Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 15. Mai 2015 - Au 5 K 15.50002

bei uns veröffentlicht am15.05.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Behandlung seines Asylantrages als unzulässig und begehrt Rechtsschutz gegen eine Abschiebungsanordnung nach Spanien.

Der am ... 1991 in ... (Irak) geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger mit arabischer Volkszugehörigkeit und sunnitischer Religionszugehörigkeit.

Der Kläger reiste seinen Angaben zufolge am 24. Mai 2014 erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er unter dem 16. Juni 2014 Asylerstantrag stellte. Der Kläger war bei seiner Einreise im Besitz eines am 17. April 2014 in ... ausgestellten Aufenthaltsdokuments/Visum für das Königreich Spanien mit einer Gültigkeitsdauer vom 1. Mai 2014 bis zum 30. Mai 2014.

Am 11. Juli 2014 richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) ein Übernahmeersuchen zur Durchführung des Asylverfahrens für den Kläger an das Königreich Spanien.

Mit Schreiben vom 11. September 2014 erklärten die spanischen Behörden ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags des Klägers.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 18. Dezember 2014 wurde der Asylantrag des Klägers als unzulässig abgelehnt (Nr. 1.). In Ziffer 2. des vorbezeichneten Bescheids wurde die Abschiebung des Klägers nach Spanien angeordnet.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass der Asylantrag des Klägers gemäß § 27 a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) unzulässig sei, da Spanien aufgrund des dort ausgestellten Visums gemäß Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) für die Behandlung des Asylbegehrens zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Daher werde der Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland nicht materiell geprüft. Deutschland sei verpflichtet, die Überstellung nach Spanien als zuständigem Mitgliedsstaat innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmeersuchens durch Spanien oder der endgültigen negativen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder einer Überprüfung, wenn dieser aufschiebende Wirkung habe, durchzuführen. Die Anordnung der Abschiebung nach Spanien beruhe auf § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Bundesamts vom 18. Dezember 2014 wird ergänzend verwiesen.

Der vorbezeichnete Bescheid wurde dem Kläger am 30. Dezember 2014 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt.

Der Kläger hat mit Telefax seiner Bevollmächtigten vom 5. Januar 2015 Klage gegen den vorbezeichneten Bescheid beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt:

Der Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2014 - GZ: ... - wird aufgehoben.

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger im Wesentlichen auf eine Entscheidung des belgischen Rechtsmittelgerichts („Conseil du Contentieux des Etrangers“) vom 20. November 2014 verwiesen, mit der dem Königreich Belgien untersagt worden sei, Flüchtlinge nach Spanien zu überstellen wegen dort festzustellender systemischer Mängel des Asylsystems. Eine Überstellung des Klägers nach Spanien würde dessen Rechte aus Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzen. Damit unterliege auch die Überstellungsentscheidung der Beklagten gewichtigen Bedenken. Eine Übersetzung der Entscheidung wurde dem Gericht nicht vorgelegt.

Ein vom Kläger angestrengtes Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes (Az. Au 5 S 15.50003) blieb mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. Januar 2015 erfolglos. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird verwiesen.

Ein weiteres Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes, gerichtet auf Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. Januar 2015 blieb mit weiterem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 12. Februar 2015 ebenfalls erfolglos. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird Bezug genommen.

Die Beklagte hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt. Eine Antragstellung im Klageverfahren ist unterblieben.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 9. März 2015 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 11. Mai 2015 bzw. 13. Mai 2015 übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht konnte durch den Einzelrichter über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten übereinstimmend auf die Durchführung einer solchen verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die zulässige Klage erweist sich in der Sache als nicht begründet.

1. Die Klage ist zulässig. Die Beklagte hat die Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags auf § 27a des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) und die mit diesem Ausspruch verbundene Abschiebungsanordnung auf § 34a Abs. 1 AsylVfG gestützt. Nach § 27a AsylVfG ist ein in Deutschland gestellter Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

Gegen eine solche Unzulässigkeitsentscheidung ist ein isoliertes Aufhebungsbegehren statthaft. Die Entscheidungen nach § 27a und § 34a Abs. 1 AsylVfG stellen Verwaltungsakte im Sinne des § 42 Abs. 1 VwGO dar, deren isolierte Aufhebung - anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens - ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrags führt (vgl. VG Trier, U. v. 18.5.2011 - 5 K 198/11.TR - juris Rn. 16 m. w. N.; VG Freiburg, B. v. 2.2.2012 - 4 K 2203/11 - juris Rn. 2; VG Gelsenkirchen, B. v. 9.10.2014 - 9a L 1508/14.A - juris Rn. 13).

2. Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass die Überstellungsfrist aus Art. 29 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (nachfolgend: Dublin III-VO) abgelaufen ist. Insoweit fehlt es jedoch an der für einen Erfolg der Klage vorausgesetzten Verletzung des Klägers in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Bestimmung, welcher Mitgliedsstaat für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist, richtet sich vorliegend nach der Dublin III-VO, da der Kläger seinen Asylantrag erst nach dem 1. Januar 2014 in der Bundesrepublik Deutschland gestellt hat.

Nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO geht die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages auf den Mitgliedsstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde, wenn die Überstellung an den an sich zuständigen Mitgliedsstaat nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Der Fristbeginn wird näher in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO geregelt. Danach erfolgt die Überstellung eines Asylbewerbers gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedsstaates nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedsstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedsstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat.

Die 6-Monats-Frist zur Überstellung des Klägers ist vorliegend abgelaufen, wenn man zu dessen Gunsten unterstellt, dass die Frist gemäß Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO mit der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme (hier Erklärung der spanischen Behörden vom 11. September 2014) zu laufen beginnt. Wenn man hingegen davon ausgeht, dass erst mit der Zustellung des ablehnenden Beschlusses im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO (hier am 28. Januar 2015) eine neue 6-monatige Überstellungsfrist ausgelöst wird, wäre diese im Entscheidungszeitpunkt des Gerichts noch nicht abgelaufen (vgl. zu dieser Problematik OVG NRW, B. v. 8.9.2014 - 13 A 1347/14.A - juris Rn. 8 m. w. N.; VG München, G. v. 28.4.2014 - M 21 K 13.31396 - juris Rn. 29; VG Ansbach, B. v. 31.3.2014 - AN 9 S 13.31028 - AuAS 2014, 103). Letztlich bedarf diese Rechtsfrage keiner abschließenden Entscheidung. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die nicht innerhalb der 6-Monats-Frist erfolgte Überstellung des Klägers nach Spanien gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO zur Folge hat, dass die Zuständigkeit auf den Mitgliedsstaat übergeht, in dem der Asylantrag eingereicht wurde und mithin der Ausspruch in Nr. 1. des Bescheides vom 18. Dezember 2014 rechtswidrig geworden ist, führt dies nicht zu einer Rechtsverletzung des Klägers. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf den Ablauf der Überstellungsfrist aus Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO berufen. Er ist auch nicht in seinem unionsrechtlich verbürgten Recht auf beschleunigte Durchführung des Verfahrens auf Prüfung seines Asylantrags verletzt.

(1) Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin-II-Verordnung (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 - NVwZ 2012, 417; U. v. 14.11.2013 - C-4/11 - NVwZ 2014, 170; U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - NVwZ 2014, 208) ist davon auszugehen, dass sich der Kläger nicht auf den Ablauf der Überstellungsfrist berufen kann. Die jeweiligen Fristbestimmungen dienen einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaates und einer zügigen Überstellung an diesen, ohne aber dem Asylsuchenden einen Anspruch auf Prüfung seines Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewähren. Der Europäische Gerichtshof hat für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber einer Überstellung nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (vgl. EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - juris Rn. 60, 62). Denn wie aus den Erwägungsgründen hervorgeht, besteht einer der Hauptzwecke in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden (vgl. Erwägungsgründe 3 und 4). Die Dublin-Zuständigkeitsregelungen sind im Sinne von „organisatorischen Vorschriften“ der Mitgliedstaaten und nach dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ normiert worden, um auch wegen des öffentlichen Beschleunigungsinteresses hinsichtlich einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates einem „forum shopping“ entgegenzuwirken (vgl. EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - juris Rn. 53, 56, 59).

Auch wenn der Europäische Gerichtshof in den vorgenannten Leitentscheidungen zu den Fristenbestimmungen keine Aussage dazu getroffen hat, ob die Überstellungsfristen im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens ebenfalls keine subjektiven Rechte des Asylbewerbers zu begründen vermögen, gelten die vorstehenden Erwägungen auch für die hier in Rede stehende sechsmonatige Überstellungfrist. Diese dient nicht dem Schutz des Asylsuchenden, sondern ebenso wie die sonstigen Fristbestimmungen allein den objektiven Zwecken einer sachgerechten Verteilung der mit Durchführung der Asylverfahren verbundenen Lasten in Abstimmung mit dem um Wiederaufnahme ersuchten Mitgliedsstaat. (vgl. VG Würzburg, B. v. 11.6.2014 - W 6 S 14.50056 - juris Rn. 19; VG Gelsenkirchen, B. v. 9.10.2014 - 9a L 1508/14.A - juris Rn. 32 f.; VG Osnabrück, B. v. 19.2.2014 - 5 b 12/14 - juris Rn. 27; VG Stuttgart, U. v. 28.2.2014 - A 12 K 383/14 - juris Rn. 23 f.; a.A. VGH Baden-Württemberg, B. v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris, Rn. 13 m. w. N.; VG Hamburg, U. v. 15.3.2012 - 10 A 227/11 - juris Rn. 24; VG Magdeburg, U. v. 28.2.2014 - 1 A 413/13 - juris Rn. 21; VG Göttingen, B. v. 30.6.2014 - 2 B 86/14 - juris Rn. 16; VG Oldenburg, U. v. 7.7.2014 - 3 A 416/14 - juris Rn. 39). Die Rechtsstellung des Einzelnen wird durch das Zuständigkeitssystem lediglich insofern geschützt, als jedenfalls ein zuständiger Vertragsstaat für die Prüfung des Asylbegehrens gewährleistet sein muss (vgl. VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 25; OVG Niedersachsen, B. v. 6.11.2014 - 13 LA 66/14 - juris; Hessischer VGH, B. v. 25.8.2014 - 2 A 976/14.A - juris; OVG Rheinland-Pfalz, U. v.21.2.2014 - 10 A 10656/13 - juris; OVG Schleswig-Holstein, B. v. 24.2.2015 - 2 LA 15/15 - juris Rn. 7; VG Trier, B. v. 23.7.2014 - 5 l 1271/14.TR - juris Rn. 6 f.; VG Düsseldorf, B. v. 18.9.2014 - 13 L 1785/14.A - juris Rn. 19).

Dafür, dass Spanien seine mit Schreiben vom 11. September 2014 erklärte Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages des Klägers nach Fristablauf zurücknehmen und sich auf den Fristablauf berufen werde, gibt es keine Anhaltspunkte noch wird dies vom Kläger behauptet oder dargelegt.

(2) Vorliegend ist es der Beklagten auch nicht zum Schutze des Grundrechts des Klägers vor einer unangemessen langen Verfahrensdauer (vgl. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 der Europäischen Grundrechtscharta - GrCH i. V. m. Art. 47 Satz 2 GrCH) verwehrt, sich derzeit (noch) auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates, hier des Königreichs Spanien, zu berufen.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der an sich unzuständige Mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Artikel 3 Absatz 2 Dublin III-VO selbst prüfen (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 - juris Rn. 98 und 108; U. v. 14.11.2013 - C-4/11 - juris Rn. 35 zur Dublin-II-VO).

Ist die Überstellungsfrist abgelaufen kann sich das private Beschleunigungsinteresse des Asylbewerbers an der inhaltlichen Bearbeitung seines Antrags gegenüber dem öffentlichen Beschleunigungsinteresse bezüglich der zeitnahen Klärung des für die Antragsbearbeitung nach den Dublin-Verordnungen zuständigen Staates unter Umständen durchsetzen (vgl. VG Würzburg, B. v. 11.6.2014 - W 6 S 14.50056 - juris Rn. 19; VG Stuttgart, U. v. 28.2.2014 - A 12 K 383/14 - juris Rn. 23). Zwar hat der Europäische Gerichtshof keine Aussagen darüber getroffen, ab wann von einer solchen unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist. Ausgehend von den im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens maßgeblichen Fristbestimmungen sowie mit Blick auf die Verlängerungsmöglichkeit der Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO im Falle der Inhaftierung oder der Flucht des Asylbewerbers auf ein Jahr bzw. auf 18 Monate erscheint eine die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigende unangemessen lange Verfahrensdauer frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums möglich, der der regelmäßigen Überstellungsfrist von sechs Monaten zuzüglich der Zeit, um den diese Frist (mindestens) verlängert werden kann, entspricht (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 18.9.2014 - 13 L 1785/14.A - juris Rn. 30; VG Stuttgart, U. v. 28.2.2014 - A 12 K 383/14 - juris Rn. 23). Diese Frist ist vorliegend noch nicht abgelaufen. Damit erscheint eine zeitnahe Prüfung des Asylantrages des Klägers (noch) gewährleistet und kann sich die Beklagte (noch) auf die Zuständigkeit des Königreichs Spanien berufen.

3. Schließlich ist die Abschiebung des Klägers nach Spanien auch rechtlich zulässig. Es sind nach der gegenwärtigen Auskunftslage keine Umstände für einen Ausnahmefall erkennbar, die eine Überstellung des Klägers nach Spanien verbieten könnten. Die Beklagte ist daher auch aus diesen Gründen nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts verpflichtet. Systemische Mängel, die eine solche Zuständigkeit begründen würden, sind nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen bei der Durchführung von Asylverfahren in Spanien derzeit nicht erkennbar.

Eine so genannte verfassungskonforme Reduktion des § 34 a AsylVfG ist jedoch für den Fall vorzunehmen, dass sich aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme aufdrängt, dass ein Asylbewerber von einem Sonderfall betroffen ist, der von dem im Grundsatz verfassungskonformen Konzept der „normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“, das den Bestimmungen der Art. 16 a Abs. 2 GG und §§ 26 a, 27 a, § 34 a AsylVfG zugrunde liegt, abweicht (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49). Zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes kann danach ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ausnahmsweise begründet sein, wenn in dem zuständigen Drittstaat, in welchen der Asylbewerber zurückgeführt werden soll, die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt werden bzw., wenn es ernst zu nehmende, durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in diesem Mitgliedsstaat in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz vor Verfolgung gewährt wird. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit beispielhaft Sonderfälle gebildet, wie etwa den Fall einer im Drittstaat drohenden Todesstrafe und andere Ausnahmesituationen; ein solcher Sonderfall läge auch dann vor, wenn die Gefahr bestünde, dass der Drittstaat sich des Flüchtlings ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen könnte.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs muss grundsätzlich die Vermutung gelten, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Richtlinie sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411 und C-493/10 - NVwZ 2012, 417). Das bedeutet, dass erst dann, wenn sich der betreffende Mitgliedstaat von der nach dem erwähnten Konzept als generell eingehalten zu vermutenden Verpflichtung gelöst hat, also die allgemein europaweit vereinbarten Mindeststandards aufgrund von innerstaatlichen systemischen Mängeln des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen nicht mehr gewährleistet bzw. gewährleisten kann, für den Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat, in den er zurückgeführt werden soll, kein hinreichender Schutz (mehr) besteht.

Nach dem Art. 16 a Abs. 2 GG, §§ 26 a, 27 a, 34 a AsylVfG zugrunde liegenden Konzept der sog. normativen Vergewisserung ist davon auszugehen, dass u. a. in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (sog. sichere Drittstaaten) die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK) vom 28. Juli 1951 (BGBl 1953 II S. 560) und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685, 953) sichergestellt ist und daher dort einem Asylsuchenden keine politische Verfolgung droht oder unzumutbare Bedingungen herrschen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend: BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -BVerfGE 94, 49 ff.) ergeben sich Hinderungsgründe für eine Abschiebung in einen derartigen Drittstaat ausnahmsweise dann, wenn der Asylsuchende individuelle konkrete Gefährdungstatbestände geltend machen kann, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts der normativen Vergewisserung von Verfassungs- und Gesetzes wegen berücksichtigt werden können und damit von vorneherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich heraus gesetzt sind. Dies ist - bezogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat - etwa dann der Fall, wenn sich die für die Qualifizierung des Drittstaats als sicher maßgeblichen Verhältnissen schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalls sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allerdings hohe Anforderungen zu stellen. Parallel dazu ist der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 21.12.2011 -C-411/10 und C-493/10 - NVwZ 2012, 417) zu entnehmen, dass Asylbewerber dann nicht an einen nach der Dublin III-VO an sich zuständigen Mitgliedsstaat überstellt werden dürfen, wenn nicht unbekannt sein kann, dass systematische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-Grundrechte-Charta ausgesetzt zu werden.

Derartige Verhältnisse sieht das Gericht zum entscheidungserheblichen gegenwärtigen Zeitpunkt für Spanien beim vorliegenden Sach- und Streitstand nicht. Systemische Mängel sind gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich der Verhältnisse im Königreich Spanien nicht erkennbar (vgl. VG Augsburg, B. v. 20.1.2014 - Au 7 S 14.30003 - nicht veröffentlicht; VG Augsburg, B. v. 20.6.2014 - Au 7 S 14.50078 - juris Rn. 19 ff.).

Die aktuell vorliegenden Erkenntnisse über die Situation von Asylbewerbern in Spanien belegen insgesamt, dass die Aufnahmebedingungen im Königreich Spanien dem grund- und menschenrechtlichen Standard durchaus genügen. Dies gilt auch hinsichtlich einer eventuell erforderlichen medizinischen Versorgung.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung des Conseil du Contentieux des Etrangers (Belgien) vom 20. November 2014, welche sich - soweit ersichtlich - insbesondere zur Situation illegal in die Konklaven Ceuta und Melilla eingereister Ausländer und deren Inhaftnahme verhält - was in vergleichbarer Weise überall in Europa, wenngleich unter abweichenden Bedingungen Standard ist - und damit gerade nicht die Lage von Asylantragstellern schildert. Der Kläger müsste nach Maßgabe seiner asylrechtlichen Mitwirkungs- und Darlegungslast (vgl. § 25 Abs. 1 und 2 AsylVfG) mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln glaubhaft machen, dass in Spanien systemische Mängel des Asylverfahrens gegeben sind, die in Bezug auf die konkrete Situation erwarten lassen, dass ihm dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erniedrigende und/oder unmenschliche Behandlung droht (vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris). Da den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln zur Lage in Spanien derartige Missstände gerade nicht zu entnehmen sind, geht das Gericht nicht vom Vorliegen systemischer Mängel im spanischen Asylsystem aus (vgl. auch VG Potsdam, B. v. 23.6.2014 - 6 L 551/14.A - juris Rn. 9 ff.; VG Aachen, B. v. 30.6.2014 - 4 L 398/14.A - juris Rn. 23 f.; VG Düsseldorf, B. v. 25.8.2014 - 13 L 1834/14.A - juris Rn. 31; VG München, B. v. 13.11.2014 - M 6 a S 14.50473 - juris Rn. 12).

Rechtliche Bedenken gegen die auf § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützte Anordnung der Rückführung des Klägers nach Spanien als dem nach § 27 a AsylVfG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigem Staat bestehen nicht. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen inlandsbezogener Abschiebungshindernisse vor.

Nach alledem bleibt die Klage wegen fehlender Rechtsverletzung des Klägers erfolglos. Sie war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b AsylVfG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 15. Mai 2015 - Au 5 K 15.50002

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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Tenor Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 9a K 4454/14.A des Antragstellers wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerich

Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 18. Sept. 2014 - 13 L 1785/14.A

bei uns veröffentlicht am 18.09.2014

Tenor Der Antrag und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt X.         aus N.      werden abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1Gründ

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 08. Sept. 2014 - 13 A 1347/14.A

bei uns veröffentlicht am 08.09.2014

Tenor Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 23. Mai 2014 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 25. Aug. 2014 - 13 L 1834/14.A

bei uns veröffentlicht am 25.08.2014

Tenor Der Antrag und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T.     aus L.       werden abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1Gründe:

Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 30. Juni 2014 - 4 L 398/14.A

bei uns veröffentlicht am 30.06.2014

Tenor Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1G r ü n d e 2Der Antrag, 3die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 16. Apr. 2014 - A 11 S 1721/13

bei uns veröffentlicht am 16.04.2014

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.Die Revisio

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 28. Feb. 2014 - A 12 K 383/14

bei uns veröffentlicht am 28.02.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Tatbestand   1 Der am … 1988 geborene Kläger ist gambischer Staatsangehöriger. Er reiste am 20.05.2013 - u.a. von Italien kommend - in das Bund

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 28. Feb. 2014 - 1 A 413/13

bei uns veröffentlicht am 28.02.2014

Tatbestand 1 Der Kläger, nach eigenen Angaben malischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen eine Verfügung der Beklagten vom 24.09.2013, durch die seine Abschiebung nach Spanien angeordnet worden ist. 2 Er ist u. a. über Spanien am 28.01.20

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 21. Feb. 2014 - 10 A 10656/13

bei uns veröffentlicht am 21.02.2014

Diese Entscheidung wird zitiert Diese Entscheidung zitiert Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 22. Mai 2013 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger. D

Verwaltungsgericht Trier Urteil, 18. Mai 2011 - 5 K 198/11.TR

bei uns veröffentlicht am 18.05.2011

Diese Entscheidung wird zitiert Tenor 1. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2011 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Klägerin und die Beklagte haben die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tr
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 15. Mai 2015 - Au 5 K 15.50002.

Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 12. Feb. 2015 - Au 5 S 15.50065

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Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 21. Jan. 2015 - Au 5 S 15.50003

bei uns veröffentlicht am 21.01.2015

Tenor I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 5. Januar 2015 gegen die im Bescheid des Bundesamtes vom 18. Dezember 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung nach S. wird abgelehnt. II. Der Antragstel

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 23. Nov. 2015 - AN 14 K 15.50296

bei uns veröffentlicht am 23.11.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand Die Klägerin, geboren am ... 1976, ist iranische Staatsangehörige. Nach eigene

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. Aug. 2015 - 1 A 11020/14

bei uns veröffentlicht am 05.08.2015

Tenor Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 14. August 2014 – 2 K 426/14.TR – wird der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 14. Februar 2014 aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens beider Rechts

Referenzen

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

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Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2011 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin und die Beklagte haben die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die am 3. Dezember 2010 in Deutschland geborene Klägerin, die nach Angaben ihrer Eltern somalische Staatsangehörige ist, wendet sich gegen eine Abschiebungsanordnung der Beklagten und begehrt außerdem die sachliche Prüfung eines von ihr in Deutschland gestellten Asylantrags.

2

Am 30. August 2010 stellten die sich zu dieser Zeit in der Aufnahmeeinrichtung Trier aufhaltenden Eltern der Klägerin bei der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Trier (Bundesamt) Asylanträge, die die Beklagte mit Bescheiden vom 11. November 2010 dahingehend beschied, dass die Asylanträge unzulässig seien, weil gemäß Art. 20 Abs. 1c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 Italien seit dem 6. Oktober 2010 für die Bearbeitung der Asylanträge zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe für eine Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 lägen nicht vor. Die sofort vollziehbare Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

3

Gegen diese Bescheide haben die Eltern der Klägerin die unter den Aktenzeichen 5 K 1461/10.TR und 1462/10.TR geführten Klagen bei dem erkennenden Gericht erhoben, die mit Urteilen vom 18. Mai 2011 abgewiesen hat. In den Entscheidungsgründen dieser Urteile ist ausgeführt, dass die Klagen unzulässig seien, weil sie verfristet erhoben worden seien.

4

Für die Klägerin wurde mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 15. Dezember 2010, der am 16. Dezember 2010 der Beklagten zuging, ebenfalls ein Asylantrag gestellt. Zur Begründung dieses Asylantrags wird ausgeführt, dass der Asylantrag aus humanitären Gründen in Deutschland beschieden werden müsse, weil in Italien die Existenz der Klägerin nicht gesichert sei. Zwar sei ihren Eltern nach ihrer Ankunft in Italien dort ein Aufenthaltsstatus gewährt worden. Da ihre Eltern aber keine Unterkunft und keine Sozialleistungen erhalten hätten, seien sie nach Deutschland gekommen, um hier Asyl zu erhalten. Von daher könne auch sie selbst nicht auf ein Asylverfahren in Italien verwiesen werden. In Somalia drohe ihr - gegen den Willen ihrer Eltern - die Beschneidung durch die Großmutter mütterlicherseits.

5

Mit am 7. Februar 2011 zugestelltem Bescheid vom 10. Januar 2011 stellte das Bundesamt sodann fest, dass der bereits gemäß § 14a Asylverfahrensgesetz - AsylVfG - kraft Gesetzes als gestellt geltende Asylantrag der Klägerin unzulässig sei, weil er untrennbar mit den Asylanträgen der Eltern verbunden sei und daher auch insoweit Italien für eine Bearbeitung des Asylantrags zuständig sei. Deutschland sei verpflichtet, die Überstellung der Klägerin innerhalb von sechs Monaten nach Zustimmung durchzuführen.

6

Am 15. Februar 2011 hat die Klägerin alsdann Klage erhoben, zu deren Begründung sie unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens vorträgt, dass in Italien nicht sichergestellt sei, dass die Familie zusammenbleiben und eine hinreichende Existenzgrundlage erhalten könne. Ihnen drohe Armut und Obdachlosigkeit, so dass das Asylverfahren in Deutschland durchzuführen sei.

7

Die Klägerin beantragt,

8

den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Asylantrag der Klägerin nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 VO/EG) Nr. 343/2003 in Deutschland zu prüfen.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Sie ist der Auffassung, dass Italien für die Bearbeitung des gestellten Asylantrags zuständig und dort eine hinreichende Versorgung der Klägerin sichergestellt sei.

12

Mit Beschluss vom 25. Februar 2011 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten, die die Klageverfahren der Eltern der Klägerin betreffenden Prozessakten 5 K 1461/10.TR und 1462/10.TR des erkennenden Gerichts sowie die sämtliche genannten Verfahren betreffenden Verwaltungsvorgänge, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

14

Die Klage ist insoweit, als sie auf Aufhebung des Bescheides vom 10. Januar 2011 gerichtet ist, als Anfechtungsklage zulässig und begründet, hinsichtlich des weitergehenden Verpflichtungsbegehrens ist die Klage unzulässig.

15

Rechtgrundlage für die Entscheidung der Beklagten über die Feststellung der Unzulässigkeit des Asylantrags ist in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich § 27a AsylVfG in Verbindung mit § 31 Abs. 1 AsylVfG, wobei eine mit diesem Ausspruch verbundene Abschiebungsanordnung regelmäßig ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG findet. Nach der zuerst genannten Bestimmungen ist ein in Deutschland gestellter Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

16

Dabei ist ein isoliertes Aufhebungsbegehren gegen die Unzulässigkeitsentscheidung statthaft, da die Entscheidungen nach §§ 27a und 34a Abs. 1 AsylVfG Verwaltungsakte im Sinne des § 42 Abs. 1 VwGO darstellen, wobei bei dem Verfahrenshindernis des § 27a AsylVfG die im Fall eines Verpflichtungsbegehrens ansonsten nicht zulässige isolierte Aufhebung ausnahmsweise ausreichend ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Antrags führt (vgl. VG Karlsruhe Urteil vom 3. März 2010 - A 4 K 4052/08 - unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264/94 -, beide veröffentlicht bei juris).

17

Vorliegend hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 10. Januar 2011 zwar zutreffend festgestellt, dass Italien der für die Bearbeitung des Asylverfahrens der Klägerin zuständige Staat ist, denn gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 ist die Situation eines in Deutschland geborenen und noch minderjährigen Kindes eines Asylbewerbers untrennbar mit der seiner Eltern verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedstaates, der für die Prüfung des Asylantrags der Eltern zuständig ist. Für die Prüfung von Asylanträgen der Eltern der Klägerin war zunächst gemäß Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 Italien zuständig, da die Eltern dort erstmals die Grenzen eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft illegal überschritten haben. Auch hat ihnen Italien in der Folgezeit - wie die Eltern in der mündlichen Verhandlung vor Gericht ausgeführt haben - Aufenthaltspapiere ausgestellt, so dass Italien gemäß Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 auch für eine Bearbeitung der von ihnen unter dem 30. August 2010 in Deutschland gestellten Asylanträge zuständig war.

18

Allerdings entspricht der Bescheid vom 10. Januar 2011 nicht den Anforderungen des Art. 19 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 und stellt sich von daher als insgesamt rechtswidrig dar. Nach der genannten Bestimmung hat die Beklagte die Entscheidung, einen Asylantrag nicht zu prüfen und den Asylbewerber an den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen, zu begründen und die Frist für die Durchführung der Überstellung anzugeben. Vorliegend hat die Beklagte in ihrem Bescheid zwar die Nichtprüfung des Asylverfahrens begründet, indessen keine konkrete Frist für die Überstellung der Klägerin nach Italien angegeben. Vielmehr wird lediglich ausgeführt, die Überstellung der Klägerin sei innerhalb von sechs Monaten nach Zustimmung durchzuführen. Diese Angaben sind indessen zum einen zu unbestimmt. Sie lassen nämlich nicht erkennen, auf welche Zustimmung abgestellt wird und wann sie erteilt wurde, so dass die Klägerin dem Bescheid nicht entnehmen kann, ab welchem datumsmäßig zu bezeichnenden Zeitpunkt die Sechsmonatsfrist laufen soll. Zum anderen wäre eine Frist von sechs Monaten nach Zustimmung nur dann mit der in Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 normierten Untrennbarkeit der Situation der Klägerin von derjenigen ihrer Eltern zu vereinbaren, wenn auf die Zustimmung in Bezug auf eine Überstellung der Eltern abgestellt worden wäre, was indessen dem Bescheid - wie bereits ausgeführt - ebenfalls nicht zu entnehmen ist. Hinzu kommt, dass Art. 4 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 ausdrücklich vorsieht, dass für Kinder in der Situation der Klägerin kein neues Zuständigkeitsverfahren eingeleitet werden muss, so dass auch von daher nicht ersichtlich ist, ab wann die Frist berechnet werden soll.

19

All dies hat zur Folge, dass sich die Unzulässigkeitsentscheidung und auch die Abschiebungsanordnung der Beklagten als insgesamt rechtswidrig darstellen, denn die Fristbestimmung ist zwingende Voraussetzung für die Unzulässigkeitsentscheidung und die sich aus ihr ergebende Abschiebungsanordnung. Da gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 die Zuständigkeit zur Bearbeitung eines Asylantrags wieder auf den Mitgliedstaat übergeht, in dem der Asylantrag gestellt wurde, wenn die Überstellung nicht innerhalb einer nach Art. 19 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 zu berechnenden Frist von sechs Monaten erfolgt ist, kann die Unzulässigkeitsentscheidung nicht von der Überstellung und damit auch der Abschiebungsanordnung getrennt werden, so dass die Entscheidungen rechtlich als Einheit betrachtet werden müssen.

20

Von daher ist die Klage insoweit begründet, als die Klägerin die Aufhebung des ergangenen Bescheides erstrebt.

21

Keinen Erfolg kann die Klage indessen insoweit haben, als die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zur sachlichen Prüfung ihres Asylantrags begehrt, denn insoweit steht ihr von vornherein kein Rechtsschutzinteresse für ihr diesbezügliches Begehren zur Seite.

22

Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob Italien auch heute noch für eine Bearbeitung des Asylverfahrens der Eltern der Klägerin - und damit auch ihres eigenen Asylantrags - zuständig ist oder ob insoweit die Zuständigkeit gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 wieder auf Deutschland übergegangen ist. Dies erscheint deshalb problematisch, weil zwischenzeitlich zwar die Sechsmonatsfrist des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 verstrichen ist, die Beklagte aber ihre erneute Zuständigkeit bestreitet und die Frage, ob gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 aufgrund einer von der Beklagten behaupteten "Flüchtigkeit" der Eltern eine Fristverlängerung eingetreten ist, bereits deshalb fraglich erscheint, weil eine "Flüchtigkeit" der Eltern jedenfalls bislang wohl kaum nachgewiesen ist. Hinzu kommt, dass die Frage, durch welche Verfahrenshandlungen eine Fristverlängerung bewirkt wird, in der Rechtsprechung divergierend beantwortet wird (vgl. zu letzterem: VG Berlin, Beschluss vom 13. Januar 2011 - 33 L 530.10 A - mit weiteren Nachweisen, juris). Die Problematik muss indessen im vorliegenden Verfahren nicht beantwortet werden, denn aufgrund der in Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 normierten Untrennbarkeit der Situation der Klägerin von der ihrer Eltern kommt bei ihr von vornherein kein eigenständiger Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens in Betracht. Vielmehr kann sie nur dann eine sachliche Prüfung eines Asylantrags in Deutschland verlangen, wenn ihre Eltern ebenfalls einen Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland haben. Dies ist indessen im vorliegenden Verfahren nicht inzident zu prüfen. Vielmehr muss sich die Klägerin insoweit darauf verweisen lassen, dass sie aufgrund der europarechtlichen Vorgaben am asylrechtlichen Schicksal ihrer Eltern teil hat, so dass für sie nur dann in Deutschland ein Asylverfahren durchzuführen ist, wenn ihre Eltern für sich einen entsprechenden Anspruch mit Erfolg geltend machen.

23

Von daher kann die Klage in Bezug auf das Verpflichtungsbegehren keinen Erfolg haben.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.

25

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 9a K 4454/14.A des Antragstellers wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 23. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


G r ü n d e :

