlangen ist nicht ersichtlich und auch durch den Kläger nicht vorgetragen worden. Es ist bereits aus wirtschaftlichen Sicht nicht nachvollziehbar, auf 30 % der Erstattung für tatsächlich entstandene Aufwendungen zu verzichten; schließlich müssen die Kosten - wenn sie tatsächlich entstanden wären - in dieser Höhe dann aus eigenen Mitteln beglichen werden. Das Medizinische Zentrum (MZ) B. teilte im Rahmen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zudem mit, dass der Erblasser in dem oben genannten Zeitraum nicht stationär oder ambulant behandelt worden sei. Tatsächlich sei der Erblasser in dem Zeitraum von 2008 bis 2010 nur im Januar 2010 stationär im MZ B. aufgenommen worden. Eine ambulante Behandlung sei im September 2009 und zwei ambulante Behandlungen seien im März 2010 erfolgt. Die Tatsache, dass der Erblasser zu dem betreffenden Zeitpunkt nicht im MZ B. aufgenommen wurde, schließt zwar nicht aus, dass er in einem anderen Krankenhaus behandelt wurde, jedoch kommt ihr eine gewisse Indizwirkung zu. Alle Rechnungen, die Gegenstand des strafrechtlichen Verfahrens gegen den Kläger und dessen Ehefrau waren, stammen vom MZ B. . Seit dem Jahr 2001 ist der Erblasser wiederholt ambulant wie auch stationär im MZ B. behandelt worden (insgesamt 8 stationäre Aufenthalte und 8 ambulante Behandlungen).
30Der Kläger hat auch im gesamten Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen, dass die Aufwendungen tatsächlich entstanden seien und der Erblasser in einem anderen Krankenhaus behandelt worden sei. Eine diese Behauptung stützende Rechnung hätte schließlich bei dem betroffenen Krankenhaus dann angefordert werden können. Die materielle Beweislast für die Voraussetzungen der Rechtswidrigkeit trägt zwar regelmäßig die Behörde. Sie genügt ihrer Beweislast bei Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes aber schon durch den Nachweis, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes dessen Voraussetzungen nicht nachgewiesen waren; insbesondere, wenn - wie hier - unzutreffende Angaben des Begünstigten zugrunde lagen, ist er selbst beweispflichtig.
31Vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2018, § 48 Rn. 59 f.
32Bescheid Nr. 2
33Der diesem Bescheid zugrundeliegende Beihilfeantrag wurde am 03. März 2009 gestellt; beigefügt war eine Rechnung vom 02. März 2009 mit einem Rechnungsbetrag in Höhe von 7.921,75 Euro für einen stationären Krankenhausaufenthalt. Nach Auskunft der privaten Krankenversicherung wurde diese Rechnung nicht bei ihr zur Erstattung eingereicht. Das MZ B. teilte im Rahmen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft mit, dass der Erblasser im Jahr 2009 nur an einem Tag ambulant behandelt worden sei (13. September 2009); eine stationäre Behandlung sei nicht erfolgt.
34Dieser Sachverhalt entspricht dem Sachverhalt, der dem Bescheid Nr. 1 zugrunde liegt, sodass die Ausführungen, die zu dem Schluss führen, dass die Rechnung, die dem Beihilfeantrag des Bescheides Nr. 1 beigefügt war, gefälscht war, auch hier zutreffen.
35Bescheid Nr. 3
36Der diesem Bescheid zugrundeliegende Beihilfeantrag wurde am 13. Juli 2009 gestellt; beigefügt war eine Rechnung vom 10. Juli 2009 mit einem Rechnungsbetrag in Höhe von 14.377,07 Euro für einen stationären Krankenhausaufenthalt. Nach Auskunft der privaten Krankenversicherung wurde diese Rechnung nicht bei ihr zur Erstattung eingereicht. Das MZ B. teilte im Rahmen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft mit, dass der Erblasser im Jahr 2009 nur an einem Tag ambulant behandelt worden sei (13. September 2009); eine stationäre Behandlung sei nicht erfolgt.
37Dieser Sachverhalt entspricht dem Sachverhalt, der dem Bescheid Nr. 1 zugrunde liegt, sodass die Ausführungen, die zu dem Schluss führen, dass die Rechnung, die dem Beihilfeantrag des Bescheides Nr. 1 beigefügt war, gefälscht war, auch hier zutreffen.
38Bescheid Nr. 4
39Der diesem Bescheid zugrundeliegende Beihilfeantrag wurde am 29. September 2009 gestellt; beigefügt war eine Rechnung vom 28. September 2009 mit einem Rechnungsbetrag in Höhe von 18.303,51 Euro für einen stationären Krankenhausaufenthalt vom 13. September 2009 bis zum 27. September 2009. Nach Auskunft der privaten Krankenversicherung wurde diese Rechnung nicht bei ihr zur Erstattung eingereicht. Das MZ B. teilte im Rahmen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft mit, dass der Erblasser im Jahr 2009 nur an einem Tag ambulant behandelt worden sei (13. September 2009); eine stationäre Behandlung sei nicht erfolgt. Die Rechnung für diese ambulante Behandlung wies einen Rechnungsendbetrag in Höhe von 108,01 Euro aus, das Rechnungsdatum ist identisch mit dem Datum der tatsächlich bei dem beklagten Land eingereichten Rechnung. Da die Originalrechnung vom 28. September 2009 nicht bei dem beklagten Land eingereicht wurde, jedoch eine Rechnung, bei welcher sowohl das Rechnungsdatum als auch das Datum des Beginns der Behandlung (13. September 2009) mit der Rechnung für die tatsächlich stattgefundene ambulante Behandlung übereinstimmten (diese aber einen anderen Betrag enthält), ist davon auszugehen, dass die Originalrechnung derart manipuliert wurde, dass sie letztendlich einen stationären Krankenhausaufenthalt mit einem Rechnungsendbetrag in Höhe von 18.303,51 Euro auswies. Überdies wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zum Bescheid Nr. 1 verwiesen.
40Bescheid Nr. 5
41Der diesem Bescheid zugrundeliegende Beihilfeantrag wurde am 04. November 2009 gestellt; beigefügt war eine Rechnung vom 30. November 2009 mit einem Rechnungsbetrag in Höhe von 6.151,07 Euro für einen stationären Krankenhausaufenthalt (Entstehen der Aufwendung 19. Oktober 2009). Nach Auskunft der privaten Krankenversicherung wurde diese Rechnung nicht bei ihr zur Erstattung eingereicht. Das MZ B. teilte im Rahmen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft mit, dass der Erblasser im Jahr 2009 nur an einem Tag ambulant behandelt worden sei (13. September 2009); eine stationäre Behandlung sei nicht erfolgt.
42Auch hierbei handelt es sich um eine gefälschte Rechnung. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen zum Bescheid Nr. 1 verwiesen.
43Bescheid Nr. 6
44Der diesem Bescheid zugrundeliegende Beihilfeantrag wurde am 10. Februar 2010 gestellt, beigefügt war eine Rechnung vom 09. Februar 2010 mit einem Rechnungsbetrag in Höhe von 23.894,51 Euro für einen stationären Krankenhausaufenthalt (Entstehen der Aufwendung 21. Januar 2010). Nach Auskunft der privaten Krankenversicherung wurde eine Rechnung bei ihr zur Erstattung eingereicht. Es handelt sich hierbei um eine Rechnung des MZ B. vom 09. Februar 2010 für einen stationären Aufenthalt vom 21. - 29. Januar 2010 in Höhe von insgesamt 3.798,51 Euro, der Erstattungsbetrag der Krankenversicherung betrug 1.139,56 Euro. Der Rückschluss auf eine Manipulation ist schon deshalb angebracht, weil der Erblasser nicht in einem identischen Zeitraum in zwei Krankenhäusern gleichzeitig stationär aufgenommen und kostenpflichtig behandelt worden sein kann. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Rechnung nicht durch den Erblasser oder Kläger an die private Krankenversicherung versendet, sondern direkt vom MZ B. weitergeleitet wurde (Direktabrechnung). Dies ergibt sich bereits dadurch, dass keine Rechnung über den gesamten Betrag adressiert an den Erblasser vorgelegt wurde (diese Rechnung befindet sich in der Ermittlungsakte der StA Bl. 7 und 8), sondern eine Adressierung an die E. direkt erfolgte und bereits der zu erstattende Satz in Höhe von 30 % errechnet und als Rechnungsbetrag angegeben wurde. Damit bleibt es dabei, dass ausgehend vom Erblasser oder Kläger selbst keine der genannten Rechnungen zur Erstattung bei der privaten Krankenversicherung eingereicht wurden. Die Originalrechnung wurde nicht bei dem beklagten Land eingereicht, sie wurde jedoch derart manipuliert, dass sie einen Betrag in Höhe von 23.894,51 Euro auswies, und sodann an das beklagte Land zur Erstattung versendet. Hierbei wurden das Rechnungsdatum und das Datum der Entstehung der Aufwendung beibehalten. Die Rechnung, die dem Bescheid Nr. 6 zugrunde lag, war überdies Gegenstand des strafrechtlichen Verfahrens gegen den Kläger und seine Ehefrau. Die beiden Angeklagten wurden jeweils (unter anderem) aufgrund der Manipulation und Einreichung der oben genannten Rechnung mit einem Rechnungsbetrag in Höhe von 23.894,51 Euro am 26. April 2017 erstinstanzlich wegen Betrugs durch das AG E. (AZ: 0 Ls-0 Js 0/0-0/0) verurteilt.
45Überdies wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zum Bescheid Nr. 1 verwiesen.
46Bescheid Nr. 7
47Der diesem Bescheid zugrundeliegende Beihilfeantrag wurde am 26. März 2010 gestellt; beigefügt war eine Rechnung vom 25. März 2010 mit einem Rechnungsbetrag in Höhe von 23.894,51 Euro für einen stationären Krankenhausaufenthalt (Entstehen der Aufwendung 13. März 2010). Nach Auskunft der privaten Krankenversicherung wurde keine Rechnung bei ihr zur Erstattung eingereicht. Das MZ B. teilte im Rahmen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft mit, dass der Erblasser im Jahr 2010 nicht stationär aufgenommen worden sei. Die genannte Rechnung war ebenfalls Gegenstand des strafrechtlichen Verfahrens gegen den Kläger und seine Ehefrau. Die beiden Angeklagten wurden jeweils (unter anderem) aufgrund der Manipulation und Einreichung auch dieser Rechnung erstinstanzlich wegen Betrugs verurteilt (AG E. , AZ: 0 Ls-0 Js 0/0-0/0).
48Da der Rechnungsbetrag dieser Rechnung mit dem Betrag der Rechnung übereinstimmt, der dem Bescheid Nr. 6 zugrunde liegt, und im Folgenden noch zwei weitere Anträge mit diesem Rechnungsbetrag eingereicht wurden (Antrag vom 19. April und 03. Mai 2010), ist davon auszugehen, dass die Rechnung jeweils erneut für die Vorlage bei dem beklagten Land genutzt und lediglich in Bezug auf das Datum der Behandlung und in Bezug auf das Rechnungsdatum manipuliert worden ist. Tatsächlich kam es im Folgenden zur anteiligen Auszahlung der vier exakt identischen Rechnungsbeträge. Überdies wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zum Bescheid Nr. 1 verwiesen.
49Im Juli 2010 wurden noch zwei weitere Beihilfeanträge mit dem Unterschriftenzug des Erblassers bei dem beklagten Land eingereicht. Mit Antrag vom 01. Juni 2010 wurde die Erstattung von Aufwendungen für einen stationären Krankenhausaufenthalt des Erblassers vom 01. - 02. Mai 2010 im MZ B. in Höhe von 17.053,57 Euro verlangt; mit Beihilfeantrag vom 10. Juni 2010 wurde die Erstattung von Aufwendungen für einen stationäre Krankenhausaufenthalte des Erblassers im MZ B. vom 13. - 17. Februar 2010 in Höhe von 28.303,94 Euro beantragt. In beiden Fällen kam es nicht zur Auszahlung, da die Rechnungen als Fälschungen erkannt wurden und daher zur Einleitung des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft führten.
50Es ist in Bezug auf die Frage der Rechtswidrigkeit irrelevant, wer die Fälschung initiierte oder durchführte, da die Rechtswidrigkeit lediglich einen Verstoß gegen gültige Rechtsnormen voraussetzt.
51Vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2018, § 48 Rn. 52.
52Das beklagte Land war berechtigt, die Aufhebungsbescheide dem Kläger gegenüber zu erlassen. Die Rüge des Klägers, er sei nicht der richtige Adressat der Aufhebungsbescheide, geht fehl. Eine ausdrückliche Aussage darüber, wem gegenüber die Aufhebung zu erfolgen hat, trifft § 48 VwVfG NRW nicht. Im Regelfall ergibt sich der richtige Adressat aus der Funktion der Rücknahmeentscheidung. Sie ist der Gegenakt zu dem aufzuhebenden Verwaltungsakt. Sie zielt auf die Beseitigung des durch diesen Verwaltungsakt begründeten Rechtsverhältnisses ab. Um dieses Ziel zu erreichen, muss sie sich an denjenigen richten, dem gegenüber das Rechtsverhältnis begründet worden ist. Grundsätzlich ist dies der Adressat des ursprünglichen Verwaltungsakts.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1999 3 C 17.98 , VG Köln, Urteil vom 10. April 2014 - 16 K 3594/12 -, juris.
54Adressat der Beihilfebescheide war der Vater des Klägers. Grundsätzlich muss die Aufhebung der Beihilfebescheide in dem durch den Erlass der Verwaltungsakte begründeten Rechtsverhältnis zwischen dem beklagten Land und dem Adressaten der Beihilfebescheide erfolgen.
55Adressat des Rücknahme- und Rückforderungsbescheides muss aber nicht notwendig der ursprüngliche Zuwendungsempfänger selbst, sondern kann gegebenenfalls auch der Rechtsnachfolger sein. Nach § 1922 Abs. 1, § 1967 Abs. 1 BGB tritt der Erbe in vollem Umfang in die Rechte und Pflichten des Erblassers oder des sonstigen Rechtsvorgängers ein und damit auch in ein durch einen (rechtswidrigen) Verwaltungsakt begründetes Rechtsverhältnis.
56Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1999 - 3 C 17.98 -, und Vorlagebeschluss vom 9. Dezember 2004 - 3 C 37.03 -; OVG NRW, Urteil vom 17. August 2018 - 1 A 2675/15 -; Nds. OVG, Beschluss vom 02. Juli 2012 - 10 LA 63/11 -; VG E1. , Urteil vom 17. Juli 2013 - 20 K 7520/12 -; VG Hannover, Urteil vom 16. Juli 2008 - 11 A 3779/07 -; VG München, Urteil vom 22. September 2005 - M 18 K 04.3369 -, juris.
57Durch seine Stellung als Alleinerbe ist der Kläger nach dem Tod seines Vaters nach dem in § 1922 Abs. 1, § 1967 Abs. 1 BGB niedergelegten Grundsatz in die Rechtsstellung des Erblassers und damit auch in das durch die Beihilfebewilligung und -zahlung begründete Rechtsverhältnis zu dem beklagten Land eingetreten.
58Der Rücknahme der Beihilfebescheide steht auch kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegen. Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG NRW kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt hat.
59Der Kläger kann sich gemessen hieran nicht auf Vertrauensschutz berufen. Dabei kann hier zunächst dahinstehen, ob er überhaupt selbst ein schützenswertes Vertrauen aufbauen konnte. Daran könnten Zweifel bestehen, weil der Kläger angibt, schon keine Kenntnis davon gehabt zu haben, dass sein Vater und seine Ehefrau Rechnungen fälschten und bei dem beklagten Land einreichten. Vertrauensschutz ist vorliegend jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil er als Alleinerbe und Gesamtrechtsnachfolger die Rechte und Pflichten seines Vaters so übernommen hat, wie sie im Zeitpunkt des Todes des Vaters bestanden haben.
60Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1982 - 2 C 23.81 - OVG NRW, Urteil vom 17. August 2018 - 1 A 2675/15 -, juris.
61Der Vater des Klägers, auf den es vorliegend allein ankommt, kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, er hat die Bescheide durch arglistige Täuschung erwirkt. Denn er hat, nach den eigenen Angaben des Klägers, die Fälschungen der Rechnungen initiiert und im "kollusiven Zusammenwirken" mit dessen Ehefrau ausgeführt. Der daraus folgende Ausschluss von Vertrauensschutz gilt für den Kläger als dessen Erbe nach dem Tod seines Vaters fort.
62Auch bei Zugrundelegung des durch das erstinstanzliche Strafurteil (0 Ls-0 Js 0/0-0/0) festgestellten Sachverhalts ändert sich an dem dargelegten Ergebnis nichts. Geht man in Übereinstimmung mit den Ausführungen im Strafurteil davon aus, dass es fernliegend ist, dass der Erblasser selbst die betrügerischen Handlungen initiierte und dann die Ehefrau des Klägers zur Tatausführung heranzog und dass tatsächlich der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau die gefälschten Rechnungen herstellte und einreichte, so ist ebenfalls der Rücknahmetatbestand ausgefüllt. Zwar kommt es, wie oben dargestellt, grundsätzlich auf die Kenntnis des Erblassers an, die sich der Erbe zurechnen lassen muss, jedoch würde auch die Unkenntnis des Erblassers den Kläger im Rahmen der Rücknahme der Beihilfebescheide nicht besserstellen.
63Auch in diesem Fall kann sich der Kläger jedenfalls nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen. Unterstellt, der Erblasser hätte von der Einreichung gefälschter Rechnungen nichts gewusst, wäre zwar ein Erwirken der Beihilfebescheide durch arglistige Täuschung des Erblassers selbst als Begünstigter ausgeschlossen, der durch den Verwaltungsakt Begünstigte muss sich aber das Verhalten eines Vertreters oder Bevollmächtigten zurechnen lassen.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2017 - 5 C 4/16 -, BVerwGE 158, 258-271; OVG NRW, Urteil vom 14. Juli 2004 - 10 A 4471/01 -, juris. Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 17. Auflage 2016, § 48 Rn. 114, 120, 123.
65Die Berufung auf schutzwürdiges Vertrauen ist auch dann ausgeschlossen, wenn nicht der Begünstigte, sondern sein Vertreter den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt hat. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG NRW erfasst nicht nur den Fall, dass der Begünstigte selbst als Täter oder Teilnehmer gehandelt hat. Diesem sind auch die Handlungen seines Vertreters zuzurechnen. Dies gilt selbst dann, wenn der Vertretene keine Kenntnis davon hatte.
66Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. September 2003 - 1 C 6.03 - ; OVG NRW, Urteil vom 14. Juli 2004 - 10 A 4471/01 -, juris.
