Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 10. Juni 2015 - AN 9 K 14.01825

bei uns veröffentlicht am10.06.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

AN 9 K 14.01825

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 10. Juni 2015

rechtskräftig: ...

9. Kammer

Sachgebiets-Nr.: 1122

Hauptpunkte: Baugenehmigung, Werbeanlage, Gebühr, Äquivalenzprinzip, Bedeutung der Angelegenheit, Richtlinien für die Gebührenbemessung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

gegen

...

Rechtsamt

vertreten durch den Oberbürgermeister ...

- Beklagte -

wegen Verwaltungsgebührenrechts

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 9. Kammer, durch

die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Kroh, die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Engelhardt-Blum, die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. W. und durch die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... ohne mündliche Verhandlung am 10. Juni 2015 folgendes Urteil:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr für die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Werbebanners an einem Baugerüst.

Die Klägerin beantragte am 9. Oktober 2014 die Errichtung einer Werbeanlage am Baugerüst an der Nordseite des Anwesens ..., Fl.Nr. ..., Gemarkung ... mit wechselnder Fremdwerbung und Beleuchtung für den Zeitraum vom 1. November 2014 bis zum 30. März 2015. Die beantragte Werbeanlage wies eine Größe von 24 m x 13,5 m auf und sollte am vorgesetzten Baugerüst entlang der vierspurigen...angebracht werden.

Mit Bescheid vom 22. Oktober 2014 erteilte die Beklagte dem Vorhaben unter Auflagen eine befristete Baugenehmigung für den Zeitraum vom 1. November 2014 bis zum 31. März 2015. Dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Gebühr sei unter Würdigung der Bedeutung der Angelegenheit und des entstandenen Verwaltungsaufwandes festgesetzt worden. In der Kostenfestsetzung vom 22. Oktober 2014, die gemäß Ziffer 4 des Bescheids vom 22. Oktober 2014 Bestandteil des Bescheids ist, wurden Gebühren in Höhe von 3.000,00 EUR und Auslagen in Höhe von 3,45 EUR festgesetzt. Der streitgegenständliche Bescheid wurde der Klägerin am 23. Oktober 2014 zugestellt.

Gegen die Kostenfestsetzung im Bescheid vom 22. Oktober 2014 hat die Klägerin mit Schreiben vom 20. November 2014 gegenüber dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach einen Rechtsbehelf erhoben.

Zur Begründung wird vorgetragen, die Kostenentscheidung sei ermessensfehlerhaft im Hinblick auf Art. 6 KG. Die Höhe der Kostenfestsetzung nach TNr. 2.I.1/Tarifstelle 1.24.3 KVz in Höhe von 3.000,00 EUR sei nicht angemessen und ermessensfehlerhaft. Art. 5 Abs. 2 KG sowie Art. 6, 1 und 2 KG könnten nicht so interpretiert werden, dass hier eine wirtschaftliche Vorteilsabschöpfung beim Gebührenschuldner eingefordert werden dürfe. Auch bei der Festlegung eines Gebührenrahmens sei maßgeblich der verbundene Verwaltungsaufwand der Gebührenbemessung zugrunde zu legen. Unter Verweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 10. Juli 2014, Az. 7 K 2911/14 sei der Vorteilsabschöpfung beim Gebührenschuldner deutliche Grenzen gesetzt. Bei der Erteilung der Baugenehmigung sei nur der Vorteil zu berücksichtigen, der sich unmittelbar aus der Baugenehmigung ergebe. Der wirtschaftliche Vorteil, der sich aus der Vermarktung der Werbeanlage ergebe, dürfe demgegenüber nicht berücksichtigt werden. So sei zwar eine Partizipation an dem durch das Verwaltungshandeln erlangten Vorteil zulässig, jedoch nicht dessen Abschöpfung. Mit der Baugenehmigung werde bei einem allseits unmittelbar rechtskonformen Vorhaben angesichts der sich aus Art. 14 GG ergebenden Baufreiheit, aufgrund derer sich das Genehmigungserfordernis nur als Ausdruck des Regelungssystems eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt darstelle, die Errichtung eines allgemein zulässigen Vorhabens freigegeben. Sei aber die Ressource ohnehin schon dem Einzelnen zugeordnet, so fehle es an einem besonderen Vorteil des Verwaltungshandelns, an das eine Gebührenpflicht geknüpft werden könnte (mit Verweis auf BVerwG, U. v. 4.8.2010 - BVerwGE 137, 325 -).

Die Klägerin beantragt in sinngemäßer Auslegung,

den Bescheid der Beklagten vom 22. Oktober 2014 hinsichtlich Ziffern 3 und 4 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, die in der Baugenehmigung vorgenommene Kostenfestsetzung sei nicht zu beanstanden. Gemäß Art. 2 KG sei derjenige, der eine Amtshandlung veranlasst, zur Zahlung der Kosten verpflichtet. Die Höhe der Gebühren bemesse sich gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG nach dem Kostenverzeichnis. Nach TNr. 2.I.1 Tarifstelle 1.24.3 betrage die Gebühr für die Genehmigung zur Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung von Werbeanlagen (Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayBO) 10,00 EUR bis 3.000,00 EUR. Der im Kostenverzeichnis festgesetzte Höchstsatz sei von der Beklagten nicht überschritten worden. Auch die für die Ermittlung der Gebühr vorgenommene Ermessensentscheidung der Beklagten sei nicht zu beanstanden. Gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG sei bei der Ermittlung der Gebühr der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand aller beteiligten Behörden und Stellen und die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten zu berücksichtigen. Für die Bemessung der Verwaltungsgebühren gelte, wie sich aus den gleichrangig nebeneinander stehenden Bemessungsmaßstäben des Art. 6 Abs. 2 KG ergebe, dass nicht allein das Kostendeckungsprinzip, sondern auch das Äquivalenzprinzip, welches ein Missverhältnis zwischen der Gebühr und der von der öffentlichen Gewalt gebotenen Leistung verbiete, maßgebend sei. Das Äquivalenzprinzip fordere jedoch nicht, dass die für eine Amtshandlung erhobene Gebühr nicht höher als die Aufwendungen der Behörde für jene sein dürfe. Das Äquivalenzprinzip sei im Hinblick auf Gebühren vielmehr erst dann verletzt, wenn die Gebühreneinnahmen die besonderen öffentlichen Aufwendungen erheblich überstiegen, wenn die Gebühren von vorneherein als zusätzliche Einnahmequellen ausgestaltet seien oder die geforderte Gebühr für den Gebührenpflichtigen offensichtlich keinerlei Wert habe (unter Verweis auf BVerwG, U. v. 24.3.1961 - BVerwGE VII C 109.60). Von einem Missverhältnis sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch dann auszugehen, wenn die Gebühr „erdrosselnden“ Charakter habe, sie also einen bestimmten Wirtschaftszweig an die Grenze des Ruins bringe und damit prohibitiv wirke (mit Verweis auf BVerwG, U. v. 14.4.1967 - IV C 179.65). Ein solches Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung sei vorliegend jedoch keinesfalls festzustellen. Zur Ausfüllung des Rahmens der im Kostenverzeichnis festgelegten Gebühr für die Genehmigung zur Errichtung von Werbeanlagen seien von der Behörde amtsintern „Richtlinien für die Gebührenfestsetzung im Bereich der Bauordnungsbehörde (Stand 12/2011)“ aufgestellt worden, anhand derer die Gebühr berechnet und festgesetzt worden sei. Diese Richtlinien hätten zwar keine Außenwirkung und bildeten keine Ermächtigungsgrundlage, sie seien jedoch zur Konkretisierung der behördeninternen Gebührenbemessung und zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zulässig. Die Richtlinie führe behördenintern zu einer Ermessensbindung, von der jedoch im Einzelfall bei triftigen Gründen abgewichen werden dürfe; mit Art. 16 KG bestehe ein gesetzliches Korrektiv. Entsprechend der Größe der Werbeanlage mit einer Gesamtfläche von 324 qm (24 m x 13,5 m) würde sich unter Anlegung des Maßstabs der Richtlinie von 35,00 EUR/qm rechnerisch eine Gebühr in Höhe von 11.340,00 EUR ergeben. Wegen der Belegenheit an einer Hauptverkehrsstraße sei eine Erhöhung um 20% vorgenommen worden. Aufgrund der zeitlichen Befristung sei die Gebühr wiederum um 50% ermäßigt worden. Die errechnete Gebühr habe demgemäß 6.804,00 EUR betragen. Nachdem unter Zugrundlegung der Richtlinien die Höchstgebühr damit um mehr als das Doppelte überschritten worden wäre, sei die zulässige Höchstgebühr in Höhe von 3.000,00 EUR festgesetzt worden. Die Gebührenfestsetzung sei auch unter Beachtung der wirtschaftlichen Bedeutung für die Klägerin nicht zu beanstanden. Bei einer Werbefläche von 324 qm an einem weithin sichtbaren Standort sei nicht davon auszugehen, dass die festgesetzte Gebühr „erdrosselnden“ Charakter habe oder von ihr eine prohibitive Wirkung ausginge. Ein offensichtliches Missverhältnis zwischen der festgesetzten Gebühr und der behördlichen Gegenleistung bestehe nicht. Die Gebührengestaltung der Beklagten sei auch nicht geeignet, einen bestimmten Wirtschaftszweig „an die Grenze des Ruins“ zu bringen. Die Gebührenfestsetzung mit Bescheid vom 22. Oktober 2014 erweise sich daher als rechtmäßig.

Die Beteiligten erklärten sich mit Schreiben vom 28. April 2015 und Schreiben vom 8. Mai 2015 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verfahrensakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Über die Klage konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Kostenfestsetzung vom 22. Oktober 2014 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).

Rechtsgrundlage für die von der Beklagten erhobene Baugenehmigungsgebühr ist Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1, Art. 6 Kostengesetz (KG) in Verbindung mit den Bestimmungen der auf der Grundlage des Art. 5 KG erlassenen Verordnung über den Erlass des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz (Kostenverzeichnis - KVz) in der zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung geltenden Fassung der Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl. S. 286). Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG bemisst sich die Höhe für Gebühren für Amtshandlungen nach dem Kostenverzeichnis. Nach Tarif Nr. 2.I.1 Tarifstelle 1.24.3 KVz beträgt die Gebühr für die Genehmigung zur Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung von Werbeanlagen 10,00 EUR bis 3.000,00 EUR.