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Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 9a K 4454/14.A des Antragstellers wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Der am … 1988 geborene Kläger ist gambischer Staatsangehöriger. Er reiste am 20.05.2013 - u.a. von Italien kommend - in das Bundesgebiet ein und beantragte am 11.06.2013 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Dabei teilte er mit, dass er bereits in Italien erfolglos ein Asylverfahren betrieben habe, weshalb er nunmehr nach Deutschland weitergereist sei („I was already in Italy, after my asyl application, my case was rejected by the Italian government, that’s wyh I came in Germany to try my chance“).
Nach entsprechendem EURODAC-Treffer (registrierter Asylantrag in Italien am 27.08.2011) ersuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 14.11.2013 bei der italienischen Dublin-Koordinierungsstelle um die Wiederaufnahme des Klägers. Die Anfrage wurde am 16.12.2013 wiederholt. Nachdem die italienische Dublin-Koordinierungsstelle keine Antwort erteilte, lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 15.01.2014 den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Italien an. Der Bescheid wurde dem Kläger am 18.01.2014 zugestellt.
Am 28.01.2014 hat er diesbezüglich beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und sich zur Begründung im Wesentlichen auf systemische Mängel im italienischen Asylverfahren berufen.
Der Kläger beantragt sachdienlich,
den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 15.01.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ein Asylverfahren durchzuführen sowie ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG zuzuerkennen;
hilfsweise: die Beklagte zu verpflichten, ihm den (subsidiären) Schutzstatus nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen;
höchst hilfsweise: die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass ein (komplementäres) Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Gründe des angefochtenen Bescheids.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter erklärt.
10 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die dem Gericht vorliegenden Akten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
11 
Soweit sich der Klageantrag auf ein Verpflichtungsbegehren bezieht, ist die Klage schon unzulässig. Denn der Kläger hat keine überlange Verfahrensdauer im Sinne des Art. 47 GRCh gerügt, die auch nicht ersichtlich ist, weswegen ihm von vorneherein kein Anspruch auf „Durchentscheiden“ zustehen kann (hierzu III.), es also insoweit an der Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO fehlt. Bezüglich des Anfechtungsbegehrens hingegen ist die Klage zulässig, weil sich der Kläger auf ihn betreffende systemische Mängel im italienischen Asylverfahren beruft, sodass insoweit die Verletzung eigener Rechte aus Art. 4 GRCh möglich erscheint.
12 
Selbst wenn aber nicht nur das Anfechtungs-, sondern auch das Verpflichtungsbegehren als zulässig angesehen würde, ist die Klage in jedem Fall insgesamt unbegründet. Denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung seines Asylverfahrens im Bundesgebiet sowie auf die geltend gemachten Rechtspositionen (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO). Ob im konkreten Fall das italienische Asylverfahren tatsächlich durch ablehnenden Bescheid bestandskräftig negativ abgeschlossen wurde, ist nicht hinreichend ersichtlich (nur: „my case was rejected by the Italian government“). Es kann im Ergebnis aber offen bleiben, ob ein Zweitantrag im Sinne von § 71a AsylVfG vorliegt oder der Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG unzulässig ist. In beiden Fällen ist Italien für die Fortführung des Asylverfahrens zuständig im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (- GEAS -; hierzu: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., Vorb-AsylVfG Rn. 20 ff., sowie Hoppe, Eilrechtsschutz gegen Dublin II-Überstellungen, 2013, S. 34 ff., m.w.N.). Die angefochtene Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG in der Fassung von Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (- Qualifikationsrichtlinie n.F. / QRL -) vom 28.08.2013 (BGBl I Nr. 54 v. 05.09.2013, 3474) ist gerichtlich nicht zu beanstanden.
I.
13 
Gemäß Art. 49 (Abs. 2) der Dublin III-Verordnung 604/2013/EU (- Dublin III-VO -) ist für vor dem 19.07.2013 in Deutschland gestellte (Alt-)Anträge auf internationalen Schutz (i.S. von Art. 2 lit. h QRL: Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiären Schutzes) weiterhin die Dublin II-Verordnung 343/2003/EG (- Dublin II-VO -) anwendbar. Für (Neu-)Anträge ab 01.01.2014 gilt hingegen ausschließlich die Dublin III-VO. Für Anträge im Übergangszeitraum 19.07.2013 bis 31.12.2013 gilt grundsätzlich bereits die Dublin III-VO, nicht jedoch hinsichtlich der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats, die weiterhin nach den Kriterien der Dublin II-VO erfolgt. Sämtliche Regelungen, die die Zuständigkeit eines bestimmten Mitgliedstaats für den Antrag normieren, sind für diese Übergangsfälle - nach Sinn und Zweck des Art. 49 (Abs. 2) Dublin III-VO (Verwaltungsvereinfachung auch bezüglich der verwendeten Formulare etc. im Übergangszeitraum ab Inkrafttreten der erst am 29.06.2013 veröffentlichten Dublin III-VO) - weiterhin der Dublin II-VO zu entnehmen. In deren Kapitel III ist die „Rangfolge“ der Kriterien geregelt; zu dieser Rangfolge gehören untrennbar die sonstigen Dublin II-Regelungen (insbesondere Kapitel V, in dem die Dublin II-VO etwa bei Fristablauf ebenfalls Zuständigkeitskriterien normiert). Dass Kapitel III der Dublin III-VO nunmehr die „Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats“ begrifflich enger fasst, spielt keine Rolle. Denn Art. 49 (Abs. 2) Dublin III-VO verweist ausdrücklich und pauschal auf die Kriterien der (eigentlich gemäß Art. 48 Dublin III-VO aufgehobenen) Dublin II-VO.
14 
Die Dublin II-VO ist im Übrigen (derzeit) weiterhin anwendbar bezüglich der Länder Norwegen, Island, Schweiz, Liechtenstein und Dänemark, die sich (bislang) nicht am Dublin III-System beteiligen.
15 
Die Dublin-Verordnungen dürften im Übrigen nicht nur bei bloßer Feststellung von subsidiärem Schutz, sondern selbst bei Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem anderen Dublin-Staat - jedenfalls analog - anwendbar sein (a.A. Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 11/2013, § 27a Rn. 34). Denn in diesen Fällen behält der andere Dublin-Staat nach Sinn und Zweck der Verordnungen grundsätzlich weiterhin die Flüchtlingsverantwortung, wie dies auch Art. 4 des Europäischen Übereinkommens über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge vom 16.10.1980 (BGBl 1994 II 2645) dokumentiert (vgl. Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 2 AsylVfG Rn. 6). Verstärkt wird dieser Ansatz durch die Regelung des Art. 24 Abs. 1 QRL, wonach anerkannte Flüchtlinge Anspruch auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels haben. Analog Art. 9 (i.V.m. Art. 2 lit. j) Dublin II-VO bzw. Art. 12 (i.V.m. Art. 2 lit. l) Dublin III-VO muss der Aussteller-Mitgliedstaat im Dublin-System für die Prüfung des erneuten Antrags auf internationalen Schutz (dem das Rechtsschutzbedürfnis fehlen dürfte) auch in der Zwischenzeit nach Flüchtlingsanerkennung und Titelausstellung zuständig sein. Alles andere wäre mit dem öffentlichen Beschleunigungsinteresse im Sinne einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates unvereinbar. Denn es kann nicht richtig sein, dass das Bundesamt oder die Asylgerichte - gegebenenfalls unter Beiziehung, Übersetzung und Auswertung der ausländischen Verwaltungsakten sowie nach Studium des jeweiligen nationalen Asylverwaltungsverfahrensrechtes - zur Aufklärung verpflichtet wären, ob der Antragsteller nun tatsächlich eigentlich bereits bestandskräftig anerkannt oder (teil-)abgelehnt wurde bzw. ob ihm die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer oder komplementärer Schutz zuerkannt worden ist. Jedenfalls dann, wenn der ersuchte Dublin-Staat im Dublin-Verfahren der (Wieder-)Aufnahme des Antragstellers zugestimmt hat, was er völker- bzw. unionsrechtlich auch ohne entsprechende Rechtspflicht darf, steht grundsätzlich im Sinne des § 34a Abs. 1 AsylVfG fest, dass die Abschiebung in diesen Staat durchgeführt werden kann. Der Einwand des Antragstellers, er sei dort aber schon anerkannt worden, kann den „effet utile“ der Dublin-Verordnungen nicht außer Kraft setzen.
16 
Im Falle des Klägers, der seinen (Alt-)Asylantrag in Deutschland am 11.06.2013 gestellt hat und bei dem unklar ist, ob sein italienisches Asylverfahren bestandskräftig beendet wurde, ist nach diesen Grundsätzen (weiterhin) die Dublin II-VO anwendbar. Da er vor Einreise in das Bundesgebiet nach dem EURODAC-Treffer sowie seinen eigenen Angaben in Italien bereits ein Asylverfahren durchlaufen hatte, bleibt Italien nach Art. 13 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II-VO für ihn zuständig und muss ihn nach Maßgabe des Art. 20 Dublin II-VO wieder aufnehmen. Demgemäß hat Italien die Möglichkeit, der Wiederaufnahme ausdrücklich zuzustimmen oder die Wiederaufnahme durch Stillschweigen zu akzeptieren. Nach Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO wird davon ausgegangen, dass Italien die Wiederaufnahme akzeptiert, wenn es nach einem EURODAC-Treffer nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab dem deutschen Ersuchen eine Antwort erteilt. Im Falle des Klägers hat das Bundesamt (erstmals) am 14.11.2013 die italienische Dublin-Koordinierungsstelle um die Wiederaufnahme des Klägers ersucht. Gemäß Art. 25 Abs. 1 Dublin II-VO steht mithin seit 29.11.2013 fest, dass Italien der Wiederaufnahme des Klägers zugestimmt hat. Damit steht zugleich auch bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung im Rechtssinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG seit 29.11.2013 insoweit fest, dass die Abschiebung des Klägers nach Italien durchgeführt werden kann.
II.
17 
Hiergegen kann der Kläger - unionsrechtlich - ausschließlich einwenden, im Zielstaat der Abschiebung bestünden systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der EU ausgesetzt zu werden. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) der Sache nach in seinem Urteil vom 10.12.2013 (Rs. C-394/12 ) entschieden und damit das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sowie seine eigene Rechtsprechung in den Urteilen und fortgeschrieben.
18 
1. Im Urteil der Großen Kammer vom 21.01.2011 (Beschw.-Nr. 30696/09) entschied der EGMR, dass eine Dublin-Überstellung von Belgien nach Griechenland aufgrund der dort herrschenden Haft- und Lebensbedingungen für Asylbewerber insbesondere gegen Art. 3 EMRK verstoßen hat.
19 
2. Der EuGH übertrug dies entsprechend Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GRCh im Urteil vom 21.12.2011 (Rs. C-411/10 und 493/10) unter Anwendung von Art. 4 GRCh (= Art. 3 EMRK) in das Unionsrecht und entwickelte hierbei den Begriff der „systemischen Mängel“ bzw. „Schwachstellen“ (vgl. heute: Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO). Herrschen in einem Dublin-Staat solche systemischen Mängel im Asylsystem, was Asylbehörde und gegebenenfalls Asylgericht selbst prüfen müssen und wobei die Darlegungsanforderungen an den Antragsteller nicht überspannt werden dürfen (vgl. UK Supreme Court, Urteil vom 19.02.2014 - EM (Eritrea) v SSHD 2014] UKSC 12 - http://supremecourt.uk/decided-cases/docs/UKSC_2012_0272_Judgment.pdf), darf der Asylbewerber dorthin nicht rücküberstellt werden (Rn. 112 f.). Eine unwiderlegbare Vermutung, dass in keinem Dublin-Staat systemische Mängel existieren, widerspricht - trotz des „Prinzips des gegenseitigen Vertrauens“ und dem politischen Ziel, „forum shopping“ zu vermeiden - Unionsrecht (Rn. 79, 104). Abstrakt definiert setzt die Annahme eines systemischen Mangels allerdings keine „flächendeckende Fehlfunktion im Asylsystem“ im Sinne von „griechischen Verhältnissen“ voraus, sondern eine Schwachstelle, Fehlstruktur oder strukturelle Lücke, die im Sinne einer ceteris paribus notwendigen, aber nicht notwendig hinreichenden Bedingung für Fälle, die diese Asylsystemstelle durchlaufen, zu Rechtsverletzungen führt - dies in Abgrenzung und Gegenüberstellung zu Rechtsverletzungen, die (nur) aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände entstehen (überzeugend: Lübbe, „Systemische Mängel“ in Dublin-Verfahren, ZAR 3/2014, i.E.). Solche Rechtsverletzungen müssen jedoch hinreichend gravierend sein, denn nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den Dublin-Zielstaat führt zur Unbeachtlichkeit der Dublin-Zuständigkeitsbestimmungen (Rn. 82).
20 
Vorliegen muss vielmehr eine Verletzung von Art. 4 GRCh, die in Betracht kommen kann etwa hinsichtlich willkürlicher Haft oder katastrophaler Lebensbedingungen für Asylbewerber () oder wenn etwa aufgrund erheblicher Erkrankung und Nichtbehandelbarkeit im Dublin-Zielstaat dort der in Art. 15 der Aufnahme-RL 2003/9/EG garantierte medizinische Mindeststandard („Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten“) gefährlich unterschritten wäre (im Ergebnis ebenso: UK Supreme Court, a.a.O. Rn. 58 ff). Ausschließlich in solchen Fällen darf das Dublin-System außer Kraft gesetzt werden, auch um einen Wertungswiderspruch hinsichtlich der Art. 3 EMRK-Rechtsprechung des EGMR zu vermeiden (vgl. Urteil vom 27.05.2008 , Beschwerde Nr. 26565/05, NVwZ 2008, 1334). Denn wegen der Unteilbarkeit der Menschenwürde, die hinter Art. 4 GRCh = Art. 3 EMRK steht, kann es schlechterdings nicht richtig sein, dass die Abschiebung in den Heimatstaat - hier Gambia - hiernach zulässig wäre, obwohl dort etwa keinerlei Unterbringung gesichert ist, die Abschiebung in den Dublin-Staat - hier Italien - hingegen nach dem Maßstab desselben Menschenrechtes etwa bei gesicherter, aber schlechter Unterbringung unzulässig sein soll. Dies wäre auch mit der effet utile-Rechtsprechung des EuGH unvereinbar, der im Urteil „N.S.“ bekräftigt, dass hinsichtlich des effektiven Funktionierens des Dublin-Systems „der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, das auf gegenseitigem Vertrauen und einer Vermutung der Beachtung des Unionsrechts, genauer der Grundrechte, durch die anderen Mitgliedstaaten gründet“, auf dem Spiel stehen (Rn. 83).
21 
3. In Fortschreibung dieser Entscheidung entschied der EuGH sodann im Urteil am 14.11.2013 (Rs. C-4/11), dass bei Vorliegen systemischer Mängel, die beim konkreten Asylbewerber zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh führen, der eigentlich nicht zuständige Dublin-Staat zunächst weiter prüfen darf, ob anhand der Dublin-Regelungen ein anderer Dublin-Staat für eine Überstellung in Frage kommt (Rn. 33). Dabei hat der eigentlich nicht zuständige Dublin-Staat darauf zu achten, dass kein unangemessen langes Verfahren entsteht. Erforderlichenfalls sollte er den Asylantrag unter Inanspruchnahme des mitgliedstaatlichen Selbsteintrittsrechts (vgl. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO; Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) selbst prüfen (Rn. 35). Der EuGH stellte allerdings ausdrücklich klar, dass der Asylbewerber hierauf keinen Rechtsanspruch besitzt (Rn. 26, 37). Damit hat er zugleich der Sache nach klargestellt, dass ein Asylbewerber nur Anspruch darauf hat, dass sein Antrag auf internationalen Schutz auf dem Gebiet des „unvollendeten Bundesstaates EU“ geprüft wird, nicht aber darauf, dass er gerade in einem bestimmten Dublin-Staat eigener Wahl geprüft wird (kein „forum shopping“), genauso wenig, wie etwa ein Anspruch besteht, dass dies in Baden-Württemberg und nicht beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern geschieht. Indem der EuGH dem Selbsteintrittsrecht des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO die drittschützende Wirkung absprach, hat er zugleich angelegt, dass auch den anderen Dublin-Verfahrensvorschriften, insbesondere den Fristenregelungen, grundsätzlich keine drittschützende Wirkung zukommt.
22 
4. Dies wurde nunmehr im Urteil vom 10.12.2013 (Rs. C-394/12) klargestellt, in dem ausdrücklich nach dem Drittschutz von Dublin-Zuständigkeitsverfahrensvorschriften gefragt worden war. Der EuGH antwortete wiederum verneinend und in aller Klarheit, dass in dem Moment, in dem ein Dublin-Zielstaat der (Wieder-)Aufnahme des Asylbewerbers zugestimmt hat, dieser hiergegen ausschließlich dortige systemische Mängel einwenden kann, die in seinem konkreten Einzelfall zu einer Verletzung von Art. 4 GRCh führen würden (Rn. 60). Denn die Dublin-Zuständigkeitsregelungen seien im Sinne von „organisatorischen Vorschriften“ der Mitgliedstaaten (Rn. 56) und nach dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ normiert worden, um - auch wegen des öffentlichen Beschleunigungsinteresses hinsichtlich einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates - einem „forum shopping“ entgegenzuwirken (Rn. 53).
III.
23 
Damit steht nunmehr im Sinne eines „acte clair“ (genauer: „acte éclairé“) fest, dass sämtliche nicht grundrechtlich (wie Art. 6-8 Dublin II-VO bzw. Art. 8-11 Dublin III-VO) aufgeladenen Dublin-Zuständigkeitsregelungen vom Asylbewerber gerichtlich grundsätzlich nicht durchgesetzt werden können. Denn der EuGH hat in allen drei Leitentscheidungen zum Dublin-System der Sache nach pauschal insbesondere mit der Funktionsfähigkeit des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems argumentiert („Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“, „öffentliches Beschleunigungsinteresse“), sodass eindeutig ist, dass sich dies nicht nur auf die jeweilig spezifischen Normen der Dublin II-VO bezieht. Auch im Rahmen der nach Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar verbindlichen Dublin III-VO kann deshalb nichts anderes gelten. Ein Drittschutz für Dublin-Zuständigkeitsregelungen könnte allenfalls noch bei überlanger Verfahrensdauer gemäß dem über Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh hier direkt anwendbaren Art. 47 Satz 2 GRCh (vgl. Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl., Vorb-GRCh Rn. 1) anerkannt werden, um einen dauerhaft untätigen Mitgliedstaat zum Handeln zu zwingen, damit keine „refugee in orbit“-Situation entsteht. Nur in einer solchen Ausnahmekonstellation, die aufgrund der hintereinander geschalteten verschiedenen Wochen- und Monatsfristen der Dublin-Verordnungen sicherlich ein Untätigbleiben von weit über einem Jahr voraussetzt, könnte sich das private Beschleunigungsinteresse des Asylbewerbers an der inhaltlichen Bearbeitung seines Antrags gegenüber dem öffentlichen Beschleunigungsinteresse bezüglich der zeitnahen Klärung des für die Antragsbearbeitung nach den Dublin-Verordnungen zuständigen Staates durchsetzen.
24 
Ist diese Ausnahmekonstellation aber, wie im vorliegenden Fall, nicht gegeben, kann eine Klage allein mit dem Argument, etwa die Drei- bzw. Zwei-Monatsfrist des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO oder Art. 21 Abs. 1 bzw. 23 Abs. 2 Dublin III-VO sei verletzt worden, keinen Erfolg haben. Gleiches muss gelten, wenn die Sechs-Monatsfrist des Art. 19 Abs. 4 bzw. 20 Abs. 2 Dublin II-VO oder Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO abgelaufen ist (insoweit von überholt: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.08.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 13). Auch in diesem Fall kann eine Anfechtungsklage des Asylbewerbers unionsrechtlich allein dann Erfolg haben, wenn im Dublin-Zielstaat systemische Mängel vorliegen, die im konkreten Einzelfall zu einer Verletzung von Art. 4 GRCh führen würden. Dann müsste der angefochtene Bescheid des Bundesamts aufgehoben werden, damit dem Bundesamt die im Urteil (Rn. 33) beschriebene (und nun in Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO normierte) Möglichkeit eingeräumt wird, auf den dann weiter anhängigen Asylantrag einen anderen Dublin-Zielstaat für die Rücküberstellung zu finden bzw. vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.
25 
Ein „Durchentscheiden“ zum (vom Bundesamt, anders als bei Folgeanträgen, nicht einmal angeprüften) Asyl- und Flüchtlingsrecht bzw. subsidiären oder komplementären Schutz im Sinne der Folgeantragsrechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.12.2000 - 9 B 426.00 - juris) scheidet hingegen aus, weil ansonsten entgegen dem Urteil unionsrechtswidrig dem Asylbewerber doch ein gerichtlich durchsetzbares Recht auf Selbsteintritt eingeräumt (insoweit von überholt: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - juris Rn. 27/30) und dem Bundesamt die Möglichkeit, einen anderen (auch „freiwillig“) aufnehmenden Dublin-Staat zu finden, abgeschnitten würde. Zudem würde hierdurch das Gericht unter Verstoß gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz zur „Erstbehörde“ gemacht. Solange also die Zustimmung eines Dublin-Zielstaates (faktisch fort-)besteht, den Asylbewerber wieder aufzunehmen (und diese Zustimmung nicht etwa befristet war oder wegen Fristablaufs vom Dublin-Zielstaat inzwischen widerrufen worden ist) sowie in diesem Zielstaat keine systemischen Mängel mit der Folge der Art. 4 GRCh-Verletzung bestehen, solange kann die Klage - unionsrechtlich - keinen Erfolg haben. Diese Zustimmung kann vom Zielstaat nach dem Dublin-System verwaltungstechnisch ausdrücklich oder stillschweigend im Sinne einer Fiktion erteilt worden sein (vgl. Art. 20 Abs. 1 Dublin II-VO bzw. Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO).
26 
Im Falle des Klägers ist es hier deshalb ohne entscheidungserhebliche Relevanz, dass das Bundesamt die Drei-Monatsfrist des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO verletzt hat (Asylantrag am 11.06.2013; Überstellungsersuchen erst am 14.11.2013). Denn Italien hat seiner Rücküberstellung (mittels Fiktion) gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO seit 29.11.2013 (stillschweigend) zugestimmt.
IV.
27 
Die Klage des Asylbewerbers könnte in dieser Konstellation allenfalls dann - nach nationalem Recht - Erfolg haben, wenn die Rücküberstellung aufgrund inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse unmöglich ist, etwa weil aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung keine Transportfähigkeit, d.h. Reisefähigkeit im engeren Sinne (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.02.2008 - 11 S 2439/07 - juris Rn. 8), besteht. Denn dann steht im Sinne von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, d.h. die Abschiebungsanordnung ist rechtswidrig. Das Bundesamt hat im Falle der Abschiebungsanordnung also nicht nur - unionsrechtlich - (Dublin-)zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne von systemischen Mängeln i.V.m. Art. 4 GRCh zu prüfen, sondern (ausnahmsweise) auch - nationalrechtlich - inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse (ausführlich: Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 11/2013, § 34a Rn. 22). Diese Grundregel ist trotz der prozessualen Neuerungen des Art. 27 Abs. 3 lit. c Dublin III-VO bzw. § 34a Abs. 2 AsylVfG auch unter dem Rechtsregime der Dublin III-VO beizubehalten, um das öffentliche Beschleunigungsinteresse hinsichtlich der zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates nicht durch gegebenenfalls unkoordinierte Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO bezüglich der Abschiebungsanordnung gegenüber dem Bundesamt einerseits und nach § 123 VwGO bezüglich Vollstreckungshindernissen gegenüber der Ausländerbehörde andererseits zu konterkarieren.
28 
Im Falle des verhältnismäßig jungen und offenbar gesunden Klägers gibt es allerdings keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme von inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen.
V.
29 
Bezüglich des Dublin-Zielstaates Italien liegen nach Überzeugung des erkennenden Gerichts (jedenfalls derzeit) auch keine systemischen Mängel im Sinne der dargestellten EuGH-Rechtsprechung (mehr) vor. Durch Tatsachen bestätigte Gründe dafür, dass der junge und gesunde Kläger im italienischen Asylverfahren voraussichtlich im Sinne von Art. 4 GRCh „der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen wird“, lassen sich nicht erkennen. Der Kläger selbst hat solche Gründe aufgrund eigener Erfahrungen in Italien zwischen seinem dortigen Asylerstantrag wohl am 27.08.2011 und der Ausreise aus Italien im Frühjahr 2013 im Übrigen auch nicht ansatzweise vorgetragen. Seine Begründung für die Weiterreise nach Deutschland war vielmehr, „to try my chance“.
30 
Zur aktuellen Situation in Italien hat insbesondere das Verwaltungsgericht Würzburg in seinem Beschluss vom 03.02.2014 - W 6 S 14.30087 - (juris) Folgendes dargelegt:
31 
„Nach der Erkenntnislage ist nicht anzunehmen, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien systemische Mängel aufweisen. (…) Dabei ist festzuhalten, dass nicht schon jeder Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention oder jede Verletzung eines Grundrechts zur Bejahung systemischer Mängel führt. Auch der Umstand, dass in Italien die wirtschaftliche Situation oder die medizinische Versorgung für Asylsuchende schlechter sein mag als in der Bundesrepublik Deutschland, führt für sich nicht zur Annahme systemischen Mängel oder einer allgemeinen unmenschlichen Behandlung (vgl. VG Oldenburg, B.v. 21.1.2014 – 3 B 6802/13 – juris mit Bezug auf OVG LSA, B.v. 14.11.2013 – 4 L 44/13).
32 
Das Auswärtige Amt kommt etwa in seiner Stellungnahme vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt zu der Einschätzung, dass für Flüchtlinge in Italien landesweit ausreichende staatliche bzw. öffentliche und karitative Unterkunftsmöglichkeiten – bei teilweiser lokaler Überbelegung – zur Verfügung stehen, und insbesondere, dass alle Personen, die im Rahmen der Dublin-II-VO nach Italien zurückgeführt werden, in eine Unterkunft verteilt werden. Sie werden bei ihrer Ankunft am Flughafen empfangen, erkennungsdienstlich behandelt, einer Questura zugeteilt, von einer zuständigen Hilfsorganisation betreut und über den weiteren Verfahrensablauf unterrichtet (vgl. auch Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG NRW vom 11.09.2013).
33 
Soweit der vom Antragstellerbevollmächtigten zitierte Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Oktober 2013 erhebliche Missstände in Italien beschreibt, ebenso der UNHCR in einer Stellungnahme an das VG Freiburg vom Dezember 2013 (der daneben auch positive Aspekte honoriert), rechtfertigt dies nicht das Vorliegen von systemischen Mängeln, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, eine unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. allgemein EuGH, U.v. 10.12.2013 – C 394/12 – juris). Das Gericht verkennt nicht das Bestehen der in den vorliegenden Berichten dargestellten Missstände, auf die auch der Antragstellerbevollmächtigte hingewiesen hat. Aber weder dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe noch der Stellungnahme des UNHCR noch sonstigen Unterlagen ist es zurzeit im ausreichenden Maß zu entnehmen, dass ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen vorliegt bzw. dass das Asylverfahren und die Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern in Italien systemische Mängel aufweisen. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass der UNHCR weiterhin gerade keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, Asylsuchende nicht nach Italien zu überstellen. Dies ist deshalb von erheblicher Bedeutung, weil die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Mitgliedsstaat, der nach den Kriterien der Dublin-II-VO als zuständiger Staat bestimmt wird, angesichts der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens zu beachten ist, besonders relevant sind (vgl. EUGH, U.v. 30.5.2013 – C-528/11 – ABl EU 2013, Nr. C 225 S. 12 – juris). Soweit in Italien Missstände und Notstände aufgrund der stark gestiegenen Asylbewerberzahl festgestellt worden sind, sind sie dieser geschuldet und stellen als solche für sich keine systemischen Mängel dar. Allein aus dem Umstand, dass andere Verwaltungsgerichte jedenfalls im Sofortverfahren zu anderen Ergebnissen kommen, mag auf den zugrundeliegenden Prüfungsmaßstab zurückzuführen sein, belegt aber nicht das tatsächliche Vorhandensein von Mängeln im italienischen System.
34 
Die vorliegende Einschätzung deckt sich mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 2. April 2013 (27725/10 – ZAR 2013, 336). Der Hinweis des Antragstellerbevollmächtigten auf eine divergierende Rechtsauffassung der 5. Sektion des EGMR und die Befassung der Großen Kammer des EGMR rechtfertigt zurzeit keine andere Beurteilung. Die 3. Sektion des EGMR hat ihre Rechtsauffassung über die Einschätzung hinsichtlich der Situation von Asylsuchenden in Italien mit einer Entscheidung vom 10. September 2013 ausdrücklich bestätigt (2314/10 – http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-127054). Zudem ist auch in dem Zusammenhang zu betonen, dass tatsächlich bestehende Defizite im italienischen Asylsystem auch mit der Folge, dass die wirtschaftliche, die medizinische und die soziale Versorgung in Italien schlechter als in der Bundesrepublik Deutschland ist, nicht die Annahme systemischer Mängel oder einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention rechtfertigen. Denn an einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention sind strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. auch Thym, ZAR 2013, 331). Zudem ist nicht allein auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bzw. auf die Rechtsauffassung einer einzelnen Sektion abzustellen, sondern die gesamten Umstände des Einzelfalls sind zu würdigen.
35 
Das Gericht schließt sich nach alledem dem Teil der Rechtsprechung an, der systemische Mängel in Italien verneint und nimmt darauf ergänzend Bezug (vgl. zuletzt VG Oldenburg, B.v. 21.1.2014 – 3 B 6802/13 -; VG Regensburg, B.v. 18.12.2013 – RN 6 S 13.30720 – juris; VG Saarland, B.v. 6.12.2013 – 3 L 1989/13 – juris; VG Ansbach, B.v. 26.11.2013 – AN 1 S 13.31045 – juris; VG Trier, B.v. 6.11.2013 – 5 L 1539/13.TR – juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 17.6.2013 – OVG 7 S 33.13 – juris; a. A. etwa VG Gießen, U.v. 25.11.2013 – 1 K 844/11.GI.A – AuAS 2014, 12, jeweils mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung und den dort zitierten Erkenntnisquellen).“
36 
Auch das erkennende Gericht schließt sich dieser Bewertung des derzeitigen Asylsystems in Italien an. Besonderes Gewicht wird dabei dem Umstand beigemessen, dass UNHCR im Bericht vom Dezember 2013 (anders als im Falle Bulgariens, vgl. Bericht vom 02.01.2014 - http://www.refworld.org/docid/52c598354.html) und bis heute bezüglich Italien aufgrund auch der eigenen Überprüfungen vor Ort keinen Überstellungsstopp fordert.
37 
Nach alledem begegnet die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG keinen Bedenken, denn Italien ist, wie ausgeführt, der für die Fortführung des Asylverfahrens des Klägers zuständige Staat.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

Gründe

 
11 
Soweit sich der Klageantrag auf ein Verpflichtungsbegehren bezieht, ist die Klage schon unzulässig. Denn der Kläger hat keine überlange Verfahrensdauer im Sinne des Art. 47 GRCh gerügt, die auch nicht ersichtlich ist, weswegen ihm von vorneherein kein Anspruch auf „Durchentscheiden“ zustehen kann (hierzu III.), es also insoweit an der Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO fehlt. Bezüglich des Anfechtungsbegehrens hingegen ist die Klage zulässig, weil sich der Kläger auf ihn betreffende systemische Mängel im italienischen Asylverfahren beruft, sodass insoweit die Verletzung eigener Rechte aus Art. 4 GRCh möglich erscheint.
12 
Selbst wenn aber nicht nur das Anfechtungs-, sondern auch das Verpflichtungsbegehren als zulässig angesehen würde, ist die Klage in jedem Fall insgesamt unbegründet. Denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung seines Asylverfahrens im Bundesgebiet sowie auf die geltend gemachten Rechtspositionen (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO). Ob im konkreten Fall das italienische Asylverfahren tatsächlich durch ablehnenden Bescheid bestandskräftig negativ abgeschlossen wurde, ist nicht hinreichend ersichtlich (nur: „my case was rejected by the Italian government“). Es kann im Ergebnis aber offen bleiben, ob ein Zweitantrag im Sinne von § 71a AsylVfG vorliegt oder der Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG unzulässig ist. In beiden Fällen ist Italien für die Fortführung des Asylverfahrens zuständig im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (- GEAS -; hierzu: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., Vorb-AsylVfG Rn. 20 ff., sowie Hoppe, Eilrechtsschutz gegen Dublin II-Überstellungen, 2013, S. 34 ff., m.w.N.). Die angefochtene Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG in der Fassung von Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (- Qualifikationsrichtlinie n.F. / QRL -) vom 28.08.2013 (BGBl I Nr. 54 v. 05.09.2013, 3474) ist gerichtlich nicht zu beanstanden.
I.
13 
Gemäß Art. 49 (Abs. 2) der Dublin III-Verordnung 604/2013/EU (- Dublin III-VO -) ist für vor dem 19.07.2013 in Deutschland gestellte (Alt-)Anträge auf internationalen Schutz (i.S. von Art. 2 lit. h QRL: Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiären Schutzes) weiterhin die Dublin II-Verordnung 343/2003/EG (- Dublin II-VO -) anwendbar. Für (Neu-)Anträge ab 01.01.2014 gilt hingegen ausschließlich die Dublin III-VO. Für Anträge im Übergangszeitraum 19.07.2013 bis 31.12.2013 gilt grundsätzlich bereits die Dublin III-VO, nicht jedoch hinsichtlich der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats, die weiterhin nach den Kriterien der Dublin II-VO erfolgt. Sämtliche Regelungen, die die Zuständigkeit eines bestimmten Mitgliedstaats für den Antrag normieren, sind für diese Übergangsfälle - nach Sinn und Zweck des Art. 49 (Abs. 2) Dublin III-VO (Verwaltungsvereinfachung auch bezüglich der verwendeten Formulare etc. im Übergangszeitraum ab Inkrafttreten der erst am 29.06.2013 veröffentlichten Dublin III-VO) - weiterhin der Dublin II-VO zu entnehmen. In deren Kapitel III ist die „Rangfolge“ der Kriterien geregelt; zu dieser Rangfolge gehören untrennbar die sonstigen Dublin II-Regelungen (insbesondere Kapitel V, in dem die Dublin II-VO etwa bei Fristablauf ebenfalls Zuständigkeitskriterien normiert). Dass Kapitel III der Dublin III-VO nunmehr die „Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats“ begrifflich enger fasst, spielt keine Rolle. Denn Art. 49 (Abs. 2) Dublin III-VO verweist ausdrücklich und pauschal auf die Kriterien der (eigentlich gemäß Art. 48 Dublin III-VO aufgehobenen) Dublin II-VO.
14 
Die Dublin II-VO ist im Übrigen (derzeit) weiterhin anwendbar bezüglich der Länder Norwegen, Island, Schweiz, Liechtenstein und Dänemark, die sich (bislang) nicht am Dublin III-System beteiligen.
15 
Die Dublin-Verordnungen dürften im Übrigen nicht nur bei bloßer Feststellung von subsidiärem Schutz, sondern selbst bei Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem anderen Dublin-Staat - jedenfalls analog - anwendbar sein (a.A. Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 11/2013, § 27a Rn. 34). Denn in diesen Fällen behält der andere Dublin-Staat nach Sinn und Zweck der Verordnungen grundsätzlich weiterhin die Flüchtlingsverantwortung, wie dies auch Art. 4 des Europäischen Übereinkommens über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge vom 16.10.1980 (BGBl 1994 II 2645) dokumentiert (vgl. Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 2 AsylVfG Rn. 6). Verstärkt wird dieser Ansatz durch die Regelung des Art. 24 Abs. 1 QRL, wonach anerkannte Flüchtlinge Anspruch auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels haben. Analog Art. 9 (i.V.m. Art. 2 lit. j) Dublin II-VO bzw. Art. 12 (i.V.m. Art. 2 lit. l) Dublin III-VO muss der Aussteller-Mitgliedstaat im Dublin-System für die Prüfung des erneuten Antrags auf internationalen Schutz (dem das Rechtsschutzbedürfnis fehlen dürfte) auch in der Zwischenzeit nach Flüchtlingsanerkennung und Titelausstellung zuständig sein. Alles andere wäre mit dem öffentlichen Beschleunigungsinteresse im Sinne einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates unvereinbar. Denn es kann nicht richtig sein, dass das Bundesamt oder die Asylgerichte - gegebenenfalls unter Beiziehung, Übersetzung und Auswertung der ausländischen Verwaltungsakten sowie nach Studium des jeweiligen nationalen Asylverwaltungsverfahrensrechtes - zur Aufklärung verpflichtet wären, ob der Antragsteller nun tatsächlich eigentlich bereits bestandskräftig anerkannt oder (teil-)abgelehnt wurde bzw. ob ihm die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer oder komplementärer Schutz zuerkannt worden ist. Jedenfalls dann, wenn der ersuchte Dublin-Staat im Dublin-Verfahren der (Wieder-)Aufnahme des Antragstellers zugestimmt hat, was er völker- bzw. unionsrechtlich auch ohne entsprechende Rechtspflicht darf, steht grundsätzlich im Sinne des § 34a Abs. 1 AsylVfG fest, dass die Abschiebung in diesen Staat durchgeführt werden kann. Der Einwand des Antragstellers, er sei dort aber schon anerkannt worden, kann den „effet utile“ der Dublin-Verordnungen nicht außer Kraft setzen.
16 
Im Falle des Klägers, der seinen (Alt-)Asylantrag in Deutschland am 11.06.2013 gestellt hat und bei dem unklar ist, ob sein italienisches Asylverfahren bestandskräftig beendet wurde, ist nach diesen Grundsätzen (weiterhin) die Dublin II-VO anwendbar. Da er vor Einreise in das Bundesgebiet nach dem EURODAC-Treffer sowie seinen eigenen Angaben in Italien bereits ein Asylverfahren durchlaufen hatte, bleibt Italien nach Art. 13 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II-VO für ihn zuständig und muss ihn nach Maßgabe des Art. 20 Dublin II-VO wieder aufnehmen. Demgemäß hat Italien die Möglichkeit, der Wiederaufnahme ausdrücklich zuzustimmen oder die Wiederaufnahme durch Stillschweigen zu akzeptieren. Nach Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO wird davon ausgegangen, dass Italien die Wiederaufnahme akzeptiert, wenn es nach einem EURODAC-Treffer nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab dem deutschen Ersuchen eine Antwort erteilt. Im Falle des Klägers hat das Bundesamt (erstmals) am 14.11.2013 die italienische Dublin-Koordinierungsstelle um die Wiederaufnahme des Klägers ersucht. Gemäß Art. 25 Abs. 1 Dublin II-VO steht mithin seit 29.11.2013 fest, dass Italien der Wiederaufnahme des Klägers zugestimmt hat. Damit steht zugleich auch bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung im Rechtssinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG seit 29.11.2013 insoweit fest, dass die Abschiebung des Klägers nach Italien durchgeführt werden kann.
II.
17 
Hiergegen kann der Kläger - unionsrechtlich - ausschließlich einwenden, im Zielstaat der Abschiebung bestünden systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der EU ausgesetzt zu werden. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) der Sache nach in seinem Urteil vom 10.12.2013 (Rs. C-394/12 ) entschieden und damit das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sowie seine eigene Rechtsprechung in den Urteilen und fortgeschrieben.
18 
1. Im Urteil der Großen Kammer vom 21.01.2011 (Beschw.-Nr. 30696/09) entschied der EGMR, dass eine Dublin-Überstellung von Belgien nach Griechenland aufgrund der dort herrschenden Haft- und Lebensbedingungen für Asylbewerber insbesondere gegen Art. 3 EMRK verstoßen hat.
19 
2. Der EuGH übertrug dies entsprechend Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GRCh im Urteil vom 21.12.2011 (Rs. C-411/10 und 493/10) unter Anwendung von Art. 4 GRCh (= Art. 3 EMRK) in das Unionsrecht und entwickelte hierbei den Begriff der „systemischen Mängel“ bzw. „Schwachstellen“ (vgl. heute: Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO). Herrschen in einem Dublin-Staat solche systemischen Mängel im Asylsystem, was Asylbehörde und gegebenenfalls Asylgericht selbst prüfen müssen und wobei die Darlegungsanforderungen an den Antragsteller nicht überspannt werden dürfen (vgl. UK Supreme Court, Urteil vom 19.02.2014 - EM (Eritrea) v SSHD 2014] UKSC 12 - http://supremecourt.uk/decided-cases/docs/UKSC_2012_0272_Judgment.pdf), darf der Asylbewerber dorthin nicht rücküberstellt werden (Rn. 112 f.). Eine unwiderlegbare Vermutung, dass in keinem Dublin-Staat systemische Mängel existieren, widerspricht - trotz des „Prinzips des gegenseitigen Vertrauens“ und dem politischen Ziel, „forum shopping“ zu vermeiden - Unionsrecht (Rn. 79, 104). Abstrakt definiert setzt die Annahme eines systemischen Mangels allerdings keine „flächendeckende Fehlfunktion im Asylsystem“ im Sinne von „griechischen Verhältnissen“ voraus, sondern eine Schwachstelle, Fehlstruktur oder strukturelle Lücke, die im Sinne einer ceteris paribus notwendigen, aber nicht notwendig hinreichenden Bedingung für Fälle, die diese Asylsystemstelle durchlaufen, zu Rechtsverletzungen führt - dies in Abgrenzung und Gegenüberstellung zu Rechtsverletzungen, die (nur) aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände entstehen (überzeugend: Lübbe, „Systemische Mängel“ in Dublin-Verfahren, ZAR 3/2014, i.E.). Solche Rechtsverletzungen müssen jedoch hinreichend gravierend sein, denn nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den Dublin-Zielstaat führt zur Unbeachtlichkeit der Dublin-Zuständigkeitsbestimmungen (Rn. 82).
20 
Vorliegen muss vielmehr eine Verletzung von Art. 4 GRCh, die in Betracht kommen kann etwa hinsichtlich willkürlicher Haft oder katastrophaler Lebensbedingungen für Asylbewerber () oder wenn etwa aufgrund erheblicher Erkrankung und Nichtbehandelbarkeit im Dublin-Zielstaat dort der in Art. 15 der Aufnahme-RL 2003/9/EG garantierte medizinische Mindeststandard („Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten“) gefährlich unterschritten wäre (im Ergebnis ebenso: UK Supreme Court, a.a.O. Rn. 58 ff). Ausschließlich in solchen Fällen darf das Dublin-System außer Kraft gesetzt werden, auch um einen Wertungswiderspruch hinsichtlich der Art. 3 EMRK-Rechtsprechung des EGMR zu vermeiden (vgl. Urteil vom 27.05.2008 , Beschwerde Nr. 26565/05, NVwZ 2008, 1334). Denn wegen der Unteilbarkeit der Menschenwürde, die hinter Art. 4 GRCh = Art. 3 EMRK steht, kann es schlechterdings nicht richtig sein, dass die Abschiebung in den Heimatstaat - hier Gambia - hiernach zulässig wäre, obwohl dort etwa keinerlei Unterbringung gesichert ist, die Abschiebung in den Dublin-Staat - hier Italien - hingegen nach dem Maßstab desselben Menschenrechtes etwa bei gesicherter, aber schlechter Unterbringung unzulässig sein soll. Dies wäre auch mit der effet utile-Rechtsprechung des EuGH unvereinbar, der im Urteil „N.S.“ bekräftigt, dass hinsichtlich des effektiven Funktionierens des Dublin-Systems „der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, das auf gegenseitigem Vertrauen und einer Vermutung der Beachtung des Unionsrechts, genauer der Grundrechte, durch die anderen Mitgliedstaaten gründet“, auf dem Spiel stehen (Rn. 83).
21 
3. In Fortschreibung dieser Entscheidung entschied der EuGH sodann im Urteil am 14.11.2013 (Rs. C-4/11), dass bei Vorliegen systemischer Mängel, die beim konkreten Asylbewerber zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh führen, der eigentlich nicht zuständige Dublin-Staat zunächst weiter prüfen darf, ob anhand der Dublin-Regelungen ein anderer Dublin-Staat für eine Überstellung in Frage kommt (Rn. 33). Dabei hat der eigentlich nicht zuständige Dublin-Staat darauf zu achten, dass kein unangemessen langes Verfahren entsteht. Erforderlichenfalls sollte er den Asylantrag unter Inanspruchnahme des mitgliedstaatlichen Selbsteintrittsrechts (vgl. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO; Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) selbst prüfen (Rn. 35). Der EuGH stellte allerdings ausdrücklich klar, dass der Asylbewerber hierauf keinen Rechtsanspruch besitzt (Rn. 26, 37). Damit hat er zugleich der Sache nach klargestellt, dass ein Asylbewerber nur Anspruch darauf hat, dass sein Antrag auf internationalen Schutz auf dem Gebiet des „unvollendeten Bundesstaates EU“ geprüft wird, nicht aber darauf, dass er gerade in einem bestimmten Dublin-Staat eigener Wahl geprüft wird (kein „forum shopping“), genauso wenig, wie etwa ein Anspruch besteht, dass dies in Baden-Württemberg und nicht beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern geschieht. Indem der EuGH dem Selbsteintrittsrecht des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO die drittschützende Wirkung absprach, hat er zugleich angelegt, dass auch den anderen Dublin-Verfahrensvorschriften, insbesondere den Fristenregelungen, grundsätzlich keine drittschützende Wirkung zukommt.
22 
4. Dies wurde nunmehr im Urteil vom 10.12.2013 (Rs. C-394/12) klargestellt, in dem ausdrücklich nach dem Drittschutz von Dublin-Zuständigkeitsverfahrensvorschriften gefragt worden war. Der EuGH antwortete wiederum verneinend und in aller Klarheit, dass in dem Moment, in dem ein Dublin-Zielstaat der (Wieder-)Aufnahme des Asylbewerbers zugestimmt hat, dieser hiergegen ausschließlich dortige systemische Mängel einwenden kann, die in seinem konkreten Einzelfall zu einer Verletzung von Art. 4 GRCh führen würden (Rn. 60). Denn die Dublin-Zuständigkeitsregelungen seien im Sinne von „organisatorischen Vorschriften“ der Mitgliedstaaten (Rn. 56) und nach dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ normiert worden, um - auch wegen des öffentlichen Beschleunigungsinteresses hinsichtlich einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates - einem „forum shopping“ entgegenzuwirken (Rn. 53).
III.
23 
Damit steht nunmehr im Sinne eines „acte clair“ (genauer: „acte éclairé“) fest, dass sämtliche nicht grundrechtlich (wie Art. 6-8 Dublin II-VO bzw. Art. 8-11 Dublin III-VO) aufgeladenen Dublin-Zuständigkeitsregelungen vom Asylbewerber gerichtlich grundsätzlich nicht durchgesetzt werden können. Denn der EuGH hat in allen drei Leitentscheidungen zum Dublin-System der Sache nach pauschal insbesondere mit der Funktionsfähigkeit des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems argumentiert („Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“, „öffentliches Beschleunigungsinteresse“), sodass eindeutig ist, dass sich dies nicht nur auf die jeweilig spezifischen Normen der Dublin II-VO bezieht. Auch im Rahmen der nach Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar verbindlichen Dublin III-VO kann deshalb nichts anderes gelten. Ein Drittschutz für Dublin-Zuständigkeitsregelungen könnte allenfalls noch bei überlanger Verfahrensdauer gemäß dem über Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh hier direkt anwendbaren Art. 47 Satz 2 GRCh (vgl. Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl., Vorb-GRCh Rn. 1) anerkannt werden, um einen dauerhaft untätigen Mitgliedstaat zum Handeln zu zwingen, damit keine „refugee in orbit“-Situation entsteht. Nur in einer solchen Ausnahmekonstellation, die aufgrund der hintereinander geschalteten verschiedenen Wochen- und Monatsfristen der Dublin-Verordnungen sicherlich ein Untätigbleiben von weit über einem Jahr voraussetzt, könnte sich das private Beschleunigungsinteresse des Asylbewerbers an der inhaltlichen Bearbeitung seines Antrags gegenüber dem öffentlichen Beschleunigungsinteresse bezüglich der zeitnahen Klärung des für die Antragsbearbeitung nach den Dublin-Verordnungen zuständigen Staates durchsetzen.
24 
Ist diese Ausnahmekonstellation aber, wie im vorliegenden Fall, nicht gegeben, kann eine Klage allein mit dem Argument, etwa die Drei- bzw. Zwei-Monatsfrist des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO oder Art. 21 Abs. 1 bzw. 23 Abs. 2 Dublin III-VO sei verletzt worden, keinen Erfolg haben. Gleiches muss gelten, wenn die Sechs-Monatsfrist des Art. 19 Abs. 4 bzw. 20 Abs. 2 Dublin II-VO oder Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO abgelaufen ist (insoweit von überholt: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.08.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 13). Auch in diesem Fall kann eine Anfechtungsklage des Asylbewerbers unionsrechtlich allein dann Erfolg haben, wenn im Dublin-Zielstaat systemische Mängel vorliegen, die im konkreten Einzelfall zu einer Verletzung von Art. 4 GRCh führen würden. Dann müsste der angefochtene Bescheid des Bundesamts aufgehoben werden, damit dem Bundesamt die im Urteil (Rn. 33) beschriebene (und nun in Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO normierte) Möglichkeit eingeräumt wird, auf den dann weiter anhängigen Asylantrag einen anderen Dublin-Zielstaat für die Rücküberstellung zu finden bzw. vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.
25 
Ein „Durchentscheiden“ zum (vom Bundesamt, anders als bei Folgeanträgen, nicht einmal angeprüften) Asyl- und Flüchtlingsrecht bzw. subsidiären oder komplementären Schutz im Sinne der Folgeantragsrechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.12.2000 - 9 B 426.00 - juris) scheidet hingegen aus, weil ansonsten entgegen dem Urteil unionsrechtswidrig dem Asylbewerber doch ein gerichtlich durchsetzbares Recht auf Selbsteintritt eingeräumt (insoweit von überholt: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - juris Rn. 27/30) und dem Bundesamt die Möglichkeit, einen anderen (auch „freiwillig“) aufnehmenden Dublin-Staat zu finden, abgeschnitten würde. Zudem würde hierdurch das Gericht unter Verstoß gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz zur „Erstbehörde“ gemacht. Solange also die Zustimmung eines Dublin-Zielstaates (faktisch fort-)besteht, den Asylbewerber wieder aufzunehmen (und diese Zustimmung nicht etwa befristet war oder wegen Fristablaufs vom Dublin-Zielstaat inzwischen widerrufen worden ist) sowie in diesem Zielstaat keine systemischen Mängel mit der Folge der Art. 4 GRCh-Verletzung bestehen, solange kann die Klage - unionsrechtlich - keinen Erfolg haben. Diese Zustimmung kann vom Zielstaat nach dem Dublin-System verwaltungstechnisch ausdrücklich oder stillschweigend im Sinne einer Fiktion erteilt worden sein (vgl. Art. 20 Abs. 1 Dublin II-VO bzw. Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO).
26 
Im Falle des Klägers ist es hier deshalb ohne entscheidungserhebliche Relevanz, dass das Bundesamt die Drei-Monatsfrist des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO verletzt hat (Asylantrag am 11.06.2013; Überstellungsersuchen erst am 14.11.2013). Denn Italien hat seiner Rücküberstellung (mittels Fiktion) gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO seit 29.11.2013 (stillschweigend) zugestimmt.
IV.
27 
Die Klage des Asylbewerbers könnte in dieser Konstellation allenfalls dann - nach nationalem Recht - Erfolg haben, wenn die Rücküberstellung aufgrund inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse unmöglich ist, etwa weil aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung keine Transportfähigkeit, d.h. Reisefähigkeit im engeren Sinne (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.02.2008 - 11 S 2439/07 - juris Rn. 8), besteht. Denn dann steht im Sinne von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, d.h. die Abschiebungsanordnung ist rechtswidrig. Das Bundesamt hat im Falle der Abschiebungsanordnung also nicht nur - unionsrechtlich - (Dublin-)zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne von systemischen Mängeln i.V.m. Art. 4 GRCh zu prüfen, sondern (ausnahmsweise) auch - nationalrechtlich - inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse (ausführlich: Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 11/2013, § 34a Rn. 22). Diese Grundregel ist trotz der prozessualen Neuerungen des Art. 27 Abs. 3 lit. c Dublin III-VO bzw. § 34a Abs. 2 AsylVfG auch unter dem Rechtsregime der Dublin III-VO beizubehalten, um das öffentliche Beschleunigungsinteresse hinsichtlich der zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates nicht durch gegebenenfalls unkoordinierte Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO bezüglich der Abschiebungsanordnung gegenüber dem Bundesamt einerseits und nach § 123 VwGO bezüglich Vollstreckungshindernissen gegenüber der Ausländerbehörde andererseits zu konterkarieren.
28 
Im Falle des verhältnismäßig jungen und offenbar gesunden Klägers gibt es allerdings keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme von inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen.
V.
29 
Bezüglich des Dublin-Zielstaates Italien liegen nach Überzeugung des erkennenden Gerichts (jedenfalls derzeit) auch keine systemischen Mängel im Sinne der dargestellten EuGH-Rechtsprechung (mehr) vor. Durch Tatsachen bestätigte Gründe dafür, dass der junge und gesunde Kläger im italienischen Asylverfahren voraussichtlich im Sinne von Art. 4 GRCh „der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen wird“, lassen sich nicht erkennen. Der Kläger selbst hat solche Gründe aufgrund eigener Erfahrungen in Italien zwischen seinem dortigen Asylerstantrag wohl am 27.08.2011 und der Ausreise aus Italien im Frühjahr 2013 im Übrigen auch nicht ansatzweise vorgetragen. Seine Begründung für die Weiterreise nach Deutschland war vielmehr, „to try my chance“.
30 
Zur aktuellen Situation in Italien hat insbesondere das Verwaltungsgericht Würzburg in seinem Beschluss vom 03.02.2014 - W 6 S 14.30087 - (juris) Folgendes dargelegt:
31 
„Nach der Erkenntnislage ist nicht anzunehmen, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien systemische Mängel aufweisen. (…) Dabei ist festzuhalten, dass nicht schon jeder Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention oder jede Verletzung eines Grundrechts zur Bejahung systemischer Mängel führt. Auch der Umstand, dass in Italien die wirtschaftliche Situation oder die medizinische Versorgung für Asylsuchende schlechter sein mag als in der Bundesrepublik Deutschland, führt für sich nicht zur Annahme systemischen Mängel oder einer allgemeinen unmenschlichen Behandlung (vgl. VG Oldenburg, B.v. 21.1.2014 – 3 B 6802/13 – juris mit Bezug auf OVG LSA, B.v. 14.11.2013 – 4 L 44/13).
32 
Das Auswärtige Amt kommt etwa in seiner Stellungnahme vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt zu der Einschätzung, dass für Flüchtlinge in Italien landesweit ausreichende staatliche bzw. öffentliche und karitative Unterkunftsmöglichkeiten – bei teilweiser lokaler Überbelegung – zur Verfügung stehen, und insbesondere, dass alle Personen, die im Rahmen der Dublin-II-VO nach Italien zurückgeführt werden, in eine Unterkunft verteilt werden. Sie werden bei ihrer Ankunft am Flughafen empfangen, erkennungsdienstlich behandelt, einer Questura zugeteilt, von einer zuständigen Hilfsorganisation betreut und über den weiteren Verfahrensablauf unterrichtet (vgl. auch Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG NRW vom 11.09.2013).
33 
Soweit der vom Antragstellerbevollmächtigten zitierte Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Oktober 2013 erhebliche Missstände in Italien beschreibt, ebenso der UNHCR in einer Stellungnahme an das VG Freiburg vom Dezember 2013 (der daneben auch positive Aspekte honoriert), rechtfertigt dies nicht das Vorliegen von systemischen Mängeln, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, eine unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. allgemein EuGH, U.v. 10.12.2013 – C 394/12 – juris). Das Gericht verkennt nicht das Bestehen der in den vorliegenden Berichten dargestellten Missstände, auf die auch der Antragstellerbevollmächtigte hingewiesen hat. Aber weder dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe noch der Stellungnahme des UNHCR noch sonstigen Unterlagen ist es zurzeit im ausreichenden Maß zu entnehmen, dass ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen vorliegt bzw. dass das Asylverfahren und die Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern in Italien systemische Mängel aufweisen. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass der UNHCR weiterhin gerade keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, Asylsuchende nicht nach Italien zu überstellen. Dies ist deshalb von erheblicher Bedeutung, weil die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Mitgliedsstaat, der nach den Kriterien der Dublin-II-VO als zuständiger Staat bestimmt wird, angesichts der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens zu beachten ist, besonders relevant sind (vgl. EUGH, U.v. 30.5.2013 – C-528/11 – ABl EU 2013, Nr. C 225 S. 12 – juris). Soweit in Italien Missstände und Notstände aufgrund der stark gestiegenen Asylbewerberzahl festgestellt worden sind, sind sie dieser geschuldet und stellen als solche für sich keine systemischen Mängel dar. Allein aus dem Umstand, dass andere Verwaltungsgerichte jedenfalls im Sofortverfahren zu anderen Ergebnissen kommen, mag auf den zugrundeliegenden Prüfungsmaßstab zurückzuführen sein, belegt aber nicht das tatsächliche Vorhandensein von Mängeln im italienischen System.
34 
Die vorliegende Einschätzung deckt sich mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 2. April 2013 (27725/10 – ZAR 2013, 336). Der Hinweis des Antragstellerbevollmächtigten auf eine divergierende Rechtsauffassung der 5. Sektion des EGMR und die Befassung der Großen Kammer des EGMR rechtfertigt zurzeit keine andere Beurteilung. Die 3. Sektion des EGMR hat ihre Rechtsauffassung über die Einschätzung hinsichtlich der Situation von Asylsuchenden in Italien mit einer Entscheidung vom 10. September 2013 ausdrücklich bestätigt (2314/10 – http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-127054). Zudem ist auch in dem Zusammenhang zu betonen, dass tatsächlich bestehende Defizite im italienischen Asylsystem auch mit der Folge, dass die wirtschaftliche, die medizinische und die soziale Versorgung in Italien schlechter als in der Bundesrepublik Deutschland ist, nicht die Annahme systemischer Mängel oder einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention rechtfertigen. Denn an einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention sind strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. auch Thym, ZAR 2013, 331). Zudem ist nicht allein auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bzw. auf die Rechtsauffassung einer einzelnen Sektion abzustellen, sondern die gesamten Umstände des Einzelfalls sind zu würdigen.
35 
Das Gericht schließt sich nach alledem dem Teil der Rechtsprechung an, der systemische Mängel in Italien verneint und nimmt darauf ergänzend Bezug (vgl. zuletzt VG Oldenburg, B.v. 21.1.2014 – 3 B 6802/13 -; VG Regensburg, B.v. 18.12.2013 – RN 6 S 13.30720 – juris; VG Saarland, B.v. 6.12.2013 – 3 L 1989/13 – juris; VG Ansbach, B.v. 26.11.2013 – AN 1 S 13.31045 – juris; VG Trier, B.v. 6.11.2013 – 5 L 1539/13.TR – juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 17.6.2013 – OVG 7 S 33.13 – juris; a. A. etwa VG Gießen, U.v. 25.11.2013 – 1 K 844/11.GI.A – AuAS 2014, 12, jeweils mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung und den dort zitierten Erkenntnisquellen).“
36 
Auch das erkennende Gericht schließt sich dieser Bewertung des derzeitigen Asylsystems in Italien an. Besonderes Gewicht wird dabei dem Umstand beigemessen, dass UNHCR im Bericht vom Dezember 2013 (anders als im Falle Bulgariens, vgl. Bericht vom 02.01.2014 - http://www.refworld.org/docid/52c598354.html) und bis heute bezüglich Italien aufgrund auch der eigenen Überprüfungen vor Ort keinen Überstellungsstopp fordert.
37 
Nach alledem begegnet die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG keinen Bedenken, denn Italien ist, wie ausgeführt, der für die Fortführung des Asylverfahrens des Klägers zuständige Staat.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

Tatbestand

1

Der Kläger, nach eigenen Angaben malischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen eine Verfügung der Beklagten vom 24.09.2013, durch die seine Abschiebung nach Spanien angeordnet worden ist.

