Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 08. Nov. 2016 - 14 K 8007/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Tatbestand:
3Die Klägerin wendet sich gegen einen Leistungs- und Gebührenbescheid der Beklagten nach einem Abschleppvorgang.
4Die Klägerin fuhr am Freitag, den 04.09.2015, gegen 13:55 Uhr mit ihrem Fahrzeug (amtliches Kennzeichen XX-XX 0000) in H. auf die C.---straße und stellte ihr Fahrzeug vor Haus Nr. 20 ab, um ihre Mutter nach Hause zu bringen, die in der C.---straße 10/12 wohnt. Vor dem Haus Nr. 24 steht stationär ein Schild, das das Parken für zwei Stunden von Montag bis Freitag zwischen 08:00 und 18:00 Uhr erlaubt (Verkehrszeichen 314). Anlässlich des bevorstehenden Schützenfests in H. standen auf der C.---straße an der Kreuzung zum P.--wall (einige Meter vor dem Haus Nummer 26) sowie an der Kreuzung zur H1. -L. -Straße (vor dem Haus Nummer 11) jeweils auf dem rechten Fahrstreifen in Fahrtrichtung Sperrblöcke mit Lampen und einem Schild, wonach die Durchfahrt verboten war (Verkehrszeichen 250). Taxen und Anwohner durften laut einem zusätzlichen Schild in den gesperrten Abschnitt der C.---straße einfahren. Das Schützenfest wurde am 04.09.2015 um 17:00 am Kirmesplatz H. eröffnet und zog sich entlang der H1. -L. -Straße über den nicht gesperrten Teil der C.---straße bis zur L1. -P1. -Straße, d.h. direkt hinter dem gesperrten Teil der C.---straße . Vor dem Haus Nr. 16 stand ein weiteres mobiles Halteverbotsschild, das das Parken und Halten vom 09. bis 18.09.2015 zwischen 07:00 und 17:00 Uhr verbot (Verkehrszeichen 283).
5Vor dem Haus Nr. 26 stand anlässlich des Schützenfestes ein weiteres mobiles Halteverbotsschild, das das Halten und Parken während des Schützenfests vom 04. bis 08.09.2015 verbot (Verkehrszeichen 283). Ein entsprechender Beschilderungsplan und ein Lichtbild des Schildes vom 28.08.2015 befinden sich im Verwaltungsvorgang der Beklagten.
6Mitarbeiter der Beklagten stellten am 04.09.2015 um 14:01 Uhr fest, dass das Fahrzeug der Klägerin im Bereich des mobilen Halteverbots stand. Sie beauftragten ein Abschleppunternehmen, das das Fahrzeug um 14:08 Uhr zur S. -X. -Straße versetzte.
7Mit Schreiben vom 23.09.2015 hörte die Beklagte die Klägerin zu dem beabsichtigten Leistungs- und Gebührenbescheid an, in dem ihr die Kosten für die Abschleppmaßnahme sowie eine Verwaltungsgebühr auferlegt werden sollten.
8Die Klägerin teilte der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 24.09.2015 mit, sie habe entsprechend der nicht abgedeckten stationären Parkbeschilderung geparkt. Das ohnehin erst ab dem 09.09.2015 geltende mobile Halteverbot stelle eine unwirksame widersprüchliche Beschilderung dar. Zudem habe sie niemanden behindert.
9Mit Bescheid vom 29.10.2015, der Klägerin zugestellt am 02.11.2015, machte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Kosten für die Abschleppmaßnahme in Höhe von 83,30 Euro geltend und setzte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 80,00 Euro fest. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, das Fahrzeug der Klägerin habe im Bereich eines absoluten Halteverbots gestanden. Das mobile Halteverbotsschild sei rechtzeitig aufgestellt worden und erkennbar gewesen. Der Parkverstoß habe eine Verletzung der öffentlichen Sicherheit dargestellt, die unmittelbar hätte beseitigt werden dürfen.
10Die Klägerin hat am 01.12.2015 Klage erhoben.
11Sie führt zur Begründung aus, dass das Halteverbotsschild für den 04.09.2015 im Nahbereich nicht erkennbar gewesen sei. Das auf Fotos im Verwaltungsvorgang abgebildete Halteverbotsschild für den 04. bis 08.09.2015 sei in maximaler Höhe von 1,0 – 1,5 m Höhe angebracht und damit hinter parkenden Fahrzeugen versteckt gewesen. Es sei zudem aufgrund seiner Widersprüchlichkeit zu dem stationären Halteerlaubnisschild unwirksam. Der Abschleppvorgang sei auch unverhältnismäßig, da das Fahrzeug der Klägerin keine Behinderung dargestellt habe und zuvor keine weiteren Maßnahmen zur Ermittlung und Kontaktierung der Klägerin, z. B. durch Nachfrage beim Optiker, versucht worden seien.
12Die Klägerin beantragt,
13den Bescheid der Beklagten vom 29. Oktober 2015 aufzuheben.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Zur Begründung wiederholt sie ihr Vorbringen aus dem angegriffenen Bescheid und führt ergänzend aus, dass die Klägerin aufgrund der Sperrung der C.---straße in erhöhtem Maße veranlasst gewesen sei, sich nach Halteverboten umzusehen. Eine Aufstellhöhe von 2 m sei lediglich durch eine innerdienstliche Verwaltungsvorschrift vorgeschrieben, zudem würden Aufstellungsmängel die Wirksamkeit des Verkehrszeichens nicht beeinflussen, da es bei der gebotenen Sorgfalt erkennbar gewesen sei. Die Entfernung des Fahrzeugs sei nötig gewesen, da die C.---straße als Rettungsgasse für das Schützenfest gedient habe.
17In der mündlichen Verhandlung hat der die Abschleppmaßnahme veranlassende Außendienstmitarbeiter der Beklagten mitgeteilt, dass er aufgrund einer Halterabfrage festgestellt habe, dass die Klägerin nicht Anwohnerin in dem abgesperrten Bereich sei, so dass er darauf hin die Abschleppmaßnahme veranlasst habe.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
21Der Bescheid vom 29.10.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
22Die an die Klägerin gerichtete Aufforderung, die entstandenen Kosten für die Abschleppmaßnahme in Höhe von 163,30 Euro zu zahlen, findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 77 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW), § 20 Abs. 2 Nr. 8 der Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VO VwVG NRW) i.V.m. § 24 Nr. 13 Ordnungsbehördengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (OBG NRW), § 46 Abs. 3, § 43 Nr. 1 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) bzw. in § 77 Abs. 1 VwVG NRW, § 20 Abs. 2 Nr. 7 VO VwVG NRW i.V.m. § 14 OBG NRW, § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 59 VwVG NRW.
23Die tatbestandlichen Voraussetzungen der vorgenannten Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt. Hiernach hat der für eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit verantwortliche Störer die durch eine rechtmäßige Sicherstellung oder Ersatzvornahme entstandenen Kosten zu tragen.
24Ob die hier in Rede stehende Abschleppmaßnahme als Ersatzvornahme einer Beseitigungsmaßnahme gemäß § 14 OBG NRW, § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 59 VwVG NRW – was die Nennung von § 59 VwVG NRW im Bescheid nahelegt – oder als Sicherstellung gemäß § 24 Nr. 13 OBG NRW, § 43 Nr. 1 PolG NRW – wofür die Bezeichnung als Sicherstellung in der Klageerwiderung spricht – anzusehen ist, kann dahinstehen,
25vgl. OVG Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 28.11.2000 – 5 A 2625/00 –, Rn. 13, juris,
26denn die Abschleppmaßnahme ist nach beiden Alternativen rechtmäßig. Die in den vorgenannten Vorschriften vorausgesetzte gegenwärtige bzw. konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestand vorliegend. Eine derartige Gefahr liegt bei einem Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung, mithin bei einer Zuwiderhandlung gegen formelle und materielle Gesetze vor. Es spricht bereits einiges dafür, dass ein Verkehrsverstoß gegen § 41 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) i.V.m. Zeichen 250 (absolutes Einfahrtverbot) vorlag, so dass die Klägerin sich mit ihrem Fahrzeug unabhängig von der mobilen Beschilderung überhaupt nicht in der abgesperrten Zone hätte aufhalten dürfen. Denn weder die Klägerin noch ihre Mutter sind Anwohnerin in dem abgesperrten Bereich. Jedenfalls lag im Zeitpunkt des Einschreitens der Beklagten ein Verkehrsverstoß gegen § 41 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) i.V.m. Zeichen 283 (absolutes Halteverbot) vor, da die Klägerin in dem Bereich parkte, in dem das Halten und Parken durch das mobile Halteverbotszeichen wirksam verboten war.
27Verkehrszeichen und damit auch Halteverbotszeichen stellen nach ständiger Rechtsprechung Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW) in Form von Allgemeinverfügungen dar. Sie erhalten ihre Wirksamkeit grundsätzlich mit ihrer Einrichtung. Ein Verwaltungsakt ist nichtig und damit unbeachtlich, wenn er an einem besonders schweren Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller Umstände offenkundig ist, vgl. § 44 Abs. 1 VwVfG NRW.
28Der mit dem Halteverbot erlassene Verwaltungsakt ist gegenüber der Klägerin wirksam geworden, auch wenn man ihren Vortrag zugrunde legt, dass sie das Schild beim Abstellen ihres Fahrzeugs nicht gesehen hat. Insbesondere genügte die Bekanntgabe den Anforderungen an die Erkennbarkeit der Regelung, die nach dem Sichtbarkeitsgrundsatz für Verkehrszeichen gelten und enthielt auch keine unwirksame, weil widersprüchliche, Regelung.
29Verkehrszeichen müssen so aufgestellt sein, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer sie bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen kann.
30Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 11.12.1996 – 11 C 15/95 –, juris.
