Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 12. Mai 2015 - 17 K 71/09
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt von der Beklagten die Ergreifung von Schutzmaßnahmen gegen die künftige Überflutung seiner Hofstelle nebst Ackerflächen aus einem benachbarten Stauraumkanal der Beklagten durch überlaufendes Niederschlagswasser anlässlich von Regenereignissen, wie am 26. Juli 2008 geschehen.
3Er ist Eigentümer eines im Gebiet der Beklagten gelegenen landwirtschaftlichen Betriebes, bestehend aus einer von Ackerflächen umgebenen Hofstelle mit der postalischen Bezeichnung O. -F. 72, X. . Die Hofstelle liegt in einer Senke und wird von drei Seiten durch höher liegendes Gelände umschlossen.
4Auf einer der Anhöhen befindet sich in rund 200 m Entfernung in süd-östlicher Richtung zur klägerischen Hofstelle an der E.-----straße gelegen ein unterirdischer geschlossener Stauraumkanal. Der Kanal hat ein Volumen von etwa 400 m³ und dient der Sammlung und der kontrollierten Einleitung von Niederschlagswasser in die vorhandene Niederschlagswasserkanalisation aus dem Gewerbegebiet L. /Erweiterung. Er ist mit einem Notüberlauf versehen, der mit einem ca. 4 m² großen Gitterrost abgedeckt ist.
5Mit der Planung des Kanals beauftragte die Beklagte im Jahr 1992 das Ingenieurbüro S. C. GmbH & Co. KG. Hintergrund der Planung war, dass der im September 1985 fertiggestellte Generalentwässerungsplan der Beklagten für die damals neu zu erschließende Gebietserweiterung des Gewerbegebiets L. ein separates Regenrückhaltebecken mit einem Volumen von 1.000 m³ vorsah. Im Jahr 2002 wurde die Planung des Regenrückhaltebeckens verändert und aufgrund veränderter Parameter ein Stauraumkanal von 400 m³ ins Auge gefasst. Die Langzeitsimulation ergab über einen Zeitraum von 15 Jahren 13 Entlastungsereignisse. Für den Fall des Überlaufs ging man davon aus, die Entlastungen könnten schadfrei über die umliegenden landwirtschaftlich genutzten Flächen abgeleitet werden.
6Die so abgeänderte Planung und der Bau wurden von der Bezirksregierung E1. mit Regelungsbescheid vom 22. April 2003 (Aktenzeichen 00.0.0.0000-00/00) genehmigt. Die Anlage ging 2004 in Betrieb.
7Am 26. Juli 2008 regnete es nachmittags in dem streitgegenständlichen Gebiet stark. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) maß ausweislich seiner Auskunft an den Kläger vom 17. September 2008 eine Tages-Niederschlagshöhe von 71,9 mm für die nächstgelegene Station „I. “. Die Niederschlagsauswertung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) erfasste am Standpunkt „W. M. “ eine Niederschlagshöhe von 52,1 mm zwischen 14:45 und 15:45 Uhr sowie am Standpunkt „W. I1. “ eine Niederschlagshöhe von 96,2 mm zwischen 13:45 und 14:45 Uhr und ordnete diesen eine statistische Wiederkehrzeit von „nicht bestimmbar > 1000,0 Jahre“ zu.
8Über die Hofstelle des Klägers liefen in Folge dieses Regens größere Wassermengen, die zu erheblichen Schäden an der Asphaltdecke des Hofes führten. Mit Schreiben vom 13. November 2008 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung auf, Schutzmaßnahmen gegen das Überlaufen des Schachtes zu ergreifen, um ähnliche Schadensfälle in der Zukunft zu vermeiden. Diese reagierte hierauf nicht.
9Am 11. Dezember 2008 begehrte der Kläger gegen die Beklagte vor dem Landgericht Wuppertal Schadensersatz (Az. 00 O 00/00). Das Ingenieurbüro S. C. GmbH & Co. KG trat als Streithelferin der Beklagten auf. Aufgrund eines Beweisbeschlusses des Landgerichts erstellte der Sachverständige Dr. L1. ein vom 18. Januar 2010 datierendes Gutachten. Zudem wurde er im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 28. Oktober 2010 ergänzend zu seinem Gutachten befragt. Das Landgericht Wuppertal verurteilte die Beklagte daraufhin zur Zahlung von 6.661,10 Euro sowie zum hälftigen Ersatz zukünftiger Schäden. Im sich anschließenden Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. I-00 U 000/00) erstellte der Sachverständige Prof. Dr. W1. aufgrund eines Beweisbeschlusses des Oberlandesgerichts ein auf Januar 2013 datierendes Gutachten, welches um eine schriftliche Stellungnahme vom 2. August 2013 ergänzt wurde. Das Berufungsverfahren endete mit einem Prozessvergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, zum Ausgleich sämtlicher geltend gemachter Ansprüche an den Kläger 10.500,00 Euro zu zahlen. Das Ingenieurbüro C. GmbH & Co. KG verpflichtete sich zur Zahlung eines davon anteiligen Betrages in Höhe von 5.700,00 Euro an die Beklagte.
10Der Kläger hat vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf am 6. Januar 2009 Klage erhoben.
11Zur Begründung seiner Klage trägt er im Wesentlichen vor, die Erstellung, Unterhaltung und der Betrieb eines Regenwasserkanalsystems sei hoheitlicher Tätigkeit zuzuordnen, so dass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei. Inhaltlich ergebe sich der von ihm geltend gemachte Anspruch daraus, dass der Stauraumkanal nicht nur topographisch an der ungünstigsten Stelle geplant und ausgeführt worden sei, sondern auch aus seiner unzureichenden Dimensionierung und der daraus folgenden für seine Zweckbestimmung vollkommenen Ungeeignetheit. Es habe sich auch bei dem Regen am 26. Juli 2008 keinesfalls um einen Starkregen gehandelt. Aufgrund der Unterdimensionierung, der unzutreffenden Positionierung und der besonderen topographischen Verhältnisse vor Ort seien das Überlaufen des Schachtes, das Zufließen des überlaufenden Wassers auf seine Hofstelle und Ackerflächen sowie die dadurch verursachten erheblichen Schäden vorhersehbar gewesen. Geeignete Schutzmaßnahmen, wie etwa das Anlegen eines Geländewalles oder eine Verlegung des Schachtes, seien unterblieben. Hierdurch habe die Beklagte die ihr obliegende Sorgfaltspflicht verletzt. Dies zeigten auch die im zivilgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten.
12Der Kläger beantragt,
13die Beklagte zu verurteilen, durch geeignete bauliche Maßnahmen eine künftige Überflutung der benachbarten Ackerparzellen und der Hofstelle O. -F. 72, X. durch Überlaufen des Niederschlagswassers, wie anlässlich des Schadensereignisses am 26. Juli 2008 geschehen, aus dem Schachtbauwerk der Beklagten „Gewerbegebiet L2. /Erweiterung“ (Regelungsbescheid der Bezirksregierung E1. vom 22. April 2003 ‑ 00.0.0.0000‑00/00 ) zu verhindern.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie sei jedenfalls unbegründet. Der Stauraumkanal sei sowohl ausreichend dimensioniert als auch korrekt platziert. Er entspreche in Planung und Ausführung den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Bei dem Regenereignis am 26. Juli 2008 habe es sich um höhere Gewalt in Form eines Starkregenereignisses mit einer statistischen Wiederkehrzeit von mehr als 1000 Jahren gehandelt, auf welches sie ihr Kanalsystem und den Stauraumkanal nicht habe ausrichten können und müssen. Selbst wenn die Dimensionierung des Kanals unzureichend sei, hätte auch eine hinreichende Ausgestaltung in einem solchen Fall ein Überlaufen nicht abwenden können. Zu diesem Ergebnis kämen auch die im zivilgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten. Ungeachtet dessen habe sie sich sehr wohl Gedanken über Schutzmaßnahmen gemacht. Im Rahmen der planerischen Überlegungen habe eine Abschätzung stattgefunden, dass aus dem Notüberlauf austretendes Wasser bei Zugrundelegung eines 20- bis 30-jährigen Regenereignisses problemlos auf dem Weg bis zur Hofstelle des Klägers versickern könne. Ohnehin sei am 26. Juli 2008 nicht nur Wasser aus dem Stauraumkanal über die Ackerflächen hinweg auf den Hof geflossen, sondern auch Niederschlagswasser von sämtlichen angrenzenden Grundstücken, da die Hofstelle in einer Geländemulde liege. Die Überstaumengen aus dem Schacht seien im Vergleich hierzu gering. Bei dem in Rede stehenden Starkregenereignis habe sich ein in der selbstgewählten topographischen Lage des Hofes liegendes latentes Risiko realisiert, welches seine Ursache nicht in ihrem hoheitlichen Handeln habe.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den des beigezogenen Verwaltungsvorganges nebst den der beigezogenen Akten des zivilgerichtlichen Verfahrens verwiesen.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig (A.), jedoch unbegründet (B.).
20A. Die Klage ist zulässig.
21I. Der Verwaltungsrechtsweg ist gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eröffnet.
221. Eine abdrängende Sonderzuweisung ergibt sich weder aus Art. 34 Satz 3 Grundgesetz (GG) noch aus § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
23Art. 34 Satz 3 GG sieht eine abdrängende Sonderzuweisung für Schadensersatzansprüche aufgrund von Amtspflichtverletzungen gem. Art. 34 GG i.V.m. § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor. Der Kläger begehrt mit seiner Klage jedoch keinen Schadensersatz als Wiedergutmachung für das vergangene Schadensereignis am 26. Juli 2008. Er erstrebt von der Beklagten vielmehr die Ergreifung von Maßnahmen zur Abwehr zukünftiger vergleichbarer Schadensfälle. Überdies beschränkt sich der Schadensersatzanspruch nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB auf Geldersatz,
24vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1993 – III ZR 9/92 –, juris Rn. 31; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 111; Zimmerling, in: juris PK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 839 BGB Rn. 157.
25Entsprechendes gilt für § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO, der ebenfalls auf Schadensersatzansprüche aus einem vergangenen Ereignis gerichtet ist.
26Etwas anderes folgt schließlich nicht daraus, dass zwischen den Beteiligten eine zivilgerichtliche Streitigkeit über einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte anhängig war und gem. § 17 Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet. Denn im Rahmen der nunmehr durch Prozessvergleich beendeten zivilgerichtlichen Streitigkeit waren etwaige für die Zukunft zu treffende öffentlich-rechtliche Schutzmaßnahmen gerade nicht Streitgegenstand; entsprechende Regelungen wurden auch nicht getroffen.
272. Die Streitigkeit ist öffentlich-rechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
28Maßgeblich für eine solche Streitigkeit ist grundsätzlich, ob der Rechtsstreit seine Grundlage im öffentlichen Recht findet, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die streitentscheidenden Normen dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind,
29vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 40 Rn. 11.
