Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 01. Juni 2015 - 9 K 1234/14.A

ECLI:ECLI:DE:VGAC:2015:0601.9K1234.14A.00
bei uns veröffentlicht am01.06.2015

Tenor

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juni 2014 wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 01. Juni 2015 - 9 K 1234/14.A

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 01. Juni 2015 - 9 K 1234/14.A

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung
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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


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Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 51 Wiederaufgreifen des Verfahrens


(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn 1. sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen g

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2015 - 13a ZB 15.50053

bei uns veröffentlicht am 14.04.2015

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gege

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. März 2015 - 11 ZB 14.50046

bei uns veröffentlicht am 05.03.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Die Beklagte

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. Apr. 2015 - A 11 S 121/15

bei uns veröffentlicht am 29.04.2015

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. November 2014 - A 3 K 4877/13 - wird zurückgewiesen.Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 07. März 2014 - 1 A 21/12.A

bei uns veröffentlicht am 07.03.2014

Tenor Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Rechtszügen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläg
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 01. Juni 2015 - 9 K 1234/14.A.

Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 19. Aug. 2015 - 6 K 2553/14.A

bei uns veröffentlicht am 19.08.2015

Tenor Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 18. Dezember 2014 wird aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Beklagte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar

Referenzen

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.II.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Beklagte wendet sich gegen die Aufhebung des Bescheids vom 15. Januar 2014, mit dem sie den Asylantrag der Kläger für unzulässig erklärt und die Abschiebung nach Polen angeordnet hat.

Die Kläger sind russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit und haben nach eigenen Angaben am 28. April 2013 in Polen Asyl beantragt. Am 13. Juni 2013 reisten sie in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 17. Oktober 2013 Asylanträge. Am 2. Dezember 2013 richtete die Beklagte ein Übernahmeersuchen an die Republik Polen. Die polnischen Behörden stimmten der Übernahme der Kläger am 6. Dezember 2013 nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. e Dublin II-VO zu. Mit Bescheid vom 15. Januar 2014 erklärte die Beklagte den Asylantrag für unzulässig (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Polen an (Nr. 2). Das Verwaltungsgericht Regensburg lehnte den Antrag der Kläger auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss vom 28. Januar 2014 (RO 9 S 14.30084) ab und hob den Bescheid mit Gerichtsbescheid vom 24. Oktober 2014 auf. Mit Ablauf der Überstellungsfrist am 28. Juli 2014 sei die Zuständigkeit auf die Beklagte übergegangen (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO). Eine Abschiebung nach Polen sei nicht mehr möglich. Eine Umdeutung in eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylVfG komme nicht in Betracht.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Kläger entgegentreten. Die Beklagte macht Gründe nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AsylVfG geltend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AsylVfG nicht vorliegen.

1. Der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts weicht nicht von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Februar 1998 (BVerwG 9 C 28.97 - BVerwGE 106, 171) ab.

Eine Divergenz nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG setzt voraus, dass ein Rechts- oder Tatsachensatz des Verwaltungsgerichts von einem tragenden Rechts- oder Tatsachensatz des übergeordneten Gerichts abweicht und das Urteil darauf beruht. Der fragliche Rechts- oder Tatsachensatz des Verwaltungsgerichts muss sich auf dieselbe Rechtsnorm beziehen wie die Entscheidung, von der die Abweichung behauptet wird; die bloße Vergleichbarkeit der Regelungsinhalte genügt nicht (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 42; BVerwG, B. v. 28.1.2004 - 6 PB 15/03 - NVwZ 2004, 889).

Eine solche Abweichung liegt hier nicht vor. Die Beklagte macht mit ihrem Antrag selbst geltend, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Februar 1998 zur Folgeantragsregelung nach § 71 AsylVfG und nicht zu einer Entscheidung über die Zuständigkeit nach § 27a AsylVfG i. V. m. der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EG L 50 S. 1, Dublin II-VO), ergangen ist. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Regelungen, denn § 27a AsylVfG betrifft die Behandlung eines Asylantrags im Falle der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats im System des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, während § 71 AsylVfG die Behandlung eines Folgeantrags, für den die Bundesrepublik Deutschland zuständig ist, regelt. Auf § 71a AsylVfG, dessen Regelungsgehalt dem des § 71 AsylVfG sehr ähnlich ist, hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung nicht gestützt, sondern hat ausgeführt, dass eine Umdeutung der Nr. I des Bescheids vom 15. Januar 2014 in eine Ablehnung nach § 71a AsylVfG nicht in Betracht komme.

2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass eine im Zulassungsantrag darzulegende konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ, a. a. O. Rn. 36).

Die Beklagte hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob bei einem als unzulässig i. S. d. § 27a AsylVfG abgelehnten Asylantrag eine isolierte Anfechtungsklage die zulässige Klageart darstellt oder vielmehr eine Verpflichtungsklage zu erheben ist, jedenfalls wenn es sich bei dem Asylantrag um einen Zweitantrag i. S. d. § 71a AsylVfG handelt, und ob die Tatsachengerichte verpflichtet sind, das Asylbegehren auch in der Sache spruchreif zu machen.

Diese Fragen rechtfertigen mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Berufung. Sie sind durch die neuere obergerichtliche Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt. Zahlreiche Oberverwaltungsgerichte einschließlich des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Urteil vom 28. Februar 2014 (13a B 13.30295 - BayVBl 2014, 628) sind der Ansicht, dass statthafte Klageart gegen eine Feststellung nach § 27a AsylVfG die Anfechtungsklage ist (siehe NdsOVG, B. v. 6.11.2014 - 13 LA 66/14 - AuAS 2014, 273; OVG Saarl, B. v. 12.9.2014 - 2 A 191/14 - juris; VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293; OVG NW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - DVBl 2014, 790; OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 643/12 - juris). Es besteht daher kein weitergehender Klärungsbedarf, der die Durchführung eines Berufungsverfahrens erforderlich machen würde (vgl. ausführlich BayVGH, B. v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 - juris; OVG Hamburg, B. v. 2.2.2015 - 1 Bf 208/14.AZ - juris).

Soweit die Beklagte meint, es sei grundsätzlich klärungsbedürftig, „ob die Aufrechterhaltung einer mit Unzulässigkeit gemäß § 27a AsylVfG begründeten Ablehnung der inhaltlichen Asylantragsprüfung auf anderer Rechtsgrundlage bzw. die Umdeutung einer so begründeten Entscheidung nach der asylverfahrensrechtlichen Konzeption ausscheidet, insbesondere dann, wenn es sich um den Fall eines Zweitantrags i. S. d. § 71a AsylVfG handelt und ob sich das Tatsachengericht darauf beschränken darf, in der Konstellation des ohne Statuszuerkennung, d. h. erfolglos abgeschlossenen Verfahrens in einem anderen Mitgliedstaat der Dublin-Verordnung, für die Aufhebung eines behördlich zum Nachteil des Antragstellers mit Verweis auf § 27a AsylVfG ergangenen Bescheides hinsichtlich des im Bundesgebiet weiteren Asylbegehrens nur zu prüfen und festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Ablehnung nach § 27a AsylVfG nicht (mehr) erfüllt sind, oder ob es noch der weitergehenden Feststellung bedarf, dass überhaupt ein verfahrensrelevanter Asylantrag vorliegt, weil die Verfahrenszuständigkeit Deutschlands besteht und zudem Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG dargetan sind“, führt auch dies nicht zur Zulassung der Berufung.

Die Klage wurde von Anfang an als Anfechtungsklage erhoben und eine Verpflichtung auf Anerkennung als Asylberechtigte, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutzes wurde nicht begehrt. Deshalb hat sich dem Verwaltungsgericht im Rahmen des § 88 VwGO nicht die Frage gestellt, ob es weitergehender Feststellungen hinsichtlich möglicher Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG bedarf (s. BayVGH, B. v. 23.1.2015 a. a. O. Rn. 9).

Selbst wenn man einen solchen Verpflichtungsantrag als konkludent gestellt ansehen würde (vgl. BayVGH, U. v. 28.2.2014 a. a. O. Rn. 22), ist eine grundsätzliche Bedeutung nicht hinreichend dargetan. Die Frage, ob eine Aufrechterhaltung der Ablehnung der inhaltlichen Asylantragsprüfung auf anderer Rechtsgrundlage oder eine Umdeutung nach der asylverfahrensrechtlichen Konzeption ausscheidet, ob also eine Umdeutung eines auf § 27a AsylVfG gestützten Bescheids in einen Bescheid nach § 71a AsylVfG überhaupt möglich ist, war für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Umdeutung schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil die materiellen Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VwVfG nicht vorliegen. Danach kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass ein Bescheid nach § 71a AsylVfG nicht nach der geschehenen Verfahrensweise hätte erlassen werden können, weil dafür eine Anhörung zu den maßgeblichen Tatsachen und Umständen hätte erfolgen müssen und Feststellungen zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG erforderlich gewesen wären. Zudem sei eine Umdeutung der Nr. II des Bescheids in eine Abschiebungsandrohung in den Herkunftsstaat auch nicht auf das gleiche Ziel gerichtet wie eine Abschiebungsanordnung in den zuständigen Mitgliedstaat nach § 27a AsylVfG. Eine Auseinandersetzung damit, ob in der asylverfahrensrechtlichen Konzeption überhaupt eine Umdeutung möglich ist, war für das Verwaltungsgericht deshalb nicht veranlasst.

Im Übrigen führt die Beklagte auch nur aus, dass die Voraussetzungen für eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylVfG vorliegen würden, da sie insbesondere für eine solche Entscheidung zuständig sei, inhaltlich keine andere Entscheidung als die vorliegende hätte getroffen werden können und die Kläger durch eine Umdeutung auch nicht in ihren Rechten verletzt seien. Die von der Beklagten damit gestellte Frage, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VwVfG erfüllt sind, beurteilt sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalles und ist einer verallgemeinerungsfähigen, rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Es wird damit die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung in Frage gestellt, aber kein grundsätzlicher Klärungsbedarf aufgezeigt.

Es bedarf deshalb auch keiner Entscheidung darüber, ob der Gerichtsbescheid aus anderen Gründen richtig ist. Die Beklagte geht ausweislich ihrer Begründung des Zulassungsantrags selbst davon aus, dass die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung des Asylantrags der Kläger nach § 71a AsylVfG zuständig ist. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid hatte sie demgegenüber festgestellt, dass der Asylantrag unzulässig ist, weil die Bundesrepublik Deutschland nach der Dublin II-VO nicht zuständig ist. Die Zuständigkeit könnte daher auch im Rahmen eines konkludenten Selbsteintritts nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin II-VO auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen sein, indem die Beklagte die Voraussetzungen für eine Umdeutung des auf § 27a AsylVfG gestützten Bescheids in einen ablehnenden Bescheid nach § 71a AsylVfG offensichtlich geprüft und bejaht hat.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