Die von der Beklagten vorgenommene Gebührenbemessung in Höhe von 3.000,00 EUR hält sich in diesem Rahmen und ist nicht zu beanstanden. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Beklagte hierbei ihr Ermessen richtig angewandt hat, ist von Art. 6 Abs. 2 KG auszugehen. Nach dieser Bestimmung sind bei der Ermittlung der Gebühr innerhalb eines Rahmens der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand der beteiligten Behörden und Stellen und die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten zu berücksichtigen. Diese Bemessungsmaßstäbe des Art. 6 Abs. 2 KG stehen gleichrangig nebeneinander, so dass ausgehend von dem Verwaltungsaufwand der Amtshandlung entsprechend der Bedeutung der Angelegenheit Abstufungen bzw. Erhöhungen möglich sind. Bei einer Amtshandlung, die einen relativ geringen Verwaltungsaufwand erfordert, kann die Bedeutung der Angelegenheit zum wesentlichen Bemessungsmaßstab werden, wenn die Amtshandlung einen entsprechend großen wirtschaftlichen oder sonstigen Wert hat (vgl. VG München, U. v. 10.3.2003 - M 8 K 03.20 - juris Rn. 23; Rott/Stengel, Verwaltungskostenrecht für Staats- und Gemeindebehörden in Bayern, Stand 10/2011, Art. 6 Anm. 5 a)). Die Bedeutung der Angelegenheit ist dabei nicht nur auf den wirtschaftlichen Nutzen beschränkt, vielmehr sind auch Wirkungen und Vorteile rechtlicher, tatsächlicher, moralischer, prestigebezogener, vermögenswirksamer oder sonstiger Art sowie die Verwertbarkeit der Amtshandlung besonders zu würdigen (vgl. Rott/Stengel, a. a. O.). Dabei kann das Bemessungskriterium der Bedeutung der Angelegenheit zu einer den Verwaltungsaufwand übersteigenden Gebührenhöhe führen, so dass trotz des Gegenleistungscharakters für die Bemessung der Gebühr nicht das Kostendeckungsprinzip, sondern in Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes das Äquivalenzprinzip maßgebend ist. Dieses besagt, dass die Gebühr in keinem Missverhältnis zu der von der öffentlichen Gewalt angebotenen Leistung und dem sich daraus für den Gebührenschuldner ergebenden Nutzen stehen darf. Von einem solchen Missverhältnis ist erst dann auszugehen, wenn die Gebühr „erdrosselnden Charakter“ hat, sie also einen bestimmten Wirtschaftszweig an die Grenze des Ruins bringt und damit prohibitiv wirkt (BayVGH, U. v. 9.7.1971 Nr. 56 II 69; BayVBl. 1971, 387 ff.).

Das Äquivalenzprinzip als gebührenrechtliche Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist dann verletzt, wenn eine Gebühr mit dem Ziel der Verhaltenslenkung derart hoch bemessen wird, dass sie ihren gebührentypischen Entgeltcharakter verliert, weil sie in einem groben Missverhältnis zum Wert der öffentlichen Leistung steht, wie er insbesondere in den dafür erbrachten staatlichen Aufwendungen seinen Niederschlag findet (vgl. BVerwG, U. v. 4.8.2010 - 9 C 6/09 - juris Rn. 38).

Bei der Ermittlung der konkreten Gebühren steht der Beklagten ein weiter Ermessens- und Gestaltungsspielraum zu. Nach ständiger Rechtsprechung führt die Bemessung einer Rahmengebühr zur Fehlerhaftigkeit der Gebühr und zur Aufhebung des Gebührenbescheides daher nur dann, wenn das Äquivalenzprinzip gröblich verletzt wird (vgl. BVerwG, U. v. 14.4.1967 -IV C 179.65 - DVBl. 1967, S. 577). Die Ermessensentscheidung kann nur dann verwaltungsgerichtlich beanstandet werden, wenn ein offensichtlicher, gröblicher Verstoß gegen die Bemessungsgrundsätze festzustellen ist (vgl. BayVGH, B. v. 6.7.2005 - 14 ZB 05.862).

Ein derartiger offensichtlicher und gröblicher Verstoß gegen die Bemessungsgrundsätze ist vorliegend nicht festzustellen. Vielmehr hat die Beklagte bei Ausnutzung ihres weiten Ermessens- und Gestaltungsspielraums die Bemessungsgrundsätze für die Festsetzung der Gebühr hinreichend beachtet und formal ordnungsgemäß begründet. Die Beklagte hat in den Gründen der Baugenehmigung vom 22. Oktober 2014 gemäß Art. 39 Abs. 1 S. 3 BayVwVfG ausgeführt, dass die Gebühr unter Würdigung der Bedeutung der Angelegenheit und des entstandenen Verwaltungsaufwandes festgesetzt wurde, und in der Kostenfestsetzung die kostenrechtlichen Rechtsvorschriften und Tarifnummern angegeben.

Nach Tarif Nr. 2.I.1/1.24.3 KVz beträgt die Gebühr für die Genehmigung zur Errichtung von Werbeanlagen 10,00 bis 3.000,00 EUR. Im Interesse einer sachgerechten und dem Gleichheitsgrundsatz entsprechenden Handhabung des durch die Bestimmung des Kostenverzeichnisses (Tarif-Nr. 2.I.1./1.24.21) eröffneten Ermessens innerhalb des Gebührenrahmens von 10,00 EUR bis 3.000,00 EUR hat die Beklagte eine amtsinterne Kostenrichtlinie zum Bayerischen Kostengesetz (Stand Dezember 2011, zul. geändert am 26.4.2013) erlassen, in der unter Ziff. 7.8 Bemessungswerte für die Festsetzung von Baugenehmigungsgebühren für Werbeanlagen geregelt sind. Eine amtsinterne Gebührentabelle, mit der die Ausübung des Ermessens typisiert, pauschaliert und gelenkt wird, dient wegen der verwaltungsinternen Typisierung der Vereinfachung und hat zum Ziel, eine gleichmäßige Gebührenpraxis zu gewährleisten. Zwar haben interne Verwaltungsrichtlinien zur Gebührenbemessung innerhalb von Rahmengebühren keine Außenwirkung, sie sind allerdings zur Konkretisierung und Vereinheitlichung der behördeninternen Praxis der Gebührenbemessung als zulässig anzusehen, weil sie eine Selbstbindung der Behörde bewirken (vgl. VG Ansbach, U. v. 27.1.2005 - AN 3 K 04.01442 - juris; Rott/Stengel, a. a. O., Art. 6 Anm. 9).

Die Genehmigungsgebühr in Höhe von 3.000,00 EUR errechnete die Beklagte anhand der amtsinternen Kostenrichtlinie zum Bayerischen Kostengesetz. Danach bemisst sich die Genehmigungsgebühr für Werbeanlagen in erster Linie nach der Fläche der jeweiligen Anlage, wobei zwischen verschiedenen Anlagen und Beleuchtungseinrichtungen differenziert wird. Die Richtlinie sieht für Werbeanlagen im Bereich von Hauptverkehrsstraßen und in Fußgängerbereichen eine mögliche Erhöhung um 20 v. H., bei zeitlich befristeten Genehmigungen bis 12 Monate eine mögliche Ermäßigung auf 50 v. H. der Genehmigungsgebühr vor. Diese Kriterien erscheinen sachgerecht, um insbesondere dem in Art. 6 Abs. 2 KG bei der Gebührenbemessung für die Ausfüllung des damit eröffneten Ermessensspielraums enthaltenen Gesichtspunkt, nämlich der Bedeutung der Genehmigung für den Bauwerber, angemessen Rechnung zu tragen. Es stellt auch keine gröbliche Verletzung des Äquivalenzprinzips zulasten der Klägerin dar, wenn die Beklagte entsprechend der Größe der genehmigten Werbefläche die Baugenehmigungsgebühr anhand eines festen Flächenmaßstabes bemisst. Bei dem Flächenmaßstab handelt es sich um einen besonders sachgerechten und praktikablen Ansatz, der naturgemäß ein gewisses Maß an Typisierung und Pauschalierung enthält. Dies ist jedoch bei der mit ihm angestrebten Objektivierung und Berechenbarkeit der Gebührenbemessung schwerlich zu vermeiden und ein Verstoß gegen das bei der Anwendung des Art. 6 KG zu beachtende Äquivalenzprinzip darin nicht zu erkennen (vgl. VG Augsburg, U. v. 29.9.2011 - Au 5 K 10.820 - juris Rn. 24). Der Flächenmaßstab trägt auch deswegen dem Äquivalenzprinzip Rechnung, weil ein Gebührentarif, der die Gebühren für die Genehmigung von Werbeanlagen linear nach der Flächengröße der Werbeanlage staffelt, der Werbewirksamkeit der Anlage und somit der wirtschaftlichen Bedeutung der Baugenehmigung für den Werbetreibenden und auch dem Gleichheitsgrundsatz in besonderer Weise Rechnung trägt.

In Anwendung der Kriterien der amtsinternen Kostenrichtlinie ergab sich entsprechend der Größe der Werbeanlage mit einer Gesamtfläche von 324 qm (24 m x 13,5 m) unter Anlegung des Maßstabs von 35,00 EUR/qm rechnerisch eine Gebühr in Höhe von 11.340,00 EUR, die wegen der Belegenheit an einer Hauptverkehrsstraße eine Erhöhung um 20 v. H. und aufgrund der zeitlichen Befristung eine Ermäßigung um 50 v. H. erfuhr. Da die sich dabei rechnerisch ergebende Gebührenhöhe mehr als das Doppelte der Höchstgebühr betrug, hat die Beklagte zu Recht die Höchstgebühr in Höhe von 3.000 EUR festgesetzt.

Unter Beachtung der Größe der Werbeanlage, ihrer Auffälligkeit und Werbewirksamkeit und damit der wirtschaftlichen Bedeutung der Werbeanlage für die Klägerin, deren Wertigkeit unter anderem in besonderer Weise vom jeweiligen Standort abhängt, ist diese Gebühr nicht zu beanstanden. Ein offensichtliches Missverhältnis zwischen der festgesetzten Gebühr und der behördlichen Gegenleistung besteht nicht, insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Gebühr „erdrosselnden Charakter“ hat. Zumindest wurde von Klägerseite hierzu auch nicht substantiiert vorgetragen.