31Dabei ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass an die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen, die den ruhenden Verkehr betreffen, niedrigere Anforderungen zu stellen sind als an solche für den fließenden Verkehr. Verkehrszeichen, die den fließenden Verkehr betreffen, müssen insbesondere bei höherer Geschwindigkeit innerhalb kürzester Zeit wahrgenommen und erfasst werden. Anders ist es bei Verkehrszeichen, die den ruhenden Verkehr regeln. Hier hat der Verkehrsteilnehmer die Möglichkeit, sich auch noch nach dem Abstellen und Verlassen seines Fahrzeugs ohne eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer Klarheit über das Vorhandensein und/oder den Inhalt eines Halt- oder Parkverbots zu verschaffen. Die Anfahrt zum Abstellort und das nachfolgende Aussteigen des Fahrers stellen sich als einheitlicher Lebensvorgang dar. Eine einfache Umschau nach dem Abstellen des Fahrzeugs, ob ein Halt- oder Parkverbot besteht, gehört deshalb zu der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt des Fahrers. Eine Erkennbarkeit und Erfassbarkeit von Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr müssen nicht stets bereits während der Fahrt gegeben sein.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2016 – 3 C 10/15 –, Rn. 15, 19 f., juris.
33Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass – will die Behörde wegen eines bestimmten Ereignisses eine Verkehrssituation vorrübergehend abweichend mit Hilfe mobiler Verkehrszeichen regeln – aus der Beschilderung klar ersichtlich sein muss, ob und inwieweit die Regelungen der festinstallierten Verkehrszeichen fortgelten oder vorrübergehend außer Kraft gesetzt sind.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 07.12.2005 – 5 A 5109/04 –, juris; VG Köln Urteil vom 21.11.2008 – 20 K 5343/07 –, juris.
35Allerdings enthält Ziff. 61 Nr. 2 der Anlage 2 zur StVO die Regelung, dass mobile, vorübergehend angeordnete Haltverbote durch Zeichen 283 und 286 Verkehrszeichen aufheben, die das Parken erlauben.
36Vorgaben für die Aufstellung und Anbringung von Verkehrszeichen sind der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung vom 22.10.1998 (VwV StVO) zu entnehmen. Sie enthält zu den §§ 39 bis 43 StVO im Abschnitt III (Allgemeines über Verkehrszeichen) unter anderem Regelungen zur Höhe, in der Verkehrszeichen in der Regel angebracht werden sollen (Nr. 13); nach Nr. 13 Buchst. a sollte sich die Unterkante der Verkehrszeichen, soweit nicht bei einzelnen Zeichen etwas anderes gesagt ist, in der Regel 2 m über Straßenniveau befinden. Einen rechtlichen Anhaltspunkt dafür, dass an die Sichtbarkeit von mobilen Verkehrszeichen geringere Anforderungen zu stellen sind als an solche, die dauerhaft gelten sollen, gibt weder diese Verwaltungsvorschrift her noch ist er sonst zu erkennen. Auch nur vorübergehend aufgestellte Verkehrszeichen sind, solange sie in zeitlicher Hinsicht Geltung beanspruchen, von den Verkehrsteilnehmern zu beachten und müssen dementsprechend sichtbar sein. Diese Vorgaben zur Aufstellung und Anbringung prägen zugleich den "Erwartungshorizont" des Verkehrsteilnehmers, wo er mit Verkehrszeichen zu rechnen und worauf er dementsprechend seine Aufmerksamkeit zu richten hat. Werden die entsprechenden Vorgaben der VwV StVO eingehalten, ist das zugleich ein gewichtiges Indiz dafür, dass die nach Maßgabe des Sichtbarkeitsgrundsatzes erforderliche Sichtbarkeit des Verkehrszeichens gewährleistet war. Umgekehrt rechtfertigt die Nichteinhaltung dieser Vorgaben nicht stets die Annahme, das betreffende Verkehrszeichen sei weder hinreichend sichtbar noch zumindest soweit wahrnehmbar, dass für den ruhenden Verkehr Anlass für eine Nachschau bestand.
37Vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2016 – 3 C 10/15 –, Rn. 23, juris.
38Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen war das mobile Halteverbot nach den Sichtbarkeitsgrundsätzen hinreichend erkennbar. Für einen durchschnittlichen Fahrer hätte beim Einbiegen in eine mit dem Zeichen 250 gesperrte Straße offensichtlich Anlass bestanden, sich über Besonderheiten in der Beschilderung Gedanken zu machen und sich nach dem Abstellen des Fahrzeugs weiter umzuschauen.
39Darüber hinaus konnte das mobile Halteverbot für den Zeitraum von 09. - 18.09.2015 – da Halteverbotsschilder ohne anderweitige Kennzeichnung stets am Anfang einer Halteverbotszone stehen, vgl. Ziff. 61 Nr. 1, 3 der Anlage 2 zur StVO – nicht für sie gelten, sodass sie allein wegen des Vorhandenseins dieses Schildes nicht ohne weiteres darauf vertrauen konnte, in der bereits gesperrten Straße bis zum 09.09.2015 wie gewohnt parken zu dürfen. Der Verkehrsteilnehmer darf bei Bedarfshalteverbotszonen zudem nicht ohne weiteres darauf vertrauen, dass eines dieser Schilder die Verkehrslage abschließend und allein regelt. Vielmehr ist er in diesem Fall verpflichtet, sich im einsehbaren Nahbereich nach weiteren verkehrsrechtlichen Anordnungen umzusehen.
40Vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 30.06.2009 – 3 Bf 408/08 –, Rn. 35, juris.
41Die Klägerin selbst hat erklärt, auf der entgegengesetzten Straßenseite hätten nur Taxen gestanden. Auch dieser Umstand hätte sie auf eine geänderte Parksituation hinweisen müssen. Zwar war das für sie maßgebliche Halteverbotsschild bei Betrachtung des Lichtbilds unter Zugrundelegung eines Durchmessers des Schildes von 60 cm (vgl. Nr. 13 Buchst. b VwV StVO zu §§ 39 bis 43 StVO) tatsächlich nur ca. 1,5 m über dem Boden angebracht. Allerdings war die Klägerin nicht weit von dem Schild entfernt und hätte dieses unter Anstrengung der angesichts der Straßensperrung angebrachten Sorgfalt erkennen können. Nach dem Abstellen und Aussteigen aus dem Fahrzeug hätten sie vom Gehweg aus Fahrzeuge, die eventuell die Sicht auf das Schild von der Straße her blockierten, auch nicht mehr in ihrer Sicht beeinträchtigt.
42Das mobile Halteverbotsschild war im Gesamtbild der Regelung mit dem stationären Schild auch nicht widersprüchlich. Auch wenn das stationäre, das Parken zeitweise gestattende Schild nicht abgehängt oder verdeckt war, so war aufgrund der Datumsangabe unterhalb des mobilen Halteverbotsschildes klar, dass dieses eine Sonderregelung für die Zeit des Schützenfestes treffen sollte. Die Gesamtschau aus Straßensperrung (an beiden Enden des maßgeblichen Abschnitts der C.---straße ) und dem mobilen Halteverbotsschild zeigte verständlich auf, dass dort – mit Ausnahme von Anwohner-PKW und Taxen – keine Fahrzeuge präsent sein durften.
43Die Klägerin ist zutreffend als Verhaltensstörerin gemäß § 17 Abs. 1 OBG NRW in Anspruch genommen worden, weil sie durch verbotswidriges Parken ihres Fahrzeugs die Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursacht hat.
44Die Abschleppmaßnahme war auch ermessensfehlerfrei. Die Höhe des von der Klägerin zu zahlenden Betrages steht nicht außer Verhältnis zum Nutzen der Maßnahme. Die Abschleppmaßnahme war geeignet, den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Die Maßnahme war auch erforderlich, da kein milderes und gleich effektives Mittel zur Beseitigung des Rechtsverstoßes in Betracht kam. Insbesondere waren die Mitarbeiter der Beklagten nicht gehalten, die Klägerin vor Einleitung der Abschleppmaßnahme ausfindig zu machen. Sofern sich der Fahrer von dem verbotswidrig geparkten Fahrzeug entfernt und deshalb nicht unmittelbar wie jemand zur Verfügung steht, der sich in Ruf- oder Sichtweite seines Fahrzeugs aufhält, sind grundsätzlich keine Ermittlungen nach dem Verbleib des Verantwortlichen veranlasst, weil deren Erfolg zweifelhaft ist und zu nicht abzusehenden Verzögerungen führt.
45Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 14.02.2014 – 14 K 4595/13 –, Rn. 55, juris; BVerwG, Beschluss vom 18.02.2002 – 3 B 149.01 –, Rn. 6 ff., juris; OVG Hamburg, Urteil vom 22.05.2005 – 3 Bf 25/02 –, Rn. 36, juris; VGH Bayern, Urteil vom 16.01.2001 – 24 B 99.1571 –, Rn. 36, juris.
46Nach der Halterabfrage bestand daher keine weitere Pflicht der Beklagten, den Aufenthaltsort der Klägerin ausfindig zu machen. Insbesondere war mangels ihrer Anwohnereigenschaft nicht ersichtlich, wo sich die Klägerin aufhalten könnte. Es ist nicht im Ansatz nachvollziehbar, aus welchem Grund die Mitarbeiter der Beklagten auf die Idee hätten kommen sollen, dass der Inhaber des Brillengeschäfts die Klägerin kennt.
47Die Abschleppmaßnahme war auch verhältnismäßig, denn das verbotswidrige Parken der Klägerin stellte eine Funktionsbeeinträchtigung der Verkehrsfläche dar, ohne dass es auf das Vorliegen einer konkreten Verkehrsbehinderung ankommt.
48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.02.2002 – 3 B 149.01 –, Rn. 4, juris; BVerwG, Beschluss vom 01.12.2000 – 3 B 51.00 –, Rn. 3 f., juris, OVG NRW, Beschluss vom 20.12.2012 – 5 A 2802/11 –, Rn. 3 ff., juris.