2

Er ist u. a. über Spanien am 28.01.2013 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Er stellte am 04.02.2013 in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag. Auf Ersuchen der Beklagten erklärten die spanischen Behörden mit Schreiben vom 25.04.2013, ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages des Klägers.

3

Mit Bescheid vom 24.09.2013 stellte die Beklagte fest, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig sei und ordnete die Abschiebung nach Spanien an, weil Spanien aufgrund der der Übernahmeerklärung vom 25.04.2013 für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich.

4

Am 10.10.2013 hat der Kläger Klage erhoben und das Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ersucht. Mit Beschluss vom 21.10.2013 – 1 B 412/13 MD – hat das erkennende Gericht den Eilantrag des Klägers abgelehnt. Zur Begründung seines Begehrens trägt der Kläger vor: Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die spanischen Behörden gegenüber der Beklagten ihre Zuständigkeit erklärt hätten. Der Kläger verfüge in Deutschland bereits über feste soziale Beziehungen. In Spanien bestünden erhebliche Defizite bei der Bereitstellung ausreichender Unterbringungskapazitäten für Flüchtlinge. Dies gelte gerade auch im Hinblick auf die Unterbringung von sogenannten „Dublin-Rückkehrern“. Auch sei die Überstellungsfrist bereits abgelaufen, deren Lauf mit der Mittelung der spanischen Behörden vom 25.04.2013 begonnen habe.

5

Der Kläger beantragt sinngemäß,

6

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.09.2013 zu verpflichten, für den Kläger ein Asylverfahren durchzuführen.

7

Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des angefochtenen Bescheides,

8

die Klage abzuweisen.

9

Die Beklagte ist der Auffassung, die Überstellungsfrist sei noch nicht abgelaufen, weil ihr Lauf erst mit dem Beschluss des Gerichts vom 21.10.2013 begonnen habe.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den bei der Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgang sowie die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Erkenntnismittel verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

11

Die Klage ist zulässig und begründet.

12

Der Kläger hat einen aus Art. 3 Abs. 1 Dublin II VO (Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003) folgenden Anspruch darauf, dass die Beklagte ein Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland durchführt. Der diesen Anspruch verneinende Bescheid der Beklagten vom 24.09.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

13

Zu Unrecht hält die Beklagte an ihrer Ablehnung des Asylantrags des Klägers gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig weiterhin fest. Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

14

Zwar war gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (im Folgenden: Dublin II VO) ursprünglich Spanien für die Prüfung des Asylantrags zuständig und zur Aufnahme des Klägers verpflichtet gewesen, weil der Kläger über Spanien ins Bundesgebiet eingereist ist. Bei der Zuständigkeit der spanischen Behörden ist es vorliegend aber nicht geblieben.

15

Es kann dahinstehen, ob die Zuständigkeit der spanischen Behörden bereits nach Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Dublin-II-VO geendet hat. Denn die Zuständigkeit der spanischen Behörden ist indes hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) jedenfalls gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II VO auf die Beklagte übergegangen. Danach geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde, wenn die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nicht innerhalb von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, durchgeführt wird. Maßgeblich für den Fristbeginn ist hier der Eingang der Erklärung der Rücknahmebereitschaft Spaniens bei der Beklagten spätestens am 06.11.2013, da die vorliegende gegen den Bescheid vom 05.09.2012 erhobene Klage keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. hierzu HessVGH Hessen, B. v. 23.8.2011 - 2 A 1863/10.Z.A -, zitiert nach juris, Rn. 5 ff. m. w. N.) und durch den Antrag auf Aussetzung der Überstellung nach § 34a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Satz 2 AsylVfG der Ablauf der Überstellungsfrist lediglich unterbrochen wird (vgl. VG Oldenburg, B. v. 21.01.2014 – 3 B 7136/13 -, juris, Rdnr. 16).

16

Die Regelung in § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG, dass die Abschiebung bei rechtzeitiger Antragstellung gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig ist, führt nicht dazu, eine Aussetzungsentscheidung im Sinne von Art. 19 Abs. 2 Dublin II-VO annehmen zu müssen. Diese Vorschrift bewirkt keine aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 19 Abs. 2 Dublin II-VO, da eine solche nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht kraft Gesetzes, sondern ausschließlich durch eine Entscheidung der Gerichte oder zuständigen Stellen angeordnet werden kann (vgl. zur insoweit inhaltsgleichen Vorschrift des Art. 20 Abs. 1e Dublin-II-VO: VG Oldenburg, B. v. 21.01.2014 – a. a. O.). Nur dann, wenn ein nationales Gericht einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung nach § 80 Abs. 5 VwGO, der gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG zulässig ist, stattgibt, beginnt die Sechsmonatsfrist erst nach rechtskräftigen Abschluss des dazugehörigen Klageverfahrens zu laufen (VG Oldenburg, B. v. 21.01.2014 – a. a. O., Rdnr. 9; EuGH, U. v. 29.01.2009 - C-19/08 -, juris, Rdnr. 46). Eine gerichtliche Entscheidung über den eingelegten Rechtsbehelf, die aufschiebende Wirkung hat, ist nicht ergangen. Das erkennende Gericht hat mit Beschluss vom 21.10.2013 – 1 B 412/13 MD den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung der Beklagten abgelehnt.

17

Allein die Stellung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO i. V. m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG führt nicht zur aufschiebenden Wirkung der Klage i. S. v. Art. 19 Abs.3 Dublin-II-VO. Eine aufschiebende Wirkung i. d. S. kann die Klage nur auf der Grundlage einer gerichtlichen Anordnung haben. Dies folgt auch ganz ausdrücklich aus dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO, wonach die Überstellung spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten entweder nach der Annahme des Antrags auf Aufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, zu erfolgen hat. Abgestellt wird also auf die Entscheidung über den Rechtsbehelf - gemeint sein kann hier ausschließlich die gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache, also im Klageverfahren - und nicht auf die bloße Einlegung des Rechtsbehelfs (vgl. zur insoweit inhaltsgleichen Vorschrift des Art. 20 Abs. 1d Dublin-II-VO: VG Oldenburg, B. v. 21.01.2014 – a. a. O.).

18

Die Überstellung des Klägers nach Spanien ist nicht bis zum 06.11.2013 erfolgt. Die Frist ist auch nicht gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 2, 2. Alt. Dublin II VO verlängert worden. Danach kann die Sechs-Monats-Frist höchstens auf achtzehn Monate verlängert werden, wenn der Asylbewerber flüchtig ist (vgl. VG D-Stadt, U. v. 15.03.2012 – 10 A 227/11 -, juris, Rdnr. 20 m. w. N.). Die Voraussetzungen für eine Verlängerung nach Art. 19 Abs. 4 Satz 2, 2. Alt. Dublin II VO liegen hier aber nicht vor.

19

Eine Fristverlängerung ist vorliegend bereits deshalb nicht eingetreten, weil es an einer entsprechenden Absprache zwischen der Beklagten und Spanien mangelt. Art. 19 Abs. 4 Satz 2 Dublin II VO stellt lediglich darauf ab, dass die Frist „verlängert werden kann“ und nicht darauf, dass „sich die Frist verlängert“. Angesichts dieser Wortwahl ist davon auszugehen, dass es einer einvernehmlichen Regelung zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Mitgliedstaat bedarf. Eine solche Vereinbarung kann ausdrücklich oder dadurch konkludent getroffen werden, dass der ersuchende Mitgliedstaat den ersuchten Mitgliedstaat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist über die Gründe der Verzögerung informiert, eine Fristverlängerung geltend macht und der ersuchte Mitgliedstaat hierauf schweigt (vgl. VG D-Stadt, U. v. 15.03.2012 – a. a. O., Rdnr. 21 m. w. N.). Vorliegend bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den spanischen Behörden mit mitgeteilt hat, eine Überstellung sei derzeit nicht möglich, weil der Kläger untergetaucht sei, und darüber hinaus um eine Fristverlängerung gebeten hat.

20

Da der Kläger mangels Zuständigkeit Spaniens aus rechtlichen Gründen nicht dorthin abgeschoben werden kann, erweist sich auch die auf der Grundlage von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG angeordnete Abschiebung als rechtswidrig.

21

Der rechtswidrige Bescheid vom 24.09.2013 verletzt den Kläger auch in seinen Rechten. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Dublin II VO dem Flüchtling kein subjektives Recht darauf einräumt, dass sein Asylantrag in einem bestimmten Mitgliedstaat geprüft wird. Art. 19 Abs. 4 Dublin II VO stellt aber eine Ausnahme von diesem Grundsatz dar. Diese Norm zielt darauf ab, dem schutzwürdigen Interesse des Flüchtlings, dass sein Schutzgesuch – nach Ablauf eines gewissen Zeitraums, welcher der Klärung von Zuständigkeitsfragen vorbehalten ist – in angemessener Zeit in der Sache geprüft wird. Insoweit steht ihm ein Anspruch auf sachliche Prüfung seines Asylantrags zu mit der Folge, dass er – und so auch der Kläger – gegen eine Maßnahme nach § 27a AsylVfGi. V. m. § 34a AsylVfG deren Rechtswidrigkeit wegen Zuständigkeitsübergangs infolge Fristablaufs und auch eine Rechtsverletzung geltend machen kann (VG D-Stadt, U. v. 15.03.2012 – a. a. O., Rdnr. 24; VGH Baden-Württemberg, B. v. 06.08.2013 – 12 S 675/13 -, juris, Rdnr. 13 m. w. N.).

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Gründe

1

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2

1. Die 1951 geborene Klägerin stand als Lehrerin im Dienst des Landes Schleswig-Holstein. Mit Bescheid vom 1. Februar 2012, zugestellt im Februar 2012, wurde sie wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. In dem Bescheid wurde ausgeführt, dass der Ruhestand gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 Landesbeamtengesetz Schleswig-Holstein vom 26. März 2009 (LBG - GVOBl. 2009, 93) mit dem Ende des Monats beginne, in dem der Bescheid zugestellt werde. Mit Bescheid vom 28. Februar 2012 setzte der Beklagte den Ruhegehaltssatz der Klägerin auf 71,75 vom Hundert und den Versorgungsabschlag auf 8,1 vom Hundert des Ruhegehaltes fest. Dabei ging der Beklagte vom Berechnungszeitraum 1. März 2012 bis 31. Mai 2014 (zwei Jahre, 92 Tage) aus. In dem hiergegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass bei der Berechnung des Versorgungsabschlages lediglich der Zeitraum vom 1. März 2012 bis zum 30. April 2014 zugrunde gelegt werden dürfe. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2012 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, dass gemäß § 88 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Beamtenversorgungsgesetz Schleswig-Holstein vom 26. Januar 2012 (SHBeamtVG -, GVOBl. 2012, 153, 219) bei einer Versetzung in den Ruhestand vor dem 1. April 2012 zwei Jahre und drei Monate zur Berechnung des Versorgungsabschlags zugrunde zu legen seien und nur bei einer Versetzung in den Ruhestand vor dem 1. März 2012 zwei Jahre und zwei Monate. Klage und Berufung hiergegen sind ohne Erfolg geblieben.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

4

Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SHBeamtVG vermindere sich das Ruhegehalt um 3,6 % für jedes Jahr, um das die Beamtin oder der Beamte vor Ablauf des Monats, in dem sie oder er das 65. Lebensjahr vollendet, wegen Dienstunfähigkeit, die nicht auf einem Dienstunfall beruht, in den Ruhestand versetzt wird. Gemäß § 88 Abs. 2 Nr. 2 SHBeamtVG sei für Beamtinnen und Beamte, die nach dem 31. März 2009 wegen Dienstunfähigkeit, die nicht auf einem Dienstunfall beruhe, in den Ruhestand versetzt würden, § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Vollendung des 65. Lebensjahres u. a. bei einem Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand vor dem 1. März 2012 das Lebensalter 63 Jahre und zwei Monate und bei einer Versetzung in den Ruhestand vor dem 1. April 2012 das Lebensalter 63 Jahre und drei Monate trete. Danach habe der Beklagte zutreffend zwei Jahre und drei Monate bei der Berechnung des Versorgungsabschlages der Klägerin zugrunde gelegt, weil sie "vor dem 1. April 2012" in den Ruhestand versetzt worden sei. Ihr Versorgungsfall sei nicht bereits "vor dem 1. März 2012" eingetreten.

5

Die Begriffe "Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand", "Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls" und "Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand" bezeichneten denselben Zeitpunkt. Nach der Systematik sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 88 Abs. 2 Nr. 2 SHBeamtVG diene diese der Berechnung des jeweiligen Versorgungsabschlags in den Versorgungsfällen, die in dem Zeitraum "nach dem 31. Dezember 2011 und vor dem 1. Januar 2024" eingetreten seien. Hieraus ergebe sich, dass das maßgebliche "Lebensalter" für die Fälle des Eintritts des Versorgungsfalles am 1. Dezember 2011 mit 63 Jahren, des Eintritts des Versorgungsfalles am 1. Januar 2012 mit 63 Jahren und einem Monat usw. anzusetzen seien.

6

2. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

7

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 5 und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9). Die Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei auf die mit der Beschwerde dargelegten Rechtsfragen beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

8

Der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage,

ob der Versorgungsfall von Beamten im Sinne versorgungsrechtlicher Vorschriften mit dem Datum eintritt, mit dem die Versetzung in den Ruhestand erfolgt,

kommt eine solche grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Sie lässt sich mithilfe der allgemeinen Auslegungsregeln sowie unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne des Berufungsurteils beantworten, ohne dass es hierzu einer revisionsgerichtlichen Überprüfung bedarf.

9

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats beginnt der Ruhestand an dem Tag, der auf das Datum folgt, mit welchem der Beamte in den Ruhestand versetzt worden ist. Erfolgt die Versetzung in den Ruhestand mit dem Ende des Monats oder mit Ablauf des Monatsletzten - so gebräuchliche Formulierungen -, so beginnt der Ruhestand am ersten Tag des folgenden Monats (BVerwG, Urteile vom 25. Juni 2009 - 2 C 47.07 - Buchholz 239.1 § 66 BeamtVG Nr. 2 Rn. 12 und vom 12. November 2009 - 2 C 29.08 - Buchholz 239.1 § 14a BeamtVG Nr. 5 Rn. 9; Beschluss vom 19. August 2010 - 2 C 34.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 116 Rn. 17; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 2012 - 2 BvL 5/10 - BVerfGE 131, 20 <36>).

10

Auch nach Auffassung der Klägerin tritt der Versorgungsfall zeitgleich mit dem Beginn des Ruhestands ein. Das folgt schon aus dem Begriff des Versorgungsfalls sowie aus dem systematischen Zusammenhang der maßgeblichen versorgungsrechtlichen Vorschriften. Ein Versorgungsfall kann erst dann eintreten, wenn dem Beamten Versorgungsbezüge zu gewähren sind. Vor dem Entstehen des Anspruchs auf Versorgungsbezüge kann noch kein Versorgungsfall eingetreten sein. Zu den Versorgungsbezügen gehört gemäß § 2 Nr. 1 BeamtVG (entspricht § 2 Nr. 1 SHBeamtVG) unter anderem das Ruhegehalt. Der Anspruch auf das Ruhegehalt entsteht gemäß § 4 Abs. 2 BeamtVG (entspricht § 4 Abs. 2 SHBeamtVG) aber regelmäßig erst mit dem Beginn des Ruhestands.

11

In einer älteren Entscheidung, welche zu dem Inkrafttreten des Deutschen Beamtengesetzes vom 26. Januar 1937 (- DBG - RGBl. I S. 39) am 1. Juli 1937 und dem Tatbestandsmerkmal des Eintritts in den Ruhestand "mit Ende des Monats Juni 1937" im Sinne von § 21 Abs. 2 des Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Juni 1954 (- LBesG NW - GVBl. S. 162) ergangen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung vertreten, der Versorgungsfall trete regelmäßig mit dem Ende des Monats und vor dem Ersten des folgenden Monats ein (BVerwG, Urteil vom 9. Februar 1961 - 2 C 142. 59 - BVerwGE 12, 46 <49>). Dieser Entscheidung, auf die sich auch die Klägerin beruft, ist mit der jüngeren, oben zitierten Rechtsprechung des Senats die Grundlage entzogen. In dieser Entscheidung (a.a.O. S. 47 f.) wird dem eindeutigen Wortlaut der Norm nicht die ihm gebührende Bedeutung beigemessen. Der in ihr vertretene Ansatz ist auch deswegen nicht tragfähig, weil er eine logische Sekunde zwischen den Monaten fingiert; das Ereignis des Eintritts des Versorgungsfalls ist gleichwohl einem bestimmten Tag, dem Monatsletzten oder dem Monatsersten zuzuordnen. Diese Zuordnung kann aus den geschilderten Gründen nur zum Monatsersten erfolgen.

12

3. Die von der Klägerin geltend gemachte Divergenz liegt ebenfalls nicht vor.

13

Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 5). Die Divergenzrevision dient dem Anliegen, die Einheitlichkeit der Verwaltungsrechtsprechung in der Auslegung einer bestimmten Gesetzesvorschrift zu sichern und damit Rechtssicherheit auch im Einzelfall zu gewährleisten. Bezugspunkt ist daher nicht allein der Wortlaut einer Bestimmung. "Abweichungen" beziehen sich vielmehr nur auf die Rechtsprechung zu demselben Gesetz (BVerwG, Beschluss vom 22. März 2012 - 2 B 148.11 - juris Rn. 4).

14

Eine Divergenz zu der von der Klägerin angeführten Entscheidung (BVerwG, Urteil vom 9. Februar 1961 - 2 C 142. 59 - BVerwGE 12, 46 <49>) liegt schon deswegen nicht vor, weil diese eine andere Norm betraf. Jene Entscheidung erging zu den Vorschriften des § 21 Abs. 2 LBesG NW sowie § 184 DBG. Das Beschwerdeverfahren betrifft hingegen Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes Schleswig-Holstein.

15

Eine Divergenz ist auch deswegen ausgeschlossen, weil eine Abweichung von einer Rechtsprechung, an der das Bundesverwaltungsgericht in späteren Entscheidungen selbst nicht mehr festhält, nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO rechtfertigt (BVerwG, Beschlüsse vom 2. Februar 1994 - 1 B 208. 93 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 1 S. 1 und vom 6. Mai 2014 - 2 B 90.13 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 22 Rn. 15). Wie bereits oben (2.) aufgezeigt, hält das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung nicht mehr an der im Urteil vom 9. Februar 1961 vertretenen Auffassung fest.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der 1985 geborene Kläger ist Staatsangehöriger von Pakistan und gehört zu den Punjabi. Er verließ nach seinen Angaben Pakistan am 25.02.2012 und kam am 26.03.2012 nach Italien, wo er erkennungsdienstlich behandelt wurde. Am 03.06.2012 reiste er nach seinen Angaben auf dem Landweg über die Schweiz oder Frankreich nach Deutschland.
Am 18.06.2012 stellte er einen Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellte daraufhin am 18.10.2012 ein auf Art. 16 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien. Am 30.11.2012 erfolgte die Zustimmung Italiens zur Rücküberstellung des Klägers.
Mit Bescheid vom 03.12.2012 erklärte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag für unzulässig und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Ein Zustellungsnachweis befindet sich nicht bei den Akten; jedenfalls wurde der Bescheid mit einem Begleitschreiben vom 15.01.2013 zur Post gegeben. Die für den 31.01.2013 vorgesehene Überstellung nach Italien konnte nicht durchgeführt werden, da der Kläger nicht angetroffen wurde.
Am 28.01.2013 erhob der Kläger Klage und machte geltend, eine Abschiebung nach Italien sei nicht zulässig. Er habe in Italien gar keinen Asylantrag gestellt. Auch bestehe die Gefahr der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung in Italien. Die Beklagte hätte von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen.
Mit Beschluss vom 14.03.2013 (A 12 K 332/13) ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 03.12.2012 enthaltene Abschiebungsanordnung an und gab der Beklagten auf, dem Regierungspräsidium Karlsruhe die Anordnung der aufschiebenden Wirkung mitzuteilen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Urteil vom 17.06.2013 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 03.12.2012 auf und verpflichtete die Bundesrepublik Deutschland auf den ausdrücklichen Antrag des Klägers, sein Asylverfahren fortzuführen. Zur Begründung führte es aus: Zwar sei Italien der zuständige Mitgliedstaat. Allerdings leide das Asylsystem Italiens unter sog. systemischen Mängeln im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, sodass die Bundesrepublik von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müsse.
Auf den rechtzeitig gestellten Antrag der Beklagten ließ der Senat durch Beschluss vom 14.08.2013 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zu.
Am 05.09.2013 hat der Beklagte unter Stellung eines Antrags die Berufung begründet: Zunächst sei davon auszugehen, dass das Zuständigkeitsregime der Dublin-Verordnung keine subjektiven Rechte der Asylbewerber begründe. Im Übrigen gelte nach der Rechtsprechung des EuGH eine generelle Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte sowie der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention erfolge. Dass in Bezug auf Italien ernsthaft und erwiesenermaßen zu befürchten sei, dass systemische Mängel zwangsläufig mit unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung der überstellten Asylbewerber einhergingen, könne nicht eingewandt werden. Nach den vorliegenden Quellen, insbesondere von UNHCR, seien derartige Befürchtungen nicht gerechtfertigt.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.06.2013 - A 12 K 331/13 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten verweist der Senat auf die gewechselten Schriftsätze. Dem Senat liegen die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
17 
Die zu Recht auf § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 27a AsylVfG gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
I.
18 
Die Klage ist allerdings schon unzulässig, soweit die Verpflichtung zur Fortführung des Asylverfahrens begehrt wird (wie hier auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2013 - 1 A 21.12.A - juris). Ein solcher Verpflichtungsausspruch setzt zunächst voraus, dass dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, was aber nur der Fall wäre, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig bleiben würde; solches ist hier jedoch nicht erkennbar. Abgesehen davon muss die Beklagte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417 Rn. 96; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170 Rn. 33) zunächst die Möglichkeit haben, einen anderen Mitglied- bzw. Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist (hier die Schweiz oder Frankreich) zu ersuchen. Aus diesem Grund käme auch ein Verpflichtungsausspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus nicht in Betracht. Hinzukommt im Übrigen in diesem Zusammenhang weiter: Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Urteilen vom 07.03.1995 (9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80) und vom 05.09.2013 (10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) entschieden, dass in Bezug auf eine Einstellungsentscheidung nach einer Antragsrücknahme (§ 32 AsylVfG) bzw. nach einem Nichtbetreiben des Verfahrens (vgl. § 33 Abs. 1 AsylVfG) nur das Anfechtungsbegehren statthaft und die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbehalten ist. Damit ist insbesondere ein Durchentscheiden, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Folgeantragsverfahren noch für richtig gehalten hat, ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861; vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 295 ff.). Dieses muss aber gleichermaßen in der hier gegebenen Fallkonstellation gelten, in der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenfalls noch keine Sachentscheidung getroffen hat (a.A. noch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - AuAS 2012, 213, aber durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts überholt). Ungeachtet dessen scheidet entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch ein spezifischer Verpflichtungsausspruch deshalb aus, weil die Durchführung eines auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Verfahrens selbst keinen Verwaltungsakt darstellt bzw. dessen Erlass voraussetzt. Wenn überhaupt, wäre nur eine allgemeine Leistungsklage statthaft.
II.
19 
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie aber unbegründet.
20 
Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass Italien der zuständige Mitgliedstaat und daher der Asylantrag unzulässig ist, weshalb auch zu Recht die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde.
21 
1. Die Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig ist, beantwortet hier die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II).
22 
Auch wenn von der Bestimmung des § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auszugehen ist, kommt die zwischenzeitlich erlassene Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (ABl. Nr. L 180, 31 - VO Dublin III) noch nicht zur Anwendung. Nach Art. 49 VO Dublin III ist die Neuregelung erst für Anträge auf Internationalen Schutz sowie Anträge der Mitgliedstaaten auf Aufnahme oder Wiederaufnahme anzuwenden, die ab dem 01.01.2014 gestellt wurden. Im vorliegenden Fall hat der Kläger im Bundesgebiet bereits im Jahr 2012 Asyl beantragt. Auch der Antrag auf Wiederaufnahme des Klägers wurde noch im Jahr 2012 gestellt und von Italien im gleichen Jahr positiv beschieden.
23 
Die Zuständigkeit Italiens ergibt sich aus Folgendem, wobei offen bleiben kann, ob es sich vorliegend um einen Aufnahmefall handelt, was der Fall wäre, wenn der Kläger, wie er durchgängig geltend macht, in Italien keinen Asylantrag gestellt hätte, oder ob von der Fallkonstellation einer Wiederaufnahme auszugehen ist, wenn der Mitteilung von Italien zu folgen wäre, dass die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II vorliegen:
24 
Falls ein Fall der Aufnahme vorliegt, gilt Folgendes: Nach den Angaben des Klägers war dieser von der Türkei kommend mit einem Boot über eine „Insel“ nach Italien gekommen. Sollte er dabei Griechenland berührt haben, so wäre an sich gem. Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Griechenland (in erster Linie) zuständig. Da aber Überstellungen nach Griechenland wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens nicht mehr durchgeführt werden können und dürfen, war zunächst ebenfalls nach Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Italien zuständig (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 96). Allerdings ist in der Folgezeit die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil diese die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens von drei Monaten nach Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II nicht eingehalten hatte. Indem jedoch Italien der Aufnahme ausdrücklich zugestimmt hat (vgl. Art. 19 Abs. 1 VO Dublin II), ist Italien wiederum zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens.
25 
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208) ist davon auszugehen, dass sich der Kläger nach der erfolgten Zustimmung durch Italien nicht auf die Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens berufen und diesen Umstand nicht gegen eine Überstellung einwenden kann. Die jeweiligen Fristbestimmungen dienen hiernach ebenfalls einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats, ohne aber den Antragstellern (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (so auch OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris).
26 
Damit sind die Betroffenen aber nicht rechtsschutzlos gestellt, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge untätig bleiben und weder ein Ersuchen an den anderen Mitgliedstaat stellen noch in eine Sachprüfung eintreten sollte. Um nicht mit dem unionsrechtlichen Gebot der beschleunigten Durchführung des Verfahrens auf Prüfung des Asylantrags (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 79; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. Rn. 35 und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - a.a.O. Rn. 59), das auch im Interesse der Betroffenen in der Verordnung Niederschlag gefunden hat (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 79), in einen unauflösbaren Konflikt zu geraten, ist es der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gestattet, durch die Stellung eines verspäteten Übernahmeersuchens eine vom Antragsteller oder der Antragstellerin bereits in zulässiger Weise in die Wege geleitete Sachprüfung abzubrechen; erst recht gilt dies, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits eine sachliche Prüfung begonnen hatte, sofern man nicht ohnehin hierin die Ausübung des Selbsteintrittsrechts bzw. ein Gebrauchmachen von der Souveränitätsklausel sehen will (vgl. zu Einzelheiten GK-AsylVfG § 27a Rn. 177). Andernfalls wäre ein wesentlicher Geltungsgrund des Dublinsystems selbst grundsätzlich infrage gestellt (a.A. etwa OVG Rheinl.-Pfalz., Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris, ohne sich aber mit dem Problem weiter auseinanderzusetzen), wobei die zentrale Bedeutung des Beschleunigungsgebots nicht zuletzt auch darin zum Ausdruck kommt, dass das Fristenregime nach der VO (EU) 604/2013 (VO Dublin III) noch verschärft wurde (vgl. Art. 21 Abs. 1 UA 2).
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Hat daher der Antragsteller oder die Antragstellerin während der Zeit, während der die Bundesrepublik im Hinblick auf die Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens zuständig war, den Anspruch auf sachliche Prüfung geltend gemacht und insoweit eine zulässige und unmittelbar eine sachliche Entscheidung des Gerichts eröffnende Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erhoben (vgl. hierzu noch unten) und damit in uneingeschränkter Konformität mit dem nationalen Verfahrensrecht, das insoweit selbst nicht in Widerspruch mit den unionsrechtlichen Vorgaben der VO Dublin II steht, die Grundlage einer inhaltlichen Prüfung gelegt, kann der unionsrechtliche Grundsatz des „effet utile“ einer Verweigerung oder gar einem Abbruch der sachlichen Prüfung und der Stellung eines Aufnahmeersuchens während die Bundesrepublik Deutschland wegen der Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens noch zuständig ist, entgegenstehen. Bei dieser Ausgangslage würde sich nämlich bei einer typisierenden Betrachtungsweise der Zeitpunkt einer sachlichen Prüfung durch den anderen Mitgliedstaat in einer Weise verzögern, die dem Beschleunigungsanliegen des Dublinsystems grundlegend zuwiderliefe, da voraussetzungsgemäß eine Zustimmung des anderen Mitgliedstaats (noch) nicht vorliegt. Insoweit wird man ein subjektives Recht auf Unterlassen der Stellung eines Aufnahmeersuchens, jedenfalls aber einer späteren Überstellung, nicht verneinen können. Wurde hingegen im vorgenannten Sinn die Grundlage für eine sachliche Prüfung während der Zuständigkeit der Bundesrepublik noch nicht gelegt, so ist zwar das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot grundsätzlich auch negativ berührt. Liegt jedoch mittlerweile eine Zustimmung des ersuchten (an sich unzuständigen) Mitgliedstaat vor, so kann im Falle einer zeitnahen Überstellung noch mit einer ebenfalls zumutbaren und zeitnahen Sachprüfung durch diesen gerechnet werden, zumal die Betroffenen ohnehin die bisherige Untätigkeit klaglos hingenommen hatten und sie es im Übrigen in der Hand haben, durch eine schnelle und zügige Ausreise in den zuständigen Mitgliedstaat das Verfahren zusätzlich zu beschleunigen. Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass diese Untätigkeitsklage nach den allgemeinen verwaltungsprozessualen Grundsätzen auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und hilfsweise des unionsrechtlichen subsidiären Schutzstatus zu richten wäre und nicht auf die Verpflichtung zur Bescheidung oder gar die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 3 m.w.N.),
28 
Eine zulässige und eine gerichtliche Sachprüfung eröffnende Untätigkeitsklage (vgl. § 75 Satz 2 VwGO) kann allerdings nicht vor Ablauf der für die Stellung eines Aufnahmeersuchens maßgeblichen Frist von drei Monaten (vgl. Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II) erhoben werden (nach Art. 21 Abs. 1 UA 1 bzw. 2 VO Dublin III beträgt die Freist nunmehr drei bzw. zwei Monate), wobei diese Frist zufällig identisch mit der Frist nach § 75 Satz 2 VwGO ist. Ist die Bundesrepublik Deutschland zuständig geworden, weil die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens abgelaufen ist, so ist allerdings schon aus verwaltungsorganisatorischen Gründen ein Beginn der Sachprüfung nicht unmittelbar geboten mit der Folge, dass für eine im Einzelfall zu bestimmende Übergangszeit noch ein zureichender Grund für eine Untätigkeit im Sinne des § 75 Satz 2 VwGO vorliegen wird. Das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot wäre im Übrigen hier noch nicht im Kern berührt, wenn das Bundesamt noch unmittelbar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens während der vorgenannten Übergangszeit unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, die Stellung eines Übernahmeersuchens nachholen würde, über dessen Erfolg oder Misserfolg dann ohnehin regelmäßig binnen zweier Monate Klarheit bestünde (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), und zwar ungeachtet der Frage, ob die Betroffenen die auf eine Sachprüfung hinführende Untätigkeitsklage bereits erhoben hatten oder sie nunmehr erst noch erheben. Hatte der oder die Betreffende die Untätigkeitsklage bei Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens bzw. der des § 75 Satz 2 VwGO bereits erhoben, hat es das Verwaltungsgericht in der Hand, durch die Setzung einer angemessenen und ausreichenden Frist nach § 75 Satz 3 VwGO die zeitliche Dimension für die Möglichkeit einer Nachholung des Aufnahmeersuchens für die Bundesrepublik Deutschland zu konkretisieren. Bleibt die Bundesrepublik in dieser Übergangszeit untätig, d.h. stellt sie nicht ihrerseits unverzüglich ein Aufnahmeersuchen, so liegt kein zureichender Grund mehr vor mit der Folge, dass dann die Untätigkeitsklage uneingeschränkt zulässig ist (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 25).
29 
Stimmt der ersuchte Mitgliedstaat dem Ersuchen vor Ablauf der Frist nach § 75 Satz 3 VwGO zu oder läuft die Frist für die Beantwortung des Ersuchens ab (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), so würde der ersuchte Mitgliedstaat noch zuständig und eine Überstellung wäre nach dem Regime von Dublin II (wie auch nach Dublin III) ungeachtet einer möglicherweise bereits erhobenen Untätigkeitsklage noch zulässig, eine gerichtliche Sachprüfung wäre durch einen nach wie vor bestehenden zureichenden Grund auch mit Blick auf das System bzw. den Mechanismus von Dublin gesperrt. Dies wäre jedoch spätestens dann nicht mehr der Fall, wenn die Bundesrepublik die Frist von sechs Monaten für die Durchführung der Überstellung nach Art. 19 Abs. 4 VO Dublin II (Art. 28 Abs. 1 UA 1 VO Dublin III) nunmehr fruchtlos verstreichen lassen würde mit der Folge, dass sie wieder für die Prüfung des Gesuchs zuständig geworden wäre.
30 
Ausgehend hiervon kann der Kläger bei der gegebenen Sachlage unter keinen Umständen für ihn günstige Schlussfolgerungen aus der Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens herleiten, ungeachtet der Tatsache, dass er zu keinem Zeitpunkt eine Untätigkeitsklage erhoben hatte. Denn hier hatte die Bundesrepublik Deutschland das Übernahmeersuchen zwar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens, aber noch unverzüglich nach deren Ablauf gestellt. Der Senat kann offen lassen, ob es eine absolute zeitliche Obergrenze für die Stellung eines (verspäteten) Übernahmeersuchens geben muss, auf die sich der oder die Betroffene auch berufen kann, selbst wenn er oder sie eine Untätigkeitsklage nicht erhoben hat oder erhebt. Allerdings wird dagegen sprechen, dass im Falle einer hier zu unterstellenden Untätigkeit des oder der Betroffenen infolge der sehr kurzen Beantwortungsfristen nach Stellung eines Übernahmeersuchens in einem solchen Fall ohnehin nur eine marginale weitere Verzögerung eintreten kann, die der oder die Betroffene aber bislang klaglos hingenommen hatte.
31 
Geht man davon aus, dass der Kläger in Italien schon einen Asylantrag gestellt hatte, so ergibt sich für ihn keine günstigere Sichtweise. Denn in diesem Fall war das Wiederaufnahmeersuchen der zweifellos unzuständigen Bundesrepublik nach Art. 20 VO Dublin II nicht fristgebunden. Für alle ab dem 01.01.2014 gestellten Wiederaufnahmeersuchen wäre aber mit Rücksicht auf die Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III nunmehr eine Frist von zwei bzw. drei Monaten (vgl. Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III) einzuhalten, weshalb zukünftig die oben dargestellten Grundsätze ebenfalls gelten werden.
32 
Wenn teilweise in der verwaltungsgerichtlichen Spruchpraxis hier die Frist des Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II analog angewandt wird (so etwa VG Düsseldorf, Beschluss vom 10.02.2014 - 25 K 8830/13.A - juris), so sieht der Senat hierfür keine tragfähige Grundlage, fehlt es doch schon an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass eine durch einen Analogieschluss zu schließende systemwidrige Lücke vorliegen könnte, und nicht vielmehr eine politische Entscheidung des Normsetzers. Der Senat lässt auch offen, ob hier eine äußerste Grenze besteht, nach deren Überschreitung es der Bundesrepublik Deutschland unter dem Aspekt des Beschleunigungsgebots nicht mehr erlaubt wäre, den oder die Betroffene noch zu überstellen, und dann aufgrund eines Selbsteintritts auch eine Sachentscheidung treffen müsste, die auch von den Betroffenen durchgesetzt werden könnte. Denn diese Frage würde sich bei einer Stellung des Wiederaufnahmeersuchens nach - wie hier - nur vier Monaten schon von vornherein nicht stellen. Abgesehen davon besteht im vorliegenden Fall eine grundlegend andere Ausgangssituation, weil - mögliche systemische Mängel einmal hinweggedacht - es die Betroffenen, die voraussetzungsgemäß in dem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt haben, durch eine zeitnahe Rückkehr dorthin in der Hand haben, eine baldige Sachentscheidung herbeizuführen. Von weiteren Ausführungen in diesem Zusammenhang sieht der Senat ab, da sich diese Fragen, wie dargelegt, nicht mehr stellen werden.
33 
Die Zuständigkeit ist auch nicht nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 20 Abs. 2 VO Dublin II, d.h. wegen Überschreitung der sog. Überstellungsfrist, auf die Bundesrepublik zurückgefallen. Nachdem das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 14.03.2013 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, ist, solange dieser Beschluss Bestand hat, der Lauf der Frist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens gehemmt, falls sie überhaupt in Lauf gesetzt wurde (vgl. zur Frist nach Art. 20 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II EuGH, Urteil vom 29.01.2009 - C-19/08, Petrosian - NVwZ 2009, 639, Rn. 53; vgl. auch GK-AsylVfG § 27a Rn. 227 ff.).
34 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II.
35 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 der Charta und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.).
36 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
37 
Allerdings stellt nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff.).
38 
Systemische Mängel sind solche, die entweder bereits im System selbst angelegt sind und von denen Asylbewerber generell oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
39 
Wesentliche Kriterien für die zu treffende Feststellung, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413) hat der Gerichtshof eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
40 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - 30696/09, M.S.S. -, a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat auf Grund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180/96 - Aufnahmerichtlinie), welche die zuvor gültig gewesene Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31/18) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedstaaten festgelegt. Hier sind die konkreten Anforderungen an die festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen.
41 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass diese Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
42 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Mängel des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren.
43 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Italien jedenfalls heute unter systemischen Mängeln leidet, die den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Italien einer menschenunwürdigen Behandlung ausgesetzt zu sein.
44 
aa) Aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Italien durchaus ein ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahren installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine zweckentsprechende Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht.
45 
Zunächst ist festzuhalten, dass das eigentliche materielle Prüfungsverfahren selbst als effektiv beschrieben wird, keine wesentlichen strukturellen Mängel aufweist und zu einer durchaus zufriedenstellenden Schutzquote führt (vgl. UNHCR, UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien, Juli 2013, S. 8 ff.).
46 
Das in Italien installierte Asyl- und Aufnahmeverfahren kann wie folgt beschrieben werden: Nach Einreichung des Asylantrags werden die Asylbewerber zunächst für maximal 35 Tage in den sog. CARA („Centri di Accoglienza per Richiendenti Asilo“) unterbracht. Teilweise werden allerdings Asylsuchende auch in den für Migranten, die nicht um Asyl nachgesucht haben, bereitgehaltenen Aufnahmeeinrichtungen (CDA - „Centri di Accoglienza“) aufgenommen. Im Anschluss hieran ist ein Übergang in das Aufnahmesystem SPRAR („Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugati“) vorgesehen, das nicht nur aus staatlichen Einrichtungen besteht, sondern aus einer Vielzahl von Unterkünften, die von den Kommunen, den Kirchen und kirchlichen Einrichtungen sowie von anderen Nichtregierungsorganisationen betrieben und in denen auch zahlreiche differenzierte Integrationsmaßnahmen angeboten werden. Der regelmäßige Aufenthalt ist auf sechs Monate begrenzt, kann aber bis zu einem Jahr ausgedehnt werden (vgl. hierzu SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 ff.; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.; CIR und Ecre, Asylum Information Database, National Country Report Italy, November 2013, S. 43). Die Tatsache, dass das System offensichtlich nur funktionieren kann, weil der italienische Staat auf eine Palette nicht-staatlicher Ressourcen zurückgreifen kann, wobei es dabei aber auch zu unübersehbaren durch Informationsdefizite verursachten Koordinierungsproblemen gekommen ist, die erst in jüngster Zeit in Angriff genommen wurden (vgl. SFH, a.a.O., S. 12), ist unerheblich und führt zu keinem relevanten Mangel des italienischen Asylsystems. Denn aus der Sicht des Unionsrechts, namentlich des hierdurch geforderten Grundrechtsschutzes, ist gewissermaßen der Erfolg geschuldet, der auch auf eine Umsetzung eines richtig verstandenen Subsidiaritätsprinzips gründen kann.
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Nach einem positiven Abschluss des Verfahrens sind die international Schutzberechtigten grundsätzlich den italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt. Sie erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung („Permesso di Soggiorno“), haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt und Zugang zu den Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems (mit allen Mängeln und Defiziten, wie sie auch für die eigenen Staatsangehörigen gelten). Eine staatlich organisierte Unterbringung ist dabei nicht mehr vorgesehen, aber auch nicht ausgeschlossen (vgl. etwa SFH, a.a.O., S. 22, 25; UNHCR, a.a.O., S. 14 f.).
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bb) Demgegenüber sind allerdings Mängel des Aufnahmeverfahrens sowie seines Vollzugs nicht zu übersehen, ohne dass - jedenfalls heute - diese Mängel insgesamt zu dessen weitgehender Funktionsunfähigkeit führen würden.
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Ein übereinstimmend beschriebener struktureller Mangel bestand darin, dass die Erstaufnahme nach einer Asylantragstellung bei der Questura erst dann erfolgte, wenn die offizielle förmliche Registrierung (sog. „verbalizzazione“) vorgenommen worden war. Zwischen beiden Akten konnte - im Wesentlichen aber nur in den Großstädten, insbesondere in Rom und Mailand - ein nicht unerheblicher Zeitraum liegen, in dem wegen des noch fehlenden Zugangs zum Aufnahmesystem die Asylbewerber auf sich gestellt waren und daher konkret Obdachlosigkeit drohen konnte (vgl. SFH, a.a.O., S., 12; CIR und Ecre, a.a.O., S. 13 f.). Mittlerweile wurden allerdings die zuständigen Behörden im Sommer 2013 nach einer Intervention der EU-Kommission angewiesen, dass die Registrierung bereits bei der Stellung des Asylantrags zu erfolgen hat (vgl. SFH, a.a.O., S. 12). Nicht unbedenklich und schwer nachvollziehbar ist es auch, dass schon die Stellung des Antrags (und daher der Zugang zum gesamten Asylsystem) überhaupt von einigen Behörden zumindest davon abhängig gemacht wird, dass die Betroffenen eine Wohnbescheinigung bzw. eine Kontaktadresse vorlegen, jedenfalls soweit der Antrag nicht an der Grenze, insbesondere auf einem Flughafen gestellt wird. Allerdings werden von den zuständigen Behörden auch von Nichtregierungsorganisationen ausgestellte (teils „virtuelle“) Adressen akzeptiert, wobei vermutlich diese dann als eine Art Briefkasten fungieren (vgl. SFH, a.a.O., S. 11 f.; CIR und ECRE, a.a.O., S. 13).
50 
In der Vergangenheit waren die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend dadurch gekennzeichnet, dass mit Rücksicht auf die hohen Zugangszahlen von Asylbewerbern in den letzten Jahren (v.a. in den Jahren 2008 bis 2011) das Asylsystem Italiens so erheblich belastet war, dass die Aufnahmekapazitäten offenkundig nicht mehr ausreichend waren und eine schnelle Abhilfe zunächst auch wegen der allgemein schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse in Italien nicht geleistet wurde. Bereits im Jahre 2011 entwickelte Italien allerdings einen ersten Notaufnahmeplan, mit dem zunächst 26.000 Plätze bereitgestellt wurden (vgl. AA vom 21.01.2013 an OVG Sachsen-Anhalt; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.); zugleich wurden im SPRAR-System die zur Verfügung stehenden Plätze aufgestockt, wobei es sich dabei allerdings teilweise auch um „Umwidmungen“ gehandelt haben könnte (vgl. SFH, a.a.O., S. 22). Auch werden aufgrund einer Anordnung des Innenministeriums bis zum Jahre 2016 die Unterbringungskapazitäten um weitere Plätze in der Größenordnung von 16.000 erhöht (vgl. SFH, a.a.O., S. 22; auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 42, 44 f. und 47). Schließlich sollen durch ein neues Informationssystem „Vestanet“ die Verfahrensabläufe verbessert werden mit dem Ziel einer spürbaren Verkürzung der Verfahren, insbesondere einer Optimierung der Verteilungen und Zuweisungen (SFH, a.a.O., S. 12). Diese Entwicklungen werden von UNHCR insgesamt positiv beurteilt mit der Folge, dass dieser sich nicht gegen Überstellungen von Asylbewerbern an Italien ausgesprochen hat (vgl. a.a.O., S. 17; vgl. auch dessen Ergänzende Informationen vom März 2014). Dass heute ein offenkundiges Missverhältnis zwischen dem Unterkunftsbedarf und den zur Verfügung stehenden Kapazitäten bestehen könnte, lässt sich ausreichend belastbar den verwerteten Erkenntnismitteln nicht entnehmen. Insbesondere lässt sich aus der Stellungnahme von UNHCR nicht folgern, dass heute die nach wie vor bestehenden Engpässe, die aber allenfalls regionalen Charakter haben (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 12 f.), dazu führen würden und könnten, dass Asylbewerber in signifikanter Zahl und typischerweise der Obdachlosigkeit überlassen wären. Auch der Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (vgl. S. 13 ff.; vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 24 f.) lässt sich nicht entnehmen, dass Obdachlosigkeit von Asylbewerbern gewissermaßen an der Tagesordnung wäre und eine charakteristische Erscheinungsform ausmachen würde. Wenn dort auf ein im Mai 2013 geführtes Interview Bezug genommen wird (a.a.O., S. 41), wonach es bei Rückkehrern „relativ häufig“ passiere, dass sie auf der Straße landeten, so ist dieses vor dem Hintergrund der vorgenannten Erkenntnismittel weder nach Quantität noch nach der regionalen Zuordnung hinreichend aussagekräftig und belastbar. Die Tatsache, dass solches andererseits nicht ausgeschlossen ist und die Betroffenen ggf. zeitweise in Notunterkünften (namentlich von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen) unterkommen müssen (vgl. auch SFH, a.a.O., S. 15 ff., 33 ff.), begründet keine systemischen Mängel nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs, und zwar auch dann nicht, wenn man in Rechnung stellt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln zumindest in Rom und Mailand Obdachlosigkeit bzw. das Leben in verlassenen oder besetzten Häusern ein nicht mehr zu übersehendes allgemeines Phänomen ausmacht (vgl. zu den Verhältnissen in Rom, Florenz und Mailand SFH, a.a.O., S. 36 ff.), wobei es sich dabei wohl überwiegend um international schutzberechtigte Personen, aber auch solche, die sich zu keinem Zeitpunkt in einem Asylverfahren befunden hatten, handeln dürfte. In diesem Zusammenhang darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass beispielsweise festgestellte Fälle von Obdachlosigkeit und völlig unzureichende Wohnverhältnisse nicht allein dem italienischen Asylsystem zugerechnet werden dürfen. CIR und ECRE (a.a.O., S. 42) weisen darauf hin, dass auch immer wieder eine nicht unerhebliche Zahl von Personen, die im Land verteilt wurden, schlicht untergetaucht sind und unauffindbar waren und dadurch zu den festgestellten Missständen beitragen. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass gerade die Massierung in den Großstädten, wie Rom und Mailand, monokausal dem italienischen Asylsystem zur Last gelegt werden kann, und nicht vielmehr auch von den dort lebenden Personen - aus welchen Gründen auch immer - bewusst die Entscheidung getroffen wird, in den Großstädten zu verbleiben oder überhaupt erst dorthin zu gehen.
51 
Bei der inhaltlichen und qualitativen Bewertung des Asylsystems darf zudem nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass der italienische Staat in der jüngsten Vergangenheit erhebliche Anstrengungen unternommen hat und auch weiter unternimmt, um die durch stark angestiegene Flüchtlingszahlen verursachten Mängel zu beheben (vgl. in diesem Sinne auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - juris), die allerdings auch in nicht unerheblichem Maße darauf beruhten, dass der italienische Staat nicht rechtzeitig und angemessen den Herausforderungen entgegengetreten war.
52 
Wenn jüngsten Presseberichten (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 11.04.2014) zu entnehmen ist, dass in diesem Frühjahr die Zahl der über das Mittelmeer ankommenden Flüchtling in Italien wieder erheblich angestiegen ist, kann mit Rücksicht auf die in der Vergangenheit auch mit Hilfe der EU ins Werk gesetzten Reform- und Ausbaumaßnahmen daraus nicht abgeleitet werden, das italienische Asylsystem werde wieder, wie schon vor dem Jahre 2012 in einem solchen Maße überfordert sein, dass die Bejahung systemischer Mängel ernsthaft in Betracht gezogen werden müsste.
53 
cc) Für sog. Dublin-Rückkehrer vermag UNHCR ebenfalls keine grundlegenden Unzulänglichkeiten zu erkennen, wobei er aber einschränkend darauf hinweist, dass bedingt durch die beschriebenen Engpässe solche Rückkehrer mitunter eine Reihe von Tagen in einer Aufnahmeeinrichtung auf dem Flughafen verbringen müssen, die von Nichtregierungsorganisationen versorgt, somit eben nicht regelmäßig in die Obdachlosigkeit entlassen werden (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 13). Auch CIR und ECRE (a.a.O., S. 42 ff.) beschreiben lediglich Unzulänglichkeiten, messen aber ausdrücklich diesen keinen das gesamte System negativ prägenden und dieses infrage stellenden Charakter bei. Mitunter kommt es allerdings zu Problemen deshalb, weil die nicht-staatlichen Organisationen, die die Rückkehrer auf den Flughäfen betreuen, nicht ausreichend über deren Ankunft informiert wurden (SFH, a.a.O., S. 14). CIR und ECRE (a.a.O., S. 25) konstatieren aber auch hier Verbesserungen.
54 
dd) Dass die relevante Teilgruppe der Familien mit Kindern, zu der der Kläger nicht rechnet, besonders nachteilig betroffen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. SFH (a.a.O, S. 41) berichtet sogar, dass Mütter mit Kindern vornehmlich durch kirchliche Stellen eher bevorzugt aufgenommen werden, es dann aber - bedingt durch die knappen Aufnahmekapazitäten - auch zu vorübergehenden Familientrennungen kommen könne (vgl. auch UNHCR, a.a.O., S. 13, wonach Familien und andere besonders verletzliche Personen vermehrt in den CARAs verblieben, aber jedenfalls untergebracht werden).
55 
Auch wenn kein förmliches System der Früherkennung besonders verletzlicher Personen in das italienische Asylsystem implementiert ist, so wird insgesamt deren Behandlung als zufriedenstellend beschrieben (CIR und ECRE, a.a.O., S. 33).
56 
ee) Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Die oben beschriebene rechtliche Situation dieses Personenkreises, die dadurch gekennzeichnet ist, dass dieser den italienischen Staatsbürgern umfassend gleichgestellt ist, bedingt aber faktisch, dass die Betroffenen, was Unterkunft und Erzielung des Lebensunterhalts betrifft, ein Stück weit auf sich selbst gestellt sind. Sie können teilweise (mit nicht unerheblichen Wartezeiten) im SPRAR-System unterkommen, wobei im Hinblick auf die betriebene Vermehrung von Unterkunftsplätzen hier eine Verbesserung eintreten wird. Zudem stellen die Gemeinden und Kirchen bzw. den Kirchen nahestehende Organisationen landesweit (Not-)Unterkünfte zur Verfügung (vgl. SFH, a.a.O., 22, 27, 30). Auch wenn hier selbst Familien mit Kindern gelegentlich in Notunterkünften, Obdachloseneinrichtungen und Behelfssiedlungen unterkommen müssen und im Jahre 2012 rund 1700 international Schutzberechtigte (in Rom, Florenz und Mailand) in verlassenen bzw. besetzten Häusern lebten (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 15; vgl. hierzu auch oben bb), davon gelegentlich auch Frauen, so kann insgesamt und landesweit gesehen nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Asylbewerber bei einem Verweis auf das Asylsystem Italiens im Falle der Anerkennung der Schutzberechtigung tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (SFH, a.a.O., S. 47 ff.). Es gibt nach allen verwerteten Erkenntnismitteln keinen Anhalt dafür, dass Asylbewerber von Einzelfällen abgesehen am Rande des Existenzminimums oder gar darunter leben müssten.
57 
Wenn die Situation psychisch Kranker (während des Asylverfahrens wie auch danach) als besonders prekär bezeichnet wird (vgl. SFH, a.a.O., S. 38), so bedarf es für den vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob insoweit ggf. regelhaft ein nicht befriedigter Schutz- und Betreuungsbedarf besteht, da der Kläger nicht zu diesem Personenkreis rechnet. Im Übrigen ist der Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem auch tatsächlich im Wesentlichen gewährleistet, wenn es auch bei der Erlangung der sog. Gesundheitskarte gelegentlich zu Problemen kommt, bis eine offizielle Wohnanschrift sowie eine Steuernummer mitgeteilt werden kann; hier werden aber auch „virtuelle Adressen“ akzeptiert (vgl. SFH, a.a.O., S. 49 f.). SFH beschreibt in diesem Zusammenhang eine unzureichende Informationslage der Flüchtlinge hinsichtlich der ihnen zustehenden Rechte; dieses Problem geht im Übrigen über den Aspekt der Gesundheitswesens hinaus und kann grundsätzlich alle Aspekte des Asylsystems betreffen (vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 14, 50 und 54).
58 
Diese Einschätzung des Senats, wonach systemische Mängel im Asylsystem Italiens nicht festgestellt werden können, steht im Einklang mit den jüngsten Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21.12.A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.11.2013 - 4 L 44/13 - juris, Nieders.OVG Beschluss vom 30.01.2014 - 4 LA 167/13 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.10.2013 - OVG 3 S 40.13 - juris; VG Würzburg, Beschluss vom 21.03.2014 - W 6 S 14.50007 - juris; VG Wiesbaden, Beschluss vom 06.03.2014 - 5 L 246/14.WI.A - juris; VG Stuttgart, Urteil vom 28.02.2014 - A 12 K383/14 - juris; VG Ansbach, Beschluss vom 13.02.2014 - AN 2 S 14.30090 - juris; VG Saarland, Beschluss vom 27.01.2014 - 3 K 339/13 - juris; VG Oldenburg, Beschluss vom 21.01.2014 - 3 B 6802/13 - juris; VG Regensburg, Beschluss vom 18.12.2013 - RN 6 S 13.30720 - juris; VG Meiningen, Urteil vom 26.06.2013 - 5 K 20096/13 Me - juris; VG Augsburg, Beschluss vom 19.12.2012 - Au 6 E 12.30377 - juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2012 - 6 L 1480/12.A - juris; a.A. noch OVG NRW, Beschluss vom 01.03.2012 - 1 B 234/12.A - juris; VG Gießen, Urteil vom 25.11.2013 - 1 K 844/11.GI.A - juris; VG Schwerin, Beschluss vom 13.11.2013 - 3 B 315/13 As - juris; VG Frankfurt, Urteil vom 09.07.2013 - 7 K 560/11.F.A. - juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16.05.2013 - 5a L 547/13.A - juris; VG Köln, Beschluss vom 07.05.2013 - 20 L 613/13.A - juris).
59 
3. Sonstige zur Aufhebung der Abschiebungsanordnung vom 03.12.2012, die - anders als die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 26a AsylVfG - keine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 darstellt (vgl. GK-AufenthG § 59 Rn. 268), führende Mängel sind nicht ersichtlich. Auch ist aufgrund des Vorbringens des Klägers nichts dafür ersichtlich, dass er aus ganz speziellen und nur ihn individuell betreffenden Gründen in Italien einer unmenschlichen Behandlung etc. ausgesetzt sein könnte oder dass man sich in Italien seiner ohne Prüfung des Asylgesuchs und unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot entledigen könnte, und deshalb eine Rückführung nach Italien unzulässig wäre.
III.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere liegt keine grundsätzliche Bedeutung vor, weil eine weitergehende Schutzwirkung des unionsrechtlichen Beschleunigungsgebots als sie der Senat für richtig und geboten hält, offensichtlich ausscheiden muss.