Die von Klägerseite unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. Juli 2014 (Az. 7 K 2911/14) vorgebrachten Einwände vermögen demgegenüber nicht durchzugreifen. Die Ausführungen in der vom Kläger genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg zur Vorteilspartizipation lassen sich insoweit nicht auf den vorliegenden Fall übertragen, als die Gebührengrundsätze nach § 6 Gebührengesetz (GebG) Hamburg nicht identisch sind mit der bayerischen Rechtslage und den Bemessungsmaßstäben nach Art. 6 Abs. 2 KG. Im Gegensatz zum Gebührenrecht in Hamburg sieht Art. 6 Abs. 2 KG ausdrücklich als gleichrangige Bemessungsmaßstäbe zum einen den Verwaltungsaufwand und zum anderen die Bedeutung der Angelegenheit vor. Wie ausgeführt erschöpft sich das Kriterium der Bedeutung der Angelegenheit nicht im wirtschaftlichen Vorteil, der sich aus der Vermarktung ergibt. Die „Bedeutung der Angelegenheit“ im Sinne von Art. 6 Abs. 2 KG ist somit nicht identisch mit einer Vorteilsabschöpfung. Angaben zur wirtschaftlichen Vermarktung der genehmigten Werbeanlage wurden vorliegenden weder von Klägerseite gemacht, noch waren sie von Amts wegen zu ermitteln. Zwar ist die Behörde verpflichtet, die zur richtigen Ermessensbetätigung erforderlichen Grundlagen nach Art. 26 BayVwVfG zu ermitteln, an diese Ermittlungspflicht sind indes keine übertriebenen Anforderungen zu stellen (vgl. VG München, U. v. 10.3.2003 - M 8 K 03.20 - juris; Rott/Stengel, a. a. O., Art. 6 Anm. 9). Im Interesse der Verwaltungsökonomie und der Selbstbindung der Behörde entsprechend dem Gleichheitsgrundsatz darf die Behörde - wie vorliegend in den amtsinternen Richtlinien für die Gebührenfestsetzung geschehen - in Ausfüllung der Bemessungsmaßstäbe Verwaltungsaufwand und Bedeutung der Angelegenheit eine Pauschalierung und Typisierung der Tarifgestaltung vornehmen (vgl. BayVGH, B. v. 6.7.2005 - 14 ZB 05.862 - juris Rn. 11). Dabei ist es nicht zu beanstanden, als maßgebliche Faktoren für die Gebührenbemessung auf die Größe der Werbeanlage, ihre Belegenheit sowie die Werbedauer abzustellen. Weitergehende Ermittlungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Vermarktung der Werbeanlage waren insoweit nicht erforderlich und sind zu Recht nicht in die Gebührenbemessung mit eingeflossen. Der Einwand von Klägerseite, der wirtschaftliche Vorteil, der sich aus der Vermarktung der Werbeanlage ergebe, dürfe wegen der Baufreiheit und der damit bereits verbundenen Zuordnung der Ressource zu dem Einzelnen nicht berücksichtigt werden, ist insoweit nicht durchgreifend. Die Baugenehmigung vermittelt trotz der vom Schutzbereichs des Eigentumsgrundrechts umfassten Baufreiheit einen eigenständigen Wert, der im Rahmen des Bemessungskriteriums „Bedeutung der Angelegenheit“ auch in pauschalierter Form nach Art. 6 Abs. 2 KG Berücksichtigung finden darf.

Die Berücksichtigung von Größe, Belegenheit und Dauer der Werbeanlage bei der Gebührenbemessung im Rahmen des Kriteriums der Bedeutung der Angelegenheit und die Festsetzung der Höchstgebühr in Höhe von 3.000 EUR nebst Auslagen in Höhe von 3,45 EUR nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG ist somit nicht zu beanstanden.

Nach alledem war die Klage daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift: Promenade 24-28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 3.003,45 EUR festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift: Promenade 24-28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift ... Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 10. Juni 2015 - AN 9 K 14.01825

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung

Verwaltungsgericht München Urteil, 09. März 2016 - M 7 K 15.2530

bei uns veröffentlicht am 09.03.2016

Tenor I. Der Beklagte wird unter Aufhebung der Ziffer II im Bescheid des Landratsamtes Pfaffenhofen a. d. Ilm vom 18. Mai 2015, soweit sie die Auslagen in Höhe von 43,26 EUR übersteigt, verpflichtet, über die in Ziffer II festgesetzte

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(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erstattung von Lkw-Maut. Sein in die Schadstoffklasse 2 eingestufter dreiachsiger Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 12 t befuhr am 12. August 2005 eine mautpflichtige Strecke von gerundet 203,7 km. Hierfür entrichtete der Kläger im Wege der manuellen Einbuchung an einem Zahlstellen-Terminal der Beigeladenen eine Maut in Höhe von 22,43 €. Bei der Einbuchung erhielt er einen Einbuchungsbeleg, der die erfolgte Zahlung ausweist.

2

Das Verwaltungsgericht hat die unter anderem auf Aufhebung des "Mautbescheides" in Gestalt des Einbuchungsbelegs und auf Erstattung des entrichteten Betrages gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 0,02 € an den Kläger verurteilt und dessen Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die auf Aufhebung des "Mautbescheides" gerichtete Klage sei unzulässig; der Einbuchungsbeleg stelle keinen Verwaltungsakt dar. Rechtsgrundlage für das Erstattungsbegehren sei § 21 Abs. 1 Satz 1 VwKostG mit der Beklagten als Anspruchsgegnerin. Zahlungen, die der Mautschuldner bei Nutzung des von der Beigeladenen bereit gestellten Erhebungssystems erbringe, seien unbeschadet selbständiger vertraglicher Verpflichtungen gegenüber der Beigeladenen dem Bundesamt für Güterverkehr und damit letztlich der Beklagten zuzurechnen. Die Zahlung des Klägers beruhe in Höhe von 22,41 € auf einer wirksamen Rechtsgrundlage, so dass sein Erstattungsbegehren insoweit erfolglos bleibe. Die Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 1 des Autobahnmautgesetzes (ABMG), mit der die Bundesregierung zur Festsetzung der Mautsätze durch Verordnung ermächtigt werde, genüge den Vorgaben des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG und der Wegekostenrichtlinie. Auch die Festsetzung der Mautsätze durch die hier einschlägige Mauthöheverordnung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Insbesondere sei der Verordnungsgeber nicht verpflichtet gewesen, die Mautsätze zwischen den Lkw mit bis zu drei Achsen und den Lkw mit mehr als drei Achsen zu Lasten der zuletzt genannten Fahrzeuggruppe noch mehr zu spreizen. In Höhe von 0,02 € habe der Kläger jedoch eine rechtsgrundlose Zahlung erbracht. Bei Ansatz des für Lkw der vorliegenden Art nach der im Jahre 2005 maßgeblichen Mauthöheverordnung geltenden Mautsatzes von 0,11 € pro Kilometer auf die insgesamt zurückgelegte Strecke von 203,7 km ergebe sich bei kaufmännischer Rundung ein Mautbetrag von 22,41 €. Für die von der Beklagten vorgegebene Praxis, die Maut als Summe der jeweils nach der Länge der einzelnen befahrenen Autobahnabschnitte bei kaufmännischer Rundung anfallenden Beträge zu ermitteln, die hier zu einer Mauthöhe von 22,43 € geführt habe, fehle es an der notwendigen Rechtsgrundlage.

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Die Revision des Klägers ist teilweise begründet und führt zur Zurückverweisung an das Oberverwaltungsgericht (II 1.), die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg (II 2.).

Entscheidungsgründe

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1. Die Revision des Klägers ist zulässig. Sie bleibt ohne Erfolg, soweit das Oberverwaltungsgericht die Berufung hinsichtlich der Anfechtungsklage zurückgewiesen hat (a); hinsichtlich der Zurückweisung der Berufung gegen die Abweisung der Erstattungsklage ist die Revision des Klägers begründet (b).

5

a) Das Oberverwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage zu Recht als unzulässig angesehen. Es ist in Einklang mit Bundesrecht davon ausgegangen, dass der Beleg, den der Kläger bei der Einbuchung am Zahlstellen-Terminal erhielt, keine hoheitliche Maßnahme einer Behörde im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG darstellt und die Anfechtungsklage daher unzulässig ist (§ 42 Abs. 1 VwGO). Im Rahmen des von der Beigeladenen eingerichteten Erhebungssystems wird die Mautgebühr nicht hoheitlich festgesetzt, sondern gemäß § 4 Abs. 5 ABMG auf der Grundlage eines zivilrechtlichen Vertrages zwischen dem Mautschuldner und der Beigeladenen entrichtet.