4. Dieser Beschluss, mit dem der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts rechts- kräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. November 2014 - A 3 K 4877/13 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die in den Jahren 1980, 1982, 2002, 2004, 2006, 2008, 2010 und 2012 geborenen Kläger sind russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten am 16.06.2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 17.06.2013 Asylanträge.
Bei ihrer auf den Flucht- und Reiseweg beschränkten Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gaben die Kläger Ziffer 1 und 2 unter anderem an, sie hätten bereits zuvor am 12.06.2013 in Polen Asylanträge gestellt.
Auf ein entsprechendes Ersuchen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21.10.2013 erklärten die zuständigen polnischen Behörden mit Schreiben vom 24.10.2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II.
Hierauf stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 22.11.2013 fest, dass die Asylanträge unzulässig sind, und ordnete die Abschiebung der Kläger nach Polen an.
Die Kläger erhoben am 05.12.2013 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart und trugen zu deren Begründung zunächst vor, dass Tschetschenen auch vor Übergriffen im europäischen Ausland nicht zurückschreckten, zeige die Verurteilung von drei Attentätern durch die österreichische Justiz wegen der Tötung von Umar Isrilov am 13.01.2009. Deshalb habe die Beklagte vorliegend ausnahmsweise von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Bei der Klage handle es sich um eine Anfechtungsklage kombiniert mit einer Untätigkeitsklage. Die Untätigkeit ergebe sich daraus, dass das Bundesamt gegenüber dem zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe mittlerweile eingeräumt habe, dass die Frist für ihre Rücküberstellung am 10.07.2014 abgelaufen sei. Im Übrigen sei sie, die Klägerin Ziffer 2, nicht reisefähig. Ergänzend wurden drei ärztliche Befundberichte des C. Bad Göppingen, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 08.04., 04.08. und 02.10.2014 sowie eine ausführliche psychologische Stellungnahme der Diplom-Psychologin R... M... vorgelegt, bei der sich die Klägerin Ziffer 2 seit dem 11.06.2014 in tiefenpsychologisch fundierter traumaadaptierter Psychotherapie befindet.
Die Beklagte trat den Klagen aus den Gründen des angefochtenen Bescheids entgegen.
Ein von den Klägern betriebenes Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes blieb erfolglos (Beschluss vom 02.01.2014 - A 3 K 4848/13).
In der mündlichen Verhandlung gab die Klägerin Ziffer 2 nach ihrem Gesundheitszustand befragt an, neben ihren massiven psychischen Problemen, wegen derer sie nach wie vor in psychologischer Behandlung sei, habe sie nun auch noch Probleme mit dem Herzen.
Durch Urteil vom 11.11.2014 hob das Verwaltungsgericht den angegriffenen Bescheid auf. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus: Die Klage sei lediglich teilweise als (isolierte) Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 22.11.2013 zulässig. Dies gelte auch insoweit, als die Beklagte den Asylantrag der Kläger als unzulässig verbeschieden habe. In den Fällen, in denen die Beklagte einen von einem Ausländer gestellten ersten Asylantrag noch nicht in der Sache beschieden habe, sei nämlich kein Raum für eine Verpflichtungsklage.
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Die danach allein zulässige Anfechtungsklage sei auch begründet. Der angefochtene Bescheid sei rechtwidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten. Dies folge allerdings nicht schon aus § 27a AsylVfG. Danach sei ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei. Für die Durchführung des Asylverfahrens der Kläger sei Polen zuständig. Auch seien den vorliegenden Erkenntnisquellen keine systemischen Mängel im Asylverfahren in Polen zu entnehmen. Indessen erweise sich die im angefochtenen Bescheid enthaltene Abschiebungsanordnung jedenfalls in dem für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als rechtswidrig. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordne das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, sobald feststehe, dass die Abschiebung durchgeführt werden könne. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht erfüllt. Zwar sei eine Abschiebung der Kläger nach Polen nicht wegen Ablaufs der Überstellungsfrist unzulässig geworden. Jedoch liege bei der Klägerin Ziffer 2 im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein inländisches Vollstreckungshindernis vor. Es sei anerkannt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anders als bei Erlass einer Abschiebungsandrohung bei Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a AsylVfG auch inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse und Duldungsgründe zu prüfen habe. Aus den von den Klägern mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 13.10.2014 vorgelegten Unterlagen ergäben sich nach Überzeugung des Gerichts bereits hinreichende Anhaltspunkte für eine Reiseunfähigkeit der Klägerin Ziffer 2 im entscheidungserheblichen Zeitpunkt. Liege jedoch bei der Klägerin Ziffer 2 im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein inländisches Vollstreckungshindernis vor, erstrecke sich dieses im Hinblick auf das Erfordernis der Wahrung der Familieneinheit gemäß Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 bis 11 VO Dublin III auch auf die anderen Kläger des vorliegenden Verfahrens.
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Das Urteil wurde der Beklagten am 21.11.2014 zugestellt.
12 
Am 17.12.2014 beantragte die Beklagte die Zulassung der Berufung.
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Durch am 23.01.2015 der Beklagten zugestellten Beschluss vom 14.01.2015 ließ der Senat die Berufung zu, soweit die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids aufgehoben worden war, und lehnte den Antrag im Übrigen ab.
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Am 23.02.2015 begründete die Beklagte die Berufung unter Stellung eines Antrags und unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen im Zulassungsantrag. Die Überstellungsfrist nach der VO Dublin II sei zwar mittlerweile abgelaufen, es sei auch nicht mehr beabsichtigt, die Kläger nach Polen zu überstellen. Polen würde zwar im Falle einer Rückkehr bis zu zwei Jahre nach einer erfolgten vorläufigen Einstellung des Verfahrens dieses wiedereröffnen. Es müsse jedoch davon ausgegangen werden, dass Polen im Falle einer Einreise der Kläger ein Wiederaufnahmeersuchen an die Bundesrepublik stellen würde. Damit könne die im Streit befindliche Entscheidung, wonach die Asylanträge unzulässig seien, nicht mehr auf § 27a AsylVfG gestützt werden. Allerdings lägen mittlerweile Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG vor. Da aber die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorlägen, könne die angegriffene Entscheidung insoweit aufrechterhalten bleiben, jedenfalls könnten die Kläger nicht in eigenen Rechten verletzt sein. Ungeachtet dessen sei der isolierte Anfechtungsantrag schon nicht zulässig. Das Verwaltungsgericht wäre verpflichtet gewesen, die Sache spruchreif zu machen. Deshalb seien die Klagen mit dem Anfechtungsantrag auch aus diesem Grund abzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
16 
das Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart vom 11.11.2014 - A 3 K 4877/13 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.
17 
Die Kläger beantragen,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Sie machen sich im Wesentlichen das angegriffene Urteil zu eigen.
20 
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
21 
Dem Senat lagen die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie rechtzeitig und den gesetzlichen Formerfordernissen genügend begründet.
23 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
24 
Die Klage gegen die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids ist als Anfechtungsklage statthaft und im Übrigen zulässig (vgl. hierzu im Folgenden). Insbesondere hat sich der Rechtsstreit nicht durch den lediglich im Entwurf vorgelegten Bescheid vom 28.04.2015 erledigt, der den Klägern bislang noch nicht zugestellt wurde. Im Übrigen hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Ziffer 1 nicht als Zweitbescheid, sondern lediglich als Erläuterung und Bekräftigung der Rechtsauffassung der Beklagten zu verstehen sei.
25 
Sie ist auch in der Sache begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Ziffer 1 des Bescheids der Beklagten vom 22.11.2013, die allein noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Ergebnis zu Recht aufgehoben.
26 
Nach dem für den Senat gem. § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung ist die Ziffer 1, mit der die Asylanträge der Kläger gem. § 31 Abs. 6 AsylVfG der Sache nach als unzulässig abgelehnt wurden (vgl. zur Auslegung des Tenors Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77), rechtswidrig und verletzt die Kläger auch in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
27 
Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand sind die Asylanträge nicht mehr unzulässig im Sinne des § 27a AsylVfG, weil die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden ist. Maßgeblich für die Beantwortung der Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig ist, ist hier allein die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (VO Dublin II), denn im vorliegenden Fall haben die Kläger nicht nur ihre Asylanträge vor dem 01.01.2014 (vgl. Art. 49 Abs. 2 Satz 2 VO (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 - VO Dublin III) gestellt, vielmehr wurde auch das Wiederaufnahmegesuch vor diesem Datum eingereicht.
28 
Polen hat dem Wiederaufnahmeersuchen der Bundesrepublik Deutschland am 24.10.2013 zugestimmt, weshalb die Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II an sich am 24.04.2014 fruchtlos abgelaufen wäre. Da die Kläger das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ohne Erfolg betrieben hatten, war der Fristlauf zwar im Zeitraum zwischen dem Zugang des angegriffenen Bescheids (frühestens am 27.11.2013, dem Tag nach der Datierung des dem Bescheid beigefügten Anschreibens vom 26.11.2013) bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 02.01.2014 gehemmt (vgl. zu alledem Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - InfAuslR 2014, 452). Der Senat geht davon aus, dass während des Laufs der Wochenfrist nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG sowie im Zeitraum bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 02.01.2014 mit Rücksicht auf § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG die Abschiebung unmittelbar kraft Gesetzes ausgesetzt und der Ablauf der Frist gehemmt war (vgl. im Einzelnen GK-AsylVfG, § 27a, Rn. 228). Dieses zugrunde gelegt, wäre die Frist aber spätestens Ende Juni/Anfang Juli 2014 abgelaufen. Infolge des Fristablaufs ist nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik übergegangen. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dann, wenn eine Überstellung noch zeitnah möglich wäre, weil Polen den Fristablauf nicht einwendet, sich die Kläger allerdings auf den Zuständigkeitsübergang nicht berufen könnten (vgl. Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293 und vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris). Es entspricht der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs, dass, sofern spezialgesetzlich keine besonderen Ausnahmen geregelt sind (wie z.B. in Art. 8 VO Dublin II), Antragsteller auf internationalen Schutz grundsätzlich kein subjektives Recht auf Prüfung ihres Antrags in einem bestimmten Mitglied- oder Vertragsstaat haben, und Fehler bei der Auslegung und Unzulänglichkeiten bei der Anwendung der Zuständigkeitsregelungen der Verordnung grundsätzlich irrelevant sind (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170, und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208; vgl. auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/ 13 - InfAuslR 2014, 293). Daraus folgt - dem unionsrechtlichen System immanent - notwendigerweise, dass ein allein infolge des Ablaufs einer Frist für die Stellung eines Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeersuchens oder für die Durchführung einer Überstellung erfolgter gesetzlicher Übergang der Zuständigkeit noch kein subjektives Recht berühren kann (vgl. Senatsurteile vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293, vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - NVwZ 2015, 92, und vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris; ebenso OVG Schl.-Holst., Beschluss vom 24.02.2015 - 2 LA 15/15 - juris; Nieders. OVG, Beschluss vom 06.11.2014 - 13 LA 66/14 - juris; Hess. VGH, Beschluss vom 25.08.2014 - 2 A 975/14 A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; so wohl auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 14.07.2014 - 1 B 9/14, 1 PKH 10/14 - juris; Berlit, jurisPR-BVerwG, 17/2014, Anm. 2). Deshalb wurde entgegen verschiedener gegenteiliger Stimmen in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.2015 - 22 K 2262/14.A - juris) dieser Fragenkomplex durch den Europäischen Gerichtshof eindeutig beantwortet. Eine andere Frage ist, ob im Falle einer unzumutbaren Verzögerung der Durchführung des Aufnahme- und/oder Überstellungsverfahrens durch den Mitgliedstaat der Antragstellung für die Betroffenen die Möglichkeit bestehen muss, eine sachliche Prüfung durch den Antragsmitgliedstaat zu erzwingen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/ 13 - InfAuslR 2014, 293). Eine solche Fallkonstellation liegt hier jedoch nicht vor.
29 
Hieran hat sich im Übrigen durch die nunmehr in Kraft getretene VO Dublin III nichts Grundsätzliches geändert. Die Tatsache, dass möglicherweise der gerichtliche Rechtsschutz tendenziell aufgewertet wurde (vgl. den 19. Erwägungsgrund; vgl. aber auch schon Art. 19 Abs. 2 Sätze 3 und 4 VO Dublin II und Art. 47 GRCh), vermag die - völlig unveränderte - Grundstruktur des Dublin-Mechanismus nicht infrage zu stellen (so aber etwa Karlsruhe, Beschluss vom 30.11.2014 - A 5 K 20026/14 - juris) und die jeweils für jede Konstellation erforderliche Feststellung des subjektiven Rechts bzw. der klagefähigen Rechtsposition, deren Verwirklichung die Rechtsschutzgarantie dienen soll, nicht zu ersetzen.
30 
Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch an einer Übernahmebereitschaft Polens. Es ist auch nicht ersichtlich, dass noch ein anderer Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig sein könnte. Das folgt schon daraus, dass infolge des Ablaufs der Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II (jetzt Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III) die Zuständigkeit endgültig auf die Bundesrepublik übergegangen ist, selbst wenn vorher noch die Zuständigkeit eines anderen Staates im Raum gestanden hätte (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, 2014, Art. 29 Rn. K 9).
31 
Eine Rückkehr der Kläger nach Polen mag zwar möglich sein; eine formlose Wiedereröffnung des Asylverfahrens (vgl. ausführlich noch unten zu den unionsrechtlichen Vorgaben für eine Wiedereröffnung eines Asylverfahrens) wäre nach der Rechtslage in Polen an sich auch nicht ausgeschlossen, weil die Kläger ihre Asylanträge in Polen am 12.06.2013 gestellt haben und die Frist von zwei Jahren nach erfolgter vorläufiger Einstellung des Verfahrens noch nicht abgelaufen ist (vgl. hierzu auch aida, National Country Report Poland, Stand Juni 2014, S. 21). Unter diesen Voraussetzungen könnte auch erwogen werden, dass die Kläger kein Sachbescheidungsinteresse haben und daher die Asylanträge aus diesem Grund unzulässig sind. Eine Prüfung der Anträge wird aber nach den Ermittlungen der Beklagten in Polen deshalb nicht erfolgen, weil sich Polen auf die Zuständigkeit der Bundesrepublik berufen und eine Überstellung der Kläger betreiben würde.
32 
In der vorliegenden Konstellation, in der die Bundesrepublik Deutschland nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II (vgl. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III) ausschließlich zuständig geworden ist und eine Überstellung in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaat Polen nicht (mehr) möglich ist, liegen die Voraussetzungen für die Ablehnung der Anträge als unzulässig im Sinne des § 27a i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylVfG nicht mehr vor und die Kläger können die Durchführung der Asylverfahren durch die Bundesrepublik Deutschland beanspruchen. Dabei kann eine rein theoretische Überstellungsmöglichkeit, die nicht durch konkrete aussagekräftige und auch eine überschaubare zeitliche Dimension der Überstellung umfassende Fakten untermauert wird, nicht genügen, da andernfalls das dem Dublinsystem immanente Beschleunigungsgebot (vgl. EuGH Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417, Rn. 79, und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, Rn. 53) verletzt wird. Der Senat kann in diesem Zusammenhang offen lassen, in welchem genauen zeitlichen Rahmen eine Überstellung noch möglich sein muss. Ein Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens durch die Bundesrepublik Deutschland ist deshalb zu bejahen, weil dem Zuständigkeitssystem nämlich zugrunde liegt, dass die Antragsteller ein durchsetzbares Recht haben müssen, dass die Anträge jedenfalls von einem Mitglied- oder Vertragsstaat zeitnah geprüft werden. Dieses ergibt sich unmissverständlich aus Art. 3 Abs. 1 VO Dublin II bzw. Art. 3 Abs. 1 VO Dublin III (vgl. auch den 4. Erwägungsgrund der VO Dublin II sowie den 5. Erwägungsgrund der VO Dublin III). Eine andere Sichtweise würde dem Grundanliegen des gemeinsamen europäischen Asylsystems widersprechen. Dieses darf um seiner Effektivität willen nicht so ausgelegt und angewandt werden, dass die betroffenen Antragsteller in keinem Staat eine Prüfung ihres Schutzgesuchs erhalten können und – wenn auch nicht dem potentiellen Verfolger ausgeliefert – doch ohne den im Unionsrecht vorgesehenen förmlichen Schutzstatus bleiben. Andererseits bedeutet dies nicht, dass den Betroffenen prinzipiell nicht ein erfolgloses und abgeschlossenes Verfahren, das in einem Mitglied- oder Vertragsstaat durchgeführt worden war, entgegengehalten werden könnte (vgl. hierzu noch im Folgenden).
33 
Vor diesem Hintergrund kann die angegriffene Ziffer 1 nicht mehr auf § 27a i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylVfG gestützt werden und ist daher aufzuheben.
34 
Der Beklagten ist im Ausgangspunkt zwar nicht zu widersprechen, dass eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Verfügung nicht allein deshalb aufzuheben ist, weil die für die Verfügung herangezogene und in der Begründung als maßgeblich zugrunde gelegte Rechtsgrundlage diese nicht (mehr) zu tragen vermag, wenn sie gleichwohl in anderen rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen ihre Rechtfertigung erfährt (vgl. etwa Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 79 ff. m.w.N.). Dieser Gesichtspunkt kann aber hier ein Aufrechterhalten der angegriffenen Verfügung nicht rechtfertigen.
35 
Dabei ergeben sich im vorliegenden Fall zunächst Besonderheiten schon deshalb, weil es der Sache nach auch um die Versagung einer Begünstigung geht, nämlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, ggf. auch des subsidiären Schutzstatus (vgl. § 13 AsylVfG in der seit 01.12.2013 geltenden Fassung). Vorrangig ist daher die von der Beklagten zu Recht aufgeworfene Frage zu beantworten, ob der Senat verpflichtet ist, die Sache spruchreif zu machen (vgl. allgemein Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 422 ff. m.w.N.). Ungeachtet der hier noch offen zu lassenden Frage, ob mittlerweile, wie die Beklagte meint, der Sache nach sog. Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG vorliegen, verneint der Senat dieses (vgl. schon ausführlich Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - juris, Rn. 18). Selbst wenn hier mittlerweile Zweitanträge vorlägen (vgl. aber noch im Folgenden), so bestünde gleichwohl keine Verpflichtung zur Spruchreifmachung und zu einer Entscheidung hierüber. Abgesehen davon, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861) aus der Sicht des Senats ohnehin erheblichen Bedenken begegnet, auf die das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil bereits zutreffend hingewiesen hat, bestehen schon gegenüber der zugrunde liegenden Folgeantragssituation nach § 71 AsylVfG zusätzliche grundlegende Unterschiede, die zu den Einwänden gegen eine Verpflichtung zur Spruchreifmachung im Falle eines Folgeantrags (vgl. ausführlich GK-AsylVfG, § 71 Rn. 296 ff., demnächst Rn. 367 ff.) noch hinzutreten. Geht man sachgerecht davon aus, dass die von den Klägern am 17.06.2013 eingereichten Asylanträge sinngemäß unter allen denkbaren Gesichtspunkten, also auch unter dem Aspekt eines möglichen Folgeschutzgesuchs, gestellt worden waren, konnten diese Anträge zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten am 22.11.2013 wegen der Zuständigkeit Polens keine Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG sein und wurden auch nicht als solche beschieden. Des Weiteren kann nicht außer Acht gelassen werden, dass in einem Zweitantragsverfahren umfangreichere Verfahrensgarantien bestehen, insbesondere auch nach § 25 AsylVfG (i.V.m. § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) – jedenfalls in der Regel – eine Anhörung stattzufinden hat, bei der sich das Bundesamt auch der (formellen und materiellen) Grundlagen des notwendigerweise in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat durchgeführten Erstverfahrens zu vergewissern hat (vgl. GK-AsylVfG § 71a Rn. 30 ff.). Auch ist originär und nicht nur in einem Wiederaufnahmeverfahren in Bezug auf den Herkunftsstaat über das Bestehen nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu entscheiden, um das unionsrechtliche und völkerrechtliche Refoulement-Verbot zu sichern. Diese Aufgabe ist zuvörderst dem mit besonderem Sachverstand ausgestatteten Bundesamt zugewiesen (vgl. hierzu auch § 72 Abs. 2 AufenthG). Weiter ist zu bedenken, dass das Verfahren im Falle der negativen Vorprüfen der Asylrelevanz wie auch im Falle einer negativen Sachprüfung auf eine Aufenthaltsbeendigung in den Herkunftsstaat gerichtet ist, was – insofern anders als im Folgeverfahren (vgl. § 71 Abs. 5 AsylVfG) – zwingend den erstmaligen Erlass einer Abschiebungsandrohung nach sich ziehen muss (vgl. § 71a Abs. 4 AsylVfG). Nicht anders als in den Fällen der zu Unrecht erfolgten Behandlung eines Asylantrags nach § 32 oder § 33 AsylVfG (vgl. nochmals BVerwG, Urteile vom 07.03.1995 - 9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80, und vom 05.09.2013 - 10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) gebietet der in § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO niedergelegte Grundsatz, wonach die Verwaltungsgerichte grundsätzlich verpflichtet sind, den Rechtsstreit spruchreif zu machen, im vorliegenden Fall eine Entscheidung zur Sache durch den Senat nicht, wenn wesentliche Verfahrensgrundlage aufgrund der früher (an sich noch zu Recht) vorgenommenen Weichenstellung bislang ungeklärt geblieben sind (vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 43; Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl., § 113 Rn. 101 f.).
36 
Schließlich kann - ungeachtet der vorliegenden Fallkonstellation, für die, wie dargelegt, feststeht, dass eine formlose Wiedereröffnung des Verfahrens in Polen möglich ist - gar nicht immer pauschal unterstellt werden, dass überhaupt eine „Zweitantragssituation“ vorliegt und daher möglicherweise zumindest von konkludent und (nur) hilfsweise durch die Kläger gestellten Hilfsanträgen ausgegangen werden muss. Denn § 71a AsylVfG setzt nicht anders als § 71 AsylVfG, dem die Vorschrift sachlich nachgebildet ist, voraus, dass das Verfahren im anderen Mitglied- oder Vertragsstaat erfolglos, d.h. unanfechtbar abgeschlossen wurde (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 71a Rn. 14 f.). Schon unter der Geltung der Verordnung Dublin II sowie der Richtlinie 2005/85/EG vom 01.12.2005 (Verfahrensrichtlinie – VRL a.F.) war es den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie im Falle einer konkludenten Rücknahme bzw. eines Nichtbetreibens des Verfahrens im ersten Mitgliedstaat, wovon in Anbetracht fehlender Anhaltspunkte im Falle der Kläger auszugehen sein wird (vgl. auch zur Praxis Polens aida, a.a.O.), die Fortsetzung des Verfahrens nur im Regime des Folgeantrags zulassen oder - weitergehend - eine formlose Wiedereröffnung ermöglichen (vgl. Art. 20 Abs. 2 UA 1 VRL a.F.). Im letzteren Fall hätte der Zuständigkeitsübergang auf die Bundesrepublik Deutschland aber die notwendige Folge, dass nicht von einem „erfolglosen Abschluss des Asylverfahrens“ im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylVfG ausgegangen werden kann. Denn dem unionsrechtlichen Zuständigkeitsübergang infolge einer Fristversäumung ist immanent, dass der zuständig gewordene Mitgliedstaat das Verfahren in dem Stadium übernimmt, den es zum Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs erreicht hatte. Der VO Dublin II (wie auch der VO Dublin III) kann keine Regelung entnommen werden, die über den Zuständigkeitsübergang hinaus bestimmt, dass mit diesem auch ein formeller wie materieller Rechtsverlust verbunden sein könnte. Die Prüfung und Aufklärung all dieser Fragen ist unerlässlicher Inhalt des Verfahrens beim Bundesamt hinsichtlich der Verfahrensgrundlagen des Erstverfahrens.
37 