Gründe

 
16 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
17 
Die zu Recht auf § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 27a AsylVfG gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
I.
18 
Die Klage ist allerdings schon unzulässig, soweit die Verpflichtung zur Fortführung des Asylverfahrens begehrt wird (wie hier auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2013 - 1 A 21.12.A - juris). Ein solcher Verpflichtungsausspruch setzt zunächst voraus, dass dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, was aber nur der Fall wäre, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig bleiben würde; solches ist hier jedoch nicht erkennbar. Abgesehen davon muss die Beklagte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417 Rn. 96; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170 Rn. 33) zunächst die Möglichkeit haben, einen anderen Mitglied- bzw. Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist (hier die Schweiz oder Frankreich) zu ersuchen. Aus diesem Grund käme auch ein Verpflichtungsausspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus nicht in Betracht. Hinzukommt im Übrigen in diesem Zusammenhang weiter: Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Urteilen vom 07.03.1995 (9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80) und vom 05.09.2013 (10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) entschieden, dass in Bezug auf eine Einstellungsentscheidung nach einer Antragsrücknahme (§ 32 AsylVfG) bzw. nach einem Nichtbetreiben des Verfahrens (vgl. § 33 Abs. 1 AsylVfG) nur das Anfechtungsbegehren statthaft und die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbehalten ist. Damit ist insbesondere ein Durchentscheiden, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Folgeantragsverfahren noch für richtig gehalten hat, ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861; vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 295 ff.). Dieses muss aber gleichermaßen in der hier gegebenen Fallkonstellation gelten, in der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenfalls noch keine Sachentscheidung getroffen hat (a.A. noch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - AuAS 2012, 213, aber durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts überholt). Ungeachtet dessen scheidet entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch ein spezifischer Verpflichtungsausspruch deshalb aus, weil die Durchführung eines auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Verfahrens selbst keinen Verwaltungsakt darstellt bzw. dessen Erlass voraussetzt. Wenn überhaupt, wäre nur eine allgemeine Leistungsklage statthaft.
II.
19 
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie aber unbegründet.
20 
Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass Italien der zuständige Mitgliedstaat und daher der Asylantrag unzulässig ist, weshalb auch zu Recht die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde.
21 
1. Die Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig ist, beantwortet hier die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II).
22 
Auch wenn von der Bestimmung des § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auszugehen ist, kommt die zwischenzeitlich erlassene Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (ABl. Nr. L 180, 31 - VO Dublin III) noch nicht zur Anwendung. Nach Art. 49 VO Dublin III ist die Neuregelung erst für Anträge auf Internationalen Schutz sowie Anträge der Mitgliedstaaten auf Aufnahme oder Wiederaufnahme anzuwenden, die ab dem 01.01.2014 gestellt wurden. Im vorliegenden Fall hat der Kläger im Bundesgebiet bereits im Jahr 2012 Asyl beantragt. Auch der Antrag auf Wiederaufnahme des Klägers wurde noch im Jahr 2012 gestellt und von Italien im gleichen Jahr positiv beschieden.
23 
Die Zuständigkeit Italiens ergibt sich aus Folgendem, wobei offen bleiben kann, ob es sich vorliegend um einen Aufnahmefall handelt, was der Fall wäre, wenn der Kläger, wie er durchgängig geltend macht, in Italien keinen Asylantrag gestellt hätte, oder ob von der Fallkonstellation einer Wiederaufnahme auszugehen ist, wenn der Mitteilung von Italien zu folgen wäre, dass die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II vorliegen:
24 
Falls ein Fall der Aufnahme vorliegt, gilt Folgendes: Nach den Angaben des Klägers war dieser von der Türkei kommend mit einem Boot über eine „Insel“ nach Italien gekommen. Sollte er dabei Griechenland berührt haben, so wäre an sich gem. Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Griechenland (in erster Linie) zuständig. Da aber Überstellungen nach Griechenland wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens nicht mehr durchgeführt werden können und dürfen, war zunächst ebenfalls nach Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Italien zuständig (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 96). Allerdings ist in der Folgezeit die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil diese die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens von drei Monaten nach Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II nicht eingehalten hatte. Indem jedoch Italien der Aufnahme ausdrücklich zugestimmt hat (vgl. Art. 19 Abs. 1 VO Dublin II), ist Italien wiederum zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens.
25 
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208) ist davon auszugehen, dass sich der Kläger nach der erfolgten Zustimmung durch Italien nicht auf die Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens berufen und diesen Umstand nicht gegen eine Überstellung einwenden kann. Die jeweiligen Fristbestimmungen dienen hiernach ebenfalls einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats, ohne aber den Antragstellern (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (so auch OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris).
26 
Damit sind die Betroffenen aber nicht rechtsschutzlos gestellt, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge untätig bleiben und weder ein Ersuchen an den anderen Mitgliedstaat stellen noch in eine Sachprüfung eintreten sollte. Um nicht mit dem unionsrechtlichen Gebot der beschleunigten Durchführung des Verfahrens auf Prüfung des Asylantrags (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 79; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. Rn. 35 und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - a.a.O. Rn. 59), das auch im Interesse der Betroffenen in der Verordnung Niederschlag gefunden hat (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 79), in einen unauflösbaren Konflikt zu geraten, ist es der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gestattet, durch die Stellung eines verspäteten Übernahmeersuchens eine vom Antragsteller oder der Antragstellerin bereits in zulässiger Weise in die Wege geleitete Sachprüfung abzubrechen; erst recht gilt dies, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits eine sachliche Prüfung begonnen hatte, sofern man nicht ohnehin hierin die Ausübung des Selbsteintrittsrechts bzw. ein Gebrauchmachen von der Souveränitätsklausel sehen will (vgl. zu Einzelheiten GK-AsylVfG § 27a Rn. 177). Andernfalls wäre ein wesentlicher Geltungsgrund des Dublinsystems selbst grundsätzlich infrage gestellt (a.A. etwa OVG Rheinl.-Pfalz., Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris, ohne sich aber mit dem Problem weiter auseinanderzusetzen), wobei die zentrale Bedeutung des Beschleunigungsgebots nicht zuletzt auch darin zum Ausdruck kommt, dass das Fristenregime nach der VO (EU) 604/2013 (VO Dublin III) noch verschärft wurde (vgl. Art. 21 Abs. 1 UA 2).
27 
Hat daher der Antragsteller oder die Antragstellerin während der Zeit, während der die Bundesrepublik im Hinblick auf die Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens zuständig war, den Anspruch auf sachliche Prüfung geltend gemacht und insoweit eine zulässige und unmittelbar eine sachliche Entscheidung des Gerichts eröffnende Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erhoben (vgl. hierzu noch unten) und damit in uneingeschränkter Konformität mit dem nationalen Verfahrensrecht, das insoweit selbst nicht in Widerspruch mit den unionsrechtlichen Vorgaben der VO Dublin II steht, die Grundlage einer inhaltlichen Prüfung gelegt, kann der unionsrechtliche Grundsatz des „effet utile“ einer Verweigerung oder gar einem Abbruch der sachlichen Prüfung und der Stellung eines Aufnahmeersuchens während die Bundesrepublik Deutschland wegen der Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens noch zuständig ist, entgegenstehen. Bei dieser Ausgangslage würde sich nämlich bei einer typisierenden Betrachtungsweise der Zeitpunkt einer sachlichen Prüfung durch den anderen Mitgliedstaat in einer Weise verzögern, die dem Beschleunigungsanliegen des Dublinsystems grundlegend zuwiderliefe, da voraussetzungsgemäß eine Zustimmung des anderen Mitgliedstaats (noch) nicht vorliegt. Insoweit wird man ein subjektives Recht auf Unterlassen der Stellung eines Aufnahmeersuchens, jedenfalls aber einer späteren Überstellung, nicht verneinen können. Wurde hingegen im vorgenannten Sinn die Grundlage für eine sachliche Prüfung während der Zuständigkeit der Bundesrepublik noch nicht gelegt, so ist zwar das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot grundsätzlich auch negativ berührt. Liegt jedoch mittlerweile eine Zustimmung des ersuchten (an sich unzuständigen) Mitgliedstaat vor, so kann im Falle einer zeitnahen Überstellung noch mit einer ebenfalls zumutbaren und zeitnahen Sachprüfung durch diesen gerechnet werden, zumal die Betroffenen ohnehin die bisherige Untätigkeit klaglos hingenommen hatten und sie es im Übrigen in der Hand haben, durch eine schnelle und zügige Ausreise in den zuständigen Mitgliedstaat das Verfahren zusätzlich zu beschleunigen. Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass diese Untätigkeitsklage nach den allgemeinen verwaltungsprozessualen Grundsätzen auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und hilfsweise des unionsrechtlichen subsidiären Schutzstatus zu richten wäre und nicht auf die Verpflichtung zur Bescheidung oder gar die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 3 m.w.N.),
28 
Eine zulässige und eine gerichtliche Sachprüfung eröffnende Untätigkeitsklage (vgl. § 75 Satz 2 VwGO) kann allerdings nicht vor Ablauf der für die Stellung eines Aufnahmeersuchens maßgeblichen Frist von drei Monaten (vgl. Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II) erhoben werden (nach Art. 21 Abs. 1 UA 1 bzw. 2 VO Dublin III beträgt die Freist nunmehr drei bzw. zwei Monate), wobei diese Frist zufällig identisch mit der Frist nach § 75 Satz 2 VwGO ist. Ist die Bundesrepublik Deutschland zuständig geworden, weil die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens abgelaufen ist, so ist allerdings schon aus verwaltungsorganisatorischen Gründen ein Beginn der Sachprüfung nicht unmittelbar geboten mit der Folge, dass für eine im Einzelfall zu bestimmende Übergangszeit noch ein zureichender Grund für eine Untätigkeit im Sinne des § 75 Satz 2 VwGO vorliegen wird. Das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot wäre im Übrigen hier noch nicht im Kern berührt, wenn das Bundesamt noch unmittelbar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens während der vorgenannten Übergangszeit unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, die Stellung eines Übernahmeersuchens nachholen würde, über dessen Erfolg oder Misserfolg dann ohnehin regelmäßig binnen zweier Monate Klarheit bestünde (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), und zwar ungeachtet der Frage, ob die Betroffenen die auf eine Sachprüfung hinführende Untätigkeitsklage bereits erhoben hatten oder sie nunmehr erst noch erheben. Hatte der oder die Betreffende die Untätigkeitsklage bei Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens bzw. der des § 75 Satz 2 VwGO bereits erhoben, hat es das Verwaltungsgericht in der Hand, durch die Setzung einer angemessenen und ausreichenden Frist nach § 75 Satz 3 VwGO die zeitliche Dimension für die Möglichkeit einer Nachholung des Aufnahmeersuchens für die Bundesrepublik Deutschland zu konkretisieren. Bleibt die Bundesrepublik in dieser Übergangszeit untätig, d.h. stellt sie nicht ihrerseits unverzüglich ein Aufnahmeersuchen, so liegt kein zureichender Grund mehr vor mit der Folge, dass dann die Untätigkeitsklage uneingeschränkt zulässig ist (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 25).
29 
Stimmt der ersuchte Mitgliedstaat dem Ersuchen vor Ablauf der Frist nach § 75 Satz 3 VwGO zu oder läuft die Frist für die Beantwortung des Ersuchens ab (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), so würde der ersuchte Mitgliedstaat noch zuständig und eine Überstellung wäre nach dem Regime von Dublin II (wie auch nach Dublin III) ungeachtet einer möglicherweise bereits erhobenen Untätigkeitsklage noch zulässig, eine gerichtliche Sachprüfung wäre durch einen nach wie vor bestehenden zureichenden Grund auch mit Blick auf das System bzw. den Mechanismus von Dublin gesperrt. Dies wäre jedoch spätestens dann nicht mehr der Fall, wenn die Bundesrepublik die Frist von sechs Monaten für die Durchführung der Überstellung nach Art. 19 Abs. 4 VO Dublin II (Art. 28 Abs. 1 UA 1 VO Dublin III) nunmehr fruchtlos verstreichen lassen würde mit der Folge, dass sie wieder für die Prüfung des Gesuchs zuständig geworden wäre.
30 
Ausgehend hiervon kann der Kläger bei der gegebenen Sachlage unter keinen Umständen für ihn günstige Schlussfolgerungen aus der Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens herleiten, ungeachtet der Tatsache, dass er zu keinem Zeitpunkt eine Untätigkeitsklage erhoben hatte. Denn hier hatte die Bundesrepublik Deutschland das Übernahmeersuchen zwar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens, aber noch unverzüglich nach deren Ablauf gestellt. Der Senat kann offen lassen, ob es eine absolute zeitliche Obergrenze für die Stellung eines (verspäteten) Übernahmeersuchens geben muss, auf die sich der oder die Betroffene auch berufen kann, selbst wenn er oder sie eine Untätigkeitsklage nicht erhoben hat oder erhebt. Allerdings wird dagegen sprechen, dass im Falle einer hier zu unterstellenden Untätigkeit des oder der Betroffenen infolge der sehr kurzen Beantwortungsfristen nach Stellung eines Übernahmeersuchens in einem solchen Fall ohnehin nur eine marginale weitere Verzögerung eintreten kann, die der oder die Betroffene aber bislang klaglos hingenommen hatte.
31 
Geht man davon aus, dass der Kläger in Italien schon einen Asylantrag gestellt hatte, so ergibt sich für ihn keine günstigere Sichtweise. Denn in diesem Fall war das Wiederaufnahmeersuchen der zweifellos unzuständigen Bundesrepublik nach Art. 20 VO Dublin II nicht fristgebunden. Für alle ab dem 01.01.2014 gestellten Wiederaufnahmeersuchen wäre aber mit Rücksicht auf die Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III nunmehr eine Frist von zwei bzw. drei Monaten (vgl. Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III) einzuhalten, weshalb zukünftig die oben dargestellten Grundsätze ebenfalls gelten werden.
32 
Wenn teilweise in der verwaltungsgerichtlichen Spruchpraxis hier die Frist des Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II analog angewandt wird (so etwa VG Düsseldorf, Beschluss vom 10.02.2014 - 25 K 8830/13.A - juris), so sieht der Senat hierfür keine tragfähige Grundlage, fehlt es doch schon an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass eine durch einen Analogieschluss zu schließende systemwidrige Lücke vorliegen könnte, und nicht vielmehr eine politische Entscheidung des Normsetzers. Der Senat lässt auch offen, ob hier eine äußerste Grenze besteht, nach deren Überschreitung es der Bundesrepublik Deutschland unter dem Aspekt des Beschleunigungsgebots nicht mehr erlaubt wäre, den oder die Betroffene noch zu überstellen, und dann aufgrund eines Selbsteintritts auch eine Sachentscheidung treffen müsste, die auch von den Betroffenen durchgesetzt werden könnte. Denn diese Frage würde sich bei einer Stellung des Wiederaufnahmeersuchens nach - wie hier - nur vier Monaten schon von vornherein nicht stellen. Abgesehen davon besteht im vorliegenden Fall eine grundlegend andere Ausgangssituation, weil - mögliche systemische Mängel einmal hinweggedacht - es die Betroffenen, die voraussetzungsgemäß in dem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt haben, durch eine zeitnahe Rückkehr dorthin in der Hand haben, eine baldige Sachentscheidung herbeizuführen. Von weiteren Ausführungen in diesem Zusammenhang sieht der Senat ab, da sich diese Fragen, wie dargelegt, nicht mehr stellen werden.
33 
Die Zuständigkeit ist auch nicht nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 20 Abs. 2 VO Dublin II, d.h. wegen Überschreitung der sog. Überstellungsfrist, auf die Bundesrepublik zurückgefallen. Nachdem das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 14.03.2013 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, ist, solange dieser Beschluss Bestand hat, der Lauf der Frist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens gehemmt, falls sie überhaupt in Lauf gesetzt wurde (vgl. zur Frist nach Art. 20 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II EuGH, Urteil vom 29.01.2009 - C-19/08, Petrosian - NVwZ 2009, 639, Rn. 53; vgl. auch GK-AsylVfG § 27a Rn. 227 ff.).
34 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II.
35 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 der Charta und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.).
36 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
37 
Allerdings stellt nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff.).
38 
Systemische Mängel sind solche, die entweder bereits im System selbst angelegt sind und von denen Asylbewerber generell oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
39 
Wesentliche Kriterien für die zu treffende Feststellung, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413) hat der Gerichtshof eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
40 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - 30696/09, M.S.S. -, a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat auf Grund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180/96 - Aufnahmerichtlinie), welche die zuvor gültig gewesene Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31/18) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedstaaten festgelegt. Hier sind die konkreten Anforderungen an die festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen.
41 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass diese Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
42 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Mängel des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren.
43 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Italien jedenfalls heute unter systemischen Mängeln leidet, die den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Italien einer menschenunwürdigen Behandlung ausgesetzt zu sein.
44 
aa) Aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Italien durchaus ein ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahren installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine zweckentsprechende Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht.
45 
Zunächst ist festzuhalten, dass das eigentliche materielle Prüfungsverfahren selbst als effektiv beschrieben wird, keine wesentlichen strukturellen Mängel aufweist und zu einer durchaus zufriedenstellenden Schutzquote führt (vgl. UNHCR, UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien, Juli 2013, S. 8 ff.).
46 
Das in Italien installierte Asyl- und Aufnahmeverfahren kann wie folgt beschrieben werden: Nach Einreichung des Asylantrags werden die Asylbewerber zunächst für maximal 35 Tage in den sog. CARA („Centri di Accoglienza per Richiendenti Asilo“) unterbracht. Teilweise werden allerdings Asylsuchende auch in den für Migranten, die nicht um Asyl nachgesucht haben, bereitgehaltenen Aufnahmeeinrichtungen (CDA - „Centri di Accoglienza“) aufgenommen. Im Anschluss hieran ist ein Übergang in das Aufnahmesystem SPRAR („Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugati“) vorgesehen, das nicht nur aus staatlichen Einrichtungen besteht, sondern aus einer Vielzahl von Unterkünften, die von den Kommunen, den Kirchen und kirchlichen Einrichtungen sowie von anderen Nichtregierungsorganisationen betrieben und in denen auch zahlreiche differenzierte Integrationsmaßnahmen angeboten werden. Der regelmäßige Aufenthalt ist auf sechs Monate begrenzt, kann aber bis zu einem Jahr ausgedehnt werden (vgl. hierzu SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 ff.; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.; CIR und Ecre, Asylum Information Database, National Country Report Italy, November 2013, S. 43). Die Tatsache, dass das System offensichtlich nur funktionieren kann, weil der italienische Staat auf eine Palette nicht-staatlicher Ressourcen zurückgreifen kann, wobei es dabei aber auch zu unübersehbaren durch Informationsdefizite verursachten Koordinierungsproblemen gekommen ist, die erst in jüngster Zeit in Angriff genommen wurden (vgl. SFH, a.a.O., S. 12), ist unerheblich und führt zu keinem relevanten Mangel des italienischen Asylsystems. Denn aus der Sicht des Unionsrechts, namentlich des hierdurch geforderten Grundrechtsschutzes, ist gewissermaßen der Erfolg geschuldet, der auch auf eine Umsetzung eines richtig verstandenen Subsidiaritätsprinzips gründen kann.
47 
Nach einem positiven Abschluss des Verfahrens sind die international Schutzberechtigten grundsätzlich den italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt. Sie erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung („Permesso di Soggiorno“), haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt und Zugang zu den Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems (mit allen Mängeln und Defiziten, wie sie auch für die eigenen Staatsangehörigen gelten). Eine staatlich organisierte Unterbringung ist dabei nicht mehr vorgesehen, aber auch nicht ausgeschlossen (vgl. etwa SFH, a.a.O., S. 22, 25; UNHCR, a.a.O., S. 14 f.).
48 
bb) Demgegenüber sind allerdings Mängel des Aufnahmeverfahrens sowie seines Vollzugs nicht zu übersehen, ohne dass - jedenfalls heute - diese Mängel insgesamt zu dessen weitgehender Funktionsunfähigkeit führen würden.
49 
Ein übereinstimmend beschriebener struktureller Mangel bestand darin, dass die Erstaufnahme nach einer Asylantragstellung bei der Questura erst dann erfolgte, wenn die offizielle förmliche Registrierung (sog. „verbalizzazione“) vorgenommen worden war. Zwischen beiden Akten konnte - im Wesentlichen aber nur in den Großstädten, insbesondere in Rom und Mailand - ein nicht unerheblicher Zeitraum liegen, in dem wegen des noch fehlenden Zugangs zum Aufnahmesystem die Asylbewerber auf sich gestellt waren und daher konkret Obdachlosigkeit drohen konnte (vgl. SFH, a.a.O., S., 12; CIR und Ecre, a.a.O., S. 13 f.). Mittlerweile wurden allerdings die zuständigen Behörden im Sommer 2013 nach einer Intervention der EU-Kommission angewiesen, dass die Registrierung bereits bei der Stellung des Asylantrags zu erfolgen hat (vgl. SFH, a.a.O., S. 12). Nicht unbedenklich und schwer nachvollziehbar ist es auch, dass schon die Stellung des Antrags (und daher der Zugang zum gesamten Asylsystem) überhaupt von einigen Behörden zumindest davon abhängig gemacht wird, dass die Betroffenen eine Wohnbescheinigung bzw. eine Kontaktadresse vorlegen, jedenfalls soweit der Antrag nicht an der Grenze, insbesondere auf einem Flughafen gestellt wird. Allerdings werden von den zuständigen Behörden auch von Nichtregierungsorganisationen ausgestellte (teils „virtuelle“) Adressen akzeptiert, wobei vermutlich diese dann als eine Art Briefkasten fungieren (vgl. SFH, a.a.O., S. 11 f.; CIR und ECRE, a.a.O., S. 13).
50 
In der Vergangenheit waren die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend dadurch gekennzeichnet, dass mit Rücksicht auf die hohen Zugangszahlen von Asylbewerbern in den letzten Jahren (v.a. in den Jahren 2008 bis 2011) das Asylsystem Italiens so erheblich belastet war, dass die Aufnahmekapazitäten offenkundig nicht mehr ausreichend waren und eine schnelle Abhilfe zunächst auch wegen der allgemein schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse in Italien nicht geleistet wurde. Bereits im Jahre 2011 entwickelte Italien allerdings einen ersten Notaufnahmeplan, mit dem zunächst 26.000 Plätze bereitgestellt wurden (vgl. AA vom 21.01.2013 an OVG Sachsen-Anhalt; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.); zugleich wurden im SPRAR-System die zur Verfügung stehenden Plätze aufgestockt, wobei es sich dabei allerdings teilweise auch um „Umwidmungen“ gehandelt haben könnte (vgl. SFH, a.a.O., S. 22). Auch werden aufgrund einer Anordnung des Innenministeriums bis zum Jahre 2016 die Unterbringungskapazitäten um weitere Plätze in der Größenordnung von 16.000 erhöht (vgl. SFH, a.a.O., S. 22; auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 42, 44 f. und 47). Schließlich sollen durch ein neues Informationssystem „Vestanet“ die Verfahrensabläufe verbessert werden mit dem Ziel einer spürbaren Verkürzung der Verfahren, insbesondere einer Optimierung der Verteilungen und Zuweisungen (SFH, a.a.O., S. 12). Diese Entwicklungen werden von UNHCR insgesamt positiv beurteilt mit der Folge, dass dieser sich nicht gegen Überstellungen von Asylbewerbern an Italien ausgesprochen hat (vgl. a.a.O., S. 17; vgl. auch dessen Ergänzende Informationen vom März 2014). Dass heute ein offenkundiges Missverhältnis zwischen dem Unterkunftsbedarf und den zur Verfügung stehenden Kapazitäten bestehen könnte, lässt sich ausreichend belastbar den verwerteten Erkenntnismitteln nicht entnehmen. Insbesondere lässt sich aus der Stellungnahme von UNHCR nicht folgern, dass heute die nach wie vor bestehenden Engpässe, die aber allenfalls regionalen Charakter haben (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 12 f.), dazu führen würden und könnten, dass Asylbewerber in signifikanter Zahl und typischerweise der Obdachlosigkeit überlassen wären. Auch der Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (vgl. S. 13 ff.; vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 24 f.) lässt sich nicht entnehmen, dass Obdachlosigkeit von Asylbewerbern gewissermaßen an der Tagesordnung wäre und eine charakteristische Erscheinungsform ausmachen würde. Wenn dort auf ein im Mai 2013 geführtes Interview Bezug genommen wird (a.a.O., S. 41), wonach es bei Rückkehrern „relativ häufig“ passiere, dass sie auf der Straße landeten, so ist dieses vor dem Hintergrund der vorgenannten Erkenntnismittel weder nach Quantität noch nach der regionalen Zuordnung hinreichend aussagekräftig und belastbar. Die Tatsache, dass solches andererseits nicht ausgeschlossen ist und die Betroffenen ggf. zeitweise in Notunterkünften (namentlich von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen) unterkommen müssen (vgl. auch SFH, a.a.O., S. 15 ff., 33 ff.), begründet keine systemischen Mängel nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs, und zwar auch dann nicht, wenn man in Rechnung stellt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln zumindest in Rom und Mailand Obdachlosigkeit bzw. das Leben in verlassenen oder besetzten Häusern ein nicht mehr zu übersehendes allgemeines Phänomen ausmacht (vgl. zu den Verhältnissen in Rom, Florenz und Mailand SFH, a.a.O., S. 36 ff.), wobei es sich dabei wohl überwiegend um international schutzberechtigte Personen, aber auch solche, die sich zu keinem Zeitpunkt in einem Asylverfahren befunden hatten, handeln dürfte. In diesem Zusammenhang darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass beispielsweise festgestellte Fälle von Obdachlosigkeit und völlig unzureichende Wohnverhältnisse nicht allein dem italienischen Asylsystem zugerechnet werden dürfen. CIR und ECRE (a.a.O., S. 42) weisen darauf hin, dass auch immer wieder eine nicht unerhebliche Zahl von Personen, die im Land verteilt wurden, schlicht untergetaucht sind und unauffindbar waren und dadurch zu den festgestellten Missständen beitragen. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass gerade die Massierung in den Großstädten, wie Rom und Mailand, monokausal dem italienischen Asylsystem zur Last gelegt werden kann, und nicht vielmehr auch von den dort lebenden Personen - aus welchen Gründen auch immer - bewusst die Entscheidung getroffen wird, in den Großstädten zu verbleiben oder überhaupt erst dorthin zu gehen.
51 
Bei der inhaltlichen und qualitativen Bewertung des Asylsystems darf zudem nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass der italienische Staat in der jüngsten Vergangenheit erhebliche Anstrengungen unternommen hat und auch weiter unternimmt, um die durch stark angestiegene Flüchtlingszahlen verursachten Mängel zu beheben (vgl. in diesem Sinne auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - juris), die allerdings auch in nicht unerheblichem Maße darauf beruhten, dass der italienische Staat nicht rechtzeitig und angemessen den Herausforderungen entgegengetreten war.
52 
Wenn jüngsten Presseberichten (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 11.04.2014) zu entnehmen ist, dass in diesem Frühjahr die Zahl der über das Mittelmeer ankommenden Flüchtling in Italien wieder erheblich angestiegen ist, kann mit Rücksicht auf die in der Vergangenheit auch mit Hilfe der EU ins Werk gesetzten Reform- und Ausbaumaßnahmen daraus nicht abgeleitet werden, das italienische Asylsystem werde wieder, wie schon vor dem Jahre 2012 in einem solchen Maße überfordert sein, dass die Bejahung systemischer Mängel ernsthaft in Betracht gezogen werden müsste.
53 
cc) Für sog. Dublin-Rückkehrer vermag UNHCR ebenfalls keine grundlegenden Unzulänglichkeiten zu erkennen, wobei er aber einschränkend darauf hinweist, dass bedingt durch die beschriebenen Engpässe solche Rückkehrer mitunter eine Reihe von Tagen in einer Aufnahmeeinrichtung auf dem Flughafen verbringen müssen, die von Nichtregierungsorganisationen versorgt, somit eben nicht regelmäßig in die Obdachlosigkeit entlassen werden (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 13). Auch CIR und ECRE (a.a.O., S. 42 ff.) beschreiben lediglich Unzulänglichkeiten, messen aber ausdrücklich diesen keinen das gesamte System negativ prägenden und dieses infrage stellenden Charakter bei. Mitunter kommt es allerdings zu Problemen deshalb, weil die nicht-staatlichen Organisationen, die die Rückkehrer auf den Flughäfen betreuen, nicht ausreichend über deren Ankunft informiert wurden (SFH, a.a.O., S. 14). CIR und ECRE (a.a.O., S. 25) konstatieren aber auch hier Verbesserungen.
54 
dd) Dass die relevante Teilgruppe der Familien mit Kindern, zu der der Kläger nicht rechnet, besonders nachteilig betroffen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. SFH (a.a.O, S. 41) berichtet sogar, dass Mütter mit Kindern vornehmlich durch kirchliche Stellen eher bevorzugt aufgenommen werden, es dann aber - bedingt durch die knappen Aufnahmekapazitäten - auch zu vorübergehenden Familientrennungen kommen könne (vgl. auch UNHCR, a.a.O., S. 13, wonach Familien und andere besonders verletzliche Personen vermehrt in den CARAs verblieben, aber jedenfalls untergebracht werden).
55 
Auch wenn kein förmliches System der Früherkennung besonders verletzlicher Personen in das italienische Asylsystem implementiert ist, so wird insgesamt deren Behandlung als zufriedenstellend beschrieben (CIR und ECRE, a.a.O., S. 33).
56 
ee) Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Die oben beschriebene rechtliche Situation dieses Personenkreises, die dadurch gekennzeichnet ist, dass dieser den italienischen Staatsbürgern umfassend gleichgestellt ist, bedingt aber faktisch, dass die Betroffenen, was Unterkunft und Erzielung des Lebensunterhalts betrifft, ein Stück weit auf sich selbst gestellt sind. Sie können teilweise (mit nicht unerheblichen Wartezeiten) im SPRAR-System unterkommen, wobei im Hinblick auf die betriebene Vermehrung von Unterkunftsplätzen hier eine Verbesserung eintreten wird. Zudem stellen die Gemeinden und Kirchen bzw. den Kirchen nahestehende Organisationen landesweit (Not-)Unterkünfte zur Verfügung (vgl. SFH, a.a.O., 22, 27, 30). Auch wenn hier selbst Familien mit Kindern gelegentlich in Notunterkünften, Obdachloseneinrichtungen und Behelfssiedlungen unterkommen müssen und im Jahre 2012 rund 1700 international Schutzberechtigte (in Rom, Florenz und Mailand) in verlassenen bzw. besetzten Häusern lebten (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 15; vgl. hierzu auch oben bb), davon gelegentlich auch Frauen, so kann insgesamt und landesweit gesehen nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Asylbewerber bei einem Verweis auf das Asylsystem Italiens im Falle der Anerkennung der Schutzberechtigung tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (SFH, a.a.O., S. 47 ff.). Es gibt nach allen verwerteten Erkenntnismitteln keinen Anhalt dafür, dass Asylbewerber von Einzelfällen abgesehen am Rande des Existenzminimums oder gar darunter leben müssten.
57 
Wenn die Situation psychisch Kranker (während des Asylverfahrens wie auch danach) als besonders prekär bezeichnet wird (vgl. SFH, a.a.O., S. 38), so bedarf es für den vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob insoweit ggf. regelhaft ein nicht befriedigter Schutz- und Betreuungsbedarf besteht, da der Kläger nicht zu diesem Personenkreis rechnet. Im Übrigen ist der Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem auch tatsächlich im Wesentlichen gewährleistet, wenn es auch bei der Erlangung der sog. Gesundheitskarte gelegentlich zu Problemen kommt, bis eine offizielle Wohnanschrift sowie eine Steuernummer mitgeteilt werden kann; hier werden aber auch „virtuelle Adressen“ akzeptiert (vgl. SFH, a.a.O., S. 49 f.). SFH beschreibt in diesem Zusammenhang eine unzureichende Informationslage der Flüchtlinge hinsichtlich der ihnen zustehenden Rechte; dieses Problem geht im Übrigen über den Aspekt der Gesundheitswesens hinaus und kann grundsätzlich alle Aspekte des Asylsystems betreffen (vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 14, 50 und 54).
58 
Diese Einschätzung des Senats, wonach systemische Mängel im Asylsystem Italiens nicht festgestellt werden können, steht im Einklang mit den jüngsten Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21.12.A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.11.2013 - 4 L 44/13 - juris, Nieders.OVG Beschluss vom 30.01.2014 - 4 LA 167/13 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.10.2013 - OVG 3 S 40.13 - juris; VG Würzburg, Beschluss vom 21.03.2014 - W 6 S 14.50007 - juris; VG Wiesbaden, Beschluss vom 06.03.2014 - 5 L 246/14.WI.A - juris; VG Stuttgart, Urteil vom 28.02.2014 - A 12 K383/14 - juris; VG Ansbach, Beschluss vom 13.02.2014 - AN 2 S 14.30090 - juris; VG Saarland, Beschluss vom 27.01.2014 - 3 K 339/13 - juris; VG Oldenburg, Beschluss vom 21.01.2014 - 3 B 6802/13 - juris; VG Regensburg, Beschluss vom 18.12.2013 - RN 6 S 13.30720 - juris; VG Meiningen, Urteil vom 26.06.2013 - 5 K 20096/13 Me - juris; VG Augsburg, Beschluss vom 19.12.2012 - Au 6 E 12.30377 - juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2012 - 6 L 1480/12.A - juris; a.A. noch OVG NRW, Beschluss vom 01.03.2012 - 1 B 234/12.A - juris; VG Gießen, Urteil vom 25.11.2013 - 1 K 844/11.GI.A - juris; VG Schwerin, Beschluss vom 13.11.2013 - 3 B 315/13 As - juris; VG Frankfurt, Urteil vom 09.07.2013 - 7 K 560/11.F.A. - juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16.05.2013 - 5a L 547/13.A - juris; VG Köln, Beschluss vom 07.05.2013 - 20 L 613/13.A - juris).
59 
3. Sonstige zur Aufhebung der Abschiebungsanordnung vom 03.12.2012, die - anders als die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 26a AsylVfG - keine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 darstellt (vgl. GK-AufenthG § 59 Rn. 268), führende Mängel sind nicht ersichtlich. Auch ist aufgrund des Vorbringens des Klägers nichts dafür ersichtlich, dass er aus ganz speziellen und nur ihn individuell betreffenden Gründen in Italien einer unmenschlichen Behandlung etc. ausgesetzt sein könnte oder dass man sich in Italien seiner ohne Prüfung des Asylgesuchs und unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot entledigen könnte, und deshalb eine Rückführung nach Italien unzulässig wäre.
III.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere liegt keine grundsätzliche Bedeutung vor, weil eine weitergehende Schutzwirkung des unionsrechtlichen Beschleunigungsgebots als sie der Senat für richtig und geboten hält, offensichtlich ausscheiden muss.