49Dies ist beim Abstellen eines Fahrzeuges im Bereich eines absoluten Haltverbots regelmäßig der Fall.
50Vgl. VG Aachen, Urteil vom 23.02.2011 – 6 K 1/10 –, Rn. 34 ff., juris; VG Potsdam, Urteil vom 14.03.2012 – 10 K 59/08 –, Rn. 21, juris.
51Eine derartige Funktionsbeeinträchtigung war vorliegend gegeben. Denn die Klägerin stand in der für das Schützenfest freizuhaltenden Rettungsgasse. Es ist unerheblich, dass das Fest erst ca. 3 Stunden nach dem Parkverstoß beginnen sollte, da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die Klägerin ihr Fahrzeug erst am Abend oder noch später selbstständig wieder entfernen würde.
52Entgegen der Auffassung der Klägerin war vorliegend der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch nicht dadurch verletzt worden, dass der handelnde Außendienstmitarbeiter nicht länger gewartet hat, ob die Klägerin selbst an ihrem Fahrzeug erscheint.
53Entscheidend ist, dass keine erkennbaren Umstände vorlagen, die darauf hindeuteten, dass sich die Klägerin in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs befand und innerhalb einer absehbaren Zeit erscheinen würde. Denn es war keinem Hinweis im Fahrzeug der konkrete Aufenthaltsort der Klägerin zum Zeitpunkt des festgestellten Verstoßes zu entnehmen. Somit war bereits ein Nachforschungsversuch nicht möglich,
54vgl. VG Köln, Urteil vom 11. Oktober 2007 – 20 K 2162/06 –, juris.
55Aufgrund dieser völligen Ungewissheit war auch ein Zuwarten entgegen der Auffassung der Klägerin untunlich. Es entspricht nicht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit, eine festgelegte Anzahl von Minuten zuzuwarten, bis der Abschleppvorgang eingeleitet wird.
56Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 26. November 2013 – 14 K 3550/13 – juris.
57Die Beklagte hat die Klägerin als ordnungsrechtlich Verantwortliche zu Recht als Kostenschuldnerin in Anspruch genommen, § 77 Abs. 1 S. 1 VwVG NRW.
58Die festgesetzte Gebühr begegnet weder dem Grunde noch der Höhe nach rechtlichen Bedenken. Sie beruht auf § 77 Abs. 1 VwVG NRW, § 15 Abs. 1 Nr. 7 VO VwVG NRW i.V.m. § 24 Nr. 13 OBG NRW, § 46 Abs. 3, § 43 Nr. 1 PolG NRW bzw. i.V.m. § 14 OBG, § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 59 VwVG NRW, wonach die Behörde für eine rechtmäßige Sicherstellung bzw. Ersatzvornahme eine Verwaltungsgebühr erheben kann. Die Beklagte liegt mit ihrer Gebühr von 80,00 Euro im mittleren Bereich des nach § 15 Abs. 1 Nr. 7 VO VwVG NRW zulässigen Rahmens von 25,00 bis 150,00 Euro.
59Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
60Beschluss:
61Der Streitwert wird auf 163,30 Euro festgesetzt.
62Gründe:
63Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) erfolgt.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 08. Nov. 2016 - 14 K 8007/15
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Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 08. Nov. 2016 - 14 K 8007/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.
(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
- 1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt; - 2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt; - 3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein; - 4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann; - 5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht; - 6.
der gegen die guten Sitten verstößt.
(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
- 1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt; - 2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat; - 3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war; - 4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.
(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.
(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die gebührenrechtliche Inanspruchnahme für die Umsetzung eines Kraftfahrzeugs.
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Der Kläger stellte das Fahrzeug am Freitag, 10. September 2010, gegen 23:45 Uhr in der Lothar-Bucher-Straße, 12157 Berlin ab. Dort war am 8. September 2010 wegen eines für den Samstag geplanten Straßenfestes ein absolutes Haltverbot durch vorübergehend aufgestellte (Verkehrs-)Zeichen 283 nach Anlage 2 zu § 41 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) ergänzt durch Zusatzzeichen (Sa 11.09.2010, 6 bis 22 Uhr) ausgeschildert worden. Dem lag ein Verkehrszeichenplan zugrunde, der vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf bei der Erteilung der Erlaubnisse nach § 29 Abs. 2 StVO und § 13 des Berliner Straßengesetzes (BerlStrG) an den Veranstalter des Straßenfestes mit dem Stempel "Verkehrszeichenplan straßenverkehrsbehördlich angeordnet" und der Unterschrift eines Bediensteten versehen worden war. Am Samstag, 11. September 2010, veranlasste ein Polizeibeamter um 8:34 Uhr die Umsetzung des Kraftfahrzeugs, da es die Aufbauarbeiten für das Straßenfest behinderte. Im Umsetzungsprotokoll wurde von ihm vermerkt: "Halteverbot auf beiden Straßenseiten deutlich erkennbar".
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Mit Gebührenbescheid vom 18. März 2011 nahm der Beklagte den Kläger auf Zahlung von 125 € für die Umsetzung des Fahrzeugs in Anspruch. Er habe länger als eine Stunde im absoluten Haltverbot (Zeichen 283) geparkt und dadurch den Aufbau des Straßenfestes behindert.
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Die hiergegen nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Zur Begründung heißt es: Die Umsetzung sei zu Recht erfolgt, da der Kläger gegen ein wirksames Haltverbot verstoßen habe. Er habe Gelegenheit gehabt, von der Verkehrsbeschränkung Kenntnis zu erlangen. Als Teilnehmer am ruhenden Verkehr habe es ihm oblegen, sich spätestens nach dem Einparken zu vergewissern, ob das Halten oder Parken an dieser Stelle erlaubt sei. Er sei gehalten gewesen, die nähere Umgebung um den gewählten Parkplatz in Augenschein zu nehmen, um möglicherweise nicht auf den ersten Blick wahrnehmbare Verkehrszeichen zu bemerken. Hätte der Kläger sich so verhalten, hätten ihm die Haltverbotszeichen nicht entgehen können, selbst wenn sie in einer Höhe von 1,3 bis 1,5 m montiert gewesen sein sollten. Gerade wenn er das Fahrzeug - wie er vortrage - nach Einbruch der Dunkelheit und bei schlechten Beleuchtungsverhältnissen abgestellt haben sollte, hätte er sich umschauen müssen.
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Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die der Gebührenerhebung zugrunde liegende Umsetzungsanordnung sei rechtmäßig. Der Kläger habe das Fahrzeug im absoluten Haltverbot abgestellt. Nach den Feststellungen des Polizeibeamten, der die Umsetzung veranlasst habe, und den Angaben der Person, die die Haltverbotszeichen aufgestellt und den Parkverstoß angezeigt habe, sei das Haltverbot deutlich erkennbar ausgeschildert und damit ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Nach dem sogenannten Sichtbarkeitsgrundsatz äußerten Verkehrszeichen ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnehme oder nicht, wenn sie so aufgestellt oder angebracht seien, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen könne. In Rechtsprechung und Literatur sei anerkannt, dass der Sichtbarkeitsgrundsatz nicht in völliger begrifflicher Absolutheit und ohne jede Rücksicht auf die Verkehrssituation anzuwenden sei; daher seien an die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen, die den ruhenden Verkehr beträfen, niedrigere Anforderungen zu stellen als an solche für den fließenden Verkehr. Nach diesem situationsbezogenen Verständnis sei ein Verkehrsteilnehmer gerade in einer Großstadt, wo er jederzeit mit vorübergehenden Park- und Haltverboten zu rechnen habe, verpflichtet, sich sorgfältig nach Verkehrszeichen umzusehen. Er müsse den leicht einsehbaren Nahbereich überprüfen, bevor er sein Fahrzeug endgültig abstelle und dafür gegebenenfalls eine gewisse Strecke nach beiden Richtungen abschreiten. Eine solche Nachschau sei auch dann erforderlich, wenn dem Fahrer die Sicht auf mögliche Aufstellorte versperrt sei. Danach sei der Einwand des Klägers unerheblich, das Haltverbotszeichen auf der in seiner Fahrtrichtung rechten Seite sei vermutlich durch ein größeres Fahrzeug verdeckt und für ihn nicht zu erkennen gewesen. Diese Sorgfaltspflicht gelte auch bei einer kurzfristigen oder vorübergehenden Beschilderung; ein Verkehrsteilnehmer dürfe sich nicht darauf verlassen, dass Verkehrsregelungen unverändert blieben. Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts schließe nicht aus, an die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen im ruhenden Verkehr niedrigere Anforderungen zu stellen als im fließenden Verkehr. Eine solche Differenzierung sei wegen der unterschiedlichen Verkehrssituation gerechtfertigt; sie finde in der Straßenverkehrs-Ordnung angelegt eine hinreichende gesetzliche Grundlage. Nach diesen Grundsätzen sei der Kläger verpflichtet gewesen, sich spätestens nach dem Abstellen des Fahrzeugs Gewissheit über die Reichweite des durch mehrere Verkehrszeichen deutlich erkennbaren Haltverbots zu verschaffen. Danach habe nicht weiter aufgeklärt werden müssen, wie genau und in welcher Höhe das Haltverbotszeichen auf der Straßenseite angebracht gewesen sei, auf der der Kläger sein Fahrzeug abgestellt habe, und ob das Verkehrszeichen durch ein anderes Fahrzeug verdeckt oder schlecht beleuchtet gewesen sei. Allein entscheidend sei, ob das Haltverbot bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt objektiv erkennbar gewesen wäre. Daran habe der Senat keine Zweifel. Dass die Verkehrszeichen durch Privatpersonen aufgestellt worden seien, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Der eingereichte Verkehrszeichenplan sei durch das Ordnungsamt des Bezirksamts Steglitz-Zehlendorf straßenverkehrsbehördlich angeordnet worden. Deshalb hätten die Aufsteller der Schilder selbst keine verbindlichen Verkehrsanordnungen getroffen und auch keine eigenverantwortliche hoheitliche Tätigkeit ausgeübt.