Noch viel mehr gilt dies nach dem nunmehr maßgeblichen, hier allerdings noch nicht anwendbaren Regime von Dublin III sowie künftig der bis zum 20.7. diesen Jahres umzusetzenden Richtlinie 2013/32/EU vom 26.06.2013 – VRL n.F. Nach Art. 18 Abs. 2 UA 2 Satz 1 VO Dublin III hat der zuständige Mitgliedstaat (hier nunmehr die zuständig gewordene Bundesrepublik Deutschland) in den Fällen (Absatz 1 lit. c), in denen über den Erstantrag im ersten Mitgliedstaat in erster Instanz keine sachliche Entscheidung getroffen worden war (wovon nach den Ermittlungen der Beklagten im Falle der Kläger auszugehen ist), sicherzustellen, dass die Betroffenen einen neuen Antrag stellen können, der nicht als Folgeantrag gewertet werden darf. Wenn es in Satz 2 sodann heißt, dass „die Mitgliedstaaten“ (und nicht nur „der Mitgliedstaat“) in diesen Fällen gewährleisten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird, so macht auch dieses deutlich, dass der Zuständigkeitsübergang allein nicht zum Verlust der formalen und materiellen Rechtsstellung führt, vielmehr der andere nunmehr zuständige Mitgliedstaat das Verfahren weiter zu führen hat. Nach Art. 18 Abs. 2 UA 3 VO Dublin III muss der Aufnahmemitgliedstaat weit über das Regime von Dublin II hinausgehend in den Fällen des Absatzes 1 lit. d), wenn der Antrag nur in erster Instanz, aber mit einer Sachentscheidung abgelehnt worden war, sogar ohne jede Einschränkung für die Betroffenen sicherstellen, dass noch ein wirksamer Rechtsbehelf eingelegt werden kann, und zwar auch dann, wenn die Sachentscheidung unanfechtbar geworden ist. Dabei muss, damit die Vorschrift zur Anwendung kommen kann, der Eintritt der Unanfechtbarkeit sicherlich darauf beruhen, dass die Entscheidung infolge der Ausreise der Betroffenen in deren Abwesenheit ergangen und ihnen nicht persönlich zur Kenntnis gebracht und infolge dessen von ihnen nicht angefochten werden konnte; auf einzelne Abgrenzungsfragen kommt es an dieser Stelle allerdings nicht an; sie werden aus gegebenem Anlass zu klären sein. Da allerdings das nationale Verfahrensrecht nicht vorsieht, dass eine Sachentscheidung eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaat gerichtlich überprüft werden kann, könnte die Konsequenz dieser unionsrechtlich zwingenden Vorgabe die sein, dass im Falle eines Zuständigkeitsübergangs die Bundesrepublik eine neue Sachentscheidung zu treffen hat; allerdings fällt auf, dass in UA 3 ein dem in UA 2 enthaltener vergleichbarer Satz 2 fehlt, was auch die Deutung zulassen könnte, dass mit dem Zuständigkeitsübergang in dieser Konstellation ein Rechtsverlust einhergehen könnte; einer abschließenden Entscheidung bedarf es auch insoweit hier jedoch noch nicht.
38 
Art. 28 Abs. 2 UA 1 VRL n.F. bestimmt zusätzlich, dass die Antragsteller im Fall einer stillschweigenden Rücknahme oder eines Nichtbetreibens des Verfahrens berechtigt sind, um eine Wiedereröffnung des Verfahrens zu ersuchen oder einen neuen Antrag zu stellen, der nicht nach Maßgabe der Art. 40 und 41, d.h. nicht als Folgeantrag, geprüft werden darf. Nach Art. 28 Abs. 2 UA 2 VRL n.F. besteht allerdings unter bestimmten Kautelen die Möglichkeit, dass die Mitgliedstaaten – nur teilweise – restriktivere Regelungen vorgeben können. Auch insoweit bestehen Einschränkungen der nunmehr zuständig gewordenen Bundesrepublik Deutschland, einen weiteren Asylantrag dem Regime des Zweitantragsverfahrens zu unterwerfen, insbesondere solange die Bundesrepublik von der Möglichkeit des teilweisen „Opt-Out“ keinen Gebrauch gemacht hat.
39 
All diese differenzierten Gründe grundsätzlicher und struktureller Art zwingen nach Auffassung des Senats dazu, den Verfahrensgegenstand des gerichtlichen Verfahrens strikt auf die Anfechtung der Ablehnungsentscheidung des Asylantrags als unzulässig nach § 27a AsylVfG zu beschränken und die weitere Prüfung dem Bundesamt zu überlassen; diese Sachgründe setzen sich nach Überzeugung des Senats gegenüber einer pauschalen Berufung auf ein sicherlich nicht zu verkennendes Beschleunigungsinteresse durch.
40 
Aufgrund der vorgenannten Überlegungen kommt es auch nicht in Betracht, die isoliert angefochtene Entscheidung als eine negative Entscheidung über einen Zweitantrag aufrechtzuerhalten, so denn überhaupt ein solcher vorliegt, was hier, wie ausgeführt, nicht der Fall ist. Dieses liegt schon daran, dass dann nach den Vorstellungen der Beklagten der Sache nach ein Antrag auf Wiederaufgreifen und nicht ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wäre, was sich aber – nicht nur wegen der unterschiedlichen Tenorierung, was unter Umständen nicht hinreichend sein könnte – als eine Veränderung des Verwaltungsakts seinem Wesen nach darstellen würde (vgl. hierzu Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 81 und 86 m.w.N.).
41 
Auch eine Umdeutung nach § 47 VwVfG ist nicht möglich. Aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.02.2015 (1 B 2.15 - juris) ergibt sich nichts anderes. Zunächst betrifft er die nicht vergleichbare Fallkonstellation einer auf die §§ 32 und 33 Abs. 1 AsylVfG gestützten Verfahrenseinstellung, zum anderen lässt die Entscheidung jede Erläuterung vermissen, weshalb in dieser Verfahrenskonstellation eine Umdeutung oder Aufrechterhaltung überhaupt möglich sein soll. Eine Umdeutung scheitert im hier zu entscheidenden Fall, wie sich aus den vorgenannten Ausführungen ergibt, schon daran, dass der Verwaltungsakt nicht auf das gleiche oder ein im Wesentlichen gleiches Ziel gerichtet wäre (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., 2014, § 47 Rn. 13 ff.). Die Entscheidung der Beklagten war im vorliegenden Fall auf die Unzulässigkeit im Sinne des § 31 Abs. 6 AsylVfG gerichtet und darauf, die zwingende Rechtsfolge des § 34a Abs. 1 AsylVfG herbeizuführen. Hingegen wird mit der Entscheidung zu § 71a AsylVfG die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, d.h. ein Wiederaufgreifen eines nicht mehr angreifbaren Verfahrens abgelehnt, die dann in erster Linie die Rechtsfolge des § 71a Abs. 4 i.V.m. § 34 bzw. § 36 AsylVfG (in Bezug auf den Herkunftsstaat) auslöst und damit eine völlig andere Qualität hat als eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaat). Diese Entscheidung würde aber voraussetzen, dass nicht nur ein Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG vorliegt, sondern auch die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu verneinen sind, was, wie dargelegt, im Rahmen eines eigenständigen Verwaltungsverfahren mit eigenen Verfahrensgarantien zu klären und zu entscheiden ist, ungeachtet der Frage, ob die Antworten auf diese Fragen ein mehr oder weniger großes Maß an Evidenz aufweisen. Zwar verweist § 71a Abs. 4 auch auf § 34a AsylVfG; diese Verfahrensweise ist jedoch gerichtet auf die Überstellung nach der Drittstaatenregelung des § 26a AsylVfG und nicht nach dem Dublin-System, worauf aber gerade der angegriffene Bescheid abzielt. Hinzukommt, dass fraglich ist, ob im Anwendungsbereich des Dublin-Systems überhaupt noch der andere Mitgliedstaat als sicherer Drittstaat behandelt und von der nationalen Drittstaatenregelung Gebrauch gemacht werden darf mit der Folge, dass die Drittstaatenregelung nur noch solche – gegenwärtig nicht existierende – Drittstaaten betreffen könnte, die nicht Teil des Dublin-Systems sind (vgl. GK-AsylVfG, § 27a Rn. 56 ff.). Abgesehen davon ist hier die Rechtsfolge des § 34a AsylVfG allenfalls optional und von einer Ermessensentscheidung der Beklagten abhängig.
42 
Legt man, wie ausgeführt, zugrunde, dass die Antragsteller nach den Grundstrukturen des gemeinsamen Europäischen Asylsystems jedenfalls einen Anspruch darauf haben, dass ihre Asylanträge zumindest in einem Mitglied- oder Vertragsstaat geprüft werden, so verletzt die Aufrechterhaltung der Ablehnung der Anträge als unzulässig auch ihre Rechte, selbst wenn nach diesen Strukturen äußerstenfalls am Ende eine Entscheidung durch das Bundesamt stehen kann, dass das Verfahren nicht wiederaufgegriffen wird, so denn überhaupt eine Zweitantragssituation vorliegt, was dieses jedoch vorrangig in eigener Zuständigkeit zu prüfen hat.
43 
Geht man hingegen davon aus, dass im vorliegenden Fall die Kläger im Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs nach polnischem Recht eine formlose Wiedereröffnung des Verfahrens beanspruchen konnten und somit kein Folgeschutzgesuch vorliegt, so kann der angegriffene Bescheid gleichfalls keinen Bestand haben. Nicht anders als in den Fällen einer unzutreffenden Einstellung des Verfahrens wegen einer rechtsgeschäftlich erklärten oder einer fingierten Antragsrücknahme nach § 32 und § 33 (vgl. BVerwG, Urteile vom 07.03.1995 - 9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80, und vom 05.09.2013 - 10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158), in denen das Bundesamt - wie auch hier - entweder in der Sache noch gar nicht befasst, jedenfalls aber noch keine Sachentscheidung getroffen und eine eigenständige Bewertung des Vorbringens vorgenommen hatte, hat dieses zunächst das Verwaltungsverfahren in eigener Kompetenz durchzuführen und abzuschließen, weshalb der angegriffene Bescheid auf die von Klägern auch gestellten Anfechtungsanträge lediglich aufzuheben ist. Der Umstand, dass die Kläger auch Verpflichtungsanträge gestellt hatten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.03.1995 - a.a.O., in dem dieses offen gelassen hatte, ob im Falle eines gestellten Verpflichtungsantrags abschließend in der Sache zu entscheiden sein könnte), diese aber vom Verwaltungsgericht nach dem Tenor der angegriffenen Entscheidung nicht ausdrücklich abgewiesen wurden, ändert hieran nichts, selbst wenn man nicht der Auffassung des Senats folgen wollte, dass hier Verpflichtungsanträge generell nicht statthaft sind. Diese sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn entweder wurden nach den Entscheidungsgründen die Klagen insoweit abgewiesen, ohne dass die Kläger dieses angegriffen haben; dagegen spricht allerdings die Kostenentscheidung und die hierfür gegebene Begründung, die allein § 154 Abs. 1 VwGO zitiert; oder aber die Kläger haben es unterlassen, innerhalb der vorgesehenen Frist einen Ergänzungsantrag nach § 120 VwGO zu stellen.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.
45 
Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie rechtzeitig und den gesetzlichen Formerfordernissen genügend begründet.
23 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
24 
Die Klage gegen die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids ist als Anfechtungsklage statthaft und im Übrigen zulässig (vgl. hierzu im Folgenden). Insbesondere hat sich der Rechtsstreit nicht durch den lediglich im Entwurf vorgelegten Bescheid vom 28.04.2015 erledigt, der den Klägern bislang noch nicht zugestellt wurde. Im Übrigen hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Ziffer 1 nicht als Zweitbescheid, sondern lediglich als Erläuterung und Bekräftigung der Rechtsauffassung der Beklagten zu verstehen sei.
25 
Sie ist auch in der Sache begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Ziffer 1 des Bescheids der Beklagten vom 22.11.2013, die allein noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Ergebnis zu Recht aufgehoben.
26 
Nach dem für den Senat gem. § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung ist die Ziffer 1, mit der die Asylanträge der Kläger gem. § 31 Abs. 6 AsylVfG der Sache nach als unzulässig abgelehnt wurden (vgl. zur Auslegung des Tenors Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77), rechtswidrig und verletzt die Kläger auch in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
27 
Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand sind die Asylanträge nicht mehr unzulässig im Sinne des § 27a AsylVfG, weil die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden ist. Maßgeblich für die Beantwortung der Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig ist, ist hier allein die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (VO Dublin II), denn im vorliegenden Fall haben die Kläger nicht nur ihre Asylanträge vor dem 01.01.2014 (vgl. Art. 49 Abs. 2 Satz 2 VO (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 - VO Dublin III) gestellt, vielmehr wurde auch das Wiederaufnahmegesuch vor diesem Datum eingereicht.
28 
Polen hat dem Wiederaufnahmeersuchen der Bundesrepublik Deutschland am 24.10.2013 zugestimmt, weshalb die Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II an sich am 24.04.2014 fruchtlos abgelaufen wäre. Da die Kläger das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ohne Erfolg betrieben hatten, war der Fristlauf zwar im Zeitraum zwischen dem Zugang des angegriffenen Bescheids (frühestens am 27.11.2013, dem Tag nach der Datierung des dem Bescheid beigefügten Anschreibens vom 26.11.2013) bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 02.01.2014 gehemmt (vgl. zu alledem Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - InfAuslR 2014, 452). Der Senat geht davon aus, dass während des Laufs der Wochenfrist nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG sowie im Zeitraum bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 02.01.2014 mit Rücksicht auf § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG die Abschiebung unmittelbar kraft Gesetzes ausgesetzt und der Ablauf der Frist gehemmt war (vgl. im Einzelnen GK-AsylVfG, § 27a, Rn. 228). Dieses zugrunde gelegt, wäre die Frist aber spätestens Ende Juni/Anfang Juli 2014 abgelaufen. Infolge des Fristablaufs ist nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik übergegangen. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dann, wenn eine Überstellung noch zeitnah möglich wäre, weil Polen den Fristablauf nicht einwendet, sich die Kläger allerdings auf den Zuständigkeitsübergang nicht berufen könnten (vgl. Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293 und vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris). Es entspricht der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs, dass, sofern spezialgesetzlich keine besonderen Ausnahmen geregelt sind (wie z.B. in Art. 8 VO Dublin II), Antragsteller auf internationalen Schutz grundsätzlich kein subjektives Recht auf Prüfung ihres Antrags in einem bestimmten Mitglied- oder Vertragsstaat haben, und Fehler bei der Auslegung und Unzulänglichkeiten bei der Anwendung der Zuständigkeitsregelungen der Verordnung grundsätzlich irrelevant sind (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170, und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208; vgl. auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/ 13 - InfAuslR 2014, 293). Daraus folgt - dem unionsrechtlichen System immanent - notwendigerweise, dass ein allein infolge des Ablaufs einer Frist für die Stellung eines Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeersuchens oder für die Durchführung einer Überstellung erfolgter gesetzlicher Übergang der Zuständigkeit noch kein subjektives Recht berühren kann (vgl. Senatsurteile vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293, vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - NVwZ 2015, 92, und vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris; ebenso OVG Schl.-Holst., Beschluss vom 24.02.2015 - 2 LA 15/15 - juris; Nieders. OVG, Beschluss vom 06.11.2014 - 13 LA 66/14 - juris; Hess. VGH, Beschluss vom 25.08.2014 - 2 A 975/14 A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; so wohl auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 14.07.2014 - 1 B 9/14, 1 PKH 10/14 - juris; Berlit, jurisPR-BVerwG, 17/2014, Anm. 2). Deshalb wurde entgegen verschiedener gegenteiliger Stimmen in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.2015 - 22 K 2262/14.A - juris) dieser Fragenkomplex durch den Europäischen Gerichtshof eindeutig beantwortet. Eine andere Frage ist, ob im Falle einer unzumutbaren Verzögerung der Durchführung des Aufnahme- und/oder Überstellungsverfahrens durch den Mitgliedstaat der Antragstellung für die Betroffenen die Möglichkeit bestehen muss, eine sachliche Prüfung durch den Antragsmitgliedstaat zu erzwingen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/ 13 - InfAuslR 2014, 293). Eine solche Fallkonstellation liegt hier jedoch nicht vor.
29 
Hieran hat sich im Übrigen durch die nunmehr in Kraft getretene VO Dublin III nichts Grundsätzliches geändert. Die Tatsache, dass möglicherweise der gerichtliche Rechtsschutz tendenziell aufgewertet wurde (vgl. den 19. Erwägungsgrund; vgl. aber auch schon Art. 19 Abs. 2 Sätze 3 und 4 VO Dublin II und Art. 47 GRCh), vermag die - völlig unveränderte - Grundstruktur des Dublin-Mechanismus nicht infrage zu stellen (so aber etwa Karlsruhe, Beschluss vom 30.11.2014 - A 5 K 20026/14 - juris) und die jeweils für jede Konstellation erforderliche Feststellung des subjektiven Rechts bzw. der klagefähigen Rechtsposition, deren Verwirklichung die Rechtsschutzgarantie dienen soll, nicht zu ersetzen.
30 
Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch an einer Übernahmebereitschaft Polens. Es ist auch nicht ersichtlich, dass noch ein anderer Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig sein könnte. Das folgt schon daraus, dass infolge des Ablaufs der Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II (jetzt Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III) die Zuständigkeit endgültig auf die Bundesrepublik übergegangen ist, selbst wenn vorher noch die Zuständigkeit eines anderen Staates im Raum gestanden hätte (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, 2014, Art. 29 Rn. K 9).
31 
Eine Rückkehr der Kläger nach Polen mag zwar möglich sein; eine formlose Wiedereröffnung des Asylverfahrens (vgl. ausführlich noch unten zu den unionsrechtlichen Vorgaben für eine Wiedereröffnung eines Asylverfahrens) wäre nach der Rechtslage in Polen an sich auch nicht ausgeschlossen, weil die Kläger ihre Asylanträge in Polen am 12.06.2013 gestellt haben und die Frist von zwei Jahren nach erfolgter vorläufiger Einstellung des Verfahrens noch nicht abgelaufen ist (vgl. hierzu auch aida, National Country Report Poland, Stand Juni 2014, S. 21). Unter diesen Voraussetzungen könnte auch erwogen werden, dass die Kläger kein Sachbescheidungsinteresse haben und daher die Asylanträge aus diesem Grund unzulässig sind. Eine Prüfung der Anträge wird aber nach den Ermittlungen der Beklagten in Polen deshalb nicht erfolgen, weil sich Polen auf die Zuständigkeit der Bundesrepublik berufen und eine Überstellung der Kläger betreiben würde.
32 
In der vorliegenden Konstellation, in der die Bundesrepublik Deutschland nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II (vgl. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III) ausschließlich zuständig geworden ist und eine Überstellung in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaat Polen nicht (mehr) möglich ist, liegen die Voraussetzungen für die Ablehnung der Anträge als unzulässig im Sinne des § 27a i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylVfG nicht mehr vor und die Kläger können die Durchführung der Asylverfahren durch die Bundesrepublik Deutschland beanspruchen. Dabei kann eine rein theoretische Überstellungsmöglichkeit, die nicht durch konkrete aussagekräftige und auch eine überschaubare zeitliche Dimension der Überstellung umfassende Fakten untermauert wird, nicht genügen, da andernfalls das dem Dublinsystem immanente Beschleunigungsgebot (vgl. EuGH Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417, Rn. 79, und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, Rn. 53) verletzt wird. Der Senat kann in diesem Zusammenhang offen lassen, in welchem genauen zeitlichen Rahmen eine Überstellung noch möglich sein muss. Ein Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens durch die Bundesrepublik Deutschland ist deshalb zu bejahen, weil dem Zuständigkeitssystem nämlich zugrunde liegt, dass die Antragsteller ein durchsetzbares Recht haben müssen, dass die Anträge jedenfalls von einem Mitglied- oder Vertragsstaat zeitnah geprüft werden. Dieses ergibt sich unmissverständlich aus Art. 3 Abs. 1 VO Dublin II bzw. Art. 3 Abs. 1 VO Dublin III (vgl. auch den 4. Erwägungsgrund der VO Dublin II sowie den 5. Erwägungsgrund der VO Dublin III). Eine andere Sichtweise würde dem Grundanliegen des gemeinsamen europäischen Asylsystems widersprechen. Dieses darf um seiner Effektivität willen nicht so ausgelegt und angewandt werden, dass die betroffenen Antragsteller in keinem Staat eine Prüfung ihres Schutzgesuchs erhalten können und – wenn auch nicht dem potentiellen Verfolger ausgeliefert – doch ohne den im Unionsrecht vorgesehenen förmlichen Schutzstatus bleiben. Andererseits bedeutet dies nicht, dass den Betroffenen prinzipiell nicht ein erfolgloses und abgeschlossenes Verfahren, das in einem Mitglied- oder Vertragsstaat durchgeführt worden war, entgegengehalten werden könnte (vgl. hierzu noch im Folgenden).
33 
Vor diesem Hintergrund kann die angegriffene Ziffer 1 nicht mehr auf § 27a i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylVfG gestützt werden und ist daher aufzuheben.
34 
Der Beklagten ist im Ausgangspunkt zwar nicht zu widersprechen, dass eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Verfügung nicht allein deshalb aufzuheben ist, weil die für die Verfügung herangezogene und in der Begründung als maßgeblich zugrunde gelegte Rechtsgrundlage diese nicht (mehr) zu tragen vermag, wenn sie gleichwohl in anderen rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen ihre Rechtfertigung erfährt (vgl. etwa Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 79 ff. m.w.N.). Dieser Gesichtspunkt kann aber hier ein Aufrechterhalten der angegriffenen Verfügung nicht rechtfertigen.
35 
Dabei ergeben sich im vorliegenden Fall zunächst Besonderheiten schon deshalb, weil es der Sache nach auch um die Versagung einer Begünstigung geht, nämlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, ggf. auch des subsidiären Schutzstatus (vgl. § 13 AsylVfG in der seit 01.12.2013 geltenden Fassung). Vorrangig ist daher die von der Beklagten zu Recht aufgeworfene Frage zu beantworten, ob der Senat verpflichtet ist, die Sache spruchreif zu machen (vgl. allgemein Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 422 ff. m.w.N.). Ungeachtet der hier noch offen zu lassenden Frage, ob mittlerweile, wie die Beklagte meint, der Sache nach sog. Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG vorliegen, verneint der Senat dieses (vgl. schon ausführlich Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - juris, Rn. 18). Selbst wenn hier mittlerweile Zweitanträge vorlägen (vgl. aber noch im Folgenden), so bestünde gleichwohl keine Verpflichtung zur Spruchreifmachung und zu einer Entscheidung hierüber. Abgesehen davon, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861) aus der Sicht des Senats ohnehin erheblichen Bedenken begegnet, auf die das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil bereits zutreffend hingewiesen hat, bestehen schon gegenüber der zugrunde liegenden Folgeantragssituation nach § 71 AsylVfG zusätzliche grundlegende Unterschiede, die zu den Einwänden gegen eine Verpflichtung zur Spruchreifmachung im Falle eines Folgeantrags (vgl. ausführlich GK-AsylVfG, § 71 Rn. 296 ff., demnächst Rn. 367 ff.) noch hinzutreten. Geht man sachgerecht davon aus, dass die von den Klägern am 17.06.2013 eingereichten Asylanträge sinngemäß unter allen denkbaren Gesichtspunkten, also auch unter dem Aspekt eines möglichen Folgeschutzgesuchs, gestellt worden waren, konnten diese Anträge zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten am 22.11.2013 wegen der Zuständigkeit Polens keine Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG sein und wurden auch nicht als solche beschieden. Des Weiteren kann nicht außer Acht gelassen werden, dass in einem Zweitantragsverfahren umfangreichere Verfahrensgarantien bestehen, insbesondere auch nach § 25 AsylVfG (i.V.m. § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) – jedenfalls in der Regel – eine Anhörung stattzufinden hat, bei der sich das Bundesamt auch der (formellen und materiellen) Grundlagen des notwendigerweise in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat durchgeführten Erstverfahrens zu vergewissern hat (vgl. GK-AsylVfG § 71a Rn. 30 ff.). Auch ist originär und nicht nur in einem Wiederaufnahmeverfahren in Bezug auf den Herkunftsstaat über das Bestehen nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu entscheiden, um das unionsrechtliche und völkerrechtliche Refoulement-Verbot zu sichern. Diese Aufgabe ist zuvörderst dem mit besonderem Sachverstand ausgestatteten Bundesamt zugewiesen (vgl. hierzu auch § 72 Abs. 2 AufenthG). Weiter ist zu bedenken, dass das Verfahren im Falle der negativen Vorprüfen der Asylrelevanz wie auch im Falle einer negativen Sachprüfung auf eine Aufenthaltsbeendigung in den Herkunftsstaat gerichtet ist, was – insofern anders als im Folgeverfahren (vgl. § 71 Abs. 5 AsylVfG) – zwingend den erstmaligen Erlass einer Abschiebungsandrohung nach sich ziehen muss (vgl. § 71a Abs. 4 AsylVfG). Nicht anders als in den Fällen der zu Unrecht erfolgten Behandlung eines Asylantrags nach § 32 oder § 33 AsylVfG (vgl. nochmals BVerwG, Urteile vom 07.03.1995 - 9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80, und vom 05.09.2013 - 10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) gebietet der in § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO niedergelegte Grundsatz, wonach die Verwaltungsgerichte grundsätzlich verpflichtet sind, den Rechtsstreit spruchreif zu machen, im vorliegenden Fall eine Entscheidung zur Sache durch den Senat nicht, wenn wesentliche Verfahrensgrundlage aufgrund der früher (an sich noch zu Recht) vorgenommenen Weichenstellung bislang ungeklärt geblieben sind (vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 43; Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl., § 113 Rn. 101 f.).
36 