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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 22. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem die Unzulässigkeit eines von ihm in Deutschland gestellten Asylantrags festgestellt und die Abschiebung nach Italien angeordnet wird. Er begehrt die Ausübung des Selbsteintrittsrechts und die sachliche Prüfung des Asylantrags in Deutschland.

2

Der Kläger stellte am 2. August 2012 bei der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Trier (Bundesamt) einen Asylantrag, nachdem er am 17. Juli 2012 als Asylbewerber erfasst worden war. Bei der Antragstellung gab er an, am 5. August 1988 in Mogadischu geboren zu sein und die somalische Staatsangehörigkeit zu besitzen. Er sei Mitglied der Volksgruppe der Hawadle und sunnitischer Religionszugehörigkeit.

3

Bei der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 29. August 2012 trug der Kläger vor, zwei Jahre lang als Schneider ausgebildet worden zu sein und diesen Beruf ein Jahr lang selbständig ausgeübt zu haben. Seine Schneiderei habe in der Nähe einer Fabrikruine gelegen, auf deren Gelände äthiopische Soldaten campiert hätten. Immer wieder seien diese von Mitgliedern der Al Shabaab attackiert worden. Auch die äthiopischen Soldaten hätten angegriffen. Die Al Shabaab sei zu ihm gekommen und habe gesagt, sie brauche Hilfe. Er habe nicht kämpfen wollen und sei im August 2008 geflohen. Hierzu habe er Mogadischu mit einem Kraftfahrzeug verlassen und sei über Addis Abeba und Khartum nach Tripolis gelangt, wo er am 18. November 2008 angekommen sei. Von dort aus sei er mit einem Boot nach Sizilien gefahren und am 25. Mai 2009 gelandet. Auf seinen Asylantrag hin habe er in Italien den Status eines subsidiär Schutzberechtigten erhalten. Danach habe er das Flüchtlingslager verlassen müssen und sei nach Florenz gegangen. Dort habe ihm die Caritas einmal am Tag etwas zu essen gegeben. Einen Monat lang habe er in einem verlassenen Haus ohne Wasser und Strom gelebt. Dann sei er insgesamt zwei Mal in die Niederlande gefahren und habe versucht, dort Asyl zu bekommen. Er sei aber jedesmal nach Italien zurückgeflogen worden. Die Polizisten am Flughafen Rom hätten ihm gesagt, er solle zum Bahnhof gehen. Dort seien viele Somalis gewesen, die ihn zur somalischen Botschaft in Rom gebracht hätten. Die Botschaft sei aufgegeben und von Flüchtlingen zum Übernachten genutzt worden. Es sei furchtbar dreckig gewesen und man habe krank werden können. Es habe Wasser, aber keinen Strom gegeben. Schließlich habe er sich auf den Weg nach Deutschland gemacht, wo er am 14. Juli 2012 angekommen sei.

4

Er sei krank. Er leide an einer schiefen Wirbelsäule und könne manchmal nicht gehen, außerdem habe er einen Vitamin-D-Mangel und eine Magenerkrankung. In Italien habe man ihm im Krankenhaus nur eine Schmerzspritze gegeben, weil er keinen Gesundheitsausweis habe vorzeigen können.

5

Die niederländischen Behörden wiesen ein Übernahmeersuchen der Beklagten zurück und teilten mit, dass sie den Kläger ihrerseits am 23. Dezember 2010 und 10. Oktober 2011 nach Italien überstellt hätten.

6

Auf entsprechenden Antrag vom 17. Dezember 2012 akzeptierten die italienischen Behörden mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 - Dublin-II-VO - ihre Zuständigkeit, wobei der Kläger dort mit syrischer Staatsangehörigkeit und dem Geburtsdatum 1. Januar 1988 geführt wurde, und stimmten einer Überstellung bis zum 20. Juni 2013 zu.

7

Vom 14. bis 24. Oktober 2012 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung wegen Schmerzen im Hüftbereich. Entzündliche sowie autoimmune Erkrankungen konnten laborchemisch ausgeschlossen werden. In einer Magnetresonanztomographie zeigten sich arthropische Veränderungen des Hüftgelenks. Es wurden eine ausgewogene eiweißreiche Ernährung und ambulante Krankengymnastik-Maßnahmen beziehungsweise Reha-Sport sowie eine ambulante psychiatrische Betreuung empfohlen. Am 6. und 7. Januar 2013 befand sich der Kläger wegen epigastrischer Schmerzen unklarer Genese erneut in stationärer Krankenhausbehandlung. Nachdem die Laborbefunde sowie eine Gastroskopie keine Auffälligkeiten aufwiesen und der Patient sich subjektiv beschwerdegebessert zeigte, wurde er ohne weitere Medikation entlassen. In privatärztlichen Attesten einer allgemeinmedizinischen Praxis vom 7. Februar 2013 und 29. Januar 2014 werden als Diagnosen Oberbauschschmerzen bei rezidivierender Gastritis, Lws-Syndrom, Coxalgie, Vitamin-D-Mangel und Mangelernährung bei Appetitlosigkeit aufgezählt. Der Patient sei auf regelmäßige medizinische Behandlung und Medikamente angewiesen. Eine Abschiebung nach Italien wäre mit einem hohen Risiko der Verschlechterung des Gesundheitszustandes verbunden.

8

Mit Bescheid vom 13. Februar 2013 erklärte die Beklagte den Asylantrag des Klägers gemäß § 27a AsylVfG für unzulässig. Italien sei für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und habe seine Zuständigkeit auch anerkannt. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Beklagte veranlassen könnten, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen, seien nicht ersichtlich. Insbesondere hinderten die vorgelegten Atteste eine Überstellung des Klägers nach Italien nicht, denn in Italien habe der Kläger wie jeder italienischer Staatsbürger Zugang zum dortigen Gesundheitssystem.

9

Am 19. Februar 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens sei auf die Beklagte übergegangen, da der Übernahmeantrag an Italien erst nach Ablauf der Frist des Art. 17 Abs. 1 Dublin-II-VO gestellt worden sei. Im Übrigen dürfe der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht nach Italien überstellt werden, weil er sich in ständiger ärztlicher Behandlung befinde. Schließlich sei die Beklagte zur Prüfung des Antrags verpflichtet, weil in Italien systemische Mängel im Asylverfahren herrschten. Die Mindeststandards in Bezug auf Unterbringung, soziale und medizinische Versorgung würden erheblich unterschritten. Das gelte insbesondere für Sizilien, wohin der Kläger abgeschoben werden sollte. Ihm drohte daher nach seiner Rückführung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung ohne Perspektive auf Arbeit oder Obdach.

10

Der Kläger hat beantragt,

11

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Februar 2013 zu verpflichten, von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Verordnung (EG) 343/2003 Gebrauch zu machen,

12

hilfsweise,

13

die Beklagte zu verpflichten, über die Ausübung des vorgenannten Selbsteintrittsrechts erneut zu entscheiden.

14

Die Beklagte hat beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Sie weist darauf hin, dass Personen mit Schutzstatus hinsichtlich der Unterbringung und der medizinischen Versorgung die gleichen Rechte genössen wie italienische Staatsangehörige. Damit seien Unterkunft und Wohnung in eigener Verantwortung zu besorgen. Die entsprechenden Kosten seien selbst zu tragen. Nach Meldung bei dem „Servizio Sanitario Nazionale“ erhielten Personen mit Schutzstatus eine „Tessera Sanitaria“, mit deren Hilfe Zugang zu allen ärztlichen Leistungen erfolge. Die Kosten der Behandlungen würden vom italienischen Staat getragen. Nach Auskunft der deutschen Liaisonbeamtin des Bundesamtes in Rom sei die Gewährung dieser medizinischen Versorgung unabhängig von einem festen Wohnsitz. Alle Personen, die in Italien einen Schutzstatus erhielten, hätten das Recht zu arbeiten (guida practica per i titolari di protezione internazionale). Nach Auskunft der Liaisionbeamtin sei die Arbeitserlaubnis eigentlich an eine „residenza“, also einen festen Wohnsitz geknüpft. Viele Vereinigungen böten den betroffenen Personen aber ihre Adresse als Briefkastenadresse an. Schließlich habe der Kläger auch keine Krankheit substantiiert, die ihn reiseunfähig machen beziehungsweise besondere Lebens- oder Gesundheitsgefahren begründen würde.

17

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. Mai 2013 abgewiesen. Die Zuständigkeit Italiens zur Prüfung des Asylantrags ergebe sich aus Art. 16 Abs. 2 Dublin-II-Verordnung, da Italien dem Kläger einen Aufenthaltstitel ausgestellt habe. Die Fristvorschriften des Art. 17 Abs. 1 Dublin-II-VO begründeten keine subjektiven Rechte, so dass es auf deren Versäumung nicht ankomme. Zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts sei die Beklagte nicht verpflichtet. Es sei nach Auswertung der vorliegenden Auskünfte, Gutachten sowie Berichte und unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung weder zu befürchten, dass dem Kläger keine hinreichende soziale beziehungsweise medizinische Versorgung zugute käme, noch herrschten systemische Mängel im italienischen Asylverfahren, die befürchten ließen, dass dem Kläger in Italien eine menschenunwürdige Behandlung drohte.

18

Auf entsprechenden Antrag ließ der Senat die Berufung zu und untersagte der Beklagten mit Beschluss vom 19. Juni 2013, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchzuführen.

19

Der Kläger wiederholt und vertieft zur Begründung der Berufung seinen Vortrag aus dem Klageverfahren. Als Schutzberechtigtem stünde ihm weder Anspruch auf Unterkunft, noch auf staatliche Sozialleistungen zu. Er habe auch keinen Anspruch auf Integrationsmaßnahmen und könne allenfalls in ländlichen Gebieten zeitlich befristet und schlecht bezahlt als Erntehelfer arbeiten. Außerhalb von Rom habe er keine Möglichkeit, sich eine virtuelle Adresse geben zu lassen, so dass er vermutlich auch keinen Zugang zum Gesundheitssystem habe. In Not geratene italienische Staatsangehörige könnten in der Regel auf Hilfe durch die (Groß-) Familie hoffen. Diese Möglichkeit hätten Flüchtlinge nicht.

20

Der Kläger beantragt,

21

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Februar 2013 zu verpflichten, von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Verordnung (EG) 343/2003 Gebrauch zu machen,

22

hilfsweise,

23

die Beklagte zu verpflichten, über die Ausübung des vorgenannten Selbsteintrittsrechts erneut zu entscheiden.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Sie macht sich im Wesentlichen eine Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern im vorliegenden Verfahren zu Eigen. Danach liegen außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Beklagte veranlassen könnten, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen, nicht vor. Italien erfülle seine Verpflichtung nach den Artikeln 20 bis 24 Genfer Flüchtlingskonvention, Flüchtlinge im Sozial- und Arbeitsrecht ebenso zu behandeln wie eigene Staatsangehörige. Eine Besserstellung von Asylbewerbern sei danach nicht vorgesehen. Aus dem Umstand, dass Italien kein ähnliches soziales Netz biete wie Deutschland und andere Mitgliedstaaten, könne nicht geschlossen werden, dass es sich von seiner Verpflichtung aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention gelöst habe. Die von dem Kläger zitierten Gutachten ergäben keine neuen Erkenntnisse, insbesondere kein belastbares Zahlenmaterial darüber, welcher Anteil der Schutzberechtigten für wie lange tatsächlich der Obdachlosigkeit anheimgefallen sei.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte, die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

28

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Er hat keinen Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland. Die Beklagte ist weder nach den allgemeinen Regeln zuständig (I), noch besteht ein Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts (II). Daher ist auch die Abschiebungsanordnung nach Italien rechtlich nicht zu beanstanden (III).

I.

29

Die Frage, welcher Staat für das Asylverfahren des Klägers zuständig ist, bestimmt sich vorliegend nach den Regeln der Dublin-II-Verordnung (1). Danach ist Italien der zuständige Mitgliedstaat (2). Die Zuständigkeit ist nachträglich weder nach der Vorschrift des Art. 17 Abs. 1 Dublin-II-VO (3), noch nach der Vorschrift des Art. 20 Abs. 2 Dublin-II-VO (4) auf die Beklagte übergegangen.

30

1. Im vorliegenden Fall kommt unbeschadet der Vorschrift des § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG noch die Dublin-II-Verordnung und nicht die mittlerweile in Kraft getretene Nachfolgeverordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-VO) zur Anwendung. Gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 49 Dublin-III-VO gilt diese nämlich erst für Anträge auf Internationalen Schutz sowie Anträge der Mitgliedstaaten auf Aufnahme oder Wiederaufnahme, die nach dem 1. Januar 2014 gestellt wurden. Vorliegend hat der Kläger seinen Asylantrag bei der Beklagten bereits im Jahr 2012 gestellt. Auch der Antrag auf Wiederaufnahme des Klägers wurde noch im Jahr 2012 gestellt und von Italien mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 akzeptiert.

31

2. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass Italien nach der Vorschrift des Art. 16 Abs. 2 Dublin-II-VO zur Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Danach fallen dem Mitgliedstaat die Pflichten zur Wiederaufnahme und abschließenden Prüfung eines Asylverfahrens zu, sofern er einem Antragsteller einen Aufenthaltstitel erteilt. Italien hat dem Kläger in Folge der Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter einen Aufenthaltstitel erteilt und diesen im Jahr 2012 nochmals verlängert.

32

3. Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens ist auch nicht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-II-VO auf die Beklagte übergegangen. Nach dieser Vorschrift sind Aufnahmegesuche an andere Mitgliedstaaten spätestens innerhalb von drei Monaten nach Einreichung des Asylantrags zu stellen. Wird das Gesuch nicht innerhalb dieser Frist unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für die Prüfung zuständig.

33

Zum einen vermittelt diese Vorschrift dem Asylbewerber aber keine subjektiven Rechte, sondern dient als innerstaatliche Organisationsvorschrift in erster Linie der klaren und praktikablen Bestimmung der Zuständigkeit innerhalb der Mitgliedstaaten (vgl. hierzu die Erwägungsgründe 3 und 16 der Verordnung). Im Vordergrund steht daher das Interesse, die Zuständigkeit zeitnah festzustellen und den Asylantrag durch einzig den zuständigen Mitgliedstaat prüfen zu lassen, nicht aber, die Prüfung einem ganz bestimmten Mitgliedstaat zuzusprechen, in dem der Antragsteller einen (weiteren) Asylantrag gestellt hat.

34

Zum anderen ist die Vorschrift auf den vorliegenden Fall schon nicht anwendbar. Die Beklagte hat kein Aufnahmegesuch nach Art. 17, sondern ein Wiederaufnahmegesuch nach den Art. 16. Abs. 2, Abs. 1 lit. c), 20 Abs. 1 Dublin-II-VO gestellt. Für Wiederaufnahmegesuche sieht die Dublin-II-VO aber keine Frist vor.

35

4. Schließlich ist die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens auch nicht deshalb nach Art. 20 Abs. 2 Dublin-II-VO auf die Beklagte übergegangen, weil die Überstellung nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten erfolgt ist. Diese Frist beginnt gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. d) nämlich erst nach rechtskräftigem Abschluss eines Rechtsbehelfsverfahrens zu laufen, sofern diesem aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. EuGH, Urteil vom 29.01.2009 – C 19/08 –, Juris-Rn. 44 ff.; OVG Niedersachen, Urteil vom 04.07.2012 – 2 LB 163/10 – Juris-Rn. 36 m.w.Nw.). Vorliegend hatte der Senat noch vor Ablauf der Frist der Beklagten untersagt, den Kläger nach Italien abzuschieben.

II.

36

Es besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO.

37

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, die mittlerweile ihren Niederschlag in Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO gefunden hat, kann ein Mitgliedstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet sein, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtscharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 der Charta und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten haben bei der Ausübung ihres Ermessens diese Grundsätze daher zu beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011-0000, Rn. 68 ff.).

38

Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen (sogenanntes Prinzip gegenseitigen Vertrauens beziehungsweise normativer Vergewisserung, vgl. grundlegend BVerfG, Urteil vom 15.05.1996, 2 BvR 1938/93, Juris-Rn. 179 ff.). Es gilt daher die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht. Diese Vermutung ist jedoch nicht unwiderleglich. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass das System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.

39

Allerdings berührt nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat das in der Dublin-II- bzw. Dublin-III-Verordnung niedergelegte Zuständigkeitssystem. Der Europäische Gerichtshof macht deutlich, dass nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel steht (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs deshalb nur dann auszusetzen, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Grundrechtecharta ausgesetzt zu sein (vgl. zum Ganzen EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 bis Rn. 106).

40

Anhaltspunkte dafür, wann eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung anzunehmen ist, lassen sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK entnehmen, der mit Art. 4 der Europäischen Grundrechtecharta übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21. Januar 2011 hat der Gerichtshof eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden (Urteil vom 21.01.2011, M.S.S. gegen Belgien und Griechenland, Beschwerde-Nr. 30696/09, Rn. 226 und Rn. 254 ff.).

41

Der Senat kommt nach Auswertung der vorliegenden Gutachten, Auskünfte und Berichte und unter Würdigung des Vortrags des Klägers zu dem Ergebnis, dass das italienische Asylsystem nicht an systemischen Mängeln leidet, auf Grund derer dem Antragstellers nach seiner Rückführung eine menschenunwürdige Behandlung droht (ebenso OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.11.2013 - 4 L 44/13 -, OVG Nds, Beschluss vom 30.01.2014 - 4 LA 167/13 - und vom 02.08.2012 - 4 MC 133/12 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.10.2013 - OVG 3 S 40.13 - und vom 24.06.2013 - OVG 7 S 58.13 -; VG Oldenburg, Beschluss vom 21.01.2014 - 3 B 6802/13 -; VG Regensburg, Beschluss vom 18.12.2013 - RN 6 S 13.30720 -; VG Ansbach, Beschluss vom 18.09.2013 - An 2 K 13.30675 -; VG Meiningen, Urteil vom 26.06.2013 - 5 K 20096/13 Me -; VG Lüneburg, Urteil vom 04.06.2013 - 6 A 176/11 - (n.V.); VG Augsburg, Beschluss vom 19.12.2012 - Au 6 E 12.30377 -; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2012 - 6 L 1480/12.A -; VG Osnabrück, Urteil vom 02.04.2012 - 5 A 309/11 - (n.V.) a.A. OVG NRW, Beschluss vom 01.03.2012 - 1 B 234/12.A -; VG Gießen, Urteil vom 25.11.2013 - 1 K 844/11.GI.A -; VG Schwerin, Beschluss vom 13.11.2013 - 3 B 315/13 As -; VG Frankfurt, Urteil vom 09.07.2013 - 7 K 560/11.F.A. -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16.05.2013 - 5a L 547/13.A -; VG Köln, Beschluss vom 07.05.2013 - 20 L 613/13.A, soweit veröffentlicht zitiert nach Juris).

42

Italien verfügt über ein planvolles und ausdifferenziertes Asylsystem (a). Dieses System leidet zwar an Mängeln (b), nicht aber an systemischen Mängel (c). Das gilt auch für Personen mit Schutzstatus (d).

43

(a) Zunächst ist festzuhalten, dass Italien über ein planvolles und ausdifferenziertes Aufnahmesystem für Asylbewerber verfügt, das in zwei Phasen gegliedert ist. Nach Stellung des Asylantrags ist die Unterbringung in Aufnahmezentren für Asylsuchende, den sogenannten CARA (Centri di Accoglienza per Richiedenti Asilo) vorgesehen. Die maximale Aufenthaltsdauer dort soll grundsätzlich 35 Tage betragen. Daneben gibt es noch Aufnahmeeinrichtungen für Migranten, die keine Asylsuchenden sind, die so genannten CDA (Centri di Accoglienza). Diese werden in der Praxis ebenfalls für die Erstaufnahme von Asylsuchenden verwendet. In der zweiten Phase sollen die Antragsteller in einer Einrichtung des Aufnahmesystems SPRAR (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati) untergebracht werden. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk von Unterkünften, das auf einer Zusammenarbeit zwischen dem Innenministerium, den Gemeinden und verschiedenen NGOs basiert. Die SPRAR-Projekte umfassen nicht nur eine Wohnmöglichkeit, sondern ein individualisiertes Integrationsprojekt mit Sprachkursen, Berufsbildung und Unterstützung bei der Arbeitssuche. Die Aufenthaltsdauer im einem SPRAR beträgt normalerweise 6 Monate und kann bis zu einem Jahr verlängert werden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 ff.).

44

Endet das Asylverfahren mit der Zuerkennung eines Schutzstatus, werden den Schutzsuchenden Aufenthaltsberechtigungen („permessi die soggiorno“) ausgestellt. Danach genießen sie in Italien formal dieselben Rechte wie italienische Staatsangehörige. Sie haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt und kostenfreien Zugang zu allen öffentlichen medizinischen Leistungen (Auskunft des Auswärtigen Amtes an VG Freiburg vom 11.07.2012). In den Erstaufnahmeeinrichtungen werden sie nicht mehr aufgenommen. In Einrichtungen des SPRAR können sie Unterkunft finden, sofern sie die vorgesehene maximale Aufenthaltsdauer noch nicht ausgeschöpft haben und ein Platz frei ist (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 und S. 25; borderline-europe e.V., Gutachten zum Beweisbeschluss des VG Braunschweig vom 28.09.2012, S. 50).

45

(b) In der Praxis litt - und leidet - das italienische Aufnahmesystem an Mängeln. Die Berichtslage zeigt übereinstimmen, dass es insbesondere auf die sehr hohen Antragszahlen in den Jahren 2008 und 2011 nicht ausreichend vorbereitet war (Bethke & Bender, Zur Situation von Flüchtlingen in Italien - Bericht über die Recherchereise nach Rom und Turin im Oktober 2010 -; Schweizer Flüchtlingshilfe/Juss-Buss: Situation von Asylsuchenden, Flüchtlingen und „Dublin-Rückkehrern“, Bericht vom Mai 2011; borderline-europe/Judith Gleitze: Zur Lage von Asylsuchenden und „Dublin-Rückkehrern“, Stellungnahme vom Dezember 2012; Auskunft des Auswärtigen Amtes an VG Darmstadt vom 29.11.2011 und an VG Braunschweig vom 09.12.2011). In der Folge verlängerten sich die Verfahrenszeiten deutlich über die vorgesehenen Fristen hinaus. Die zeitliche Lücke zwischen der Stellung des Asylantrags und dessen formeller Registrierung (verbalizzazione) führte zu der Gefahr der Obdachlosigkeit, da in der Praxis Zugang zu den Erstaufnahmeeinrichtungen erst ab dem Zeitpunkt der Registrierung gewährt wurde (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 12). Zudem waren die Aufnahmekapazitäten der staatlicherseits zur Verfügung gestellten Plätze überlastet. Für Personen mit Schutzstatus bedeutete dies, dass sie Schwierigkeiten hatten, im SPRAR-Aufnahmesystem unterzukommen, auch wenn sie die maximale Verweildauer noch nicht ausgeschöpft hatten. Hinzu kam die wirtschaftliche schwierige Lage, in der sich auch Italien nach der Wirtschaftskrise befand und noch befindet. Nach den Informationen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe lebt vor allem in Rom eine ganz erhebliche Zahl von Asylbewerbern und Personen mit Schutzstatus (die Schätzungen sprechen von 1.200 bis 1.700) in Slums oder besetzten Häusern (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, a.a.O., S. 36).

46

(c) Diese Mängel begründen aber keine systemischen Mängel im oben dargestellten Sinne. Dabei versteht der Senat unter systemischen Mängeln solche, die entweder bereits im System selbst angelegt sind und von denen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar betroffen sind oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein in der Theorie nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem faktisch in weiten Teilen funktionsunfähig wird. Nach Auswertung der vorliegenden Auskünfte kommt der Senat zu der Überzeugung, dass die systembedingten Missstände von den italienischen Behörden angegangen werden und sich die Situation deshalb verbessert hat und aller Voraussicht nach weiter verbessern wird. Außerdem ist festzustellen, dass die Zustände punktuell, aber nicht flächendeckend unzureichend sind, so dass nicht davon gesprochen werden kann, dass das Asyl- und Aufnahmesystem faktisch außer Kraft gesetzt ist.

47

Ein im System angelegter Mangel ist die Tatsache, dass der Zugang zum Erstaufnahmesystem offensichtlich von der Registrierung (verbalizzazione) abhängt und dies bei einer Verzögerung des Verfahrens zur Obdachlosigkeit führen kann. Allerdings hat das italienische Innenministerium in der ersten Jahreshälfte 2013 eine Weisung herausgegeben, wonach die Registrierung zeitlich mit der Asylgesuchstellung zusammenfallen soll (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 12). Auch die Überlastung des Aufnahmesystems nimmt Italien nicht tatenlos hin. Auf die hohen Asylbewerberzahlen im Jahr 2011 reagierte das Land zunächst mit einem Notstandskonzept, bei dem unter Führung des Zivilschutzes (Protezione Civile) Aufnahmestrukturen in der Größenordnung von 26.000 Plätzen bereitgestellt wurden (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG Sachsen-Anhalt vom 21.01.2013; UNHCR an VG Braunschweig, S. 3; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 9). Daneben wurden und werden die Plätze, die im SPRAR-Projekt zur Verfügung stehen, in erheblichem Umfang aufgestockt (siehe zur Bedeutung dieser Plätze für das Aufnahmesystem den Report von Nils Muižnieks, Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, 18.09.2012, Abs. 152). Standen ursprünglich 3.000 Plätze zur Verfügung, waren es Anfang Juni 2013 bereits 4.800 Plätze, wobei hierzu auch bereits vorhandene Unterkunftsplätze gezählt wurden, die um die im SPRAR-System vorgesehen Integrationsleistungen ergänzt wurden. Aufgrund eines im September 2013 erlassenen Dekrets des Innenministeriums soll die Kapazität im Zeitraum 2014 bis 2016 nochmals auf insgesamt 16.000 Plätze erhöht werden (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 22). Außerdem wurde ein neues Informatiksystem „Vestanet“ eingeführt, das ebenfalls zu einer Verbesserung des Verfahrens beitragen soll (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 12). In seiner Antwort an das Verwaltungsgericht Braunschweig vom 24. April 2012 hat der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen ausdrücklich anerkannt, dass in den letzten Jahren Verbesserungen des Aufnahmesystems stattgefunden haben. Gleiches gilt für die Auskunft des Auswärtige Amtes vom 21. Januar 2013 an das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt.

48

Der Senat geht außerdem davon aus, dass die aufgezeigten Missstände in bestimmten Städten und Regionen auftreten, die Funktionsfähigkeit des Asyl- und Aufnahmesystems aber nicht insgesamt in Frage stellen. Es liegt in der Natur der Sache, dass Aufklärungsreisen die Problemschwerpunkte in den Blick nehmen (so ausdrücklich der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe mit Schwerpunkt Rom und Mailand, S. 1; in der Sache nicht anders der Bericht von Maria Bethke & Dominik Bender mit Schwerpunkt Rom und Turin; Gutachten von borderline-europe e.V. mit Schwerpunkt Rom und Sizilien). Diese Situationen sind aber nicht ohne Weiteres verallgemeinerbar. So geht der UNHCR, dessen Dokumente bei der Auslegung unionsrechtlicher Vorschriften von besonderer Relevanz sind (vgl. EuGH, Urteil vom 30.05.2013 - C-528/11 - Rn. 44), in seiner Antwort an das Verwaltungsgericht Braunschweig davon aus, dass die CARA, CDA und SPRAR-Projekte in der Lage sind, dem Aufnahmebedarf einer signifikanten Anzahl an Asylsuchenden nachzukommen (UNHCR an VG Braunschweig vom 24. April 2012, S. 3). Anders als im Falle Griechenlands oder jüngst Bulgariens (UNHCR Briefing Notes vom 03.01.2014) hat der UNHCR bislang in keiner seiner Stellungnahmen eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten ausgesprochen, Überstellungen nach Italien nicht mehr vorzunehmen (siehe zuletzt UNHCR, Recommendations on important aspects of refugee protection in Italy, July 2013). Auch die Auskünfte des Auswärtigen Amtes sprechen gegen die Annahme eines systemischen Mangels des italienischen Asylsystems. Sie basieren auf laufenden Gesprächen der Botschaft Rom mit dem italienischen Flüchtlingsrat CIR und UNHCR in Rom, grenzpolizeilicher Verbindungsbeamter der Bundespolizei im italienischen Innenministerium, Präsentationen des italienischen Innenministeriums und des statistischen Landesamtes ISTAT, Kontakten zu nichtstaatlichen karitativen Organisationen sowie Informationen des SPRAR und sind daher geeignet, einen Überblick über die Situation im Land zu geben. Nach der Auskunft an das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt konnten seinerzeit (Januar 2013) alle Asylbewerber und Flüchtlinge in öffentlichen Zentren untergebracht werden. Gegebenenfalls gebe es lokale und regionale Überbelegungen, italienweit seien aber genügen Plätze vorhanden. Insbesondere in Norditalien seien die Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Zusätzlich zu den staatlichen/öffentlichen Einrichtungen gebe es kommunale und karitative Einrichtungen, so dass meist ein Unterbringungsplatz in der Nähe gefunden werden könne. Es sei nicht davon auszugehen, dass Personen, die in den staatlichen Aufnahmeeinrichtungen und staatlichen Unterkünften keinen Platz fänden, regelmäßig oder überwiegend obdachlos auf der Straße oder in Elendsquartieren leben müssten.

49

(d) Mit Blick auf den hier vorliegenden Fall ist weiter festzuhalten, dass sich aus der Auskunftslage auch keine systemischen Mängel für Personen ergeben, denen bereits ein Schutzstatus zugesprochen wurde. Die mit der Anerkennung verbundene Erteilung eines Aufenthaltsrechts (permession di soggiorno) bedeutet in der Praxis, dass sich die Personen mit Schutzstatus grundsätzlich selbst um eine Unterkunft und eine Arbeit kümmern müssen. Sie können nicht mehr in CARA unterkommen, da diese nur Asylbewerbern offenstehen. Sie können sich aber für Plätze im SPRAR-System bewerben, sofern sie die maximale Verweildauer noch nicht überschritten haben. Tatsächlich wird eine große Zahl der Plätze im SPRAR-System von Personen mit Schutzstatus belegt. Allerdings bestehen zum Teil lange Wartezeiten (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 22). Hier dürfte die geplante Ausweitung der SPRAR-Plätze eine deutliche Entlastung bringen. Daneben bieten die Gemeinden Unterkünfte an. Jedenfalls in Rom betrug die durchschnittliche Wartezeit auf einen solchen Platz allerdings drei Monate und in Mailand einen bis drei Monate (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 27 und S. 30). Schließlich können sich Personen mit Schutzstatus, die keine Unterkunft finden, an kirchliche Organisationen und Nichtregierungsorganisationen wie die Caritas oder das Consiglio Italiano per i Rifugiati wenden (Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21.01.2013 an das OVG des Landes Sachsen-Anhalt). Verlässliche Zahlen, wie viele Schutzberechtigte von keiner dieser Möglichkeiten Gebrauch machen können und letztlich obdachlos werden, fehlen. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes ist im Regelfall oder gar überwiegend aber nicht davon auszugehen, dass Flüchtlinge in Italien beziehungsweise Rückkehrer nach der Dublin-II-Verordnung dort unter Verhältnissen leben müssen, welche man gemeinhin als „Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums (Betteln, Leben auf der Straße etc.)“ bezeichnen könne. Hierbei handle es sich eher um Einzelfälle (Auswärtiges Amtes an OVG Sachsen-Anhalt vom 21.01.2013).

50

In Italien gibt es auch für italienische Staatsangehörige kein national garantiertes Recht auf Fürsorgeleistungen zur Lebensunterhaltssicherung vor dem 65. Lebensjahr. Die Zuständigkeit für die Festsetzung von Sozialhilfeleistungen liegt grundsätzlich im Kompetenzbereich der Regionen. In bestimmten Regionen wird die Höhe des Sozialgeldes durch die Kommune festgesetzt. Öffentliche Fürsorgeleistungen weisen daher deutliche Unterschiede je nach regionaler und kommunaler Finanzkraft auf (Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern im vorliegenden Fall; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 48).

51

Auch wenn sich die Situation damit deutlich schlechter und unsicherer darstellt als in der Bundesrepublik Deutschland, begründet dies für sich genommen keinen systemischen Mangel. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat ausdrücklich festgehalten, dass Art. 3 EMRK die Vertragsparteien nicht verpflichte, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen. Die Norm enthalte auch keine allgemeine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmen Lebensstandard zu bieten. Ausländer, die von einer Ausweisung betroffen seien, gewähre die Konvention grundsätzlich keinen Anspruch mit dem Ziel, im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates zu verbleiben, um dort weiterhin von medizinischer, sozialer oder anderweitiger Unterstützung oder Leistung zu profitieren, die vom ausweisenden Staat zur Verfügung gestellt werde. Wenn keine außergewöhnlichen zwingenden humanitären Gründe vorlägen, die gegen eine Ausweisung sprächen, sei allein die Tatsache, dass die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse des Antragstellers bedeutend geschmälert würden, falls er oder sie ausgewiesen würde, nicht ausreichend, einen Verstoß gegen Art. 3 EMR zu begründen (Beschluss vom 02.04.2013, Mohammed Hussein u.a. gegen Niederlande und Italien, a.a.O. Rn. 70 f.).

52

Keine systematischen Mängel bestehen schließlich auch im Hinblick auf den Zugang zum Gesundheitssystem. Personen mit Schutzstatus sind in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt. Die Anmeldung beim Nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Behandlung bei einem praktischen Arzt, Kinderarzt, in Ambulanzen und zur Aufnahme in ein Krankenhaus berechtigt. Hierzu benötigen Schutzberechtigte den Aufenthaltstitel, die Steuernummer sowie eine feste Adresse. Personen ohne festen Wohnsitz können sich zumindest in Rom unter Sammeladressen karitativer Einrichtungen melden, die von den Behörden akzeptiert werden. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten. Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (Auswärtiges Amt an OVG des Landes Sachsen-Anhalt vom 21.01.2013).

53

(e) Die Einschätzung, dass das italienische Asylsystem nicht an systemischen Mängeln leidet, wird durch die jüngere Rechtsprechung des Gerichtshofs für Menschenrechte bestätigt. In seinem Beschluss vom 2. April 2013 hat er die Überstellung der dortigen Beschwerdeführerin, der - wie dem Kläger - in Italien bereits ein Schutzstatus zugesprochen worden war, mit Art. 3 EMRK für vereinbar gehalten. Dabei hat er - neben der konkreten Situation der Antragstellerin - eine Vielzahl von Stellungnahmen sowie Berichten von Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen über die generelle Situation in Italien ausgewertet. Er kommt nach ausführlicher Würdigung der festzustellenden Mängel - und keineswegs nur unter Bezug auf den ihm vorgelegten konkreten Sachverhalt - zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen (Beschluss vom 02.04.2013, Mohammed Hussein u.a. gegen Niederlande und Italien, Rn. 70 ff., in Teilen übersetzt von Wischrath, ZAR 2013, 336, besprochen von Thym in ZAR 2013, 331; siehe auch Hailbronner, AuslR, Dezember 2013, § 34a Rn. 29 f.; ebenso Beschluss vom 18.06.2013, Halimi gegen Österreich und Italien, Rn. 68, in Teilen übersetzt von Wischrath, ZAR 2013, 338). Diese Einschätzung hat er jüngst nochmals ausdrücklich bestätigt (Beschluss vom 10.09.2013 - Nr. 2314/10 -, Hussein Diirshi u.a. gegen Niederlande und Italien, zitiert nach HUDOC).

54

(f) Es sind auch keine besonderen Umstände des Einzelfalles ersichtlich, die befürchten ließen, dass gerade dem Kläger in Italien eine mit Art. 4 der Grundrechtecharta nicht vereinbare Behandlung drohen würde. Er leidet insbesondere nicht an außerordentlich schweren oder seltenen Krankheiten, deren Behandlung in Italien nicht möglich erschiene. Nach seiner Schilderung bekam er in Italien in Notfallsituationen zumindest Schmerzmittel verabreicht. Die Probleme bei einer weiterführenden Behandlung resultierten offenbar daraus, dass er mangels festen Wohnsitzes keine Gesundheitskarte beantragt hat. Dem hätte der Kläger nach der Auskunftslage aber zumindest in Rom dadurch abhelfen können, dass er sich bei einer gemeinnützigen Organisation eine fiktive Meldeadresse hätte geben lassen. Aus den Angaben des Klägers lässt sich außerdem schließen, dass er noch keinen Platz im SPRAR-System beansprucht hat. Damit steht ihm nach seiner Rückkehr die Möglichkeit offen, sich für einen solchen Platz zu bewerben. Auf die von dem Kläger zuletzt aufgeworfene Frage, ob die Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt vom 21. August 2013 zutrifft, nach der alle im Rahmen der Dublin-Verordnung zurückgeführten Personen von der Questura in eine Unterkunft verteilt werden, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Diese Auskunft dürfte sich auf Personen ohne Schutzstatus bezogen haben, die - wie oben dargestellt - ohnehin einem anderen Aufnahmeregime unterfallen.