67Der Wortlaut der Norm deutet mit dem Personalpronomen "er" zwar darauf hin, dass der Verwaltungsakt durch den Adressaten des begünstigten Verwaltungsaktes selbst erwirkt worden sein muss. Die Formulierung schließt aber eine Zurechnung von Bestechungs- oder Täuschungshandlungen des Vertreters des Begünstigten nicht aus und ist insofern offen. Für ein entsprechendes Normverständnis sprechen maßgeblich sowohl der Sinn und Zweck als auch die systematischen Bezüge der Vorschrift. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG verhilft dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) zur Geltung, indem er die uneingeschränkte Rücknahme unter anderem von rechtswidrigen Verwaltungsakten, die eine Geldleistung gewähren, zulässt. Während solche Verwaltungsakte nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG nicht zurückgenommen werden dürfen, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und dieses Vertrauen schutzwürdig ist, vermag sich der Begünstigte nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG nicht auf Vertrauensschutz zu berufen, wenn er einen solchen Verwaltungsakt durch ein verwerfliches Verhalten im Sinne dieser Bestimmung erwirkt hat. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG steht dadurch in einem engen systematischen Zusammenhang mit § 123 Abs. 1 BGB. Nach § 123 Abs. 1 BGB kann eine Willenserklärung anfechten, wer zur Abgabe dieser Erklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist. Beide Bestimmungen verfolgen einen vergleichbaren Zweck. Sie dienen der "Beseitigung" von Willenserklärungen bzw. Verwaltungsakten, die auf verwerfliche Weise zustande gekommen sind. Auch sind ihre Voraussetzungen überwiegend identisch ("arglistige Täuschung", "Drohung"). Diese Parallelitäten rechtfertigen es, zu § 123 Abs. 1 BGB entwickelte Grundsätze, jedenfalls nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken, auf die Auslegung des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG insoweit zu übertragen, als öffentlich-rechtliche Besonderheiten nicht entgegenstehen. Deshalb ist bei der Auslegung des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG (auch) zu beachten, dass nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB auch möglich ist, wenn die Täuschung oder Drohung nicht von dem Anfechtungsgegner, sondern von seinem Vertreter ausgegangen ist, wobei es ohne Bedeutung ist, ob der Anfechtungsgegner von der die Anfechtung rechtfertigenden Handlung des Vertreters Kenntnis hatte oder diese billigte. Der dem zugrunde liegende Rechtsgedanke beansprucht auch für § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG Geltung mit der Folge, dass die von einem Vertreter des von dem Verwaltungsakt Begünstigten ausgehende arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung diesem zuzurechnen sind.
68Vgl. so wörtlich (ab Rn. 27) BVerwG, Urteil vom 22. März 2017 - 5 C 4/16 -, juris; vgl. im Übrigen zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: BGH, Urteile vom 17. Oktober 1980 - V ZR 30/79 - und vom 20. November 1995 - II ZR 209/94 -, sowie vom 17. November 1978 - V ZR 210/74 -, juris.
69Gemessen daran muss sich der Erblasser das Verhalten seines von ihm zur Bearbeitung seiner Beihilfeangelegenheiten umfänglich bevollmächtigten Sohnes zurechnen lassen. Der Kläger verfügte über eine beihilferechtliche Vollmacht und damit über eine verwaltungsverfahrensrechtliche Ermächtigung, Verfahrenshandlungen für den Erblasser vorzunehmen (§ 14 Abs. 1 VwVfG NRW).
70Einer Bevollmächtigung steht auch nicht entgegen, dass die Beihilfeanträge unter Verwendung des Namens des Erblassers unterschrieben wurden und damit der Eindruck erweckt wurde, der Erblasser habe die Anträge persönlich gestellt. Denn nach zivilrechtlichen Grundsätzen finden auf das Handeln unter fremden Namen, bei welchem der Anschein erweckt wird, es solle mit dem Namensträger ein Geschäft abgeschlossen werden, und dabei eine falsche Vorstellung über die Identität des Handelnden hervorgerufen wird, die Regeln über die Stellvertretung und die hierzu entwickelten Grundsätze entsprechend Anwendung, obwohl dem Handelnden ein Vertretungswille fehlt.
71Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. November 2015 - OVG 7 B 4.15 -; BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 289/09 - juris; Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, § 164 Rn. 10.
72Eine rechtsgeschäftliche Erklärung, die unter solchen Voraussetzungen unter dem Namen eines anderen abgegeben worden ist, verpflichtet den Namensgeber dann, wenn sie in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht erfolgt (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB analog). Diese Grundsätze sind auch im Verwaltungsrecht anwendbar.
73Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. November 2015 - OVG 7 B 4.15 -, juris.
74Bei dem Kläger handelt es sich um eine beihilferechtlich bevollmächtigte Person, sodass dieser in Ausübung seiner Vertretungsmacht handelte (§ 164 BGB analog) und sein Verhalten trotz des Handelns unter fremdem Namen dem Erblasser zurechenbar bleibt.
75Das hiernach dem Erblasser zuzurechnende Verhalten seines bevollmächtigten Sohnes muss sich der Kläger dann selbst wieder im Rahmen seiner erbrechtlichen Stellung vom Erblasser nach dem in § 1922 Abs. 1, § 1967 Abs. 1 BGB niedergelegten Grundsatz zurechnen lassen (siehe bereits oben).
76Daher ist es im Ergebnis irrelevant, ob der Erblasser die betrügerischen Handlungen veranlasste/durchführte oder ob er selbst keine Kenntnis über die Einreichung gefälschter Rechnungen hatte und der Kläger Täter der Betrugshandlungen war.
77Auch im Übrigen ist gegen die Rücknahmeentscheidung nichts einzuwenden. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das beklagte Land die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte (§ 114 Satz 1 VwGO). Zwar hat das beklagte Land im Aufhebungsbescheid vom 25. Juli 2013 im Rahmen der Ermessenserwägungen lediglich angegeben, dass nichts dafür spräche, dass die Rücknahme zu einer unbilligen Härte führt, diese knappe Ausführung war jedoch ausreichend.
78Es bedurfte im vorliegenden Fall keiner umfassenden Abwägung der gegenläufigen Interessen, weil in Anbetracht des Fehlens von schutzwürdigem Vertrauen keine privaten Belange des Klägers von Gewicht erkennbar sind, die dem legitimen Interesse des beklagten Landes, in Fällen der vorliegenden Art dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung möglichst durchgängig Geltung zu verschaffen, entgegenstehen oder diese überwiegen würden.
79Vgl. in ähnlich gelagertem Fall BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1996 - 3 C 13.94 -, juris.
80Das Ermessen ist vielmehr für Regelfälle - und damit auch im vorliegenden Fall -gemäß § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG dahingehend auszuüben, die gewährten Beihilfen für die Vergangenheit zurückzunehmen. Liegt ein Regelfall vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst und bedarf insofern keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung.
81Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Januar 2018 - 2 S 1177/17 -; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. November 2015 - 7 B 4.15 -; VG B. , Urteil vom 13. September 2013 - 7 K 1825/12, juris.
82Überdies präzisierte das beklagte Land mit Aufhebungsbescheid vom 07. Oktober 2016 seine Ermessenserwägungen noch dahingehend, dass das Vorliegen einer unbilligen Härte bereits deshalb ausgeschlossen sei, da der Kläger die Fehlerhaftigkeit der Beihilfefestsetzung kannte oder aber kennen musste. Überdies habe er keinen Nachweis über die Richtigkeit der Rechnungsbelege erbracht. Hierbei stellt es zutreffend darauf ab, dass der Kläger selbst nach Erhalt mehrerer Anhörungsschreiben keine Unterlagen vorgelegt oder sonstige Angaben gemacht hat, daher war es dem beklagten Land unmöglich zusätzliche Aspekte wie persönlichen Belange des Klägers in seine Entscheidung mit einzubeziehen.
83Das beklagte Land durfte die Beihilfen in Höhe von 69.017,27 Euro zurückfordern. Die Rückforderung der zu Unrecht gewährten Beihilfen war rechtmäßig. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, nie bereichert gewesen zu sein; der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, entreichert zu sein.
84Rechtsgrundlage für die Rückforderung der überzahlten Beihilfebeträge war bei Bescheiderlass im Juli 2013 § 80 Abs. 6 LBG NRW alte Fassung i.V.m. § 12 BBesG, bei Bescheiderlass im Oktober 2016 § 79 LBG NRW i.V.m. § 15 LBesG NRW mit jeweils inhaltsgleichem Wortlaut. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 LBesG NRW regelt sich die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff. BGB).
85Nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ist derjenige, der durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, diesem zur Herausgabe verpflichtet. "Etwas erlangt" in diesem Sinne ist jede Verbesserung der Vermögenslage, welche vorliegend durch die Gutschrift auf dem Konto des Erblassers in einem Auszahlungsanspruch gegen das Kreditinstitut liegt. Was nach der Gutschrift der Beihilfebeträge mit diesen geschah, ist unklar, für den hiesigen Rechtsstreit indes auch ohne Bedeutung. Relevanz hätte dieser Geschehensablauf insbesondere für die Frage der Entreicherung - also dem Wegfall der oben genannten Bereicherung. Da die Berufung des Klägers auf Entreicherung vorliegend jedoch ausgeschlossen ist, kommt es hierauf schon nicht an. Der Ausschluss folgt aus den §§ 79 Abs. 3 LBG NRW, § 15 Abs. 2 LBesG NRW, § 818 Abs. 4, § 819 Abs. 1 BGB. Hiernach kann sich der Empfänger einer Leistung nicht auf Entreicherung berufen, wenn er den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung kannte oder dieser offensichtlich war. Anders als der Kläger annimmt, kommt es auch hier auf die Kenntnis des Erblassers und nicht auf seinen Kenntnisstand als dessen Erbe an, weil er auch insoweit als Alleinerbe und Gesamtrechtsnachfolger in die Rechte und Pflichten seines Vaters so eingetreten ist, wie sie im Zeitpunkt des Todes des Erblassers bestanden haben. Nach den Angaben des Klägers hatte der Erblasser von Beginn an Kenntnis über die Einreichung gefälschter Rechnungen bei dem beklagten Land und hatte daher auch Kenntnis davon, dass die durch Beihilfeanträge geltend gemachten Aufwendungen für stationäre Krankenhausaufenthalte tatsächlich nicht entstanden sind. Auch wenn die Kammer im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Rückforderung nicht dem Vorbringen des Klägers folgt, sondern davon ausgeht, dass tatsächlich er selbst gemeinsam mit seiner Ehefrau die Betrugshandlungen vollzog, kann in diesem Fall die Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung, die dann der Kläger selbst besaß, dem Erblasser selbst zugerechnet werden (siehe oben). Da hierdurch der Erblasser so zu behandeln ist, als hätte er selbst Kenntnis vom Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung gehabt, ist auch der Kläger als dessen Erbe in diese Stellung eingerückt.
86Wie von dem beklagten Land in den angegriffenen Aufhebungsbescheiden zutreffend dargelegt, bestand auch kein Anlass aus Billigkeitsgründen von der Rückforderung abzusehen.
87Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 und §161 Abs. 2 VwGO. Aufgrund der übereinstimmenden teilweisen Erledigungserklärungen des Klägers und des beklagten Landes war gemäß § 161 Abs. 2 VwGO in Bezug auf diesen Teil nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht es billigem Ermessen, dem beklagten Land die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da es insoweit in der Hauptsache unterlegen wäre. Denn der Aufhebungsbescheid vom 25. Juli 2013 ist, soweit er die Bescheide Nr. 8 und 9 betrifft, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
88Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 VwVfG NRW liegen insoweit nicht vor. Die Bescheide Nr. 8 und 9 sind nicht rechtswidrig, da sie bereits mangels Bekanntgabe unwirksam sind (§§ 43 Abs. 1 Satz 1, 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW). Voraussetzung einer wirksamen Bekanntgabe ist, dass der Adressat noch lebt. Adressat der genannten Bescheide war der Erblasser, dieser verstarb am 03. Mai 2010, sodass die Bescheide Nr. 8 und 9, welche erst am 14. und 17. Mai 2010 erlassen und im Folgenden versendet wurden, ins Leere gingen. Hieran ändert sich selbst dann nichts, wenn der Erbe des Adressaten den Inhalt des Bescheides auf sich bezieht.
89Vgl. VG München, Urteil vom 23. April 1997 - M 6 K 96.442 -, BFH, Urteil vom 27. November 1981 - II R 18/80 -, BFHE 134, 519, BStBl II 1982, 276, juris; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2018, § 41 Rn. 24, § 43 Rn. 176, § 44 Rn. 111.
90An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts dadurch, dass der Kläger die Bescheide tatsächlich erhalten hat und eine beihilferechtliche Vollmacht besaß.
91Vgl. wirksame Bekanntgabe bejaht, obwohl der Bescheidadressat bei Erlass des Bescheides bereits verstorben war, aufgrund der Zustellung an den Bevollmächtigten: VG Berlin, Urteil vom 15. Juni 2001 - 31 A 214.98 -, juris.
92Zwar wird nach § 14 Abs. 2, 1. Halbsatz VwVfG NRW eine Vollmacht - die der Kläger in beihilferechtlichen Angelegenheiten für seinen Vater besaß - nicht durch den Tod des Vollmachtgebers aufgehoben, sodass eine wirksame Bekanntgabe an den Kläger selbst noch möglich gewesen wäre.
93Dem beklagten Land fehlte aber in Bezug auf den Kläger jeglicher Bekanntgabewille. Voraussetzung für eine wirksame Bekanntgabe ist, dass dem Bekanntgabeadressaten der Verwaltungsakt mit Wissen und Willen der Behörde eröffnet wird.
94Vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2018, § 41 Rn. 53.
95Dies war vorliegend nicht der Fall, da das beklagte Land bei Erlass und Zustellung der Bescheide keine Kenntnis vom Ableben des Erblassers hatte. Der Kläger hatte das Verwaltungsverfahren auch weder initiiert, noch war er in selbiges involviert. Das beklagte Land hat daher den Bescheid bewusst an den Erblasser gerichtet und das Schreiben auch an diesen adressiert. Dieses hat den Kläger dann lediglich zufällig erreicht, da der Erblasser zu dessen Lebzeiten bei dem Kläger wohnte.
96Überdies ist zu bemerken, dass es sich bei § 41 Abs.1 Satz 2 VwVfG NRW um eine Ermessensvorschrift handelt. Die Behörde "kann" die Bekanntgabe dem Bevollmächtigten gegenüber vornehmen.
97Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1997 - 3 C 35/96 -, BVerwGE 105, 288-302, juris; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2018, § 41 Rn. 39.
98Eine solche Ermessensentscheidung kann das beklagte Land aus den oben genannten Gründen schon nicht getroffen haben.
99Ist ein Verwaltungsakt mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden, können die Wirkungen dieses Verwaltungsaktes nicht mehr durch Aufhebung beseitigt werden. Zwar wäre der Aufhebungsbescheid, der sich auf einen unwirksamen Verwaltungsakt bezieht, nicht rechtswidrig, wenn er darauf angelegt ist, den Rechtsschein des früheren Verwaltungsaktes zu beseitigen.
100Vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2018, § 43 Rn. 198.
101So liegt der Fall hier jedoch nicht. Das beklagte Land ist zu keinem Zeitpunkt von der Unwirksamkeit der Bescheide Nr. 8 und 9 ausgegangen, es wollte keinen Rechtsschein beseitigen, sondern seines Erachtens rechtswidrige wirksame Bescheide aufheben.
102Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 09. Nov. 2018 - 7 K 2350/18
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 09. Nov. 2018 - 7 K 2350/18
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Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 09. Nov. 2018 - 7 K 2350/18 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Teilrückforderung einer durch den Beklagten auf der Grundlage der Förderrichtlinie „Investitionspakt zur energetischen Erneuerung sozialer Infrastruktur in den Gemeinden in Nordrhein-Westfalen“ gemäß Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 21. Mai 2008 – im Folgenden: Förderrichtlinie – dem Kläger gewährten Zuwendung.
3Nach näherer Maßgabe der Förderrichtlinie unterstützte der Beklagte Maßnahmen zur bedarfsorientierten energetischen und ggf. baulichen Erneuerung von Gebäuden, die als soziale Infrastruktur in den Gemeinden genutzt werden. Die Fördermittel sollten im Rahmen einer Projektförderung in der Form der Anteilsfinanzierung in Höhe von 2/3 der förderfähigen Ausgaben bewilligt werden. Zuständig für die Bewilligung der Zuwendung waren die Bezirksregierungen. Zuwendungsempfänger konnten ausschließlich die Gemeinden und Gemeindeverbände sein. Allerdings sollten auch Gebäude privater Eigentümer förderfähig sein. Für den Fall der Weiterleitung einer Zuwendung an Dritte durch Zuwendungsbescheid nach Nr. 12 der Verwaltungsvorschriften -VV- zu § 44 Landeshaushaltsordnung -LHO- bestimmte Ziffer 8.1 der Förderrichtlinie, dass die Kommune die Regelungen nach den Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO für den außergemeindlichen Bereich zu beachten habe. Dabei habe sie insbesondere Regelungen zur Verwendungsnachweisführung gegenüber Dritten zu treffen. Der Verwendungsnachweis sei regelmäßig in qualifizierter Form zu führen. Im Verhältnis zwischen Erstempfänger und Letztempfänger der Zuwendungen sollten die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung -ANBest-P- Anwendung finden. Für die Prüfung einer zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendung durch Dritte sei die Kommune zuständig. Gegenüber der Bewilligungsbehörde habe sie das Recht, die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendung durch Dritte im vereinfachten Verfahren nachzuweisen. Nach Ziffer 8.2 hatte die Kommune auch im Fall einer Weiterleitung einen Eigenanteil von mindestens 10 v.H. der förderfähigen Ausgaben aufzubringen.
4Am 28. August 2008 stellte der Kläger auf der Grundlage der Förderrichtlinie einen Förderantrag für die energetische Sanierung und die Neugestaltung des Eingangsbereichs der Johanniter-Kindertagesstätte „T. “ in C. , deren Eigentümerin die Evangelische Kirchengemeinde C. ist. Unter Ziffer 7.1.1 des Förderantrags – Gebäudeentwicklungskonzept / Kurzbeschreibung der Inhalte und Ziele – erklärte der Kläger, im Bewilligungsbescheid an den Träger der Einrichtung werde für den Fall einer Bewilligung von Landes- und Kreismitteln eine zweckentsprechende Nutzung von 20 Jahren festgeschrieben. Unter Ziffer 8 erklärte der Kläger zudem, dass die Evangelische Kirchengemeinde C. als Eigentümerin einen Finanzierungsanteil von 23 % übernehme. Die restlichen 10 % würden – vorbehaltlich der Zustimmung des Jugendhilfeausschusses – vom Kreis übernommen. Dem Antrag beigefügt war als Anlage 1 eine schriftliche Erklärung der Evangelischen Kirchengemeinde C. vom 22. August 2008, nach der diese 23 % der zuwendungsfähigen Ausgaben für die Sanierung übernehmen werde. Weitere schriftliche Erklärungen der Evangelischen Kirchengemeinde C. enthielten die Antragsunterlagen nicht.