30Zwar kann die vom Kläger verfolgte Ergreifung von Schutzmaßnahmen zur Vermeidung zukünftiger ähnlicher Schadensfälle grundsätzlich sowohl mit zivilrechtlichen (insbesondere § 1004 BGB) als auch mit öffentlich-rechtlichen Abwehr- und Unterlassungsansprüchen verfolgt werden. Dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind jedoch Klagen auf Unterlassung von Störungen, sofern ein unmittelbarer Zusammenhang mit hoheitlichen oder schlichthoheitlichen Aufgaben oder Tätigkeiten besteht, was bei Erfüllung öffentlicher Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge grundsätzlich anzunehmen ist,
31vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Januar 1992 – 23 A 949/89 –, juris Rn. 57; OVG NRW, Urteil vom 21. April 1983 – 11 A 424/82 –, OVGE 36, 239, 240 f.; VG Ansbach, Urteil vom 19. Juli 2011 ‑ 15 K 11.01276 –, juris Rn. 36; BGH, Entscheidung vom 3. Dezember 1971 – V ZR 138/69 –, juris Rn. 6; OLG München, Urteil vom 29. September 2005 – 1 U 2278/05 –, juris Rn. 101 f.; OLG Oldenburg, Urteil vom 23. November 2001 – 6 U 138/01 –, juris Rn. 17; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 40 Rn. 29; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 399.
32Die vom Kläger begehrten baulichen Schutzmaßnahmen vor einer dem Schadensereignis vom 26. Juli 2008 vergleichbaren zukünftigen Überschwemmung seiner Grundstücke durch ein Überlaufen des Stauraumkanals stehen in einem solchen unmittelbaren Zusammenhang mit schlichthoheitlichen Aufgaben. Die Beklagte hat gem. § 53 Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LWG) Abwasser, wozu nach § 51 Abs. 1 LWG auch das von bebauten oder befestigten Flächen abfließende Niederschlagswasser gehört, zu beseitigen. Der Staukanal wird von ihr insoweit als Teil des zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehörenden Abwassersystems betrieben,
33vgl. BVerwG, Urteil vom 2. November 1973 – 4 C 36.72 –, juris Rn. 13; VG Regensburg, Urteil vom 16. November 2009 – RO 8 K 09.1966 –, juris Rn. 15; BGH, Urteil vom 11. März 2004 ‑ III ZR 274/03 ‑, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 27. Januar 1983 – III ZR 70/81 –, juris Rn. 4; BGH, Urteil vom 19. Februar 1976 – III ZR 13/74 –, juris Rn. 13; OLG Karlsruhe, Urteil vom 7. Oktober 1999 – 19 U 93/98 –, juris Rn. 68; OLG München, Urteil vom 29. September 2005 – 1 U 2278/05 –, juris Rn. 101 f.
34II. Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage (vorausgesetzt in §§ 43 Abs. 2, 111, 113 Abs. 4 VwGO), da die vom Kläger begehrten Schutzmaßnahmen schlichthoheitliches Handeln darstellen,
35vgl. VG Regensburg, Urteil vom 23. Januar 2006 – 13 K 04.1857 –, juris Rn. 36; VG Bayreuth, Urteil vom 12. Januar 2006 – 2 K 04/98 –, juris Rn. 44; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, Vorb § 40 Rn. 8a; § 42 Rn. 13 f.
36B. Die Klage ist jedoch unbegründet.
37Anspruchsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Ergreifung künftiger Schutzmaßnahmen ist in Ermangelung einer spezialgesetzlichen Anspruchsgrundlage der öffentlich-rechtliche Abwehr- und Unterlassungsanspruch.
38I. Ein unmittelbar aus den wasserrechtlichen Vorschriften abgeleiteter Anspruch scheidet aus. Die ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung gem. §§ 53, 51 LWG kommt dem Eigentümer umliegender Grundstücke zwar faktisch zu Gute. Die Wahrnehmung dieser Pflicht geschieht aber nicht in Erfüllung einer (auch) Dritten gegenüber bestehenden Rechtspflicht auf – hier – Erweiterung oder Umgestaltung eines Teils der öffentlichen Einrichtung, sondern ausschließlich im Interesse des Allgemeinwohls,
39vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Juni 2010 – 15 A 426/10 –, juris Rn. 16; OVG NRW, Beschluss vom 30. April 2004 – 15 A 1130/04 –, juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 1998 ‑ 20 A 2162/97 –, S. 4 f. U.A.; Honert/Rüttgers/Sanden, Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen, 4. Aufl. 1996, § 53, S. 181; vgl. auch zur Gewässerunterhaltungspflicht BVerwG, Beschluss vom 30. Januar 1990 – 7 B 162.89 –, juris Rn. 2; BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1973 – 4 C 50.71 –, juris Rn. 9 f.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. April 1993 – 8 S 2834/92 – , juris Rn. 15; BayVGH, Urteil vom 2. Februar 2004 – 22 B 02.3084 –, BeckRS 2004, 21357; BayVGH, Urteil vom 8. Mai 2008 – 22 B 06.3184 –, juris Rn. 21; VG Bayreuth, Urteil vom 12. Januar 2006 – 2 K 04/98 –, juris Rn. 46 ff.; VG Regensburg, Urteil vom 23. Januar 2006 – 13 K 4.1857 –, juris Rn. 36; VG Saarland, Urteil vom 11. Januar 2001 – 2 K 87/96 –, juris Rn. 15 ff.
40II. Für die vom Kläger begehrte Unterlassung künftiger Störungen durch öffentliche Einrichtungen ist der öffentlich-rechtliche Abwehr- und Unterlassungsanspruch als Ausprägung des allgemeinen Abwehr-, Unterlassungs- und (Folgen-) Beseitigungsanspruchs einschlägig,
41vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Januar 1994 – 7 A 2002/92 –, NWVBl. 1994, 418, 419; OVG NRW, Urteil von 26. Juni 1983 – 7 A 1270/82 –, NVwZ 1984, 530; OVG NRW, Urteil vom 21. April 1983 ‑ 11 A 424/82 –, OVGE 36, 239, 242; OVG NRW, Urteil vom 10. September 1982 – 15 A 654/79 –, NVwZ 1983, 356, 357; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 356.
42Ungeachtet der Herleitung des öffentlich-rechtlichen Abwehr- und Unterlassungsanspruchs, der zum Teil auf verfassungsrechtliche Grundlagen,
43vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1973 – IV C 50.71 –, juris Rn. 17 f.; BVerwG, Urteil vom 19. Juli 1984 – 3 C 81.82 –, juris Rn. 30; OVG NRW, Urteil vom 10. September 1982 – 15 A 654/79 –, NVwZ 1983, 356, 357; OVG NRW, Urteil vom 21. April 1983 – 11 A 424/82 –, OVGE 36, 239, 242; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 356,
44zum Teil auf eine analoge Anwendung von § 1004 BGB,
45vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1973 – IV C 50.71 –, juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 26. Juni 1983 – 7 A 1270/82 –, NVwZ 1984, 530; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 355,
46oder auf seine gewohnheitsrechtliche Anerkennung gestützt wird,
47vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 – 4 C 24.91 –, juris Rn. 23 f.; BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1989 – 7 C 77.87 –, juris Rn. 17; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 352, 356, 363,
48sind dessen Voraussetzungen nicht gegeben. Er setzt voraus, dass zu besorgen ist, die Beklagte werde (künftig) durch ihr hoheitliches Handeln rechtswidrig in die geschützte Rechts- und Freiheitssphäre des Klägers eingreifen,
49vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 1985 – 1 B 149.84 –, juris Rn 9; BayVGH, Urteil vom 10. Mai 1999 – 8 B 96.2885 –, juris Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 26. Juni 1983 – 7 A 1270/82 –, NVwZ 1984, 530; OVG NRW, Urteil vom 21. April 1983 – 11 A 424/82 –, OVGE 36, 239, 244; VG München, Beschluss vom 19. Januar 2015 – M 7 E 15.136 –, juris Rn. 15; VG Gießen, Urteil vom 13. September 2006 – 8 E 2264/05 –, juris Rn. 44; VG Frankfurt, Beschluss vom 29. Juli 1998 ‑ 6 G 2106/98 –, juris Rn. 15; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 367.
501. Bau und Unterhaltung des Staukanals sind dem Bereich hoheitlicher Tätigkeit zuzuordnen. Sie sind – wie bereits ausgeführt – als Teil des zur Daseinsvorsorge gehörenden Abwassersystems der Beklagten deren schlicht-hoheitlicher Tätigkeit (§§ 53, 51 LWG) zuzuordnen.
512. Stellt die Überflutung des klägerischen Grundstücks am 26. Juli 2008 bereits einen Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrecht dar, ist auch zu besorgen, durch den Betrieb des Staukanals werde es künftig zu vergleichbaren Eingriffen kommen können,
52vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. April 1993 – 8 S 2834/92 –, juris Rn. 18; BayVGH, Urteil vom 8. Mai 2008 – 22 B 06.3184 –, juris Rn. 21; BGH, Urteil vom 11. März 2004 – III ZR 274/03 –, juris Rn. 11; Honert/Rüttgers/Sanden, Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen, 4. Aufl. 1996, § 53 S. 180.
533. Der vorgenannte Eingriff in das Eigentumsrecht des Klägers am 26. Juli 2008 wurde durch das hoheitliche Handeln der Beklagten maßgeblich verursacht; von einem entsprechenden Verursachungsanteil kann auch bei einem künftigen gleichgelagerten Schadensereignis ausgegangen werden. Denn bereits das Überflutungsereignis vom 26. Juli 2008 kann dem hoheitlichen Handeln der Beklagten unmittelbar zugerechnet werden,
54vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juli 1984 – 3 C 81.82 –, juris Rn. 35 ff.; VG Köln, Urteil vom 20. Januar 2009 – 14 K 5406/06 –, juris Rn. 22; BGH, Urteil vom 11. März 2004 – III ZR 274/03 –, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 27. Januar 1983 – III ZR 70/81 –, juris Rn. 30.
55Das an diesem Tag aus dem Stauraumkanal ausgetretene Wasser ist über die Ackerflächen des Klägers auf seine Hofstelle geflossen. Die im beigezogenen zivilgerichtlichen Verfahren vorgelegten Lichtbilder zeigen deutliche Fließspuren des Wassers vom Stauraumkanal und dessen Überlauf Weg hin auf die klägerischen Grundstücke. Zu den Lichtbildern führte der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. L1. in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Wuppertal am 28. Oktober 2010 aus, eine rechnerische Darstellung der Verteilung der Wassermengen sei zwar nicht möglich. Jedoch zeigten sie, ein „großer Teil“ des aus dem Kanal auslaufenden Wassers sei auf die Hofstelle des Klägers zugelaufen. Nach alledem ist zwar wahrscheinlich, dass sich das aus dem Notüberlauf austretende Wasser auf dem Weg zum Hof des Klägers mit weiterem Niederschlagswasser gemischt hat und angesichts der Lage des Hofes in einer Geländesenke auch Niederschlagswasser aus anderen Richtungen auf seinen Hof zugelaufen ist. Das aus dem Überlauf des Stauraumkanals austretende Wasser hat aber gerade aufgrund seiner Bündelung und Konzentration entscheidend und maßgeblich zu der Überflutung des klägerischen Hofes und seiner Ackerflächen beigetragen, auch wenn es nicht die einzige Ursache für die Überflutung gewesen sein mag. Bestätigt wird dies durch das Gutachten des im Verfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. W1. , wonach die Abflüsse aus dem Stauraumkanal am 26. Juli 2008 zu einem Grad von 57% bis 90% zu der Überflutung des Hofes beigetragen hätten.