6

Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 ABMG kann das Bundesamt für Güterverkehr einem Privaten die Errichtung und den Betrieb eines Systems zur Erhebung der Maut übertragen oder diesen beauftragen, an der Erhebung der Maut mitzuwirken. Die danach mögliche Beleihung der Beigeladenen mit der hoheitlichen Erhebung der Maut (Übertragung) ist nicht erfolgt, so dass sie nicht ermächtigt ist, die Maut im eigenen Namen hoheitlich festzusetzen. Die Beigeladene wurde stattdessen beauftragt, an der Erhebung der Maut mitzuwirken (Bekanntmachung vom 23. Dezember 2004, Bundesanzeiger 2004 S. 24744). In § 4 Abs. 5 ABMG ist näher geregelt, wie diese Mitwirkung erfolgt. Nach dieser Vorschrift zieht die Beigeladene die Maut nicht im Namen des Bundesamtes für Güterverkehr ein mit der Folge, dass ein dem Bundesamt zurechenbares hoheitliches Tätigwerden vorliegt, sondern sie schließt im eigenen Namen zivilrechtliche Verträge mit den Mautpflichtigen über die Zahlung der Maut. Jede ordnungsgemäße Nutzung der Erhebungssysteme der Beigeladenen bewirkt, dass zwischen dem Mautschuldner und der Beigeladenen ein Vertrag mit dem in § 4 Abs. 5 Nr. 1 ABMG genannten Inhalt und gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beigeladenen zustande kommt. Danach ist der Mautschuldner gegenüber der Beigeladenen zur Zahlung eines Betrages ("Entgelt") in der Höhe verpflichtet, die deren Erhebungssystem auf der Grundlage der für die Erhebung maßgeblichen Tatsachen (§ 3 LKW-MautV) ermittelt hat; zugleich beauftragt der Mautschuldner die Beigeladene, diesen Betrag an das Bundesamt für Güterverkehr abzuführen (vgl. BTDrucks 15/3678 S. 8). Komplementär dazu ist die Beigeladene aufgrund des mit dem Bundesamt für Güterverkehr geschlossenen Betreibervertrages nach § 4 Abs. 5 Satz 1 ABMG diesem gegenüber verpflichtet, die eingezogene Maut abzuführen. In Konsequenz dieser privatrechtlichen Ausgestaltung des Mauteinzugs bestimmt § 4 Abs. 5 Satz 1 ABMG schließlich, dass der Mautschuldner von der Verpflichtung zur Entrichtung der Maut an das Bundesamt für Güterverkehr insoweit befreit ist, als er nachweist, dass für die mautpflichtige Benutzung der Bundesautobahn ein Rechtsverhältnis mit der Beigeladenen im oben genannten Sinne besteht. Aufgrund dieser gesetzlichen Regelungen ist eine hoheitliche Erhebung der Maut in allen Fällen ausgeschlossen, in denen der Mautschuldner das Erhebungssystem der Beigeladenen nutzt (vgl. BTDrucks 15/3678 S. 7).

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Für den vorliegenden Fall gilt nichts anderes. Der Einbuchungsbeleg, den der Kläger erhalten hat, setzt die Maut nicht hoheitlich fest, sondern dient gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. §§ 5, 7 Abs. 5 ABMG und § 7 Satz 2 LKW-MautV dem Nachweis der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut, den der Mautpflichtige bei Kontrollen erbringen muss, um nicht nachträglich nach § 8 ABMG zur Maut veranlagt zu werden. Auch seiner äußeren Form nach stellt der Einbuchungsbeleg keinen unzulässigen Zahlungsbescheid dar.

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b) Ein Teil der Erwägungen, auf die das Oberverwaltungsgericht die Zurückweisung der Berufung gegen die Abweisung der Erstattungsklage gestützt hat, verstoßen gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

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aa) Dies gilt nicht für die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass der Kläger sein Erstattungsbegehren im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend machen kann. Nach ständiger Rechtsprechung ist für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch die allgemeine Leistungsklage gegeben, wenn - wie hier - keine abweichenden gesetzlichen Regelungen bestehen (Urteil vom 12. März 1985 - BVerwG 7 C 48.82 - BVerwGE 71, 85 <87 ff.>; vgl. auch Urteil vom 24. März 1999 - BVerwG 8 C 27.97 - BVerwGE 108, 364 <368 f.> zu § 21 VwKostG). Das Oberverwaltungsgericht hätte die Leistungsklage auch nicht deshalb als unzulässig ansehen müssen, weil der Kläger vor Erhebung der Klage keinen Erstattungsantrag beim Bundesamt für Güterverkehr gestellt hat. Wie die Vorschrift des § 156 VwGO zeigt, kann dem Prozessrecht nicht entnommen werden, dass die begehrte Leistung generell ohne Erfolg bei der Behörde beantragt worden sein muss, bevor sie im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend gemacht werden kann (Urteil vom 28. Juni 2001 - BVerwG 2 C 48.00 - BVerwGE 114, 350 <355 f.>). Ob mit Blick auf das Rechtsschutzbedürfnis in den Fällen etwas anderes gilt, in denen ein Antrag bei der Behörde die gerichtliche Auseinandersetzung voraussichtlich überflüssig gemacht hätte, bedarf keiner näheren Erörterung (vgl. Urteil vom 28. September 1979 - BVerwG 7 C 22.78 - BVerwGE 58, 316 <318 f.>). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Der Kläger stützt sein Erstattungsbegehren nicht auf einen leicht zu klärenden Umstand wie beispielsweise eine Überzahlung, sondern leitet sie insbesondere aus dem Einwand her, dass die maßgebliche Mauthöheverordnung ungültig sei. Angesichts dieser Grundsatzfrage war mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu rechnen.

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bb) Der Senat teilt auch die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass einschlägige Rechtsgrundlage für das an die Beklagte gerichtete Erstattungsbegehren des Klägers die gemäß § 4 Abs. 1a ABMG für den Bereich der Mautentrichtung entsprechend anzuwendende Vorschrift des § 21 VwKostG ist, wonach überzahlte oder zu Unrecht erhobene Kosten unverzüglich zu erstatten sind.

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(1) Zunächst ist festzustellen, dass der Kläger sein Begehren nicht stattdessen auf dem Zivilrechtswege gegenüber der Beigeladenen verfolgen kann, auch wenn die Maut nicht hoheitlich durch die Beklagte festgesetzt, sondern von der Beigeladenen auf zivilrechtlicher Grundlage ermittelt und eingezogen wurde. Dies hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt.

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Das Autobahnmautgesetz legt die Maut als öffentlich-rechtliche Benutzungsgebühr fest (vgl. u.a. §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 1 ABMG; BTDrucks 14/7013 S. 10). Der zivilrechtliche Vertrag, der nach den obigen Ausführungen bei Nutzung des Erhebungssystems der Beigeladenen zwischen dieser und dem Mautschuldner zustande kommt, ersetzt nicht das öffentlich-rechtliche Gebührenverhältnis zwischen dem Mautschuldner und der Beklagten als Gebührengläubigerin, sondern modifiziert dieses nur insoweit, als der Einzug der Maut privatrechtlich erfolgt und der Mautschuldner folgerichtig gemäß § 4 Abs. 5 ABMG von der Verpflichtung zur Entrichtung der Maut unmittelbar an das Bundesamt für Güterverkehr befreit ist (vgl. BTDrucks 15/3678 S. 8). Somit stehen bei Nutzung des Erhebungssystems der Beigeladenen zwei Rechtsverhältnisse nebeneinander, nämlich das öffentlich-rechtliche Gebührenverhältnis zwischen Mautschuldner und Beklagter einerseits, für das alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften nach dem Autobahnmautgesetz und die auf der Grundlage dieses Gesetzes ergangenen Rechtsverordnungen bestimmend sind, und das auf die Organisation der Mautzahlung beschränkte privatrechtliche Rechtsverhältnis zwischen Mautschuldner und Beigeladener andererseits, das durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beigeladenen ausgestaltet wird (vgl. BTDrucks 15/3678 S. 8; vgl. auch Müller/Schulz, FStrG, 2008, § 4 ABMG Rn. 123 ff.). Bei Rechtsstreitigkeiten ist danach zu unterscheiden, auf welches der beiden Rechtsverhältnisse sie sich beziehen. Rechtsstreitigkeiten, die den von der Beigeladenen zu verantwortenden Vollzug des auf die Organisation der Mautzahlung gerichteten Vertrags nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 ABMG betreffen, sind nach Maßgabe der dieses Rechtsverhältnis ausgestaltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beigeladenen vor den Zivilgerichten zwischen dieser und dem Mautschuldner zu klären (vgl. BTDrucks 15/3678 S. 8). Rechtsstreitigkeiten, bei denen es um die Vereinbarkeit des Autobahnmautgesetzes bzw. der auf seiner Grundlage erlassenen Normen mit höherrangigem Recht oder um die Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften - etwa zur Mautpflicht selbst oder zur Höhe der Maut - geht, betreffen allein das öffentlich-rechtliche Gebührenverhältnis zwischen dem Mautschuldner und der Beklagten und sind somit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu klären.

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Geht es - wie hier - um eine Streitigkeit über die Erstattung eines unter Nutzung des Erhebungssystems der Beigeladenen gezahlten Betrages können - abgesehen von der speziell geregelten Erstattung bei Nichtdurchführung oder nicht vollständiger Durchführung der Fahrt (§ 4 Abs. 4 ABMG, § 10 LKW-MautV) - beide Rechtsverhältnisse betroffen sein. Die Zahlung dieses Betrages ist zum Einen dazu bestimmt, der infolge der Nutzung des Erhebungssystems der Beigeladenen dieser gegenüber entstandenen vertraglichen Pflicht zur Zahlung eines "Entgelts" in Höhe der zu entrichtenden Maut nachzukommen. Mit der Zahlung verfolgt der Mautschuldner zum Anderen das Ziel, gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 ABMG von der Verpflichtung zur Entrichtung der Maut unmittelbar an das Bundesamt für Güterverkehr befreit zu werden. Zu diesem Zweck beauftragt er die Beigeladene, den von ihm entrichteten Betrag an das Bundesamt abzuführen. Die auftragsgemäße Weiterleitung des Betrages an das Bundesamt stellt damit eine Leistung dar, die der Beklagten zuzurechnen ist (vgl. Fuchs/Kirsch, DÖV 2010, 27 <30>). Danach kommt es darauf an, welchem dieser beiden Leistungsverhältnisse der gerügte Mangel zuzuordnen ist. Trägt der Mautschuldner zum Beispiel vor, es sei aufgrund einer fehlerhaften Abbuchung im Erhebungssystem der Beigeladenen zu einer Überzahlung gekommen, ist das Leistungsverhältnis zur Beigeladenen betroffen. Stützt der Mautschuldner seinen Erstattungsanspruch nicht auf derartige "erhebungstechnische" Mängel, sondern beispielsweise auf die Unwirksamkeit einer die Mautpflicht ausgestaltenden Norm oder deren fehlerhafte Auslegung, ist das öffentlich-rechtliche Gebührenverhältnis zur Beklagten betroffen.