III.

55

Die Abschiebungsanordnung ist nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage ist § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen nach § 27a AsylVfG zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies ist der Fall, nachdem Italien seine Zuständigkeit akzeptiert hat und der Abschiebung keine relevanten Hindernisgründe entgegenstehen.

IV.

56

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.

57

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.

58

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen. Streitentscheidend ist vorliegend die Würdigung der tatsächlichen Umstände in Italien.

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 7. Kammer, Einzelrichter - vom 3. November 2014 wird abgelehnt.

Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

1

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) nicht vorliegt.

2

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die sich in dem erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der einheitlichen Auslegung und Anwendung oder der Fortentwicklung des Rechts der Klärung bedarf, oder wenn sie eine tatsächliche Frage aufwirft, deren in der Berufungsentscheidung zu erwartende Klärung verallgemeinerungsfähige Auswirkungen hat. Verallgemeinerungsfähige Auswirkungen hat die Klärung einer Tatsachenfrage, wenn sich diese Frage nicht nur in dem zu entscheidenden Fall, sondern darüber hinaus auch noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft stellt. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist nur dann im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum die Frage im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren.

3

Nach diesen Maßstäben kommt der aufgeworfenen Frage,

4

ob ein Asylbewerber sich gegen eine Überstellung in einen Drittstaat darauf berufen darf, dass Deutschland die Überstellungsfrist gemäß Art. 19 Abs. 4 Dublin-II-VO bzw. Art. 29 Abs. 3 Dublin-III-VO versäumt hat,

5

keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage bedarf bereits deshalb nicht der Klärung in einem Berufungsverfahren, weil sie sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres - verneinend - beantworten lässt.

6

Die Kläger können kein subjektives Recht auf Einhaltung der Zuständigkeits- und Fristvorschriften der Dublin-II-Verordnung geltend machen; auf die hier nicht anwendbaren Vorschriften der Dublin-III-Verordnung kommt es nicht entscheidungserheblich an. Die Dublin-II-Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18. Februar 2003 ist trotz § 77 Abs. 1 AsylVfG und der zwischenzeitlich erlassenen Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 - Dublin-III-Verordnung - auf den vorliegenden Fall weiterhin anzuwenden, weil nach Art. 49 Dublin-III-Verordnung die Neuregelung erst auf Anträge der Mitgliedstaaten auf Wiederaufnahme anzuwenden ist, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind.

7

Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 - Abdullahi -, NVwZ 2014, 208, juris; vgl. auch Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. -, Slg 2011, I-13905-14033, juris Rn. 96 und vom 14. November 2013 - C-4/11, Puid - juris) ist davon auszugehen, dass sich die Kläger nicht auf die Versäumung von Fristen berufen können. Denn die Dublin-II-VO gewährt den Klägern keinen subjektiv einklagbaren Rechtsanspruch darauf, dass ihre Asylanträge in einem bestimmten Mitgliedsstaat geprüft werden, den sie für zuständig halten. Die jeweiligen Fristbestimmungen der Dublin-II-VO dienen hiernach ebenfalls allein einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats und einer zeitnahen Überstellung in diesen Staat im Verhältnis der Dublin-Staaten untereinander, ohne aber den Klägern (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6. November 2014 - 13 LA 66/14 - Rn. 10 ff., VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 27. August 2014 - A 11 S 1285/14 - Rn. 59 und vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 - Rn. 25, Hessischer VGH, Beschluss vom 25. August 2014 - 2 A 976/14.A -, OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13 - jeweils juris, siehe auch Berlit, Anmerkung zu BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris PR-BVerwG 12.2014). Ein Asylantragsteller kann der Überstellung in den nach der Dublin-II- Verordnung für ihn zuständigen Mitgliedstaat nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegen treten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. Juli 2014 - 1 B 9.14. u.a. - Rn. 4, vom. 6. Juni 2014 - 10 B 35.14 -, vom 21. Mai 2014 - 10 B 3110 B 31.14 - Rn. 4 und vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, jeweils juris).

8

Nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 10. Dezember 2013 (- C-394/12 - „Abdullahi", a.a.O.) kann ein Asylantragsteller nach einem erfolgreichen Aufnahmeersuchen mit dem in Art. 19 Abs. 2 Dublin II-VO vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten. Zwar sind diese Ausführungen des Gerichtshofes ausdrücklich nur im Zusammenhang mit der Bestimmung der Zuständigkeit eines Mitgliedsstaats gemäß Kapitel III der Dublin II-Verordnung erfolgt. Aus ihren tragenden Erwägungen kann aber unmittelbar gefolgert werden, dass sich ein Asylantragsteller ebenfalls nicht mit Erfolg auf einen Zuständigkeitsübergang nach den im Kapitel V geregelten Art. 16 ff. Dublin II-VO berufen kann (ebenso Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6. November 2014 - 13 LA 66/14 - juris Rn. 10).

9

Genauso wie die Vorschriften über die Bestimmung der Zuständigkeit im Kapitel III der Dublin-II-Verordnung keine subjektiven Rechte vermitteln, sondern als Organisationsvorschriften einer klaren und praktikablen Bestimmung der Zuständigkeit innerhalb der Mitgliedstaaten dienen (vgl. hierzu die Erwägungsgründe 3 und 16), sollen auch die Vorschriften des Kapitel V der Verordnung - ebenfalls als Organisationsvorschriften - in erster Linie eine rasche Bestimmung des für die Prüfung zuständigen Mitgliedsstaates ermöglichen (Erwägungsgrund 4). Auch sie vermitteln Asylantragstellern keine subjektiven Rechte, sondern bei ihnen steht das Interesse im Vordergrund, die Zuständigkeit zeitnah festzustellen und den Asylantrag durch einzig den zuständigen Mitgliedstaat prüfen zu lassen, nicht aber, die Prüfung einem ganz bestimmten Mitgliedstaat zuzusprechen, in dem der Antragsteller einen (weiteren) Asylantrag gestellt hat.

10

Dementsprechend führt der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (a.a.O.) aus, dass der Unionsgesetzgeber diese Vorschriften erlassen hat, um die Behandlung der Asylanträge zu rationalisieren und zu verhindern, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssen, und um die Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmung des für die Behandlung des Asylantrags zuständigen Staates zu erhöhen und damit dem „forum shopping" zuvorzukommen, wobei all dies hauptsächlich bezweckt, die Bearbeitung der Anträge im Interesse der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten zu beschleunigen (Rn. 53). Auch er sieht einen der Hauptzwecke der Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden (Rn. 59). Vorrangiges Ziel der Dublin-II-Verordnung insgesamt, und nicht nur der Zuständigkeitskriterien des Kapitels III, ist danach eine möglichst eindeutige Bestimmung des zuständiges Mitgliedstaates und in der Folge eine zeitnahe Prüfung des Asylantrages. Der Unionsgesetzgeber wollte einem Asylantragsteller mit der Dublin II-Verordnung (ebenso mit der Dublin III-Verordnung) aber keine weitergehende Rechtsposition einräumen, seinen Asylantrag in einem ganz bestimmten Mitgliedstaat, in dem er einen (weiteren) Asylantrag gestellt hat, prüfen zu lassen.

11

Auch das Bundesverwaltungsgericht (Beschlüsse vom 14. Juli 2014 - 1 B 9.14. u.a. - Rn. 4, vom. 6. Juni 2014 - 10 B 35.14 -, vom 21. Mai 2014 - 10 B 3110 B 31.14 - Rn. 4 und vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, jeweils juris) entnimmt der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union, dass ein Asylantragsteller einer Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann. Auch nach seinem Verständnis dieser Rechtsprechung kann eine Berufung auf eine Verletzung von Verfahrens- und Fristenregelungen der Dublin-II-Verordnung der Klage eines Asylbewerbers demnach grundsätzlich nicht zum Erfolg verhelfen (so ausdrücklich Berlit, jurisPR- BVerwG 12/2014 Anm. 3, Buchst. B am Ende).

12

Die Kläger machen geltend, dass sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergebe, dass Asylantragsteller zwar keine Fristversäumnisse im Rahmen des (Wieder-)Aufnahmeersuchens geltend machen könnten - dies könne nur der ersuchte Staat - (Beschluss vom 21. Mai 2014 a.a.O.), ein Ablauf der Überstellungsfrist führe aber zu einem Zuständigkeitswechsel und dies könne der Flüchtling geltend machen. Im Beschluss vom 14. Juli 2014 (a.a.O.) habe das Bundesverwaltungsgericht durch den Begriff des zuständigen (statt des ersuchten) Mitgliedsstaats deutlich gemacht, dass der Asylantrag nur dann unzulässig sei, wenn ein anderer Mitgliedsstaat zuständig sei. Auch für den Gerichtshof der Europäischen Union sei in seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (a.a.O.) ausschlaggebend, dass der ersuchte Staat der Übernahme zugestimmt habe. Damit sei aber nichts dazu gesagt, dass nach Fristablauf die Zuständigkeit wieder auf den ersuchenden Staat übergehe und der Antragsteller dies geltend machen könne.

13

Der Senat vermag diesen Ausführungen der Kläger nicht zu folgen, solange Frankreich weiterhin bereit ist, ihre Asylanträge zu bearbeiten, da es keinen Anspruch der Kläger auf Prüfung ihrer Anträge durch einen (von ihnen) bestimmten Staat gibt. Dafür, dass Frankreich seine mit Schreiben vom 31. März 2014 erklärte Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge der Kläger nach Fristablauf zurücknehmen und sich auf den Fristablauf berufen werde, gibt es weder Feststellungen des Verwaltungsgerichts - zum Zeitpunkt seiner Entscheidung war die Frist des Art. 19 Abs. 3 UAbs. 1, Abs. 4 Satz 1 Dublin-II-VO noch nicht abgelaufen - noch wird von den Klägern behauptet oder gar dargelegt (vgl. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG), dass Frankreich wegen des Fristablaufs nicht mehr zur Aufnahme bereit wäre. Ob etwas anderes dann gilt, wenn feststeht, dass der ersuchte Mitgliedstaat - hier Frankreich - nicht mehr zur Aufnahme bereit ist (vgl. zu dieser Fallkonstellation VG Schleswig, Gerichtsbescheid vom 19. Februar - 5 A 374/14 -), bedarf hier schon deshalb keiner weiteren Erörterung. Diese Fallkonstellation ist auch nicht vorsorglich vom Senat in die Prüfung einzubeziehen. Sofern mit einem solchen Fall eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 41 Abs. 1 i.V.m. Art 51 Abs. 1 Satz 1 EUGrdRCh einherginge, hätten die Kläger einen Wiederaufgreifensanspruch (vgl. § 51 VwVfG; zur Notwendigkeit in einem solchen Fall ein Verfahren auf Wiederaufgreifen einzuleiten, vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. August 2014 - A 11 S 1285/14-juris Rn. 59juris).

14

Entgegenstehende Rechtsprechung anderer Obergerichte, die eine bundeseinheitliche Klärung erforderte, ist nicht ersichtlich. Mit dem Hinweis auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Juli 2014 -11 B 789/14.A - zeigen die Kläger letztlich keine abweichende Entscheidung auf, da dieser Beschluss schon keine (nähere) Begründung enthält. Damit bleibt unklar, auf welchen Überlegungen der Beschluss beruht, ob ihm eine Auseinandersetzung mit der dargelegten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vorausgegangen ist, und insbesondere, ob hier im Einzelfall neben dem Ablauf der Überstellungsfrist weitere Umstände hinzugekommen sind, aufgrund derer feststand, dass Italien nicht mehr zur Aufnahme bereit war. Ähnlich verhielte es sich mit der von den Klägern herangezogenen Entscheidung eines Einzelrichters beim österreichischen Bundesverwaltungsgericht, unterstellt mit dem Verweis auf derartige erstinstanzliche Entscheidungen könnte überhaupt eine Klärungsbedürftigkeit dargelegt werden.

15

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da dem Antrag auf Zulassung der Berufung nach dem Ausgeführten die hierfür gem. § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten abzusprechen sind.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG; Gründe für eine Abweichung (§ 30 Abs. 2 RVG) sind nicht vorgetragen oder sonst erkennbar.

17

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).


Tenor

Der Antrag und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt X.         aus N.      werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Der am … 1988 geborene Kläger ist gambischer Staatsangehöriger. Er reiste am 20.05.2013 - u.a. von Italien kommend - in das Bundesgebiet ein und beantragte am 11.06.2013 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Dabei teilte er mit, dass er bereits in Italien erfolglos ein Asylverfahren betrieben habe, weshalb er nunmehr nach Deutschland weitergereist sei („I was already in Italy, after my asyl application, my case was rejected by the Italian government, that’s wyh I came in Germany to try my chance“).
Nach entsprechendem EURODAC-Treffer (registrierter Asylantrag in Italien am 27.08.2011) ersuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 14.11.2013 bei der italienischen Dublin-Koordinierungsstelle um die Wiederaufnahme des Klägers. Die Anfrage wurde am 16.12.2013 wiederholt. Nachdem die italienische Dublin-Koordinierungsstelle keine Antwort erteilte, lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 15.01.2014 den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Italien an. Der Bescheid wurde dem Kläger am 18.01.2014 zugestellt.
Am 28.01.2014 hat er diesbezüglich beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und sich zur Begründung im Wesentlichen auf systemische Mängel im italienischen Asylverfahren berufen.
Der Kläger beantragt sachdienlich,
den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 15.01.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ein Asylverfahren durchzuführen sowie ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG zuzuerkennen;
hilfsweise: die Beklagte zu verpflichten, ihm den (subsidiären) Schutzstatus nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen;
höchst hilfsweise: die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass ein (komplementäres) Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Gründe des angefochtenen Bescheids.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter erklärt.
10 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die dem Gericht vorliegenden Akten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
11 
Soweit sich der Klageantrag auf ein Verpflichtungsbegehren bezieht, ist die Klage schon unzulässig. Denn der Kläger hat keine überlange Verfahrensdauer im Sinne des Art. 47 GRCh gerügt, die auch nicht ersichtlich ist, weswegen ihm von vorneherein kein Anspruch auf „Durchentscheiden“ zustehen kann (hierzu III.), es also insoweit an der Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO fehlt. Bezüglich des Anfechtungsbegehrens hingegen ist die Klage zulässig, weil sich der Kläger auf ihn betreffende systemische Mängel im italienischen Asylverfahren beruft, sodass insoweit die Verletzung eigener Rechte aus Art. 4 GRCh möglich erscheint.
12 
Selbst wenn aber nicht nur das Anfechtungs-, sondern auch das Verpflichtungsbegehren als zulässig angesehen würde, ist die Klage in jedem Fall insgesamt unbegründet. Denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung seines Asylverfahrens im Bundesgebiet sowie auf die geltend gemachten Rechtspositionen (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO). Ob im konkreten Fall das italienische Asylverfahren tatsächlich durch ablehnenden Bescheid bestandskräftig negativ abgeschlossen wurde, ist nicht hinreichend ersichtlich (nur: „my case was rejected by the Italian government“). Es kann im Ergebnis aber offen bleiben, ob ein Zweitantrag im Sinne von § 71a AsylVfG vorliegt oder der Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG unzulässig ist. In beiden Fällen ist Italien für die Fortführung des Asylverfahrens zuständig im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (- GEAS -; hierzu: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., Vorb-AsylVfG Rn. 20 ff., sowie Hoppe, Eilrechtsschutz gegen Dublin II-Überstellungen, 2013, S. 34 ff., m.w.N.). Die angefochtene Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG in der Fassung von Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (- Qualifikationsrichtlinie n.F. / QRL -) vom 28.08.2013 (BGBl I Nr. 54 v. 05.09.2013, 3474) ist gerichtlich nicht zu beanstanden.
I.
13 
Gemäß Art. 49 (Abs. 2) der Dublin III-Verordnung 604/2013/EU (- Dublin III-VO -) ist für vor dem 19.07.2013 in Deutschland gestellte (Alt-)Anträge auf internationalen Schutz (i.S. von Art. 2 lit. h QRL: Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiären Schutzes) weiterhin die Dublin II-Verordnung 343/2003/EG (- Dublin II-VO -) anwendbar. Für (Neu-)Anträge ab 01.01.2014 gilt hingegen ausschließlich die Dublin III-VO. Für Anträge im Übergangszeitraum 19.07.2013 bis 31.12.2013 gilt grundsätzlich bereits die Dublin III-VO, nicht jedoch hinsichtlich der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats, die weiterhin nach den Kriterien der Dublin II-VO erfolgt. Sämtliche Regelungen, die die Zuständigkeit eines bestimmten Mitgliedstaats für den Antrag normieren, sind für diese Übergangsfälle - nach Sinn und Zweck des Art. 49 (Abs. 2) Dublin III-VO (Verwaltungsvereinfachung auch bezüglich der verwendeten Formulare etc. im Übergangszeitraum ab Inkrafttreten der erst am 29.06.2013 veröffentlichten Dublin III-VO) - weiterhin der Dublin II-VO zu entnehmen. In deren Kapitel III ist die „Rangfolge“ der Kriterien geregelt; zu dieser Rangfolge gehören untrennbar die sonstigen Dublin II-Regelungen (insbesondere Kapitel V, in dem die Dublin II-VO etwa bei Fristablauf ebenfalls Zuständigkeitskriterien normiert). Dass Kapitel III der Dublin III-VO nunmehr die „Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats“ begrifflich enger fasst, spielt keine Rolle. Denn Art. 49 (Abs. 2) Dublin III-VO verweist ausdrücklich und pauschal auf die Kriterien der (eigentlich gemäß Art. 48 Dublin III-VO aufgehobenen) Dublin II-VO.
14 
Die Dublin II-VO ist im Übrigen (derzeit) weiterhin anwendbar bezüglich der Länder Norwegen, Island, Schweiz, Liechtenstein und Dänemark, die sich (bislang) nicht am Dublin III-System beteiligen.
15 
Die Dublin-Verordnungen dürften im Übrigen nicht nur bei bloßer Feststellung von subsidiärem Schutz, sondern selbst bei Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem anderen Dublin-Staat - jedenfalls analog - anwendbar sein (a.A. Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 11/2013, § 27a Rn. 34). Denn in diesen Fällen behält der andere Dublin-Staat nach Sinn und Zweck der Verordnungen grundsätzlich weiterhin die Flüchtlingsverantwortung, wie dies auch Art. 4 des Europäischen Übereinkommens über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge vom 16.10.1980 (BGBl 1994 II 2645) dokumentiert (vgl. Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 2 AsylVfG Rn. 6). Verstärkt wird dieser Ansatz durch die Regelung des Art. 24 Abs. 1 QRL, wonach anerkannte Flüchtlinge Anspruch auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels haben. Analog Art. 9 (i.V.m. Art. 2 lit. j) Dublin II-VO bzw. Art. 12 (i.V.m. Art. 2 lit. l) Dublin III-VO muss der Aussteller-Mitgliedstaat im Dublin-System für die Prüfung des erneuten Antrags auf internationalen Schutz (dem das Rechtsschutzbedürfnis fehlen dürfte) auch in der Zwischenzeit nach Flüchtlingsanerkennung und Titelausstellung zuständig sein. Alles andere wäre mit dem öffentlichen Beschleunigungsinteresse im Sinne einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates unvereinbar. Denn es kann nicht richtig sein, dass das Bundesamt oder die Asylgerichte - gegebenenfalls unter Beiziehung, Übersetzung und Auswertung der ausländischen Verwaltungsakten sowie nach Studium des jeweiligen nationalen Asylverwaltungsverfahrensrechtes - zur Aufklärung verpflichtet wären, ob der Antragsteller nun tatsächlich eigentlich bereits bestandskräftig anerkannt oder (teil-)abgelehnt wurde bzw. ob ihm die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer oder komplementärer Schutz zuerkannt worden ist. Jedenfalls dann, wenn der ersuchte Dublin-Staat im Dublin-Verfahren der (Wieder-)Aufnahme des Antragstellers zugestimmt hat, was er völker- bzw. unionsrechtlich auch ohne entsprechende Rechtspflicht darf, steht grundsätzlich im Sinne des § 34a Abs. 1 AsylVfG fest, dass die Abschiebung in diesen Staat durchgeführt werden kann. Der Einwand des Antragstellers, er sei dort aber schon anerkannt worden, kann den „effet utile“ der Dublin-Verordnungen nicht außer Kraft setzen.
16 
Im Falle des Klägers, der seinen (Alt-)Asylantrag in Deutschland am 11.06.2013 gestellt hat und bei dem unklar ist, ob sein italienisches Asylverfahren bestandskräftig beendet wurde, ist nach diesen Grundsätzen (weiterhin) die Dublin II-VO anwendbar. Da er vor Einreise in das Bundesgebiet nach dem EURODAC-Treffer sowie seinen eigenen Angaben in Italien bereits ein Asylverfahren durchlaufen hatte, bleibt Italien nach Art. 13 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II-VO für ihn zuständig und muss ihn nach Maßgabe des Art. 20 Dublin II-VO wieder aufnehmen. Demgemäß hat Italien die Möglichkeit, der Wiederaufnahme ausdrücklich zuzustimmen oder die Wiederaufnahme durch Stillschweigen zu akzeptieren. Nach Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO wird davon ausgegangen, dass Italien die Wiederaufnahme akzeptiert, wenn es nach einem EURODAC-Treffer nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab dem deutschen Ersuchen eine Antwort erteilt. Im Falle des Klägers hat das Bundesamt (erstmals) am 14.11.2013 die italienische Dublin-Koordinierungsstelle um die Wiederaufnahme des Klägers ersucht. Gemäß Art. 25 Abs. 1 Dublin II-VO steht mithin seit 29.11.2013 fest, dass Italien der Wiederaufnahme des Klägers zugestimmt hat. Damit steht zugleich auch bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung im Rechtssinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG seit 29.11.2013 insoweit fest, dass die Abschiebung des Klägers nach Italien durchgeführt werden kann.
II.
17 
Hiergegen kann der Kläger - unionsrechtlich - ausschließlich einwenden, im Zielstaat der Abschiebung bestünden systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der EU ausgesetzt zu werden. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) der Sache nach in seinem Urteil vom 10.12.2013 (Rs. C-394/12 ) entschieden und damit das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sowie seine eigene Rechtsprechung in den Urteilen und fortgeschrieben.
18 
1. Im Urteil der Großen Kammer vom 21.01.2011 (Beschw.-Nr. 30696/09) entschied der EGMR, dass eine Dublin-Überstellung von Belgien nach Griechenland aufgrund der dort herrschenden Haft- und Lebensbedingungen für Asylbewerber insbesondere gegen Art. 3 EMRK verstoßen hat.
19 
2. Der EuGH übertrug dies entsprechend Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GRCh im Urteil vom 21.12.2011 (Rs. C-411/10 und 493/10) unter Anwendung von Art. 4 GRCh (= Art. 3 EMRK) in das Unionsrecht und entwickelte hierbei den Begriff der „systemischen Mängel“ bzw. „Schwachstellen“ (vgl. heute: Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO). Herrschen in einem Dublin-Staat solche systemischen Mängel im Asylsystem, was Asylbehörde und gegebenenfalls Asylgericht selbst prüfen müssen und wobei die Darlegungsanforderungen an den Antragsteller nicht überspannt werden dürfen (vgl. UK Supreme Court, Urteil vom 19.02.2014 - EM (Eritrea) v SSHD 2014] UKSC 12 - http://supremecourt.uk/decided-cases/docs/UKSC_2012_0272_Judgment.pdf), darf der Asylbewerber dorthin nicht rücküberstellt werden (Rn. 112 f.). Eine unwiderlegbare Vermutung, dass in keinem Dublin-Staat systemische Mängel existieren, widerspricht - trotz des „Prinzips des gegenseitigen Vertrauens“ und dem politischen Ziel, „forum shopping“ zu vermeiden - Unionsrecht (Rn. 79, 104). Abstrakt definiert setzt die Annahme eines systemischen Mangels allerdings keine „flächendeckende Fehlfunktion im Asylsystem“ im Sinne von „griechischen Verhältnissen“ voraus, sondern eine Schwachstelle, Fehlstruktur oder strukturelle Lücke, die im Sinne einer ceteris paribus notwendigen, aber nicht notwendig hinreichenden Bedingung für Fälle, die diese Asylsystemstelle durchlaufen, zu Rechtsverletzungen führt - dies in Abgrenzung und Gegenüberstellung zu Rechtsverletzungen, die (nur) aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände entstehen (überzeugend: Lübbe, „Systemische Mängel“ in Dublin-Verfahren, ZAR 3/2014, i.E.). Solche Rechtsverletzungen müssen jedoch hinreichend gravierend sein, denn nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den Dublin-Zielstaat führt zur Unbeachtlichkeit der Dublin-Zuständigkeitsbestimmungen (Rn. 82).
20 
Vorliegen muss vielmehr eine Verletzung von Art. 4 GRCh, die in Betracht kommen kann etwa hinsichtlich willkürlicher Haft oder katastrophaler Lebensbedingungen für Asylbewerber () oder wenn etwa aufgrund erheblicher Erkrankung und Nichtbehandelbarkeit im Dublin-Zielstaat dort der in Art. 15 der Aufnahme-RL 2003/9/EG garantierte medizinische Mindeststandard („Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten“) gefährlich unterschritten wäre (im Ergebnis ebenso: UK Supreme Court, a.a.O. Rn. 58 ff). Ausschließlich in solchen Fällen darf das Dublin-System außer Kraft gesetzt werden, auch um einen Wertungswiderspruch hinsichtlich der Art. 3 EMRK-Rechtsprechung des EGMR zu vermeiden (vgl. Urteil vom 27.05.2008 , Beschwerde Nr. 26565/05, NVwZ 2008, 1334). Denn wegen der Unteilbarkeit der Menschenwürde, die hinter Art. 4 GRCh = Art. 3 EMRK steht, kann es schlechterdings nicht richtig sein, dass die Abschiebung in den Heimatstaat - hier Gambia - hiernach zulässig wäre, obwohl dort etwa keinerlei Unterbringung gesichert ist, die Abschiebung in den Dublin-Staat - hier Italien - hingegen nach dem Maßstab desselben Menschenrechtes etwa bei gesicherter, aber schlechter Unterbringung unzulässig sein soll. Dies wäre auch mit der effet utile-Rechtsprechung des EuGH unvereinbar, der im Urteil „N.S.“ bekräftigt, dass hinsichtlich des effektiven Funktionierens des Dublin-Systems „der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, das auf gegenseitigem Vertrauen und einer Vermutung der Beachtung des Unionsrechts, genauer der Grundrechte, durch die anderen Mitgliedstaaten gründet“, auf dem Spiel stehen (Rn. 83).
21 
3. In Fortschreibung dieser Entscheidung entschied der EuGH sodann im Urteil am 14.11.2013 (Rs. C-4/11), dass bei Vorliegen systemischer Mängel, die beim konkreten Asylbewerber zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh führen, der eigentlich nicht zuständige Dublin-Staat zunächst weiter prüfen darf, ob anhand der Dublin-Regelungen ein anderer Dublin-Staat für eine Überstellung in Frage kommt (Rn. 33). Dabei hat der eigentlich nicht zuständige Dublin-Staat darauf zu achten, dass kein unangemessen langes Verfahren entsteht. Erforderlichenfalls sollte er den Asylantrag unter Inanspruchnahme des mitgliedstaatlichen Selbsteintrittsrechts (vgl. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO; Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) selbst prüfen (Rn. 35). Der EuGH stellte allerdings ausdrücklich klar, dass der Asylbewerber hierauf keinen Rechtsanspruch besitzt (Rn. 26, 37). Damit hat er zugleich der Sache nach klargestellt, dass ein Asylbewerber nur Anspruch darauf hat, dass sein Antrag auf internationalen Schutz auf dem Gebiet des „unvollendeten Bundesstaates EU“ geprüft wird, nicht aber darauf, dass er gerade in einem bestimmten Dublin-Staat eigener Wahl geprüft wird (kein „forum shopping“), genauso wenig, wie etwa ein Anspruch besteht, dass dies in Baden-Württemberg und nicht beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern geschieht. Indem der EuGH dem Selbsteintrittsrecht des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO die drittschützende Wirkung absprach, hat er zugleich angelegt, dass auch den anderen Dublin-Verfahrensvorschriften, insbesondere den Fristenregelungen, grundsätzlich keine drittschützende Wirkung zukommt.
22 
4. Dies wurde nunmehr im Urteil vom 10.12.2013 (Rs. C-394/12) klargestellt, in dem ausdrücklich nach dem Drittschutz von Dublin-Zuständigkeitsverfahrensvorschriften gefragt worden war. Der EuGH antwortete wiederum verneinend und in aller Klarheit, dass in dem Moment, in dem ein Dublin-Zielstaat der (Wieder-)Aufnahme des Asylbewerbers zugestimmt hat, dieser hiergegen ausschließlich dortige systemische Mängel einwenden kann, die in seinem konkreten Einzelfall zu einer Verletzung von Art. 4 GRCh führen würden (Rn. 60). Denn die Dublin-Zuständigkeitsregelungen seien im Sinne von „organisatorischen Vorschriften“ der Mitgliedstaaten (Rn. 56) und nach dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ normiert worden, um - auch wegen des öffentlichen Beschleunigungsinteresses hinsichtlich einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates - einem „forum shopping“ entgegenzuwirken (Rn. 53).
III.
23 
Damit steht nunmehr im Sinne eines „acte clair“ (genauer: „acte éclairé“) fest, dass sämtliche nicht grundrechtlich (wie Art. 6-8 Dublin II-VO bzw. Art. 8-11 Dublin III-VO) aufgeladenen Dublin-Zuständigkeitsregelungen vom Asylbewerber gerichtlich grundsätzlich nicht durchgesetzt werden können. Denn der EuGH hat in allen drei Leitentscheidungen zum Dublin-System der Sache nach pauschal insbesondere mit der Funktionsfähigkeit des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems argumentiert („Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“, „öffentliches Beschleunigungsinteresse“), sodass eindeutig ist, dass sich dies nicht nur auf die jeweilig spezifischen Normen der Dublin II-VO bezieht. Auch im Rahmen der nach Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar verbindlichen Dublin III-VO kann deshalb nichts anderes gelten. Ein Drittschutz für Dublin-Zuständigkeitsregelungen könnte allenfalls noch bei überlanger Verfahrensdauer gemäß dem über Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh hier direkt anwendbaren Art. 47 Satz 2 GRCh (vgl. Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl., Vorb-GRCh Rn. 1) anerkannt werden, um einen dauerhaft untätigen Mitgliedstaat zum Handeln zu zwingen, damit keine „refugee in orbit“-Situation entsteht. Nur in einer solchen Ausnahmekonstellation, die aufgrund der hintereinander geschalteten verschiedenen Wochen- und Monatsfristen der Dublin-Verordnungen sicherlich ein Untätigbleiben von weit über einem Jahr voraussetzt, könnte sich das private Beschleunigungsinteresse des Asylbewerbers an der inhaltlichen Bearbeitung seines Antrags gegenüber dem öffentlichen Beschleunigungsinteresse bezüglich der zeitnahen Klärung des für die Antragsbearbeitung nach den Dublin-Verordnungen zuständigen Staates durchsetzen.
24 
Ist diese Ausnahmekonstellation aber, wie im vorliegenden Fall, nicht gegeben, kann eine Klage allein mit dem Argument, etwa die Drei- bzw. Zwei-Monatsfrist des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO oder Art. 21 Abs. 1 bzw. 23 Abs. 2 Dublin III-VO sei verletzt worden, keinen Erfolg haben. Gleiches muss gelten, wenn die Sechs-Monatsfrist des Art. 19 Abs. 4 bzw. 20 Abs. 2 Dublin II-VO oder Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO abgelaufen ist (insoweit von überholt: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.08.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 13). Auch in diesem Fall kann eine Anfechtungsklage des Asylbewerbers unionsrechtlich allein dann Erfolg haben, wenn im Dublin-Zielstaat systemische Mängel vorliegen, die im konkreten Einzelfall zu einer Verletzung von Art. 4 GRCh führen würden. Dann müsste der angefochtene Bescheid des Bundesamts aufgehoben werden, damit dem Bundesamt die im Urteil (Rn. 33) beschriebene (und nun in Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO normierte) Möglichkeit eingeräumt wird, auf den dann weiter anhängigen Asylantrag einen anderen Dublin-Zielstaat für die Rücküberstellung zu finden bzw. vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.
25 
Ein „Durchentscheiden“ zum (vom Bundesamt, anders als bei Folgeanträgen, nicht einmal angeprüften) Asyl- und Flüchtlingsrecht bzw. subsidiären oder komplementären Schutz im Sinne der Folgeantragsrechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.12.2000 - 9 B 426.00 - juris) scheidet hingegen aus, weil ansonsten entgegen dem Urteil unionsrechtswidrig dem Asylbewerber doch ein gerichtlich durchsetzbares Recht auf Selbsteintritt eingeräumt (insoweit von überholt: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - juris Rn. 27/30) und dem Bundesamt die Möglichkeit, einen anderen (auch „freiwillig“) aufnehmenden Dublin-Staat zu finden, abgeschnitten würde. Zudem würde hierdurch das Gericht unter Verstoß gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz zur „Erstbehörde“ gemacht. Solange also die Zustimmung eines Dublin-Zielstaates (faktisch fort-)besteht, den Asylbewerber wieder aufzunehmen (und diese Zustimmung nicht etwa befristet war oder wegen Fristablaufs vom Dublin-Zielstaat inzwischen widerrufen worden ist) sowie in diesem Zielstaat keine systemischen Mängel mit der Folge der Art. 4 GRCh-Verletzung bestehen, solange kann die Klage - unionsrechtlich - keinen Erfolg haben. Diese Zustimmung kann vom Zielstaat nach dem Dublin-System verwaltungstechnisch ausdrücklich oder stillschweigend im Sinne einer Fiktion erteilt worden sein (vgl. Art. 20 Abs. 1 Dublin II-VO bzw. Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO).
26 
Im Falle des Klägers ist es hier deshalb ohne entscheidungserhebliche Relevanz, dass das Bundesamt die Drei-Monatsfrist des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO verletzt hat (Asylantrag am 11.06.2013; Überstellungsersuchen erst am 14.11.2013). Denn Italien hat seiner Rücküberstellung (mittels Fiktion) gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO seit 29.11.2013 (stillschweigend) zugestimmt.
IV.
27 
Die Klage des Asylbewerbers könnte in dieser Konstellation allenfalls dann - nach nationalem Recht - Erfolg haben, wenn die Rücküberstellung aufgrund inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse unmöglich ist, etwa weil aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung keine Transportfähigkeit, d.h. Reisefähigkeit im engeren Sinne (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.02.2008 - 11 S 2439/07 - juris Rn. 8), besteht. Denn dann steht im Sinne von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, d.h. die Abschiebungsanordnung ist rechtswidrig. Das Bundesamt hat im Falle der Abschiebungsanordnung also nicht nur - unionsrechtlich - (Dublin-)zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne von systemischen Mängeln i.V.m. Art. 4 GRCh zu prüfen, sondern (ausnahmsweise) auch - nationalrechtlich - inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse (ausführlich: Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 11/2013, § 34a Rn. 22). Diese Grundregel ist trotz der prozessualen Neuerungen des Art. 27 Abs. 3 lit. c Dublin III-VO bzw. § 34a Abs. 2 AsylVfG auch unter dem Rechtsregime der Dublin III-VO beizubehalten, um das öffentliche Beschleunigungsinteresse hinsichtlich der zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates nicht durch gegebenenfalls unkoordinierte Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO bezüglich der Abschiebungsanordnung gegenüber dem Bundesamt einerseits und nach § 123 VwGO bezüglich Vollstreckungshindernissen gegenüber der Ausländerbehörde andererseits zu konterkarieren.
28 
Im Falle des verhältnismäßig jungen und offenbar gesunden Klägers gibt es allerdings keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme von inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen.
V.
29 
Bezüglich des Dublin-Zielstaates Italien liegen nach Überzeugung des erkennenden Gerichts (jedenfalls derzeit) auch keine systemischen Mängel im Sinne der dargestellten EuGH-Rechtsprechung (mehr) vor. Durch Tatsachen bestätigte Gründe dafür, dass der junge und gesunde Kläger im italienischen Asylverfahren voraussichtlich im Sinne von Art. 4 GRCh „der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen wird“, lassen sich nicht erkennen. Der Kläger selbst hat solche Gründe aufgrund eigener Erfahrungen in Italien zwischen seinem dortigen Asylerstantrag wohl am 27.08.2011 und der Ausreise aus Italien im Frühjahr 2013 im Übrigen auch nicht ansatzweise vorgetragen. Seine Begründung für die Weiterreise nach Deutschland war vielmehr, „to try my chance“.
30 
Zur aktuellen Situation in Italien hat insbesondere das Verwaltungsgericht Würzburg in seinem Beschluss vom 03.02.2014 - W 6 S 14.30087 - (juris) Folgendes dargelegt:
31 
„Nach der Erkenntnislage ist nicht anzunehmen, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien systemische Mängel aufweisen. (…) Dabei ist festzuhalten, dass nicht schon jeder Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention oder jede Verletzung eines Grundrechts zur Bejahung systemischer Mängel führt. Auch der Umstand, dass in Italien die wirtschaftliche Situation oder die medizinische Versorgung für Asylsuchende schlechter sein mag als in der Bundesrepublik Deutschland, führt für sich nicht zur Annahme systemischen Mängel oder einer allgemeinen unmenschlichen Behandlung (vgl. VG Oldenburg, B.v. 21.1.2014 – 3 B 6802/13 – juris mit Bezug auf OVG LSA, B.v. 14.11.2013 – 4 L 44/13).
32 
Das Auswärtige Amt kommt etwa in seiner Stellungnahme vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt zu der Einschätzung, dass für Flüchtlinge in Italien landesweit ausreichende staatliche bzw. öffentliche und karitative Unterkunftsmöglichkeiten – bei teilweiser lokaler Überbelegung – zur Verfügung stehen, und insbesondere, dass alle Personen, die im Rahmen der Dublin-II-VO nach Italien zurückgeführt werden, in eine Unterkunft verteilt werden. Sie werden bei ihrer Ankunft am Flughafen empfangen, erkennungsdienstlich behandelt, einer Questura zugeteilt, von einer zuständigen Hilfsorganisation betreut und über den weiteren Verfahrensablauf unterrichtet (vgl. auch Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG NRW vom 11.09.2013).
33 
Soweit der vom Antragstellerbevollmächtigten zitierte Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Oktober 2013 erhebliche Missstände in Italien beschreibt, ebenso der UNHCR in einer Stellungnahme an das VG Freiburg vom Dezember 2013 (der daneben auch positive Aspekte honoriert), rechtfertigt dies nicht das Vorliegen von systemischen Mängeln, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, eine unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. allgemein EuGH, U.v. 10.12.2013 – C 394/12 – juris). Das Gericht verkennt nicht das Bestehen der in den vorliegenden Berichten dargestellten Missstände, auf die auch der Antragstellerbevollmächtigte hingewiesen hat. Aber weder dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe noch der Stellungnahme des UNHCR noch sonstigen Unterlagen ist es zurzeit im ausreichenden Maß zu entnehmen, dass ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen vorliegt bzw. dass das Asylverfahren und die Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern in Italien systemische Mängel aufweisen. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass der UNHCR weiterhin gerade keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, Asylsuchende nicht nach Italien zu überstellen. Dies ist deshalb von erheblicher Bedeutung, weil die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Mitgliedsstaat, der nach den Kriterien der Dublin-II-VO als zuständiger Staat bestimmt wird, angesichts der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens zu beachten ist, besonders relevant sind (vgl. EUGH, U.v. 30.5.2013 – C-528/11 – ABl EU 2013, Nr. C 225 S. 12 – juris). Soweit in Italien Missstände und Notstände aufgrund der stark gestiegenen Asylbewerberzahl festgestellt worden sind, sind sie dieser geschuldet und stellen als solche für sich keine systemischen Mängel dar. Allein aus dem Umstand, dass andere Verwaltungsgerichte jedenfalls im Sofortverfahren zu anderen Ergebnissen kommen, mag auf den zugrundeliegenden Prüfungsmaßstab zurückzuführen sein, belegt aber nicht das tatsächliche Vorhandensein von Mängeln im italienischen System.
34 
Die vorliegende Einschätzung deckt sich mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 2. April 2013 (27725/10 – ZAR 2013, 336). Der Hinweis des Antragstellerbevollmächtigten auf eine divergierende Rechtsauffassung der 5. Sektion des EGMR und die Befassung der Großen Kammer des EGMR rechtfertigt zurzeit keine andere Beurteilung. Die 3. Sektion des EGMR hat ihre Rechtsauffassung über die Einschätzung hinsichtlich der Situation von Asylsuchenden in Italien mit einer Entscheidung vom 10. September 2013 ausdrücklich bestätigt (2314/10 – http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-127054). Zudem ist auch in dem Zusammenhang zu betonen, dass tatsächlich bestehende Defizite im italienischen Asylsystem auch mit der Folge, dass die wirtschaftliche, die medizinische und die soziale Versorgung in Italien schlechter als in der Bundesrepublik Deutschland ist, nicht die Annahme systemischer Mängel oder einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention rechtfertigen. Denn an einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention sind strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. auch Thym, ZAR 2013, 331). Zudem ist nicht allein auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bzw. auf die Rechtsauffassung einer einzelnen Sektion abzustellen, sondern die gesamten Umstände des Einzelfalls sind zu würdigen.
35 
Das Gericht schließt sich nach alledem dem Teil der Rechtsprechung an, der systemische Mängel in Italien verneint und nimmt darauf ergänzend Bezug (vgl. zuletzt VG Oldenburg, B.v. 21.1.2014 – 3 B 6802/13 -; VG Regensburg, B.v. 18.12.2013 – RN 6 S 13.30720 – juris; VG Saarland, B.v. 6.12.2013 – 3 L 1989/13 – juris; VG Ansbach, B.v. 26.11.2013 – AN 1 S 13.31045 – juris; VG Trier, B.v. 6.11.2013 – 5 L 1539/13.TR – juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 17.6.2013 – OVG 7 S 33.13 – juris; a. A. etwa VG Gießen, U.v. 25.11.2013 – 1 K 844/11.GI.A – AuAS 2014, 12, jeweils mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung und den dort zitierten Erkenntnisquellen).“
36 
Auch das erkennende Gericht schließt sich dieser Bewertung des derzeitigen Asylsystems in Italien an. Besonderes Gewicht wird dabei dem Umstand beigemessen, dass UNHCR im Bericht vom Dezember 2013 (anders als im Falle Bulgariens, vgl. Bericht vom 02.01.2014 - http://www.refworld.org/docid/52c598354.html) und bis heute bezüglich Italien aufgrund auch der eigenen Überprüfungen vor Ort keinen Überstellungsstopp fordert.
37 
Nach alledem begegnet die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG keinen Bedenken, denn Italien ist, wie ausgeführt, der für die Fortführung des Asylverfahrens des Klägers zuständige Staat.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