564. Der Eingriff ist jedoch nicht rechtswidrig.
57Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Abwehr- und Unterlassungsanspruchs steht nicht die Verantwortlichkeit der Beklagten für das vorangegangene Schadensereignis vom 26. Juli 2008, sondern ihre etwaige Pflicht zur Ergreifung von Schutzmaßnahmen zur Vermeidung zukünftiger vergleichbarer Schäden ausgehend von dem Eingriff in das Eigentumsrecht des Klägers in Form der Überschwemmung seiner Ackerflächen und seines Hofes anlässlich des Regenereignisses vom 26. Juli 2008 als Initialereignis im Mittelpunkt.
58Mit der Niederschlagswasserbeseitigungspflicht der Beklagten gem. §§ 53, 51 LWG geht die Verpflichtung einher, ihre öffentliche Entwässerungsanlage grundsätzlich so zu gestalten und zu betreiben, dass diese dem Stand der Technik entsprechend das im Einzugsbereich anfallende Oberflächenwasser, unabhängig von dessen Herkunft, aufnehmen und abführen kann,
59vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Dezember 2002 – 1 A 10202/02 –, juris Rn. 22; VG Köln, Urteil vom 20. Januar 2009 – 14 K 5406/06 –, juris Rn. 21 f.; BGH, Urteil vom 11. Oktober 1990 ‑ III ZR 134/88 –, juris Rn. 11; OLG Hamm, Urteil vom 23. Juli 2010 – 11 U 145/08 –, juris Rn. 32, 43; OLG Karlsruhe, Urteil vom 7. Oktober 1999 – 19 U 93/98 –, juris Rn. 22 ff.
60Sie muss ihr Kanalsystem auch unter dem Gesichtspunkt der besonderen Gefährdung benachbarter Grundstücke und der sämtlichen Regenrückhaltebecken potentiell innewohnenden latenten Überflutungsgefahr dabei jedoch nicht auf Extremfälle wie einen ganz ungewöhnlichen und seltenen Starkregen („Katastrophenregen“) ausrichten,
61vgl. insoweit BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 – III ZR 121/05 –, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 22. April 2004 – III ZR 108/03 –, juris Rn. 11; OVG Lüneburg, Beschluss vom 4. Januar 2011 ‑ 9 LA 130/10 –, juris Rn. 10.
62Von einem solchen Starkregen ist zumindest bei einer Wiederkehrzeit von mehr als 100 Jahren auszugehen,
63vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 – III ZR 137/07 –, juris Rn. 10; BGH, Urteil vom 22. April 2004 ‑ III ZR 108/03 –, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 27. Januar 1983 – III ZR 70/81 –, juris Rn. 35; OLG Hamm, Urteil vom 23. Juli 2010 – 11 U 145/08 –, juris Rn. 31; OLG Köln, Urteil vom 21. August 2003 – 7 U 39/03 –, juris Rn. 10.
64Die Regenfälle vom 26. Juli 2008 bildeten ein solches Starkregenereignis. Nach den vorliegenden Wetterdaten des LANUV sowie dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. L1. (dort S. 11) handelte es sich um einen Niederschlag mit einer statistischen Wiederkehrzeit von mehr als 1.000 Jahren. Der gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. W1. enthält sich zwar mangels anerkannter Definition einer Bezeichnung des Regenereignisses vom 26. Juli 2008 als „Katastrophenregen“. Aus den ihm zur Verfügung stehenden Wetterdaten der im Umkreis gelegenen Stationen „W. I1. “, „W. M. “ und „X. PW L3. “ von 96,41 mm, 52,77 mm und 66,10 mm binnen einer Stunde (für die Messstation „X. PW L3. “ zwischen 14:05 und 15:05 Uhr) ermittelte er jedoch Wiederkehrzeiten von „>10.000“, „140 ... 280“ und „900 … 2.000“ Jahren (Gutachten, S. 9 f.). Die statistische Niederschlagshöhe für X. wurde mit Hilfe geologischer Berechnungsprogramme ebenfalls mit über 1.000 Jahren bei solchen Niederschlagshöhen angegeben (Gutachten, S. 8, Abb. 1). Weshalb entgegen dem Vorbringen des Klägers diese Werte nicht zugrundegelegt werden könnten ist nicht substantiiert dargelegt und entbehrt auch einer tragfähigen Grundlage, zumal er selbst in der Klageschrift vom 5. Januar 2009 (S. 6) seine Nachbarn N. und I2. als Zeugen für ähnliche Regenmengen in Höhe von „etwa 71 mm“ angegeben und die Auskunft des DWD vom 17. September 2008 mit einer ebenfalls vergleichbaren Tages-Niederschlagshöhe von 71,9 mm vorgelegt hat.
65Entgegen der Ansicht des Klägers folgt eine Rechtswidrigkeit des Eingriffs auch nicht aus einer vermeintlichen Fehlplatzierung des Stauraumkanals, seiner etwaig zu geringen Dimensionierung oder sonstiger behaupteter Mängel (fehlende Überflutungsprüfung) vor seiner Inbetriebnahme.
66Es kann insbesondere hier offen bleiben, ob die Beklagte hinreichend die Vorgaben des Arbeitsblattes A 117 „Bemessung von Regenrückhalteräumen“ und des Arbeitsblattes A 118 „Hydraulische Bemessung und Nachweis von Entwässerungssystemen“ der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA Arbeitsblatt) sowie der EN 752 „Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden“ – vor allem die topographischen Verhältnisse vor Ort – berücksichtigt hat,
67vgl. etwa DWA Arbeitsblatt A 117, S. 12 (April 2006), wonach die Schadensrisiken infolge von Überstau- oder Überflutungsvorgängen zu analysieren und zu bewerten sind.
68Denn auch bei einem dem Ereignis vom 26. Juli 2008 vergleichbaren künftigen Starkregenereignis wäre ein Überflutungsschaden, selbst wenn die Beklagte alle technisch möglichen und mit wirtschaftlich zumutbarem Aufwand realisierbaren Schutzmaßnahmen ergriffen hätte um einen Überstau des Stauraumkanals und eine Überschwemmung der Nachbargrundstücke zu verhindern, gleichfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eingetreten. Beide Sachverständige führen übereinstimmend aus, keine Kanalisation hätte auf ein solches Regenereignis zugeschnitten werden können. Auch eine größere Dimensionierung des Kanals sowie die Ergreifung weiterer Schutzmaßnahmen hätte die Überflutung der klägerischen Hofstelle am 26. Juli 2008 nicht verhindern können. So fasst der Sachverständige Dr. L1. zusammen, dass „mit einer derartigen Intensität des Starkregenereignisses nicht zu rechnen war und das der Schaden auch bei einer größeren Dimensionierung des Stauraumkanals mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ aufgetreten wäre, „keine Kanalisation [habe darauf] bemessen werden“ können (vgl. Gutachten S. 11, 13 a.E.; Ergänzung in der mündlichen Verhandlung vor dem LG Wuppertal. Protokoll vom 28. Oktober 2010, S. 4). Auch der Sachverständige Prof. Dr. W1. führt in seinem Gutachten aus, „auch bei einem um 600 m³ größer dimensionierten Stauraumkanal […] wäre auch ein Überflutungsschaden eingetreten, da nach den örtlichen Gegebenheiten ein Verbleib derartiger Wassermengen auf den geneigten Flächen nicht anzunehmen ist.“ (vgl. Gutachten S. 10, Frage 3). Dem ist der Kläger nicht mehr entscheidungserheblich entgegengetreten.
695. Ungeachtet der fehlenden Rechtswidrigkeit des Eingriffs besteht keine Wiederholungsgefahr.
70Der öffentlich-rechtliche Abwehr- und Unterlassungsanspruch setzt eine konkrete Wiederholungsgefahr voraus, d.h. die hinreichend konkrete, ernsthafte Besorgnis, die Beklagte werde künftig erneut durch hoheitliches Handeln rechtswidrig in die geschützte Rechts- und Freiheitssphäre des Klägers eingreifen,
71vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 1985 – 1 B 149.84 –, juris Rn 9; VG München, Beschluss vom 19. Januar 2015 – M 7 E 15.136 –, juris Rn. 15; VG Gießen, Urteil vom 13. September 2006 ‑ 8 E 2264/05 –, juris Rn. 44; VG Frankfurt, Beschluss vom 29. Juli 1998 – 6 G 2106/98 –, juris Rn. 15; VG Gießen, Urteil vom 18. Februar 1998 – 8 E 1785/94 –, juris Rn. 22; VG Koblenz, Urteil vom 26. April 2010 – 4 K 1138/09 –, juris Rn. 41; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 367.
72Dieses Tatbestandsmerkmal ist in der Regel bei dem Nachweis mehrerer vergleichbar eingetretener Störfälle gegeben,
73vgl. zu Geräuschimmissionen VG Frankfurt, Beschluss vom 29. Juli 1998 – 6 G 2106/98 –, juris Rn. 15; VG Gießen, Urteil vom 13. September 2006 – 8 E 2264/05 –, juris Rn. 44; VG Koblenz, Urteil vom 26. April 2010 – 4 K 1138/09.KO –, juris Rn. 41; VG Gießen, Urteil vom 18. Februar 1998 ‑ 8 E 1785/94 –, juris Rn. 22.
74Dies ist hier nicht der Fall. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Unterbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vielmehr angegeben, es sei seit dem Ereignis vom 26. Juli 2008 sogar zu überhaupt keiner Überflutung der Ackerflächen und der Hofstelle des Klägers mehr gekommen.
75Liegen nicht mehrere vergleichbare Störfälle vor, kann die Wiederholungsgefahr auch begründet sein, wenn das singuläre Ereignis bereits für sich genommen die hinreichend konkrete, ernsthafte Besorgnis manifestiert, es werde zu einem ähnlichen Schadensereignis in absehbarer Zeit kommen. Auch dies ist indes nicht der Fall. Denn es handelte sich bei dem Starkregenereignis vom 26. Juli 2008 – wie dargelegt, vgl. B.II.4. – um ein exzeptionelles Ausnahmeereignis, welches sich einer Vergleichbarkeit in absehbarer Zeit qua Definition schon entzieht. Dieses Ereignis liegt nunmehr auch fast sieben Jahre zurück, ohne dass es tatsächlich zu einer weiteren Überflutung der Ackerflächen und der Hofstelle des Klägers gekommen wäre. Wie bereits ausgeführt, hat es seit dem 26. Juli 2008 vielmehr solche Vorkommnisse nicht mehr gegeben, obwohl es – nach der vom Unterbevollmächtigten des Klägers nicht in Zweifel gezogenen Aussage der Beklagten – in dieser Zeit vermehrt auch zu erheblichen Regenereignissen im Gebiet der Beklagten gekommen ist. Ein im gerichtlichen Entscheidungszeitpunkt einziger dargelegter Starkregenfall begründet daher für sich nicht die ernsthafte Besorgnis, es werde in absehbarer Zeit konkret zu einem vergleichbaren Ereignis kommen. Angesichts der geringen Wiederkehrzeit eines Starkregenereignisses ist hiernach keine Wiederholungsgefahr dargetan.