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Der zuletzt genannte Fall liegt hier vor. Der Kläger macht vorrangig geltend, er sei nicht mautpflichtig gewesen, weil die in der Mauthöheverordnung festgesetzten Mautsätze mit höherrangigem Recht unvereinbar seien. Dieser Einwand lässt den Bestand des Vertrages mit der Beigeladenen unberührt; die Leistung an diese wäre auch dann "mit Rechtsgrund" erfolgt, wenn das Vorbringen des Klägers zutrifft. In diesem Fall läge vielmehr eine rechtsgrundlose Vermögensverschiebung zugunsten der Beklagten vor. Der Zweck der von der Beigeladenen im Auftrag des Klägers getätigten Leistung an die Beklagte, diesen von der Verpflichtung zur Entrichtung der Maut an das Bundesamt für Güterverkehr zu befreien, würde verfehlt, wenn eine solche Verpflichtung nicht besteht. Der Kläger könnte dann von der Beklagten Erstattung fordern.

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(2) Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger sein Erstattungsbegehren nicht auf § 4 Abs. 4 ABMG i.V.m. § 10 LKW-MautV stützen kann, weil diese Regelung allein den - hier nicht vorliegenden - speziellen Fall der nicht oder nicht vollständig durchgeführten Fahrt betrifft. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch nicht deshalb auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zurückzugreifen, weil der Wortlaut des § 21 VwKostG einer Anwendung auf den vorliegenden Fall entgegensteht. Zutreffend ist allerdings, dass der Kläger keine "Überzahlung" im Sinne dieser Vorschrift geltend macht. Denn er behauptet nicht, versehentlich mehr bezahlt zu haben, als von ihm verlangt wurde, sondern bestreitet mit Blick auf die von ihm angenommene Ungültigkeit der Mauthöheverordnung jede Leistungspflicht. Dieses Vorbringen unterfällt jedoch der zweiten Alternative des § 21 VwKostG, nach der "zu Unrecht erhobene Kosten" zu erstatten sind. Es bedarf keiner Klärung, ob die Annahme der Beklagten zutrifft, dass diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur die Erstattung solcher Gebühren betrifft, die durch Bescheid "erhoben" wurden, was vorliegend - wie oben ausgeführt - nicht erfolgt ist. Denn § 21 VwKostG ist für den Bereich der Mautentrichtung nicht unmittelbar, sondern nach § 4 Abs. 1a ABMG "entsprechend" anwendbar. Mit dieser Verweisung sollte eine Regelung geschaffen werden, die alle nicht speziell im Autobahnmautgesetz oder in den hierauf gestützten Rechtsverordnungen normierten Erstattungsansprüche umfasst, und nicht nur die wenigen Fälle, in denen die Maut ohne Nutzung des Erhebungssystems der Beigeladenen unmittelbar an das Bundesamt für Güterverkehr entrichtet (§ 4 Abs. 1 ABMG) oder gemäß § 8 Abs. 1 ABMG nachträglich durch Bescheid erhoben wird.

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cc) Nicht zu beanstanden ist ferner die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass die Regelung des § 3 ABMG zur Bemessung der Maut und zur Festlegung der Mautsätze nicht gegen verfassungsrechtliche Vorgaben verstößt.

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(1) Nach dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Normenklarheit und mit Blick auf den weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum des Gebührengesetzgebers muss der Gebührenpflichtige - erforderlichenfalls im Wege der Auslegung - erkennen können, für welche öffentliche Leistung die Gebühr erhoben wird und welche Zwecke der Gesetzgeber bei der Gebührenbemessung verfolgt; als zulässige Zwecke anerkannt sind die Kostendeckung, der Ausgleich von Vorteilen, eine begrenzte Verhaltenslenkung sowie eine Bemessung nach sozialen Gesichtspunkten, letztere unter der Voraussetzung, dass auch die Höchstgebühr die tatsächlichen Kosten nicht deckt (BVerfG, Urteil vom 19. März 2003 - 2 BvL 9-12/98 - BVerfGE 108, 1 <19 f.> und Beschlüsse vom 10. März 1998 - 1 BvR 178/97 - BVerfGE 97, 332 <346 f.> und vom 6. Februar 1979 - 2 BvL 5/76 - BVerfGE 50, 217 <226 f.>; BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 3 C 29.08 - NVwZ 2010, 517 <518>). Diesen Anforderungen wird § 3 ABMG gerecht.

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§ 3 Abs. 2 Satz 2 ABMG steckt den Rahmen für die Bemessung der Autobahnmaut ab. Danach können im Einzelnen benannte Kosten des mautpflichtigen Autobahnnetzes der Gruppe der mautpflichtigen Fahrzeuge insoweit angelastet werden, als sie von dieser verursacht werden; § 3 Abs. 2 Satz 3 ABMG verweist auf die entsprechende Vorgabe des Art. 7 Abs. 9 der Wegekostenrichtlinie 1999/62/EG (vgl. BTDrucks 14/7013 S. 13). Diese Vorschrift bringt klar zum Ausdruck, dass es um die Deckung von Kosten geht, welche infolge der Benutzung der Autobahnen durch die mautpflichtigen Fahrzeuge entstehen. Entsprechend diesem Gebührenzweck bestimmt sich die geschuldete Maut nach dem Umfang der Benutzung, nämlich der auf mautpflichtigen Autobahnen zurückgelegten Strecke (§ 3 Abs. 1 ABMG); folgerichtig sind die Mautsätze pro gefahrenem Kilometer festzusetzen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG).

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Die umlagefähigen Kosten des Autobahnnetzes dürfen nicht gleichmäßig nach der jeweils zurückgelegten Strecke auf die mautpflichtigen Fahrzeuge verteilt werden, vielmehr ist die geschuldete Maut gemäß § 3 Abs. 1 ABMG nach der Anzahl der Achsen des Fahrzeugs und dessen Emissionsklasse zu bestimmen. Diese Differenzierungsmerkmale sind nach § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG bei der Festsetzung der konkreten Mautsätze durch Verordnung "sachgerecht" zu berücksichtigen. Auch insoweit genügt die Vorschrift den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine hinreichend bestimmte gesetzliche Festlegung der für die Gebührenbemessung maßgeblichen Zwecke. Das Differenzierungsmerkmal der Achszahl ist dem Gebührenzweck der Kostendeckung zuzuordnen. Dies folgt jedenfalls aus der hier einschlägigen Richtlinie 1999/62/EG, die neben einer Differenzierung der Gebühren nach den Emissionsklassen der Fahrzeuge und nach der Tageszeit der Benutzung (Art. 7 Abs. 10) nur noch eine solche nach den "von den Straßenfahrzeugen verursachten Kosten" zulässt (Erwägungsgrund 15). Daher geht es erkennbar um eine gesonderte Anlastung derjenigen Kosten, die mit zunehmender Achszahl ansteigen.

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Nach der Gesetzesbegründung besteht auch kein Zweifel daran, dass die dem Verordnungsgeber gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG aufgegebene Differenzierung der Mautsätze nach den Emissionsklassen der Fahrzeuge auf das Ziel einer Verhaltenssteuerung ausgerichtet ist, nämlich darauf, einen Anreiz für den Einsatz emissionsarmer Fahrzeuge zu setzen (BTDrucks 14/7013 S. 12 f.). Es ist nicht erkennbar, dass mit der emissionsbezogenen Differenzierung der Mautsätze (auch) andere Gebührenzwecke verfolgt werden. Insbesondere kann sie nicht dem Gebührenzweck des Vorteilsausgleichs dienen. Es gibt keine auf den Straßenverkehr bezogene staatliche Bewirtschaftung der Ressource "Luft". Diese Ressource kann von allen Teilnehmern am Straßenverkehr gestattungsfrei zum Zwecke des Schadstoffausstoßes in Anspruch genommen werden, so dass es an einem besonderen Vorteil fehlt, der gebührenrechtlich abgeschöpft werden könnte (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7. November 1995 - 2 BvR 413/88; 1300/93 - BVerfGE 93, 319 <345 f.> und vom 20. Januar 2010 - 1 BvR 1801/07 u.a. - NVwZ 2010, 831 f. zur Wasserentnahme).

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(2) Die Ermächtigung der Bundesregierung nach § 3 Abs. 2 ABMG zur Festsetzung der Mautsätze durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages verstößt nicht gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG.

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Zweck und Inhalt der Ermächtigung sind - wie sich aus den Ausführungen unter (1) ergibt - ohne Weiteres erkennbar. Das Oberverwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass es keiner gesetzlichen Regelungen zur Gewichtung der beiden Differenzierungsmerkmale Achszahl und Emissionsklasse bedarf, weil es sich insoweit um eine Detailfrage handelt, deren Klärung dem Verordnungsgeber überlassen werden durfte. Im Übrigen ist mit Art. 7 Abs. 10 Buchst. a) der Richtlinie 1999/62/EG, auf den § 3 Abs. 2 Satz 3 ABMG verweist, außerdem als Obergrenze vorgegeben, dass aufgrund einer emissionsbezogenen Differenzierung keine Mautgebühr mehr als 50% über der Gebühr liegen darf, die für gleichwertige Fahrzeuge erhoben wird, die die strengsten Emissionsnormen erfüllen.

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dd) Demgegenüber beruht die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass die hier einschlägige Verordnung zur Festsetzung der Höhe der Autobahnmaut für schwere Nutzfahrzeuge (Mauthöheverordnung - MautHV) vom 24. Juni 2003 (BGBl I 2003 S. 1001) nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, auf einer unzutreffenden Auslegung der bundesrechtlichen Vorschrift des § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG, nach der die Bundesregierung ermächtigt ist, die Höhe der Maut pro Kilometer unter sachgerechter Berücksichtigung der Anzahl der Achsen und der Emissionsklasse der Fahrzeuge durch Rechtsverordnung festzusetzen.

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(1) Allerdings ist die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, dass die auf die Achszahl bezogene Differenzierung der Mautsätze gemäß § 1 MautHV nach denvom Gewicht der Fahrzeuge abhängigen Kosten (insbesondere Fahrbahnverschleiß) mit § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG vereinbar ist, frei von Rechtsfehlern.