Gründe

 
11 
Soweit sich der Klageantrag auf ein Verpflichtungsbegehren bezieht, ist die Klage schon unzulässig. Denn der Kläger hat keine überlange Verfahrensdauer im Sinne des Art. 47 GRCh gerügt, die auch nicht ersichtlich ist, weswegen ihm von vorneherein kein Anspruch auf „Durchentscheiden“ zustehen kann (hierzu III.), es also insoweit an der Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO fehlt. Bezüglich des Anfechtungsbegehrens hingegen ist die Klage zulässig, weil sich der Kläger auf ihn betreffende systemische Mängel im italienischen Asylverfahren beruft, sodass insoweit die Verletzung eigener Rechte aus Art. 4 GRCh möglich erscheint.
12 
Selbst wenn aber nicht nur das Anfechtungs-, sondern auch das Verpflichtungsbegehren als zulässig angesehen würde, ist die Klage in jedem Fall insgesamt unbegründet. Denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung seines Asylverfahrens im Bundesgebiet sowie auf die geltend gemachten Rechtspositionen (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO). Ob im konkreten Fall das italienische Asylverfahren tatsächlich durch ablehnenden Bescheid bestandskräftig negativ abgeschlossen wurde, ist nicht hinreichend ersichtlich (nur: „my case was rejected by the Italian government“). Es kann im Ergebnis aber offen bleiben, ob ein Zweitantrag im Sinne von § 71a AsylVfG vorliegt oder der Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG unzulässig ist. In beiden Fällen ist Italien für die Fortführung des Asylverfahrens zuständig im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (- GEAS -; hierzu: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., Vorb-AsylVfG Rn. 20 ff., sowie Hoppe, Eilrechtsschutz gegen Dublin II-Überstellungen, 2013, S. 34 ff., m.w.N.). Die angefochtene Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG in der Fassung von Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (- Qualifikationsrichtlinie n.F. / QRL -) vom 28.08.2013 (BGBl I Nr. 54 v. 05.09.2013, 3474) ist gerichtlich nicht zu beanstanden.
I.
13 
Gemäß Art. 49 (Abs. 2) der Dublin III-Verordnung 604/2013/EU (- Dublin III-VO -) ist für vor dem 19.07.2013 in Deutschland gestellte (Alt-)Anträge auf internationalen Schutz (i.S. von Art. 2 lit. h QRL: Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiären Schutzes) weiterhin die Dublin II-Verordnung 343/2003/EG (- Dublin II-VO -) anwendbar. Für (Neu-)Anträge ab 01.01.2014 gilt hingegen ausschließlich die Dublin III-VO. Für Anträge im Übergangszeitraum 19.07.2013 bis 31.12.2013 gilt grundsätzlich bereits die Dublin III-VO, nicht jedoch hinsichtlich der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats, die weiterhin nach den Kriterien der Dublin II-VO erfolgt. Sämtliche Regelungen, die die Zuständigkeit eines bestimmten Mitgliedstaats für den Antrag normieren, sind für diese Übergangsfälle - nach Sinn und Zweck des Art. 49 (Abs. 2) Dublin III-VO (Verwaltungsvereinfachung auch bezüglich der verwendeten Formulare etc. im Übergangszeitraum ab Inkrafttreten der erst am 29.06.2013 veröffentlichten Dublin III-VO) - weiterhin der Dublin II-VO zu entnehmen. In deren Kapitel III ist die „Rangfolge“ der Kriterien geregelt; zu dieser Rangfolge gehören untrennbar die sonstigen Dublin II-Regelungen (insbesondere Kapitel V, in dem die Dublin II-VO etwa bei Fristablauf ebenfalls Zuständigkeitskriterien normiert). Dass Kapitel III der Dublin III-VO nunmehr die „Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats“ begrifflich enger fasst, spielt keine Rolle. Denn Art. 49 (Abs. 2) Dublin III-VO verweist ausdrücklich und pauschal auf die Kriterien der (eigentlich gemäß Art. 48 Dublin III-VO aufgehobenen) Dublin II-VO.
14 
Die Dublin II-VO ist im Übrigen (derzeit) weiterhin anwendbar bezüglich der Länder Norwegen, Island, Schweiz, Liechtenstein und Dänemark, die sich (bislang) nicht am Dublin III-System beteiligen.
15 
Die Dublin-Verordnungen dürften im Übrigen nicht nur bei bloßer Feststellung von subsidiärem Schutz, sondern selbst bei Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem anderen Dublin-Staat - jedenfalls analog - anwendbar sein (a.A. Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 11/2013, § 27a Rn. 34). Denn in diesen Fällen behält der andere Dublin-Staat nach Sinn und Zweck der Verordnungen grundsätzlich weiterhin die Flüchtlingsverantwortung, wie dies auch Art. 4 des Europäischen Übereinkommens über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge vom 16.10.1980 (BGBl 1994 II 2645) dokumentiert (vgl. Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 2 AsylVfG Rn. 6). Verstärkt wird dieser Ansatz durch die Regelung des Art. 24 Abs. 1 QRL, wonach anerkannte Flüchtlinge Anspruch auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels haben. Analog Art. 9 (i.V.m. Art. 2 lit. j) Dublin II-VO bzw. Art. 12 (i.V.m. Art. 2 lit. l) Dublin III-VO muss der Aussteller-Mitgliedstaat im Dublin-System für die Prüfung des erneuten Antrags auf internationalen Schutz (dem das Rechtsschutzbedürfnis fehlen dürfte) auch in der Zwischenzeit nach Flüchtlingsanerkennung und Titelausstellung zuständig sein. Alles andere wäre mit dem öffentlichen Beschleunigungsinteresse im Sinne einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates unvereinbar. Denn es kann nicht richtig sein, dass das Bundesamt oder die Asylgerichte - gegebenenfalls unter Beiziehung, Übersetzung und Auswertung der ausländischen Verwaltungsakten sowie nach Studium des jeweiligen nationalen Asylverwaltungsverfahrensrechtes - zur Aufklärung verpflichtet wären, ob der Antragsteller nun tatsächlich eigentlich bereits bestandskräftig anerkannt oder (teil-)abgelehnt wurde bzw. ob ihm die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer oder komplementärer Schutz zuerkannt worden ist. Jedenfalls dann, wenn der ersuchte Dublin-Staat im Dublin-Verfahren der (Wieder-)Aufnahme des Antragstellers zugestimmt hat, was er völker- bzw. unionsrechtlich auch ohne entsprechende Rechtspflicht darf, steht grundsätzlich im Sinne des § 34a Abs. 1 AsylVfG fest, dass die Abschiebung in diesen Staat durchgeführt werden kann. Der Einwand des Antragstellers, er sei dort aber schon anerkannt worden, kann den „effet utile“ der Dublin-Verordnungen nicht außer Kraft setzen.
16 
Im Falle des Klägers, der seinen (Alt-)Asylantrag in Deutschland am 11.06.2013 gestellt hat und bei dem unklar ist, ob sein italienisches Asylverfahren bestandskräftig beendet wurde, ist nach diesen Grundsätzen (weiterhin) die Dublin II-VO anwendbar. Da er vor Einreise in das Bundesgebiet nach dem EURODAC-Treffer sowie seinen eigenen Angaben in Italien bereits ein Asylverfahren durchlaufen hatte, bleibt Italien nach Art. 13 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II-VO für ihn zuständig und muss ihn nach Maßgabe des Art. 20 Dublin II-VO wieder aufnehmen. Demgemäß hat Italien die Möglichkeit, der Wiederaufnahme ausdrücklich zuzustimmen oder die Wiederaufnahme durch Stillschweigen zu akzeptieren. Nach Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO wird davon ausgegangen, dass Italien die Wiederaufnahme akzeptiert, wenn es nach einem EURODAC-Treffer nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab dem deutschen Ersuchen eine Antwort erteilt. Im Falle des Klägers hat das Bundesamt (erstmals) am 14.11.2013 die italienische Dublin-Koordinierungsstelle um die Wiederaufnahme des Klägers ersucht. Gemäß Art. 25 Abs. 1 Dublin II-VO steht mithin seit 29.11.2013 fest, dass Italien der Wiederaufnahme des Klägers zugestimmt hat. Damit steht zugleich auch bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung im Rechtssinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG seit 29.11.2013 insoweit fest, dass die Abschiebung des Klägers nach Italien durchgeführt werden kann.
II.
17 
Hiergegen kann der Kläger - unionsrechtlich - ausschließlich einwenden, im Zielstaat der Abschiebung bestünden systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der EU ausgesetzt zu werden. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) der Sache nach in seinem Urteil vom 10.12.2013 (Rs. C-394/12 ) entschieden und damit das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sowie seine eigene Rechtsprechung in den Urteilen und fortgeschrieben.
18 
1. Im Urteil der Großen Kammer vom 21.01.2011 (Beschw.-Nr. 30696/09) entschied der EGMR, dass eine Dublin-Überstellung von Belgien nach Griechenland aufgrund der dort herrschenden Haft- und Lebensbedingungen für Asylbewerber insbesondere gegen Art. 3 EMRK verstoßen hat.
19 
2. Der EuGH übertrug dies entsprechend Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GRCh im Urteil vom 21.12.2011 (Rs. C-411/10 und 493/10) unter Anwendung von Art. 4 GRCh (= Art. 3 EMRK) in das Unionsrecht und entwickelte hierbei den Begriff der „systemischen Mängel“ bzw. „Schwachstellen“ (vgl. heute: Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO). Herrschen in einem Dublin-Staat solche systemischen Mängel im Asylsystem, was Asylbehörde und gegebenenfalls Asylgericht selbst prüfen müssen und wobei die Darlegungsanforderungen an den Antragsteller nicht überspannt werden dürfen (vgl. UK Supreme Court, Urteil vom 19.02.2014 - EM (Eritrea) v SSHD 2014] UKSC 12 - http://supremecourt.uk/decided-cases/docs/UKSC_2012_0272_Judgment.pdf), darf der Asylbewerber dorthin nicht rücküberstellt werden (Rn. 112 f.). Eine unwiderlegbare Vermutung, dass in keinem Dublin-Staat systemische Mängel existieren, widerspricht - trotz des „Prinzips des gegenseitigen Vertrauens“ und dem politischen Ziel, „forum shopping“ zu vermeiden - Unionsrecht (Rn. 79, 104). Abstrakt definiert setzt die Annahme eines systemischen Mangels allerdings keine „flächendeckende Fehlfunktion im Asylsystem“ im Sinne von „griechischen Verhältnissen“ voraus, sondern eine Schwachstelle, Fehlstruktur oder strukturelle Lücke, die im Sinne einer ceteris paribus notwendigen, aber nicht notwendig hinreichenden Bedingung für Fälle, die diese Asylsystemstelle durchlaufen, zu Rechtsverletzungen führt - dies in Abgrenzung und Gegenüberstellung zu Rechtsverletzungen, die (nur) aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände entstehen (überzeugend: Lübbe, „Systemische Mängel“ in Dublin-Verfahren, ZAR 3/2014, i.E.). Solche Rechtsverletzungen müssen jedoch hinreichend gravierend sein, denn nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den Dublin-Zielstaat führt zur Unbeachtlichkeit der Dublin-Zuständigkeitsbestimmungen (Rn. 82).
20 
Vorliegen muss vielmehr eine Verletzung von Art. 4 GRCh, die in Betracht kommen kann etwa hinsichtlich willkürlicher Haft oder katastrophaler Lebensbedingungen für Asylbewerber () oder wenn etwa aufgrund erheblicher Erkrankung und Nichtbehandelbarkeit im Dublin-Zielstaat dort der in Art. 15 der Aufnahme-RL 2003/9/EG garantierte medizinische Mindeststandard („Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten“) gefährlich unterschritten wäre (im Ergebnis ebenso: UK Supreme Court, a.a.O. Rn. 58 ff). Ausschließlich in solchen Fällen darf das Dublin-System außer Kraft gesetzt werden, auch um einen Wertungswiderspruch hinsichtlich der Art. 3 EMRK-Rechtsprechung des EGMR zu vermeiden (vgl. Urteil vom 27.05.2008 , Beschwerde Nr. 26565/05, NVwZ 2008, 1334). Denn wegen der Unteilbarkeit der Menschenwürde, die hinter Art. 4 GRCh = Art. 3 EMRK steht, kann es schlechterdings nicht richtig sein, dass die Abschiebung in den Heimatstaat - hier Gambia - hiernach zulässig wäre, obwohl dort etwa keinerlei Unterbringung gesichert ist, die Abschiebung in den Dublin-Staat - hier Italien - hingegen nach dem Maßstab desselben Menschenrechtes etwa bei gesicherter, aber schlechter Unterbringung unzulässig sein soll. Dies wäre auch mit der effet utile-Rechtsprechung des EuGH unvereinbar, der im Urteil „N.S.“ bekräftigt, dass hinsichtlich des effektiven Funktionierens des Dublin-Systems „der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, das auf gegenseitigem Vertrauen und einer Vermutung der Beachtung des Unionsrechts, genauer der Grundrechte, durch die anderen Mitgliedstaaten gründet“, auf dem Spiel stehen (Rn. 83).
21 
3. In Fortschreibung dieser Entscheidung entschied der EuGH sodann im Urteil am 14.11.2013 (Rs. C-4/11), dass bei Vorliegen systemischer Mängel, die beim konkreten Asylbewerber zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh führen, der eigentlich nicht zuständige Dublin-Staat zunächst weiter prüfen darf, ob anhand der Dublin-Regelungen ein anderer Dublin-Staat für eine Überstellung in Frage kommt (Rn. 33). Dabei hat der eigentlich nicht zuständige Dublin-Staat darauf zu achten, dass kein unangemessen langes Verfahren entsteht. Erforderlichenfalls sollte er den Asylantrag unter Inanspruchnahme des mitgliedstaatlichen Selbsteintrittsrechts (vgl. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO; Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) selbst prüfen (Rn. 35). Der EuGH stellte allerdings ausdrücklich klar, dass der Asylbewerber hierauf keinen Rechtsanspruch besitzt (Rn. 26, 37). Damit hat er zugleich der Sache nach klargestellt, dass ein Asylbewerber nur Anspruch darauf hat, dass sein Antrag auf internationalen Schutz auf dem Gebiet des „unvollendeten Bundesstaates EU“ geprüft wird, nicht aber darauf, dass er gerade in einem bestimmten Dublin-Staat eigener Wahl geprüft wird (kein „forum shopping“), genauso wenig, wie etwa ein Anspruch besteht, dass dies in Baden-Württemberg und nicht beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern geschieht. Indem der EuGH dem Selbsteintrittsrecht des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO die drittschützende Wirkung absprach, hat er zugleich angelegt, dass auch den anderen Dublin-Verfahrensvorschriften, insbesondere den Fristenregelungen, grundsätzlich keine drittschützende Wirkung zukommt.
22 
4. Dies wurde nunmehr im Urteil vom 10.12.2013 (Rs. C-394/12) klargestellt, in dem ausdrücklich nach dem Drittschutz von Dublin-Zuständigkeitsverfahrensvorschriften gefragt worden war. Der EuGH antwortete wiederum verneinend und in aller Klarheit, dass in dem Moment, in dem ein Dublin-Zielstaat der (Wieder-)Aufnahme des Asylbewerbers zugestimmt hat, dieser hiergegen ausschließlich dortige systemische Mängel einwenden kann, die in seinem konkreten Einzelfall zu einer Verletzung von Art. 4 GRCh führen würden (Rn. 60). Denn die Dublin-Zuständigkeitsregelungen seien im Sinne von „organisatorischen Vorschriften“ der Mitgliedstaaten (Rn. 56) und nach dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ normiert worden, um - auch wegen des öffentlichen Beschleunigungsinteresses hinsichtlich einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates - einem „forum shopping“ entgegenzuwirken (Rn. 53).
III.
23 
Damit steht nunmehr im Sinne eines „acte clair“ (genauer: „acte éclairé“) fest, dass sämtliche nicht grundrechtlich (wie Art. 6-8 Dublin II-VO bzw. Art. 8-11 Dublin III-VO) aufgeladenen Dublin-Zuständigkeitsregelungen vom Asylbewerber gerichtlich grundsätzlich nicht durchgesetzt werden können. Denn der EuGH hat in allen drei Leitentscheidungen zum Dublin-System der Sache nach pauschal insbesondere mit der Funktionsfähigkeit des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems argumentiert („Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“, „öffentliches Beschleunigungsinteresse“), sodass eindeutig ist, dass sich dies nicht nur auf die jeweilig spezifischen Normen der Dublin II-VO bezieht. Auch im Rahmen der nach Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar verbindlichen Dublin III-VO kann deshalb nichts anderes gelten. Ein Drittschutz für Dublin-Zuständigkeitsregelungen könnte allenfalls noch bei überlanger Verfahrensdauer gemäß dem über Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh hier direkt anwendbaren Art. 47 Satz 2 GRCh (vgl. Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl., Vorb-GRCh Rn. 1) anerkannt werden, um einen dauerhaft untätigen Mitgliedstaat zum Handeln zu zwingen, damit keine „refugee in orbit“-Situation entsteht. Nur in einer solchen Ausnahmekonstellation, die aufgrund der hintereinander geschalteten verschiedenen Wochen- und Monatsfristen der Dublin-Verordnungen sicherlich ein Untätigbleiben von weit über einem Jahr voraussetzt, könnte sich das private Beschleunigungsinteresse des Asylbewerbers an der inhaltlichen Bearbeitung seines Antrags gegenüber dem öffentlichen Beschleunigungsinteresse bezüglich der zeitnahen Klärung des für die Antragsbearbeitung nach den Dublin-Verordnungen zuständigen Staates durchsetzen.
24 
Ist diese Ausnahmekonstellation aber, wie im vorliegenden Fall, nicht gegeben, kann eine Klage allein mit dem Argument, etwa die Drei- bzw. Zwei-Monatsfrist des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO oder Art. 21 Abs. 1 bzw. 23 Abs. 2 Dublin III-VO sei verletzt worden, keinen Erfolg haben. Gleiches muss gelten, wenn die Sechs-Monatsfrist des Art. 19 Abs. 4 bzw. 20 Abs. 2 Dublin II-VO oder Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO abgelaufen ist (insoweit von überholt: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.08.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 13). Auch in diesem Fall kann eine Anfechtungsklage des Asylbewerbers unionsrechtlich allein dann Erfolg haben, wenn im Dublin-Zielstaat systemische Mängel vorliegen, die im konkreten Einzelfall zu einer Verletzung von Art. 4 GRCh führen würden. Dann müsste der angefochtene Bescheid des Bundesamts aufgehoben werden, damit dem Bundesamt die im Urteil (Rn. 33) beschriebene (und nun in Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO normierte) Möglichkeit eingeräumt wird, auf den dann weiter anhängigen Asylantrag einen anderen Dublin-Zielstaat für die Rücküberstellung zu finden bzw. vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.
25 
Ein „Durchentscheiden“ zum (vom Bundesamt, anders als bei Folgeanträgen, nicht einmal angeprüften) Asyl- und Flüchtlingsrecht bzw. subsidiären oder komplementären Schutz im Sinne der Folgeantragsrechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.12.2000 - 9 B 426.00 - juris) scheidet hingegen aus, weil ansonsten entgegen dem Urteil unionsrechtswidrig dem Asylbewerber doch ein gerichtlich durchsetzbares Recht auf Selbsteintritt eingeräumt (insoweit von überholt: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - juris Rn. 27/30) und dem Bundesamt die Möglichkeit, einen anderen (auch „freiwillig“) aufnehmenden Dublin-Staat zu finden, abgeschnitten würde. Zudem würde hierdurch das Gericht unter Verstoß gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz zur „Erstbehörde“ gemacht. Solange also die Zustimmung eines Dublin-Zielstaates (faktisch fort-)besteht, den Asylbewerber wieder aufzunehmen (und diese Zustimmung nicht etwa befristet war oder wegen Fristablaufs vom Dublin-Zielstaat inzwischen widerrufen worden ist) sowie in diesem Zielstaat keine systemischen Mängel mit der Folge der Art. 4 GRCh-Verletzung bestehen, solange kann die Klage - unionsrechtlich - keinen Erfolg haben. Diese Zustimmung kann vom Zielstaat nach dem Dublin-System verwaltungstechnisch ausdrücklich oder stillschweigend im Sinne einer Fiktion erteilt worden sein (vgl. Art. 20 Abs. 1 Dublin II-VO bzw. Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO).
26 
Im Falle des Klägers ist es hier deshalb ohne entscheidungserhebliche Relevanz, dass das Bundesamt die Drei-Monatsfrist des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO verletzt hat (Asylantrag am 11.06.2013; Überstellungsersuchen erst am 14.11.2013). Denn Italien hat seiner Rücküberstellung (mittels Fiktion) gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO seit 29.11.2013 (stillschweigend) zugestimmt.
IV.
27 
Die Klage des Asylbewerbers könnte in dieser Konstellation allenfalls dann - nach nationalem Recht - Erfolg haben, wenn die Rücküberstellung aufgrund inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse unmöglich ist, etwa weil aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung keine Transportfähigkeit, d.h. Reisefähigkeit im engeren Sinne (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.02.2008 - 11 S 2439/07 - juris Rn. 8), besteht. Denn dann steht im Sinne von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, d.h. die Abschiebungsanordnung ist rechtswidrig. Das Bundesamt hat im Falle der Abschiebungsanordnung also nicht nur - unionsrechtlich - (Dublin-)zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne von systemischen Mängeln i.V.m. Art. 4 GRCh zu prüfen, sondern (ausnahmsweise) auch - nationalrechtlich - inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse (ausführlich: Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 11/2013, § 34a Rn. 22). Diese Grundregel ist trotz der prozessualen Neuerungen des Art. 27 Abs. 3 lit. c Dublin III-VO bzw. § 34a Abs. 2 AsylVfG auch unter dem Rechtsregime der Dublin III-VO beizubehalten, um das öffentliche Beschleunigungsinteresse hinsichtlich der zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates nicht durch gegebenenfalls unkoordinierte Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO bezüglich der Abschiebungsanordnung gegenüber dem Bundesamt einerseits und nach § 123 VwGO bezüglich Vollstreckungshindernissen gegenüber der Ausländerbehörde andererseits zu konterkarieren.
28 
Im Falle des verhältnismäßig jungen und offenbar gesunden Klägers gibt es allerdings keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme von inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen.
V.
29 
Bezüglich des Dublin-Zielstaates Italien liegen nach Überzeugung des erkennenden Gerichts (jedenfalls derzeit) auch keine systemischen Mängel im Sinne der dargestellten EuGH-Rechtsprechung (mehr) vor. Durch Tatsachen bestätigte Gründe dafür, dass der junge und gesunde Kläger im italienischen Asylverfahren voraussichtlich im Sinne von Art. 4 GRCh „der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen wird“, lassen sich nicht erkennen. Der Kläger selbst hat solche Gründe aufgrund eigener Erfahrungen in Italien zwischen seinem dortigen Asylerstantrag wohl am 27.08.2011 und der Ausreise aus Italien im Frühjahr 2013 im Übrigen auch nicht ansatzweise vorgetragen. Seine Begründung für die Weiterreise nach Deutschland war vielmehr, „to try my chance“.
30 
Zur aktuellen Situation in Italien hat insbesondere das Verwaltungsgericht Würzburg in seinem Beschluss vom 03.02.2014 - W 6 S 14.30087 - (juris) Folgendes dargelegt:
31 
„Nach der Erkenntnislage ist nicht anzunehmen, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien systemische Mängel aufweisen. (…) Dabei ist festzuhalten, dass nicht schon jeder Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention oder jede Verletzung eines Grundrechts zur Bejahung systemischer Mängel führt. Auch der Umstand, dass in Italien die wirtschaftliche Situation oder die medizinische Versorgung für Asylsuchende schlechter sein mag als in der Bundesrepublik Deutschland, führt für sich nicht zur Annahme systemischen Mängel oder einer allgemeinen unmenschlichen Behandlung (vgl. VG Oldenburg, B.v. 21.1.2014 – 3 B 6802/13 – juris mit Bezug auf OVG LSA, B.v. 14.11.2013 – 4 L 44/13).
32 
Das Auswärtige Amt kommt etwa in seiner Stellungnahme vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt zu der Einschätzung, dass für Flüchtlinge in Italien landesweit ausreichende staatliche bzw. öffentliche und karitative Unterkunftsmöglichkeiten – bei teilweiser lokaler Überbelegung – zur Verfügung stehen, und insbesondere, dass alle Personen, die im Rahmen der Dublin-II-VO nach Italien zurückgeführt werden, in eine Unterkunft verteilt werden. Sie werden bei ihrer Ankunft am Flughafen empfangen, erkennungsdienstlich behandelt, einer Questura zugeteilt, von einer zuständigen Hilfsorganisation betreut und über den weiteren Verfahrensablauf unterrichtet (vgl. auch Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG NRW vom 11.09.2013).
33 
Soweit der vom Antragstellerbevollmächtigten zitierte Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Oktober 2013 erhebliche Missstände in Italien beschreibt, ebenso der UNHCR in einer Stellungnahme an das VG Freiburg vom Dezember 2013 (der daneben auch positive Aspekte honoriert), rechtfertigt dies nicht das Vorliegen von systemischen Mängeln, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, eine unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. allgemein EuGH, U.v. 10.12.2013 – C 394/12 – juris). Das Gericht verkennt nicht das Bestehen der in den vorliegenden Berichten dargestellten Missstände, auf die auch der Antragstellerbevollmächtigte hingewiesen hat. Aber weder dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe noch der Stellungnahme des UNHCR noch sonstigen Unterlagen ist es zurzeit im ausreichenden Maß zu entnehmen, dass ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen vorliegt bzw. dass das Asylverfahren und die Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern in Italien systemische Mängel aufweisen. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass der UNHCR weiterhin gerade keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, Asylsuchende nicht nach Italien zu überstellen. Dies ist deshalb von erheblicher Bedeutung, weil die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Mitgliedsstaat, der nach den Kriterien der Dublin-II-VO als zuständiger Staat bestimmt wird, angesichts der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens zu beachten ist, besonders relevant sind (vgl. EUGH, U.v. 30.5.2013 – C-528/11 – ABl EU 2013, Nr. C 225 S. 12 – juris). Soweit in Italien Missstände und Notstände aufgrund der stark gestiegenen Asylbewerberzahl festgestellt worden sind, sind sie dieser geschuldet und stellen als solche für sich keine systemischen Mängel dar. Allein aus dem Umstand, dass andere Verwaltungsgerichte jedenfalls im Sofortverfahren zu anderen Ergebnissen kommen, mag auf den zugrundeliegenden Prüfungsmaßstab zurückzuführen sein, belegt aber nicht das tatsächliche Vorhandensein von Mängeln im italienischen System.
34 
Die vorliegende Einschätzung deckt sich mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 2. April 2013 (27725/10 – ZAR 2013, 336). Der Hinweis des Antragstellerbevollmächtigten auf eine divergierende Rechtsauffassung der 5. Sektion des EGMR und die Befassung der Großen Kammer des EGMR rechtfertigt zurzeit keine andere Beurteilung. Die 3. Sektion des EGMR hat ihre Rechtsauffassung über die Einschätzung hinsichtlich der Situation von Asylsuchenden in Italien mit einer Entscheidung vom 10. September 2013 ausdrücklich bestätigt (2314/10 – http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-127054). Zudem ist auch in dem Zusammenhang zu betonen, dass tatsächlich bestehende Defizite im italienischen Asylsystem auch mit der Folge, dass die wirtschaftliche, die medizinische und die soziale Versorgung in Italien schlechter als in der Bundesrepublik Deutschland ist, nicht die Annahme systemischer Mängel oder einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention rechtfertigen. Denn an einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention sind strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. auch Thym, ZAR 2013, 331). Zudem ist nicht allein auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bzw. auf die Rechtsauffassung einer einzelnen Sektion abzustellen, sondern die gesamten Umstände des Einzelfalls sind zu würdigen.
35 
Das Gericht schließt sich nach alledem dem Teil der Rechtsprechung an, der systemische Mängel in Italien verneint und nimmt darauf ergänzend Bezug (vgl. zuletzt VG Oldenburg, B.v. 21.1.2014 – 3 B 6802/13 -; VG Regensburg, B.v. 18.12.2013 – RN 6 S 13.30720 – juris; VG Saarland, B.v. 6.12.2013 – 3 L 1989/13 – juris; VG Ansbach, B.v. 26.11.2013 – AN 1 S 13.31045 – juris; VG Trier, B.v. 6.11.2013 – 5 L 1539/13.TR – juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 17.6.2013 – OVG 7 S 33.13 – juris; a. A. etwa VG Gießen, U.v. 25.11.2013 – 1 K 844/11.GI.A – AuAS 2014, 12, jeweils mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung und den dort zitierten Erkenntnisquellen).“
36 
Auch das erkennende Gericht schließt sich dieser Bewertung des derzeitigen Asylsystems in Italien an. Besonderes Gewicht wird dabei dem Umstand beigemessen, dass UNHCR im Bericht vom Dezember 2013 (anders als im Falle Bulgariens, vgl. Bericht vom 02.01.2014 - http://www.refworld.org/docid/52c598354.html) und bis heute bezüglich Italien aufgrund auch der eigenen Überprüfungen vor Ort keinen Überstellungsstopp fordert.
37 
Nach alledem begegnet die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG keinen Bedenken, denn Italien ist, wie ausgeführt, der für die Fortführung des Asylverfahrens des Klägers zuständige Staat.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

Tenor

Der Antrag und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt X.         aus N.      werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Der am … 1988 geborene Kläger ist gambischer Staatsangehöriger. Er reiste am 20.05.2013 - u.a. von Italien kommend - in das Bundesgebiet ein und beantragte am 11.06.2013 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Dabei teilte er mit, dass er bereits in Italien erfolglos ein Asylverfahren betrieben habe, weshalb er nunmehr nach Deutschland weitergereist sei („I was already in Italy, after my asyl application, my case was rejected by the Italian government, that’s wyh I came in Germany to try my chance“).
Nach entsprechendem EURODAC-Treffer (registrierter Asylantrag in Italien am 27.08.2011) ersuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 14.11.2013 bei der italienischen Dublin-Koordinierungsstelle um die Wiederaufnahme des Klägers. Die Anfrage wurde am 16.12.2013 wiederholt. Nachdem die italienische Dublin-Koordinierungsstelle keine Antwort erteilte, lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 15.01.2014 den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Italien an. Der Bescheid wurde dem Kläger am 18.01.2014 zugestellt.
Am 28.01.2014 hat er diesbezüglich beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und sich zur Begründung im Wesentlichen auf systemische Mängel im italienischen Asylverfahren berufen.
Der Kläger beantragt sachdienlich,
den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 15.01.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ein Asylverfahren durchzuführen sowie ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG zuzuerkennen;
hilfsweise: die Beklagte zu verpflichten, ihm den (subsidiären) Schutzstatus nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen;
höchst hilfsweise: die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass ein (komplementäres) Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Gründe des angefochtenen Bescheids.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter erklärt.
10 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die dem Gericht vorliegenden Akten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
11 
Soweit sich der Klageantrag auf ein Verpflichtungsbegehren bezieht, ist die Klage schon unzulässig. Denn der Kläger hat keine überlange Verfahrensdauer im Sinne des Art. 47 GRCh gerügt, die auch nicht ersichtlich ist, weswegen ihm von vorneherein kein Anspruch auf „Durchentscheiden“ zustehen kann (hierzu III.), es also insoweit an der Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO fehlt. Bezüglich des Anfechtungsbegehrens hingegen ist die Klage zulässig, weil sich der Kläger auf ihn betreffende systemische Mängel im italienischen Asylverfahren beruft, sodass insoweit die Verletzung eigener Rechte aus Art. 4 GRCh möglich erscheint.
12 
Selbst wenn aber nicht nur das Anfechtungs-, sondern auch das Verpflichtungsbegehren als zulässig angesehen würde, ist die Klage in jedem Fall insgesamt unbegründet. Denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung seines Asylverfahrens im Bundesgebiet sowie auf die geltend gemachten Rechtspositionen (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO). Ob im konkreten Fall das italienische Asylverfahren tatsächlich durch ablehnenden Bescheid bestandskräftig negativ abgeschlossen wurde, ist nicht hinreichend ersichtlich (nur: „my case was rejected by the Italian government“). Es kann im Ergebnis aber offen bleiben, ob ein Zweitantrag im Sinne von § 71a AsylVfG vorliegt oder der Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG unzulässig ist. In beiden Fällen ist Italien für die Fortführung des Asylverfahrens zuständig im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (- GEAS -; hierzu: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., Vorb-AsylVfG Rn. 20 ff., sowie Hoppe, Eilrechtsschutz gegen Dublin II-Überstellungen, 2013, S. 34 ff., m.w.N.). Die angefochtene Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG in der Fassung von Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (- Qualifikationsrichtlinie n.F. / QRL -) vom 28.08.2013 (BGBl I Nr. 54 v. 05.09.2013, 3474) ist gerichtlich nicht zu beanstanden.
I.
13 
Gemäß Art. 49 (Abs. 2) der Dublin III-Verordnung 604/2013/EU (- Dublin III-VO -) ist für vor dem 19.07.2013 in Deutschland gestellte (Alt-)Anträge auf internationalen Schutz (i.S. von Art. 2 lit. h QRL: Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiären Schutzes) weiterhin die Dublin II-Verordnung 343/2003/EG (- Dublin II-VO -) anwendbar. Für (Neu-)Anträge ab 01.01.2014 gilt hingegen ausschließlich die Dublin III-VO. Für Anträge im Übergangszeitraum 19.07.2013 bis 31.12.2013 gilt grundsätzlich bereits die Dublin III-VO, nicht jedoch hinsichtlich der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats, die weiterhin nach den Kriterien der Dublin II-VO erfolgt. Sämtliche Regelungen, die die Zuständigkeit eines bestimmten Mitgliedstaats für den Antrag normieren, sind für diese Übergangsfälle - nach Sinn und Zweck des Art. 49 (Abs. 2) Dublin III-VO (Verwaltungsvereinfachung auch bezüglich der verwendeten Formulare etc. im Übergangszeitraum ab Inkrafttreten der erst am 29.06.2013 veröffentlichten Dublin III-VO) - weiterhin der Dublin II-VO zu entnehmen. In deren Kapitel III ist die „Rangfolge“ der Kriterien geregelt; zu dieser Rangfolge gehören untrennbar die sonstigen Dublin II-Regelungen (insbesondere Kapitel V, in dem die Dublin II-VO etwa bei Fristablauf ebenfalls Zuständigkeitskriterien normiert). Dass Kapitel III der Dublin III-VO nunmehr die „Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats“ begrifflich enger fasst, spielt keine Rolle. Denn Art. 49 (Abs. 2) Dublin III-VO verweist ausdrücklich und pauschal auf die Kriterien der (eigentlich gemäß Art. 48 Dublin III-VO aufgehobenen) Dublin II-VO.
14 
Die Dublin II-VO ist im Übrigen (derzeit) weiterhin anwendbar bezüglich der Länder Norwegen, Island, Schweiz, Liechtenstein und Dänemark, die sich (bislang) nicht am Dublin III-System beteiligen.
15 
Die Dublin-Verordnungen dürften im Übrigen nicht nur bei bloßer Feststellung von subsidiärem Schutz, sondern selbst bei Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem anderen Dublin-Staat - jedenfalls analog - anwendbar sein (a.A. Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 11/2013, § 27a Rn. 34). Denn in diesen Fällen behält der andere Dublin-Staat nach Sinn und Zweck der Verordnungen grundsätzlich weiterhin die Flüchtlingsverantwortung, wie dies auch Art. 4 des Europäischen Übereinkommens über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge vom 16.10.1980 (BGBl 1994 II 2645) dokumentiert (vgl. Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 2 AsylVfG Rn. 6). Verstärkt wird dieser Ansatz durch die Regelung des Art. 24 Abs. 1 QRL, wonach anerkannte Flüchtlinge Anspruch auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels haben. Analog Art. 9 (i.V.m. Art. 2 lit. j) Dublin II-VO bzw. Art. 12 (i.V.m. Art. 2 lit. l) Dublin III-VO muss der Aussteller-Mitgliedstaat im Dublin-System für die Prüfung des erneuten Antrags auf internationalen Schutz (dem das Rechtsschutzbedürfnis fehlen dürfte) auch in der Zwischenzeit nach Flüchtlingsanerkennung und Titelausstellung zuständig sein. Alles andere wäre mit dem öffentlichen Beschleunigungsinteresse im Sinne einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates unvereinbar. Denn es kann nicht richtig sein, dass das Bundesamt oder die Asylgerichte - gegebenenfalls unter Beiziehung, Übersetzung und Auswertung der ausländischen Verwaltungsakten sowie nach Studium des jeweiligen nationalen Asylverwaltungsverfahrensrechtes - zur Aufklärung verpflichtet wären, ob der Antragsteller nun tatsächlich eigentlich bereits bestandskräftig anerkannt oder (teil-)abgelehnt wurde bzw. ob ihm die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer oder komplementärer Schutz zuerkannt worden ist. Jedenfalls dann, wenn der ersuchte Dublin-Staat im Dublin-Verfahren der (Wieder-)Aufnahme des Antragstellers zugestimmt hat, was er völker- bzw. unionsrechtlich auch ohne entsprechende Rechtspflicht darf, steht grundsätzlich im Sinne des § 34a Abs. 1 AsylVfG fest, dass die Abschiebung in diesen Staat durchgeführt werden kann. Der Einwand des Antragstellers, er sei dort aber schon anerkannt worden, kann den „effet utile“ der Dublin-Verordnungen nicht außer Kraft setzen.
16 
Im Falle des Klägers, der seinen (Alt-)Asylantrag in Deutschland am 11.06.2013 gestellt hat und bei dem unklar ist, ob sein italienisches Asylverfahren bestandskräftig beendet wurde, ist nach diesen Grundsätzen (weiterhin) die Dublin II-VO anwendbar. Da er vor Einreise in das Bundesgebiet nach dem EURODAC-Treffer sowie seinen eigenen Angaben in Italien bereits ein Asylverfahren durchlaufen hatte, bleibt Italien nach Art. 13 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II-VO für ihn zuständig und muss ihn nach Maßgabe des Art. 20 Dublin II-VO wieder aufnehmen. Demgemäß hat Italien die Möglichkeit, der Wiederaufnahme ausdrücklich zuzustimmen oder die Wiederaufnahme durch Stillschweigen zu akzeptieren. Nach Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO wird davon ausgegangen, dass Italien die Wiederaufnahme akzeptiert, wenn es nach einem EURODAC-Treffer nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab dem deutschen Ersuchen eine Antwort erteilt. Im Falle des Klägers hat das Bundesamt (erstmals) am 14.11.2013 die italienische Dublin-Koordinierungsstelle um die Wiederaufnahme des Klägers ersucht. Gemäß Art. 25 Abs. 1 Dublin II-VO steht mithin seit 29.11.2013 fest, dass Italien der Wiederaufnahme des Klägers zugestimmt hat. Damit steht zugleich auch bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung im Rechtssinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG seit 29.11.2013 insoweit fest, dass die Abschiebung des Klägers nach Italien durchgeführt werden kann.
II.
17 
Hiergegen kann der Kläger - unionsrechtlich - ausschließlich einwenden, im Zielstaat der Abschiebung bestünden systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der EU ausgesetzt zu werden. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) der Sache nach in seinem Urteil vom 10.12.2013 (Rs. C-394/12 ) entschieden und damit das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sowie seine eigene Rechtsprechung in den Urteilen und fortgeschrieben.
18 
1. Im Urteil der Großen Kammer vom 21.01.2011 (Beschw.-Nr. 30696/09) entschied der EGMR, dass eine Dublin-Überstellung von Belgien nach Griechenland aufgrund der dort herrschenden Haft- und Lebensbedingungen für Asylbewerber insbesondere gegen Art. 3 EMRK verstoßen hat.
19 
2. Der EuGH übertrug dies entsprechend Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GRCh im Urteil vom 21.12.2011 (Rs. C-411/10 und 493/10) unter Anwendung von Art. 4 GRCh (= Art. 3 EMRK) in das Unionsrecht und entwickelte hierbei den Begriff der „systemischen Mängel“ bzw. „Schwachstellen“ (vgl. heute: Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO). Herrschen in einem Dublin-Staat solche systemischen Mängel im Asylsystem, was Asylbehörde und gegebenenfalls Asylgericht selbst prüfen müssen und wobei die Darlegungsanforderungen an den Antragsteller nicht überspannt werden dürfen (vgl. UK Supreme Court, Urteil vom 19.02.2014 - EM (Eritrea) v SSHD 2014] UKSC 12 - http://supremecourt.uk/decided-cases/docs/UKSC_2012_0272_Judgment.pdf), darf der Asylbewerber dorthin nicht rücküberstellt werden (Rn. 112 f.). Eine unwiderlegbare Vermutung, dass in keinem Dublin-Staat systemische Mängel existieren, widerspricht - trotz des „Prinzips des gegenseitigen Vertrauens“ und dem politischen Ziel, „forum shopping“ zu vermeiden - Unionsrecht (Rn. 79, 104). Abstrakt definiert setzt die Annahme eines systemischen Mangels allerdings keine „flächendeckende Fehlfunktion im Asylsystem“ im Sinne von „griechischen Verhältnissen“ voraus, sondern eine Schwachstelle, Fehlstruktur oder strukturelle Lücke, die im Sinne einer ceteris paribus notwendigen, aber nicht notwendig hinreichenden Bedingung für Fälle, die diese Asylsystemstelle durchlaufen, zu Rechtsverletzungen führt - dies in Abgrenzung und Gegenüberstellung zu Rechtsverletzungen, die (nur) aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände entstehen (überzeugend: Lübbe, „Systemische Mängel“ in Dublin-Verfahren, ZAR 3/2014, i.E.). Solche Rechtsverletzungen müssen jedoch hinreichend gravierend sein, denn nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den Dublin-Zielstaat führt zur Unbeachtlichkeit der Dublin-Zuständigkeitsbestimmungen (Rn. 82).
20 
Vorliegen muss vielmehr eine Verletzung von Art. 4 GRCh, die in Betracht kommen kann etwa hinsichtlich willkürlicher Haft oder katastrophaler Lebensbedingungen für Asylbewerber () oder wenn etwa aufgrund erheblicher Erkrankung und Nichtbehandelbarkeit im Dublin-Zielstaat dort der in Art. 15 der Aufnahme-RL 2003/9/EG garantierte medizinische Mindeststandard („Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten“) gefährlich unterschritten wäre (im Ergebnis ebenso: UK Supreme Court, a.a.O. Rn. 58 ff). Ausschließlich in solchen Fällen darf das Dublin-System außer Kraft gesetzt werden, auch um einen Wertungswiderspruch hinsichtlich der Art. 3 EMRK-Rechtsprechung des EGMR zu vermeiden (vgl. Urteil vom 27.05.2008 , Beschwerde Nr. 26565/05, NVwZ 2008, 1334). Denn wegen der Unteilbarkeit der Menschenwürde, die hinter Art. 4 GRCh = Art. 3 EMRK steht, kann es schlechterdings nicht richtig sein, dass die Abschiebung in den Heimatstaat - hier Gambia - hiernach zulässig wäre, obwohl dort etwa keinerlei Unterbringung gesichert ist, die Abschiebung in den Dublin-Staat - hier Italien - hingegen nach dem Maßstab desselben Menschenrechtes etwa bei gesicherter, aber schlechter Unterbringung unzulässig sein soll. Dies wäre auch mit der effet utile-Rechtsprechung des EuGH unvereinbar, der im Urteil „N.S.“ bekräftigt, dass hinsichtlich des effektiven Funktionierens des Dublin-Systems „der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, das auf gegenseitigem Vertrauen und einer Vermutung der Beachtung des Unionsrechts, genauer der Grundrechte, durch die anderen Mitgliedstaaten gründet“, auf dem Spiel stehen (Rn. 83).
21 
3. In Fortschreibung dieser Entscheidung entschied der EuGH sodann im Urteil am 14.11.2013 (Rs. C-4/11), dass bei Vorliegen systemischer Mängel, die beim konkreten Asylbewerber zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh führen, der eigentlich nicht zuständige Dublin-Staat zunächst weiter prüfen darf, ob anhand der Dublin-Regelungen ein anderer Dublin-Staat für eine Überstellung in Frage kommt (Rn. 33). Dabei hat der eigentlich nicht zuständige Dublin-Staat darauf zu achten, dass kein unangemessen langes Verfahren entsteht. Erforderlichenfalls sollte er den Asylantrag unter Inanspruchnahme des mitgliedstaatlichen Selbsteintrittsrechts (vgl. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO; Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) selbst prüfen (Rn. 35). Der EuGH stellte allerdings ausdrücklich klar, dass der Asylbewerber hierauf keinen Rechtsanspruch besitzt (Rn. 26, 37). Damit hat er zugleich der Sache nach klargestellt, dass ein Asylbewerber nur Anspruch darauf hat, dass sein Antrag auf internationalen Schutz auf dem Gebiet des „unvollendeten Bundesstaates EU“ geprüft wird, nicht aber darauf, dass er gerade in einem bestimmten Dublin-Staat eigener Wahl geprüft wird (kein „forum shopping“), genauso wenig, wie etwa ein Anspruch besteht, dass dies in Baden-Württemberg und nicht beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern geschieht. Indem der EuGH dem Selbsteintrittsrecht des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO die drittschützende Wirkung absprach, hat er zugleich angelegt, dass auch den anderen Dublin-Verfahrensvorschriften, insbesondere den Fristenregelungen, grundsätzlich keine drittschützende Wirkung zukommt.
22 
4. Dies wurde nunmehr im Urteil vom 10.12.2013 (Rs. C-394/12) klargestellt, in dem ausdrücklich nach dem Drittschutz von Dublin-Zuständigkeitsverfahrensvorschriften gefragt worden war. Der EuGH antwortete wiederum verneinend und in aller Klarheit, dass in dem Moment, in dem ein Dublin-Zielstaat der (Wieder-)Aufnahme des Asylbewerbers zugestimmt hat, dieser hiergegen ausschließlich dortige systemische Mängel einwenden kann, die in seinem konkreten Einzelfall zu einer Verletzung von Art. 4 GRCh führen würden (Rn. 60). Denn die Dublin-Zuständigkeitsregelungen seien im Sinne von „organisatorischen Vorschriften“ der Mitgliedstaaten (Rn. 56) und nach dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ normiert worden, um - auch wegen des öffentlichen Beschleunigungsinteresses hinsichtlich einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates - einem „forum shopping“ entgegenzuwirken (Rn. 53).
III.
23 
Damit steht nunmehr im Sinne eines „acte clair“ (genauer: „acte éclairé“) fest, dass sämtliche nicht grundrechtlich (wie Art. 6-8 Dublin II-VO bzw. Art. 8-11 Dublin III-VO) aufgeladenen Dublin-Zuständigkeitsregelungen vom Asylbewerber gerichtlich grundsätzlich nicht durchgesetzt werden können. Denn der EuGH hat in allen drei Leitentscheidungen zum Dublin-System der Sache nach pauschal insbesondere mit der Funktionsfähigkeit des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems argumentiert („Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“, „öffentliches Beschleunigungsinteresse“), sodass eindeutig ist, dass sich dies nicht nur auf die jeweilig spezifischen Normen der Dublin II-VO bezieht. Auch im Rahmen der nach Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar verbindlichen Dublin III-VO kann deshalb nichts anderes gelten. Ein Drittschutz für Dublin-Zuständigkeitsregelungen könnte allenfalls noch bei überlanger Verfahrensdauer gemäß dem über Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh hier direkt anwendbaren Art. 47 Satz 2 GRCh (vgl. Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl., Vorb-GRCh Rn. 1) anerkannt werden, um einen dauerhaft untätigen Mitgliedstaat zum Handeln zu zwingen, damit keine „refugee in orbit“-Situation entsteht. Nur in einer solchen Ausnahmekonstellation, die aufgrund der hintereinander geschalteten verschiedenen Wochen- und Monatsfristen der Dublin-Verordnungen sicherlich ein Untätigbleiben von weit über einem Jahr voraussetzt, könnte sich das private Beschleunigungsinteresse des Asylbewerbers an der inhaltlichen Bearbeitung seines Antrags gegenüber dem öffentlichen Beschleunigungsinteresse bezüglich der zeitnahen Klärung des für die Antragsbearbeitung nach den Dublin-Verordnungen zuständigen Staates durchsetzen.
24 
Ist diese Ausnahmekonstellation aber, wie im vorliegenden Fall, nicht gegeben, kann eine Klage allein mit dem Argument, etwa die Drei- bzw. Zwei-Monatsfrist des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO oder Art. 21 Abs. 1 bzw. 23 Abs. 2 Dublin III-VO sei verletzt worden, keinen Erfolg haben. Gleiches muss gelten, wenn die Sechs-Monatsfrist des Art. 19 Abs. 4 bzw. 20 Abs. 2 Dublin II-VO oder Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO abgelaufen ist (insoweit von überholt: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.08.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 13). Auch in diesem Fall kann eine Anfechtungsklage des Asylbewerbers unionsrechtlich allein dann Erfolg haben, wenn im Dublin-Zielstaat systemische Mängel vorliegen, die im konkreten Einzelfall zu einer Verletzung von Art. 4 GRCh führen würden. Dann müsste der angefochtene Bescheid des Bundesamts aufgehoben werden, damit dem Bundesamt die im Urteil (Rn. 33) beschriebene (und nun in Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO normierte) Möglichkeit eingeräumt wird, auf den dann weiter anhängigen Asylantrag einen anderen Dublin-Zielstaat für die Rücküberstellung zu finden bzw. vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.
25 
Ein „Durchentscheiden“ zum (vom Bundesamt, anders als bei Folgeanträgen, nicht einmal angeprüften) Asyl- und Flüchtlingsrecht bzw. subsidiären oder komplementären Schutz im Sinne der Folgeantragsrechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.12.2000 - 9 B 426.00 - juris) scheidet hingegen aus, weil ansonsten entgegen dem Urteil unionsrechtswidrig dem Asylbewerber doch ein gerichtlich durchsetzbares Recht auf Selbsteintritt eingeräumt (insoweit von überholt: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - juris Rn. 27/30) und dem Bundesamt die Möglichkeit, einen anderen (auch „freiwillig“) aufnehmenden Dublin-Staat zu finden, abgeschnitten würde. Zudem würde hierdurch das Gericht unter Verstoß gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz zur „Erstbehörde“ gemacht. Solange also die Zustimmung eines Dublin-Zielstaates (faktisch fort-)besteht, den Asylbewerber wieder aufzunehmen (und diese Zustimmung nicht etwa befristet war oder wegen Fristablaufs vom Dublin-Zielstaat inzwischen widerrufen worden ist) sowie in diesem Zielstaat keine systemischen Mängel mit der Folge der Art. 4 GRCh-Verletzung bestehen, solange kann die Klage - unionsrechtlich - keinen Erfolg haben. Diese Zustimmung kann vom Zielstaat nach dem Dublin-System verwaltungstechnisch ausdrücklich oder stillschweigend im Sinne einer Fiktion erteilt worden sein (vgl. Art. 20 Abs. 1 Dublin II-VO bzw. Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO).
26 
Im Falle des Klägers ist es hier deshalb ohne entscheidungserhebliche Relevanz, dass das Bundesamt die Drei-Monatsfrist des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO verletzt hat (Asylantrag am 11.06.2013; Überstellungsersuchen erst am 14.11.2013). Denn Italien hat seiner Rücküberstellung (mittels Fiktion) gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO seit 29.11.2013 (stillschweigend) zugestimmt.
IV.
27 
Die Klage des Asylbewerbers könnte in dieser Konstellation allenfalls dann - nach nationalem Recht - Erfolg haben, wenn die Rücküberstellung aufgrund inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse unmöglich ist, etwa weil aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung keine Transportfähigkeit, d.h. Reisefähigkeit im engeren Sinne (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.02.2008 - 11 S 2439/07 - juris Rn. 8), besteht. Denn dann steht im Sinne von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, d.h. die Abschiebungsanordnung ist rechtswidrig. Das Bundesamt hat im Falle der Abschiebungsanordnung also nicht nur - unionsrechtlich - (Dublin-)zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne von systemischen Mängeln i.V.m. Art. 4 GRCh zu prüfen, sondern (ausnahmsweise) auch - nationalrechtlich - inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse (ausführlich: Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 11/2013, § 34a Rn. 22). Diese Grundregel ist trotz der prozessualen Neuerungen des Art. 27 Abs. 3 lit. c Dublin III-VO bzw. § 34a Abs. 2 AsylVfG auch unter dem Rechtsregime der Dublin III-VO beizubehalten, um das öffentliche Beschleunigungsinteresse hinsichtlich der zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates nicht durch gegebenenfalls unkoordinierte Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO bezüglich der Abschiebungsanordnung gegenüber dem Bundesamt einerseits und nach § 123 VwGO bezüglich Vollstreckungshindernissen gegenüber der Ausländerbehörde andererseits zu konterkarieren.
28 
Im Falle des verhältnismäßig jungen und offenbar gesunden Klägers gibt es allerdings keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme von inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen.
V.
29 
Bezüglich des Dublin-Zielstaates Italien liegen nach Überzeugung des erkennenden Gerichts (jedenfalls derzeit) auch keine systemischen Mängel im Sinne der dargestellten EuGH-Rechtsprechung (mehr) vor. Durch Tatsachen bestätigte Gründe dafür, dass der junge und gesunde Kläger im italienischen Asylverfahren voraussichtlich im Sinne von Art. 4 GRCh „der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen wird“, lassen sich nicht erkennen. Der Kläger selbst hat solche Gründe aufgrund eigener Erfahrungen in Italien zwischen seinem dortigen Asylerstantrag wohl am 27.08.2011 und der Ausreise aus Italien im Frühjahr 2013 im Übrigen auch nicht ansatzweise vorgetragen. Seine Begründung für die Weiterreise nach Deutschland war vielmehr, „to try my chance“.
30 
Zur aktuellen Situation in Italien hat insbesondere das Verwaltungsgericht Würzburg in seinem Beschluss vom 03.02.2014 - W 6 S 14.30087 - (juris) Folgendes dargelegt:
31 
„Nach der Erkenntnislage ist nicht anzunehmen, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien systemische Mängel aufweisen. (…) Dabei ist festzuhalten, dass nicht schon jeder Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention oder jede Verletzung eines Grundrechts zur Bejahung systemischer Mängel führt. Auch der Umstand, dass in Italien die wirtschaftliche Situation oder die medizinische Versorgung für Asylsuchende schlechter sein mag als in der Bundesrepublik Deutschland, führt für sich nicht zur Annahme systemischen Mängel oder einer allgemeinen unmenschlichen Behandlung (vgl. VG Oldenburg, B.v. 21.1.2014 – 3 B 6802/13 – juris mit Bezug auf OVG LSA, B.v. 14.11.2013 – 4 L 44/13).
32 
Das Auswärtige Amt kommt etwa in seiner Stellungnahme vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt zu der Einschätzung, dass für Flüchtlinge in Italien landesweit ausreichende staatliche bzw. öffentliche und karitative Unterkunftsmöglichkeiten – bei teilweiser lokaler Überbelegung – zur Verfügung stehen, und insbesondere, dass alle Personen, die im Rahmen der Dublin-II-VO nach Italien zurückgeführt werden, in eine Unterkunft verteilt werden. Sie werden bei ihrer Ankunft am Flughafen empfangen, erkennungsdienstlich behandelt, einer Questura zugeteilt, von einer zuständigen Hilfsorganisation betreut und über den weiteren Verfahrensablauf unterrichtet (vgl. auch Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG NRW vom 11.09.2013).
33 
Soweit der vom Antragstellerbevollmächtigten zitierte Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Oktober 2013 erhebliche Missstände in Italien beschreibt, ebenso der UNHCR in einer Stellungnahme an das VG Freiburg vom Dezember 2013 (der daneben auch positive Aspekte honoriert), rechtfertigt dies nicht das Vorliegen von systemischen Mängeln, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, eine unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. allgemein EuGH, U.v. 10.12.2013 – C 394/12 – juris). Das Gericht verkennt nicht das Bestehen der in den vorliegenden Berichten dargestellten Missstände, auf die auch der Antragstellerbevollmächtigte hingewiesen hat. Aber weder dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe noch der Stellungnahme des UNHCR noch sonstigen Unterlagen ist es zurzeit im ausreichenden Maß zu entnehmen, dass ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen vorliegt bzw. dass das Asylverfahren und die Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern in Italien systemische Mängel aufweisen. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass der UNHCR weiterhin gerade keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, Asylsuchende nicht nach Italien zu überstellen. Dies ist deshalb von erheblicher Bedeutung, weil die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Mitgliedsstaat, der nach den Kriterien der Dublin-II-VO als zuständiger Staat bestimmt wird, angesichts der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens zu beachten ist, besonders relevant sind (vgl. EUGH, U.v. 30.5.2013 – C-528/11 – ABl EU 2013, Nr. C 225 S. 12 – juris). Soweit in Italien Missstände und Notstände aufgrund der stark gestiegenen Asylbewerberzahl festgestellt worden sind, sind sie dieser geschuldet und stellen als solche für sich keine systemischen Mängel dar. Allein aus dem Umstand, dass andere Verwaltungsgerichte jedenfalls im Sofortverfahren zu anderen Ergebnissen kommen, mag auf den zugrundeliegenden Prüfungsmaßstab zurückzuführen sein, belegt aber nicht das tatsächliche Vorhandensein von Mängeln im italienischen System.
34 
Die vorliegende Einschätzung deckt sich mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 2. April 2013 (27725/10 – ZAR 2013, 336). Der Hinweis des Antragstellerbevollmächtigten auf eine divergierende Rechtsauffassung der 5. Sektion des EGMR und die Befassung der Großen Kammer des EGMR rechtfertigt zurzeit keine andere Beurteilung. Die 3. Sektion des EGMR hat ihre Rechtsauffassung über die Einschätzung hinsichtlich der Situation von Asylsuchenden in Italien mit einer Entscheidung vom 10. September 2013 ausdrücklich bestätigt (2314/10 – http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-127054). Zudem ist auch in dem Zusammenhang zu betonen, dass tatsächlich bestehende Defizite im italienischen Asylsystem auch mit der Folge, dass die wirtschaftliche, die medizinische und die soziale Versorgung in Italien schlechter als in der Bundesrepublik Deutschland ist, nicht die Annahme systemischer Mängel oder einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention rechtfertigen. Denn an einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention sind strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. auch Thym, ZAR 2013, 331). Zudem ist nicht allein auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bzw. auf die Rechtsauffassung einer einzelnen Sektion abzustellen, sondern die gesamten Umstände des Einzelfalls sind zu würdigen.
35 
Das Gericht schließt sich nach alledem dem Teil der Rechtsprechung an, der systemische Mängel in Italien verneint und nimmt darauf ergänzend Bezug (vgl. zuletzt VG Oldenburg, B.v. 21.1.2014 – 3 B 6802/13 -; VG Regensburg, B.v. 18.12.2013 – RN 6 S 13.30720 – juris; VG Saarland, B.v. 6.12.2013 – 3 L 1989/13 – juris; VG Ansbach, B.v. 26.11.2013 – AN 1 S 13.31045 – juris; VG Trier, B.v. 6.11.2013 – 5 L 1539/13.TR – juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 17.6.2013 – OVG 7 S 33.13 – juris; a. A. etwa VG Gießen, U.v. 25.11.2013 – 1 K 844/11.GI.A – AuAS 2014, 12, jeweils mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung und den dort zitierten Erkenntnisquellen).“
36 
Auch das erkennende Gericht schließt sich dieser Bewertung des derzeitigen Asylsystems in Italien an. Besonderes Gewicht wird dabei dem Umstand beigemessen, dass UNHCR im Bericht vom Dezember 2013 (anders als im Falle Bulgariens, vgl. Bericht vom 02.01.2014 - http://www.refworld.org/docid/52c598354.html) und bis heute bezüglich Italien aufgrund auch der eigenen Überprüfungen vor Ort keinen Überstellungsstopp fordert.
37 
Nach alledem begegnet die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG keinen Bedenken, denn Italien ist, wie ausgeführt, der für die Fortführung des Asylverfahrens des Klägers zuständige Staat.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