Schließlich kann - ungeachtet der vorliegenden Fallkonstellation, für die, wie dargelegt, feststeht, dass eine formlose Wiedereröffnung des Verfahrens in Polen möglich ist - gar nicht immer pauschal unterstellt werden, dass überhaupt eine „Zweitantragssituation“ vorliegt und daher möglicherweise zumindest von konkludent und (nur) hilfsweise durch die Kläger gestellten Hilfsanträgen ausgegangen werden muss. Denn § 71a AsylVfG setzt nicht anders als § 71 AsylVfG, dem die Vorschrift sachlich nachgebildet ist, voraus, dass das Verfahren im anderen Mitglied- oder Vertragsstaat erfolglos, d.h. unanfechtbar abgeschlossen wurde (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 71a Rn. 14 f.). Schon unter der Geltung der Verordnung Dublin II sowie der Richtlinie 2005/85/EG vom 01.12.2005 (Verfahrensrichtlinie – VRL a.F.) war es den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie im Falle einer konkludenten Rücknahme bzw. eines Nichtbetreibens des Verfahrens im ersten Mitgliedstaat, wovon in Anbetracht fehlender Anhaltspunkte im Falle der Kläger auszugehen sein wird (vgl. auch zur Praxis Polens aida, a.a.O.), die Fortsetzung des Verfahrens nur im Regime des Folgeantrags zulassen oder - weitergehend - eine formlose Wiedereröffnung ermöglichen (vgl. Art. 20 Abs. 2 UA 1 VRL a.F.). Im letzteren Fall hätte der Zuständigkeitsübergang auf die Bundesrepublik Deutschland aber die notwendige Folge, dass nicht von einem „erfolglosen Abschluss des Asylverfahrens“ im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylVfG ausgegangen werden kann. Denn dem unionsrechtlichen Zuständigkeitsübergang infolge einer Fristversäumung ist immanent, dass der zuständig gewordene Mitgliedstaat das Verfahren in dem Stadium übernimmt, den es zum Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs erreicht hatte. Der VO Dublin II (wie auch der VO Dublin III) kann keine Regelung entnommen werden, die über den Zuständigkeitsübergang hinaus bestimmt, dass mit diesem auch ein formeller wie materieller Rechtsverlust verbunden sein könnte. Die Prüfung und Aufklärung all dieser Fragen ist unerlässlicher Inhalt des Verfahrens beim Bundesamt hinsichtlich der Verfahrensgrundlagen des Erstverfahrens.
37 
Noch viel mehr gilt dies nach dem nunmehr maßgeblichen, hier allerdings noch nicht anwendbaren Regime von Dublin III sowie künftig der bis zum 20.7. diesen Jahres umzusetzenden Richtlinie 2013/32/EU vom 26.06.2013 – VRL n.F. Nach Art. 18 Abs. 2 UA 2 Satz 1 VO Dublin III hat der zuständige Mitgliedstaat (hier nunmehr die zuständig gewordene Bundesrepublik Deutschland) in den Fällen (Absatz 1 lit. c), in denen über den Erstantrag im ersten Mitgliedstaat in erster Instanz keine sachliche Entscheidung getroffen worden war (wovon nach den Ermittlungen der Beklagten im Falle der Kläger auszugehen ist), sicherzustellen, dass die Betroffenen einen neuen Antrag stellen können, der nicht als Folgeantrag gewertet werden darf. Wenn es in Satz 2 sodann heißt, dass „die Mitgliedstaaten“ (und nicht nur „der Mitgliedstaat“) in diesen Fällen gewährleisten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird, so macht auch dieses deutlich, dass der Zuständigkeitsübergang allein nicht zum Verlust der formalen und materiellen Rechtsstellung führt, vielmehr der andere nunmehr zuständige Mitgliedstaat das Verfahren weiter zu führen hat. Nach Art. 18 Abs. 2 UA 3 VO Dublin III muss der Aufnahmemitgliedstaat weit über das Regime von Dublin II hinausgehend in den Fällen des Absatzes 1 lit. d), wenn der Antrag nur in erster Instanz, aber mit einer Sachentscheidung abgelehnt worden war, sogar ohne jede Einschränkung für die Betroffenen sicherstellen, dass noch ein wirksamer Rechtsbehelf eingelegt werden kann, und zwar auch dann, wenn die Sachentscheidung unanfechtbar geworden ist. Dabei muss, damit die Vorschrift zur Anwendung kommen kann, der Eintritt der Unanfechtbarkeit sicherlich darauf beruhen, dass die Entscheidung infolge der Ausreise der Betroffenen in deren Abwesenheit ergangen und ihnen nicht persönlich zur Kenntnis gebracht und infolge dessen von ihnen nicht angefochten werden konnte; auf einzelne Abgrenzungsfragen kommt es an dieser Stelle allerdings nicht an; sie werden aus gegebenem Anlass zu klären sein. Da allerdings das nationale Verfahrensrecht nicht vorsieht, dass eine Sachentscheidung eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaat gerichtlich überprüft werden kann, könnte die Konsequenz dieser unionsrechtlich zwingenden Vorgabe die sein, dass im Falle eines Zuständigkeitsübergangs die Bundesrepublik eine neue Sachentscheidung zu treffen hat; allerdings fällt auf, dass in UA 3 ein dem in UA 2 enthaltener vergleichbarer Satz 2 fehlt, was auch die Deutung zulassen könnte, dass mit dem Zuständigkeitsübergang in dieser Konstellation ein Rechtsverlust einhergehen könnte; einer abschließenden Entscheidung bedarf es auch insoweit hier jedoch noch nicht.
38 
Art. 28 Abs. 2 UA 1 VRL n.F. bestimmt zusätzlich, dass die Antragsteller im Fall einer stillschweigenden Rücknahme oder eines Nichtbetreibens des Verfahrens berechtigt sind, um eine Wiedereröffnung des Verfahrens zu ersuchen oder einen neuen Antrag zu stellen, der nicht nach Maßgabe der Art. 40 und 41, d.h. nicht als Folgeantrag, geprüft werden darf. Nach Art. 28 Abs. 2 UA 2 VRL n.F. besteht allerdings unter bestimmten Kautelen die Möglichkeit, dass die Mitgliedstaaten – nur teilweise – restriktivere Regelungen vorgeben können. Auch insoweit bestehen Einschränkungen der nunmehr zuständig gewordenen Bundesrepublik Deutschland, einen weiteren Asylantrag dem Regime des Zweitantragsverfahrens zu unterwerfen, insbesondere solange die Bundesrepublik von der Möglichkeit des teilweisen „Opt-Out“ keinen Gebrauch gemacht hat.
39 
All diese differenzierten Gründe grundsätzlicher und struktureller Art zwingen nach Auffassung des Senats dazu, den Verfahrensgegenstand des gerichtlichen Verfahrens strikt auf die Anfechtung der Ablehnungsentscheidung des Asylantrags als unzulässig nach § 27a AsylVfG zu beschränken und die weitere Prüfung dem Bundesamt zu überlassen; diese Sachgründe setzen sich nach Überzeugung des Senats gegenüber einer pauschalen Berufung auf ein sicherlich nicht zu verkennendes Beschleunigungsinteresse durch.
40 
Aufgrund der vorgenannten Überlegungen kommt es auch nicht in Betracht, die isoliert angefochtene Entscheidung als eine negative Entscheidung über einen Zweitantrag aufrechtzuerhalten, so denn überhaupt ein solcher vorliegt, was hier, wie ausgeführt, nicht der Fall ist. Dieses liegt schon daran, dass dann nach den Vorstellungen der Beklagten der Sache nach ein Antrag auf Wiederaufgreifen und nicht ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wäre, was sich aber – nicht nur wegen der unterschiedlichen Tenorierung, was unter Umständen nicht hinreichend sein könnte – als eine Veränderung des Verwaltungsakts seinem Wesen nach darstellen würde (vgl. hierzu Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 81 und 86 m.w.N.).
41 
Auch eine Umdeutung nach § 47 VwVfG ist nicht möglich. Aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.02.2015 (1 B 2.15 - juris) ergibt sich nichts anderes. Zunächst betrifft er die nicht vergleichbare Fallkonstellation einer auf die §§ 32 und 33 Abs. 1 AsylVfG gestützten Verfahrenseinstellung, zum anderen lässt die Entscheidung jede Erläuterung vermissen, weshalb in dieser Verfahrenskonstellation eine Umdeutung oder Aufrechterhaltung überhaupt möglich sein soll. Eine Umdeutung scheitert im hier zu entscheidenden Fall, wie sich aus den vorgenannten Ausführungen ergibt, schon daran, dass der Verwaltungsakt nicht auf das gleiche oder ein im Wesentlichen gleiches Ziel gerichtet wäre (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., 2014, § 47 Rn. 13 ff.). Die Entscheidung der Beklagten war im vorliegenden Fall auf die Unzulässigkeit im Sinne des § 31 Abs. 6 AsylVfG gerichtet und darauf, die zwingende Rechtsfolge des § 34a Abs. 1 AsylVfG herbeizuführen. Hingegen wird mit der Entscheidung zu § 71a AsylVfG die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, d.h. ein Wiederaufgreifen eines nicht mehr angreifbaren Verfahrens abgelehnt, die dann in erster Linie die Rechtsfolge des § 71a Abs. 4 i.V.m. § 34 bzw. § 36 AsylVfG (in Bezug auf den Herkunftsstaat) auslöst und damit eine völlig andere Qualität hat als eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaat). Diese Entscheidung würde aber voraussetzen, dass nicht nur ein Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG vorliegt, sondern auch die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu verneinen sind, was, wie dargelegt, im Rahmen eines eigenständigen Verwaltungsverfahren mit eigenen Verfahrensgarantien zu klären und zu entscheiden ist, ungeachtet der Frage, ob die Antworten auf diese Fragen ein mehr oder weniger großes Maß an Evidenz aufweisen. Zwar verweist § 71a Abs. 4 auch auf § 34a AsylVfG; diese Verfahrensweise ist jedoch gerichtet auf die Überstellung nach der Drittstaatenregelung des § 26a AsylVfG und nicht nach dem Dublin-System, worauf aber gerade der angegriffene Bescheid abzielt. Hinzukommt, dass fraglich ist, ob im Anwendungsbereich des Dublin-Systems überhaupt noch der andere Mitgliedstaat als sicherer Drittstaat behandelt und von der nationalen Drittstaatenregelung Gebrauch gemacht werden darf mit der Folge, dass die Drittstaatenregelung nur noch solche – gegenwärtig nicht existierende – Drittstaaten betreffen könnte, die nicht Teil des Dublin-Systems sind (vgl. GK-AsylVfG, § 27a Rn. 56 ff.). Abgesehen davon ist hier die Rechtsfolge des § 34a AsylVfG allenfalls optional und von einer Ermessensentscheidung der Beklagten abhängig.
42 
Legt man, wie ausgeführt, zugrunde, dass die Antragsteller nach den Grundstrukturen des gemeinsamen Europäischen Asylsystems jedenfalls einen Anspruch darauf haben, dass ihre Asylanträge zumindest in einem Mitglied- oder Vertragsstaat geprüft werden, so verletzt die Aufrechterhaltung der Ablehnung der Anträge als unzulässig auch ihre Rechte, selbst wenn nach diesen Strukturen äußerstenfalls am Ende eine Entscheidung durch das Bundesamt stehen kann, dass das Verfahren nicht wiederaufgegriffen wird, so denn überhaupt eine Zweitantragssituation vorliegt, was dieses jedoch vorrangig in eigener Zuständigkeit zu prüfen hat.
43 
Geht man hingegen davon aus, dass im vorliegenden Fall die Kläger im Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs nach polnischem Recht eine formlose Wiedereröffnung des Verfahrens beanspruchen konnten und somit kein Folgeschutzgesuch vorliegt, so kann der angegriffene Bescheid gleichfalls keinen Bestand haben. Nicht anders als in den Fällen einer unzutreffenden Einstellung des Verfahrens wegen einer rechtsgeschäftlich erklärten oder einer fingierten Antragsrücknahme nach § 32 und § 33 (vgl. BVerwG, Urteile vom 07.03.1995 - 9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80, und vom 05.09.2013 - 10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158), in denen das Bundesamt - wie auch hier - entweder in der Sache noch gar nicht befasst, jedenfalls aber noch keine Sachentscheidung getroffen und eine eigenständige Bewertung des Vorbringens vorgenommen hatte, hat dieses zunächst das Verwaltungsverfahren in eigener Kompetenz durchzuführen und abzuschließen, weshalb der angegriffene Bescheid auf die von Klägern auch gestellten Anfechtungsanträge lediglich aufzuheben ist. Der Umstand, dass die Kläger auch Verpflichtungsanträge gestellt hatten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.03.1995 - a.a.O., in dem dieses offen gelassen hatte, ob im Falle eines gestellten Verpflichtungsantrags abschließend in der Sache zu entscheiden sein könnte), diese aber vom Verwaltungsgericht nach dem Tenor der angegriffenen Entscheidung nicht ausdrücklich abgewiesen wurden, ändert hieran nichts, selbst wenn man nicht der Auffassung des Senats folgen wollte, dass hier Verpflichtungsanträge generell nicht statthaft sind. Diese sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn entweder wurden nach den Entscheidungsgründen die Klagen insoweit abgewiesen, ohne dass die Kläger dieses angegriffen haben; dagegen spricht allerdings die Kostenentscheidung und die hierfür gegebene Begründung, die allein § 154 Abs. 1 VwGO zitiert; oder aber die Kläger haben es unterlassen, innerhalb der vorgesehenen Frist einen Ergänzungsantrag nach § 120 VwGO zu stellen.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.
45 
Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. November 2014 - A 3 K 4877/13 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die in den Jahren 1980, 1982, 2002, 2004, 2006, 2008, 2010 und 2012 geborenen Kläger sind russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten am 16.06.2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 17.06.2013 Asylanträge.
Bei ihrer auf den Flucht- und Reiseweg beschränkten Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gaben die Kläger Ziffer 1 und 2 unter anderem an, sie hätten bereits zuvor am 12.06.2013 in Polen Asylanträge gestellt.
Auf ein entsprechendes Ersuchen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21.10.2013 erklärten die zuständigen polnischen Behörden mit Schreiben vom 24.10.2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II.
Hierauf stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 22.11.2013 fest, dass die Asylanträge unzulässig sind, und ordnete die Abschiebung der Kläger nach Polen an.
Die Kläger erhoben am 05.12.2013 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart und trugen zu deren Begründung zunächst vor, dass Tschetschenen auch vor Übergriffen im europäischen Ausland nicht zurückschreckten, zeige die Verurteilung von drei Attentätern durch die österreichische Justiz wegen der Tötung von Umar Isrilov am 13.01.2009. Deshalb habe die Beklagte vorliegend ausnahmsweise von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Bei der Klage handle es sich um eine Anfechtungsklage kombiniert mit einer Untätigkeitsklage. Die Untätigkeit ergebe sich daraus, dass das Bundesamt gegenüber dem zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe mittlerweile eingeräumt habe, dass die Frist für ihre Rücküberstellung am 10.07.2014 abgelaufen sei. Im Übrigen sei sie, die Klägerin Ziffer 2, nicht reisefähig. Ergänzend wurden drei ärztliche Befundberichte des C. Bad Göppingen, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 08.04., 04.08. und 02.10.2014 sowie eine ausführliche psychologische Stellungnahme der Diplom-Psychologin R... M... vorgelegt, bei der sich die Klägerin Ziffer 2 seit dem 11.06.2014 in tiefenpsychologisch fundierter traumaadaptierter Psychotherapie befindet.
Die Beklagte trat den Klagen aus den Gründen des angefochtenen Bescheids entgegen.
Ein von den Klägern betriebenes Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes blieb erfolglos (Beschluss vom 02.01.2014 - A 3 K 4848/13).
In der mündlichen Verhandlung gab die Klägerin Ziffer 2 nach ihrem Gesundheitszustand befragt an, neben ihren massiven psychischen Problemen, wegen derer sie nach wie vor in psychologischer Behandlung sei, habe sie nun auch noch Probleme mit dem Herzen.
Durch Urteil vom 11.11.2014 hob das Verwaltungsgericht den angegriffenen Bescheid auf. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus: Die Klage sei lediglich teilweise als (isolierte) Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 22.11.2013 zulässig. Dies gelte auch insoweit, als die Beklagte den Asylantrag der Kläger als unzulässig verbeschieden habe. In den Fällen, in denen die Beklagte einen von einem Ausländer gestellten ersten Asylantrag noch nicht in der Sache beschieden habe, sei nämlich kein Raum für eine Verpflichtungsklage.
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Die danach allein zulässige Anfechtungsklage sei auch begründet. Der angefochtene Bescheid sei rechtwidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten. Dies folge allerdings nicht schon aus § 27a AsylVfG. Danach sei ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei. Für die Durchführung des Asylverfahrens der Kläger sei Polen zuständig. Auch seien den vorliegenden Erkenntnisquellen keine systemischen Mängel im Asylverfahren in Polen zu entnehmen. Indessen erweise sich die im angefochtenen Bescheid enthaltene Abschiebungsanordnung jedenfalls in dem für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als rechtswidrig. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordne das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, sobald feststehe, dass die Abschiebung durchgeführt werden könne. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht erfüllt. Zwar sei eine Abschiebung der Kläger nach Polen nicht wegen Ablaufs der Überstellungsfrist unzulässig geworden. Jedoch liege bei der Klägerin Ziffer 2 im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein inländisches Vollstreckungshindernis vor. Es sei anerkannt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anders als bei Erlass einer Abschiebungsandrohung bei Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a AsylVfG auch inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse und Duldungsgründe zu prüfen habe. Aus den von den Klägern mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 13.10.2014 vorgelegten Unterlagen ergäben sich nach Überzeugung des Gerichts bereits hinreichende Anhaltspunkte für eine Reiseunfähigkeit der Klägerin Ziffer 2 im entscheidungserheblichen Zeitpunkt. Liege jedoch bei der Klägerin Ziffer 2 im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein inländisches Vollstreckungshindernis vor, erstrecke sich dieses im Hinblick auf das Erfordernis der Wahrung der Familieneinheit gemäß Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 bis 11 VO Dublin III auch auf die anderen Kläger des vorliegenden Verfahrens.
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Das Urteil wurde der Beklagten am 21.11.2014 zugestellt.
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Am 17.12.2014 beantragte die Beklagte die Zulassung der Berufung.
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Durch am 23.01.2015 der Beklagten zugestellten Beschluss vom 14.01.2015 ließ der Senat die Berufung zu, soweit die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids aufgehoben worden war, und lehnte den Antrag im Übrigen ab.
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Am 23.02.2015 begründete die Beklagte die Berufung unter Stellung eines Antrags und unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen im Zulassungsantrag. Die Überstellungsfrist nach der VO Dublin II sei zwar mittlerweile abgelaufen, es sei auch nicht mehr beabsichtigt, die Kläger nach Polen zu überstellen. Polen würde zwar im Falle einer Rückkehr bis zu zwei Jahre nach einer erfolgten vorläufigen Einstellung des Verfahrens dieses wiedereröffnen. Es müsse jedoch davon ausgegangen werden, dass Polen im Falle einer Einreise der Kläger ein Wiederaufnahmeersuchen an die Bundesrepublik stellen würde. Damit könne die im Streit befindliche Entscheidung, wonach die Asylanträge unzulässig seien, nicht mehr auf § 27a AsylVfG gestützt werden. Allerdings lägen mittlerweile Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG vor. Da aber die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorlägen, könne die angegriffene Entscheidung insoweit aufrechterhalten bleiben, jedenfalls könnten die Kläger nicht in eigenen Rechten verletzt sein. Ungeachtet dessen sei der isolierte Anfechtungsantrag schon nicht zulässig. Das Verwaltungsgericht wäre verpflichtet gewesen, die Sache spruchreif zu machen. Deshalb seien die Klagen mit dem Anfechtungsantrag auch aus diesem Grund abzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart vom 11.11.2014 - A 3 K 4877/13 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie machen sich im Wesentlichen das angegriffene Urteil zu eigen.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
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Dem Senat lagen die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
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Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie rechtzeitig und den gesetzlichen Formerfordernissen genügend begründet.
23 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
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Die Klage gegen die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids ist als Anfechtungsklage statthaft und im Übrigen zulässig (vgl. hierzu im Folgenden). Insbesondere hat sich der Rechtsstreit nicht durch den lediglich im Entwurf vorgelegten Bescheid vom 28.04.2015 erledigt, der den Klägern bislang noch nicht zugestellt wurde. Im Übrigen hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Ziffer 1 nicht als Zweitbescheid, sondern lediglich als Erläuterung und Bekräftigung der Rechtsauffassung der Beklagten zu verstehen sei.
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Sie ist auch in der Sache begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Ziffer 1 des Bescheids der Beklagten vom 22.11.2013, die allein noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Ergebnis zu Recht aufgehoben.
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Nach dem für den Senat gem. § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung ist die Ziffer 1, mit der die Asylanträge der Kläger gem. § 31 Abs. 6 AsylVfG der Sache nach als unzulässig abgelehnt wurden (vgl. zur Auslegung des Tenors Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77), rechtswidrig und verletzt die Kläger auch in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
27 
Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand sind die Asylanträge nicht mehr unzulässig im Sinne des § 27a AsylVfG, weil die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden ist. Maßgeblich für die Beantwortung der Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig ist, ist hier allein die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (VO Dublin II), denn im vorliegenden Fall haben die Kläger nicht nur ihre Asylanträge vor dem 01.01.2014 (vgl. Art. 49 Abs. 2 Satz 2 VO (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 - VO Dublin III) gestellt, vielmehr wurde auch das Wiederaufnahmegesuch vor diesem Datum eingereicht.
28 
Polen hat dem Wiederaufnahmeersuchen der Bundesrepublik Deutschland am 24.10.2013 zugestimmt, weshalb die Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II an sich am 24.04.2014 fruchtlos abgelaufen wäre. Da die Kläger das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ohne Erfolg betrieben hatten, war der Fristlauf zwar im Zeitraum zwischen dem Zugang des angegriffenen Bescheids (frühestens am 27.11.2013, dem Tag nach der Datierung des dem Bescheid beigefügten Anschreibens vom 26.11.2013) bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 02.01.2014 gehemmt (vgl. zu alledem Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - InfAuslR 2014, 452). Der Senat geht davon aus, dass während des Laufs der Wochenfrist nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG sowie im Zeitraum bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 02.01.2014 mit Rücksicht auf § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG die Abschiebung unmittelbar kraft Gesetzes ausgesetzt und der Ablauf der Frist gehemmt war (vgl. im Einzelnen GK-AsylVfG, § 27a, Rn. 228). Dieses zugrunde gelegt, wäre die Frist aber spätestens Ende Juni/Anfang Juli 2014 abgelaufen. Infolge des Fristablaufs ist nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik übergegangen. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dann, wenn eine Überstellung noch zeitnah möglich wäre, weil Polen den Fristablauf nicht einwendet, sich die Kläger allerdings auf den Zuständigkeitsübergang nicht berufen könnten (vgl. Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293 und vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris). Es entspricht der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs, dass, sofern spezialgesetzlich keine besonderen Ausnahmen geregelt sind (wie z.B. in Art. 8 VO Dublin II), Antragsteller auf internationalen Schutz grundsätzlich kein subjektives Recht auf Prüfung ihres Antrags in einem bestimmten Mitglied- oder Vertragsstaat haben, und Fehler bei der Auslegung und Unzulänglichkeiten bei der Anwendung der Zuständigkeitsregelungen der Verordnung grundsätzlich irrelevant sind (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170, und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208; vgl. auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/ 13 - InfAuslR 2014, 293). Daraus folgt - dem unionsrechtlichen System immanent - notwendigerweise, dass ein allein infolge des Ablaufs einer Frist für die Stellung eines Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeersuchens oder für die Durchführung einer Überstellung erfolgter gesetzlicher Übergang der Zuständigkeit noch kein subjektives Recht berühren kann (vgl. Senatsurteile vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293, vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - NVwZ 2015, 92, und vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris; ebenso OVG Schl.-Holst., Beschluss vom 24.02.2015 - 2 LA 15/15 - juris; Nieders. OVG, Beschluss vom 06.11.2014 - 13 LA 66/14 - juris; Hess. VGH, Beschluss vom 25.08.2014 - 2 A 975/14 A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; so wohl auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 14.07.2014 - 1 B 9/14, 1 PKH 10/14 - juris; Berlit, jurisPR-BVerwG, 17/2014, Anm. 2). Deshalb wurde entgegen verschiedener gegenteiliger Stimmen in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.2015 - 22 K 2262/14.A - juris) dieser Fragenkomplex durch den Europäischen Gerichtshof eindeutig beantwortet. Eine andere Frage ist, ob im Falle einer unzumutbaren Verzögerung der Durchführung des Aufnahme- und/oder Überstellungsverfahrens durch den Mitgliedstaat der Antragstellung für die Betroffenen die Möglichkeit bestehen muss, eine sachliche Prüfung durch den Antragsmitgliedstaat zu erzwingen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/ 13 - InfAuslR 2014, 293). Eine solche Fallkonstellation liegt hier jedoch nicht vor.