5Mit Zuwendungsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 4. Dezember 2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger antragsgemäß für die Zeit bis zum 31. Dezember 2010 eine Zuwendung in Höhe von 138.000,00 Euro als Zuschuss in der Form der Anteilsfinanzierung in Höhe von 2/3 zu zuwendungsfähigen Gesamtausgaben von 206.000,00 Euro. Bestandteil des Zuwendungsbescheides waren die beigefügten Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden -ANBest-G- nach Maßgabe von Ziffer 1 sowie ergänzt durch die Ziffern 2 bis 17 der im Zuwendungsbescheid enthaltenen besonderen Nebenbestimmungen.
6Mit einem an den Evangelischen Gemeindeverbund Niederwupper adressierten Schreiben vom 21. Januar 2009 leitete der Kläger eine Abschrift des Zuwendungsbescheides an die Evangelische Kirchengemeinde C. weiter und kündigte die Auszahlung eines ersten, durch den Beklagten zur Verfügung gestellten Teilbetrages von 10.000 Euro sowie die Erteilung eines Bewilligungsbescheides an. Wörtlich hieß es in diesem Schreiben: „als Anlage übersende ich Ihnen den Zuwendungsbescheid der Bezirksregierung Köln mit der Bitte um Kenntnisnahme und Beachtung. Hiernach ist ein Betrag von 10.000,00 Euro als erster Teilbetrag angekündigt. Sobald dieser Betrag bei mir eingegangen ist, werde ich ihn an Sie weiterleiten. […] Außerdem teile ich Ihnen mit, dass der Jugendhilfeausschuss des Rheinisch-Bergischen Kreises in seiner Sitzung vom 15.09.2008 einen Betrag von bis 20.600 Euro für die Umbau- und Instandhaltungsarbeiten der Kindertagesstätte T. zur Verfügung gestellt hat. Ich werde Ihnen den Betrag überweisen, sobald Sie die Mittel benötigen, und Ihnen dann auch den Bewilligungsbescheid zuschicken.“ Ein Bewilligungsbescheid erging dann jedoch zunächst nicht. Stattdessen zahlte der Kläger weitere durch den Beklagten zur Verfügung gestellte Fördergelder an die Evangelische Kirchengemeinde C. aus.
7Aufgrund einer Anfrage des Klägers aus dem August 2009 erhielt die Bezirksregierung Köln Kenntnis davon, dass der Kläger aufgrund eines Zuwendungsbescheides des Landschaftsverbands Rheinland vom 4. Juni 2009 weitere Fördergelder für Baumaßnahmen in der Kindertagesstätte „T. “ zur Schaffung sogenannter U3-Plätze erhalten hatte. Nach Durchführung eines Ortstermins im Dezember 2009 ging die Bezirksregierung davon aus, dass sich die geförderten Baumaßnahmen teilweise überschnitten und erließ zur Vermeidung einer Doppelförderung unter dem 18. März 2010 einen Änderungs- und Rückforderungsbescheid, mit dem sie die Zuwendung unter Neuberechnung der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben auf 107.000,00 Euro festsetzte und von dem Beklagten einen bislang überzahlten Betrag von 11.000,00 Euro zurückforderte. Auf eine hiergegen durch den Kläger vor dem Verwaltungsgericht erhobene Klage – 16 K 2344/10 – und in Folge einer außergerichtlichen Einigung der Beteiligten hob der Beklagte den angefochtenen Änderungs- und Rückforderungsbescheid wieder auf, setzte die Zuwendung mit Änderungs- und Rückforderungsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 29. Juni 2011 nunmehr auf 116.634,24 Euro fest und reduzierte den Rückforderungsbetrag auf 1.365,75 Euro.
8Am 16. Dezember 2010 übermittelte der Kläger den Verwendungsnachweis. Nach dessen abschließender Prüfung, die auch eine Einsichtnahme in die Originalbelege beinhaltete, und Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 8. August 2011 teilte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid der Bezirksregierung Köln vom 8. Mai 2012, dem Kläger am 10. Mai 2012 zugegangen, mit, dass der Zuwendungsbescheid vom 4. Dezember 2008 in der Fassung der Bescheide vom 18. März 2010 und 29. Juni 2011 nach Maßgabe von § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW i.V.m. § 43 Abs. 2 VwVfG NRW in Folge des Eintritts einer auflösenden Bedingung in Höhe von 12.219,23 Euro unwirksam geworden sei. Die Gesamtzuwendung werde daher auf 104.415,02 Euro festgesetzt. Ein überzahlter Betrag von 12.219,23 Euro werde auf der Grundlage von § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW zurückgefordert. Zur Begründung führte der Beklagte unter näherer Darlegung im Einzelnen an, dass sich nach Prüfung des Verwendungsnachweises die zuwendungsfähigen Ausgaben nach Nr. 2.1 ANBest-G ermäßigt hätten. Teils seien geltend gemachte Ausgaben wegen fehlender Stundenlohnnachweise bzw. einer fehlenden Originalrechnung nicht anrechenbar, teils seien die angeführten Arbeiten nicht der Fördermaßnahme zuzuordnen.
9Am 6. Juni 2012 hat der Kläger Klage erhoben.
10Zu deren Begründung führt der Kläger an, dass die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Rückforderungsentscheidung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig sei, weil sich der Beklagte in einer Konstellation wie der vorliegenden jedenfalls mit der Frage hätte auseinandersetzen müssen, ob die Rückforderung nicht unmittelbar gegenüber der Evangelischen Kirchengemeinde C. als Letztempfängerin der Fördermittel hätte erfolgen müssen. Hierzu verweist der Kläger insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur sogenannten „gestreckten Zuwendung“. Der Kläger habe die Fördermittel lediglich an die Evangelische Kirchengemeinde C. weitergeleitet, die für alle Beteiligten von Anfang an erkennbar Letztempfängerin der Zuwendung habe sein sollen. Die Rückforderungsentscheidung leide insoweit an einem Ermessensausfall.
11Der Kläger beantragt,
12den Bescheid des Beklagten vom 8. Mai 2012 aufzuheben.
13Der Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Der Beklagte tritt der Rechtsauffassung des Klägers entgegen. Die angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur gestreckten Zuwendung sei schon deshalb nicht einschlägig, weil dem Beklagten im Rahmen von § 49a Abs. 1 VwVfG NRW kein Ermessen zustünde. Außerdem habe der Kläger die Fördermittel auch nicht ohne eigenes wirtschaftliches Risiko eins zu eins an die Evangelische Kirchengemeinde C. weitergeleitet, sondern nach den Bestimmungen der Förderrichtlinie einen Eigenanteil in Höhe von 10 v.H. der zuwendungsfähigen Ausgaben zu erbringen.
16Nach Erhebung der Klage bewilligte der Kläger der Evangelischen Kirchengemeinde C. mit Bescheid vom 1. Oktober 2012 erstmals eine – bereits die endgültige Höhe der durch den Beklagten bewilligten Fördermittel berücksichtigende – Zuwendung in Höhe von 104.415,02 Euro und forderte bislang ohne Rechtsgrund ausgezahlte Landesmittel in Höhe von 13.584,98 Euro zurück. Die hiergegen vor dem Verwaltungsgericht erhobene Klage der Evangelischen Kirchengemeinde C. ist Gegenstand des Verfahrens 16 K 6232/12.
17Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beteiligten einschließlich des durch den Kläger im Verfahren 16 K 6232/12 nachgereichten Vorgangs Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
18Entscheidungsgründe
19Die Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter als Einzelrichter, weil die Kammer ihm den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- zur Entscheidung übertragen hat.
20Die Klage, mit der sich der Kläger bei verständiger Würdigung seines Klageantrags sowie seines sonstigen Klagevorbringens nach Maßgabe von § 88 VwGO gegen die mit dem angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 8. Mai 2012 getroffene Rückforderungsentscheidung richtet, ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 8. Mai 2012 ist im angefochtenen Umfang rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21Ermächtigungsgrundlage für den Rückforderungsbescheid ist § 49a Abs. 1 VwVfG NRW. Hiernach sind, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Denn der Zuwendungsbescheid des Beklagten vom 4. Dezember 2008 in der Fassung der Bescheide vom 18. März 2010 und 29. Juni 2011 ist in Folge des Eintritts einer auflösenden Bedingung mit Wirkung für die Vergangenheit in dem durch den angefochtenen Bescheid festgestellten und als Rückforderungsbetrag geltend gemachten Umfang von 12.219,23 Euro unwirksam geworden.
22Eine auflösende Bedingung im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW ist hier in der zum Bescheidinhalt gemachten Regelung in Nr. 2.1 ANBest-G in Verbindung mit der durch den Zuwendungsbescheid unter Ziffer 3 getroffenen Entscheidung zur Anteilsfinanzierung zu sehen. Nach Maßgabe von Nr. 2.1 ANBest-G ermäßigt sich die Zuwendung anteilig mit etwaigen Zuwendungen anderer Zuwendungsgeber und den vorgesehenen eigenen und sonstigen Mitteln des Zuwendungsempfängers, wenn sich nach der Bewilligung die in dem Finanzierungsplan veranschlagten Gesamtausgaben für den Zuwendungszweck ermäßigen. Darin liegt wegen des vorgesehenen Automatismus eine auflösende Bedingung. Mit der Bewilligung der Zuwendung in der Form der Anteilsfinanzierung in Höhe von 2/3 der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben wird durch den Zuwendungsbescheid zudem noch kein bestimmter Betrag als endgültige Höhe der bewilligten Zuwendung festgelegt. Vielmehr ergibt sich die endgültige Höhe der bewilligten Zuwendung erst aus dem Betrag der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben, die durch den Zuwendungsgeber zunächst unter Prüfung des Verwendungsnachweises festgestellt werden müssen. Damit wird der Aspekt der Zuwendungsfähigkeit der Ausgaben in die auflösende Bedingung einbezogen. Der im Zuwendungsbescheid ausgewiesene Bewilligungsbetrag von zuletzt 116.634,24 Euro ermäßigt sich mithin – automatisch – auf 2/3 des Betrages, der sich bei der abschließenden Prüfung des Verwendungsnachweises als derjenige der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben erweist;
23vgl. auch Urteil der Kammer vom 2. Dezember 2010 – 16 K 185/08 – und Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen -OVG NRW-, Beschluss vom 5. Juli 2012 – 4 A 326/11 – sowie Urteile der Kammer vom 14. März 2013 – 16 K 1112/16 – und 13. Juni 2013 – 16 K 1261/11 –, jeweils zitiert nach juris; vgl. allgemein zur Qualifizierung der entsprechenden Bestimmung in Nr. 2.1 ANBestP als auflösende Bedingung in ständiger Rechtsprechung OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2012 – 4 A 326/11 –, vom 21. April 2004 – 4 A 1951/03 – und vom 28. Januar 2002 – 4 A 4927/99 –, ebenso zur entsprechenden nordrhein-westfälischen Regelung Beschluss vom 15. Mai 2003 – 4 A 992/02 –, jeweils zitiert nach juris.
24Zuwendungsfähig sind dabei diejenigen Ausgaben, die der Kläger in dem durch den Zuwendungsbescheid definierten Bewilligungszeitraum zweckentsprechend, d.h. gemäß dem durch den Zuwendungsbescheid für verbindlich erklärten Finanzierungsplan sowie den weiteren Vorgaben für die Mittelverwendung getätigt und im Rahmen des Verwendungsnachweises nachgewiesen hat. Für Inhalt und Umfang des Verwendungsnachweises genügt es hierbei nicht, dass der Kläger irgendwelche Angaben macht oder Unterlagen vorlegt. Er hat den Verwendungsnachweis vielmehr in der Form zu erbringen, die ihm durch die Bestimmungen des Zuwendungsbescheides über die Führung des Verwendungsnachweises vorgegeben sind;
25vgl. Urteile der Kammer vom 14. März 2013 – 16 K 1112/16 – und 13. Juni 2013 – 16 K 1261/11 – unter Hinweis auf Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18. August 2009 – 1 D 65/09 –, jeweils zitiert nach juris.
26Hiernach hatte der Kläger die zweckentsprechende Verwendung der Mittel durch die Evangelische Kirchengemeinde C. nach Nr. 7 ANBest-G grundsätzlich in der Form eines vereinfachten Verwendungsnachweises nachzuweisen, gemäß Nr. 8 ANBest-G auf Anforderung des Beklagten aber auch Belege und sonstige Geschäftsunterlagen zum Zweck einer vertieften Prüfung vorzulegen bzw. eine Vorortprüfung zu ermöglichen. Da der Kläger nach Ziffer 8.1 der durch Ziffer 7 der Nebenbestimmungen in den Zuwendungsbescheid einbezogenen Förderrichtlinie im Falle der Weiterleitung der Fördermittel an einen Dritten zudem dafür Sorgen zu tragen hatte, dass der Dritte seinerseits einen Verwendungsnachweis in qualifizierter Form erbringt und im Verhältnis zum Dritten die Regelungen der ANBest-P Anwendung finden, erstreckt sich das aus Nr. 8 ANBest-G ergebende Prüfungsrecht des Beklagten dem Kläger gegenüber jedenfalls auf solche Unterlagen, die dieser seinerseits gegenüber Evangelischen Kirchengemeinde C. auf der Grundlage eines qualifizierten Verwendungsnachweises und der ANBest-P im Übrigen zu fordern berechtigt ist.
27Daran gemessen hat der Kläger für die im angefochtenen Bescheid im Einzelnen aufgeführten Ausgabenpositionen im Verwendungsnachweisverfahren keinen hinreichenden Nachweis erbracht. Dies gilt namentlich für die zum Nachweis von Stundenlohnarbeiten gemäß Nr. 3.1.1 ANBest-P i.V.m. § 15 Abs. 4 Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teil B -VOB/B- in der hier maßgeblichen Fassung vom 4. September 2006 erforderlichen Stundenlohnrechnungen, für die jedenfalls nicht hinreichend aussagekräftige Rechnung der Firma Gerlach für Wärmedämmarbeiten sowie für die weiteren in keinem nachgewiesenen Zusammenhang mit den geförderten Baumaßnahmen stehenden Arbeiten an einem Regenrohr, an den Kalt- und Warmwasserleitungen sowie der Außenzapfstelle. Den Beanstandungen des Beklagten ist der Kläger mit seinem Vortrag im gerichtlichen Verfahren nicht entgegen getreten. Eine Nachholung oder Ergänzung des Verwendungsnachweises im gerichtlichen Verfahren ist zudem nach anerkannter obergerichtlicher Rechtsprechung ausgeschlossen. Sie würde dazu führen, dass die dem Zuwendungsgeber zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf längere Zeit blockiert wären und anderen förderungswürdigen Projekten fehlen würden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ist daher nach materiellem Recht der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung;
28vgl. Urteile der Kammer vom 14. März 2013 – 16 K 1112/16 – und 13. Juni 2013 – 16 K 1261/11 – unter Hinweis auf Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18. August 2009 – 1 D 65/09 –, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern – 2 L 137/01 –, NordÖR 2002, 382; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Februar 1987 – 5 S 2954/86 –, NVwZ 1987, 520-521; Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 16. November 2005 – 3 K 779/04 –, juris.
29Der angefochtene Rückforderungsbescheid erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil der Beklagte den Rückforderungsbescheid unmittelbar gegenüber der Evangelischen Kirchengemeinde C. als Letztempfängerin der Zuwendung hätte erlassen oder sich jedenfalls im Rahmen einer ihm obliegenden Ermessensentscheidung mit einer vorrangigen Inanspruchnahme der Evangelischen Kirchengemeinde C. hätte auseinandersetzen müssen. Denn der Beklagte hat den sich aus dem Eintritt der auflösenden Bedingung ergebenden Rückforderungsanspruch aus § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW hier allein innerhalb des Zuwendungsverhältnisses gegenüber dem Kläger erlassen dürfen. Insofern hat dem Kläger bei der ohnehin gebundenen Entscheidung zur Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs auch kein Auswahlermessen hinsichtlich der Inanspruchnahme des Schuldners zugestanden.
30In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist anerkannt, dass eine Rücknahme oder ein Widerruf eines Zuwendungsbescheides grundsätzlich nur innerhalb des Zuwendungsverhältnisses erfolgen können. Denn eine Rücknahme oder ein Widerruf sind actus contrarius zum zurückzunehmenden bzw. zu widerrufenden Zuwendungsbescheid. Sie zielen auf die Beseitigung des durch den Zuwendungsbescheid begründeten Rechtsverhältnisses. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sie sich an denjenigen richten, dem gegenüber das Rechtsverhältnis begründet worden ist. Eine Rücknahme oder ein Widerruf eines Zuwendungsbescheides haben demnach gegenüber dem Adressaten des Zuwendungsbescheides zu erfolgen;
31vgl. etwa Bundesverwaltungsgericht -BVerwG-, Beschluss vom 29. September 1987 – 7 B 161/87 –, NVwZ 1988, 151; Urteil vom 26. August 1999 – 3 C 17/98 –, NVwZ-RR 2000, 196 ff.; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Dezember 2006 – OVG 8 B 14.6 –, juris, m.w.N.; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Auflage 2010, § 48 Rn. 32.
32Entsprechendes gilt für die Rückforderung überzahlter Leistungen durch einen Rückforderungsbescheid nach Maßgabe von § 49a Abs. 1 VwVfG NRW. Die Regelung knüpft tatbestandlich an die Unwirksamkeit eines Verwaltungsakts durch eine Rücknahme oder einen Widerruf oder in Folge des Eintritts einer auflösenden Bedingung an. Die Rückforderung durch Verwaltungsakt findet ihre Berechtigung in der Bewilligung bzw. Gewährung der Leistung durch Verwaltungsakt. Der Rückforderungsbescheid kann sich daher nicht ohne weiteres gegen denjenigen richten, der sich im Zeitpunkt des Erlasses gerade im Besitz der Leistung befindet. Er hat vielmehr grundsätzlich gegenüber dem Adressaten des aufgehobenen bzw. auf sonstige Weise unwirksam gewordenen Verwaltungsakts zu ergehen;
33vgl. Oberverwaltungsgericht Brandenburg, Beschluss vom 12. August 1998 – 4 B 31/98 –, NJW 1998, 3513 ff; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Auflage 2010, § 49a Rn. 10 m.w.N.