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Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Das angegriffene Urteil verletze schon deshalb Bundesrecht, weil das Berufungsgericht ohne hinreichende Grundlage annehme, das Haltverbot sei von einer Behörde im Sinne von § 1 Abs. 4 VwVfG angeordnet worden. Auszugehen sei stattdessen davon, dass Privatpersonen diese Entscheidung getroffen hätten und die zuständige Behörde sie lediglich zustimmend zur Kenntnis genommen habe. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Aufstellung der Haltverbotsschilder sei straßenverkehrsbehördlich angeordnet worden, sei verfahrensfehlerhaft und daher für die Revision nicht bindend. Die vom Berufungsgericht angenommene Nachschaupflicht im ruhenden Verkehr führe zu einer Erweiterung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dadurch würden die Grundsätze der Bekanntgabe von Verwaltungsakten in § 43 Abs. 1 Satz 1 und § 41 Abs. 4 VwVfG in ihr Gegenteil verkehrt. Mit der Nachschaupflicht werde aus einer staatlichen Bringschuld eine Holschuld des Adressaten. Die Verkehrszeichen so aufzustellen oder anzubringen, dass sie schon bei einem der beim Einparken ohnehin stets notwendigen Blicke beiläufig und rasch erfasst werden könnten, bereite den Behörden regelmäßig keine große Mühe. Demgegenüber führe die Pflicht, sich nach dem Abstellen des Fahrzeugs der Parkberechtigung zu vergewissern, zu einem - zudem sanktionsbewehrten - Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Verkehrsteilnehmer. Deshalb sei eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage notwendig; die Generalklausel des § 1 StVO genüge nicht. Zudem verletzte die Auferlegung einer Nachschaupflicht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Sie verfolge weder einen legitimen Zweck noch sei sie geeignet und erforderlich. Da eine Nachschau prinzipiell nach jedem Einparken gefordert werde, summiere sich der Eingriff bei den Verkehrsteilnehmern auf. Die Lasten würden völlig einseitig auf ihre Schultern geladen. Bei einer ordnungsgemäßen Aufstellung der Haltverbotszeichen entstünden dagegen von vornherein keine Probleme. Hier sei den Anforderungen des Sichtbarkeitsgrundsatzes nicht genügt worden; die Haltverbotszeichen seien nach der Art ihrer Anbringung nicht leicht und beiläufig wahrnehmbar gewesen. Das Berufungsgericht verkenne die materielle Beweislast für die Bekanntgabe von Verkehrszeichen, wenn es dem Verkehrsteilnehmer den Nachweis für deren fehlende Erkennbarkeit auferlege. Ebenfalls verfahrensfehlerhaft sei, dass das Berufungsgericht von der durch nichts unterlegten Notiz des Polizeibeamten ausgehe, die Schilder seien deutlich erkennbar aufgestellt gewesen. Da es den Amtsermittlungsgrundsatz in mehrfacher Hinsicht verletzt habe, könnten seine Feststellungen nicht binden.
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Der Beklagte tritt der Revision entgegen. Das Haltverbot sei wirksam von einer Behörde angeordnet worden. Bei dem von Privaten eingereichten Verkehrszeichenplan habe es sich um einen Vorschlag gehandelt, den sie sich zu Eigen gemacht habe. Das Berufungsurteil stehe auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bekanntgabe von Verkehrszeichen, der sich entnehmen lasse, dass eine Differenzierung zwischen ruhendem und fließendem Verkehr sachgerecht sei. Die Oberverwaltungs- und Verwaltungsgerichte stellten in ständiger Rechtsprechung an die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen im ruhenden Verkehr niedrigere Anforderungen als an solche im fließenden Verkehr. Die Nachschaupflicht stehe im Einklang mit den Grundsätzen für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten. Diese Konkretisierung des Sorgfaltsmaßstabs im ruhenden Verkehr könne auf § 1 StVO gestützt werden; sie sei auch nicht unverhältnismäßig.
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Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur ebenfalls der Auffassung, dass Verkehrsteilnehmer, die ihr Fahrzeug abstellten, eine Nachschaupflicht nach Haltverbotszeichen treffe. Ein Verkehrsteilnehmer habe im ruhenden Verkehr höhere Informations- und Sorgfaltspflichten als ein Teilnehmer am fließenden Verkehr. Welche Anforderungen konkret an die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen zu stellen seien und welche Sorgfaltsanforderungen die Verkehrsteilnehmer träfen, hänge von den Umständen des Einzelfalls und der örtlichen Situation ab.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die von ihm bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen genügen nicht, um beurteilen zu können, ob das Haltverbot wirksam bekannt gemacht worden war und damit ein Verkehrsverstoß des Klägers vorlag, der den Beklagten zur Umsetzung des Kraftfahrzeugs und im Anschluss daran zur Gebührenerhebung beim Kläger berechtigte (1.). Zwar verwirft das Berufungsgericht zu Recht den Einwand des Klägers, das Haltverbot sei schon deshalb unwirksam, weil es von einem privaten Dritten und nicht durch eine Behörde angeordnet worden sei (2.). Doch stellt das Berufungsurteil Anforderungen an die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen im ruhenden Verkehr und an die Sorgfaltspflichten des Verkehrsteilnehmers, die nicht in jeder Hinsicht im Einklang mit Bundesrecht stehen (§ 137 Abs. 2 VwGO); zu Unrecht geht das Berufungsgericht von einer anlasslosen Nachschaupflicht des Verkehrsteilnehmers aus (3. und 4.). Damit erweist sich auch seine hierauf beruhende tatsächliche Feststellung nicht als tragfähig, das Haltverbot sei für den Kläger ohne Zweifel erkennbar gewesen (5.). Aus diesem Grund ist der erkennende Senat an einer abschließenden Entscheidung gehindert; es sind von der Vorinstanz noch ergänzende tatsächliche Feststellungen zur Sichtbarkeit der hier maßgeblichen Haltverbotszeichen zu treffen (6.).
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1. Rechtsgrundlage für die vom Beklagten erhobenen Benutzungsgebühren für die Umsetzung des Kraftfahrzeugs sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zum maßgeblichen Landesrecht § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und § 10 Abs. 2 Buchst. b des Berliner Gesetzes über Gebühren und Beiträge (GebBetrG BE) i.V.m. § 1 der Berliner Gebührenordnung für die Benutzung polizeilicher Einrichtungen (Polizeibenutzungsgebührenordnung - PolBenGebO BE) sowie Tarifstelle 4.1 Buchst. a des als Anlage zu § 1 PolBenGebO BE erlassenen Gebührenverzeichnisses; danach fällt für die Umsetzung eines Fahrzeugs mit bis zu 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht an einem Sonnabend eine Gebühr in Höhe von 125 € an. Die Umsetzung des Fahrzeugs erfolgte - wie das Berufungsgericht in Anwendung des Berliner Landesrechts weiter festgestellt hat - in unmittelbarer Ausführung einer Maßnahme gemäß § 15 Abs. 1 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz - ASOG Bln). Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Umsetzung des Fahrzeugs und eine daran anknüpfende Gebührenerhebung ist danach, dass der Kläger beim Abstellen des Fahrzeugs gegen ein behördlich angeordnetes und durch Verkehrszeichen wirksam bekannt gemachtes Haltverbot verstoßen hat.
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2. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts wurde die Aufstellung der Haltverbotszeichen (lfd. Nr. 62 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO) vom Beklagten als Straßenverkehrsbehörde angeordnet und von dem privaten Veranstalter des Straßenfestes lediglich ausgeführt. Der vom Kläger gerügte Verstoß gegen § 1 Abs. 4 und § 35 Satz 1 VwVfG und der von ihm daraus hergeleitete Wirksamkeitsmangel des Haltverbots liegen daher nicht vor.
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Die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung des Haltverbots ergibt sich aus § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO; danach können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten. Eine solche Anordnung wurde hier vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf mit dem Erlass des Bescheides vom 26. Juli 2010 getroffen. Bei diesem an den Veranstalter des Straßenfestes gerichteten Bescheid handelt es sich der (Haupt-)Sache nach um eine Erlaubnis für übermäßige Straßenbenutzung nach § 29 Abs. 2 StVO und § 13 BerlStrG. Das Berufungsgericht hat den Bescheid zugleich als straßenverkehrsbehördliche Anordnung des Haltverbots ausgelegt. Nach seinen Feststellungen hatte das Bezirksamt den Verkehrszeichenplan, der "(wohl) von Privatpersonen eingereicht worden war", mit dem Stempel "Verkehrszeichenplan straßenverkehrsbehördlich angeordnet" versehen. Diese Auslegung des Bescheids vom 26. Juli 2010 durch das Tatsachengericht begegnet revisionsrechtlich ebenso wenig Bedenken wie die Schlussfolgerung, dass die privaten Aufsteller der Schilder selbst keine verbindlichen Verkehrsanordnungen getroffen und auch keine eigenverantwortliche hoheitliche Tätigkeit ausgeübt haben.