76C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung.
77Die Berufung war nicht von Amts wegen gem. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO nicht vorliegen.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 12. Mai 2015 - 17 K 71/09
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Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 12. Mai 2015 - 17 K 71/09 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.
(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.
(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin beantragte am 12. Januar 2015 gegen 16:00 Uhr im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gem. § 123 VwGO die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, zur Gegendemonstration zu Ba.-Veranstaltungen der Antragstellerin aufzurufen, wie geschehen auf der Facebook-Internetseite Anlage 1.
Gleichzeitig erhob sie eine Klage (M 7 K 15.131) mit demselben Antrag. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Antragstellerin sei Initiatorin der für den 12. Januar 2015 angemeldeten Ba.-Demonstration in M., die um 18:30 Uhr an der Trambahnstation S.er Tor beginnen sollte. Dort solle bis 19:00 Uhr die Auftaktkundgebung stattfinden. Anschließend wollten die etwa 800 Demonstrationsteilnehmer entlang der Sonnenstraße zum Stachus ziehen, um dort von 19:45 bis ca. 21:00 Uhr eine Abschlusskundgebung durchzuführen. Seit dem 8. Januar 2015 rufe der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin auf seiner offiziellen Facebook-Seite zur Teilnahme an einer Gegendemonstration gegen die Pe./Ba.-Veranstaltung auf, die um 17:30 Uhr beginnen solle. Das Impressum zeige, dass er in seiner amtlichen Eigenschaft die Verantwortung übernehme. Derselbe Aufruf erscheine auf der Facebook-Internetseite der Antragsgegnerin, die auf die Facebook-Internetseite ihres Oberbürgermeisters Bezug nehme. Der Aufruf greife in unzulässiger Weise in grundgesetzlich geschützte Rechte der Antragstellerin (Art. 5, 8 und 2 Abs. 1 GG) ein, auf die sich die Antragstellerin als Partei berufen könne. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch ergebe sich schon aus der Verletzung der den Gemeinden und ihren Organen auferlegten Neutralitätspflicht. In dem Aufruf werde mittelbar, pauschal und ohne tatsächliche Grundlage dargestellt, dass die von der Antragstellerin initiierte Ba.-Veranstaltung ein Platz für „Hetze, Hass und Ausgrenzung“ sei. Dies sei falsch und vorverurteilend, weil sich eine solche Feststellung aus der bloßen Veranstaltung gerade nicht ergebe. Auch werde unzutreffend der Eindruck erweckt, dass die Inhalte der Veranstaltung ausgewertet worden seien und die Hetze einen Grad erreicht habe, der eine offizielle Stellungnahme erforderlich mache. Vielmehr solle die Politik auf Problemfelder des Islam aufmerksam gemacht werden. Es entstehe jedoch der Eindruck, dass die Teilnahme an der Veranstaltung einem rechtsextremen Hintergrund zuzuordnen sei. Dies sei nicht der Fall, was der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin wisse. Er könne sich insoweit nicht in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung berufen. Die Verbreitung des Aufrufs solle die Antragstellerin daran hindern, ihre Veranstaltung überhaupt ordnungsgemäß durchführen zu können. Die besondere Dringlichkeit ergebe sich aus der anstehenden Veranstaltung und dem Umstand, dass es der Antragstellerin unmöglich sei, falsch informierte Bürger noch mit den eigenen Argumenten zu erreichen. Gerade Kurzentschlossene könnten so im Internet auf den allgemein zugänglich Internetseiten des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin und der Antragsgegnerin selbst auf rechtswidrige Inhalte stoßen.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 15. Januar 2015
den Antrag abzulehnen,
und führte aus, es sei davon auszugehen, dass sich der Antrag gegen die Antragsgegnerin und nicht, wie in dem Antragsschriftsatz falsch bezeichnet, gegen ihren Oberbürgermeister richte. Andernfalls wäre der Eilantrag wegen fehlender Passivlegitimation unbegründet, soweit die zu unterlassenden Äußerungen des Oberbürgermeisters in seiner amtlichen Funktion abgegeben worden wären. Wären sie hingegen als private Äußerungen anzusehen, wäre der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet. Bei dem Aufruf des Oberbürgermeisters auf seinem Facebook-Profil, das mit „Dieter Re., Politiker“ bezeichnet sei, handele es sich nicht um amtliche Äußerungen, sondern um politische Äußerungen zu einem gesellschaftspolitischen Thema. Das politische Engagement und die Stellungnahme zu derartigen Themen seien einem Oberbürgermeister nicht versagt. Im Zweifel seien politische Äußerungen und Handlungen eines Amtsträgers vor dem Hintergrund seiner grundrechtlichen Freiheitsrechte als nicht amtlich einzustufen. Die Nennung der Amtsbezeichnung, die nach Art. 29 Abs. 1 Satz 2 KWBG auch außerhalb des Dienstes geführt werden dürfe, mache aus seinem Facebook-Profil kein offizielles Profil der Antragsgegnerin. Der Wortlaut des Aufrufs sei persönlich gehalten. Es befinde sich dort kein Wappen der Antragsgegnerin oder sonstige Symbole, die auf eine offizielle Verlautbarung der Antragsgegnerin schließen ließen. Auch das Impressum, das mittelbar auf die Adresse des Münchner Rathauses verweise, unter der der Oberbürgermeister erreichbar sei, vermittle den Äußerungen keinen amtlichen Charakter. Bei der Meldung über den Aufruf des Bündnisses für Toleranz (Anlage 3) handele es sich nicht um einen Aufruf der Antragsgegnerin, sondern um einen Auszug aus der Fanseite des Stadtportals für München, das von der Betreibergesellschaft Portal München Betriebs-GmbH & Co. KG betrieben werde. Das offizielle Profil der Antragsgegnerin mit dem städtischen Logo sei unter einer anderen Internetanschrift zu finden. Der fragliche Eintrag verweise auf den Aufruf des Münchner Bündnisses für Toleranz, Demokratie und Rechtsstaat und auch auf die nicht in amtlicher Eigenschaft abgegebenen Äußerungen des Oberbürgermeisters. Eine Meldung über einen Aufruf stelle noch keinen Aufruf dar. Auch stelle der Aufruf des nicht städtischen Bündnisses, das ein breiter, nicht rechtsfähiger Zusammenschluss der Münchner Zivilgesellschaft sei, u. a. bestehend aus dem Oberbürgermeister, den Religionsgemeinschaften, den Gewerkschaften, den Jugendverbänden, den Universitäten, Wohlfahrtsverbänden und Sportvereinen, keine hoheitliche Äußerung der Antragsgegnerin zur Gegendemonstration dar. Alle Bündnisteilnehmer wären zwar unter ihrer Amtsbezeichnung, aber nicht als Vertreter der hinter ihnen stehenden Organisationen beteiligt. Doch selbst wenn der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin in seiner Eigenschaft als Leiter der städtischen Verwaltung zur Teilnahme an der Gegendemonstration aufgerufen hätte, läge darin kein Verstoß gegen die politische Neutralitätspflicht, weil sich diese aus der Chancengleichheit der politischen Parteien ableite. Die Rechtsprechung habe Wahlwerbung, den Umgang mit politischen Parteien bzw. Sachverhalte zum Gegenstand, bei denen Informationen von Staatsorganen aus Anlass einer Wahl in Wahlkampfzeiten veröffentlicht worden seien. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb sich die Antragstellerin als „Partei“ ansehe. Auch bei den Organisationen Ba. oder Pe., die sich im Internet als parteifrei und ohne parteilichen Einfluss darstellten, handele es sich nicht um politische Parteien. Anlass für die Äußerung des Oberbürgermeisters sei eine Demonstration gewesen, die sich parteiübergreifend für Toleranz in der Münchner Stadtgesellschaft und gegen die Diskriminierung von Menschengruppen einsetze. Dieser Anlass entspreche denjenigen, bei denen die Rechtsprechung keinen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht angenommen habe. Es gebe keine generelle Pflicht einer Gemeinde zu politischer Neutralität außerhalb von Wahlkampfzeiten und ohne Bezug zu Sachverhalten. Grenze sei hier allein das Sachlichkeitsgebot, das Werturteile und sprachliche Verknappungen nicht ausschließe und lediglich voraussetze, dass die jeweilige Äußerung in einem konkreten Bezug zur Erfüllung gemeindlicher Aufgaben stehe und Werturteile auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerechten und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern fußten und weder auf sachfremden Erwägungen beruhten noch den sachlich gebotenen Rahmen überschritten. Weder die Äußerung auf dem Facebook-Profil des Oberbürgermeisters noch die Meldung auf der Fanpage verletzten das Sachlichkeitsgebot. Es habe sich um den Aufruf zu einer friedlichen Gegendemonstration und nicht zu einer Verhinderung der Versammlung von Ba. gehandelt. Die Aussage, dass in München „kein Platz für Hetze, Hass und Ausgrenzung“ sei, stelle ein zulässiges Werturteil dar. Die Einschätzung des Oberbürgermeisters werde vom Bundespräsidenten und der Bundeskanzlerin geteilt. Über einen rechtsextremen Hintergrund der Antragstellerin sei keine Aussage getroffen worden.