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Es widerspricht nicht dem Erfordernis der Sachgerechtigkeit i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG, dass der Verordnungsgeber die Mautsätze insoweit nur zwischen zwei Achsklassen differenziert hat, nämlich zwischen den mautpflichtigen Fahrzeugen mit bis zu drei Achsen (Achsklasse 1) und solchen mit vier oder mehr Achsen (Achsklasse 2; § 1 Abs. 1 und 2 MautHV). Nach den von den Beteiligten nicht in Frage gestellten Erkenntnissen des der Mauthöheverordnung zugrunde liegenden Wegekostengutachtens vom März 2002 (im Folgenden: Wegekostengutachten) haben die mautpflichtigen Fahrzeuge der Achsklasse 1, die überwiegend der Gewichtsklasse 12 t bis 18 t angehören, gegenüber den Fahrzeugen der Achsklasse 2 einen nur geringen Anteil am Verschleiß der Fahrbahnen. Gegen die Aufteilung der Gruppe der Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen (Achsklasse 2) in weitere Achsklassen spricht nach dem Gutachten, dass diese Fahrzeuge sehr unterschiedliche technische Verschleißbeziehungen aufweisen, die weniger von der Achszahl als von der Achskategorie (etwa Einzelachsen wie bei Anhängern oder Tandem- bzw. Tridemachsen) abhängen, und dass nur unzureichende Kenntnisse über die Fahrleistungen dieser unterschiedlichen Achskategorien vorliegen (Wegekostengutachten S. 135 f., 158). Danach erscheint es sachgerecht, dass der Verordnungsgeber keine weiteren Achsklassen gebildet und die Zäsur zwischen den beiden Achsklassen bei einer Achszahl von drei gesetzt hat.

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Entgegen der Auffassung des Klägers ist die achszahlbezogene Differenzierung der Mautsätze nach den gewichtsabhängigen Kosten auch ihrem Umfang nach nicht zu beanstanden. Zwar hat die Mauthöheverordnung die Mautsätze zwischen den beiden Achsklassen gegenüber dem Vorschlag des Wegekostengutachtens nivelliert. Während das Wegekostengutachten bezogen auf das Jahr 2005 empfiehlt, die Mautsätze für Fahrzeuge der Achsklasse 2 in den Emissionsklassen der Kategorien B und C um 0,02 €/km höher anzusetzen als für die entsprechenden Fahrzeuge der Achsklasse 1 (0,14 €/km bzw. 0,16 €/km gegenüber 0,16 €/km bzw. 0,18 €/km; S. 159), beträgt die achszahlbezogene Differenzierung der Maut nach § 1 MautHV auch bei den Fahrzeugen der Kategorien B und C nur noch 0,01 €/km (0,11 €/km bzw. 0,13 €/km gegenüber 0,12 €/km bzw. 0,14 €/km). Für diese Nivellierung der achszahlbezogenen Differenzierung der Mautsätze gibt es jedoch nachvollziehbare sachliche Gründe, wie das Oberverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die von der Beklagten vorgelegte Stellungnahme des Gutachters Dr. R. vom 6. Juni 2009 zu Recht angenommen hat. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass Anlass für diese Abweichung von der Empfehlung des Wegekostengutachtens die auf Initiative der Bundesländer beschlossene Entlastung des deutschen Speditionsgewerbes um einen jährlichen Betrag von 600 Mio. € war, die zu einer Absenkung des durchschnittlichen gewichteten Mautsatzes nach § 3 Abs. 2 Satz 2 ABMG von - kostendeckend - 0,15 € auf 0,124 € geführt hat (BRDrucks 142/03). Nach der oben genannten Stellungnahme hätte der zugesagte Entlastungsbetrag nicht erreicht werden können, wenn die Mautsätze für die Fahrzeuge der Achsklasse 2, deren Anteil an den gesamten Fahrleistungen der mautpflichtigen Fahrzeuge 95% beträgt, entsprechend der vom Wegekostengutachten vorgeschlagenen Spreizung in den Kategorien B und C um einen Cent höher angesetzt worden wären (S. 3 f.). Diese Begründung erscheint nachvollziehbar. Denn bei dem hohen Fahrleistungsanteil der Achsklasse 2 führt jede Aufrundung des Mautsatzes für diese Achsklasse auf volle Cent auf der dritten Stelle nach dem Komma zu erheblich höheren Mauteinnahmen.

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Der Verordnungsgeber war auch nicht verpflichtet, die Mautsätze zur Vermeidung einer solchen Aufrundung auf mehr als zwei Stellen hinter dem Komma festzusetzen oder den vorgesehenen Entlastungsbetrag herabzusetzen, um eine möglichst exakte Differenzierung nach den gewichtsabhängigen Kosten zu erreichen. Derart weit reichende Anforderungen können dem Gebot einer sachgerechten Berücksichtigung der achszahlabhängigen Kosten nach § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG nicht entnommen werden, zumal die Zuordnung dieser zunächst nach Achskategorien und Gewichtsklassen ermittelten Kosten zur Anzahl der Achsen ohnehin nicht ohne Wertungen auskommt.

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(2) Die weitere Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass eine darüber hinausgehende auf die Achszahl der mautpflichtigen Fahrzeuge bezogene Differenzierung der Mautsätze nach Maßgabe der von der Größe der Fahrzeuge abhängigen Kosten (Kapazitätskosten) nicht geboten sei, beruht jedoch auf einer fehlerhaften Interpretation des § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG.

29

Das Oberverwaltungsgericht stützt diese Annahme auf die Erwägung, es sei nicht erkennbar, dass die größenabhängigen Kosten innerhalb der Gruppe der mautpflichtigen Fahrzeuge "in einem unverhältnismäßig hohen Maße" der Achsklasse 2 anzulasten wären. Dieser Maßstab ist mit § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG nicht vereinbar. Danach ist der Verordnungsgeber nicht erst dann zu einer Differenzierung der Mautsätze nach der Achszahl verpflichtet, wenn dies verfassungsrechtlich etwa mit Blick auf das Äquivalenzprinzip oder den aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der Abgabengerechtigkeit geboten ist. Vielmehr ist die Anzahl der Achsen der Fahrzeuge bei der Festsetzung der Höhe der Maut bereits dann und insoweit zu berücksichtigen, als dies "sachgerecht" möglich ist. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn eine eindeutige und quantifizierbare Korrelation zwischen bestimmten Kosten nach § 3 Abs. 2 Satz 2 ABMG von einigem Gewicht und der unterschiedlichen Anzahl von Achsen mautpflichtiger Fahrzeuge hergestellt werden kann. In dem Umfang, in dem sich danach bestimmte Kosten achszahlbezogen zuordnen lassen, sind die Mautsätze zwischen den Achsklassen zu differenzieren; das Gesetz lässt dem Verordnungsgeber insoweit keinen Gestaltungsspielraum.

30

c) Der Umstand, dass das Oberverwaltungsgericht die Notwendigkeit einer weiteren achszahlbezogenen Spreizung der Mautsätze nach den Kapazitätskosten anhand eines unzutreffenden, mit § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG unvereinbaren Maßstabs beurteilt hat, zwingt zur Zurückverweisung der Sache (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

31

aa) Im Revisionsverfahren kann nicht festgestellt werden, dass sich die angefochtene Entscheidung gleichwohl im Ergebnis als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO).

32

(1) Die fehlerhafte Interpretation des § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG wäre nicht ergebnisrelevant, wenn das Oberverwaltungsgericht ohnehin nicht verpflichtet war zu ermitteln, ob die oben genannten Voraussetzungen für eine achszahlbezogene Spreizung der Mautsätze auch nach den größenabhängigen Kosten zum Zeitpunkt des Erlasses der Mauthöheverordnung vorlagen. Diese Frage hätte jedoch nach dem Sach- und Streitstand in der Vorinstanz geklärt werden müssen (§ 86 Abs. 1 VwGO). Denn der Kläger kann sich für seine Behauptung, es bestehe eine Korrelation zwischen den von den mautpflichtigen Fahrzeugen verursachten Kapazitätskosten und der Anzahl der Achsen, auf entsprechende Aussagen im Wegekostengutachten stützen. Dort heißt es, dass für die Aufteilung der Fahrzeugkategorien nach ihrem Kapazitätsbedarf unter anderem Fahrzeuglänge, Beschleunigung und Sicherheitsabstand relevant sind und dass diese Merkmale mit der Achszahl korrelieren. Dies deute darauf hin, dass letztlich die Achszahl der Lkw ein brauchbares Orientierungsmaß für den dynamischen Flächenverbrauch darstelle; dieser steige ungefähr proportional mit der Achszahl eines Fahrzeugs (Wegekostengutachten S. 132 f.). Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich eine Anlastung der Kapazitätskosten nicht nennenswert auf die Mautsätze auswirken könnte. Vielmehr wird im Wegekostengutachten ausgeführt, dass die kapazitätsabhängigen Kosten nach Anpassung der Äquivalenzziffern an neuere Erkenntnisse aus der Verkehrsflusstheorie immerhin noch 60% der Gesamtkosten ausmachen (S. 154). Somit entbehrte das Vorbringen des Klägers nicht der Substanz.

33

(2) Im Revisionsverfahren kann auch nicht auf der Grundlage des Vorbringens des in Begleitung der Beklagten erschienenen Gutachters R. in der mündlichen Verhandlung am 4. August 2010 festgestellt werden, dass es an den Voraussetzungen für eine sachgerechte Berücksichtigung der größenabhängigen Kosten bei der Festsetzung der Mautsätze fehlt und die Mauthöheverordnung deshalb gültig ist. Dieses neue Vorbringen wäre nur dann abweichend von § 137 Abs. 2 VwGO im Revisionsverfahren beachtlich, wenn sich der Kläger der Einschätzung des Gutachters R. angeschlossen hätte (zur Berücksichtigungsfähigkeit unstreitiger Tatsachen im Revisionsverfahren vgl. Urteil vom 20. Oktober 1992 - BVerwG 9 C 77.91 - BVerwGE 91, 104 <106 f.>). Das ist nicht der Fall.