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Zu Unrecht stützt der Kläger seinen Einwand fehlender Wirksamkeit auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 1970 - 7 C 10.70 - (BVerwGE 35, 334). Dort heißt es, dass die verbindliche Entscheidung über eine Verkehrsbeschränkung oder - wie dort - ein Verkehrsverbot von der zuständigen Behörde getroffen werden muss und sie nicht einem privaten Dritten - in jenem Fall einem Bauunternehmer - überlassen werden darf. Das schließt jedoch nicht aus, dass der Dritte einen Vorschlag machen und dabei - wie hier - auch einen konkreten Verkehrszeichenplan vorlegen darf. Die Behörde ist nicht gehindert, eine entsprechende Anordnung zu treffen. § 45 Abs. 6 StVO sieht ausdrücklich vor, dass Bauunternehmer vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, einen Verkehrszeichenplan vorzulegen haben. Nichts anderes geschieht bei jedem Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung, wenn der Bauherr seine Baupläne bei der Genehmigungsbehörde einreicht. Eine andere rechtliche Bewertung rechtfertigt auch der dritte Leitsatz des Urteils nicht; danach kann die behördliche Zustimmung nicht in den Erlass eines Verkehrsverbots durch die Straßenverkehrsbehörde umgedeutet werden. Den Unterschied zwischen einer "Zustimmung" und der Anordnung eines Verkehrsverbots sieht der 7. Senat darin, dass sich die Behörde bei der "Zustimmung" einer eigenen Entscheidung enthalte und lediglich die von einer anderen Stelle getroffene Entscheidung überprüfe (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1970 a.a.O. S. 342). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat hier das Bezirksamt selbst über die Anordnung des Haltverbots entschieden.
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Gegen den Amtsermittlungsgrundsatz hat das Berufungsgericht mit dieser Feststellung nicht verstoßen. Ausgehend davon, dass die Behörde das Haltverbot auch auf der Grundlage eines von einem Privaten aufgestellten Verkehrszeichenplans anordnen kann, bestand kein Anlass für eine weitere Aufklärung des Sachverhalts.
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3. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass an die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen im ruhenden Verkehr niedrigere Anforderungen zu stellen sind als an solche, die den fließenden Verkehr betreffen. Soweit es darüber hinaus der Auffassung ist, im ruhenden Verkehr bestehe auch anlasslos eine Nachschaupflicht des Verkehrsteilnehmers nach dem Vorhandensein von Haltverbotszeichen, steht das nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).
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a) Nach ständiger Rechtsprechung ist das Haltverbot nach Zeichen 283, wie andere Verkehrsverbote und -gebote, ein Verwaltungsakt in der Form einer Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 VwVfG (BVerwG, Urteile vom 9. Juni 1967 - 7 C 18.66 - BVerwGE 27, 181 <182> und vom 13. Dezember 1979 - 7 C 46.78 - BVerwGE 59, 221 <224>). Es wird gemäß § 43 VwVfG gegenüber demjenigen, für den es bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem es ihm bekannt gegeben wird. Die Bekanntgabe erfolgt nach den bundesrechtlichen (Spezial-)Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung durch Aufstellen des Verkehrszeichens (vgl. insbesondere § 39 Abs. 1 und § 45 Abs. 4 StVO). Dies ist eine besondere Form der öffentlichen Bekanntgabe. Sind Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon "mit einem raschen und beiläufigen Blick" erfassen kann (BGH, Urteil vom 8. April 1970 - III ZR 167/68 - NJW 1970, 1126 f.), äußern sie nach dem so genannten Sichtbarkeitsgrundsatz ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht (stRspr; BVerwG, Urteile vom 11. Dezember 1996 - 11 C 15.95 - BVerwGE 102, 316 <318>, vom 13. März 2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 11 und vom 23. September 2010 - 3 C 37.09 - BVerwGE 138, 21 Rn. 15).
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b) Für die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen, die den ruhenden Verkehr betreffen, gelten weniger strenge Anforderungen als an solche, die den fließenden Verkehr regeln.
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Diese Auffassung entspricht der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung zahlreicher Instanzgerichte sowohl der Verwaltungs- (vgl. u.a. OVG Hamburg, Urteil vom 30. Juni 2009 - 3 Bf 408/08 - NZV 2009, 524 <525>; OVG Münster, Beschluss vom 11. Juni 1997 - 5 A 4278/95 - juris Rn. 6 f.; VGH Mannheim, Urteil vom 20. Januar 2010 - 1 S 484/09 - NJW 2010, 1898 <1899> als auch der ordentlichen Gerichtsbarkeit (vgl. u.a. OLG Hamm, Beschluss vom 13. November 1978 - 6 Ss OWi 2744/78 - VRS 57, 137 <138 f.>). Sie wird in der Kommentarliteratur geteilt (vgl. König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 39 StVO Rn. 33; Janker/Hühnermann, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl. 2016, § 39 StVO Rn. 15, jeweils m.w.N.).
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Vom Bundesverwaltungsgericht wurde das bislang noch nicht ausdrücklich ausgesprochen. Eine solche Differenzierung ist in der Sache jedoch darin angelegt, dass - wie gezeigt - auch das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung das Erfordernis der Erfassbarkeit von Verkehrszeichen "mit einem raschen und beiläufigen Blick" in einen Zusammenhang mit der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt stellt. Es liegt auf der Hand und ist allgemein anerkannt, dass das Maß und die Ausprägung der von den Verkehrsteilnehmern zu fordernden Sorgfalt von der konkreten Verkehrssituation abhängen (vgl. statt vieler nur OVG Hamburg, Urteil vom 30. Juni 2009 - 3 Bf 408/08 - NZV 2009, 524 <525>). Verkehrszeichen, die den fließenden Verkehr betreffen, müssen insbesondere bei höherer Geschwindigkeit innerhalb kürzester Zeit wahrgenommen und erfasst, also in ihrem Regelungsgehalt verstanden werden können, um ihr Regelungsziel zu erreichen. Anders liegt es bei Verkehrszeichen, die den ruhenden Verkehr regeln. Hier hat der Verkehrsteilnehmer die Möglichkeit, sich auch noch beim Abstellen und Verlassen seines Fahrzeugs ohne eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer Klarheit über das Vorhandensein und/oder den Inhalt eines Halt- oder Parkverbots zu verschaffen. Die Anfahrt zum Abstellort des Fahrzeuges und das nachfolgende Aussteigen des Fahrers stellen sich als einheitlicher Lebensvorgang dar. Eine einfache Umschau nach dem Abstellen des Fahrzeugs, ob ein Halt- oder Parkverbot besteht, gehört deshalb zu der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt des Fahrers.
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Die Erkennbarkeit und Erfassbarkeit von Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr müssen nicht stets bereits während der Fahrt gegeben sein. Eine Umschaupflicht des Verkehrsteilnehmers nach dem Abstellen des Fahrzeugs scheidet nicht schon deshalb aus. Den Urteilen des erkennenden Senats zum Sichtbarkeitsgrundsatz und den dort formulierten Anforderungen an die Erfassbarkeit von Verkehrszeichen "mit einem raschen und beiläufigen Blick" lagen Fälle des fließenden Verkehrs zugrunde und zwar gerade solche des Schnellverkehrs (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383, Durchfahrverbote zur Unterbindung von Mautausweichverkehr; Urteil vom 23. September 2010 - 3 C 37.09 - BVerwGE 138, 21, Lkw-Überholverbote auf Autobahnen). Gleiches gilt für das in diesen Entscheidungen jeweils in Bezug genommene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. April 1970 - III ZR 167/68 - (NJW 1970, 1126). Der Bundesgerichtshof hatte dort ausgeführt, Verkehrszeichen müssten so angebracht, aufgestellt und unterhalten werden, dass ein Kraftfahrer die Verkehrslage mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen könne und dass die Verkehrszeichen ihn auch beim flüchtigen Hinblicken nicht irreführten. Bei dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 11. Dezember 1996 - 11 C 15.95 - (BVerwGE 102, 316 <318 f.>) entschiedenen Fall ging es dagegen - wie vorliegend - um ein Haltverbot im ruhenden Verkehr. Und auch in jenem Urteil findet sich die Aussage, Verkehrszeichen müssten, um Rechtswirksamkeit äußern zu können, so aufgestellt sein, dass sie bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt "mit einem raschen und beiläufigen Blick" erfasst werden könnten. Daraus folgert der Kläger zu Unrecht, damit schieden unterschiedliche Anforderungen an die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen aus. Denn in jener Entscheidung war allein zu klären, ob das Haltverbot gegenüber dem damaligen Kläger, der sich sowohl zum Zeitpunkt der Aufstellung des Verkehrszeichens als auch zum Zeitpunkt des behördlichen Einschreitens im Krankenhaus befunden hatte und der dieses Verkehrszeichen schon aus diesem Grund nicht hatte sehen können, gleichwohl wirksam geworden war. Es ging - mit anderen Worten - um die Bekanntgabe des mit dem Verkehrszeichen verlautbarten Ver- und Gebots gegenüber einem Abwesenden. Dagegen stand dort nicht - wie hier - in Frage, ob das Verkehrszeichen ansonsten hinreichend sichtbar aufgestellt war. Die Wirksamkeit des Haltverbots hat der 11. Senat mit der Begründung bejaht, dass auch der dortige Kläger Verkehrsteilnehmer und damit Adressat der durch das Verkehrszeichen getroffenen Anordnung sei. Zwar werden in dieser Entscheidung nachwirkende Sorgfaltspflichten oder eine Nachschaupflicht des Fahrers oder des sonst für das Fahrzeug Verantwortlichen nicht ausdrücklich erwähnt. Sie ergeben sich jedoch der Sache nach. Diesem Urteil ist zu entnehmen, dass sich der Verantwortliche auch nach dem Abstellen in Abständen vergewissern muss, dass das Parken weiterhin erlaubt ist.
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4. Das Berufungsgericht hat angenommen, den Fahrer treffe auch ohne besonderen Anlass eine über eine solche Umschau nach dem Abstellen des Fahrzeugs hinausgehende Nachschaupflicht, er könne "gegebenenfalls" auch gehalten sein, vom Abstellort des Fahrzeugs aus eine gewisse Strecke nach beiden Richtungen abzuschreiten, um sich über das Nichtvorhandensein von Halt- oder Parkverboten zu vergewissern. Damit überspannt das Berufungsgericht die den Verkehrsteilnehmer treffenden Sorgfaltspflichten. Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr äußern ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht, wenn sie so aufgestellt oder angebracht sind, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt und ungestörten Sichtverhältnissen während der Fahrt oder durch einfache Umschau beim Aussteigen ohne Weiteres erkennen kann, dass ein Ge- oder Verbot durch ein Verkehrszeichen verlautbart wurde. Zu einer Nachschau ist der Verkehrsteilnehmer nur verpflichtet, wenn hierfür nach den konkreten Umständen des Einzelfalls ein besonderer Anlass besteht.