34Anderes folgt unter den vorliegenden Umständen auch nicht aus den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannten und durch den Kläger angeführten Grundsätzen zu den Fällen einer sogenannten „gestreckten Zuwendung“. Hiernach kann eine Rücknahme oder ein Widerruf bzw. – wie hier – ein Rückforderungsbescheid ausnahmsweise über den unmittelbaren Adressaten des Zuwendungsbescheides hinaus auch gegenüber dem durch die Leistung begünstigten Dritten ergehen. Diese Ausnahme ist maßgeblich damit begründet worden, dass insbesondere das sich aus einer Regelung wie § 48 Abs. 2 VwVfG NRW ergebende Recht der Behörde zur Rücknahme eines Bescheides in vielfacher Hinsicht von den Verhältnissen des Begünstigten abhängig sei und dann nicht praktikabel wäre, wenn der Adressat des Bescheides die Leistung lediglich an den eigentlich begünstigten Dritten weiterleitet. Für die Annahme einer solchen gestreckten Zuwendung ist jedoch nach den durch das Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätzen die bloße Weiterleitung der bewilligten Zuwendung an einen Dritten allein nicht ausreichend. Erforderlich ist zudem, dass der Dritte nach den Regelungen des Zuwendungsbescheides als Empfänger der Zuwendung festgelegt und in das durch den Zuwendungsbescheid begründete Rechtsverhältnis einbezogen wird. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Adressat des Zuwendungsbescheides durch den Zuwendungsbescheid verpflichtet wird, die Fördermittel an einen Dritten weiterzugeben und wenn die Gewährung von vornherein davon abhängig gemacht wird, dass der Dritte sich den Bedingungen des Zuwendungsbescheides unterwirft;
35so BVerwG, Urteil vom 26. August 1999 – 3 C 17/98 –, NVwZ-RR 2000, 196 ff.; vgl. auch Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Dezember 2006 – OVG 8 B 14.6 –, juris; Urteile der Kammer vom 5. November 2009 – 16 K 714/05 – und vom 2. September 2010 – 16 K 2727/09 –.
36Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Zwar folgt aus der durch den Zuwendungsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 4. Dezember 2008 in Verbindung mit dem zugrundeliegenden Förderantrag des Klägers vom 28. August 2008 getroffenen Zweckbestimmung, dass die mit dem Zuwendungsbescheid bewilligten Fördermittel für eine energetische Erneuerung und bauliche Neugestaltung des Eingangsbereichs der Johanniter-Kindertagesstätte „T. “ bestimmt sind, deren Eigentümerin die Evangelische Kirchengemeinde C. ist. Indes fehlt es jedenfalls an einer Regelung, nach der die Evangelische Kirchengemeinde C. auch in das durch den Zuwendungsbescheid begründete Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger unmittelbar einbezogen wird und sich insbesondere für den Fall einer Weiterleitung der Fördermittel den Bestimmungen des Zuwendungsbescheides unterwirft. Vielmehr liegt dem Zuwendungsbescheid die Vorstellung zugrunde, dass im Fall einer Weiterleitung der Fördermittel ein zweites und durch teils abweichende Regelungen gekennzeichnetes Zuwendungsverhältnisses zwischen dem Kläger als Adressat des Zuwendungsbescheides und der Evangelische Kirchengemeinde C. als Letztempfängerin begründet wird. Dies ergibt sich in erster Linie aus Ziffer 8.1 der über Ziffer 7 der Nebenbestimmungen in den Zuwendungsbescheid einbezogenen Förderrichtlinie, nach der im Fall einer Weiterleitung der Fördermittel an Dritte ein (weiterer) Zuwendungsbescheid ergehen soll. Für die Mittelverwendung sollen dabei im Verhältnis zwischen dem Beklagten und dem Zuwendungsempfänger die ANBest-G, im Verhältnis zwischen dem Zuwendungsempfänger und dem Dritten hingegen die ANBest-P Geltung beanspruchen. Weiterhin soll der Dritte dem Zuwendungsempfänger zur Erbringung eines qualifizierten Verwendungsnachweises, der Zuwendungsempfänger gegenüber dem Beklagten hingegen zur Erbringung eines vereinfachten Verwendungsnachweises verpflichtet sein. Für die Verwendungsnachweisprüfung ist der Beklagte, im Verhältnis zwischen dem Zuwendungsempfänger und dem Dritten jedoch der Zuwendungsempfänger selbst zuständig. Hiermit gehen nach Maßgabe von Nr. 9 ANBest-G bzw. Nr. 8 ANBest-P zugleich unabhängige und allein innerhalb des jeweiligen Zuwendungsverhältnisses geltende Erstattungspflichten einher. Diesem rechtlichen Rahmen entsprechend hat sich die Evangelische Kirchengemeinde C. zudem weder durch entsprechende Erklärungen im Förderantrag des Klägers, noch im Zusammenhang mit der Entgegennahme der Fördermittel dem Regelungsregime des Zuwendungsbescheides der Bezirksregierung Köln unterworfen. Eine solche verbindliche Unterwerfung wird auch weder durch die rein informatorische Übersendung des Zuwendungsbescheides „mit der Bitte um Kenntnisnahme und Beachtung“ durch das Schreiben des Klägers vom 21. Januar 2009 ersetzt, noch kann vor dem Hintergrund dieses Schreibens in der Entgegennahme der Fördermittel eine jedenfalls konkludente Unterwerfungserklärung der Evangelische Kirchengemeinde C. erblickt werden. Dies gilt hier schon deshalb, weil der Kläger mit demselben Schreiben den Erlass eines eigenen Zuwendungsbescheides angekündigt hat und die Evangelische Kirchengemeinde C. damit bei verständiger Würdigung des Schreibens davon ausgehen konnte, dass die ihr gegenüber maßgeblichen Bestimmungen für die Mittelverwendung einer Regelung durch den noch ausstehenden Zuwendungsbescheid des Klägers vorbehalten bleiben. Nach alledem ist die Evangelische Kirchengemeinde C. nicht unmittelbar in das durch den Zuwendungsbescheid der Bezirksregierung Köln begründete Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten einbezogen und den sich aus dem Zuwendungsbescheid ergebenden Rechten und Verpflichten unterworfen worden.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
38Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung -ZPO-.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
Tatbestand
- 1
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Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme von 144 Bescheiden, mit denen ihm im Zeitraum von Oktober 2003 bis August 2008 Beihilfeleistungen gewährt worden waren.
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Er stand seit dem Jahr 1999 als Justizwachtmeister im Dienst des Beklagten. Mit Ablauf des Monats Juni 2010 wurde er in den Ruhestand versetzt.
- 3
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Im August 2008 fiel bei der Beihilfestelle des Landesverwaltungsamts B. auf, dass einem Beihilfeantrag des Klägers eine gefälschte Zahnarztrechnung zugrunde lag. Daraufhin eingeleitete Ermittlungen ergaben, dass die Ehefrau des Klägers seit Juni 2002 in zahlreichen Fällen mit dem Namenszug des Klägers unterzeichnete Beihilfeanträge unter Beifügung von gefälschten Zahnarztrechnungen eingereicht hatte. Diese Anträge waren von der in der Beihilfestelle tätigen Sachbearbeiterin S., einer Tante des Klägers, entweder bewilligt oder in den Geschäftsgang gegeben worden. Nach den Angaben der Ehefrau des Klägers wurden die Beihilfebescheide in vorfrankierten Rückumschlägen, die sie mit den Beihilfeanträgen eingereicht hatte, an sie persönlich übersandt. Bescheide, die auf gefälschten Zahnarztrechnungen beruhten, vernichtete sie sofort. Die Beihilfeleistungen wurden jeweils auf ihr in den Anträgen bezeichnetes Konto gezahlt, hinsichtlich dessen sie allein verfügungsbefugt war. Die Mittel wurden von den beiden Frauen unter sich aufgeteilt.
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Die Ehefrau des Klägers und die S. wurden wegen Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie wegen Bestechung beziehungsweise wegen Untreue, Bestechlichkeit sowie wegen Vereitelung der Zwangsvollstreckung rechtskräftig zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Ein gegen den Kläger eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Die mit dem Ziel der Aberkennung des Ruhegehalts gegen den Kläger erhobene Disziplinarklage wurde rechtskräftig abgewiesen. Die Ehefrau des Klägers und S. wurden als Gesamtschuldnerinnen rechtskräftig zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 555 287,95 € verurteilt. Eine gegen den Kläger erhobene Schadensersatzklage nahm der Beklagte zurück.
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Das Landesverwaltungsamt B. hatte zunächst mit Bescheid vom 19. Juni 2009 sämtliche Beihilfebescheide, "die bis zum 17.07.2009 erlassen worden sind", "in Gänze" zurückgenommen und mit Bescheid vom 25. Mai 2010 einen Betrag in Höhe von 555 287,95 € von dem Kläger zurückgefordert. Beide Bescheide sowie die in der Folge ergangenen Widerspruchsbescheide hob der Beklagte unter dem 2. Februar 2011 mit der Begründung auf, in dem Rücknahmebescheid seien aufgrund eines Systemfehlers anstelle der Bescheiddaten die Daten der Zahlbarmachung der jeweiligen Beihilfe aufgeführt worden. Mit dem im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheid vom 4. Februar 2011 nahm das Landesverwaltungsamt Berlin 144 im Einzelnen aufgeführte Beihilfebescheide aus dem Zeitraum vom 6. Oktober 2003 bis zum 25. August 2008 zurück, soweit die darin bewilligten Beihilfeleistungen auf gefälschten Zahnarztrechnungen beruhten. Ebenso wie der Widerspruch des Klägers sind auch dessen Klage und Berufung erfolglos geblieben. Zur Begründung der Zurückweisung der Berufung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, der Rücknahmebescheid sei zu Recht auf § 48 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG BE gestützt worden. Die 144 Verwaltungsakte seien mit ihrer Bekanntgabe dem Kläger gegenüber wirksam geworden. Sie seien in dem Umfang ihrer Rücknahme auch rechtswidrig, da sie auf gefälschten Zahnarztrechnungen beruhten. Auf ein etwaiges Vertrauen auf den Bestand der Beihilfebescheide könne sich der Kläger nicht berufen, da diese im Umfang der Rücknahme zum Teil durch Bestechung, zum Teil durch arglistige Täuschung erwirkt worden seien. Der Kläger müsse sich insoweit das Verhalten seiner Vertreterin zurechnen lassen. Die partielle Rücknahme der Bescheide sei nicht verfristet, da die Jahresfrist infolge der Bestechungs- und Täuschungshandlungen nicht gelte. Der angefochtene Rücknahmebescheid sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Der Verwaltungsakt werde in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Besondere Gründe, die ein Absehen von der Rücknahme oder eine Rücknahme nur mit Wirkung für die Zukunft rechtfertigten, seien hier nicht ersichtlich, da dem Kläger eine Nachlässigkeit besonderen Ausmaßes im Umgang mit seinen Beihilfeangelegenheiten anzulasten sei. Etwaige besondere Härten in der Rückabwicklung seien im Rahmen nicht der Ausübung des Rücknahmeermessens, sondern der im Rückforderungsverfahren zu treffenden Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen.
- 6
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die rechtsfehlerhafte Anwendung des § 48 VwVfG, die rechtsstaatswidrige Anwendung haftungsrechtlicher Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches für die Zurechnung deliktischen Verhaltens und die rechtsfehlerhafte Anwendung der §§ 164 ff. BGB. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG sei bei Erlass des angefochtenen Rücknahmebescheids bereits verstrichen gewesen. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG seien nicht erfüllt, da in seiner Person ein Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG nicht vorliege. Ihm sei auch nicht das Verhalten seiner Ehefrau zuzurechnen. Diese habe die Beihilfebescheide nicht durch Bestechung erwirkt, da es insoweit an der Kausalität zwischen den Bestechungshandlungen und dem Erlass der Bescheide fehle. Jedenfalls seien die Bestechungshandlungen ihm nicht zuzurechnen. Insbesondere sei ihm das deliktische Handeln seiner Ehefrau und der S. auch nicht nach Maßgabe der zivilrechtlichen Vorschriften über die Stellvertretung zuzurechnen, da seine Ehefrau nicht in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht tätig geworden sei. Jedenfalls sei im Falle eines kollusiven Zusammenwirkens der Vertreterin und der Empfängerin der Willenserklärungen zum Nachteil des Vertretenen diesem das Verhalten seiner Vertreterin nicht zuzurechnen. Zudem stamme die in den Betrugshandlungen realisierte Gefahr der Schadensverursachung ganz überwiegend aus der Sphäre des Beklagten, der jegliche Kontrolle seiner Beschäftigten unterlassen habe. Sein Vertrauen auf den Bestand der Beihilfebescheide sei schutzwürdig gewesen. Er habe die Rechtswidrigkeit der Beihilfebescheide nicht kennen müssen. Dessen ungeachtet unterfalle ein solches Kennenmüssen nur dem Tatbestand des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG, der die Rücknahmefrist nicht ausschließe. Diese sei hier überschritten gewesen.
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Der Beklagte verteidigt das Urteil des Oberverwaltungsgerichts.
Entscheidungsgründe
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Die Revision hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht mit Bundesrecht im Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass der Rücknahmebescheid vom 4. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. April 2011 rechtmäßig ist.
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Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme der Beihilfebescheide ist § 48 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2827), das nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung vom 8. Dezember 1976 (GVBl. S. 2735, 2898), zuletzt geändert durch Art. I § 14 des Gesetzes vom 19. Juni 2006 (GVBl. S. 573), für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden Berlins gilt.
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1. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Das Oberverwaltungsgericht hat mit Recht angenommen, dass es sich bei den 144 Beihilfebescheiden, die der Beklagte hinsichtlich des auf gefälschten Zahnarztrechnungen beruhenden Erstattungsbetrages zurückgenommen hat, um Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG handelt (a), die dem Kläger gegenüber wirksam geworden sind (b).
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a) Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht mehr streitig, dass die betreffenden Beihilfebescheide Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG, mithin hoheitliche Maßnahmen sind, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sind. Maßgebend für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes ist entsprechend § 133 BGB der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Gemessen daran ist nicht zweifelhaft, dass die hier in Rede stehenden Schreiben die Merkmale des § 35 Satz 1 VwVfG erfüllen. Ihr Verwaltungsaktcharakter ist auch nicht mit Blick darauf zu verneinen, dass eine Maßnahme "einer Behörde" nur vorliegt, wenn die als Verwaltungsakt abgegebene Erklärung einer Behörde rechtlich zugerechnet werden kann. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die jeweilige Äußerung von einer Person stammt, die zum Handeln für und im Namen der Behörde berechtigt ist. Die zurückgenommenen Bescheide wurden sämtlich von Bediensteten des Landesverwaltungsamts erlassen, die zum Erlass von Verwaltungsakten berechtigt waren. Für die Zurechnung kommt es auf den Inhalt der Erklärung nicht an. Mithin ist ohne Bedeutung, ob für die Maßnahme eine gesetzliche Grundlage besteht und sie deren Grenzen wahrt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 - BVerwGE 140, 245 Rn. 11; vgl. auch Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 54). Deshalb kann eine Zurechnung der zurückgenommenen Bescheide nicht unter Hinweis darauf verneint werden, dass sie rechtswidrig seien. Dies gilt auch für die von S. erlassenen Bescheide. Da die Bescheide einer Behörde zuzurechnen sind und auch im Übrigen die Voraussetzungen des § 35 Satz 1 VwVfG erfüllt sind, stellt sich nicht die Frage, ob es sich bei ihnen um sogenannte Nichtakte (Scheinverwaltungsakte) handelt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 - BVerwGE 140, 245 Rn. 9).
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b) Das Oberverwaltungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass die Beihilfebescheide mit ihrer Bekanntgabe an die Ehefrau des Klägers diesem gegenüber wirksam geworden sind. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwVfG wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist, in dem Zeitpunkt wirksam, in den er ihm bekannt gegeben wird. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt unter anderem demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist.
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aa) Der Kläger war Beteiligter der Verwaltungsverfahren, in denen die zurückgenommenen Bescheide erlassen wurden.
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Beteiligter im Sinne des hier einschlägigen § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist unter anderem der Antragsteller. Zwar hatte ausweislich der bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht der Kläger selbst, sondern unter seinem Namen seine Ehefrau die Bewilligung der betreffenden Beihilfeleistungen beantragt. Der Kläger ist aber nach den insoweit jedenfalls von ihrem Rechtsgedanken her anwendbaren (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1994 - 8 C 2.92 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 68 S. 6) zivilrechtlichen Grundsätzen über das Handeln unter fremdem Namen gleichwohl Antragsteller im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG.
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Wird bei der Nutzung eines fremden Namens bei dem Geschäftspartner der Anschein erweckt, es solle mit dem Namensträger ein Geschäft abgeschlossen werden, und wird dabei eine falsche Vorstellung über die Identität des Handelnden hervorgerufen, so finden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Regeln über die Stellvertretung und die zu den §§ 164 ff. BGB entwickelten Grundsätze auch dann entsprechend Anwendung, wenn dem Handelnden ein Vertretungswille fehlte. Eine rechtsgeschäftliche Erklärung, die unter solchen Voraussetzungen unter dem Namen eines anderen abgegeben worden ist, verpflichtet danach den Namensträger regelmäßig nur dann, wenn sie in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 289/09 - BGHZ 189, 346 <351> m.w.N.). Gemessen daran hat sich der Kläger das Verhalten seiner Ehefrau zurechnen zu lassen.
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Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat diese die ihren Ehemann als Antragsteller ausweisenden Beihilfeanträge mit dessen Namenszug unterzeichnet. Damit hat sie die Beihilfestelle nicht lediglich über den Namen des Antragstellers, sondern über dessen Identität getäuscht. Den so hervorgerufenen Irrtum hielt sie auch im Folgenden aufrecht. Vom Empfängerhorizont eines unbeteiligten Organwalters im Dienste des Beklagten rührten die Anträge von deren vermeintlichem Unterzeichner, dem Kläger, her. Aber auch nach der Vorstellung der insoweit bösgläubigen S. sollten die Anträge für den Kläger als Beihilfeberechtigten gestellt werden.
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Dieser ließ sich in Beihilfeangelegenheiten auch durch seine Ehefrau vertreten. Nach den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hatte der Kläger seine Ehefrau über eine Bevollmächtigung gemäß § 14 Abs. 1 VwVfG zur Vornahme von Verfahrenshandlungen im Verwaltungsverfahren hinaus konkludent zur umfassenden Wahrnehmung seiner Beihilfeangelegenheiten ermächtigt, indem er dieser von der Zahlung der Arztrechnungen über die Ausfüllung und Einreichung der Beihilfeanträge bis zur Zahlung der Beihilfen auf ihr Konto alle damit zusammenhängenden Aufgaben überließ, ohne sich in irgendeiner Weise darum zu kümmern. Die Ehefrau des Klägers hatte damit zumindest eine ähnliche Stellung wie eine Vertreterin im Sinne der §§ 164 ff. BGB.
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Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 278 BGB. Entgegen der Auffassung der Revision kommt eine danach gebotene Differenzierung zwischen einem Handeln "in Ausübung der Vertretungsmacht" und einem Handeln "bei Gelegenheit" schon wegen der unterschiedlichen Zurechnungsgegenstände von § 164 Abs. 1 BGB einerseits und § 278 BGB andererseits nicht in Betracht. Während § 164 Abs. 1 BGB die Zurechnung von Willenserklärungen des Vertreters zum Vertretenen regelt, hat § 278 BGB die Zurechnung des Verschuldens des Erfüllungsgehilfen zum Schuldner zum Gegenstand.