34

Nach den Erläuterungen des Gutachters wurden die Kapazitätskosten nach den auf Seite 132 des Wegekostengutachtens genannten Kriterien (Fahrzeuglänge, Beschleunigung, Sicherheitsabstand, Geschwindigkeit sowie Breite und Höhe des Fahrzeugs) ermittelt. Diese Kosten seien nach den Gewichtsklassen der Fahrzeuge verteilt worden und nicht nach deren Achszahl. Dementsprechend sei zur Anlastung der Kapazitätskosten jeder Gewichtsklasse eine Äquivalenzziffer zugeordnet worden, wie dies im Wegekostengutachten in Tabelle 5-4 (S. 134) dargestellt werde. Je höher die Gewichtsklasse sei, desto höher sei die Äquivalenzziffer und damit der Anteil der entsprechenden Fahrzeuge an den kapazitätsabhängigen Kosten. Aufgrund dieser Daten seien die Kapazitätskosten zwischen der Gruppe der mautpflichtigen und der mautfreien Fahrzeuge aufgeteilt worden. Sie seien jedoch nicht dazu verwendet worden, diese Kosten innerhalb der Gruppe der mautpflichtigen Fahrzeuge nach der Anzahl der Achsen zu verteilen. Dieses Differenzierungsmerkmal spiele hierfür kaum eine Rolle, weil die Kapazitätskosten nur in geringfügigem Umfang von der Länge der mautpflichtigen Fahrzeuge abhingen. Mit Blick auf die den Gewichtsklassen zugeteilten Äquivalenzziffern hätte eine Berücksichtigung der Kapazitätskosten nur dann zu einer höheren Spreizung der Mautsätze nach der Anzahl der Achsen bis zu 20% führen können, wenn die Fahrzeuge der Achsklasse 1 der unteren Gewichtsklasse von 12 t bis 18 t angehörten. Davon könne jedoch nicht ausgegangen werden. Vielmehr seien immer mehr mautpflichtige Fahrzeuge der Achsklasse 1 in höhere Gewichtsklassen einzustufen, so dass sich ihr Anteil an den Kapazitätskosten nicht mehr erheblich von demjenigen der Fahrzeuge der Achsklasse 2 unterscheide.

35

Diese Einschätzung hat der Kläger nicht geteilt, sondern ihr unter anderem entgegen gehalten, dass die Fahrzeuglänge nur ein Kriterium für den dynamischen Flächenverbrauch sei; das Wegekostengutachten habe auf Seite 132 weitere für die Zumessung der Kapazitätskosten relevante Kriterien benannt und auf deren Korrelation zur Achszahl verwiesen. Außerdem gehörten die Fahrzeuge der Achsklasse 1 nach wie vor überwiegend der Gewichtsklasse von 12 t bis 18 t an. Selbst wenn unterstellt werde, dass sie überwiegend der nächsthöheren Gewichtsklasse von 18 t bis 28 t mit der Äquivalenzziffer 3,5 zuzurechnen seien, sei die Differenz zu den Äquivalenzziffern der hohen Gewichtsklassen von 28 t bis 33 t und darüber hinaus sowie zu den Sattelzügen mit 4,0 bzw. 4,5 immer noch beträchtlich. Angesichts dieser unterschiedlichen Bewertung der Sachlage muss im Revisionsverfahren offen bleiben, ob die größenabhängigen Kosten bei der Festsetzung der Mautsätze nach § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG hätten berücksichtigt werden müssen.

36

bb) Entgegen der Auffassung des Klägers kann auch nicht deshalb - umgekehrt - von einem Verstoß der Mauthöheverordnung gegen höherrangiges Recht ausgegangen werden, weil die Differenz der Mautsätze zwischen den Emissionsklassen der Fahrzeuge mit jeweils 0,02 € höher ist als diejenige zwischen den beiden Achsklasse (jeweils 0,01 €), obwohl nur das Merkmal der Achszahl einen Zusammenhang mit den umlagefähigen Kosten aufweist.

37

Der Vorschrift des § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG kann nicht entnommen werden, dass die emissionsbezogene Differenzierung der Mautsätze deren achszahlbezogene Spreizung nicht übersteigen darf. Vielmehr hat der Verordnungsgeber hinsichtlich jedes dieser Differenzierungsmerkmale gesondert zu prüfen, ob und in welchem Umfang es bei der Festsetzung der Mautsätze sachgerecht zu berücksichtigen ist. Die auf den Gebührenzweck der Kostendeckung ausgerichtete Differenzierung der Mautsätze nach Achsklassen der mautpflichtigen Fahrzeuge fällt umso höher aus, je höher die Wegekosten sind, für die eindeutig und quantifizierbar festgestellt werden kann, dass sie mit der Achszahl steigen und umgekehrt. Das Ausmaß der dem Zweck der Verhaltenssteuerung dienenden Differenzierung der Mautsätze nach den Emissionsklassen hängt davon ab, wie hoch die damit verbundene Gebührenentlastung bzw. -belastung nach Auffassung des Verordnungsgebers sein muss, um einen spürbaren Anreiz für den erwünschten Einsatz emissionsarmer Fahrzeuge zu setzen; er verfügt dabei über einen weiten Einschätzungsspielraum (BVerfG, Beschluss vom 6. Februar 1979 - 2 BvL 5/76 - BVerfGE 50, 217 <226 f.>).

38

Allerdings ist das Äquivalenzprinzip als gebührenrechtliche Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dann verletzt, wenn eine Gebühr mit dem Ziel der Verhaltenslenkung derart hoch bemessen wird, dass sie ihren gebührentypischen Entgeltcharakter verliert, weil sie in einem groben Missverhältnis zum Wert der öffentlichen Leistung steht, wie er insbesondere in den dafür erbrachten staatlichen Aufwendungen seinen Niederschlag findet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 1991 - 2 BvL 24/84 - BVerfGE 83, 363 <392>; BVerwG, Urteile vom 15. Juli 1988 - BVerwG 7 C 5.87 - BVerwGE 80, 36 <39>, vom 25. August 1999 - BVerwG 8 C 12.98 - BVerwGE 109, 272 <274 f.> und vom 25. Juli 2001 - BVerwG 6 C 8.00 - BVerwGE 115, 32 <44 f.>). Es bedarf vorliegend keiner weiteren Vertiefung, bis zu welcher Höhe danach die Mautsätze über die von den mautpflichtigen Fahrzeugen verursachten Wegekosten hinaus angehoben werden dürfen, um einen Anreiz für die Anschaffung emissionsarmer Fahrzeuge zu setzen. Denn der Mautsatz für die Fahrzeuge der schlechtesten Emissionsklasse (Kategorie C) der Achsklasse 2 liegt mit 0,14 €/km noch unter dem durchschnittlichen gewichteten Mautsatz nach § 3 Abs. 2 Satz 2 ABMG in Höhe von 0,15 €/km, der zur Deckung der umlagefähigen Kosten anzusetzen wäre. Der nach dem Äquivalenzprinzip gebotene gebührentypische Entgeltcharakter der Maut ist auch dann gewahrt, wenn die aufgrund der Entlastung des Speditionsgewerbes abgesenkte durchschnittliche gewichtete Maut in Höhe von 0,124 €/km zugrunde gelegt wird. Denn der Mautsatz für die Fahrzeuge der schlechtesten Emissionsklasse der Achsklasse 2 überschreitet diesen Wert um lediglich rund 13%. Hierbei ist zudem zu berücksichtigen, dass der nur die Kosten abbildende Mautsatz für die Fahrzeuge der Achsklasse 2 über der durchschnittlich gewichteten Maut liegt, weil die gewichtsabhängigen Kosten überwiegend von dieser Fahrzeuggruppe verursacht werden.

39

cc) Schließlich ist nicht erkennbar, dass das Autobahnmautgesetz oder die Mauthöheverordnung gegen zwingende Vorgaben der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Wegekostenrichtlinie 1999/62/EG vom 17. Juni 1999 verstößt. Insbesondere liegen die Mautsätze für die Fahrzeuge der schlechtesten Emissionsklasse (Kategorie C) in beiden Achsklassen nicht entgegen Art. 7 Abs. 10 Buchst. a) RL 1999/62/EG mehr als 50% über den Mautsätzen für die Fahrzeuge der besten Emissionsklasse (Kategorie A).

40

d) Das Oberverwaltungsgericht wird nach alledem zu klären haben, ob der Verordnungsgeber nach § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG eine weitere Spreizung der Mautsätze zwischen den Achsklassen der mautpflichtigen Fahrzeuge nach den Kapazitätskosten hätte vornehmen müssen und die hier einschlägige Mauthöheverordnung daher unwirksam ist. Dabei ist auf die Erkenntnisse und die Sachlage zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Verordnung abzustellen. Es wird ferner zu prüfen sein, ob es möglich ist, die Gewichtung der kapazitätsabhängigen Kosten nach den auf die Gewichtsklassen der Fahrzeuge bezogenen Äquivalenzziffern (vgl. Wegekostengutachten S. 134 Tabelle 5-4) auf verschiedene Achsklassen der mautpflichtigen Fahrzeuge zu übertragen, etwa dadurch, dass ermittelt wird, welcher Gewichtsklasse die Fahrzeuge einer bestimmten Achsklasse im Durchschnitt angehören. Insoweit ist mit Blick auf die oben genannten Ausführungen des Gutachters R. zur Gewichtsklasse der Fahrzeuge der Achsklasse 1 anzumerken, dass nach dem Wegekostengutachten diese Fahrzeuge überwiegend der Gewichtsklasse 12 t - 18 t angehörten (S. 135). In der mündlichen Verhandlung am 4. August 2010 hat der Gutachter R. im Übrigen zu erkennen gegeben, dass es auch möglich ist, die Kapazitätskosten von vornherein nach Achsklassen zu verteilen. Schließlich wird gegebenenfalls zu untersuchen sein, ob eine sachgerechte Anlastung der Kapazitätskosten eine veränderte Aufteilung der mautpflichtigen Fahrzeuge in Achsklassen erfordert.

41

2. Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Ihre Verurteilung zur Zahlung von 0,02 € an den Kläger beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

42

Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Höhe der vom Kläger zu entrichtenden Maut als Summe der jeweils nach der Länge der einzelnen befahrenen Autobahnabschnitte unter Ansatz des Mautsatzes bei kaufmännischer Rundung anfallenden Beträge bestimmt wurde. Für diese Praxis gebe es entgegen dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Gesetzesvorbehalt keine rechtliche Grundlage, so dass der Kläger die Maut in einer Höhe von 0,02 € rechtsgrundlos geleistet habe. Ihm stehe insoweit ein Anspruch auf Erstattung nach § 4 Abs. 1a ABMG in Verbindung mit § 21 VwKostG gegenüber der Beklagten zu. Diese Auffassung ist nicht zu beanstanden.