29 
Hieran hat sich im Übrigen durch die nunmehr in Kraft getretene VO Dublin III nichts Grundsätzliches geändert. Die Tatsache, dass möglicherweise der gerichtliche Rechtsschutz tendenziell aufgewertet wurde (vgl. den 19. Erwägungsgrund; vgl. aber auch schon Art. 19 Abs. 2 Sätze 3 und 4 VO Dublin II und Art. 47 GRCh), vermag die - völlig unveränderte - Grundstruktur des Dublin-Mechanismus nicht infrage zu stellen (so aber etwa Karlsruhe, Beschluss vom 30.11.2014 - A 5 K 20026/14 - juris) und die jeweils für jede Konstellation erforderliche Feststellung des subjektiven Rechts bzw. der klagefähigen Rechtsposition, deren Verwirklichung die Rechtsschutzgarantie dienen soll, nicht zu ersetzen.
30 
Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch an einer Übernahmebereitschaft Polens. Es ist auch nicht ersichtlich, dass noch ein anderer Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig sein könnte. Das folgt schon daraus, dass infolge des Ablaufs der Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II (jetzt Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III) die Zuständigkeit endgültig auf die Bundesrepublik übergegangen ist, selbst wenn vorher noch die Zuständigkeit eines anderen Staates im Raum gestanden hätte (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, 2014, Art. 29 Rn. K 9).
31 
Eine Rückkehr der Kläger nach Polen mag zwar möglich sein; eine formlose Wiedereröffnung des Asylverfahrens (vgl. ausführlich noch unten zu den unionsrechtlichen Vorgaben für eine Wiedereröffnung eines Asylverfahrens) wäre nach der Rechtslage in Polen an sich auch nicht ausgeschlossen, weil die Kläger ihre Asylanträge in Polen am 12.06.2013 gestellt haben und die Frist von zwei Jahren nach erfolgter vorläufiger Einstellung des Verfahrens noch nicht abgelaufen ist (vgl. hierzu auch aida, National Country Report Poland, Stand Juni 2014, S. 21). Unter diesen Voraussetzungen könnte auch erwogen werden, dass die Kläger kein Sachbescheidungsinteresse haben und daher die Asylanträge aus diesem Grund unzulässig sind. Eine Prüfung der Anträge wird aber nach den Ermittlungen der Beklagten in Polen deshalb nicht erfolgen, weil sich Polen auf die Zuständigkeit der Bundesrepublik berufen und eine Überstellung der Kläger betreiben würde.
32 
In der vorliegenden Konstellation, in der die Bundesrepublik Deutschland nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II (vgl. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III) ausschließlich zuständig geworden ist und eine Überstellung in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaat Polen nicht (mehr) möglich ist, liegen die Voraussetzungen für die Ablehnung der Anträge als unzulässig im Sinne des § 27a i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylVfG nicht mehr vor und die Kläger können die Durchführung der Asylverfahren durch die Bundesrepublik Deutschland beanspruchen. Dabei kann eine rein theoretische Überstellungsmöglichkeit, die nicht durch konkrete aussagekräftige und auch eine überschaubare zeitliche Dimension der Überstellung umfassende Fakten untermauert wird, nicht genügen, da andernfalls das dem Dublinsystem immanente Beschleunigungsgebot (vgl. EuGH Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417, Rn. 79, und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, Rn. 53) verletzt wird. Der Senat kann in diesem Zusammenhang offen lassen, in welchem genauen zeitlichen Rahmen eine Überstellung noch möglich sein muss. Ein Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens durch die Bundesrepublik Deutschland ist deshalb zu bejahen, weil dem Zuständigkeitssystem nämlich zugrunde liegt, dass die Antragsteller ein durchsetzbares Recht haben müssen, dass die Anträge jedenfalls von einem Mitglied- oder Vertragsstaat zeitnah geprüft werden. Dieses ergibt sich unmissverständlich aus Art. 3 Abs. 1 VO Dublin II bzw. Art. 3 Abs. 1 VO Dublin III (vgl. auch den 4. Erwägungsgrund der VO Dublin II sowie den 5. Erwägungsgrund der VO Dublin III). Eine andere Sichtweise würde dem Grundanliegen des gemeinsamen europäischen Asylsystems widersprechen. Dieses darf um seiner Effektivität willen nicht so ausgelegt und angewandt werden, dass die betroffenen Antragsteller in keinem Staat eine Prüfung ihres Schutzgesuchs erhalten können und – wenn auch nicht dem potentiellen Verfolger ausgeliefert – doch ohne den im Unionsrecht vorgesehenen förmlichen Schutzstatus bleiben. Andererseits bedeutet dies nicht, dass den Betroffenen prinzipiell nicht ein erfolgloses und abgeschlossenes Verfahren, das in einem Mitglied- oder Vertragsstaat durchgeführt worden war, entgegengehalten werden könnte (vgl. hierzu noch im Folgenden).
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Vor diesem Hintergrund kann die angegriffene Ziffer 1 nicht mehr auf § 27a i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylVfG gestützt werden und ist daher aufzuheben.
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Der Beklagten ist im Ausgangspunkt zwar nicht zu widersprechen, dass eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Verfügung nicht allein deshalb aufzuheben ist, weil die für die Verfügung herangezogene und in der Begründung als maßgeblich zugrunde gelegte Rechtsgrundlage diese nicht (mehr) zu tragen vermag, wenn sie gleichwohl in anderen rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen ihre Rechtfertigung erfährt (vgl. etwa Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 79 ff. m.w.N.). Dieser Gesichtspunkt kann aber hier ein Aufrechterhalten der angegriffenen Verfügung nicht rechtfertigen.
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Dabei ergeben sich im vorliegenden Fall zunächst Besonderheiten schon deshalb, weil es der Sache nach auch um die Versagung einer Begünstigung geht, nämlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, ggf. auch des subsidiären Schutzstatus (vgl. § 13 AsylVfG in der seit 01.12.2013 geltenden Fassung). Vorrangig ist daher die von der Beklagten zu Recht aufgeworfene Frage zu beantworten, ob der Senat verpflichtet ist, die Sache spruchreif zu machen (vgl. allgemein Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 422 ff. m.w.N.). Ungeachtet der hier noch offen zu lassenden Frage, ob mittlerweile, wie die Beklagte meint, der Sache nach sog. Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG vorliegen, verneint der Senat dieses (vgl. schon ausführlich Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - juris, Rn. 18). Selbst wenn hier mittlerweile Zweitanträge vorlägen (vgl. aber noch im Folgenden), so bestünde gleichwohl keine Verpflichtung zur Spruchreifmachung und zu einer Entscheidung hierüber. Abgesehen davon, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861) aus der Sicht des Senats ohnehin erheblichen Bedenken begegnet, auf die das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil bereits zutreffend hingewiesen hat, bestehen schon gegenüber der zugrunde liegenden Folgeantragssituation nach § 71 AsylVfG zusätzliche grundlegende Unterschiede, die zu den Einwänden gegen eine Verpflichtung zur Spruchreifmachung im Falle eines Folgeantrags (vgl. ausführlich GK-AsylVfG, § 71 Rn. 296 ff., demnächst Rn. 367 ff.) noch hinzutreten. Geht man sachgerecht davon aus, dass die von den Klägern am 17.06.2013 eingereichten Asylanträge sinngemäß unter allen denkbaren Gesichtspunkten, also auch unter dem Aspekt eines möglichen Folgeschutzgesuchs, gestellt worden waren, konnten diese Anträge zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten am 22.11.2013 wegen der Zuständigkeit Polens keine Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG sein und wurden auch nicht als solche beschieden. Des Weiteren kann nicht außer Acht gelassen werden, dass in einem Zweitantragsverfahren umfangreichere Verfahrensgarantien bestehen, insbesondere auch nach § 25 AsylVfG (i.V.m. § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) – jedenfalls in der Regel – eine Anhörung stattzufinden hat, bei der sich das Bundesamt auch der (formellen und materiellen) Grundlagen des notwendigerweise in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat durchgeführten Erstverfahrens zu vergewissern hat (vgl. GK-AsylVfG § 71a Rn. 30 ff.). Auch ist originär und nicht nur in einem Wiederaufnahmeverfahren in Bezug auf den Herkunftsstaat über das Bestehen nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu entscheiden, um das unionsrechtliche und völkerrechtliche Refoulement-Verbot zu sichern. Diese Aufgabe ist zuvörderst dem mit besonderem Sachverstand ausgestatteten Bundesamt zugewiesen (vgl. hierzu auch § 72 Abs. 2 AufenthG). Weiter ist zu bedenken, dass das Verfahren im Falle der negativen Vorprüfen der Asylrelevanz wie auch im Falle einer negativen Sachprüfung auf eine Aufenthaltsbeendigung in den Herkunftsstaat gerichtet ist, was – insofern anders als im Folgeverfahren (vgl. § 71 Abs. 5 AsylVfG) – zwingend den erstmaligen Erlass einer Abschiebungsandrohung nach sich ziehen muss (vgl. § 71a Abs. 4 AsylVfG). Nicht anders als in den Fällen der zu Unrecht erfolgten Behandlung eines Asylantrags nach § 32 oder § 33 AsylVfG (vgl. nochmals BVerwG, Urteile vom 07.03.1995 - 9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80, und vom 05.09.2013 - 10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) gebietet der in § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO niedergelegte Grundsatz, wonach die Verwaltungsgerichte grundsätzlich verpflichtet sind, den Rechtsstreit spruchreif zu machen, im vorliegenden Fall eine Entscheidung zur Sache durch den Senat nicht, wenn wesentliche Verfahrensgrundlage aufgrund der früher (an sich noch zu Recht) vorgenommenen Weichenstellung bislang ungeklärt geblieben sind (vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 43; Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl., § 113 Rn. 101 f.).
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Schließlich kann - ungeachtet der vorliegenden Fallkonstellation, für die, wie dargelegt, feststeht, dass eine formlose Wiedereröffnung des Verfahrens in Polen möglich ist - gar nicht immer pauschal unterstellt werden, dass überhaupt eine „Zweitantragssituation“ vorliegt und daher möglicherweise zumindest von konkludent und (nur) hilfsweise durch die Kläger gestellten Hilfsanträgen ausgegangen werden muss. Denn § 71a AsylVfG setzt nicht anders als § 71 AsylVfG, dem die Vorschrift sachlich nachgebildet ist, voraus, dass das Verfahren im anderen Mitglied- oder Vertragsstaat erfolglos, d.h. unanfechtbar abgeschlossen wurde (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 71a Rn. 14 f.). Schon unter der Geltung der Verordnung Dublin II sowie der Richtlinie 2005/85/EG vom 01.12.2005 (Verfahrensrichtlinie – VRL a.F.) war es den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie im Falle einer konkludenten Rücknahme bzw. eines Nichtbetreibens des Verfahrens im ersten Mitgliedstaat, wovon in Anbetracht fehlender Anhaltspunkte im Falle der Kläger auszugehen sein wird (vgl. auch zur Praxis Polens aida, a.a.O.), die Fortsetzung des Verfahrens nur im Regime des Folgeantrags zulassen oder - weitergehend - eine formlose Wiedereröffnung ermöglichen (vgl. Art. 20 Abs. 2 UA 1 VRL a.F.). Im letzteren Fall hätte der Zuständigkeitsübergang auf die Bundesrepublik Deutschland aber die notwendige Folge, dass nicht von einem „erfolglosen Abschluss des Asylverfahrens“ im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylVfG ausgegangen werden kann. Denn dem unionsrechtlichen Zuständigkeitsübergang infolge einer Fristversäumung ist immanent, dass der zuständig gewordene Mitgliedstaat das Verfahren in dem Stadium übernimmt, den es zum Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs erreicht hatte. Der VO Dublin II (wie auch der VO Dublin III) kann keine Regelung entnommen werden, die über den Zuständigkeitsübergang hinaus bestimmt, dass mit diesem auch ein formeller wie materieller Rechtsverlust verbunden sein könnte. Die Prüfung und Aufklärung all dieser Fragen ist unerlässlicher Inhalt des Verfahrens beim Bundesamt hinsichtlich der Verfahrensgrundlagen des Erstverfahrens.
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Noch viel mehr gilt dies nach dem nunmehr maßgeblichen, hier allerdings noch nicht anwendbaren Regime von Dublin III sowie künftig der bis zum 20.7. diesen Jahres umzusetzenden Richtlinie 2013/32/EU vom 26.06.2013 – VRL n.F. Nach Art. 18 Abs. 2 UA 2 Satz 1 VO Dublin III hat der zuständige Mitgliedstaat (hier nunmehr die zuständig gewordene Bundesrepublik Deutschland) in den Fällen (Absatz 1 lit. c), in denen über den Erstantrag im ersten Mitgliedstaat in erster Instanz keine sachliche Entscheidung getroffen worden war (wovon nach den Ermittlungen der Beklagten im Falle der Kläger auszugehen ist), sicherzustellen, dass die Betroffenen einen neuen Antrag stellen können, der nicht als Folgeantrag gewertet werden darf. Wenn es in Satz 2 sodann heißt, dass „die Mitgliedstaaten“ (und nicht nur „der Mitgliedstaat“) in diesen Fällen gewährleisten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird, so macht auch dieses deutlich, dass der Zuständigkeitsübergang allein nicht zum Verlust der formalen und materiellen Rechtsstellung führt, vielmehr der andere nunmehr zuständige Mitgliedstaat das Verfahren weiter zu führen hat. Nach Art. 18 Abs. 2 UA 3 VO Dublin III muss der Aufnahmemitgliedstaat weit über das Regime von Dublin II hinausgehend in den Fällen des Absatzes 1 lit. d), wenn der Antrag nur in erster Instanz, aber mit einer Sachentscheidung abgelehnt worden war, sogar ohne jede Einschränkung für die Betroffenen sicherstellen, dass noch ein wirksamer Rechtsbehelf eingelegt werden kann, und zwar auch dann, wenn die Sachentscheidung unanfechtbar geworden ist. Dabei muss, damit die Vorschrift zur Anwendung kommen kann, der Eintritt der Unanfechtbarkeit sicherlich darauf beruhen, dass die Entscheidung infolge der Ausreise der Betroffenen in deren Abwesenheit ergangen und ihnen nicht persönlich zur Kenntnis gebracht und infolge dessen von ihnen nicht angefochten werden konnte; auf einzelne Abgrenzungsfragen kommt es an dieser Stelle allerdings nicht an; sie werden aus gegebenem Anlass zu klären sein. Da allerdings das nationale Verfahrensrecht nicht vorsieht, dass eine Sachentscheidung eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaat gerichtlich überprüft werden kann, könnte die Konsequenz dieser unionsrechtlich zwingenden Vorgabe die sein, dass im Falle eines Zuständigkeitsübergangs die Bundesrepublik eine neue Sachentscheidung zu treffen hat; allerdings fällt auf, dass in UA 3 ein dem in UA 2 enthaltener vergleichbarer Satz 2 fehlt, was auch die Deutung zulassen könnte, dass mit dem Zuständigkeitsübergang in dieser Konstellation ein Rechtsverlust einhergehen könnte; einer abschließenden Entscheidung bedarf es auch insoweit hier jedoch noch nicht.
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Art. 28 Abs. 2 UA 1 VRL n.F. bestimmt zusätzlich, dass die Antragsteller im Fall einer stillschweigenden Rücknahme oder eines Nichtbetreibens des Verfahrens berechtigt sind, um eine Wiedereröffnung des Verfahrens zu ersuchen oder einen neuen Antrag zu stellen, der nicht nach Maßgabe der Art. 40 und 41, d.h. nicht als Folgeantrag, geprüft werden darf. Nach Art. 28 Abs. 2 UA 2 VRL n.F. besteht allerdings unter bestimmten Kautelen die Möglichkeit, dass die Mitgliedstaaten – nur teilweise – restriktivere Regelungen vorgeben können. Auch insoweit bestehen Einschränkungen der nunmehr zuständig gewordenen Bundesrepublik Deutschland, einen weiteren Asylantrag dem Regime des Zweitantragsverfahrens zu unterwerfen, insbesondere solange die Bundesrepublik von der Möglichkeit des teilweisen „Opt-Out“ keinen Gebrauch gemacht hat.
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All diese differenzierten Gründe grundsätzlicher und struktureller Art zwingen nach Auffassung des Senats dazu, den Verfahrensgegenstand des gerichtlichen Verfahrens strikt auf die Anfechtung der Ablehnungsentscheidung des Asylantrags als unzulässig nach § 27a AsylVfG zu beschränken und die weitere Prüfung dem Bundesamt zu überlassen; diese Sachgründe setzen sich nach Überzeugung des Senats gegenüber einer pauschalen Berufung auf ein sicherlich nicht zu verkennendes Beschleunigungsinteresse durch.
40 
Aufgrund der vorgenannten Überlegungen kommt es auch nicht in Betracht, die isoliert angefochtene Entscheidung als eine negative Entscheidung über einen Zweitantrag aufrechtzuerhalten, so denn überhaupt ein solcher vorliegt, was hier, wie ausgeführt, nicht der Fall ist. Dieses liegt schon daran, dass dann nach den Vorstellungen der Beklagten der Sache nach ein Antrag auf Wiederaufgreifen und nicht ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wäre, was sich aber – nicht nur wegen der unterschiedlichen Tenorierung, was unter Umständen nicht hinreichend sein könnte – als eine Veränderung des Verwaltungsakts seinem Wesen nach darstellen würde (vgl. hierzu Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 81 und 86 m.w.N.).
41 
Auch eine Umdeutung nach § 47 VwVfG ist nicht möglich. Aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.02.2015 (1 B 2.15 - juris) ergibt sich nichts anderes. Zunächst betrifft er die nicht vergleichbare Fallkonstellation einer auf die §§ 32 und 33 Abs. 1 AsylVfG gestützten Verfahrenseinstellung, zum anderen lässt die Entscheidung jede Erläuterung vermissen, weshalb in dieser Verfahrenskonstellation eine Umdeutung oder Aufrechterhaltung überhaupt möglich sein soll. Eine Umdeutung scheitert im hier zu entscheidenden Fall, wie sich aus den vorgenannten Ausführungen ergibt, schon daran, dass der Verwaltungsakt nicht auf das gleiche oder ein im Wesentlichen gleiches Ziel gerichtet wäre (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., 2014, § 47 Rn. 13 ff.). Die Entscheidung der Beklagten war im vorliegenden Fall auf die Unzulässigkeit im Sinne des § 31 Abs. 6 AsylVfG gerichtet und darauf, die zwingende Rechtsfolge des § 34a Abs. 1 AsylVfG herbeizuführen. Hingegen wird mit der Entscheidung zu § 71a AsylVfG die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, d.h. ein Wiederaufgreifen eines nicht mehr angreifbaren Verfahrens abgelehnt, die dann in erster Linie die Rechtsfolge des § 71a Abs. 4 i.V.m. § 34 bzw. § 36 AsylVfG (in Bezug auf den Herkunftsstaat) auslöst und damit eine völlig andere Qualität hat als eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaat). Diese Entscheidung würde aber voraussetzen, dass nicht nur ein Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG vorliegt, sondern auch die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu verneinen sind, was, wie dargelegt, im Rahmen eines eigenständigen Verwaltungsverfahren mit eigenen Verfahrensgarantien zu klären und zu entscheiden ist, ungeachtet der Frage, ob die Antworten auf diese Fragen ein mehr oder weniger großes Maß an Evidenz aufweisen. Zwar verweist § 71a Abs. 4 auch auf § 34a AsylVfG; diese Verfahrensweise ist jedoch gerichtet auf die Überstellung nach der Drittstaatenregelung des § 26a AsylVfG und nicht nach dem Dublin-System, worauf aber gerade der angegriffene Bescheid abzielt. Hinzukommt, dass fraglich ist, ob im Anwendungsbereich des Dublin-Systems überhaupt noch der andere Mitgliedstaat als sicherer Drittstaat behandelt und von der nationalen Drittstaatenregelung Gebrauch gemacht werden darf mit der Folge, dass die Drittstaatenregelung nur noch solche – gegenwärtig nicht existierende – Drittstaaten betreffen könnte, die nicht Teil des Dublin-Systems sind (vgl. GK-AsylVfG, § 27a Rn. 56 ff.). Abgesehen davon ist hier die Rechtsfolge des § 34a AsylVfG allenfalls optional und von einer Ermessensentscheidung der Beklagten abhängig.
42 
Legt man, wie ausgeführt, zugrunde, dass die Antragsteller nach den Grundstrukturen des gemeinsamen Europäischen Asylsystems jedenfalls einen Anspruch darauf haben, dass ihre Asylanträge zumindest in einem Mitglied- oder Vertragsstaat geprüft werden, so verletzt die Aufrechterhaltung der Ablehnung der Anträge als unzulässig auch ihre Rechte, selbst wenn nach diesen Strukturen äußerstenfalls am Ende eine Entscheidung durch das Bundesamt stehen kann, dass das Verfahren nicht wiederaufgegriffen wird, so denn überhaupt eine Zweitantragssituation vorliegt, was dieses jedoch vorrangig in eigener Zuständigkeit zu prüfen hat.
43 
Geht man hingegen davon aus, dass im vorliegenden Fall die Kläger im Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs nach polnischem Recht eine formlose Wiedereröffnung des Verfahrens beanspruchen konnten und somit kein Folgeschutzgesuch vorliegt, so kann der angegriffene Bescheid gleichfalls keinen Bestand haben. Nicht anders als in den Fällen einer unzutreffenden Einstellung des Verfahrens wegen einer rechtsgeschäftlich erklärten oder einer fingierten Antragsrücknahme nach § 32 und § 33 (vgl. BVerwG, Urteile vom 07.03.1995 - 9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80, und vom 05.09.2013 - 10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158), in denen das Bundesamt - wie auch hier - entweder in der Sache noch gar nicht befasst, jedenfalls aber noch keine Sachentscheidung getroffen und eine eigenständige Bewertung des Vorbringens vorgenommen hatte, hat dieses zunächst das Verwaltungsverfahren in eigener Kompetenz durchzuführen und abzuschließen, weshalb der angegriffene Bescheid auf die von Klägern auch gestellten Anfechtungsanträge lediglich aufzuheben ist. Der Umstand, dass die Kläger auch Verpflichtungsanträge gestellt hatten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.03.1995 - a.a.O., in dem dieses offen gelassen hatte, ob im Falle eines gestellten Verpflichtungsantrags abschließend in der Sache zu entscheiden sein könnte), diese aber vom Verwaltungsgericht nach dem Tenor der angegriffenen Entscheidung nicht ausdrücklich abgewiesen wurden, ändert hieran nichts, selbst wenn man nicht der Auffassung des Senats folgen wollte, dass hier Verpflichtungsanträge generell nicht statthaft sind. Diese sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn entweder wurden nach den Entscheidungsgründen die Klagen insoweit abgewiesen, ohne dass die Kläger dieses angegriffen haben; dagegen spricht allerdings die Kostenentscheidung und die hierfür gegebene Begründung, die allein § 154 Abs. 1 VwGO zitiert; oder aber die Kläger haben es unterlassen, innerhalb der vorgesehenen Frist einen Ergänzungsantrag nach § 120 VwGO zu stellen.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.
45 
Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie rechtzeitig und den gesetzlichen Formerfordernissen genügend begründet.
23 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
24 
Die Klage gegen die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids ist als Anfechtungsklage statthaft und im Übrigen zulässig (vgl. hierzu im Folgenden). Insbesondere hat sich der Rechtsstreit nicht durch den lediglich im Entwurf vorgelegten Bescheid vom 28.04.2015 erledigt, der den Klägern bislang noch nicht zugestellt wurde. Im Übrigen hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Ziffer 1 nicht als Zweitbescheid, sondern lediglich als Erläuterung und Bekräftigung der Rechtsauffassung der Beklagten zu verstehen sei.
25 
Sie ist auch in der Sache begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Ziffer 1 des Bescheids der Beklagten vom 22.11.2013, die allein noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Ergebnis zu Recht aufgehoben.
26 
Nach dem für den Senat gem. § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung ist die Ziffer 1, mit der die Asylanträge der Kläger gem. § 31 Abs. 6 AsylVfG der Sache nach als unzulässig abgelehnt wurden (vgl. zur Auslegung des Tenors Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77), rechtswidrig und verletzt die Kläger auch in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
27 
Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand sind die Asylanträge nicht mehr unzulässig im Sinne des § 27a AsylVfG, weil die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden ist. Maßgeblich für die Beantwortung der Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig ist, ist hier allein die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (VO Dublin II), denn im vorliegenden Fall haben die Kläger nicht nur ihre Asylanträge vor dem 01.01.2014 (vgl. Art. 49 Abs. 2 Satz 2 VO (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 - VO Dublin III) gestellt, vielmehr wurde auch das Wiederaufnahmegesuch vor diesem Datum eingereicht.
28 