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Die Zurechnung des Handelns der Ehefrau ist auch nicht wegen Missbrauchs der Vertretungsmacht ausgeschlossen. Das Risiko, dass der Vertreter die ihm eingeräumte Vertretungsmacht nach außen hin missbraucht, trägt in der Regel der Vertretene. Die pflichtwidrige Nichtbeachtung der im Innenverhältnis bestehenden Bindungen durch den Vertreter lässt dessen Vertretungsmacht im Außenverhältnis grundsätzlich unberührt. Dass der Kläger, wovon hier auszugehen ist, seine Ehefrau allein mit der Regelung seiner Beihilfeangelegenheiten, nicht hingegen auch mit der Einreichung und Abrechnung gefälschter Arztrechnungen betraut hatte, hindert somit eine Zurechnung grundsätzlich nicht, da diese Maßgabe allein das der Vollmachtserteilung zugrunde liegende Innenverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau betrifft.
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Etwas anderes gilt nach zivilrechtlichen Grundsätzen nur, wenn der Vertreter kollusiv mit dem "Gegenüber" zum Nachteil des Vertretenen zusammenwirkt oder von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch macht. Nach diesen Maßstäben unterliegt ein kollusives Zusammenwirken zwischen dem Vertreter und dem "Gegenüber" mit dem Ziel einer Schädigung des Vertretenen als Verstoß gegen die guten Sitten der Nichtigkeitsfolge des § 138 Abs. 1 BGB (BGH, Urteile vom 5. November 2003 - VIII ZR 218/01 - NJW-RR 2004, 247 <248> und vom 28. Januar 2014 - II ZR 371/12 - ZIP 2014, 615 <616>). Es kann dahinstehen, ob diese Rechtsfigur in dem hier maßgeblichen Zusammenhang überhaupt Anwendung findet. Die Voraussetzungen einer Kollusion im vorgenannten Sinne liegen schon deshalb nicht vor, weil das einverständliche Zusammenwirken zwischen der S. und der Ehefrau des Klägers nicht mit dem Ziel einer Schädigung des Klägers, sondern des Beklagten erfolgte. Die Anträge auf Bewilligung von Beihilfe waren auf den Erlass begünstigender Verwaltungsakte und damit nicht auf einen die Annahme einer Kollusion allein rechtfertigenden unmittelbaren Nachteil für den Kläger gerichtet.
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bb) Die Bescheide wurden dem Kläger gegenüber gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 VwVfG bekannt gegeben, indem sie seiner Ehefrau als Bevollmächtigter persönlich übersandt und von dieser in Empfang genommen wurden. Das Landesverwaltungsamt durfte die Ehefrau als Empfangsbevollmächtigte des Klägers im Sinne dieser Vorschriften ansehen. Indem diese die Beihilfeanträge unter dem Namen des Klägers stellte, hatte sie zwar ihre umfassende Stellvertretung in Beihilfeangelegenheiten gegenüber dem Beklagten nicht offengelegt. Den an die Ehefrau persönlich adressierten Rückumschlägen, die sie den Beihilfeanträgen beigefügt hatte, war aber zu entnehmen, dass sie Empfangsbevollmächtigter des Klägers sein sollte. Diese Vorgehensweise war dem Kläger aus den gleichen Gründen wie die Anträge auf Beihilfebewilligung zuzurechnen. Die Sachbearbeiter des Landesverwaltungsamts einschließlich der insoweit bösgläubigen S. handelten auch mit dem erforderlichen Bekanntgabewillen. Dieser war darauf gerichtet, der Ehefrau des Klägers als dessen Empfangsbevollmächtigter die Kenntnisnahme von den Bescheiden zu ermöglichen. Dass die Ehefrau des Klägers die Beihilfebescheide alsbald nach deren Zugang vernichtete, lässt die Bekanntgabe und damit die Wirksamkeit der Verwaltungsakte unberührt.
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2. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass die 144 Beihilfebescheide im Umfang ihrer Rücknahme im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 VwVfG rechtswidrig waren, da ihnen, soweit sie auf gefälschten Zahnarztrechnungen beruhten, keine beihilfefähigen Aufwendungen des Klägers zugrunde lagen.
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3. Im Einklang mit § 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Rücknahme der Beihilfebescheide ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers nicht entgegensteht. Als begünstigende Verwaltungsakte, die eine einmalige öffentlich-rechtliche Geldleistung, hier die Beihilfeleistung, gewähren und damit das Vermögen des Begünstigten unmittelbar vermehren, unterliegen die Beihilfebescheide gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG den sich aus § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG ergebenden Einschränkungen einer Rücknahme. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt unter anderem durch arglistige Täuschung oder Bestechung erwirkt hat.
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a) Die betreffenden Beihilfebescheide wurden durch arglistige Täuschung oder Bestechung erwirkt.
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Bestechung im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG liegt im Einklang mit § 334 Abs. 1 Satz 1 StGB unter anderem dann vor, wenn der Begünstigte einem Amtsträger einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür gewährt, dass jener eine Diensthandlung vorgenommen und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat. Eine arglistige Täuschung im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG ist gegeben, wenn der Täuschende weiß und will, dass die Behörde durch insbesondere die Vorspiegelung falscher Tatsachen zum Erlass eines Verwaltungsaktes veranlasst wird, den sie andernfalls nicht oder nicht mit diesem Inhalt erlassen hätte. Ein "Erwirken" im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass die Bestechung beziehungsweise arglistige Täuschung für den Erlass des rechtswidrigen Verwaltungsaktes zumindest objektiv mitursächlich war (BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 2004 - 4 B 74.04 - juris Rn. 8; vgl. ferner Urteile vom 20. Oktober 1987 - 9 C 255.86 - BVerwGE 78, 139 <142> und vom 28. Juni 2012 - 2 C 13.11 - BVerwGE 143, 230 Rn. 17 sowie Beschluss vom 18. August 1993 - 3 B 35.93 - juris Rn. 4). Nicht erforderlich ist, dass die sachbearbeitenden Mitarbeiter der Behörde die Rechtswidrigkeit des Bescheids erkannt haben (BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 2004 - 4 B 74.04 - juris Rn. 8). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
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Die Ehefrau des Klägers ist im Zusammenhang mit den Beihilfebescheiden Nr. 1 bis 142 wegen Bestechung rechtskräftig verurteilt worden. In verwaltungsgerichtlichen Verfahren besteht, soweit die Beteiligten nicht durch die Rechtskraft eines zwischen ihnen ergangenen Urteils gebunden sind, grundsätzlich keine rechtliche Bindung an die Tatsachenfeststellungen von Gerichten anderer Gerichtszweige (BVerwG, Beschluss vom 31. März 2004 - 7 B 11.04 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 29 S. 22), so auch der Strafgerichte. Allerdings geht von den strafgerichtlichen Feststellungen regelmäßig eine faktische Bindungswirkung dergestalt aus, dass Verwaltungsgerichte im Regelfall nicht gehalten sind, die strafrechtlich relevanten Tatsachen eigenständig festzustellen und zu würdigen, sofern sich dies ob der Besonderheiten des Einzelfalles nicht aufdrängt (BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 1986 - 3 B 11.86 - NJW 1987, 1501 <1502>). Letzteres ist hier nicht der Fall. Umstände, die die Richtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen und Würdigung in Frage stellten, sind weder vorgetragen noch anderweitig erkennbar. Hinsichtlich der Beihilfebescheide Nr. 143 und 144 liegt ausweislich der bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts eine arglistige Täuschung der mit der Sachbearbeitung betrauten unbeteiligten Beschäftigten der Beihilfestelle vor. Die betreffenden Bestechungs- und Täuschungshandlungen können nicht hinweggedacht werden, ohne dass die Beihilfebescheide nicht oder zumindest nicht mit diesem Inhalt erlassen worden wären.
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b) Die Berufung auf schutzwürdiges Vertrauen ist gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG auch dann ausgeschlossen, wenn nicht der Begünstigte, sondern - wie hier - sein Vertreter den Verwaltungsakt durch Bestechung oder arglistige Täuschung erwirkt hat.
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aa) § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfasst nicht nur den Fall, dass der Begünstigte selbst als Täter oder Teilnehmer gehandelt hat. Diesem sind auch die in der Norm bezeichneten Handlungen seines Vertreters zuzurechnen (BVerwG, Urteil vom 9. September 2003 - 1 C 6.03 - BVerwGE 119, 17 <24>; OVG Münster, Urteil vom 14. Juli 2004 - 10 A 4471/01 - NWVBl. 2005, 71 <74>; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 48 Rn. 114; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 151; Ziekow, VwVfG, 3. Aufl. 2013, § 48 Rn. 31), auch wenn er von diesen keine Kenntnis hatte.
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(1) Der Wortlaut der Norm deutet mit dem Personalpronomen "er" zwar darauf hin, dass der Verwaltungsakt durch den Adressaten des begünstigten Verwaltungsaktes selbst erwirkt worden sein muss. Die Formulierung schließt aber eine Zurechnung von Bestechungs- oder Täuschungshandlungen des Vertreters des Begünstigten nicht aus und ist insofern offen.
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(2) Für ein entsprechendes Normverständnis sprechen maßgeblich sowohl der Sinn und Zweck als auch die systematischen Bezüge der Vorschrift.
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§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG verhilft dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) zur Geltung, indem er die uneingeschränkte Rücknahme unter anderem von rechtswidrigen Verwaltungsakten, die eine Geldleistung gewähren, zulässt. Während solche Verwaltungsakte nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG nicht zurückgenommen werden dürfen, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und dieses Vertrauen schutzwürdig ist, vermag sich der Begünstigte nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG nicht auf Vertrauensschutz zu berufen, wenn er einen solchen Verwaltungsakt durch ein verwerfliches Verhalten im Sinne dieser Bestimmung erwirkt hat. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG steht in einem engen systematischen Zusammenhang mit § 123 Abs. 1 BGB. Nach § 123 Abs. 1 BGB kann eine Willenserklärung anfechten, wer zur Abgabe dieser Erklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist. Beide Bestimmungen verfolgen einen vergleichbaren Zweck. Sie dienen der "Beseitigung" von Willenserklärungen bzw. Verwaltungsakten, die auf verwerfliche Weise zustande gekommen sind. Auch sind ihre Voraussetzungen überwiegend identisch ("arglistige Täuschung", "Drohung"). Diese Parallelitäten rechtfertigen es, zu § 123 Abs. 1 BGB entwickelte Grundsätze jedenfalls nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken auf die Auslegung des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG insoweit zu übertragen, als öffentlich-rechtliche Besonderheiten nicht entgegenstehen. Deshalb ist bei der Auslegung des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG (auch) zu beachten, dass nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB auch möglich ist, wenn die Täuschung oder Drohung nicht von dem Anfechtungsgegner, sondern von seinem Vertreter ausgegangen ist (vgl. BGH, Urteile vom 17. Oktober 1980 - V ZR 30/79 - WM 1980, 1452 <1453> und vom 20. November 1995 - II ZR 209/94 - NJW 1996, 1051, jeweils m.w.N.), wobei es ohne Bedeutung ist, ob der Anfechtungsgegner von der die Anfechtung rechtfertigenden Handlung des Vertreters Kenntnis hatte oder diese billigte (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1978 - V ZR 210/74 - WM 1979, 235 <237>). Der dem zugrunde liegende Rechtsgedanke beansprucht auch für § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG mit der Folge Geltung, dass die von einem Vertreter des von dem Verwaltungsakt Begünstigten ausgehende arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung diesem zuzurechnen sind. Der Umstand, dass die Bestechung in § 123 Abs. 1 BGB nicht aufgeführt ist, steht der Zurechnung einer entsprechenden Handlung eines Vertreters im Anwendungsbereich des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG nicht entgegen.
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Weil die zu § 123 BGB entwickelten Grundsätze zur Zurechnung von Vertreterhandeln auf § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG zu übertragen sind, kann dem Kläger auch insoweit nicht gefolgt werden, als er annimmt, die Bestimmung setze ein strafbares Handeln des Begünstigten voraus.
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(3) Die historisch-genetische Auslegung widerstreitet dem vorstehenden Normverständnis nicht. Zwar weist der Regierungsentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes vordergründig in die gegenteilige Richtung, wenn in der Begründung ausgeführt wird, der mit § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG wortgleiche Entwurf des § 44 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG-E regle "abschließend nur den Fall, daß der Begünstigte die verwerfliche Handlung selbst begangen oder den Verwaltungsakt durch Anstiftung oder Beihilfe zu der verwerflichen Handlung erwirkt hat. Damit bleib[e] die Frage, ob bei einer Täuschung, Drohung oder Bestechung durch Dritte das Vertrauen des Begünstigten schutzwürdig [sei], der Entscheidung im Einzelfall überlassen" (BT-Drs. 7/910 S. 70). Es fehlen aber eine nähere Bestimmung, was unter einem "Dritten" zu verstehen ist, und eine Abgrenzung zum Begriff des Vertreters, so dass offenbleibt, ob der Begriff des "Dritten" eng oder weit zu verstehen ist.
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bb) Gemessen daran muss sich der Kläger das Verhalten seiner von ihm zur Bearbeitung seiner Beihilfeangelegenheiten umfänglich bevollmächtigten Ehefrau zurechnen lassen.
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Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass er von den Handlungen seiner Ehefrau weder Kenntnis hatte noch diese billigte. Dies ist - wie aufgezeigt - für die Zurechnung ohne Bedeutung. Die Zurechnung der arglistigen Täuschung und der Bestechung scheidet auch nicht deshalb aus, weil die Ehefrau mit der S. kollusiv zusammengewirkt hat. Das folgt schon daraus, dass die Zurechnung von Erklärungen eines Vertreters wegen kollusiven Handelns - wie oben dargelegt - nur dann nicht erfolgen darf, wenn sich dieses Handeln unmittelbar zum Nachteil des Vertretenen auswirkt. So liegt es hier nicht. Das kollusive Zusammenwirken führte unmittelbar zu einer Schädigung des Beklagten, nicht zu einer des Klägers.
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Der Ausschlusstatbestand des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG ist schließlich nicht bereits dann unanwendbar, wenn die Bewilligungsbehörde eine Mitverantwortung trifft (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. August 1986 - 3 C 9.85 - BVerwGE 74, 357 <364> und vom 24. Juli 2014 - 3 C 23.13 - Buchholz 451.505 Einzelne Stützungsregelungen Nr. 7 Rn. 33). Der Umstand, dass das schädigende Verhalten der S. über einen langen Zeitraum unentdeckt geblieben ist, ändert nichts daran, dass dem Kläger das Verhalten seiner Ehefrau zuzurechnen ist. Ob eine Zurechnung ausscheiden muss, wenn der Begünstigte bei der Wahrnehmung seiner Pflichten ein Höchstmaß an Sorgfalt hat walten lassen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 13. November 1997 - 3 C 33.96 - juris Rn. 29), kann hier dahinstehen, da sich der Kläger ausweislich der bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts für die Wahrnehmung seiner Beihilfeangelegenheiten zu keinem Zeitpunkt auch nur interessiert hat.
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4. Entgegen der Rechtsansicht der Revision ist die Rücknahme der Beihilfebescheide nicht wegen Missachtung der Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG rechtswidrig.
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Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nach § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG nicht im Falle des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG. Ist ein Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung oder Bestechung des Begünstigten oder - wie hier - seiner Vertreterin erwirkt worden, so ist dieser auch nach Ablauf der Entscheidungsfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG aufhebbar.
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5. Die Rücknahmeentscheidung des Beklagten war auch nicht ermessensfehlerhaft. In den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG wird der Verwaltungsakt nach § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.
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Die Anforderungen an den Inhalt und den Umfang der Begründung eines Verwaltungsaktes bestimmen sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und den Umständen des Einzelfalles (BVerwG, Urteil vom 15. Juni 1971 - 2 C 17.70 - BVerwGE 38, 191 <194>). Im Falle eines Verwaltungsaktes, der eine Ermessensbetätigung der Behörde vorsieht, deren Richtung bereits vom Gesetz vorgezeichnet ist (sog. intendiertes Ermessen), bedarf es besonderer Gründe, um eine von der intendierten Ermessensausübung abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Liegt ein von dem gesetzlich angenommenen Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, so versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst. In diesem Fall ist auch eine - das Selbstverständliche darstellende - Begründung im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG entbehrlich. Nur für den Fall, dass außergewöhnliche Umstände des Falles, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen, erkennbar oder der Behörde bekannt geworden sind, übt diese ihr Ermessen rechtsfehlerhaft aus, wenn sie die betreffenden Umstände nicht erwogen hat (BVerwG, Urteile vom 23. Mai 1996 - 3 C 13.94 - Buchholz 451.513 Sonstiges Marktordnungsrecht Nr. 1 S. 13 und vom 16. Juni 1997 - 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <57 f.> sowie Beschluss vom 28. August 1980 - 4 B 67.80 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 168 S. 127 f.).
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Gemessen daran durfte die Beihilfestelle hinsichtlich der Rücknahme der 144 Beihilfebescheide von der Regelrechtsfolge des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG ausgehen. Das Erwirken eines Verwaltungsaktes durch arglistige Täuschung beziehungsweise Bestechung ist eine Fallgestaltung, in der der Wiederherstellung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nach der gesetzgeberischen Konzeption regelmäßig Vorrang vor den Schutzgütern der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einzuräumen ist. Zwar mag sich der streitgegenständliche Einzelfall dadurch von einem Regelfall entfernen, dass hier nicht der begünstigte Kläger selbst bestochen und getäuscht hat und dass dessen Ehefrau ihre Vertretungsmacht ohne seine Kenntnis missbraucht hat. Diese Umstände werden indes dadurch relativiert, dass es der Kläger über Jahre hinweg unterlassen hat, die Wahrnehmung seiner Beihilfeangelegenheiten durch seine Ehefrau effektiv zu kontrollieren. In Anbetracht dessen kann die Schwelle zur Annahme eines die gesetzliche Regel beseitigenden atypischen Sonderfalles nicht als überschritten angesehen werden. Abweichendes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass sich der Kläger infolge der Aufhebung der Bescheide einer Rückforderung in erheblicher Höhe ausgesetzt sieht. Die hierdurch bewirkte finanzielle Belastung ist vielmehr im Rahmen des die Rückforderung betreffenden selbstständigen Verwaltungsverfahrens zu berücksichtigen.
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6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
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den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
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den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
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den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme von 144 Bescheiden, mit denen ihm im Zeitraum von Oktober 2003 bis August 2008 Beihilfeleistungen gewährt worden waren.