Mit Schreiben vom 16. Januar 2015 stellten die Bevollmächtigten der Antragstellerin klar, dass sich der Antrag gegen die Antragsgegnerin richte. Für die Frage, ob die streitgegenständlichen Äußerungen des Oberbürgermeisters amtlichen Charakter hätten, sei ohne Bedeutung, ob das Facebook-Profil, auf dem weitere Aufrufe gestartet würden, der Antragsgegnerin direkt oder einer ihr zuzurechnenden Privatorganisation zuzuordnen seien. Für einen neutralen Beobachter sei der Oberbürgermeister in seiner amtlichen Eigenschaft und nicht als Privatperson aufgetreten. Bei der eigenen Facebook-Seite handele es sich um das Profil des Oberbürgermeisters. Dort werde ausdrücklich klargestellt, dass es sich um die Seite des „Politikers“ handele. Unter dem Info-Button würden Amt und Funktion dargestellt. Vor allem das Impressum mache deutlich, dass es sich um eine amtliche Verlautbarung handele. Inhaltlich verantwortlich im Sinne des Telemediengesetzes sei für die dort veröffentlichen Äußerungen der Oberbürgermeister in seiner Funktion und damit die Stadt München. Damit würden in rechtlich erheblicher Weise Risiken einschließlich Kosten- und Abmahnrisiken von der Antragsgegnerin übernommen. Zudem würden städtische Ressourcen zur Verfügung gestellt, um die Rechte und Pflichten des Oberbürgermeisters, die dieser mit seinen Veröffentlichungen eingehe, zu wahren. Im Übrigen komme es nicht darauf an, ob sich die Parteien gerade im Wahlkampf befänden oder sich im Rahmen der politischen Willensbildung äußern würden. Das Neutralitätsgebot werde durch die im Aufruf enthaltenen Diffamierungen in jedem Falle verletzt. Soweit die Äußerungen Ba. beträfen, sei festzustellen, dass hier polemische Hetze betrieben werde, offensichtlich vor dem Hintergrund, dass es als politisch korrekt empfunden werde, alle islamkritischen Äußerungen pauschal zu be- bzw. abzuwerten. Der Oberbürgermeister trage als Mitglied des Bündnisses für Toleranz deren in Anlage 1 aufgeführten Äußerungen und Verunglimpfung der Antragstellerin mit und werbe separat für den Aufruf des Bündnisses. Die Diffamierung als Nazi stelle eine nicht mehr hinnehmbare Herabwürdigung dar.
Ein Vertreter der Antragsgegnerin erklärte gegenüber der Berichterstatterin am 16. Januar 2015 telefonisch, dass die Facebookseite des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin nicht ausschließbar von einem städtischen Bediensteten in dessen Büro mitbetreut werde. Ein erneuter Aufruf zu einer Gegendemonstration gegen die für Montag, den 19. Januar 2015, angemeldete Ba.-Versammlung sei nicht beabsichtigt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO analog auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO hat keinen Erfolg.
Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, da es sich bei dem von der Antragstellerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO handelt. Maßgebend für die Abgrenzung zwischen dem Zivil- und dem Verwaltungsrechtsweg ist die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers - hier der Antragstellerin darstellt (vgl. BGH, U. v. 5. Februar 1993 - V ZR 62/91 - juris Rn. 10 m. w. N.). Die Antragstellerin verlangt von der Antragsgegnerin, dass sie zukünftig Aufrufe zu Gegendemonstrationen gegen von ihr organisierte Ba.-Veranstaltungen der Art wie auf der Fanseite des Oberbürgermeisters bei Facebook am 8. Januar 2015 unterlässt. Soweit es um Äußerungen eines Hoheitsträgers geht, ist - ungeachtet der Anspruchsgrundlage für das Unterlassungsbegehren und des Inhalts der angegriffenen Äußerung - rechtswegentscheidend, ob die Äußerungen amtlichen Charakter haben bzw. in amtlicher Eigenschaft abgegeben worden sind und daher der Gemeinde zuzurechnen sind oder in keinem funktionalen Zusammenhang mit hoheitlicher Aufgabenerfüllung stehen (BGH, U. v. 28. Februar 1978 - VI ZR 246/76 - juris Rn. 12; BayVerfGH, Entscheidung vom 19. Januar 1994 - Vf. 89-III-92, Vf. 92-III-92
Auch wenn man in Rechnung stellt, dass beim Handeln eines Oberbürgermeisters eine strikte Trennung der amtlichen Sphäre von der des Parteipolitikers und der der politisch handelnden Privatperson kaum möglich ist (vgl. BVerfG, B. v. 16. Dezember 2014 - 2 BvE 2/14 - juris Rn. 54), dass es einem Amtsinhaber nicht verwehrt ist, am politischen Meinungskampf teilzunehmen (BVerfG, a. a. O., Rn. 50) und dabei auch auf sein Amt hinzuweisen (BayVerfGH, Entscheidung vom 19. Januar 1994 - Vf. 89-III-92, Vf. 92-III-92
Der Antrag ist statthaft, da einstweiliger Rechtsschutz gegen eine Verwaltungsmaßnahme ohne Verwaltungsaktscharakter wie den streitgegenständlichen Aufruf durch eine Sicherungsanordnung zu erreichen ist (Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. Erg. Lfg. 2014, § 123 Rn. 23). Der geltend gemachte öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch ist im Wege der allgemeinen Leistungsklage in der Form einer vorbeugenden Unterlassungsklage geltend zu machen (vgl. BVerwG, U. v. 11. Dezember 1996 - 6 C 5/95 - juris Rn. 59 f.), so dass ein Fall des § 80 Abs. 5 VwGO nicht vorliegt (§ 123 Abs. 5 VwGO).
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d. h. der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet wird, nach § 920 Abs. 2 i. V. m. § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft zu machen. Im Hinblick auf das Ziel einstweiliger Anordnungen, grundsätzlich nur vorläufige Regelungen zu treffen, sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen, wenn das Antragsbegehren - wie hier - auf eine Vorwegnahme der Hauptsache zielt.
Sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund sind nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin macht gegenüber der Antragsgegnerin den allgemein anerkannten öffentlich-rechtlichen Anspruch auf zukünftige Unterlassung einer getätigten Äußerung geltend, der sowohl aus dem grundrechtlichen Abwehranspruch (BVerwG, U. v. 23. Mai 1989 - 7 C 2/87 - juris Rn. 48), hier dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 5 und 8 GG, oder aus einer analogen Anwendung der §§ 1004, 906 BGB (SächsOVG, B. v. 7. August 2013 - 4 B 383/12 - juris Rn. 6; OVG MV, B. v. 25. Januar 2008 - 2 M 43/07 - juris Rn. 9 m. w. N.) abgeleitet wird. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch setzt u. a. eine konkrete Wiederholungsgefahr voraus, d. h. die ernsthafte Besorgnis, dass die Antragsgegnerin künftig erneut durch hoheitliches Handeln rechtswidrig in die geschützte Rechts- und Freiheitssphäre der Antragstellerin eingreifen wird (vgl. BVerwG, B. v. 29. April 1985 - 1 B 149/84 - juris Rn. 9; BayVGH, U. v. 2. Oktober 2012 - 10 BV 09.1860 - juris Rn. 27; OVG MV, B. v. 25. Januar 2008 - 2 M 43 /07 - juris Rn. 10 m. w. N.; SächsOVG, B. v. 7. August 2013 - 4 B 383/12 - juris Rn. 6). Dies kann insbesondere, muss aber nicht zwangsläufig dann angenommen werden, wenn - wie hier - schon ein entsprechender Eingriff stattgefunden hat (SächsOVG, a. a. O.). Vorliegend spricht gegen eine Wiederholungsgefahr, dass der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin zu der für heute geplanten Gegenveranstaltung zu der gleichzeitig stattfindenden Ba.-Veranstaltung keinen entsprechenden Aufruf verbreitet hat. Anlässlich der Ba.-Veranstaltung vom 12. Januar 2015 hatte er bereits am vorhergehenden Donnerstag, den 8. Januar 2015 zum Protest gegen die Veranstaltung der Antragstellerin aufgerufen. Dieses Mal war bis zu der telefonischen Nachfrage des Gerichts am Freitagnachmittag, den 16. Januar 2015 noch kein Aufruf erschienen, obwohl der Veranstalter der Gegendemonstration vom 12. Januar 2015 auch für Montag, den 19. Januar 2015 wieder eine Gegenveranstaltung organisiert. Die Antragsgegnerin hat ferner erklärt, dass ein Aufruf auch nicht beabsichtigt sei. Der beanstandete Aufruf des Oberbürgermeisters war nicht allgemeiner Art, sondern hatte eine ganz bestimmte Veranstaltung zum Gegenstand, mit der er sich durch Zeitablauf erledigt hat. Weder dem Aufruf selbst noch dem Bericht auf der verlinkten Seite des offiziellen Stadtportals ist zu entnehmen, dass er auch in Zukunft vergleichbare Aufrufe zu verbreiten beabsichtigt. Daher lässt sich allein aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin in ihrer Erwiderung keine - von der Antragstellerin auch außergerichtlich nicht von ihr verlangte - Unterlassungserklärung abgegeben hat und einen gegenteiligen Rechtsstandpunkt zum Ausdruck gebracht hat, eine Wiederholungsgefahr nicht mit hinreichender Sicherheit schließen.
Somit liegt im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts auch keine Dringlichkeit für eine vorläufige Regelung mehr vor.
Darüber hinaus scheitert der Antrag auch daran, dass die Antragstellerin eine nur unter besonderen Voraussetzungen zulässige Vorwegnahme der Hauptsache begehrt. Eine gerichtliche Unterlassungsverpflichtung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes würde eine Entscheidung über das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs und damit die Hauptsache mit einem identischen Klageantrag inhaltlich vorwegnehmen. Dies ist nur zulässig, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht und das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte (SächsOVG, B. v. 7. August 2013 - 4 B 383/12 - juris Rn. 4 m. w. N.). Je schwerer die aus der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ergebenden Belastungen wiegen und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtspositionen zurückgestellt werden (BVerfG, B. v. 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 - juris Rn. 23). Vorliegend kann eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Hauptsache zugunsten der Antragstellerin ausgehen wird, nicht festgestellt werden. Das Gericht schließt sich insoweit der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Münster (B. v. 12. Januar 2015 - 15 B 45/15 - juris Rn. 4) an, dass die Entscheidung die schwierige Frage nach der Geltung und Reichweite des für Amtswalter geltenden Neutralitätsgebots in politischen Auseinandersetzungen außerhalb von Wahlkampfzeiten und ohne Beteiligung politischer Parteien aufwirft und die Zulässigkeit und Grenzen von staatlichen Aufrufen an die Bevölkerung zu Kundgebungen oder ähnlichen politischen Aktionen bislang in der verfassungsund verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung nicht hinreichend geklärt sind. Soweit die Antragstellerin sich in dem Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 16. Januar 2015 gegen angeblich aus der Anlage 1 zitierte Verunglimpfungen wendet, liegen diese dem Gericht in den Anlagen zum Antragsschriftsatz nicht vor und sind aktuell auch nicht der Facebookseite des Oberbürgermeisters oder der Seite des offiziellen Stadtportals im Internet zu entnehmen. Im Übrigen ist die Unterlassung dieser Verunglimpfungen nicht Gegenstand des Eil- und Klageverfahrens.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, die die Entscheidung in der
Sache ganz oder zum Teil vorwegnehmen, von einem Streitwert bis zur Höhe des für das Hauptverfahren anzunehmenden Streitwerts auszugehen ist.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer der Wohn- und Geschäftshäuser W. 2, 4 und 6 in B. . Die Grundstücke liegen am Fuße eines Hanges. Hangaufwärts befinden sich innerhalb eines Wohngebiets zwei Regenrückhaltebecken der beklagten Stadt, die die im Einzugsbereich anfallenden Niederschlagsmengen aus der städtischen Kanalisation aufnehmen und sie gedrosselt an den weiterführenden Regenwasserkanal abgeben. An das erste, geschlossene Regenrückhaltebecken schließt sich über einen Notüberlauf ein größeres offenes Erdbecken an.