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a) Es obliegt der Behörde, die nach § 45 StVO ein Park- oder Haltverbot anordnet, für deren ordnungsgemäße Bekanntgabe Sorge zu tragen. Denn Wirksamkeitsvoraussetzung für ein solches straßenverkehrsrechtliches Ver- und Gebot ist eine ordnungsgemäße Bekanntgabe der entsprechenden Allgemeinverfügung (§ 43 Abs. 1 VwVfG) nach Maßgabe des Sichtbarkeitsgrundsatzes durch Verkehrszeichen. Die materielle Beweislast dafür, dass den Anforderungen des Sichtbarkeitsgrundsatzes für die Aufstellung oder Anbringung der Verkehrszeichen genügt wurde, trägt nach allgemeinen Grundsätzen im Streitfall die Behörde, die daraus Rechtsfolgen herleiten will. Das legt es für sie zugleich nahe, dass sie - um im Fall der Nichterweislichkeit eine Beweislastentscheidung zu ihren Lasten zu vermeiden - die ordnungsgemäße Aufstellung oder Anbringung der Verkehrszeichen und die Erfüllung der Anforderungen des Sichtbarkeitsgrundsatzes in geeigneter Weise dokumentiert.
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Vorgaben für die Aufstellung und Anbringung von Verkehrszeichen sind der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung vom 22. Oktober 1998 (VwV-StVO) zu entnehmen. Sie enthält zu den §§ 39 bis 43 StVO im Abschnitt III (Allgemeines über Verkehrszeichen) unter anderem Regelungen zur Größe (Nr. 3), zur Beleuchtung (Nr. 7), dazu, dass die Verkehrszeichen gut sichtbar in etwa rechtem Winkel zur Fahrbahn rechts daneben anzubringen sind (Nr. 9), sowie zur Höhe, in der Verkehrszeichen in der Regel angebracht werden sollen (Nr. 13); nach Nr. 13 Buchst. a sollte sich die Unterkante der Verkehrszeichen, soweit nicht bei einzelnen Zeichen etwas anderes gesagt ist, in der Regel 2 m über Straßenniveau befinden, über Radwegen 2,20 m, an Schilderbrücken 4,5 m, auf Inseln und an Verkehrsteilern 0,60 m. Einen rechtlichen Anhaltspunkt dafür, dass - wie der Beklagte im Widerspruchsbescheid anführt - an die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen, die nur für einen begrenzten Zeitraum gelten, geringere Anforderungen zu stellen sind als an solche, die dauerhaft gelten sollen, gibt weder diese Verwaltungsvorschrift her, noch ist er sonst zu erkennen. Auch nur vorübergehend aufgestellte Verkehrszeichen sind, solange sie in zeitlicher Hinsicht Geltung beanspruchen, von den Verkehrsteilnehmern zu beachten und müssen dementsprechend sichtbar sein. Diese Vorgaben zur Aufstellung und Anbringung prägen zugleich den "Erwartungshorizont" des Verkehrsteilnehmers, wo er mit Verkehrszeichen zu rechnen und worauf er dementsprechend seine Aufmerksamkeit zu richten hat. Werden die entsprechenden Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung eingehalten, ist das zugleich ein gewichtiges Indiz dafür, dass die nach Maßgabe des Sichtbarkeitsgrundsatzes erforderliche Sichtbarkeit des Verkehrszeichens gewährleistet war. Umgekehrt rechtfertigt die Nichteinhaltung dieser Vorgaben nicht stets die Annahme, das betreffende Verkehrszeichen sei weder hinreichend sichtbar noch zumindest soweit wahrnehmbar, dass für den ruhenden Verkehr Anlass für eine Nachschau bestand. Inwieweit den Anforderungen des Sichtbarkeitsgrundsatzes genügt wurde, ist letztlich von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig. Dementsprechend bedarf es hierzu im Streitfall tatrichterlicher Feststellungen.
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Anlass für eine über den einfachen Rundumblick nach dem Abstellen des Fahrzeugs hinausgehende Nachschau, etwa durch Abschreiten des Nahbereichs, kann beispielsweise bestehen, wenn ein Halt- oder Parkverbotszeichen durch dort abgestellte besonders hohe Fahrzeuge verdeckt sein könnte oder wenn die Sichtverhältnisse wegen Dunkelheit oder der Witterungsverhältnisse so beeinträchtigt sind, dass der Verkehrsteilnehmer damit rechnen muss, Verkehrszeichen schon deshalb nicht zu erkennen.
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b) Dem Berufungsurteil lässt sich nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit entnehmen, dass das Oberverwaltungsgericht den Verkehrsteilnehmer zu einer Nachschau, die über die einfache Umschau nach dem Aussteigen hinausgeht, nur bei besonderem Anlass verpflichtet sieht. Eine solche Einschränkung findet sich in dem vom Oberverwaltungsgericht formulierten abstrakten Rechtssatz nicht, der Verkehrsteilnehmer müsse den leicht einsehbaren Nahbereich auf das Vorhandensein von Park- und Haltverboten überprüfen, bevor er sein Fahrzeug endgültig abstelle, und dafür ggf. eine gewisse Strecke nach beiden Richtungen abschreiten (UA S. 9). Der vom Berufungsgericht eingefügte einschränkende Zusatz, ein Abschreiten sei "gegebenenfalls" erforderlich, erweist sich dafür als zu konturlos und unbestimmt.
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Nicht zu beanstanden ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht die Auffassung des Berufungsgerichts, bei den Anforderungen an die Sichtbarkeit eines Verkehrszeichens sei nicht danach zu unterscheiden, ob der Verkehrsteilnehmer - etwa als Ortsansässiger - mit der Rechtslage vertraut sei. Das folgt daraus, dass Maßstab für die Erfüllung der Anforderungen des Sichtbarkeitsgrundsatzes - wie bereits dargelegt - grundsätzlich der durchschnittliche Kraftfahrer ist (so zur Erfassbarkeit von Verkehrszeichen mit mehreren Zusatzzeichen auch bereits BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 16 m.w.N.).
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5. Erweist sich - wie vorstehend gezeigt - der rechtliche Maßstab des Berufungsgerichts für das Bestehen einer Nachschaupflicht als nicht in jeder Hinsicht zutreffend, sind auch die von ihm auf dieser rechtlichen Grundlage getroffenen tatsächlichen Feststellungen zur Sichtbarkeit der Haltverbotszeichen im konkreten Fall nicht tragfähig.
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Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der in Rede stehende Straßenabschnitt der Lothar-Bucher-Straße zwischen ihren Kreuzungen mit der Jeverstraße und der Schönhauser Straße eine Länge von rund 90 bis 100 Metern. Aufgestellt worden seien dort insgesamt sechs Haltverbotsschilder (Zeichen 283). Auf jeder Straßenseite hätten sich drei Haltverbotszeichen befunden, davon jeweils zwei unmittelbar an den genannten Kreuzungen (Zeichen 283-10 am Anfang und Zeichen 283-20 am Ende) und zwei weitere ungefähr in der Mitte des Straßenabschnitts, also rund 45 bis 50 Meter von den genannten Kreuzungen entfernt. Nach den Angaben des die Umsetzung veranlassenden Polizeibeamten und den Angaben der Person, die die Schilder aufgestellt und den Parkverstoß angezeigt habe, sei das Haltverbot "deutlich erkennbar" ausgeschildert worden (UA S. 7). Ausgehend davon gelangt das Berufungsgericht zu dem Schluss, es habe keine Zweifel daran, dass das Haltverbot bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt objektiv erkennbar gewesen sei (UA S. 12).
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Da das Berufungsgericht dabei auf die Erkennbarkeit des Haltverbots bei "Anwendung der gebotenen Sorgfalt" abstellt, zugleich aber von einer anlasslosen Nachschaupflicht ausgeht, steht auch die von ihm bejahte Sichtbarkeit des Haltverbotszeichens für den Kläger unter der Prämisse, dass er eine Nachschau durchführt. Unbeantwortet bleibt damit jedoch die notwendig zu klärende Vorfrage, inwieweit hier überhaupt Anlass für eine solche Nachschau bestand. War das - wozu tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts fehlen - nicht der Fall, ist auch dessen Annahme die Grundlage entzogen, das Haltverbot sei objektiv erkennbar gewesen. Ebenso wenig genügt danach der Verweis in den Urteilsgründen auf die schriftlichen Angaben des Polizeibeamten, der die Umsetzung veranlasst hatte, sowie des Aufstellers der Verkehrszeichen, solange nicht geklärt ist, ob diesen Aussagen zur Erkennbarkeit der Haltverbotszeichen ein zutreffendes Verständnis der Anforderungen des Sichtbarkeitsgrundsatzes und der rechtlichen Voraussetzungen für eine Nachschaupflicht des Verkehrsteilnehmers zugrunde liegt.