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Er stand seit dem Jahr 1999 als Justizwachtmeister im Dienst des Beklagten. Mit Ablauf des Monats Juni 2010 wurde er in den Ruhestand versetzt.
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Im August 2008 fiel bei der Beihilfestelle des Landesverwaltungsamts B. auf, dass einem Beihilfeantrag des Klägers eine gefälschte Zahnarztrechnung zugrunde lag. Daraufhin eingeleitete Ermittlungen ergaben, dass die Ehefrau des Klägers seit Juni 2002 in zahlreichen Fällen mit dem Namenszug des Klägers unterzeichnete Beihilfeanträge unter Beifügung von gefälschten Zahnarztrechnungen eingereicht hatte. Diese Anträge waren von der in der Beihilfestelle tätigen Sachbearbeiterin S., einer Tante des Klägers, entweder bewilligt oder in den Geschäftsgang gegeben worden. Nach den Angaben der Ehefrau des Klägers wurden die Beihilfebescheide in vorfrankierten Rückumschlägen, die sie mit den Beihilfeanträgen eingereicht hatte, an sie persönlich übersandt. Bescheide, die auf gefälschten Zahnarztrechnungen beruhten, vernichtete sie sofort. Die Beihilfeleistungen wurden jeweils auf ihr in den Anträgen bezeichnetes Konto gezahlt, hinsichtlich dessen sie allein verfügungsbefugt war. Die Mittel wurden von den beiden Frauen unter sich aufgeteilt.
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Die Ehefrau des Klägers und die S. wurden wegen Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie wegen Bestechung beziehungsweise wegen Untreue, Bestechlichkeit sowie wegen Vereitelung der Zwangsvollstreckung rechtskräftig zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Ein gegen den Kläger eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Die mit dem Ziel der Aberkennung des Ruhegehalts gegen den Kläger erhobene Disziplinarklage wurde rechtskräftig abgewiesen. Die Ehefrau des Klägers und S. wurden als Gesamtschuldnerinnen rechtskräftig zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 555 287,95 € verurteilt. Eine gegen den Kläger erhobene Schadensersatzklage nahm der Beklagte zurück.
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Das Landesverwaltungsamt B. hatte zunächst mit Bescheid vom 19. Juni 2009 sämtliche Beihilfebescheide, "die bis zum 17.07.2009 erlassen worden sind", "in Gänze" zurückgenommen und mit Bescheid vom 25. Mai 2010 einen Betrag in Höhe von 555 287,95 € von dem Kläger zurückgefordert. Beide Bescheide sowie die in der Folge ergangenen Widerspruchsbescheide hob der Beklagte unter dem 2. Februar 2011 mit der Begründung auf, in dem Rücknahmebescheid seien aufgrund eines Systemfehlers anstelle der Bescheiddaten die Daten der Zahlbarmachung der jeweiligen Beihilfe aufgeführt worden. Mit dem im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheid vom 4. Februar 2011 nahm das Landesverwaltungsamt Berlin 144 im Einzelnen aufgeführte Beihilfebescheide aus dem Zeitraum vom 6. Oktober 2003 bis zum 25. August 2008 zurück, soweit die darin bewilligten Beihilfeleistungen auf gefälschten Zahnarztrechnungen beruhten. Ebenso wie der Widerspruch des Klägers sind auch dessen Klage und Berufung erfolglos geblieben. Zur Begründung der Zurückweisung der Berufung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, der Rücknahmebescheid sei zu Recht auf § 48 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG BE gestützt worden. Die 144 Verwaltungsakte seien mit ihrer Bekanntgabe dem Kläger gegenüber wirksam geworden. Sie seien in dem Umfang ihrer Rücknahme auch rechtswidrig, da sie auf gefälschten Zahnarztrechnungen beruhten. Auf ein etwaiges Vertrauen auf den Bestand der Beihilfebescheide könne sich der Kläger nicht berufen, da diese im Umfang der Rücknahme zum Teil durch Bestechung, zum Teil durch arglistige Täuschung erwirkt worden seien. Der Kläger müsse sich insoweit das Verhalten seiner Vertreterin zurechnen lassen. Die partielle Rücknahme der Bescheide sei nicht verfristet, da die Jahresfrist infolge der Bestechungs- und Täuschungshandlungen nicht gelte. Der angefochtene Rücknahmebescheid sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Der Verwaltungsakt werde in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Besondere Gründe, die ein Absehen von der Rücknahme oder eine Rücknahme nur mit Wirkung für die Zukunft rechtfertigten, seien hier nicht ersichtlich, da dem Kläger eine Nachlässigkeit besonderen Ausmaßes im Umgang mit seinen Beihilfeangelegenheiten anzulasten sei. Etwaige besondere Härten in der Rückabwicklung seien im Rahmen nicht der Ausübung des Rücknahmeermessens, sondern der im Rückforderungsverfahren zu treffenden Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die rechtsfehlerhafte Anwendung des § 48 VwVfG, die rechtsstaatswidrige Anwendung haftungsrechtlicher Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches für die Zurechnung deliktischen Verhaltens und die rechtsfehlerhafte Anwendung der §§ 164 ff. BGB. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG sei bei Erlass des angefochtenen Rücknahmebescheids bereits verstrichen gewesen. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG seien nicht erfüllt, da in seiner Person ein Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG nicht vorliege. Ihm sei auch nicht das Verhalten seiner Ehefrau zuzurechnen. Diese habe die Beihilfebescheide nicht durch Bestechung erwirkt, da es insoweit an der Kausalität zwischen den Bestechungshandlungen und dem Erlass der Bescheide fehle. Jedenfalls seien die Bestechungshandlungen ihm nicht zuzurechnen. Insbesondere sei ihm das deliktische Handeln seiner Ehefrau und der S. auch nicht nach Maßgabe der zivilrechtlichen Vorschriften über die Stellvertretung zuzurechnen, da seine Ehefrau nicht in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht tätig geworden sei. Jedenfalls sei im Falle eines kollusiven Zusammenwirkens der Vertreterin und der Empfängerin der Willenserklärungen zum Nachteil des Vertretenen diesem das Verhalten seiner Vertreterin nicht zuzurechnen. Zudem stamme die in den Betrugshandlungen realisierte Gefahr der Schadensverursachung ganz überwiegend aus der Sphäre des Beklagten, der jegliche Kontrolle seiner Beschäftigten unterlassen habe. Sein Vertrauen auf den Bestand der Beihilfebescheide sei schutzwürdig gewesen. Er habe die Rechtswidrigkeit der Beihilfebescheide nicht kennen müssen. Dessen ungeachtet unterfalle ein solches Kennenmüssen nur dem Tatbestand des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG, der die Rücknahmefrist nicht ausschließe. Diese sei hier überschritten gewesen.
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Der Beklagte verteidigt das Urteil des Oberverwaltungsgerichts.
Entscheidungsgründe
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Die Revision hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht mit Bundesrecht im Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass der Rücknahmebescheid vom 4. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. April 2011 rechtmäßig ist.
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Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme der Beihilfebescheide ist § 48 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2827), das nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung vom 8. Dezember 1976 (GVBl. S. 2735, 2898), zuletzt geändert durch Art. I § 14 des Gesetzes vom 19. Juni 2006 (GVBl. S. 573), für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden Berlins gilt.
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1. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Das Oberverwaltungsgericht hat mit Recht angenommen, dass es sich bei den 144 Beihilfebescheiden, die der Beklagte hinsichtlich des auf gefälschten Zahnarztrechnungen beruhenden Erstattungsbetrages zurückgenommen hat, um Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG handelt (a), die dem Kläger gegenüber wirksam geworden sind (b).
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a) Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht mehr streitig, dass die betreffenden Beihilfebescheide Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG, mithin hoheitliche Maßnahmen sind, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sind. Maßgebend für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes ist entsprechend § 133 BGB der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Gemessen daran ist nicht zweifelhaft, dass die hier in Rede stehenden Schreiben die Merkmale des § 35 Satz 1 VwVfG erfüllen. Ihr Verwaltungsaktcharakter ist auch nicht mit Blick darauf zu verneinen, dass eine Maßnahme "einer Behörde" nur vorliegt, wenn die als Verwaltungsakt abgegebene Erklärung einer Behörde rechtlich zugerechnet werden kann. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die jeweilige Äußerung von einer Person stammt, die zum Handeln für und im Namen der Behörde berechtigt ist. Die zurückgenommenen Bescheide wurden sämtlich von Bediensteten des Landesverwaltungsamts erlassen, die zum Erlass von Verwaltungsakten berechtigt waren. Für die Zurechnung kommt es auf den Inhalt der Erklärung nicht an. Mithin ist ohne Bedeutung, ob für die Maßnahme eine gesetzliche Grundlage besteht und sie deren Grenzen wahrt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 - BVerwGE 140, 245 Rn. 11; vgl. auch Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 54). Deshalb kann eine Zurechnung der zurückgenommenen Bescheide nicht unter Hinweis darauf verneint werden, dass sie rechtswidrig seien. Dies gilt auch für die von S. erlassenen Bescheide. Da die Bescheide einer Behörde zuzurechnen sind und auch im Übrigen die Voraussetzungen des § 35 Satz 1 VwVfG erfüllt sind, stellt sich nicht die Frage, ob es sich bei ihnen um sogenannte Nichtakte (Scheinverwaltungsakte) handelt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 - BVerwGE 140, 245 Rn. 9).
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b) Das Oberverwaltungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass die Beihilfebescheide mit ihrer Bekanntgabe an die Ehefrau des Klägers diesem gegenüber wirksam geworden sind. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwVfG wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist, in dem Zeitpunkt wirksam, in den er ihm bekannt gegeben wird. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt unter anderem demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist.
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aa) Der Kläger war Beteiligter der Verwaltungsverfahren, in denen die zurückgenommenen Bescheide erlassen wurden.
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Beteiligter im Sinne des hier einschlägigen § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist unter anderem der Antragsteller. Zwar hatte ausweislich der bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht der Kläger selbst, sondern unter seinem Namen seine Ehefrau die Bewilligung der betreffenden Beihilfeleistungen beantragt. Der Kläger ist aber nach den insoweit jedenfalls von ihrem Rechtsgedanken her anwendbaren (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1994 - 8 C 2.92 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 68 S. 6) zivilrechtlichen Grundsätzen über das Handeln unter fremdem Namen gleichwohl Antragsteller im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG.
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Wird bei der Nutzung eines fremden Namens bei dem Geschäftspartner der Anschein erweckt, es solle mit dem Namensträger ein Geschäft abgeschlossen werden, und wird dabei eine falsche Vorstellung über die Identität des Handelnden hervorgerufen, so finden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Regeln über die Stellvertretung und die zu den §§ 164 ff. BGB entwickelten Grundsätze auch dann entsprechend Anwendung, wenn dem Handelnden ein Vertretungswille fehlte. Eine rechtsgeschäftliche Erklärung, die unter solchen Voraussetzungen unter dem Namen eines anderen abgegeben worden ist, verpflichtet danach den Namensträger regelmäßig nur dann, wenn sie in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 289/09 - BGHZ 189, 346 <351> m.w.N.). Gemessen daran hat sich der Kläger das Verhalten seiner Ehefrau zurechnen zu lassen.
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Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat diese die ihren Ehemann als Antragsteller ausweisenden Beihilfeanträge mit dessen Namenszug unterzeichnet. Damit hat sie die Beihilfestelle nicht lediglich über den Namen des Antragstellers, sondern über dessen Identität getäuscht. Den so hervorgerufenen Irrtum hielt sie auch im Folgenden aufrecht. Vom Empfängerhorizont eines unbeteiligten Organwalters im Dienste des Beklagten rührten die Anträge von deren vermeintlichem Unterzeichner, dem Kläger, her. Aber auch nach der Vorstellung der insoweit bösgläubigen S. sollten die Anträge für den Kläger als Beihilfeberechtigten gestellt werden.
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Dieser ließ sich in Beihilfeangelegenheiten auch durch seine Ehefrau vertreten. Nach den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hatte der Kläger seine Ehefrau über eine Bevollmächtigung gemäß § 14 Abs. 1 VwVfG zur Vornahme von Verfahrenshandlungen im Verwaltungsverfahren hinaus konkludent zur umfassenden Wahrnehmung seiner Beihilfeangelegenheiten ermächtigt, indem er dieser von der Zahlung der Arztrechnungen über die Ausfüllung und Einreichung der Beihilfeanträge bis zur Zahlung der Beihilfen auf ihr Konto alle damit zusammenhängenden Aufgaben überließ, ohne sich in irgendeiner Weise darum zu kümmern. Die Ehefrau des Klägers hatte damit zumindest eine ähnliche Stellung wie eine Vertreterin im Sinne der §§ 164 ff. BGB.
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Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 278 BGB. Entgegen der Auffassung der Revision kommt eine danach gebotene Differenzierung zwischen einem Handeln "in Ausübung der Vertretungsmacht" und einem Handeln "bei Gelegenheit" schon wegen der unterschiedlichen Zurechnungsgegenstände von § 164 Abs. 1 BGB einerseits und § 278 BGB andererseits nicht in Betracht. Während § 164 Abs. 1 BGB die Zurechnung von Willenserklärungen des Vertreters zum Vertretenen regelt, hat § 278 BGB die Zurechnung des Verschuldens des Erfüllungsgehilfen zum Schuldner zum Gegenstand.
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Die Zurechnung des Handelns der Ehefrau ist auch nicht wegen Missbrauchs der Vertretungsmacht ausgeschlossen. Das Risiko, dass der Vertreter die ihm eingeräumte Vertretungsmacht nach außen hin missbraucht, trägt in der Regel der Vertretene. Die pflichtwidrige Nichtbeachtung der im Innenverhältnis bestehenden Bindungen durch den Vertreter lässt dessen Vertretungsmacht im Außenverhältnis grundsätzlich unberührt. Dass der Kläger, wovon hier auszugehen ist, seine Ehefrau allein mit der Regelung seiner Beihilfeangelegenheiten, nicht hingegen auch mit der Einreichung und Abrechnung gefälschter Arztrechnungen betraut hatte, hindert somit eine Zurechnung grundsätzlich nicht, da diese Maßgabe allein das der Vollmachtserteilung zugrunde liegende Innenverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau betrifft.
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Etwas anderes gilt nach zivilrechtlichen Grundsätzen nur, wenn der Vertreter kollusiv mit dem "Gegenüber" zum Nachteil des Vertretenen zusammenwirkt oder von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch macht. Nach diesen Maßstäben unterliegt ein kollusives Zusammenwirken zwischen dem Vertreter und dem "Gegenüber" mit dem Ziel einer Schädigung des Vertretenen als Verstoß gegen die guten Sitten der Nichtigkeitsfolge des § 138 Abs. 1 BGB (BGH, Urteile vom 5. November 2003 - VIII ZR 218/01 - NJW-RR 2004, 247 <248> und vom 28. Januar 2014 - II ZR 371/12 - ZIP 2014, 615 <616>). Es kann dahinstehen, ob diese Rechtsfigur in dem hier maßgeblichen Zusammenhang überhaupt Anwendung findet. Die Voraussetzungen einer Kollusion im vorgenannten Sinne liegen schon deshalb nicht vor, weil das einverständliche Zusammenwirken zwischen der S. und der Ehefrau des Klägers nicht mit dem Ziel einer Schädigung des Klägers, sondern des Beklagten erfolgte. Die Anträge auf Bewilligung von Beihilfe waren auf den Erlass begünstigender Verwaltungsakte und damit nicht auf einen die Annahme einer Kollusion allein rechtfertigenden unmittelbaren Nachteil für den Kläger gerichtet.
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bb) Die Bescheide wurden dem Kläger gegenüber gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 VwVfG bekannt gegeben, indem sie seiner Ehefrau als Bevollmächtigter persönlich übersandt und von dieser in Empfang genommen wurden. Das Landesverwaltungsamt durfte die Ehefrau als Empfangsbevollmächtigte des Klägers im Sinne dieser Vorschriften ansehen. Indem diese die Beihilfeanträge unter dem Namen des Klägers stellte, hatte sie zwar ihre umfassende Stellvertretung in Beihilfeangelegenheiten gegenüber dem Beklagten nicht offengelegt. Den an die Ehefrau persönlich adressierten Rückumschlägen, die sie den Beihilfeanträgen beigefügt hatte, war aber zu entnehmen, dass sie Empfangsbevollmächtigter des Klägers sein sollte. Diese Vorgehensweise war dem Kläger aus den gleichen Gründen wie die Anträge auf Beihilfebewilligung zuzurechnen. Die Sachbearbeiter des Landesverwaltungsamts einschließlich der insoweit bösgläubigen S. handelten auch mit dem erforderlichen Bekanntgabewillen. Dieser war darauf gerichtet, der Ehefrau des Klägers als dessen Empfangsbevollmächtigter die Kenntnisnahme von den Bescheiden zu ermöglichen. Dass die Ehefrau des Klägers die Beihilfebescheide alsbald nach deren Zugang vernichtete, lässt die Bekanntgabe und damit die Wirksamkeit der Verwaltungsakte unberührt.
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2. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass die 144 Beihilfebescheide im Umfang ihrer Rücknahme im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 VwVfG rechtswidrig waren, da ihnen, soweit sie auf gefälschten Zahnarztrechnungen beruhten, keine beihilfefähigen Aufwendungen des Klägers zugrunde lagen.
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3. Im Einklang mit § 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Rücknahme der Beihilfebescheide ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers nicht entgegensteht. Als begünstigende Verwaltungsakte, die eine einmalige öffentlich-rechtliche Geldleistung, hier die Beihilfeleistung, gewähren und damit das Vermögen des Begünstigten unmittelbar vermehren, unterliegen die Beihilfebescheide gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG den sich aus § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG ergebenden Einschränkungen einer Rücknahme. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt unter anderem durch arglistige Täuschung oder Bestechung erwirkt hat.
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a) Die betreffenden Beihilfebescheide wurden durch arglistige Täuschung oder Bestechung erwirkt.