Polen hat dem Wiederaufnahmeersuchen der Bundesrepublik Deutschland am 24.10.2013 zugestimmt, weshalb die Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II an sich am 24.04.2014 fruchtlos abgelaufen wäre. Da die Kläger das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ohne Erfolg betrieben hatten, war der Fristlauf zwar im Zeitraum zwischen dem Zugang des angegriffenen Bescheids (frühestens am 27.11.2013, dem Tag nach der Datierung des dem Bescheid beigefügten Anschreibens vom 26.11.2013) bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 02.01.2014 gehemmt (vgl. zu alledem Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - InfAuslR 2014, 452). Der Senat geht davon aus, dass während des Laufs der Wochenfrist nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG sowie im Zeitraum bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 02.01.2014 mit Rücksicht auf § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG die Abschiebung unmittelbar kraft Gesetzes ausgesetzt und der Ablauf der Frist gehemmt war (vgl. im Einzelnen GK-AsylVfG, § 27a, Rn. 228). Dieses zugrunde gelegt, wäre die Frist aber spätestens Ende Juni/Anfang Juli 2014 abgelaufen. Infolge des Fristablaufs ist nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik übergegangen. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dann, wenn eine Überstellung noch zeitnah möglich wäre, weil Polen den Fristablauf nicht einwendet, sich die Kläger allerdings auf den Zuständigkeitsübergang nicht berufen könnten (vgl. Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293 und vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris). Es entspricht der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs, dass, sofern spezialgesetzlich keine besonderen Ausnahmen geregelt sind (wie z.B. in Art. 8 VO Dublin II), Antragsteller auf internationalen Schutz grundsätzlich kein subjektives Recht auf Prüfung ihres Antrags in einem bestimmten Mitglied- oder Vertragsstaat haben, und Fehler bei der Auslegung und Unzulänglichkeiten bei der Anwendung der Zuständigkeitsregelungen der Verordnung grundsätzlich irrelevant sind (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170, und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208; vgl. auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/ 13 - InfAuslR 2014, 293). Daraus folgt - dem unionsrechtlichen System immanent - notwendigerweise, dass ein allein infolge des Ablaufs einer Frist für die Stellung eines Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeersuchens oder für die Durchführung einer Überstellung erfolgter gesetzlicher Übergang der Zuständigkeit noch kein subjektives Recht berühren kann (vgl. Senatsurteile vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293, vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - NVwZ 2015, 92, und vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris; ebenso OVG Schl.-Holst., Beschluss vom 24.02.2015 - 2 LA 15/15 - juris; Nieders. OVG, Beschluss vom 06.11.2014 - 13 LA 66/14 - juris; Hess. VGH, Beschluss vom 25.08.2014 - 2 A 975/14 A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; so wohl auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 14.07.2014 - 1 B 9/14, 1 PKH 10/14 - juris; Berlit, jurisPR-BVerwG, 17/2014, Anm. 2). Deshalb wurde entgegen verschiedener gegenteiliger Stimmen in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.2015 - 22 K 2262/14.A - juris) dieser Fragenkomplex durch den Europäischen Gerichtshof eindeutig beantwortet. Eine andere Frage ist, ob im Falle einer unzumutbaren Verzögerung der Durchführung des Aufnahme- und/oder Überstellungsverfahrens durch den Mitgliedstaat der Antragstellung für die Betroffenen die Möglichkeit bestehen muss, eine sachliche Prüfung durch den Antragsmitgliedstaat zu erzwingen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/ 13 - InfAuslR 2014, 293). Eine solche Fallkonstellation liegt hier jedoch nicht vor.
29 
Hieran hat sich im Übrigen durch die nunmehr in Kraft getretene VO Dublin III nichts Grundsätzliches geändert. Die Tatsache, dass möglicherweise der gerichtliche Rechtsschutz tendenziell aufgewertet wurde (vgl. den 19. Erwägungsgrund; vgl. aber auch schon Art. 19 Abs. 2 Sätze 3 und 4 VO Dublin II und Art. 47 GRCh), vermag die - völlig unveränderte - Grundstruktur des Dublin-Mechanismus nicht infrage zu stellen (so aber etwa Karlsruhe, Beschluss vom 30.11.2014 - A 5 K 20026/14 - juris) und die jeweils für jede Konstellation erforderliche Feststellung des subjektiven Rechts bzw. der klagefähigen Rechtsposition, deren Verwirklichung die Rechtsschutzgarantie dienen soll, nicht zu ersetzen.
30 
Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch an einer Übernahmebereitschaft Polens. Es ist auch nicht ersichtlich, dass noch ein anderer Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig sein könnte. Das folgt schon daraus, dass infolge des Ablaufs der Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II (jetzt Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III) die Zuständigkeit endgültig auf die Bundesrepublik übergegangen ist, selbst wenn vorher noch die Zuständigkeit eines anderen Staates im Raum gestanden hätte (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, 2014, Art. 29 Rn. K 9).
31 
Eine Rückkehr der Kläger nach Polen mag zwar möglich sein; eine formlose Wiedereröffnung des Asylverfahrens (vgl. ausführlich noch unten zu den unionsrechtlichen Vorgaben für eine Wiedereröffnung eines Asylverfahrens) wäre nach der Rechtslage in Polen an sich auch nicht ausgeschlossen, weil die Kläger ihre Asylanträge in Polen am 12.06.2013 gestellt haben und die Frist von zwei Jahren nach erfolgter vorläufiger Einstellung des Verfahrens noch nicht abgelaufen ist (vgl. hierzu auch aida, National Country Report Poland, Stand Juni 2014, S. 21). Unter diesen Voraussetzungen könnte auch erwogen werden, dass die Kläger kein Sachbescheidungsinteresse haben und daher die Asylanträge aus diesem Grund unzulässig sind. Eine Prüfung der Anträge wird aber nach den Ermittlungen der Beklagten in Polen deshalb nicht erfolgen, weil sich Polen auf die Zuständigkeit der Bundesrepublik berufen und eine Überstellung der Kläger betreiben würde.
32 
In der vorliegenden Konstellation, in der die Bundesrepublik Deutschland nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II (vgl. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III) ausschließlich zuständig geworden ist und eine Überstellung in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaat Polen nicht (mehr) möglich ist, liegen die Voraussetzungen für die Ablehnung der Anträge als unzulässig im Sinne des § 27a i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylVfG nicht mehr vor und die Kläger können die Durchführung der Asylverfahren durch die Bundesrepublik Deutschland beanspruchen. Dabei kann eine rein theoretische Überstellungsmöglichkeit, die nicht durch konkrete aussagekräftige und auch eine überschaubare zeitliche Dimension der Überstellung umfassende Fakten untermauert wird, nicht genügen, da andernfalls das dem Dublinsystem immanente Beschleunigungsgebot (vgl. EuGH Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417, Rn. 79, und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, Rn. 53) verletzt wird. Der Senat kann in diesem Zusammenhang offen lassen, in welchem genauen zeitlichen Rahmen eine Überstellung noch möglich sein muss. Ein Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens durch die Bundesrepublik Deutschland ist deshalb zu bejahen, weil dem Zuständigkeitssystem nämlich zugrunde liegt, dass die Antragsteller ein durchsetzbares Recht haben müssen, dass die Anträge jedenfalls von einem Mitglied- oder Vertragsstaat zeitnah geprüft werden. Dieses ergibt sich unmissverständlich aus Art. 3 Abs. 1 VO Dublin II bzw. Art. 3 Abs. 1 VO Dublin III (vgl. auch den 4. Erwägungsgrund der VO Dublin II sowie den 5. Erwägungsgrund der VO Dublin III). Eine andere Sichtweise würde dem Grundanliegen des gemeinsamen europäischen Asylsystems widersprechen. Dieses darf um seiner Effektivität willen nicht so ausgelegt und angewandt werden, dass die betroffenen Antragsteller in keinem Staat eine Prüfung ihres Schutzgesuchs erhalten können und – wenn auch nicht dem potentiellen Verfolger ausgeliefert – doch ohne den im Unionsrecht vorgesehenen förmlichen Schutzstatus bleiben. Andererseits bedeutet dies nicht, dass den Betroffenen prinzipiell nicht ein erfolgloses und abgeschlossenes Verfahren, das in einem Mitglied- oder Vertragsstaat durchgeführt worden war, entgegengehalten werden könnte (vgl. hierzu noch im Folgenden).
33 
Vor diesem Hintergrund kann die angegriffene Ziffer 1 nicht mehr auf § 27a i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylVfG gestützt werden und ist daher aufzuheben.
34 
Der Beklagten ist im Ausgangspunkt zwar nicht zu widersprechen, dass eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Verfügung nicht allein deshalb aufzuheben ist, weil die für die Verfügung herangezogene und in der Begründung als maßgeblich zugrunde gelegte Rechtsgrundlage diese nicht (mehr) zu tragen vermag, wenn sie gleichwohl in anderen rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen ihre Rechtfertigung erfährt (vgl. etwa Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 79 ff. m.w.N.). Dieser Gesichtspunkt kann aber hier ein Aufrechterhalten der angegriffenen Verfügung nicht rechtfertigen.
35 
Dabei ergeben sich im vorliegenden Fall zunächst Besonderheiten schon deshalb, weil es der Sache nach auch um die Versagung einer Begünstigung geht, nämlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, ggf. auch des subsidiären Schutzstatus (vgl. § 13 AsylVfG in der seit 01.12.2013 geltenden Fassung). Vorrangig ist daher die von der Beklagten zu Recht aufgeworfene Frage zu beantworten, ob der Senat verpflichtet ist, die Sache spruchreif zu machen (vgl. allgemein Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 422 ff. m.w.N.). Ungeachtet der hier noch offen zu lassenden Frage, ob mittlerweile, wie die Beklagte meint, der Sache nach sog. Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG vorliegen, verneint der Senat dieses (vgl. schon ausführlich Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - juris, Rn. 18). Selbst wenn hier mittlerweile Zweitanträge vorlägen (vgl. aber noch im Folgenden), so bestünde gleichwohl keine Verpflichtung zur Spruchreifmachung und zu einer Entscheidung hierüber. Abgesehen davon, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861) aus der Sicht des Senats ohnehin erheblichen Bedenken begegnet, auf die das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil bereits zutreffend hingewiesen hat, bestehen schon gegenüber der zugrunde liegenden Folgeantragssituation nach § 71 AsylVfG zusätzliche grundlegende Unterschiede, die zu den Einwänden gegen eine Verpflichtung zur Spruchreifmachung im Falle eines Folgeantrags (vgl. ausführlich GK-AsylVfG, § 71 Rn. 296 ff., demnächst Rn. 367 ff.) noch hinzutreten. Geht man sachgerecht davon aus, dass die von den Klägern am 17.06.2013 eingereichten Asylanträge sinngemäß unter allen denkbaren Gesichtspunkten, also auch unter dem Aspekt eines möglichen Folgeschutzgesuchs, gestellt worden waren, konnten diese Anträge zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten am 22.11.2013 wegen der Zuständigkeit Polens keine Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG sein und wurden auch nicht als solche beschieden. Des Weiteren kann nicht außer Acht gelassen werden, dass in einem Zweitantragsverfahren umfangreichere Verfahrensgarantien bestehen, insbesondere auch nach § 25 AsylVfG (i.V.m. § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) – jedenfalls in der Regel – eine Anhörung stattzufinden hat, bei der sich das Bundesamt auch der (formellen und materiellen) Grundlagen des notwendigerweise in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat durchgeführten Erstverfahrens zu vergewissern hat (vgl. GK-AsylVfG § 71a Rn. 30 ff.). Auch ist originär und nicht nur in einem Wiederaufnahmeverfahren in Bezug auf den Herkunftsstaat über das Bestehen nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu entscheiden, um das unionsrechtliche und völkerrechtliche Refoulement-Verbot zu sichern. Diese Aufgabe ist zuvörderst dem mit besonderem Sachverstand ausgestatteten Bundesamt zugewiesen (vgl. hierzu auch § 72 Abs. 2 AufenthG). Weiter ist zu bedenken, dass das Verfahren im Falle der negativen Vorprüfen der Asylrelevanz wie auch im Falle einer negativen Sachprüfung auf eine Aufenthaltsbeendigung in den Herkunftsstaat gerichtet ist, was – insofern anders als im Folgeverfahren (vgl. § 71 Abs. 5 AsylVfG) – zwingend den erstmaligen Erlass einer Abschiebungsandrohung nach sich ziehen muss (vgl. § 71a Abs. 4 AsylVfG). Nicht anders als in den Fällen der zu Unrecht erfolgten Behandlung eines Asylantrags nach § 32 oder § 33 AsylVfG (vgl. nochmals BVerwG, Urteile vom 07.03.1995 - 9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80, und vom 05.09.2013 - 10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) gebietet der in § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO niedergelegte Grundsatz, wonach die Verwaltungsgerichte grundsätzlich verpflichtet sind, den Rechtsstreit spruchreif zu machen, im vorliegenden Fall eine Entscheidung zur Sache durch den Senat nicht, wenn wesentliche Verfahrensgrundlage aufgrund der früher (an sich noch zu Recht) vorgenommenen Weichenstellung bislang ungeklärt geblieben sind (vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 43; Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl., § 113 Rn. 101 f.).
36 
Schließlich kann - ungeachtet der vorliegenden Fallkonstellation, für die, wie dargelegt, feststeht, dass eine formlose Wiedereröffnung des Verfahrens in Polen möglich ist - gar nicht immer pauschal unterstellt werden, dass überhaupt eine „Zweitantragssituation“ vorliegt und daher möglicherweise zumindest von konkludent und (nur) hilfsweise durch die Kläger gestellten Hilfsanträgen ausgegangen werden muss. Denn § 71a AsylVfG setzt nicht anders als § 71 AsylVfG, dem die Vorschrift sachlich nachgebildet ist, voraus, dass das Verfahren im anderen Mitglied- oder Vertragsstaat erfolglos, d.h. unanfechtbar abgeschlossen wurde (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 71a Rn. 14 f.). Schon unter der Geltung der Verordnung Dublin II sowie der Richtlinie 2005/85/EG vom 01.12.2005 (Verfahrensrichtlinie – VRL a.F.) war es den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie im Falle einer konkludenten Rücknahme bzw. eines Nichtbetreibens des Verfahrens im ersten Mitgliedstaat, wovon in Anbetracht fehlender Anhaltspunkte im Falle der Kläger auszugehen sein wird (vgl. auch zur Praxis Polens aida, a.a.O.), die Fortsetzung des Verfahrens nur im Regime des Folgeantrags zulassen oder - weitergehend - eine formlose Wiedereröffnung ermöglichen (vgl. Art. 20 Abs. 2 UA 1 VRL a.F.). Im letzteren Fall hätte der Zuständigkeitsübergang auf die Bundesrepublik Deutschland aber die notwendige Folge, dass nicht von einem „erfolglosen Abschluss des Asylverfahrens“ im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylVfG ausgegangen werden kann. Denn dem unionsrechtlichen Zuständigkeitsübergang infolge einer Fristversäumung ist immanent, dass der zuständig gewordene Mitgliedstaat das Verfahren in dem Stadium übernimmt, den es zum Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs erreicht hatte. Der VO Dublin II (wie auch der VO Dublin III) kann keine Regelung entnommen werden, die über den Zuständigkeitsübergang hinaus bestimmt, dass mit diesem auch ein formeller wie materieller Rechtsverlust verbunden sein könnte. Die Prüfung und Aufklärung all dieser Fragen ist unerlässlicher Inhalt des Verfahrens beim Bundesamt hinsichtlich der Verfahrensgrundlagen des Erstverfahrens.
37 
Noch viel mehr gilt dies nach dem nunmehr maßgeblichen, hier allerdings noch nicht anwendbaren Regime von Dublin III sowie künftig der bis zum 20.7. diesen Jahres umzusetzenden Richtlinie 2013/32/EU vom 26.06.2013 – VRL n.F. Nach Art. 18 Abs. 2 UA 2 Satz 1 VO Dublin III hat der zuständige Mitgliedstaat (hier nunmehr die zuständig gewordene Bundesrepublik Deutschland) in den Fällen (Absatz 1 lit. c), in denen über den Erstantrag im ersten Mitgliedstaat in erster Instanz keine sachliche Entscheidung getroffen worden war (wovon nach den Ermittlungen der Beklagten im Falle der Kläger auszugehen ist), sicherzustellen, dass die Betroffenen einen neuen Antrag stellen können, der nicht als Folgeantrag gewertet werden darf. Wenn es in Satz 2 sodann heißt, dass „die Mitgliedstaaten“ (und nicht nur „der Mitgliedstaat“) in diesen Fällen gewährleisten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird, so macht auch dieses deutlich, dass der Zuständigkeitsübergang allein nicht zum Verlust der formalen und materiellen Rechtsstellung führt, vielmehr der andere nunmehr zuständige Mitgliedstaat das Verfahren weiter zu führen hat. Nach Art. 18 Abs. 2 UA 3 VO Dublin III muss der Aufnahmemitgliedstaat weit über das Regime von Dublin II hinausgehend in den Fällen des Absatzes 1 lit. d), wenn der Antrag nur in erster Instanz, aber mit einer Sachentscheidung abgelehnt worden war, sogar ohne jede Einschränkung für die Betroffenen sicherstellen, dass noch ein wirksamer Rechtsbehelf eingelegt werden kann, und zwar auch dann, wenn die Sachentscheidung unanfechtbar geworden ist. Dabei muss, damit die Vorschrift zur Anwendung kommen kann, der Eintritt der Unanfechtbarkeit sicherlich darauf beruhen, dass die Entscheidung infolge der Ausreise der Betroffenen in deren Abwesenheit ergangen und ihnen nicht persönlich zur Kenntnis gebracht und infolge dessen von ihnen nicht angefochten werden konnte; auf einzelne Abgrenzungsfragen kommt es an dieser Stelle allerdings nicht an; sie werden aus gegebenem Anlass zu klären sein. Da allerdings das nationale Verfahrensrecht nicht vorsieht, dass eine Sachentscheidung eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaat gerichtlich überprüft werden kann, könnte die Konsequenz dieser unionsrechtlich zwingenden Vorgabe die sein, dass im Falle eines Zuständigkeitsübergangs die Bundesrepublik eine neue Sachentscheidung zu treffen hat; allerdings fällt auf, dass in UA 3 ein dem in UA 2 enthaltener vergleichbarer Satz 2 fehlt, was auch die Deutung zulassen könnte, dass mit dem Zuständigkeitsübergang in dieser Konstellation ein Rechtsverlust einhergehen könnte; einer abschließenden Entscheidung bedarf es auch insoweit hier jedoch noch nicht.
38 
Art. 28 Abs. 2 UA 1 VRL n.F. bestimmt zusätzlich, dass die Antragsteller im Fall einer stillschweigenden Rücknahme oder eines Nichtbetreibens des Verfahrens berechtigt sind, um eine Wiedereröffnung des Verfahrens zu ersuchen oder einen neuen Antrag zu stellen, der nicht nach Maßgabe der Art. 40 und 41, d.h. nicht als Folgeantrag, geprüft werden darf. Nach Art. 28 Abs. 2 UA 2 VRL n.F. besteht allerdings unter bestimmten Kautelen die Möglichkeit, dass die Mitgliedstaaten – nur teilweise – restriktivere Regelungen vorgeben können. Auch insoweit bestehen Einschränkungen der nunmehr zuständig gewordenen Bundesrepublik Deutschland, einen weiteren Asylantrag dem Regime des Zweitantragsverfahrens zu unterwerfen, insbesondere solange die Bundesrepublik von der Möglichkeit des teilweisen „Opt-Out“ keinen Gebrauch gemacht hat.
39 
All diese differenzierten Gründe grundsätzlicher und struktureller Art zwingen nach Auffassung des Senats dazu, den Verfahrensgegenstand des gerichtlichen Verfahrens strikt auf die Anfechtung der Ablehnungsentscheidung des Asylantrags als unzulässig nach § 27a AsylVfG zu beschränken und die weitere Prüfung dem Bundesamt zu überlassen; diese Sachgründe setzen sich nach Überzeugung des Senats gegenüber einer pauschalen Berufung auf ein sicherlich nicht zu verkennendes Beschleunigungsinteresse durch.
40 
Aufgrund der vorgenannten Überlegungen kommt es auch nicht in Betracht, die isoliert angefochtene Entscheidung als eine negative Entscheidung über einen Zweitantrag aufrechtzuerhalten, so denn überhaupt ein solcher vorliegt, was hier, wie ausgeführt, nicht der Fall ist. Dieses liegt schon daran, dass dann nach den Vorstellungen der Beklagten der Sache nach ein Antrag auf Wiederaufgreifen und nicht ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wäre, was sich aber – nicht nur wegen der unterschiedlichen Tenorierung, was unter Umständen nicht hinreichend sein könnte – als eine Veränderung des Verwaltungsakts seinem Wesen nach darstellen würde (vgl. hierzu Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 81 und 86 m.w.N.).
41 
Auch eine Umdeutung nach § 47 VwVfG ist nicht möglich. Aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.02.2015 (1 B 2.15 - juris) ergibt sich nichts anderes. Zunächst betrifft er die nicht vergleichbare Fallkonstellation einer auf die §§ 32 und 33 Abs. 1 AsylVfG gestützten Verfahrenseinstellung, zum anderen lässt die Entscheidung jede Erläuterung vermissen, weshalb in dieser Verfahrenskonstellation eine Umdeutung oder Aufrechterhaltung überhaupt möglich sein soll. Eine Umdeutung scheitert im hier zu entscheidenden Fall, wie sich aus den vorgenannten Ausführungen ergibt, schon daran, dass der Verwaltungsakt nicht auf das gleiche oder ein im Wesentlichen gleiches Ziel gerichtet wäre (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., 2014, § 47 Rn. 13 ff.). Die Entscheidung der Beklagten war im vorliegenden Fall auf die Unzulässigkeit im Sinne des § 31 Abs. 6 AsylVfG gerichtet und darauf, die zwingende Rechtsfolge des § 34a Abs. 1 AsylVfG herbeizuführen. Hingegen wird mit der Entscheidung zu § 71a AsylVfG die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, d.h. ein Wiederaufgreifen eines nicht mehr angreifbaren Verfahrens abgelehnt, die dann in erster Linie die Rechtsfolge des § 71a Abs. 4 i.V.m. § 34 bzw. § 36 AsylVfG (in Bezug auf den Herkunftsstaat) auslöst und damit eine völlig andere Qualität hat als eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaat). Diese Entscheidung würde aber voraussetzen, dass nicht nur ein Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG vorliegt, sondern auch die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu verneinen sind, was, wie dargelegt, im Rahmen eines eigenständigen Verwaltungsverfahren mit eigenen Verfahrensgarantien zu klären und zu entscheiden ist, ungeachtet der Frage, ob die Antworten auf diese Fragen ein mehr oder weniger großes Maß an Evidenz aufweisen. Zwar verweist § 71a Abs. 4 auch auf § 34a AsylVfG; diese Verfahrensweise ist jedoch gerichtet auf die Überstellung nach der Drittstaatenregelung des § 26a AsylVfG und nicht nach dem Dublin-System, worauf aber gerade der angegriffene Bescheid abzielt. Hinzukommt, dass fraglich ist, ob im Anwendungsbereich des Dublin-Systems überhaupt noch der andere Mitgliedstaat als sicherer Drittstaat behandelt und von der nationalen Drittstaatenregelung Gebrauch gemacht werden darf mit der Folge, dass die Drittstaatenregelung nur noch solche – gegenwärtig nicht existierende – Drittstaaten betreffen könnte, die nicht Teil des Dublin-Systems sind (vgl. GK-AsylVfG, § 27a Rn. 56 ff.). Abgesehen davon ist hier die Rechtsfolge des § 34a AsylVfG allenfalls optional und von einer Ermessensentscheidung der Beklagten abhängig.
42 
Legt man, wie ausgeführt, zugrunde, dass die Antragsteller nach den Grundstrukturen des gemeinsamen Europäischen Asylsystems jedenfalls einen Anspruch darauf haben, dass ihre Asylanträge zumindest in einem Mitglied- oder Vertragsstaat geprüft werden, so verletzt die Aufrechterhaltung der Ablehnung der Anträge als unzulässig auch ihre Rechte, selbst wenn nach diesen Strukturen äußerstenfalls am Ende eine Entscheidung durch das Bundesamt stehen kann, dass das Verfahren nicht wiederaufgegriffen wird, so denn überhaupt eine Zweitantragssituation vorliegt, was dieses jedoch vorrangig in eigener Zuständigkeit zu prüfen hat.
43 
Geht man hingegen davon aus, dass im vorliegenden Fall die Kläger im Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs nach polnischem Recht eine formlose Wiedereröffnung des Verfahrens beanspruchen konnten und somit kein Folgeschutzgesuch vorliegt, so kann der angegriffene Bescheid gleichfalls keinen Bestand haben. Nicht anders als in den Fällen einer unzutreffenden Einstellung des Verfahrens wegen einer rechtsgeschäftlich erklärten oder einer fingierten Antragsrücknahme nach § 32 und § 33 (vgl. BVerwG, Urteile vom 07.03.1995 - 9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80, und vom 05.09.2013 - 10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158), in denen das Bundesamt - wie auch hier - entweder in der Sache noch gar nicht befasst, jedenfalls aber noch keine Sachentscheidung getroffen und eine eigenständige Bewertung des Vorbringens vorgenommen hatte, hat dieses zunächst das Verwaltungsverfahren in eigener Kompetenz durchzuführen und abzuschließen, weshalb der angegriffene Bescheid auf die von Klägern auch gestellten Anfechtungsanträge lediglich aufzuheben ist. Der Umstand, dass die Kläger auch Verpflichtungsanträge gestellt hatten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.03.1995 - a.a.O., in dem dieses offen gelassen hatte, ob im Falle eines gestellten Verpflichtungsantrags abschließend in der Sache zu entscheiden sein könnte), diese aber vom Verwaltungsgericht nach dem Tenor der angegriffenen Entscheidung nicht ausdrücklich abgewiesen wurden, ändert hieran nichts, selbst wenn man nicht der Auffassung des Senats folgen wollte, dass hier Verpflichtungsanträge generell nicht statthaft sind. Diese sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn entweder wurden nach den Entscheidungsgründen die Klagen insoweit abgewiesen, ohne dass die Kläger dieses angegriffen haben; dagegen spricht allerdings die Kostenentscheidung und die hierfür gegebene Begründung, die allein § 154 Abs. 1 VwGO zitiert; oder aber die Kläger haben es unterlassen, innerhalb der vorgesehenen Frist einen Ergänzungsantrag nach § 120 VwGO zu stellen.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.
45 
Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 13. Januar 2015, soweit es die Aufhebung der Asylantragsablehnung in Nr. 1 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 21. Januar 2014 betrifft, hat keinen Erfolg. In Nr. 1 dieses Bescheids war die Unzulässigkeit des Asylantrags des Klägers wegen der Unzuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland ausgesprochen und in Nr. 2 die Abschiebung nach Ungarn angeordnet worden.