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6. Für eine abschließende Entscheidung bedarf es deshalb noch ergänzender tatrichterlicher Feststellungen dazu, wie die Haltverbotszeichen hier konkret aufgestellt oder angebracht waren und wie sich das auf ihre Sichtbarkeit und damit die Wirksamkeit der Bekanntgabe des Haltverbots ausgewirkt hat. Der Kläger trägt dazu vor, das Haltverbotszeichen an der Einfahrt von der Schönhauser Straße zur Lothar-Bucher-Straße habe parallel zur Fahrtrichtung gestanden; außerdem seien die Verkehrszeichen nur in einer Höhe von 1,3 bis 1,5 m angebracht gewesen. Sollten sich diese Angaben als zutreffend erweisen, kommt es darauf an, ob die Haltverbotszeichen gleichwohl für den Kläger schon während der Anfahrt oder spätestens bei einem Rundumblick nach dem Aussteigen entweder bereits ohne Weiteres erkennbar waren oder ob zumindest Anlass für eine Nachschau bestand und das Haltverbot dabei für ihn erkennbar geworden wäre. Es ist nicht nur - wie im Berufungsurteil - das Haltverbotszeichen an der Kreuzung zur Schönhauser Straße in den Blick zu nehmen; je nach den konkreten Umständen und Sichtverhältnissen könnten möglicherweise auch die weiteren nach dem Verkehrszeichenplan im betreffenden Abschnitt der Lothar-Bucher-Straße aufgestellten Haltverbotszeichen Anlass für eine Nachschau gegeben haben.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger stellte den PKW (Mercedes) mit dem amtlichen Kennzeichen L. -O. 242 am Samstag, den 2. Februar 2013 am A. 4 in E. im Bereich eines Taxenstandes ab. Der Taxenstand ist mit einem Anfangs- und Endschild bezeichnet (Zeichen 229 mit den Zusätzen „auf dem Seitenstreifen“ und „6 Taxen“)
3Eine Mitarbeiterin der Beklagten bemerkte das Fahrzeug um 16:43 Uhr. Um 16:51 Uhr beauftragte sie ein Abschleppfahrzeug, das um 16:59 Uhr am Einsatzort eintraf, das Fahrzeug um 17:08 Uhr abschleppte und auf den Hof der Abschleppfirma verbrachte. Der Kläger zahlte bei Abholung seines Fahrzeugs die Abschleppkosten in Höhe von 143,00 Euro. Ihm wurde ein Merkblatt ausgehändigt, mit welchem er zu der Abschleppmaßnahme angehört wurde und in welchem u.a. auf die beabsichtigte Auferlegung von Verwaltungsgebühren in Höhe von 62,00 Euro hingewiesen wurde. Von der Möglichkeit der Anhörung machte der Kläger gegenüber dem zuständigen Ordnungsamt der Beklagten keinen Gebrauch.
4Mit Gebührenbescheid vom 4. März 2013 setzte die Beklagte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 62,00 Euro fest.
5Die seitens des Klägers gegen die Verwarnung der Beklagten erhobenen Einwände wurden dem hier zuständigen Ordnungsamt zur weiteren Bearbeitung übersandt. Der Kläger trug vor, dass der Taxenstand eine Länge von mehr als 30 Metern habe, so dass mehr als 6 Fahrzeuge Platz hätten. Zu dem Zeitpunkt, als er sein Fahrzeug abgestellt habe, habe sich weder ein Taxi noch ein anderes Fahrzeug auf dem Taxenstand befunden. Das Abschleppen sei insbesondere deshalb unverhältnismäßig, weil eine Umsetzung als milderes Mittel möglich gewesen wäre.
6Die um Stellungnahme gebetene Außendienstmitarbeiterin der Beklagten gab eine dienstliche Äußerung u.a. folgenden Inhalts ab: “Bei meiner Ankunft befanden sich drei widerrechtlich parkende Kfz auf dem Taxenplatz und drei Taxen. Somit konnte der Taxistand von weiteren Taxen nicht angefahren werden. Der 02.02.2013 war ein Samstag. Im Hafen herrscht reger Personenverkehr, insbesondere an Wochenenden kommt eine Vielzahl von Besuchern, nicht nur aus Deutschland, um im Medienhafen zu verweilen. Es ist daher wichtig, dass die Taxenplätze von Taxen angefahren werden können, dafür sind sie auch eingerichtet worden! Eine Versetzung ist bei dem hohen Parkdruck nicht möglich gewesen“.
7Mit Schreiben vom 18. März 2013 teilte die Beklagte dem Kläger diese Umstände mit und führte weiter aus, dass die zahlreichen Taxen durch verbotswidrig abgestellte Fahrzeuge in diesem Bereich häufig gezwungen seien, Fahrgäste in zweiter Reihe aufzunehmen bzw. abzusetzen, was eine Gefahr für die Fahrgäste sowie eine Behinderung des fließenden Verkehrs darstelle. Da sich die Verkehrssituation in diesem stark frequentierten Straßenabschnitt erfahrungsgemäß ständig ändere, dürfe beim Vorliegen eines entsprechenden Verkehrsverstoßes zur Vermeidung der o.a. Störungen mit den einzuleitenden Maßnahmen nicht abgewartet werden. Insofern sei die Durchführung der Abschleppmaßnahme erforderlich und hinsichtlich der zu erwartenden Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit auch angemessen gewesen.
8Der Kläger hat gegen den Gebührenbescheid am 4. April 2013 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er seine Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, dass ein verbotswidriges Parken nicht vorgelegen habe und die Beklagte vor dem Abschleppvorgang nicht die erforderliche Wartezeit von 30 Minuten eingehalten habe.
9Der Kläger beantragt,
10den Gebührenbescheid der Beklagten vom 4. März 2013 aufzuheben
11sowie die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 143,00 Euro zu zahlen.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung verweist sie auf den angefochtenen Bescheid und ihr Schreiben vom 18. Februar 2013.
15Mit Beschluss vom 15. Oktober 2013 hat die Kammer das Verfahren der Vorsitzenden zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen.
16In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger seinen Vortrag dahingehend ergänzt, dass die Beschilderung entgegen der Erläuterung der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO angebracht worden sei, da die Erläuterung vorsehe, dass die Länge des Taxenstandes durch die Angabe der Zahl der vorgesehenen Taxen oder ein Anfangs- und Endschild gekennzeichnet werde. Die Beschilderung mit einem Anfangs – und Endschild und einer Angabe der Zahl der Taxen entspreche nicht der Erläuterung.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
20Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 4. März 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
21Gegen die festgesetzte Verwaltungsgebühr in Höhe von 62,- Euro bestehen keine rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 77 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 7 VO VwVG NRW (entspricht § 7 a Abs. 1 Nr. 7 der Kostenordnung - KostO NRW - a.F.) i.V.m. § 24 Nr. 13 des Ordnungsbehördengesetzes (OBG NRW) und § 46 Abs. 1 und 3 des Polizeigesetzes (PolG NRW). Nach diesen Bestimmungen kann die Ordnungsbehörde als Vollstreckungsgläubigerin von dem Pflichtigen für das (rechtmäßige) Abschleppen eines zugelassenen Fahrzeugs eine Verwaltungsgebühr erheben.
22Vgl. grundlegend zur Zulässigkeit der Erhebung einer Verwaltungsgebühr in Abschleppfällen Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 28.11.2000 ‑ 5 A 2625/00 -, juris.
23Die Abschleppmaßnahme war hier rechtmäßig. Die in § 14 OBG NRW als Voraussetzung des ordnungsbehördlichen Einschreitens verlangte gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestand vorliegend. Im Zeitpunkt des Einschreitens der Beklagten lag ein Verstoß gegen § 41 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) in der Fassung vom 01.09.2009 i.V.m. Zeichen 229 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO vor, weil das Fahrzeug des Klägers unstreitig im Bereich eines Taxenhaltestandes abgestellt war. Nach den geltenden Vorschriften dürfen dort ausschließlich betriebsbereite Taxen halten.
24Diese Beschilderung war auch eindeutig. Maßgebend ist, dass die Verkehrsregelung mittels Verkehrszeichen bei vernünftiger Betrachtung für jeden Verkehrsteilnehmer offensichtlich ist. Dabei muss die Anbringung so erfolgen, dass der sorgfältig handelnde, dem Gebot des § 1 StVO folgende Verkehrsteilnehmer die Anordnung ohne weitere Überlegung eindeutig erfassen kann.
25Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 1990 – 5 A 1687/89 – juris.
26Das ist vorliegend der Fall. Das Verbot, auf dem Seitenstreifen zwischen dem Anfangs- und Endschild zu parken, ergibt sich eindeutig aus den aufgestellten Taxenstand-Zeichen. Das Zusatzzeichen „6 Taxen“ (§ 39 Abs. 3 StVO), das die Anzahl der zugelassenen Taxen angibt,
27vgl. Hentschel/Dauer/König, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., 2013, § 12 StVO, Rdnr. 37b,
28hat insofern keinen Einfluss auf das mit dem Zeichen 229 grundsätzlich ausgesprochene Verbot. Es ist ein Zusatzzeichen mit einem erläuternden Hinweis über den Zweck des durch das Verkehrszeichen angeordneten Verbots und hat als solches keine konstitutive Bedeutung für dessen Wirksamkeit,
29vgl. Hentschel/Dauer/König, Straßenverkehrsrecht, a.a.O., § 39 StVO, Rdnr. 31a.
30Dieser Bedeutungszusammenhang hätte sich dem Kläger bei vernünftiger Betrachtung auch erschließen müssen, zumal vor Ort nach der eigenen Kenntnis des Gerichts erkennbar ist, dass der Taxenstand nur für 6 Fahrzeuge ausgelegt ist. Dies deckt sich mit der dienstlichen Äußerung der Außendienstmitarbeiterin der Beklagten, aus der hervorgeht, dass der Taxenstand durch das Halten von drei Taxen und das Parken von drei weiteren Fahrzeugen von anderen Taxen nicht mehr angefahren werden konnte.
31Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich auch nichts anderes dadurch, dass die Erläuterung in der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO alternative Bezeichnungen der Länge des Taxenstandes vorsieht. Denn es handelt sich systematisch um einen erklärenden Zusatz des Verordnungsgebers, der angesichts der oben genannten Grundsätze weder weitere Voraussetzungen schafft, unter die der Sachverhalt zu subsumieren wäre noch das grundsätzlich geltende Verbot in Frage stellt.