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Bestechung im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG liegt im Einklang mit § 334 Abs. 1 Satz 1 StGB unter anderem dann vor, wenn der Begünstigte einem Amtsträger einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür gewährt, dass jener eine Diensthandlung vorgenommen und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat. Eine arglistige Täuschung im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG ist gegeben, wenn der Täuschende weiß und will, dass die Behörde durch insbesondere die Vorspiegelung falscher Tatsachen zum Erlass eines Verwaltungsaktes veranlasst wird, den sie andernfalls nicht oder nicht mit diesem Inhalt erlassen hätte. Ein "Erwirken" im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass die Bestechung beziehungsweise arglistige Täuschung für den Erlass des rechtswidrigen Verwaltungsaktes zumindest objektiv mitursächlich war (BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 2004 - 4 B 74.04 - juris Rn. 8; vgl. ferner Urteile vom 20. Oktober 1987 - 9 C 255.86 - BVerwGE 78, 139 <142> und vom 28. Juni 2012 - 2 C 13.11 - BVerwGE 143, 230 Rn. 17 sowie Beschluss vom 18. August 1993 - 3 B 35.93 - juris Rn. 4). Nicht erforderlich ist, dass die sachbearbeitenden Mitarbeiter der Behörde die Rechtswidrigkeit des Bescheids erkannt haben (BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 2004 - 4 B 74.04 - juris Rn. 8). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
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Die Ehefrau des Klägers ist im Zusammenhang mit den Beihilfebescheiden Nr. 1 bis 142 wegen Bestechung rechtskräftig verurteilt worden. In verwaltungsgerichtlichen Verfahren besteht, soweit die Beteiligten nicht durch die Rechtskraft eines zwischen ihnen ergangenen Urteils gebunden sind, grundsätzlich keine rechtliche Bindung an die Tatsachenfeststellungen von Gerichten anderer Gerichtszweige (BVerwG, Beschluss vom 31. März 2004 - 7 B 11.04 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 29 S. 22), so auch der Strafgerichte. Allerdings geht von den strafgerichtlichen Feststellungen regelmäßig eine faktische Bindungswirkung dergestalt aus, dass Verwaltungsgerichte im Regelfall nicht gehalten sind, die strafrechtlich relevanten Tatsachen eigenständig festzustellen und zu würdigen, sofern sich dies ob der Besonderheiten des Einzelfalles nicht aufdrängt (BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 1986 - 3 B 11.86 - NJW 1987, 1501 <1502>). Letzteres ist hier nicht der Fall. Umstände, die die Richtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen und Würdigung in Frage stellten, sind weder vorgetragen noch anderweitig erkennbar. Hinsichtlich der Beihilfebescheide Nr. 143 und 144 liegt ausweislich der bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts eine arglistige Täuschung der mit der Sachbearbeitung betrauten unbeteiligten Beschäftigten der Beihilfestelle vor. Die betreffenden Bestechungs- und Täuschungshandlungen können nicht hinweggedacht werden, ohne dass die Beihilfebescheide nicht oder zumindest nicht mit diesem Inhalt erlassen worden wären.
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b) Die Berufung auf schutzwürdiges Vertrauen ist gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG auch dann ausgeschlossen, wenn nicht der Begünstigte, sondern - wie hier - sein Vertreter den Verwaltungsakt durch Bestechung oder arglistige Täuschung erwirkt hat.
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aa) § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfasst nicht nur den Fall, dass der Begünstigte selbst als Täter oder Teilnehmer gehandelt hat. Diesem sind auch die in der Norm bezeichneten Handlungen seines Vertreters zuzurechnen (BVerwG, Urteil vom 9. September 2003 - 1 C 6.03 - BVerwGE 119, 17 <24>; OVG Münster, Urteil vom 14. Juli 2004 - 10 A 4471/01 - NWVBl. 2005, 71 <74>; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 48 Rn. 114; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 151; Ziekow, VwVfG, 3. Aufl. 2013, § 48 Rn. 31), auch wenn er von diesen keine Kenntnis hatte.
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(1) Der Wortlaut der Norm deutet mit dem Personalpronomen "er" zwar darauf hin, dass der Verwaltungsakt durch den Adressaten des begünstigten Verwaltungsaktes selbst erwirkt worden sein muss. Die Formulierung schließt aber eine Zurechnung von Bestechungs- oder Täuschungshandlungen des Vertreters des Begünstigten nicht aus und ist insofern offen.
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(2) Für ein entsprechendes Normverständnis sprechen maßgeblich sowohl der Sinn und Zweck als auch die systematischen Bezüge der Vorschrift.
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§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG verhilft dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) zur Geltung, indem er die uneingeschränkte Rücknahme unter anderem von rechtswidrigen Verwaltungsakten, die eine Geldleistung gewähren, zulässt. Während solche Verwaltungsakte nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG nicht zurückgenommen werden dürfen, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und dieses Vertrauen schutzwürdig ist, vermag sich der Begünstigte nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG nicht auf Vertrauensschutz zu berufen, wenn er einen solchen Verwaltungsakt durch ein verwerfliches Verhalten im Sinne dieser Bestimmung erwirkt hat. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG steht in einem engen systematischen Zusammenhang mit § 123 Abs. 1 BGB. Nach § 123 Abs. 1 BGB kann eine Willenserklärung anfechten, wer zur Abgabe dieser Erklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist. Beide Bestimmungen verfolgen einen vergleichbaren Zweck. Sie dienen der "Beseitigung" von Willenserklärungen bzw. Verwaltungsakten, die auf verwerfliche Weise zustande gekommen sind. Auch sind ihre Voraussetzungen überwiegend identisch ("arglistige Täuschung", "Drohung"). Diese Parallelitäten rechtfertigen es, zu § 123 Abs. 1 BGB entwickelte Grundsätze jedenfalls nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken auf die Auslegung des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG insoweit zu übertragen, als öffentlich-rechtliche Besonderheiten nicht entgegenstehen. Deshalb ist bei der Auslegung des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG (auch) zu beachten, dass nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB auch möglich ist, wenn die Täuschung oder Drohung nicht von dem Anfechtungsgegner, sondern von seinem Vertreter ausgegangen ist (vgl. BGH, Urteile vom 17. Oktober 1980 - V ZR 30/79 - WM 1980, 1452 <1453> und vom 20. November 1995 - II ZR 209/94 - NJW 1996, 1051, jeweils m.w.N.), wobei es ohne Bedeutung ist, ob der Anfechtungsgegner von der die Anfechtung rechtfertigenden Handlung des Vertreters Kenntnis hatte oder diese billigte (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1978 - V ZR 210/74 - WM 1979, 235 <237>). Der dem zugrunde liegende Rechtsgedanke beansprucht auch für § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG mit der Folge Geltung, dass die von einem Vertreter des von dem Verwaltungsakt Begünstigten ausgehende arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung diesem zuzurechnen sind. Der Umstand, dass die Bestechung in § 123 Abs. 1 BGB nicht aufgeführt ist, steht der Zurechnung einer entsprechenden Handlung eines Vertreters im Anwendungsbereich des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG nicht entgegen.
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Weil die zu § 123 BGB entwickelten Grundsätze zur Zurechnung von Vertreterhandeln auf § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG zu übertragen sind, kann dem Kläger auch insoweit nicht gefolgt werden, als er annimmt, die Bestimmung setze ein strafbares Handeln des Begünstigten voraus.
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(3) Die historisch-genetische Auslegung widerstreitet dem vorstehenden Normverständnis nicht. Zwar weist der Regierungsentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes vordergründig in die gegenteilige Richtung, wenn in der Begründung ausgeführt wird, der mit § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG wortgleiche Entwurf des § 44 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG-E regle "abschließend nur den Fall, daß der Begünstigte die verwerfliche Handlung selbst begangen oder den Verwaltungsakt durch Anstiftung oder Beihilfe zu der verwerflichen Handlung erwirkt hat. Damit bleib[e] die Frage, ob bei einer Täuschung, Drohung oder Bestechung durch Dritte das Vertrauen des Begünstigten schutzwürdig [sei], der Entscheidung im Einzelfall überlassen" (BT-Drs. 7/910 S. 70). Es fehlen aber eine nähere Bestimmung, was unter einem "Dritten" zu verstehen ist, und eine Abgrenzung zum Begriff des Vertreters, so dass offenbleibt, ob der Begriff des "Dritten" eng oder weit zu verstehen ist.
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bb) Gemessen daran muss sich der Kläger das Verhalten seiner von ihm zur Bearbeitung seiner Beihilfeangelegenheiten umfänglich bevollmächtigten Ehefrau zurechnen lassen.
- 35
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Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass er von den Handlungen seiner Ehefrau weder Kenntnis hatte noch diese billigte. Dies ist - wie aufgezeigt - für die Zurechnung ohne Bedeutung. Die Zurechnung der arglistigen Täuschung und der Bestechung scheidet auch nicht deshalb aus, weil die Ehefrau mit der S. kollusiv zusammengewirkt hat. Das folgt schon daraus, dass die Zurechnung von Erklärungen eines Vertreters wegen kollusiven Handelns - wie oben dargelegt - nur dann nicht erfolgen darf, wenn sich dieses Handeln unmittelbar zum Nachteil des Vertretenen auswirkt. So liegt es hier nicht. Das kollusive Zusammenwirken führte unmittelbar zu einer Schädigung des Beklagten, nicht zu einer des Klägers.
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Der Ausschlusstatbestand des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG ist schließlich nicht bereits dann unanwendbar, wenn die Bewilligungsbehörde eine Mitverantwortung trifft (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. August 1986 - 3 C 9.85 - BVerwGE 74, 357 <364> und vom 24. Juli 2014 - 3 C 23.13 - Buchholz 451.505 Einzelne Stützungsregelungen Nr. 7 Rn. 33). Der Umstand, dass das schädigende Verhalten der S. über einen langen Zeitraum unentdeckt geblieben ist, ändert nichts daran, dass dem Kläger das Verhalten seiner Ehefrau zuzurechnen ist. Ob eine Zurechnung ausscheiden muss, wenn der Begünstigte bei der Wahrnehmung seiner Pflichten ein Höchstmaß an Sorgfalt hat walten lassen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 13. November 1997 - 3 C 33.96 - juris Rn. 29), kann hier dahinstehen, da sich der Kläger ausweislich der bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts für die Wahrnehmung seiner Beihilfeangelegenheiten zu keinem Zeitpunkt auch nur interessiert hat.
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4. Entgegen der Rechtsansicht der Revision ist die Rücknahme der Beihilfebescheide nicht wegen Missachtung der Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG rechtswidrig.
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Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nach § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG nicht im Falle des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG. Ist ein Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung oder Bestechung des Begünstigten oder - wie hier - seiner Vertreterin erwirkt worden, so ist dieser auch nach Ablauf der Entscheidungsfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG aufhebbar.
- 39
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5. Die Rücknahmeentscheidung des Beklagten war auch nicht ermessensfehlerhaft. In den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG wird der Verwaltungsakt nach § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.
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Die Anforderungen an den Inhalt und den Umfang der Begründung eines Verwaltungsaktes bestimmen sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und den Umständen des Einzelfalles (BVerwG, Urteil vom 15. Juni 1971 - 2 C 17.70 - BVerwGE 38, 191 <194>). Im Falle eines Verwaltungsaktes, der eine Ermessensbetätigung der Behörde vorsieht, deren Richtung bereits vom Gesetz vorgezeichnet ist (sog. intendiertes Ermessen), bedarf es besonderer Gründe, um eine von der intendierten Ermessensausübung abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Liegt ein von dem gesetzlich angenommenen Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, so versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst. In diesem Fall ist auch eine - das Selbstverständliche darstellende - Begründung im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG entbehrlich. Nur für den Fall, dass außergewöhnliche Umstände des Falles, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen, erkennbar oder der Behörde bekannt geworden sind, übt diese ihr Ermessen rechtsfehlerhaft aus, wenn sie die betreffenden Umstände nicht erwogen hat (BVerwG, Urteile vom 23. Mai 1996 - 3 C 13.94 - Buchholz 451.513 Sonstiges Marktordnungsrecht Nr. 1 S. 13 und vom 16. Juni 1997 - 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <57 f.> sowie Beschluss vom 28. August 1980 - 4 B 67.80 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 168 S. 127 f.).
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Gemessen daran durfte die Beihilfestelle hinsichtlich der Rücknahme der 144 Beihilfebescheide von der Regelrechtsfolge des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG ausgehen. Das Erwirken eines Verwaltungsaktes durch arglistige Täuschung beziehungsweise Bestechung ist eine Fallgestaltung, in der der Wiederherstellung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nach der gesetzgeberischen Konzeption regelmäßig Vorrang vor den Schutzgütern der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einzuräumen ist. Zwar mag sich der streitgegenständliche Einzelfall dadurch von einem Regelfall entfernen, dass hier nicht der begünstigte Kläger selbst bestochen und getäuscht hat und dass dessen Ehefrau ihre Vertretungsmacht ohne seine Kenntnis missbraucht hat. Diese Umstände werden indes dadurch relativiert, dass es der Kläger über Jahre hinweg unterlassen hat, die Wahrnehmung seiner Beihilfeangelegenheiten durch seine Ehefrau effektiv zu kontrollieren. In Anbetracht dessen kann die Schwelle zur Annahme eines die gesetzliche Regel beseitigenden atypischen Sonderfalles nicht als überschritten angesehen werden. Abweichendes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass sich der Kläger infolge der Aufhebung der Bescheide einer Rückforderung in erheblicher Höhe ausgesetzt sieht. Die hierdurch bewirkte finanzielle Belastung ist vielmehr im Rahmen des die Rückforderung betreffenden selbstständigen Verwaltungsverfahrens zu berücksichtigen.
- 42
-
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
(1) Ein Beteiligter kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Vollmacht ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt. Der Bevollmächtigte hat auf Verlangen seine Vollmacht schriftlich nachzuweisen. Ein Widerruf der Vollmacht wird der Behörde gegenüber erst wirksam, wenn er ihr zugeht.
(2) Die Vollmacht wird weder durch den Tod des Vollmachtgebers noch durch eine Veränderung in seiner Handlungsfähigkeit oder seiner gesetzlichen Vertretung aufgehoben; der Bevollmächtigte hat jedoch, wenn er für den Rechtsnachfolger im Verwaltungsverfahren auftritt, dessen Vollmacht auf Verlangen schriftlich beizubringen.
(3) Ist für das Verfahren ein Bevollmächtigter bestellt, so soll sich die Behörde an ihn wenden. Sie kann sich an den Beteiligten selbst wenden, soweit er zur Mitwirkung verpflichtet ist. Wendet sich die Behörde an den Beteiligten, so soll der Bevollmächtigte verständigt werden. Vorschriften über die Zustellung an Bevollmächtigte bleiben unberührt.
(4) Ein Beteiligter kann zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht.
(5) Bevollmächtigte und Beistände sind zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes Rechtsdienstleistungen erbringen.
(6) Bevollmächtigte und Beistände können vom Vortrag zurückgewiesen werden, wenn sie hierzu ungeeignet sind; vom mündlichen Vortrag können sie nur zurückgewiesen werden, wenn sie zum sachgemäßen Vortrag nicht fähig sind. Nicht zurückgewiesen werden können Personen, die nach § 67 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung zur Vertretung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren befugt sind.
(7) Die Zurückweisung nach den Absätzen 5 und 6 ist auch dem Beteiligten, dessen Bevollmächtigter oder Beistand zurückgewiesen wird, mitzuteilen. Verfahrenshandlungen des zurückgewiesenen Bevollmächtigten oder Beistands, die dieser nach der Zurückweisung vornimmt, sind unwirksam.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagte unterhielt beim Internetauktionshaus eBay ein passwortgeschütztes Konto unter dem Mitgliedsnamen "r. ". Am 3. März 2008 wurde unter Nutzung dieses Zugangskontos eine komplette "VIPLounge /Bar/Bistro/Gastronomieeinrichtung", die aus zahlreichen gebrauchten Einzelgegenständen bestand, mit einem Eingangsgebot von 1,00 € zum Verkauf angeboten. Neun Tage vor Ablauf der Auktion gab der Kläger am 4. März 2008 unter seinem Nutzernamen "m. " ein Maximalgebot von 1.000 € zum Kauf der Einrichtungsgegenstände ab. Einen Tag später wurde die Auktion vorzeitig durch die Rücknahme des Angebots beendet. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt der Höchstbietende.
- 2
- In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay, denen jedes registrierte Mitglied zustimmen muss, heißt es in § 2 Ziffer 9: "Mitglieder haften grundsätzlich für sämtliche Aktivitäten, die unter Verwendung ihres Mitgliedskontos vorgenommen werden." (…)
- 3
- Zwischen den Parteien steht im Streit, ob das Angebot über den Verkauf von Einrichtungsgegenständen für den Gastronomiebedarf von der Beklagten oder - ohne deren Beteiligung und Wissen - von ihrem damaligen Verlobten und jetzigen Ehemann auf der Internetplattform von eBay eingestellt worden ist. Der Kläger, der die Auffassung vertritt, wirksam mit der Beklagten einen Kaufvertrag abgeschlossen zu haben, macht - nach vergeblicher Zahlungsaufforderung - Schadensersatzansprüche in Höhe von 32.820 € geltend, wobei er den Zeitwert der nicht gelieferten Gegenstände auf 33.820 € beziffert und hiervon den von ihm gebotenen Kaufpreis von 1.000 € in Abzug bringt.
- 4
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung zu, da zwischen den Parteien kein wirksa- mer Kaufvertrag über die Gastronomieeinrichtung zustande gekommen sei. Der Kläger habe für seine Behauptung, die Beklagte selbst habe das Angebot bei eBay eingestellt, keinen Beweis angeboten. Es bestehe auch kein Anscheinsbeweis dahin, dass ein über ein Mitgliedskonto bei eBay abgegebenes Verkaufsangebot von dem jeweiligen Kontoinhaber unterbreitet werde. Der Beklagten sei ferner ein Einstellen des Verkaufsangebots durch ihren damaligen Verlobten und jetzigen Ehemann (im Folgenden: Ehemann der Beklagten) nicht nach Rechtsscheingrundsätzen zuzurechnen, da dieser ohne ihr Wissen und Einverständnis gehandelt und von ihren Zugangsdaten nur zufällig Kenntnis erlangt habe. Die vom Bundesgerichtshof für den gewerblichen Rechtsschutz entwickelten Grundsätze der Zurechnung fremden Verhaltens (Urteil vom 11. März 2009 - I ZR 114/06) seien nicht auf die Zurechnung vertraglicher Erklärungen übertragbar, da sie an andere Voraussetzungen als eine vertragliche Haftung anknüpften. Auch aus der Bestimmung in § 2 Ziffer 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay lasse sich nicht entnehmen, dass eine unter dem Namen des Kontoinhabers abgegebene Erklärung diesem als eigene Erklärung zugerechnet werde.
II.
- 7
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 433 Abs. 1, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 BGB verneint. Zwischen den Parteien ist über die unter Verwendung des eBay-Mitgliedskontos der Beklagten zum Verkauf angebotene Gastronomieeinrichtung kein Kaufvertrag zustande gekommen. Ihr hat daher nicht die Verpflichtung oblegen, dem Kläger das Eigentum an diesen Gegenständen zu verschaf- fen (§ 433 Abs. 1 BGB), so dass sie nicht wegen Nichterfüllung dieser Pflicht auf Schadensersatz haftet.