Am 4. Juli 2000 kam es in B. zu heftigen Regenfällen mit einem Wassereinbruch in die Häuser des Klägers. Ursache des Schadens war nach dem Klagevorbringen, daß das offene Rückhaltebecken überlief, Wassermassen von dort den Hang herabstürzten und die benachbarten Grundstücke überschwemmten. Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger Ersatz seines auf 34.330,34 € bezifferten Schadens.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat sie dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in VersR 2004, 69 abgedruckt ist, stellt als Schadensursache entsprechend der Behauptung des Klägers einen Überlauf des offenen Regenrückhaltebeckens fest; für die von der Beklagten nur sehr pauschal behauptete Überflutung der angrenzenden Grundstücke durch nicht gefaßtes Oberflächenwasser fänden sich keine Anhaltspunkte. Die hiergegen erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 564 ZPO). Somit ist auch für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß das
zweite Regenrückhaltebecken überstaut wurde und das ausströmende Wasser die Häuser des Klägers überschwemmt hat.
II.
1. Das Berufungsgericht bejaht auf dieser Grundlage eine Gefährdungshaftung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HPflG (Wirkungshaftung). Das Regenrückhaltebecken sei Teil der von der Beklagten betriebenen Abwasseranlage. Daß es sich insoweit um einen relativ großen offenen Bereich des Kanalsystems gehandelt habe, sei unerheblich, da der notwendige Zusammenhang mit der Funktion der Anlage gewahrt sei. Mit dem Wiederaustritt des Wassers im Bereich des Rückhaltebeckens und der anschließenden Überflutung habe sich gerade die mit dem konzentrierten Transport des Wassers in einer Rohrleitung typischerweise verbundene besondere Betriebsgefahr verwirklicht, die den gesetzgeberischen Grund für die Einführung der strengeren Haftung gebildet habe. Das Wasser habe die Kanalisation zu keinem Zeitpunkt verlassen und sei damit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 HPflG "von" einer Rohrleitungsanlage ausgegangen. In Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Rostock (OLG-Report 2003, 10 = VersR 2003, 909; ebenso Kunschert in Geigel/Schlegelmilch, Der Haftpflichtprozeß, 24. Aufl. 2004, Kap. 22 Rn. 61) entspreche es gerade dem Schutzzweck der Norm, derartige offenliegende Teile des Kanalsystems wie ein Rückhaltebecken im Falle ihres Versagens ebenfalls in die Haftung einzubeziehen.
Auf höhere Gewalt gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 HPflG könne sich die Beklagte ebensowenig berufen. Einen ganz ungewöhnlichen Katastrophenregen habe
die Beklagte nicht nachgewiesen. Vielmehr sei eine Wiederkehrhäufigkeit von nur 1,5 bis 7, höchstens 14 Jahren, belegt.
2. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Richtig ist, daß die gemeindliche Abwasserkanalisation zu den in § 2 Abs. 1 Satz 1 HPflG genannten Rohrleitungsanlagen gehört. Das entspricht ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (BGHZ 109, 8, 12 m.w.N.; 115, 141, 142; Urteil vom 26. April 2001 - III ZR 102/00 - DVBl. 2001, 1272 = VersR 2002, 444). Dem Berufungsgericht ist auch zuzugeben, daß über die räumliche Verbindung hinaus ein enger Funktionszusammenhang zwischen der Kanalisation und dem ihrer Entlastung dienenden Regenrückhaltebecken besteht. Das genügt jedoch nicht. Im Gesetzgebungsverfahren wurde ausdrücklich hervorgehoben, daß die neu geordnete und erweiterte Gefährdungshaftung nach § 2 Abs. 1 HPflG ausschließlich verrohrte Anlagen erfaßt, während es hinsichtlich nicht eingefaßter offener Gräben und Kanäle bei den allgemeinen Risiken und Haftungsnormen verbleiben sollte (BT-Drucks. 7/4825 S. 13 = 8/108 S. 12; vgl. dazu Senatsurteile vom 14. Juli 1988 - III ZR 225/87 - VersR 1988, 1041, 1042 = NJW 1989, 104 f. und vom 13. Juni 1996 - III ZR 40/95 - NJW 1996, 3208). Ist deshalb eine Anlage teils verrohrt, teils offen, so ist - ungeachtet dessen, daß es in beiden Fallgestaltungen um vergleichbare Gefahrenpotentiale aus dem konzentrierten Transport von Flüssigkeiten geht - nach der bindenden gesetzgeberischen Wertung grundsätzlich maßgebend, an welcher Stelle die schadensstiftenden Flüssigkeiten ausgetreten sind (Filthaut, HPflG, 6. Aufl. 2003, § 2 Rn. 10). Der Senat hat zwar in seinem Urteil vom 14. Juli 1988 (aaO) dem Umstand, daß die Rohrleitungsanlage dort durch eine offene Betonwanne von 1,50 m Länge geringfügig unterbrochen war, keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Er hat aber später in ausdrücklicher Abgrenzung zu dieser Entscheidung einen sich an die Verrohrung anschließenden offenen Straßengraben, in dem das Wasser
nach etwa 35 m versickert war, nicht mehr als lediglich unbedeutende Unterbrechung eines ansonsten zusammenhängenden Rohrleitungssystems angesehen (Urteil vom 13. Juni 1996 aaO). So verhält es sich auch im Streitfall. Das offene Regenrückhaltebecken, dessen Grundfläche zwar nicht festgestellt ist, das aber vom Berufungsgericht als "relativ groß" bezeichnet wird und das auch nach den vorgelegten Lichtbildern jedenfalls beträchtliche Ausmaße besitzt, unterbricht schon von seiner Größe her das übrige geschlossene Leitungssystem. Infolgedessen sind die von dem Erdbecken zunächst aufgenommenen und schließlich seine Ränder überflutenden Wassermassen nicht im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 HPflG "von" der verrohrten Leitungsanlage ausgegangen.
III.
Das Berufungsurteil stellt sich indessen aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Feststellungen dazu, ob der Beklagten Fehler bei der Planung , dem Bau oder dem Betrieb des Regenrückhaltebeckens oder sonstiger Teile ihrer Abwasserkanalisation anzulasten sind, hat das Berufungsgericht zwar - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht getroffen. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand lassen sich daher weder Amtshaftungsansprüche (§ 839 BGB, Art. 34 GG) noch Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff (dazu etwa Senatsurteile vom 27. Januar 1983 - III ZR 70/81 - LM BGB § 839 [Fe] Nr. 74 = DVBl. 1983, 1055, 1057 und vom 2. Februar 1984 - III ZR 13/83 - NJW 1985, 496 f.) bejahen. Die Beklagte ist dem Kläger für den entstandenen Schaden aber jedenfalls aus dem Gesichtspunkt des enteignenden Eingriffs verantwortlich. Daß ein solcher Anspruch nicht auf vollen Schadensausgleich, sondern lediglich auf Entschädigung nach Enteignungsgrundsätzen gerichtet ist (vgl. nur BGHZ 140, 200, 201; Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearb. 2002, § 839
Rn. 450, 478), steht einer Bestätigung des angefochtenen Grundurteils nicht entgegen, da die vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen (Sachschäden , Mietausfall, Vermittlungskosten) sämtlich auch auf dieser Grundlage ersatzfähig sind.
1. Ansprüche aus enteignendem Eingriff kommen in Betracht, wenn an sich rechtmäßige hoheitliche Maßnahmen bei einem Betroffenen unmittelbar zu - meist atypischen und unvorhergesehenen - Nachteilen führen, die er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen hinnehmen muß, die aber die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren übersteigen (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile BGHZ 91, 20, 21 f., 26 f.; 112, 392, 399; 129, 124, 125 f.; 140, 285, 298; s. ferner Staudinger/Wurm aaO, § 839 Rn. 450, 478). Entschädigungsansprüche solcher Art hat der Senat etwa wegen Immissionen von hoher Hand zugebilligt, soweit diese unter privaten Nachbarn nach § 906 BGB nicht ohne Ausgleich hinzunehmen wären (Verkehrs- oder Fluglärmimmissionen: BGHZ 59, 378, 379; 64, 220, 222; 97, 114, 116; 97, 361, 362 f.; 122, 76 f.; 129, 124, 125 f.; s. auch BGHZ 140, 285, 298; Geruchsimmissionen: BGHZ 91, 20, 21 f.; Staubimmissionen : BGHZ 48, 98, 101 f.; Anlocken von Vögeln durch eine Mülldeponie : Senatsurteil vom 13. Dezember 1979 - III ZR 95/78 - NJW 1980, 770). Insofern ist der Anspruch aus enteignendem Eingriff das öffentlich-rechtliche Gegenstück zum zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch unter Nachbarn nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB (BGHZ 91, 20, 27; Senatsbeschluß vom 30. Januar 1986 - III ZR 34/85 - NJW 1986, 2423, 2424). Bei der Überschwemmung von Grundstücken hat der Senat eine Haftung der öffentlichen Hand aus enteignendem Eingriff bisher in Fällen angenommen, in denen der Schaden durch Hochwasserschutzmaßnahmen entstanden war (Erhöhung von Seedeichen: BGHZ 80, 111, 113 ff.; Beschluß vom 25. Februar 1988 - III ZR 258/86 - BGHR GG vor Art. 1/enteignender Eingriff Hochwasserschutz 1; Absperrung eines
Entwässerungsgrabens: BGHZ 117, 240, 252 ff.; Aufstau einer Talsperre: Urteil vom 22. Februar 1971 - III ZR 221/67 - NJW 1971, 750). Demgegenüber hat er beim Bruch einer gemeindlichen Wasserleitung eine unmittelbare Beeinträchtigung des überschwemmten Grundstücks wegen des Hinzutretens weiterer Umstände verneint (BGHZ 55, 229, 230 ff.; s. auch BGHZ 125, 19, 21 und ferner BGH, Urteil vom 30. Mai 2003 - V ZR 37/02 - NJW 2003, 2377, 2378 f., für BGHZ 155, 99 bestimmt).