43

a) Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger auch insoweit nicht darauf verwiesen ist, einen zivilrechtlichen Erstattungsanspruch gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen. Wie oben ausgeführt, würde dies voraussetzen, dass der gerügte Mangel dem vertraglichen Leistungsverhältnis mit der Beigeladenen zuzuordnen ist. Das ist nicht der Fall. Die Praxis der Berechnung der Maut nach Autobahnabschnitten unter Anwendung der Regeln kaufmännischer Rundung wurde nicht durch die Beigeladene etwa in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber den Mautschuldnern verbindlich festgelegt, sondern stellt eine Vorgabe der Beklagten dar, nach der das von der Beigeladenen errichtete Erhebungssystem die für die einzelnen Fahrten zu entrichtende Maut berechnet. Dieser Sachverhalt ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Somit sind das genannte Verfahren zur Berechnung der Maut und die sich daraus ergebenden Mautzahlungen der Beklagten zuzurechnen.

44

b) Nach dem Rechtsstaatsgebot sind Eingriffsregelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (BVerfG, Beschluss vom 26. September 1978 - 1 BvR 525/77 - BVerfGE 49, 168 <181>). Die zu entrichtende Gebühr muss daher nicht generell anhand des normativ vorgegebenen Gebührentatbestandes "auf den Cent genau" vorausberechnet werden können. Vielmehr können Rahmengebühren festgelegt oder die Gebührenbemessung an unbestimmte Rechtsbegriffe geknüpft werden, um der Behörde eine Gebührenfestsetzung zu ermöglichen, die unterschiedlichen Einzelfallumständen gerecht wird. Ein Verstoß gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot liegt jedoch dann vor, wenn es wegen der Unbestimmtheit der gebührenrechtlichen Regelungen nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden ausschließen (Urteile vom 2. Juli 1969 - BVerwG IV C 68.67 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 6 S. 5 f. und vom 21. Oktober 1970 - BVerwG IV C 137.68 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 1 S. 2; Beschluss vom 25. September 1989 - BVerwG 8 B 95.89 - Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 23 S. 8; Urteil vom 12. Juli 2006 - BVerwG 10 C 9.05 - BVerwGE 126, 222 Rn. 30 m.w.N.).

45

aa) Gemessen daran verstößt die von der Beklagten entwickelte Praxis zur Rundung der zurückgelegten Entfernungen und der sich unter Anwendung der Mautsätze ergebenden Mautbeträge auf volle Cent gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot.

46

(1) Die Mauthöheverordnung setzt die Mautsätze pro Kilometer auf den Cent genau fest. Deren Anwendung auf die zurückgelegte Strecke ergibt nur dann einen Betrag, der nicht auf volle Cent gerundet werden muss, wenn die zurückgelegte Strecke ihrerseits auf volle Kilometer gerundet wird. Anders als beispielsweise zahlreiche Vorschriften des Kommunalabgabenrechts enthalten jedoch das Autobahnmautgesetz und die Mauthöheverordnung weder eine Regelung zur Rundung auf volle Cent noch eine Bestimmung darüber, nach welchem Längenmaß die zurückgelegte Strecke zu ermitteln ist. Daher kann die Lkw-Maut jedenfalls bei den konkret geltenden Mautsätzen nicht ohne ergänzende Festlegungen zu diesen für die Gebührenbemessung maßgeblichen Größen erhoben werden.

47

Solche Festlegungen hat die Beklagte durch ihre Praxis getroffen. Danach werden Entfernungen auf volle 100 Meter kaufmännisch gerundet; maßgeblich sind dabei die Längen der einzelnen mautpflichtigen Autobahnabschnitte (siehe unten bb). Die sich danach unter Anwendung der Mautsätze ergebenden Beträge sowie deren Summe werden wiederum kaufmännisch auf volle Cent gerundet. Bei der kaufmännischen Rundung wird ab der Ziffer 5 aufgerundet. Somit können sich die von der Beklagten vorgegebenen Rundungsregelungen im Einzelfall zu Lasten des Mautschuldners auswirken, wie das Oberverwaltungsgericht dies im vorliegenden Fall auch festgestellt hat. Die Aufrundungen, die bereits bei der Ziffer 5 ansetzen, überwiegen auch im Ganzen gesehen die Abrundungen, so dass die Praxis kaufmännischer Rundung in der Summe höhere Mauteinnahmen bewirkt.

48

(2) Diese Rundungspraxis der Beklagten kann sich nicht auf einen gesetzlich eingeräumten Entscheidungsspielraum stützen, sondern schließt eine Regelungslücke, um die Maut erheben zu können. Es fehlt jedoch an Gründen, die es mit Blick auf das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot rechtfertigen könnten, der Verwaltung die freie Entscheidung über die Bemessung der zurückgelegten Entfernungen und die Rundung der Mautbeträge auf volle Cent zu überlassen. Die sachgerechte Entscheidung darüber, ob eine für die Festsetzung der Gebühr maßgebliche Größe auf- oder abzurunden ist, hängt nicht von den Umständen des Einzelfalles ab, sondern kann ohne Weiteres generell-abstrakt getroffen werden. Zudem kann eine willkürliche Handhabung dieses Entscheidungsspielraums bei der Gebührenfestsetzung nicht ausgeschlossen werden. Das zeigt auch der vorliegende Fall. Es ist kein objektives Kriterium erkennbar, nach dem zuverlässig festgestellt werden kann, dass gerade die hier praktizierte kaufmännische Rundung sachgerecht und angemessen ist und nicht etwa auch eine Praxis, bei der die Länge der Autobahnabschnitte und die Mautbeträge durchgängig auf 100 Meter bzw. auf volle Cent aufgerundet werden. Die zuletzt genannte Möglichkeit einer durchgängigen Aufrundung zu Lasten der Mautschuldner macht schließlich deutlich, dass sich die Entscheidung über die Rundung der genannten Größen mehr als nur geringfügig auf den Umfang der Mauteinnahmen auswirken kann.

49

(3) Somit darf die Verwaltung in Fällen, in denen - wie hier - normative Festlegungen zur Rundung maßgeblicher Bemessungsgrößen fehlen, diese Regelungslücke nicht durch eine Rundungspraxis schließen, die sich belastend auf die Gebührenschuldner auswirken kann. Die Verwaltung ist allerdings nicht gehindert, bei der Festsetzung der Gebühren zugunsten der Gebührenpflichtigen abzurunden. Denn eine solche jedenfalls nicht belastend wirkende Praxis bedarf keiner Rechtsgrundlage. Mit Blick auf die Gesetzesbindung der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) ist die Behörde auch gehalten, entsprechend vorzugehen, um den Gebührentatbestand zur Anwendung bringen zu können. Somit hätte die Beklagte ein Berechnungsverfahren vorgeben müssen, nach dem sowohl die Länge der einzelnen Autobahnabschnitte als auch die abschnittweise ermittelten Beträge und die Summe dieser Beträge durchgängig auf 100 Meter bzw. auf volle Cent abzurunden sind.

50

bb) Demgegenüber bedarf die Praxis der Beklagten, die Maut gesondert für jeden befahrenen Autobahnabschnitt und nicht nach der insgesamt befahrenen Strecke zu ermitteln, für sich genommen keiner Rechtsgrundlage.

51

Allerdings wirkt sie immer dann belastend, wenn überwiegend Autobahnabschnitte befahren werden, deren Länge nach den Vorgaben der Beklagten auf volle 100 Meter aufzurunden sind. Nach dieser mangels normativer Ermächtigung unzulässigen Rundungspraxis kann die Aufteilung der zurückgelegten Strecke in Autobahnabschnitte jedoch nicht beurteilt werden. Maßgebend ist vielmehr, ob sich die abschnittweise Ermittlung der Mautbeträge auch dann belastend auswirkt, wenn die zurückgelegten Entfernungen - wie geboten - stets zugunsten der Mautschuldner abgerundet werden, soweit nicht ohnehin der Meter als Längenmaß genommen wird. Das ist nicht der Fall. Im Gegenteil vervielfachen sich die für die Mautschuldner günstigen Abrundungen der zurückgelegten Strecke, wenn die Berechnung nicht auf die Gesamtstrecke, sondern auf die einzelnen Autobahnabschnitte bezogen wird. Als nicht belastendes Detail des Berechnungsverfahrens bedarf die Aufteilung der bei mautpflichtigen Fahrten zurückgelegten Strecke in Autobahnabschnitte jedoch keiner Rechtsgrundlage, sondern durfte von der Beklagten nach Gesichtspunkten der Verwaltungspraktikabilität festgelegt werden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte dieses Verwaltungsermessen nicht sachgerecht ausgeübt hätte. Sie sieht den Vorteil der von ihr gewählten Berechnungspraxis unter anderem darin, dass jeder Autobahnabschnitt im Voraus mit den auf ihn entfallenden Mautbeträgen - bzw. im Falle der Mautfreiheit nach § 1 Abs. 3 ABMG mit dem Wert "0" - belegt werden könne, was die automatische Ermittlung der für die einzelnen Fahrten zu entrichtenden Maut erleichtere; damit sei zugleich in praktischer Hinsicht die Voraussetzung dafür gelegt, dass der Verordnungsgeber die Option des § 3 Abs. 3 Satz 2 ABMG wahrnehmen und die Mautsätze künftig auch nach bestimmten Abschnitten von Bundesautobahnen differenzieren könne, ohne dass die Berechnungspraxis umgestellt werden müsse. Diese Überlegungen sind ohne Weiteres nachvollziehbar.

52

Nach alledem ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen. Wäre die vom Kläger zu entrichtende Maut auf der Grundlage einer Abrundung der einzelnen Entfernungen und der ermittelten Beträge auf volle Cent berechnet worden, hätte sie mindestens um den vom Oberverwaltungsgericht angesetzten Betrag von 0,02 € unterhalb des Betrages gelegen, der bei der manuellen Einbuchung in das Erhebungssystem der Beigeladenen nach den unzulässigen Vorgaben der Beklagten errechnet wurde. In dieser Höhe kann der Kläger mithin von der Beklagten nach § 4 Abs. 1a ABMG i.V.m. § 21 VwKostG Erstattung rechtsgrundlos geleisteter Maut verlangen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.