- 8
- Der Abschluss eines Kaufvertrags erfolgt auch in den Fällen, in denen über eine Internetplattform Gegenstände an den Höchstbietenden zum Verkauf angeboten werden, regelmäßig nach den Bestimmungen der §§ 145 ff. BGB (vgl. Senatsurteil vom 7. November 2001 - VIII ZR 13/01, BGHZ 149, 129 ff.). Daher setzt das Zustandekommen eines Kaufvertrags zwischen den Parteien voraus, dass der Kläger als Höchstbietender entweder ein von der Beklagten selbst abgegebenes oder ihr jedenfalls zurechenbares Verkaufsangebot (wirksam ) angenommen hat. Davon ist nach den vom Berufungsgericht getroffenen und im Revisionsverfahren unangegriffen gebliebenen tatsächlichen Feststellungen nicht auszugehen.
- 9
- 1. Die Beklagte selbst hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kein Angebot über die Veräußerung einer Gastronomieeinrichtung auf die Internetplattform eBay eingestellt. Dies nimmt die Revision hin. Sie macht aber geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht davon abgesehen, der Beklagten die von ihrem Ehemann unter Verwendung ihres Mitgliedsnamens abgegebenen Erklärungen zuzurechnen. Damit hat sie keinen Erfolg.
- 10
- a) Anders als die Beklagte meint, ist eine Zurechnung des von ihrem Ehemann auf der Internetplattform eBay eingestellten Verkaufsangebots allerdings nicht bereits deswegen ausgeschlossen, weil dieser erkennbar selbst als Verkäufer aufgetreten wäre. Zwar kann auch bei einem Handeln unter dem Namen einer anderen - existierenden - Person der Handelnde selbst berechtigt und verpflichtet sein, wenn sich das getätigte Geschäft aus der insoweit maßgeblichen Sicht der anderen Vertragspartei als Eigengeschäft des Handelnden darstellt, bei diesem also keine Fehlvorstellung über die Identität des Handeln- den hervorgerufen wird (vgl. BGH, Urteile vom 3. März 1966 - II ZR 18/64, BGHZ 45, 193, 195 f.; vom 18. Januar 1988 - II ZR 304/86, NJW-RR 1988, 814 unter 2 c; vom 8. Dezember 2005 - III ZR 99/05, NJW-RR 2006, 701 Rn. 12). So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Denn der Ehemann der Beklagten hat den Willen, die Gastronomieeinrichtung im eigenen Namen zum Verkauf anzubieten , nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht. Er hat das Verkaufsangebot unter Nutzung des für die Beklagte eingerichteten passwortgeschützten Nutzerkontos und unter Verwendung ihres Mitgliedsnamens auf der Internetplattform eBay platziert. Aus Sicht der potentiellen Käufer war die Beklagte Urheberin des Verkaufsangebots. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus der im Angebotstext erfolgten Angabe der E-Mail-Adresse und der Mobilfunknummer des Ehemanns der Beklagten ableiten. Hieraus erschließt sich für einen Kaufinteressenten noch nicht, dass der Ehemann der Beklagten selbst als Verkäufer in Erscheinung trat. Denn für einen objektiven Empfänger erschöpft sich der Gehalt der gemachten Angaben in der bloßen Mitteilung von Kontaktadressen und -daten. Tragfähige Rückschlüsse auf die Identität des Verkäufers lassen diese Angaben nicht zu. Vielmehr sind insoweit für einen potentiellen Vertragspartner die auf der Internet-Plattform eBay abrufbaren Angaben zur Person und Anschrift des Kontoinhabers ausschlaggebend (vgl. auch OLG München, NJW 2004, 1328; LG Aachen, CR 2007, 605, 606).
- 11
- b) Obwohl der Ehemann der Beklagten damit ein Fremdgeschäft für die Beklagte als Namensträgerin getätigt hat, ist durch das vom Kläger abgegebene Höchstgebot zwischen den Parteien kein Kaufvertrag über die Gastronomieeinrichtung zustande gekommen. Denn der Beklagten ist das Verhalten ihres Ehemanns nicht zuzurechnen. Entgegen der Auffassung der Revision genügt hierfür nicht schon der Umstand, dass sie nach eigenem Vorbringen ihre Zugangsdaten nicht gesichert und es dadurch ihrem Ehemann ermöglicht habe, die Daten in Erfahrung zu bringen.
- 12
- aa) Wird bei der Nutzung eines fremden Namens beim Geschäftspartner der Anschein erweckt, es solle mit dem Namensträger ein Geschäft abgeschlossen werden, und wird dabei eine falsche Vorstellung über die Identität des Handelnden hervorgerufen, finden die Regeln über die Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB) und die hierzu entwickelten Grundsätze entsprechend Anwendung , obwohl dem Handelnden ein Vertretungswille fehlte (BGH, Urteile vom 3. März 1966 - II ZR 18/64, aaO; vom 8. Dezember 2005 - III ZR 99/05, aaO Rn. 11). Dies gilt auch für Geschäfte, die über das Internet abgewickelt werden (OLG München, aaO S. 1328 f.; OLG Köln, NJW 2006, 1676; OLG Hamm, NJW 2007, 611, 612; Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 164 Rn. 10 f., § 172 Rn. 18). Eine rechtsgeschäftliche Erklärung, die unter solchen Voraussetzungen unter dem Namen eines anderen abgegeben worden ist, verpflichtet den Namensträger daher regelmäßig nur dann, wenn sie in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht erfolgt (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB analog; vgl. hierzu BGH, Urteile vom 3. März 1966 - II ZR 18/64, aaO, und vom 8. Dezember 2005 - III ZR 99/05, aaO) oder vom Namensinhaber nachträglich genehmigt worden ist (§ 177 Abs. 1 BGB analog) oder wenn die Grundsätze über die Anscheinsoder die Duldungsvollmacht eingreifen (vgl. OLG Hamm, aaO; OLG Köln, aaO S. 1677; LG Bonn, CR 2004, 218, 219; MünchKommBGB/Schramm, 5. Aufl., § 164 Rn. 44 mwN; vgl. ferner Werner, K&R 2008, 554, sowie Herresthal, K&R 2008, 705, 706). Gemessen an diesen Maßstäben hat die Beklagte keinen Zurechnungstatbestand verwirklicht.
- 13
- bb) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen hat die Beklagte ihren Ehemann weder im Vorfeld zur Abgabe entsprechender Erklärungen bevollmächtigt noch dessen Verhalten nachträglich genehmigt. Ihr sind daher die von ihrem Ehemann abgegebenen Erklärungen weder nach § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB analog noch nach § 177 Abs. 1 BGB analog zuzurechnen.
- 14
- cc) Auch nach den Grundsätzen der Duldungs- oder der Anscheinsvollmacht hat die Beklagte für die unter Verwendung ihres passwortgeschützten Mitgliedskontos abgegebenen Erklärungen nicht einzustehen.
- 15
- (1) Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es willentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt, und der Geschäftspartner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin versteht und auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde zu den vorgenommenen Erklärungen bevollmächtigt ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 155/01, NJW 2002, 2325 unter II 3 a bb (1); vom 10. März 2004 - IV ZR 143/03, NJW-RR 2004, 1275 unter II 3 c bb (1); Senatsurteil vom 10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04, NJW 2007, 987 Rn. 19; jeweils mwN). Bei einem unter Verwendung einer fremden Identität getätigten Geschäft des Namensträgers finden diese Grundsätze mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass hierbei auf dessen Verhalten abzustellen ist. Einen solchen Duldungstatbestand hat die Beklagte jedoch nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt nicht geschaffen. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen hatte die Beklagte ihrem Ehemann die Zugangsdaten für ihr Mitgliedskonto bei eBay nicht offen gelegt und von dessen Vorgehen auch keine Kenntnis; vielmehr hat dieser das von ihr eingerichtete Mitgliedskonto während einer Ortsabwesenheit der Beklagten ohne deren Wissen und Einverständnis unter Verwendung der ihm zufällig bekannt gewordenen Zugangsdaten zum Verkauf des Gaststätteninventars genutzt.
- 16
- (2) Eine Anscheinsvollmacht ist dagegen gegeben, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn der Geschäftspartner annehmen durfte, der Vertretene kenne und billige das Handeln des Vertre- ters (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 13. Juli 1977 - VIII ZR 243/75, WM 1977, 1169 unter IV mwN; vom 10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04, aaO Rn. 25; BGH, Urteile vom 5. März 1998 - III ZR 183/96, NJW 1998, 1854 unter II 2 a mwN; vom 16. März 2006 - III ZR 152/05, BGHZ 166, 369 Rn. 17). Allerdings greifen die Rechtsgrundsätze der Anscheinsvollmacht in der Regel nur dann ein, wenn das Verhalten des einen Teils, aus dem der Geschäftsgegner auf die Bevollmächtigung des Dritten glaubt schließen zu können, von einer gewissen Dauer und Häufigkeit ist (Senatsurteile vom 13. Juli 1977 - VIII ZR 243/75, aaO; vom 10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04, aaO; BGH, Urteile vom 5. März 1998 - III ZR 183/96, aaO; vom 16. März 2006 - III ZR 152/05, aaO). Bei einem mit einer Identitätstäuschung verbundenen Handeln unter fremdem Namen ist bei Anwendung dieser Grundsätze auf das Verhalten des Namensträgers abzustellen (vgl. etwa LG Bonn, aaO).
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- Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist der Beklagten , die sich zum Zeitpunkt der unbefugten Nutzung ihres eBayMitgliedskontos bei ihrer Mutter in H. aufhielt, bereits nicht zum Vorwurf zu machen, sie hätte bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen und verhindern können, dass sich ihr Ehemann während ihrer Abwesenheit ihres eBay-Kontos bedienen würde. Hiergegen bringt die Revision nichts vor. Sie macht lediglich geltend, die Beklagte habe nach eigenem Vorbringen die Zugangsdaten nicht hinreichend vor dem Zugriff ihres Ehemanns geschützt. Der Umstand, dass sich der Ehemann der Beklagten von deren Zugangsdaten auf nicht näher bekannte Weise Kenntnis verschafft hat, besagt aber noch nicht, dass die Beklagte mit einer unbefugten Nutzung ihres Mitgliedskontos durch ihren Ehemann hätte rechnen müssen.
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- Unabhängig davon scheidet eine Anscheinsvollmacht auch deswegen aus, weil der Ehemann der Beklagten deren eBay-Zugang nach den - von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall zum ersten Mal genutzt hat. Es fehlt daher an einem von der Beklagten geschaffenen Vertrauenstatbestand, auf den sich der Kläger hätte stützen können (vgl. hierzu auch Senatsurteile vom 13. Juli 1977 - VIII ZR 243/75, aaO; vom 10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04, aaO; BGH, Urteil vom 16. März 2006 - III ZR 152/05, aaO). Auf das Erfordernis einer gewissen Häufigkeit oder Dauer der unbefugten Verwendung ihres Mitgliedskontos kann nicht schon deswegen verzichtet werden, weil dieses im Internetverkehr aufgrund der bei eBay erfolgten Registrierung allein der Beklagten zugeordnet wird. Denn auch wenn den Zugangsdaten für die Internetplattform eBay eine Identifikationsfunktion zukommt, weil das Mitgliedskonto nicht übertragbar und das ihm zugeordnete Passwort geheim zu halten ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2009 - I ZR 114/06, BGHZ 180, 134 Rn. 18 - Halzband), kann hieraus angesichts des im Jahr 2008 gegebenen und auch derzeit vorhandenen Sicherheitsstandards im Internet auch bei einem eBay-Account (vgl. zu den vielfältigen Möglichkeiten des Ausspähens und "Diebstahls" von Zugangsdaten Borges, NJW 2005, 3313 ff.) nicht zuverlässig geschlossen werden, dass unter einem registrierten Mitgliedsnamen ausschließlich dessen tatsächlicher Inhaber auftritt (so auch OLG Hamm, aaO S. 611; OLG Köln, aaO; LG Bonn, aaO; aA Herresthal, aaO S. 708).
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- dd) Anders als die Revision meint, muss sich die Beklagte nicht allein schon deswegen die von ihrem Ehemann unter Nutzung ihres eBay-Kontos abgegebenen Erklärungen zurechnen lassen, weil sie keine ausreichende Sicherheitsvorkehrungen gegen einen Zugriff ihres Ehemanns auf die maßgeblichen Kontodaten getroffen hat. Zwar hat der Bundesgerichtshof im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrechts eine unsorgfältige Verwahrung der Kontaktdaten eines eBay-Mitgliedskontos als eigenständigen Zurechnungsgrund für von einem Ehegatten unter Verwendung dieses Kontos begangene Urheberrechts- und/oder Markenrechtsverletzungen und Wettbewerbsverstöße genügen lassen (BGH, Urteile vom 11. März 2009 - I ZR 114/06, aaO Rn. 16 ff. - Halzband; vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 14 - Sommer unseres Lebens). Diese für den Bereich der deliktischen Haftung entwickelten Grundsätze lassen sich jedoch nicht auf die Zurechnung einer unter unbefugter Nutzung eines Mitgliedskontos von einem Dritten abgegebenen rechtsgeschäftlichen Erklärung übertragen. Denn während im Deliktsrecht der Schutz absoluter Rechte Vorrang vor den Interessen des Schädigers genießt, ist bei der Abgabe von auf den Abschluss eines Vertrages gerichteten Erklärungen eine Einstandspflicht desjenigen, der eine unberechtigte Nutzung seines passwortgeschützten Mitgliedskontos ermöglicht hat, nur dann gerechtfertigt, wenn die berechtigten Interessen des Geschäftspartners schutzwürdiger sind als seine eigenen Belange (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2009 - I ZR 114/06, aaO Rn. 19). Dies ist nicht schon allein deswegen der Fall, weil der Kontoinhaber bei eBay ein passwortgeschütztes Mitgliedskonto eingerichtet und sich den Betreibern dieser Plattform zur Geheimhaltung der Zugangsdaten verpflichtet hat (aA Herresthal, aaO S. 708 f.).
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- Das Gesetz (vgl. §§ 164, 177, 179 BGB [analog]) weist das Risiko einer fehlenden Vertretungsmacht des Handelnden dem Geschäftsgegner und nicht demjenigen zu, in oder unter dessen Namen jemand als Vertreter oder scheinbarer Namensträger auftritt (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1977 - VIII ZR 243/75, aaO). Eine Durchbrechung dieser Risikozuweisung ist nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn der "Vertretene" das Handeln des Dritten bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1977 - VIII ZR 243/75, aaO). Vielmehr ist in diesen Fällen für eine Zurechnung der von dem Dritten abgegebenen Erklärungen weiter zu fordern, dass der Geschäftsgegner annehmen durfte, der "Vertretene" kenne und billige das Verhalten des Dritten. Nur unter dieser zusätzlichen Voraussetzung ver- dient ein vom "Vertretenen" oder Namensträger möglicherweise schuldhaft mit verursachter Rechtsschein im Rechtsverkehr in der Weise Schutz, dass das Handeln des Dritten dem "Vertretenen" zugerechnet wird (Senatsurteil vom 13. Juli 1977 - VIII ZR 243/75, aaO). Ein solcher Vertrauenstatbestand lässt sich - wie oben unter II 1 b cc (2) ausgeführt - jedoch nicht allein daraus ableiten , dass den Zugangsdaten eines bei eBay registrierten Mitgliedskontos eine Identifikationsfunktion zukommt (OLG Köln, aaO; OLG Hamm, aaO; LG Bonn, aaO; aA Herresthal, aaO S. 707 ff.).
- 21
- 2. Eine Haftung der Beklagten lässt sich schließlich auch nicht aus § 2 Ziffer 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay ableiten. Diese sehen zwar vor, dass Mitglieder grundsätzlich für "sämtliche Aktivitäten" haften, die unter Verwendung ihres Mitgliedskontos vorgenommen werden. Da diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch jeweils nur zwischen eBay und dem Inhaber eines Mitgliedskontos vereinbart sind, kommt ihnen keine unmittelbare Geltung zwischen Anbieter und Bieter zu. Sie können allenfalls für die Auslegung der vor ihrem Hintergrund erfolgten Erklärungen Bedeutung gewinnen. Die vom Ehemann der Beklagten unter ihrem Namen abgegebenen Erklärungen können aber der Beklagten nur über die - vorliegend nicht eingreifenden - Grundsätze der Duldungs- oder der Anscheinsvollmacht zugerechnet werden. Eine darüber hinausgehende Haftung könnte die Klausel nur dann begründen, wenn hierin zugunsten zukünftiger Vertragspartner ein Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 BGB oder ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte zu sehen wäre (zum Meinungsstand vgl. Borges, aaO S. 3315; vgl. ferner Herresthal, aaO S. 709 f.). Ob dies der Fall ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn eine solche in ihrem Umfang unbegrenzte Haftungsverpflichtung des Kontoinhabers gegenüber beliebig vielen potentiellen Auktionsteilnehmern ginge weit über die Rechtsgrundsätze der Rechtsscheinhaftung hinaus und hielte einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand, da sie bei der gebotenen kun- denfeindlichsten Auslegung auch für die Fälle Geltung beanspruchen würde, in denen der Kontoinhaber die unbefugte Nutzung des Mitgliedskontos weder kannte noch diese hätte verhindern können (iE auch Borges, aaO, allerdings ohne AGB-rechtliche Anknüpfung). Die in § 2 Ziffer 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay vorgesehene Haftungsregelung kann daher allenfalls - ähnlich wie dies bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Herausgeber von EC-Karten der Fall ist (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 312) - eine Einstandspflicht des Kontoinhabers gegenüber dem Plattformbetreiber für diesem entstandene Schäden begründen. Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger
LG Dortmund, Entscheidung vom 23.12.2008 - 3 O 508/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 20.07.2009 - I-2 U 50/09 -
(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.
(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 05. April 2017 - 12 K 473/16 - geändert.
Ziffer 2 des Bescheides des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 02.10.2015 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheides vom 18.12.2015 wird insoweit aufgehoben als ein Betrag von mehr als 790,00 EUR zurückgefordert wurde.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.785,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.01.2016 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Wird ein Beamter, Richter oder Soldat durch eine gesetzliche Änderung seiner Bezüge einschließlich der Einreihung seines Amtes in die Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen rückwirkend schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten.
(2) Im Übrigen regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden.
(3) Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten auf ein Konto bei einem Geldinstitut überwiesen wurden, gelten als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle zurück zu überweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordert. Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden.
(4) Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten zu Unrecht erbracht worden sind, haben die Personen, die die Geldleistungen in Empfang genommen oder über den entsprechenden Betrag verfügt haben, diesen Betrag der überweisenden Stelle zu erstatten, sofern er nicht nach Absatz 3 von dem Geldinstitut zurücküberwiesen wird. Ein Geldinstitut, das eine Rücküberweisung mit dem Hinweis abgelehnt hat, dass über den entsprechenden Betrag bereits anderweitig verfügt wurde, hat der überweisenden Stelle auf Verlangen Namen und Anschrift der Personen, die über den Betrag verfügt haben, und etwaiger neuer Kontoinhaber zu benennen. Ein Anspruch gegen die Erben bleibt unberührt.
(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.
(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.
(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.
(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.
(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.
(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.
(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.
(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.
(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.