32Dieses Verbot gilt entgegen der Ansicht des Klägers auch unabhängig davon, ob zu dem Zeitpunkt des Parkvorgangs gerade Taxen abgestellt sind oder nicht. Denn durch das Verkehrszeichen 229 und das darin enthaltene Haltverbotszeichen soll ein störungsfreier Taxenverkehr gewährleistet werden. Im Interesse eines möglichst reibungslosen Taxenverkehrs kann es deshalb nicht auf die Einschätzung jedes einzelnen Verkehrsteilnehmers ankommen, mit welchem Wahrscheinlichkeitsgrad im Einzelfall mit einer konkreten Beeinträchtigung eines bevorrechtigten Taxifahrers zu rechnen ist. Die Funktion von Taxenständen wird in vollem Umfang nur dann gewährleistet, wenn diese jederzeit von verbotswidrig abgestellten Fahrzeugen freigehalten werden,
33vgl. VG Bremen, Urteil vom 13. August 2009 – 5 L. 236/09, Rdnr. 22 – juris.
34Die Entscheidung, den PKW des Klägers zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr sicherstellen zu lassen, stand im Ermessen der Beklagten. Diese hat ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Sie hat weder die Ermessensgrenzen überschritten noch von dem Ermessen in zweckwidriger Weise Gebrauch gemacht (§ 114 VwGO). Insbesondere ist eine Überschreitung der Ermessensgrenzen durch Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht ersichtlich.
35Das Einschreiten der Beklagten war verhältnismäßig. Es war geeignet, den Parkverstoß zu beseitigen. Die Abschleppmaßnahme war auch erforderlich. Ein milderes, gleich geeignetes Mittel, den Parkverstoß zu beseitigen, bestand nach der dienstlichen Äußerung nicht. Insbesondere ist die Behörde grundsätzlich nicht verpflichtet, vor Beauftragung eines Abschleppunternehmers Ermittlungen über den Aufenthaltsort des Halters oder Fahrers des verbotswidrig geparkten Fahrzeugs anzustellen, um diesen aufzufordern, sein Fahrzeug zu entfernen. Hat sich der Fahrer von dem verbotswidrig geparkten Fahrzeug entfernt und steht er nicht unmittelbar wie jemand, der sich in Ruf- oder Sichtweite seines Fahrzeugs aufhält, zur Verfügung, sind grundsätzlich keine Ermittlungen nach dem Verbleib des Verantwortlichen veranlasst, weil deren Erfolg zweifelhaft ist und zu nicht abzusehenden weiteren Verzögerungen führt,
36vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2002 – 3 B 67/02 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 9. November 2009 – 5 A 813/09 –; gilt auch bei hinterlegter Mobilfunknummer: BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2002– 3 B 149/01 –, NJW 2002, 2122. VG E. , Gerichtsbescheid vom 27. Juli 2009 – 14 L. 1421/09 –; VG Köln, Urteil vom 11. Oktober 2007– 20 L. 2162/06 –, Rn. 22, juris; VG E. , Urteil vom 26. Februar 2013 – 14 L. 5137/12 – juris.
37Dies gilt selbst dann, wenn der Behörde der Wohnort des Ordnungspflichtigen im Zeitpunkt der Einleitung der Abschleppmaßnahme bekannt ist und die Wohnungsanschrift in unmittelbarer Nähe zu dem verbotswidrig geparkten Fahrzeug liegt.
38Vgl. VG E. , Gerichtsbescheid vom 27. Juli 2009 – 14 L. 1421/09 –; VG Köln, Urteil vom 11. Oktober 2007 – 20 L. 2162/06 –, Rn. 22, juris.
39Es gilt dabei ebenso die Leitlinie, dass bei einer zeitnah nach Entdeckung des Verkehrsverstoßes erfolgenden Abschleppmaßnahme nur dann eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in Betracht zu ziehen ist, wenn der Fahrzeugführer ohne Schwierigkeiten und ohne Verzögerung festgestellt und zur Beseitigung des verbotswidrigen Parkens veranlasst werden kann,
40vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2002 – 3 B 67/02 –; OVG NRW, Beschluss vom 27. August 2009 – 5 A 1430/09 – juris.
41Nach diesen Grundsätzen ist entgegen der Auffassung des Klägers vorliegend der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht dadurch verletzt worden, dass die handelnde Außendienstmitarbeiterin nicht 30 Minuten gewartet hat, ob der Kläger an seinem Fahrzeug erscheint.
42Entscheidend ist, dass keine erkennbaren Umstände vorlagen, die darauf hindeuteten, dass sich der Kläger in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs befand und innerhalb einer absehbaren Zeit erscheinen würde. Denn es war keinem Hinweis im Fahrzeug der konkrete Aufenthaltsort des Klägers zum Zeitpunkt des festgestellten Verstoßes zu entnehmen. Somit war bereits ein Nachforschungsversuch nicht möglich,
43vgl. VG Köln, Urteil vom 11. Oktober 2007 – 20 L. 2162/06 –, juris.
44Aufgrund dieser völligen Ungewissheit war auch ein Zuwarten entgegen der Auffassung des Klägers untunlich. Denn auch nach der seitens des Klägers zitierten Rechtsprechung (VGH Hessen, Urteil vom 31. Januar 2013 – 8 A 1667/12) können verbotswidrig an einem Taxenstand parkende Kfz dann abgeschleppt werden, wenn nach den Umständen nicht zu erwarten ist, dass Fahrer oder Halter alsbald zum Fahrzeug zurückkehren und selbst wegfahren. Dies ist hier, wie oben dargestellt, der Fall. Es entspricht nach der oben angegebenen Rechtsprechung bei dieser Fallgestaltung auch nicht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit, eine festgelegte Anzahl von Minuten zuzuwarten, bis der Abschleppvorgang eingeleitet wird.
45Gleichermaßen ist das Abschleppen aus spezial- und generalpräventiven Zwecken gerechtfertigt, da von einem im absoluten Haltverbot abgestellten PKW eine negative Vorbildwirkung für andere Kraftfahrer ausgeht,
46vgl. VG Bremen, Urteil vom 13. August 2009, a.a.O..
47Der Nutzen der Sicherstellung stand auch nicht außer Verhältnis zu den dem Kläger entstandenen Unannehmlichkeiten. Die Maßnahme belastete den Kläger mit den Abschleppkosten, der Verwaltungsgebühr und dem Aufwand für die Abholung des Fahrzeugs. Die Höhe des zu zahlenden Geldbetrages und die sonstigen Ungelegenheiten sind geringfügig. Schon deshalb stehen die Nachteile zu dem mit der Maßnahme erstrebten Erfolg in keinem offensichtlichen Missverhältnis. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen auch dann, wenn der Zweck des Abschleppens allein in der Beseitigung des im verbotswidrigen Parken liegenden Rechtsverstoßes besteht, ohne dass weitere Beeinträchtigungen (Behinderungen oder Vorbildwirkung) hinzu treten müssen.
48Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15.5.1990, 5 A 1687/89, NJW 1990, 2835 m.w.N., vgl. auch Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 31.5.1994 - 11 UE 1684/92 -, NVwZ-RR 1995, 29f.
49Im vorliegenden Fall ist hingegen sogar von einer konkreten Behinderung auszugehen. Der Taxenstand am A. liegt in der Innenstadt von E. am Hafen und gehört, wie gerichtsbekannt, gerade am Wochenende zu den häufig frequentierten Taxenständen der Stadt.
50Bezüglich der Höhe der Gebühr bestehen keine Bedenken. Die gesetzlichen Vorgaben der Gebührenfestsetzung sind eingehalten. Die Beklagte liegt mit der Festsetzung von 62,00 Euro im unteren Bereich des zulässigen Rahmens von 25,00 bis 150,00 Euro.
51Soweit der Kläger die Rückzahlung der unmittelbar an das Abschleppunternehmen gezahlten Abschleppkosten in Höhe von 143,00 Euro begehrt, ist seine Klage als allgemeine Leistungsklage statthaft.
52Diese ist zulässig, aber unbegründet.
53Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch kommt lediglich § 21 Abs. 1 Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW) i.V.m. § 77 Abs. 4 VwVG NRW in Betracht. Hiernach sind überzahlte oder zu Unrecht erhobene Kosten unverzüglich zu erstatten, zu Unrecht erhobene Kosten jedoch nur, soweit eine Kostenentscheidung noch nicht unanfechtbar geworden ist.
54Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage sind nicht gegeben. Die unmittelbar an das Abschleppunternehmen gezahlten Kosten für die durchgeführte Abschleppmaßnahme wurden nicht zu Unrecht im Sinne von § 21 Abs. 1 GebG NRW i.V.m. § 77 Abs. 4 VwVG NRW erhoben. Denn der Kläger hat durch die vorgenommene Zahlung einen Anspruch der Beklagten gemäß § 77 Abs. 1 VwVG NRW, § 20 Abs. 2 Nr. 8 der VO VwVG NRW i.V.m. § 24 Nr. 13 OBG NRW, § 46 Abs. 3, § 43 Nr. 1 PolG NRW bzw. in § 77 Abs. 1 VwVG NRW, § 20 Abs. 2 Nr. 8 VO VwVG NRW i.V.m. § 14 OBG NRW, § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 59 VwVG NRW erfüllt. Hiernach hat der Ordnungspflichtige die durch eine rechtmäßige Ersatzvornahme bzw. Sicherstellung entstandenen Kosten, mithin die Kosten der Abschleppmaßnahme, zu tragen. Die durchgeführte Abschleppmaßnahme war – wie oben dargelegt – rechtmäßig.
55Hat die Klage deshalb keinen Erfolg, hat der Kläger nach § 154 Abs. 1 VwGO die Verfahrenskosten zu tragen.
56Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
57Beschluss:
58Der Streitwert wird auf 205,00 Euro festgesetzt.
59Gründe:
60Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) erfolgt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.