Die Beklagte wirft als gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage auf, ob „der Asylantragsteller gerichtlich die Aufhebung einer Ablehnung, die mit Verweis auf § 27a AsylVfG ergeht, deshalb begehren kann, weil die Überstellungsfrist in den als zuständig bestimmten Staat im nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt abgelaufen ist und ob dies insbesondere auch dann gilt, wenn (noch) nicht feststeht, ob der bislang zuständige Mitgliedstaat wegen Ablaufs der Überstellungsfrist dauerhaft die Übernahme ablehnt sowie ob jedenfalls stets ein relevanter Rechtsnachteil fehlt, wenn der im Bundesgebiet gestellte Asylantrag sich als Zweitantrag i. S. d. § 71a AsylVfG darstellt, der nicht gemäß § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens erfüllt“.

Das Rechtsmittel ist bereits nicht statthaft und unzulässig, weil die Beklagte durch die Aufhebung von Nr. 1 ihres Bescheids nicht beschwert ist. Eine Beschwer läge nur vor, wenn die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für sie nach ihrem Inhalt nachteilig wäre, also dem Kläger etwas zu ihren Lasten zusprechen, zu ihren Lasten rechtsgestaltend wirken oder einen Streit um ein Rechtsverhältnis zu ihren Ungunsten entscheiden würde (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, vor § 124 Rn. 29; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2014, vor § 124 Rn. 39). Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die Bundesrepublik Deutschland durch Zeitablauf nunmehr für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Maßgeblich ist hier die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-VO). Nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und Art. 20 Abs. 2 Satz 1 dieser Verordnung geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Unstreitig ist hier die Überstellungsfrist abgelaufen. Dieser Übergang der Zuständigkeit nach Ablauf der 6-Monatsfrist stellt keinen fingierten Selbsteintritt, sondern eine besondere Zuständigkeitsnorm dar, die letztlich lediglich vom Ablauf der Frist abhängig ist (Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung, 3. Aufl. 2010, Art. 19 K34). Die Regelung stützt sich auf die Überlegung, dass der Mitgliedstaat, der die Überstellung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat nicht zeitgemäß durchführt, die Folgen tragen muss (dies., Dublin III-Verordnung, 2014, Art. 29 K9, zu der Nachfolgeregelung des Art. 29 Abs. 2 der Verordnung [EU] Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist).