Gründe

 
11 
Soweit sich der Klageantrag auf ein Verpflichtungsbegehren bezieht, ist die Klage schon unzulässig. Denn der Kläger hat keine überlange Verfahrensdauer im Sinne des Art. 47 GRCh gerügt, die auch nicht ersichtlich ist, weswegen ihm von vorneherein kein Anspruch auf „Durchentscheiden“ zustehen kann (hierzu III.), es also insoweit an der Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO fehlt. Bezüglich des Anfechtungsbegehrens hingegen ist die Klage zulässig, weil sich der Kläger auf ihn betreffende systemische Mängel im italienischen Asylverfahren beruft, sodass insoweit die Verletzung eigener Rechte aus Art. 4 GRCh möglich erscheint.
12 
Selbst wenn aber nicht nur das Anfechtungs-, sondern auch das Verpflichtungsbegehren als zulässig angesehen würde, ist die Klage in jedem Fall insgesamt unbegründet. Denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung seines Asylverfahrens im Bundesgebiet sowie auf die geltend gemachten Rechtspositionen (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO). Ob im konkreten Fall das italienische Asylverfahren tatsächlich durch ablehnenden Bescheid bestandskräftig negativ abgeschlossen wurde, ist nicht hinreichend ersichtlich (nur: „my case was rejected by the Italian government“). Es kann im Ergebnis aber offen bleiben, ob ein Zweitantrag im Sinne von § 71a AsylVfG vorliegt oder der Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG unzulässig ist. In beiden Fällen ist Italien für die Fortführung des Asylverfahrens zuständig im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (- GEAS -; hierzu: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., Vorb-AsylVfG Rn. 20 ff., sowie Hoppe, Eilrechtsschutz gegen Dublin II-Überstellungen, 2013, S. 34 ff., m.w.N.). Die angefochtene Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG in der Fassung von Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (- Qualifikationsrichtlinie n.F. / QRL -) vom 28.08.2013 (BGBl I Nr. 54 v. 05.09.2013, 3474) ist gerichtlich nicht zu beanstanden.
I.
13 
Gemäß Art. 49 (Abs. 2) der Dublin III-Verordnung 604/2013/EU (- Dublin III-VO -) ist für vor dem 19.07.2013 in Deutschland gestellte (Alt-)Anträge auf internationalen Schutz (i.S. von Art. 2 lit. h QRL: Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiären Schutzes) weiterhin die Dublin II-Verordnung 343/2003/EG (- Dublin II-VO -) anwendbar. Für (Neu-)Anträge ab 01.01.2014 gilt hingegen ausschließlich die Dublin III-VO. Für Anträge im Übergangszeitraum 19.07.2013 bis 31.12.2013 gilt grundsätzlich bereits die Dublin III-VO, nicht jedoch hinsichtlich der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats, die weiterhin nach den Kriterien der Dublin II-VO erfolgt. Sämtliche Regelungen, die die Zuständigkeit eines bestimmten Mitgliedstaats für den Antrag normieren, sind für diese Übergangsfälle - nach Sinn und Zweck des Art. 49 (Abs. 2) Dublin III-VO (Verwaltungsvereinfachung auch bezüglich der verwendeten Formulare etc. im Übergangszeitraum ab Inkrafttreten der erst am 29.06.2013 veröffentlichten Dublin III-VO) - weiterhin der Dublin II-VO zu entnehmen. In deren Kapitel III ist die „Rangfolge“ der Kriterien geregelt; zu dieser Rangfolge gehören untrennbar die sonstigen Dublin II-Regelungen (insbesondere Kapitel V, in dem die Dublin II-VO etwa bei Fristablauf ebenfalls Zuständigkeitskriterien normiert). Dass Kapitel III der Dublin III-VO nunmehr die „Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats“ begrifflich enger fasst, spielt keine Rolle. Denn Art. 49 (Abs. 2) Dublin III-VO verweist ausdrücklich und pauschal auf die Kriterien der (eigentlich gemäß Art. 48 Dublin III-VO aufgehobenen) Dublin II-VO.
14 
Die Dublin II-VO ist im Übrigen (derzeit) weiterhin anwendbar bezüglich der Länder Norwegen, Island, Schweiz, Liechtenstein und Dänemark, die sich (bislang) nicht am Dublin III-System beteiligen.
15 
Die Dublin-Verordnungen dürften im Übrigen nicht nur bei bloßer Feststellung von subsidiärem Schutz, sondern selbst bei Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem anderen Dublin-Staat - jedenfalls analog - anwendbar sein (a.A. Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 11/2013, § 27a Rn. 34). Denn in diesen Fällen behält der andere Dublin-Staat nach Sinn und Zweck der Verordnungen grundsätzlich weiterhin die Flüchtlingsverantwortung, wie dies auch Art. 4 des Europäischen Übereinkommens über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge vom 16.10.1980 (BGBl 1994 II 2645) dokumentiert (vgl. Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 2 AsylVfG Rn. 6). Verstärkt wird dieser Ansatz durch die Regelung des Art. 24 Abs. 1 QRL, wonach anerkannte Flüchtlinge Anspruch auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels haben. Analog Art. 9 (i.V.m. Art. 2 lit. j) Dublin II-VO bzw. Art. 12 (i.V.m. Art. 2 lit. l) Dublin III-VO muss der Aussteller-Mitgliedstaat im Dublin-System für die Prüfung des erneuten Antrags auf internationalen Schutz (dem das Rechtsschutzbedürfnis fehlen dürfte) auch in der Zwischenzeit nach Flüchtlingsanerkennung und Titelausstellung zuständig sein. Alles andere wäre mit dem öffentlichen Beschleunigungsinteresse im Sinne einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates unvereinbar. Denn es kann nicht richtig sein, dass das Bundesamt oder die Asylgerichte - gegebenenfalls unter Beiziehung, Übersetzung und Auswertung der ausländischen Verwaltungsakten sowie nach Studium des jeweiligen nationalen Asylverwaltungsverfahrensrechtes - zur Aufklärung verpflichtet wären, ob der Antragsteller nun tatsächlich eigentlich bereits bestandskräftig anerkannt oder (teil-)abgelehnt wurde bzw. ob ihm die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer oder komplementärer Schutz zuerkannt worden ist. Jedenfalls dann, wenn der ersuchte Dublin-Staat im Dublin-Verfahren der (Wieder-)Aufnahme des Antragstellers zugestimmt hat, was er völker- bzw. unionsrechtlich auch ohne entsprechende Rechtspflicht darf, steht grundsätzlich im Sinne des § 34a Abs. 1 AsylVfG fest, dass die Abschiebung in diesen Staat durchgeführt werden kann. Der Einwand des Antragstellers, er sei dort aber schon anerkannt worden, kann den „effet utile“ der Dublin-Verordnungen nicht außer Kraft setzen.
16 
Im Falle des Klägers, der seinen (Alt-)Asylantrag in Deutschland am 11.06.2013 gestellt hat und bei dem unklar ist, ob sein italienisches Asylverfahren bestandskräftig beendet wurde, ist nach diesen Grundsätzen (weiterhin) die Dublin II-VO anwendbar. Da er vor Einreise in das Bundesgebiet nach dem EURODAC-Treffer sowie seinen eigenen Angaben in Italien bereits ein Asylverfahren durchlaufen hatte, bleibt Italien nach Art. 13 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II-VO für ihn zuständig und muss ihn nach Maßgabe des Art. 20 Dublin II-VO wieder aufnehmen. Demgemäß hat Italien die Möglichkeit, der Wiederaufnahme ausdrücklich zuzustimmen oder die Wiederaufnahme durch Stillschweigen zu akzeptieren. Nach Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO wird davon ausgegangen, dass Italien die Wiederaufnahme akzeptiert, wenn es nach einem EURODAC-Treffer nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab dem deutschen Ersuchen eine Antwort erteilt. Im Falle des Klägers hat das Bundesamt (erstmals) am 14.11.2013 die italienische Dublin-Koordinierungsstelle um die Wiederaufnahme des Klägers ersucht. Gemäß Art. 25 Abs. 1 Dublin II-VO steht mithin seit 29.11.2013 fest, dass Italien der Wiederaufnahme des Klägers zugestimmt hat. Damit steht zugleich auch bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung im Rechtssinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG seit 29.11.2013 insoweit fest, dass die Abschiebung des Klägers nach Italien durchgeführt werden kann.
II.
17 
Hiergegen kann der Kläger - unionsrechtlich - ausschließlich einwenden, im Zielstaat der Abschiebung bestünden systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der EU ausgesetzt zu werden. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) der Sache nach in seinem Urteil vom 10.12.2013 (Rs. C-394/12 ) entschieden und damit das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sowie seine eigene Rechtsprechung in den Urteilen und fortgeschrieben.
18 
1. Im Urteil der Großen Kammer vom 21.01.2011 (Beschw.-Nr. 30696/09) entschied der EGMR, dass eine Dublin-Überstellung von Belgien nach Griechenland aufgrund der dort herrschenden Haft- und Lebensbedingungen für Asylbewerber insbesondere gegen Art. 3 EMRK verstoßen hat.
19 
2. Der EuGH übertrug dies entsprechend Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GRCh im Urteil vom 21.12.2011 (Rs. C-411/10 und 493/10) unter Anwendung von Art. 4 GRCh (= Art. 3 EMRK) in das Unionsrecht und entwickelte hierbei den Begriff der „systemischen Mängel“ bzw. „Schwachstellen“ (vgl. heute: Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO). Herrschen in einem Dublin-Staat solche systemischen Mängel im Asylsystem, was Asylbehörde und gegebenenfalls Asylgericht selbst prüfen müssen und wobei die Darlegungsanforderungen an den Antragsteller nicht überspannt werden dürfen (vgl. UK Supreme Court, Urteil vom 19.02.2014 - EM (Eritrea) v SSHD 2014] UKSC 12 - http://supremecourt.uk/decided-cases/docs/UKSC_2012_0272_Judgment.pdf), darf der Asylbewerber dorthin nicht rücküberstellt werden (Rn. 112 f.). Eine unwiderlegbare Vermutung, dass in keinem Dublin-Staat systemische Mängel existieren, widerspricht - trotz des „Prinzips des gegenseitigen Vertrauens“ und dem politischen Ziel, „forum shopping“ zu vermeiden - Unionsrecht (Rn. 79, 104). Abstrakt definiert setzt die Annahme eines systemischen Mangels allerdings keine „flächendeckende Fehlfunktion im Asylsystem“ im Sinne von „griechischen Verhältnissen“ voraus, sondern eine Schwachstelle, Fehlstruktur oder strukturelle Lücke, die im Sinne einer ceteris paribus notwendigen, aber nicht notwendig hinreichenden Bedingung für Fälle, die diese Asylsystemstelle durchlaufen, zu Rechtsverletzungen führt - dies in Abgrenzung und Gegenüberstellung zu Rechtsverletzungen, die (nur) aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände entstehen (überzeugend: Lübbe, „Systemische Mängel“ in Dublin-Verfahren, ZAR 3/2014, i.E.). Solche Rechtsverletzungen müssen jedoch hinreichend gravierend sein, denn nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den Dublin-Zielstaat führt zur Unbeachtlichkeit der Dublin-Zuständigkeitsbestimmungen (Rn. 82).
20 
Vorliegen muss vielmehr eine Verletzung von Art. 4 GRCh, die in Betracht kommen kann etwa hinsichtlich willkürlicher Haft oder katastrophaler Lebensbedingungen für Asylbewerber () oder wenn etwa aufgrund erheblicher Erkrankung und Nichtbehandelbarkeit im Dublin-Zielstaat dort der in Art. 15 der Aufnahme-RL 2003/9/EG garantierte medizinische Mindeststandard („Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten“) gefährlich unterschritten wäre (im Ergebnis ebenso: UK Supreme Court, a.a.O. Rn. 58 ff). Ausschließlich in solchen Fällen darf das Dublin-System außer Kraft gesetzt werden, auch um einen Wertungswiderspruch hinsichtlich der Art. 3 EMRK-Rechtsprechung des EGMR zu vermeiden (vgl. Urteil vom 27.05.2008 , Beschwerde Nr. 26565/05, NVwZ 2008, 1334). Denn wegen der Unteilbarkeit der Menschenwürde, die hinter Art. 4 GRCh = Art. 3 EMRK steht, kann es schlechterdings nicht richtig sein, dass die Abschiebung in den Heimatstaat - hier Gambia - hiernach zulässig wäre, obwohl dort etwa keinerlei Unterbringung gesichert ist, die Abschiebung in den Dublin-Staat - hier Italien - hingegen nach dem Maßstab desselben Menschenrechtes etwa bei gesicherter, aber schlechter Unterbringung unzulässig sein soll. Dies wäre auch mit der effet utile-Rechtsprechung des EuGH unvereinbar, der im Urteil „N.S.“ bekräftigt, dass hinsichtlich des effektiven Funktionierens des Dublin-Systems „der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, das auf gegenseitigem Vertrauen und einer Vermutung der Beachtung des Unionsrechts, genauer der Grundrechte, durch die anderen Mitgliedstaaten gründet“, auf dem Spiel stehen (Rn. 83).
21 
3. In Fortschreibung dieser Entscheidung entschied der EuGH sodann im Urteil am 14.11.2013 (Rs. C-4/11), dass bei Vorliegen systemischer Mängel, die beim konkreten Asylbewerber zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh führen, der eigentlich nicht zuständige Dublin-Staat zunächst weiter prüfen darf, ob anhand der Dublin-Regelungen ein anderer Dublin-Staat für eine Überstellung in Frage kommt (Rn. 33). Dabei hat der eigentlich nicht zuständige Dublin-Staat darauf zu achten, dass kein unangemessen langes Verfahren entsteht. Erforderlichenfalls sollte er den Asylantrag unter Inanspruchnahme des mitgliedstaatlichen Selbsteintrittsrechts (vgl. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO; Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) selbst prüfen (Rn. 35). Der EuGH stellte allerdings ausdrücklich klar, dass der Asylbewerber hierauf keinen Rechtsanspruch besitzt (Rn. 26, 37). Damit hat er zugleich der Sache nach klargestellt, dass ein Asylbewerber nur Anspruch darauf hat, dass sein Antrag auf internationalen Schutz auf dem Gebiet des „unvollendeten Bundesstaates EU“ geprüft wird, nicht aber darauf, dass er gerade in einem bestimmten Dublin-Staat eigener Wahl geprüft wird (kein „forum shopping“), genauso wenig, wie etwa ein Anspruch besteht, dass dies in Baden-Württemberg und nicht beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern geschieht. Indem der EuGH dem Selbsteintrittsrecht des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO die drittschützende Wirkung absprach, hat er zugleich angelegt, dass auch den anderen Dublin-Verfahrensvorschriften, insbesondere den Fristenregelungen, grundsätzlich keine drittschützende Wirkung zukommt.
22 
4. Dies wurde nunmehr im Urteil vom 10.12.2013 (Rs. C-394/12) klargestellt, in dem ausdrücklich nach dem Drittschutz von Dublin-Zuständigkeitsverfahrensvorschriften gefragt worden war. Der EuGH antwortete wiederum verneinend und in aller Klarheit, dass in dem Moment, in dem ein Dublin-Zielstaat der (Wieder-)Aufnahme des Asylbewerbers zugestimmt hat, dieser hiergegen ausschließlich dortige systemische Mängel einwenden kann, die in seinem konkreten Einzelfall zu einer Verletzung von Art. 4 GRCh führen würden (Rn. 60). Denn die Dublin-Zuständigkeitsregelungen seien im Sinne von „organisatorischen Vorschriften“ der Mitgliedstaaten (Rn. 56) und nach dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ normiert worden, um - auch wegen des öffentlichen Beschleunigungsinteresses hinsichtlich einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates - einem „forum shopping“ entgegenzuwirken (Rn. 53).
III.
23 
Damit steht nunmehr im Sinne eines „acte clair“ (genauer: „acte éclairé“) fest, dass sämtliche nicht grundrechtlich (wie Art. 6-8 Dublin II-VO bzw. Art. 8-11 Dublin III-VO) aufgeladenen Dublin-Zuständigkeitsregelungen vom Asylbewerber gerichtlich grundsätzlich nicht durchgesetzt werden können. Denn der EuGH hat in allen drei Leitentscheidungen zum Dublin-System der Sache nach pauschal insbesondere mit der Funktionsfähigkeit des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems argumentiert („Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“, „öffentliches Beschleunigungsinteresse“), sodass eindeutig ist, dass sich dies nicht nur auf die jeweilig spezifischen Normen der Dublin II-VO bezieht. Auch im Rahmen der nach Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar verbindlichen Dublin III-VO kann deshalb nichts anderes gelten. Ein Drittschutz für Dublin-Zuständigkeitsregelungen könnte allenfalls noch bei überlanger Verfahrensdauer gemäß dem über Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh hier direkt anwendbaren Art. 47 Satz 2 GRCh (vgl. Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl., Vorb-GRCh Rn. 1) anerkannt werden, um einen dauerhaft untätigen Mitgliedstaat zum Handeln zu zwingen, damit keine „refugee in orbit“-Situation entsteht. Nur in einer solchen Ausnahmekonstellation, die aufgrund der hintereinander geschalteten verschiedenen Wochen- und Monatsfristen der Dublin-Verordnungen sicherlich ein Untätigbleiben von weit über einem Jahr voraussetzt, könnte sich das private Beschleunigungsinteresse des Asylbewerbers an der inhaltlichen Bearbeitung seines Antrags gegenüber dem öffentlichen Beschleunigungsinteresse bezüglich der zeitnahen Klärung des für die Antragsbearbeitung nach den Dublin-Verordnungen zuständigen Staates durchsetzen.
24 
Ist diese Ausnahmekonstellation aber, wie im vorliegenden Fall, nicht gegeben, kann eine Klage allein mit dem Argument, etwa die Drei- bzw. Zwei-Monatsfrist des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO oder Art. 21 Abs. 1 bzw. 23 Abs. 2 Dublin III-VO sei verletzt worden, keinen Erfolg haben. Gleiches muss gelten, wenn die Sechs-Monatsfrist des Art. 19 Abs. 4 bzw. 20 Abs. 2 Dublin II-VO oder Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO abgelaufen ist (insoweit von überholt: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.08.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 13). Auch in diesem Fall kann eine Anfechtungsklage des Asylbewerbers unionsrechtlich allein dann Erfolg haben, wenn im Dublin-Zielstaat systemische Mängel vorliegen, die im konkreten Einzelfall zu einer Verletzung von Art. 4 GRCh führen würden. Dann müsste der angefochtene Bescheid des Bundesamts aufgehoben werden, damit dem Bundesamt die im Urteil (Rn. 33) beschriebene (und nun in Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO normierte) Möglichkeit eingeräumt wird, auf den dann weiter anhängigen Asylantrag einen anderen Dublin-Zielstaat für die Rücküberstellung zu finden bzw. vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.
25 
Ein „Durchentscheiden“ zum (vom Bundesamt, anders als bei Folgeanträgen, nicht einmal angeprüften) Asyl- und Flüchtlingsrecht bzw. subsidiären oder komplementären Schutz im Sinne der Folgeantragsrechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.12.2000 - 9 B 426.00 - juris) scheidet hingegen aus, weil ansonsten entgegen dem Urteil unionsrechtswidrig dem Asylbewerber doch ein gerichtlich durchsetzbares Recht auf Selbsteintritt eingeräumt (insoweit von überholt: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - juris Rn. 27/30) und dem Bundesamt die Möglichkeit, einen anderen (auch „freiwillig“) aufnehmenden Dublin-Staat zu finden, abgeschnitten würde. Zudem würde hierdurch das Gericht unter Verstoß gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz zur „Erstbehörde“ gemacht. Solange also die Zustimmung eines Dublin-Zielstaates (faktisch fort-)besteht, den Asylbewerber wieder aufzunehmen (und diese Zustimmung nicht etwa befristet war oder wegen Fristablaufs vom Dublin-Zielstaat inzwischen widerrufen worden ist) sowie in diesem Zielstaat keine systemischen Mängel mit der Folge der Art. 4 GRCh-Verletzung bestehen, solange kann die Klage - unionsrechtlich - keinen Erfolg haben. Diese Zustimmung kann vom Zielstaat nach dem Dublin-System verwaltungstechnisch ausdrücklich oder stillschweigend im Sinne einer Fiktion erteilt worden sein (vgl. Art. 20 Abs. 1 Dublin II-VO bzw. Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO).
26 
Im Falle des Klägers ist es hier deshalb ohne entscheidungserhebliche Relevanz, dass das Bundesamt die Drei-Monatsfrist des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO verletzt hat (Asylantrag am 11.06.2013; Überstellungsersuchen erst am 14.11.2013). Denn Italien hat seiner Rücküberstellung (mittels Fiktion) gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO seit 29.11.2013 (stillschweigend) zugestimmt.
IV.
27 
Die Klage des Asylbewerbers könnte in dieser Konstellation allenfalls dann - nach nationalem Recht - Erfolg haben, wenn die Rücküberstellung aufgrund inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse unmöglich ist, etwa weil aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung keine Transportfähigkeit, d.h. Reisefähigkeit im engeren Sinne (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.02.2008 - 11 S 2439/07 - juris Rn. 8), besteht. Denn dann steht im Sinne von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, d.h. die Abschiebungsanordnung ist rechtswidrig. Das Bundesamt hat im Falle der Abschiebungsanordnung also nicht nur - unionsrechtlich - (Dublin-)zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne von systemischen Mängeln i.V.m. Art. 4 GRCh zu prüfen, sondern (ausnahmsweise) auch - nationalrechtlich - inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse (ausführlich: Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 11/2013, § 34a Rn. 22). Diese Grundregel ist trotz der prozessualen Neuerungen des Art. 27 Abs. 3 lit. c Dublin III-VO bzw. § 34a Abs. 2 AsylVfG auch unter dem Rechtsregime der Dublin III-VO beizubehalten, um das öffentliche Beschleunigungsinteresse hinsichtlich der zeitnahen Feststellung des zuständigen Dublin-Staates nicht durch gegebenenfalls unkoordinierte Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO bezüglich der Abschiebungsanordnung gegenüber dem Bundesamt einerseits und nach § 123 VwGO bezüglich Vollstreckungshindernissen gegenüber der Ausländerbehörde andererseits zu konterkarieren.
28 
Im Falle des verhältnismäßig jungen und offenbar gesunden Klägers gibt es allerdings keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme von inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen.
V.
29 
Bezüglich des Dublin-Zielstaates Italien liegen nach Überzeugung des erkennenden Gerichts (jedenfalls derzeit) auch keine systemischen Mängel im Sinne der dargestellten EuGH-Rechtsprechung (mehr) vor. Durch Tatsachen bestätigte Gründe dafür, dass der junge und gesunde Kläger im italienischen Asylverfahren voraussichtlich im Sinne von Art. 4 GRCh „der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen wird“, lassen sich nicht erkennen. Der Kläger selbst hat solche Gründe aufgrund eigener Erfahrungen in Italien zwischen seinem dortigen Asylerstantrag wohl am 27.08.2011 und der Ausreise aus Italien im Frühjahr 2013 im Übrigen auch nicht ansatzweise vorgetragen. Seine Begründung für die Weiterreise nach Deutschland war vielmehr, „to try my chance“.
30 
Zur aktuellen Situation in Italien hat insbesondere das Verwaltungsgericht Würzburg in seinem Beschluss vom 03.02.2014 - W 6 S 14.30087 - (juris) Folgendes dargelegt:
31 
„Nach der Erkenntnislage ist nicht anzunehmen, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien systemische Mängel aufweisen. (…) Dabei ist festzuhalten, dass nicht schon jeder Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention oder jede Verletzung eines Grundrechts zur Bejahung systemischer Mängel führt. Auch der Umstand, dass in Italien die wirtschaftliche Situation oder die medizinische Versorgung für Asylsuchende schlechter sein mag als in der Bundesrepublik Deutschland, führt für sich nicht zur Annahme systemischen Mängel oder einer allgemeinen unmenschlichen Behandlung (vgl. VG Oldenburg, B.v. 21.1.2014 – 3 B 6802/13 – juris mit Bezug auf OVG LSA, B.v. 14.11.2013 – 4 L 44/13).
32 
Das Auswärtige Amt kommt etwa in seiner Stellungnahme vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt zu der Einschätzung, dass für Flüchtlinge in Italien landesweit ausreichende staatliche bzw. öffentliche und karitative Unterkunftsmöglichkeiten – bei teilweiser lokaler Überbelegung – zur Verfügung stehen, und insbesondere, dass alle Personen, die im Rahmen der Dublin-II-VO nach Italien zurückgeführt werden, in eine Unterkunft verteilt werden. Sie werden bei ihrer Ankunft am Flughafen empfangen, erkennungsdienstlich behandelt, einer Questura zugeteilt, von einer zuständigen Hilfsorganisation betreut und über den weiteren Verfahrensablauf unterrichtet (vgl. auch Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG NRW vom 11.09.2013).
33 
Soweit der vom Antragstellerbevollmächtigten zitierte Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Oktober 2013 erhebliche Missstände in Italien beschreibt, ebenso der UNHCR in einer Stellungnahme an das VG Freiburg vom Dezember 2013 (der daneben auch positive Aspekte honoriert), rechtfertigt dies nicht das Vorliegen von systemischen Mängeln, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, eine unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. allgemein EuGH, U.v. 10.12.2013 – C 394/12 – juris). Das Gericht verkennt nicht das Bestehen der in den vorliegenden Berichten dargestellten Missstände, auf die auch der Antragstellerbevollmächtigte hingewiesen hat. Aber weder dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe noch der Stellungnahme des UNHCR noch sonstigen Unterlagen ist es zurzeit im ausreichenden Maß zu entnehmen, dass ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen vorliegt bzw. dass das Asylverfahren und die Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern in Italien systemische Mängel aufweisen. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass der UNHCR weiterhin gerade keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, Asylsuchende nicht nach Italien zu überstellen. Dies ist deshalb von erheblicher Bedeutung, weil die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Mitgliedsstaat, der nach den Kriterien der Dublin-II-VO als zuständiger Staat bestimmt wird, angesichts der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens zu beachten ist, besonders relevant sind (vgl. EUGH, U.v. 30.5.2013 – C-528/11 – ABl EU 2013, Nr. C 225 S. 12 – juris). Soweit in Italien Missstände und Notstände aufgrund der stark gestiegenen Asylbewerberzahl festgestellt worden sind, sind sie dieser geschuldet und stellen als solche für sich keine systemischen Mängel dar. Allein aus dem Umstand, dass andere Verwaltungsgerichte jedenfalls im Sofortverfahren zu anderen Ergebnissen kommen, mag auf den zugrundeliegenden Prüfungsmaßstab zurückzuführen sein, belegt aber nicht das tatsächliche Vorhandensein von Mängeln im italienischen System.
34 
Die vorliegende Einschätzung deckt sich mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 2. April 2013 (27725/10 – ZAR 2013, 336). Der Hinweis des Antragstellerbevollmächtigten auf eine divergierende Rechtsauffassung der 5. Sektion des EGMR und die Befassung der Großen Kammer des EGMR rechtfertigt zurzeit keine andere Beurteilung. Die 3. Sektion des EGMR hat ihre Rechtsauffassung über die Einschätzung hinsichtlich der Situation von Asylsuchenden in Italien mit einer Entscheidung vom 10. September 2013 ausdrücklich bestätigt (2314/10 – http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-127054). Zudem ist auch in dem Zusammenhang zu betonen, dass tatsächlich bestehende Defizite im italienischen Asylsystem auch mit der Folge, dass die wirtschaftliche, die medizinische und die soziale Versorgung in Italien schlechter als in der Bundesrepublik Deutschland ist, nicht die Annahme systemischer Mängel oder einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention rechtfertigen. Denn an einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention sind strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. auch Thym, ZAR 2013, 331). Zudem ist nicht allein auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bzw. auf die Rechtsauffassung einer einzelnen Sektion abzustellen, sondern die gesamten Umstände des Einzelfalls sind zu würdigen.
35 
Das Gericht schließt sich nach alledem dem Teil der Rechtsprechung an, der systemische Mängel in Italien verneint und nimmt darauf ergänzend Bezug (vgl. zuletzt VG Oldenburg, B.v. 21.1.2014 – 3 B 6802/13 -; VG Regensburg, B.v. 18.12.2013 – RN 6 S 13.30720 – juris; VG Saarland, B.v. 6.12.2013 – 3 L 1989/13 – juris; VG Ansbach, B.v. 26.11.2013 – AN 1 S 13.31045 – juris; VG Trier, B.v. 6.11.2013 – 5 L 1539/13.TR – juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 17.6.2013 – OVG 7 S 33.13 – juris; a. A. etwa VG Gießen, U.v. 25.11.2013 – 1 K 844/11.GI.A – AuAS 2014, 12, jeweils mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung und den dort zitierten Erkenntnisquellen).“
36 
Auch das erkennende Gericht schließt sich dieser Bewertung des derzeitigen Asylsystems in Italien an. Besonderes Gewicht wird dabei dem Umstand beigemessen, dass UNHCR im Bericht vom Dezember 2013 (anders als im Falle Bulgariens, vgl. Bericht vom 02.01.2014 - http://www.refworld.org/docid/52c598354.html) und bis heute bezüglich Italien aufgrund auch der eigenen Überprüfungen vor Ort keinen Überstellungsstopp fordert.
37 
Nach alledem begegnet die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG keinen Bedenken, denn Italien ist, wie ausgeführt, der für die Fortführung des Asylverfahrens des Klägers zuständige Staat.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Der Antrag und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T.     aus L.       werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.