2. Der Streitfall weist, auch wenn es hier nicht um den Schutz vor Hochwasser , sondern um Schäden aus der Überschwemmung durch gesammeltes Niederschlagswasser geht, Parallelen zu den Senatsurteilen BGHZ 117, 240 und BGHZ 125, 19 sowie dem Urteil vom 22. Februar 1971 (aaO) auf. Die Beseitigung von Regen- und Abwasser stellt einen Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge dar und ist damit der sogenannten schlicht-hoheitlichen Verwaltung zuzuordnen; das gilt auch für ein in das Kanalsystem der Gemeinde eingegliedertes Regenrückhaltebecken. Durch dessen Überlauf ist der Schaden am Eigentum des Klägers adäquat verursacht worden. An der notwendigen Unmittelbarkeit des Eingriffs läßt sich unter diesen Umständen ebensowenig zweifeln, ungeachtet dessen, daß es dazu erst aufgrund der starken Regenfälle vom 4. Juli 2000 kommen konnte (vgl. hierzu Senatsurteil vom 27. Januar 1983 - III ZR 70/81 - LM BGB § 839 [Fe] Nr. 74 = DVBl. 1983, 1055, 1057). Diese Umstände liegen nicht außerhalb der von hoher Hand geschaffenen und in dem Bauwerk selbst angelegten Gefahrenlage, vielmehr realisiert sich bei einem Überstau allein die ständige latente Gefährdung der Anliegergrundstücke. Etwas anderes ließe sich bei wertender Betrachtung (s. Senatsurteil BGHZ 125, 19, 21) allenfalls für einen ganz ungewöhnlichen und seltenen Starkregen (Katastrophenregen) annehmen, auf den die Gemeinde ihr Kanalsystem auch unter dem Gesichtspunkt der besonderen Gefährdung benachbarter Grund-
stücke möglicherweise nicht auslegen muß. Einen solchen Katastrophenregen hat das Berufungsgericht hier jedoch rechtsfehlerfrei verneint. Die auch in diesem Punkt gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz von der Revision erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch; von einer näheren Begründung sieht der Senat gemäß § 564 ZPO gleichfalls ab.
Schlick Streck Kapsa Galke Herrmann
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin beantragte am 12. Januar 2015 gegen 16:00 Uhr im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gem. § 123 VwGO die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, zur Gegendemonstration zu Ba.-Veranstaltungen der Antragstellerin aufzurufen, wie geschehen auf der Facebook-Internetseite Anlage 1.
Gleichzeitig erhob sie eine Klage (M 7 K 15.131) mit demselben Antrag. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Antragstellerin sei Initiatorin der für den 12. Januar 2015 angemeldeten Ba.-Demonstration in M., die um 18:30 Uhr an der Trambahnstation S.er Tor beginnen sollte. Dort solle bis 19:00 Uhr die Auftaktkundgebung stattfinden. Anschließend wollten die etwa 800 Demonstrationsteilnehmer entlang der Sonnenstraße zum Stachus ziehen, um dort von 19:45 bis ca. 21:00 Uhr eine Abschlusskundgebung durchzuführen. Seit dem 8. Januar 2015 rufe der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin auf seiner offiziellen Facebook-Seite zur Teilnahme an einer Gegendemonstration gegen die Pe./Ba.-Veranstaltung auf, die um 17:30 Uhr beginnen solle. Das Impressum zeige, dass er in seiner amtlichen Eigenschaft die Verantwortung übernehme. Derselbe Aufruf erscheine auf der Facebook-Internetseite der Antragsgegnerin, die auf die Facebook-Internetseite ihres Oberbürgermeisters Bezug nehme. Der Aufruf greife in unzulässiger Weise in grundgesetzlich geschützte Rechte der Antragstellerin (Art. 5, 8 und 2 Abs. 1 GG) ein, auf die sich die Antragstellerin als Partei berufen könne. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch ergebe sich schon aus der Verletzung der den Gemeinden und ihren Organen auferlegten Neutralitätspflicht. In dem Aufruf werde mittelbar, pauschal und ohne tatsächliche Grundlage dargestellt, dass die von der Antragstellerin initiierte Ba.-Veranstaltung ein Platz für „Hetze, Hass und Ausgrenzung“ sei. Dies sei falsch und vorverurteilend, weil sich eine solche Feststellung aus der bloßen Veranstaltung gerade nicht ergebe. Auch werde unzutreffend der Eindruck erweckt, dass die Inhalte der Veranstaltung ausgewertet worden seien und die Hetze einen Grad erreicht habe, der eine offizielle Stellungnahme erforderlich mache. Vielmehr solle die Politik auf Problemfelder des Islam aufmerksam gemacht werden. Es entstehe jedoch der Eindruck, dass die Teilnahme an der Veranstaltung einem rechtsextremen Hintergrund zuzuordnen sei. Dies sei nicht der Fall, was der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin wisse. Er könne sich insoweit nicht in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung berufen. Die Verbreitung des Aufrufs solle die Antragstellerin daran hindern, ihre Veranstaltung überhaupt ordnungsgemäß durchführen zu können. Die besondere Dringlichkeit ergebe sich aus der anstehenden Veranstaltung und dem Umstand, dass es der Antragstellerin unmöglich sei, falsch informierte Bürger noch mit den eigenen Argumenten zu erreichen. Gerade Kurzentschlossene könnten so im Internet auf den allgemein zugänglich Internetseiten des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin und der Antragsgegnerin selbst auf rechtswidrige Inhalte stoßen.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 15. Januar 2015
den Antrag abzulehnen,
und führte aus, es sei davon auszugehen, dass sich der Antrag gegen die Antragsgegnerin und nicht, wie in dem Antragsschriftsatz falsch bezeichnet, gegen ihren Oberbürgermeister richte. Andernfalls wäre der Eilantrag wegen fehlender Passivlegitimation unbegründet, soweit die zu unterlassenden Äußerungen des Oberbürgermeisters in seiner amtlichen Funktion abgegeben worden wären. Wären sie hingegen als private Äußerungen anzusehen, wäre der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet. Bei dem Aufruf des Oberbürgermeisters auf seinem Facebook-Profil, das mit „Dieter Re., Politiker“ bezeichnet sei, handele es sich nicht um amtliche Äußerungen, sondern um politische Äußerungen zu einem gesellschaftspolitischen Thema. Das politische Engagement und die Stellungnahme zu derartigen Themen seien einem Oberbürgermeister nicht versagt. Im Zweifel seien politische Äußerungen und Handlungen eines Amtsträgers vor dem Hintergrund seiner grundrechtlichen Freiheitsrechte als nicht amtlich einzustufen. Die Nennung der Amtsbezeichnung, die nach Art. 29 Abs. 1 Satz 2 KWBG auch außerhalb des Dienstes geführt werden dürfe, mache aus seinem Facebook-Profil kein offizielles Profil der Antragsgegnerin. Der Wortlaut des Aufrufs sei persönlich gehalten. Es befinde sich dort kein Wappen der Antragsgegnerin oder sonstige Symbole, die auf eine offizielle Verlautbarung der Antragsgegnerin schließen ließen. Auch das Impressum, das mittelbar auf die Adresse des Münchner Rathauses verweise, unter der der Oberbürgermeister erreichbar sei, vermittle den Äußerungen keinen amtlichen Charakter. Bei der Meldung über den Aufruf des Bündnisses für Toleranz (Anlage 3) handele es sich nicht um einen Aufruf der Antragsgegnerin, sondern um einen Auszug aus der Fanseite des Stadtportals für München, das von der Betreibergesellschaft Portal München Betriebs-GmbH & Co. KG betrieben werde. Das offizielle Profil der Antragsgegnerin mit dem städtischen Logo sei unter einer anderen Internetanschrift zu finden. Der fragliche Eintrag verweise auf den Aufruf des Münchner Bündnisses für Toleranz, Demokratie und Rechtsstaat und auch auf die nicht in amtlicher Eigenschaft abgegebenen Äußerungen des Oberbürgermeisters. Eine Meldung über einen Aufruf stelle noch keinen Aufruf dar. Auch stelle der Aufruf des nicht städtischen Bündnisses, das ein breiter, nicht rechtsfähiger Zusammenschluss der Münchner Zivilgesellschaft sei, u. a. bestehend aus dem Oberbürgermeister, den Religionsgemeinschaften, den Gewerkschaften, den Jugendverbänden, den Universitäten, Wohlfahrtsverbänden und Sportvereinen, keine hoheitliche Äußerung der Antragsgegnerin zur Gegendemonstration dar. Alle Bündnisteilnehmer wären zwar unter ihrer Amtsbezeichnung, aber nicht als Vertreter der hinter ihnen stehenden Organisationen beteiligt. Doch selbst wenn der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin in seiner Eigenschaft als Leiter der städtischen Verwaltung zur Teilnahme an der Gegendemonstration aufgerufen hätte, läge darin kein Verstoß gegen die politische Neutralitätspflicht, weil sich diese aus der Chancengleichheit der politischen Parteien ableite. Die Rechtsprechung habe Wahlwerbung, den Umgang mit politischen Parteien bzw. Sachverhalte zum Gegenstand, bei denen Informationen von Staatsorganen aus Anlass einer Wahl in Wahlkampfzeiten veröffentlicht worden seien. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb sich die Antragstellerin als „Partei“ ansehe. Auch bei den Organisationen Ba. oder Pe., die sich im Internet als parteifrei und ohne parteilichen Einfluss darstellten, handele es sich nicht um politische Parteien. Anlass für die Äußerung des Oberbürgermeisters sei eine Demonstration gewesen, die sich parteiübergreifend für Toleranz in der Münchner Stadtgesellschaft und gegen die Diskriminierung von Menschengruppen einsetze. Dieser Anlass entspreche denjenigen, bei denen die Rechtsprechung keinen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht angenommen habe. Es gebe keine generelle Pflicht einer Gemeinde zu politischer Neutralität außerhalb von Wahlkampfzeiten und ohne Bezug zu Sachverhalten. Grenze sei hier allein das Sachlichkeitsgebot, das Werturteile und sprachliche Verknappungen nicht ausschließe und lediglich voraussetze, dass die jeweilige Äußerung in einem konkreten Bezug zur Erfüllung gemeindlicher Aufgaben stehe und Werturteile auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerechten und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern fußten und weder auf sachfremden Erwägungen beruhten noch den sachlich gebotenen Rahmen überschritten. Weder die Äußerung auf dem Facebook-Profil des Oberbürgermeisters noch die Meldung auf der Fanpage verletzten das Sachlichkeitsgebot. Es habe sich um den Aufruf zu einer friedlichen Gegendemonstration und nicht zu einer Verhinderung der Versammlung von Ba. gehandelt. Die Aussage, dass in München „kein Platz für Hetze, Hass und Ausgrenzung“ sei, stelle ein zulässiges Werturteil dar. Die Einschätzung des Oberbürgermeisters werde vom Bundespräsidenten und der Bundeskanzlerin geteilt. Über einen rechtsextremen Hintergrund der Antragstellerin sei keine Aussage getroffen worden.