Im Übrigen geht auch die Beklagte von ihrer Zuständigkeit aus. Sie hat mit Bescheid vom 20. Januar 2015 die Nr. 2 des Bescheids vom 21. Januar 2014 aufgehoben, weil die Zuständigkeit zur Durchführung des Verfahrens aufgrund des Ablaufs der Überstellungsfrist auf Deutschland übergegangen sei. Der Ausspruch, der Asylantrag des Klägers sei mangels Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, entspricht daher weder der Rechtslage noch der nunmehrigen Auffassung der Beklagten. Angesichts des Zuständigkeitsübergangs ist unmaßgeblich, ob Ungarn wegen des Ablaufs der Überstellungsfrist die Übernahme ablehnt.

Eine Beschwer der Beklagten vermag auch ihre weitere Darlegung nicht zu begründen, dass der Asylantrag mangels Vorliegens der Voraussetzungen eines Zweitantrags nach § 71a AsylVfG nicht verfahrensrelevant sei. Weder die von der Beklagten beabsichtigte Aufrechterhaltung der angefochtenen Regelung in diesem Sinn noch eine dahingehende Umdeutung kommen in Betracht. Streitgegenstand ist die Rechtsbehauptung des Klägers, der von ihm angegriffene Verwaltungsakt (Unzulässigkeit des Asylantrags wegen der Unzuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland) sei rechtswidrig und greife in seine Rechtssphäre ein. Die Rechtskraftwirkung beschränkt sich dabei auf die vom Gericht aus dem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, mithin die geprüften Aufhebungsgründe (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 90 Rn. 8, § 121 Rn. 21 mit Verweis auf BVerwG, U. v. 8.12.1992 - 1 C 12.92 - BVerwGE 91, 256 = DVBl 1993, 258; Rennert in Eyermann, a. a. O., § 121 Rn. 22 mit Verweis auf BVerwG, U. v. 7.8.2008 - 7 C 7.08 - BVerwGE 131, 346 = DVBl 2008, 1247). Damit ist rechtskraftfähiger Inhalt des Urteils allein die Entscheidung über die Zulässigkeit des Asylantrags gemäß § 27a AsylVfG. Hiervon zu unterscheiden ist der materielle Asylanspruch und inwieweit dieser im Rahmen eines Zweitantrags nach § 71a AsylVfG noch geltend gemacht werden kann. Diese Frage ist nicht auf das gleiche Ziel gerichtet, sondern betrifft einen anderen Streitgegenstand, der ggf. Inhalt eines weiteren (Gerichts-)Verfahrens sein kann. Davon geht zwar auch die Beklagte mit ihrem Vortrag aus, die Tenorierung der Ablehnung als unzulässig beinhalte die Regelung, dass eine materielle Entscheidung nicht getroffen werde. Im Gegensatz zu ihrer Auffassung enthält aber der Ausspruch, dass der Asylantrag mangels Zuständigkeit unzulässig ist, nicht zugleich eine materiell-rechtliche Aussage dahingehend, dass ein weiteres Asylverfahren im Sinn von § 71a AsylVfG nicht durchzuführen ist. Deshalb scheidet auch eine entsprechende Umdeutung aus. Die Umdeutung ist die Modifizierung der Regelung eines fehlerhaften Verwaltungsakts dadurch, dass dieser als Verwaltungsakt mit gleichwertiger Regelung aufrechterhalten wird und den die Behörde, weil er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, deshalb auch zweifellos gewollt hätte (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 47 Rn. 6, 13). Daran fehlt es hier, weil eine Entscheidung nach § 27a AsylVfG nur die Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrags betrifft, wohingegen § 71a AsylVfG eine materielle Prüfung dahingehend erfordert, ob Wiederaufgreifensgründe gemäß § 51 VwVfG vorliegen. Weder der angestrebte Erfolg noch die Wirkungen dieser beiden Verwaltungsakte sind gleich. Ein Ausspruch nach § 27a AsylVfG bildet die Grundlage für eine Abschiebungsanordnung in den anderen Staat - hier Ungarn - nach § 34a AsylVfG, das Fehlen der Voraussetzungen des § 71a AsylVfG führt zu einer Abschiebungsandrohung in den Herkunftsstaat - hier Afghanistan - gemäß § 34 AsylVfG. Da eine Aufrechterhaltung bzw. Umdeutung nicht möglich ist, beschränkt sich die Rechtskraftwirkung im hier vorliegenden ersten Fall auf die (Un-)Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland. Eine Beschwer der Beklagten ist damit auch insoweit nicht gegeben.

Dadurch unterscheidet sich vorliegende Konstellation auch von derjenigen, die der von der Beklagten genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 24.11.1998 - 9 C 53.97 - BVerwGE 108, 30 = NVwZ 1999, 302) zugrunde liegt. Dort standen materielle Asylfragen im Raum; das Bundesamt hat den Asylantrag materiell geprüft und eine Asylanerkennung zurückgenommen. In einem solchen Fall, der schon den Anerkennungsanspruch des Klägers zum Gegenstand hat, hat das Gericht der Entscheidung zufolge zu prüfen, ob sich der Aufhebungsbescheid als Widerruf der Asylanerkennung aufrechterhalten lässt. Eine solche Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG. Einer Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedarf es angesichts der Kostenentscheidung nicht.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.