Mit Schreiben vom 16. Januar 2015 stellten die Bevollmächtigten der Antragstellerin klar, dass sich der Antrag gegen die Antragsgegnerin richte. Für die Frage, ob die streitgegenständlichen Äußerungen des Oberbürgermeisters amtlichen Charakter hätten, sei ohne Bedeutung, ob das Facebook-Profil, auf dem weitere Aufrufe gestartet würden, der Antragsgegnerin direkt oder einer ihr zuzurechnenden Privatorganisation zuzuordnen seien. Für einen neutralen Beobachter sei der Oberbürgermeister in seiner amtlichen Eigenschaft und nicht als Privatperson aufgetreten. Bei der eigenen Facebook-Seite handele es sich um das Profil des Oberbürgermeisters. Dort werde ausdrücklich klargestellt, dass es sich um die Seite des „Politikers“ handele. Unter dem Info-Button würden Amt und Funktion dargestellt. Vor allem das Impressum mache deutlich, dass es sich um eine amtliche Verlautbarung handele. Inhaltlich verantwortlich im Sinne des Telemediengesetzes sei für die dort veröffentlichen Äußerungen der Oberbürgermeister in seiner Funktion und damit die Stadt München. Damit würden in rechtlich erheblicher Weise Risiken einschließlich Kosten- und Abmahnrisiken von der Antragsgegnerin übernommen. Zudem würden städtische Ressourcen zur Verfügung gestellt, um die Rechte und Pflichten des Oberbürgermeisters, die dieser mit seinen Veröffentlichungen eingehe, zu wahren. Im Übrigen komme es nicht darauf an, ob sich die Parteien gerade im Wahlkampf befänden oder sich im Rahmen der politischen Willensbildung äußern würden. Das Neutralitätsgebot werde durch die im Aufruf enthaltenen Diffamierungen in jedem Falle verletzt. Soweit die Äußerungen Ba. beträfen, sei festzustellen, dass hier polemische Hetze betrieben werde, offensichtlich vor dem Hintergrund, dass es als politisch korrekt empfunden werde, alle islamkritischen Äußerungen pauschal zu be- bzw. abzuwerten. Der Oberbürgermeister trage als Mitglied des Bündnisses für Toleranz deren in Anlage 1 aufgeführten Äußerungen und Verunglimpfung der Antragstellerin mit und werbe separat für den Aufruf des Bündnisses. Die Diffamierung als Nazi stelle eine nicht mehr hinnehmbare Herabwürdigung dar.
Ein Vertreter der Antragsgegnerin erklärte gegenüber der Berichterstatterin am 16. Januar 2015 telefonisch, dass die Facebookseite des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin nicht ausschließbar von einem städtischen Bediensteten in dessen Büro mitbetreut werde. Ein erneuter Aufruf zu einer Gegendemonstration gegen die für Montag, den 19. Januar 2015, angemeldete Ba.-Versammlung sei nicht beabsichtigt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO analog auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO hat keinen Erfolg.
Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, da es sich bei dem von der Antragstellerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO handelt. Maßgebend für die Abgrenzung zwischen dem Zivil- und dem Verwaltungsrechtsweg ist die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers - hier der Antragstellerin darstellt (vgl. BGH, U. v. 5. Februar 1993 - V ZR 62/91 - juris Rn. 10 m. w. N.). Die Antragstellerin verlangt von der Antragsgegnerin, dass sie zukünftig Aufrufe zu Gegendemonstrationen gegen von ihr organisierte Ba.-Veranstaltungen der Art wie auf der Fanseite des Oberbürgermeisters bei Facebook am 8. Januar 2015 unterlässt. Soweit es um Äußerungen eines Hoheitsträgers geht, ist - ungeachtet der Anspruchsgrundlage für das Unterlassungsbegehren und des Inhalts der angegriffenen Äußerung - rechtswegentscheidend, ob die Äußerungen amtlichen Charakter haben bzw. in amtlicher Eigenschaft abgegeben worden sind und daher der Gemeinde zuzurechnen sind oder in keinem funktionalen Zusammenhang mit hoheitlicher Aufgabenerfüllung stehen (BGH, U. v. 28. Februar 1978 - VI ZR 246/76 - juris Rn. 12; BayVerfGH, Entscheidung vom 19. Januar 1994 - Vf. 89-III-92, Vf. 92-III-92
Auch wenn man in Rechnung stellt, dass beim Handeln eines Oberbürgermeisters eine strikte Trennung der amtlichen Sphäre von der des Parteipolitikers und der der politisch handelnden Privatperson kaum möglich ist (vgl. BVerfG, B. v. 16. Dezember 2014 - 2 BvE 2/14 - juris Rn. 54), dass es einem Amtsinhaber nicht verwehrt ist, am politischen Meinungskampf teilzunehmen (BVerfG, a. a. O., Rn. 50) und dabei auch auf sein Amt hinzuweisen (BayVerfGH, Entscheidung vom 19. Januar 1994 - Vf. 89-III-92, Vf. 92-III-92
Der Antrag ist statthaft, da einstweiliger Rechtsschutz gegen eine Verwaltungsmaßnahme ohne Verwaltungsaktscharakter wie den streitgegenständlichen Aufruf durch eine Sicherungsanordnung zu erreichen ist (Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. Erg. Lfg. 2014, § 123 Rn. 23). Der geltend gemachte öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch ist im Wege der allgemeinen Leistungsklage in der Form einer vorbeugenden Unterlassungsklage geltend zu machen (vgl. BVerwG, U. v. 11. Dezember 1996 - 6 C 5/95 - juris Rn. 59 f.), so dass ein Fall des § 80 Abs. 5 VwGO nicht vorliegt (§ 123 Abs. 5 VwGO).
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d. h. der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet wird, nach § 920 Abs. 2 i. V. m. § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft zu machen. Im Hinblick auf das Ziel einstweiliger Anordnungen, grundsätzlich nur vorläufige Regelungen zu treffen, sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen, wenn das Antragsbegehren - wie hier - auf eine Vorwegnahme der Hauptsache zielt.
Sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund sind nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin macht gegenüber der Antragsgegnerin den allgemein anerkannten öffentlich-rechtlichen Anspruch auf zukünftige Unterlassung einer getätigten Äußerung geltend, der sowohl aus dem grundrechtlichen Abwehranspruch (BVerwG, U. v. 23. Mai 1989 - 7 C 2/87 - juris Rn. 48), hier dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 5 und 8 GG, oder aus einer analogen Anwendung der §§ 1004, 906 BGB (SächsOVG, B. v. 7. August 2013 - 4 B 383/12 - juris Rn. 6; OVG MV, B. v. 25. Januar 2008 - 2 M 43/07 - juris Rn. 9 m. w. N.) abgeleitet wird. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch setzt u. a. eine konkrete Wiederholungsgefahr voraus, d. h. die ernsthafte Besorgnis, dass die Antragsgegnerin künftig erneut durch hoheitliches Handeln rechtswidrig in die geschützte Rechts- und Freiheitssphäre der Antragstellerin eingreifen wird (vgl. BVerwG, B. v. 29. April 1985 - 1 B 149/84 - juris Rn. 9; BayVGH, U. v. 2. Oktober 2012 - 10 BV 09.1860 - juris Rn. 27; OVG MV, B. v. 25. Januar 2008 - 2 M 43 /07 - juris Rn. 10 m. w. N.; SächsOVG, B. v. 7. August 2013 - 4 B 383/12 - juris Rn. 6). Dies kann insbesondere, muss aber nicht zwangsläufig dann angenommen werden, wenn - wie hier - schon ein entsprechender Eingriff stattgefunden hat (SächsOVG, a. a. O.). Vorliegend spricht gegen eine Wiederholungsgefahr, dass der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin zu der für heute geplanten Gegenveranstaltung zu der gleichzeitig stattfindenden Ba.-Veranstaltung keinen entsprechenden Aufruf verbreitet hat. Anlässlich der Ba.-Veranstaltung vom 12. Januar 2015 hatte er bereits am vorhergehenden Donnerstag, den 8. Januar 2015 zum Protest gegen die Veranstaltung der Antragstellerin aufgerufen. Dieses Mal war bis zu der telefonischen Nachfrage des Gerichts am Freitagnachmittag, den 16. Januar 2015 noch kein Aufruf erschienen, obwohl der Veranstalter der Gegendemonstration vom 12. Januar 2015 auch für Montag, den 19. Januar 2015 wieder eine Gegenveranstaltung organisiert. Die Antragsgegnerin hat ferner erklärt, dass ein Aufruf auch nicht beabsichtigt sei. Der beanstandete Aufruf des Oberbürgermeisters war nicht allgemeiner Art, sondern hatte eine ganz bestimmte Veranstaltung zum Gegenstand, mit der er sich durch Zeitablauf erledigt hat. Weder dem Aufruf selbst noch dem Bericht auf der verlinkten Seite des offiziellen Stadtportals ist zu entnehmen, dass er auch in Zukunft vergleichbare Aufrufe zu verbreiten beabsichtigt. Daher lässt sich allein aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin in ihrer Erwiderung keine - von der Antragstellerin auch außergerichtlich nicht von ihr verlangte - Unterlassungserklärung abgegeben hat und einen gegenteiligen Rechtsstandpunkt zum Ausdruck gebracht hat, eine Wiederholungsgefahr nicht mit hinreichender Sicherheit schließen.
Somit liegt im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts auch keine Dringlichkeit für eine vorläufige Regelung mehr vor.
Darüber hinaus scheitert der Antrag auch daran, dass die Antragstellerin eine nur unter besonderen Voraussetzungen zulässige Vorwegnahme der Hauptsache begehrt. Eine gerichtliche Unterlassungsverpflichtung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes würde eine Entscheidung über das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs und damit die Hauptsache mit einem identischen Klageantrag inhaltlich vorwegnehmen. Dies ist nur zulässig, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht und das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte (SächsOVG, B. v. 7. August 2013 - 4 B 383/12 - juris Rn. 4 m. w. N.). Je schwerer die aus der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ergebenden Belastungen wiegen und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtspositionen zurückgestellt werden (BVerfG, B. v. 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 - juris Rn. 23). Vorliegend kann eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Hauptsache zugunsten der Antragstellerin ausgehen wird, nicht festgestellt werden. Das Gericht schließt sich insoweit der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Münster (B. v. 12. Januar 2015 - 15 B 45/15 - juris Rn. 4) an, dass die Entscheidung die schwierige Frage nach der Geltung und Reichweite des für Amtswalter geltenden Neutralitätsgebots in politischen Auseinandersetzungen außerhalb von Wahlkampfzeiten und ohne Beteiligung politischer Parteien aufwirft und die Zulässigkeit und Grenzen von staatlichen Aufrufen an die Bevölkerung zu Kundgebungen oder ähnlichen politischen Aktionen bislang in der verfassungsund verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung nicht hinreichend geklärt sind. Soweit die Antragstellerin sich in dem Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 16. Januar 2015 gegen angeblich aus der Anlage 1 zitierte Verunglimpfungen wendet, liegen diese dem Gericht in den Anlagen zum Antragsschriftsatz nicht vor und sind aktuell auch nicht der Facebookseite des Oberbürgermeisters oder der Seite des offiziellen Stadtportals im Internet zu entnehmen. Im Übrigen ist die Unterlassung dieser Verunglimpfungen nicht Gegenstand des Eil- und Klageverfahrens.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, die die Entscheidung in der
Sache ganz oder zum Teil vorwegnehmen, von einem Streitwert bis zur Höhe des für das Hauptverfahren anzunehmenden Streitwerts auszugehen ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.